Quantenmechanik Ferienkurs: Drehimpuls, Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten und Spin Lukas Neumeier August 23, 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Drehimpulsoperator 1 2 Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators in Kugelkoordinaten 4 3 Schrödingergleichung im Zentralpotential 5 4 Spin 6 Spin-Spin-Kopplung 8 5 1.1 Drehimpulsalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Normierung der Leiteroperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Spinalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Drehimpulsoperator Klassisch: ~ = ~x × p~ L Quantenmechanisches Korrespondenzprinzip: pˆi = ~ ∂i i mit i = x,y,z Ergibt den quantenmechanischen Drehimpulsoperator: L̂ = x̂ × p̂ 1 2 4 7 1.1 Drehimpulsalgebra Die Kommutatoren von Lx , Ly , Lz sind: [L̂i , L̂j ] = i~ijk Lˆk Das kann man direkt ausrechnen: Übungsaufgabe! Da Lˆx , Lˆy , Lˆz paarweise nicht kommutieren, sind sie gleichzeitig nicht scharf messbar und unterliegen der Heisenbergschen Unschärferelation. 2 2 σA σB ≥ 2 1 h[Â, B̂]i 2i Aber: Lˆx , Lˆ2 kommutieren! (Auch das kann man direkt ausrechnen) [L̂i , L̂2 ] = 0 Das heiÿt, es existiert ein gemeinsames Eigenfunktionensystem von L̂2 und zB Lˆz Aus diesen fundamentalen Kommutatorrelationen kann die komplette Drehimpulstheorie hergeleitet werden! Wir nehmen an, es gibt gemeinsame Eigenzustände von Lz und L2 . L2 f = λf und Lz f = µf Jetzt denieren wir noch Auf- und Absteigeoperatoren: L± = Lx ± iLy diese sind adjungiert zueinander: L̂†+ = L̂− Es gelten folgende Kommutatorrelationen (leicht nachrechenbar): [Ĵ2 , Jˆ± ] = 0 , [Jˆz , Jˆ± ] = ±~Jˆ± Probieren wir mal aus, wie L± wirkt. L̂2 L̂± f = L̂± L̂2 f = λL̂± f Daraus folgt, dass L± f eine Eigenfunktion von Das gleiche machen wir nun mit Lz : ⇒ L2 L̂± f = c± f ist, mit dem gleichen Eigenwert λ. L̂z L̂± f = L̂± L̂z + [L̂z , L̂± ] f = µL̂± ± ~L̂± f = (µ ± ~)L̂± f 2 Daraus folgt, dass L± f eine Eigenfunktion von Lz ist, mit einem NEUEN Eigenwert: µ±~. Deswegen ist der Name Auf bzw Absteigeoperator gerechtfertigt. (Bilder der Leiter zur Veranschaulichung) Wenn wir den Aufsteigeoperator immer wieder anwenden, klettern wir die Leiter immer weiter nach oben. Aber irgenwann ist die Projektion auf die z-Achse gröÿer als der Gesamtvektor, und das ist natürlich unmöglich. Deshalb muss es ein Limit nach oben geben, ab dem gilt: L+ ft = 0 Bezeichnen wir einfach mal willkürlich den Eigenwert von Lz an der Spitze der Leiter mit ~l. Lz ft = ~lft ; L2 ft = λft Jetzt wollen wir den Eigenwert λ an der Spitze der Leiter bestimmen. Dazu müssen wir L2 durch L± ausdrücken. Das ist nicht weiter schwer: L± L∓ = (Lx ± iLy )(Lx ∓ iLy ) = L2x + L2y ∓ i(Lx Ly − Ly Lx ) = L2 − L2z ∓ i(i~Lz ) Daraus folgt: L2 ft = (L− L+ + L2z + ~Lz )ft = (0 + ~2 l2 + ~2 l)ft = ~2 l(l + 1)ft und natürlich: λ = ~2 l(l + 1) Wir wissen nun also den Eigenwert von L2 in Abhängigkeit des Maximalen Eigenwertes von Lz . Die gleiche Geschichte können wir mit dem unteren Ende der Leiter veranstalten: Da wieder die Lz -Komponente nicht gröÿer sein kann als der Gesamtdrehimpuls gilt: L− fb = 0 Diesmal nennen wir den Eigenwert für das untere Ende der Leiter willkürlich ~¯l Lz fb = ~¯lfb L2 fb = λfb Und wieder den L2 durch L± ausgedrückt: L2 fb = (L+ L− + L2z − ~Lz )fb = (0 + ~2 ¯l2 − ~2 ¯l)fb = ~2 ¯l(¯l − 1)fb und damit: λ = ~2 ¯l(¯l − 1) Wenn wir nun unsere beiden λ gleichsetzen. Bekommen wir raus: ¯l = −l Also sind die Eigenwerte von Lz m~, wobei m von -l bis l in N integer Schritten geht. Genauer: l = −l + N und deswegen l = N/2 und darum musst l eine ganze Zahl oder eine halbe Zahl sein. Die Eigenfunktionen werden also durch die Quantenzahlen l und m bestimmt. 3 Wir nennen nun die gemeinsamen Eigenzustände von Lˆz und L̂2 | lmi Dann gilt: 1 3 L2 | lmi = ~2 l(l + 1) | lmi, l = 0, , 1, .... 2 2 Lz | lmi = ~m | lmi, m = −l, −l + 1, ...l Das ganze gilt allgemein für jede Art von Drehimpuls inklusive Spin und zusammengesetzte Drehimpulse. 1.2 Normierung der Leiteroperatoren |c± |2 = kc± |j, m ± 1ik2 = kJˆ± |j, mik2 = † ˆ hj, m|Jˆ± J± |j, mi = hj, m|Jˆ∓ Jˆ± |j, mi = hj, m|Ĵ2 − Jˆz2 ∓ ~Jˆz |j, mi = ~2 j(j + 1) − ~2 m2 ∓ ~2 m |c± |2 = ~2 (j ∓ m)(j ± m + 1) p ⇒ c± = ~ (j ∓ m)(j ± m + 1) 2 Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators in Kugelkoordinaten Mit dem Nabla/Laplaceoperator in Kugelkoordinaten: ∇ = er ∆= 1 ∂ 1 ∂ ∂ + eθ + eϕ . ∂r r ∂θ r sin θ ∂ϕ ∂2 ∂2 2 ∂ 1 ∂2 1 cos θ ∂ 1 + + + + . ∂r2 r ∂r r2 ∂θ2 r2 sin θ ∂θ r2 sin2 θ ∂ϕ2 erhält man für den Drehimpuls: L̂z = 2 2 L̂ = −~ ~ ∂ i ∂ϕ ∂ 1 ∂2 1 ∂ sin θ + sin θ ∂θ ∂θ sin2 θ ∂ϕ2 = −~2 ∆θ,ϕ Wobei ∆θ,ϕ der Winkelanteil der Laplaceoperators ist. Eigenfunktionen von ∆θ,ϕ sind gerade die Kugelächenfunktionen Yl,m (θ, ϕ) Also gilt: L̂2 Yl,m (θ, ϕ) = ~2 l(l + 1)Yl,m (θ, ϕ) L̂z Yl,m (θ, ϕ) = ~mYl,m (θ, ϕ) 4 Kurz wichtigeste Eigenschaften der Kugelächenfunktionen: l darf nur ganzzahlige Werte annehmen: l = 0, 1, 2, ... m = −l, ..., l Die Kugelächenfunktionen bilden ein vollständiges Orthonormalsystem auf der Einheitskugel. π Z Z dθ 0 2π ∗ dϕ sin θ Yl,m (θ, ϕ) Yk,n (θ, ϕ) = δl,k δm,n 0 3 Schrödingergleichung im Zentralpotential Wir haben ein Teilchen mit Masse m in einem Kugelsymmetrischen Potential. Das heiÿt das Potential V = V (r) ist nur vom Abstand und nicht von einem Winkel abhängig. Dazu schreiben wir uns den Hamiltonoperator in Ortsdarstellung auf: Ĥ = − ~2 ∆ + V (r, t) 2m Nach Einsetzen des Laplaceoperators in Kugelkoordinaten, ersetzen durch den Drehimpulsoperator L2 und Einsetzen in die zeitunabhängige Schrödingergleichung erhält man: ~2 1 L2 2 − ∂ (r ∂ ) + + V (r) ψ(r, θ, ϕ) = Eψ(r, θ, ϕ) r r 2m r2 2mr2 Der Hamiltonoperator ist oensichtlich rotationsinvariant, weil der Kommutator von L2 bzw Lz mit Ĥ verschwindet. Und V(r) sowieso rotationsinvariant ist. Es liegt also Nahe folgenden Separationsansatz zu versuchen: ψ(r, θ, ϕ) = R(r) · Yl,m (θ, ϕ) Nach einsetzen der Drehimpuls Eigenwerte erhält man folgende Gleichung für den Radialteil: 2 2 − ~ 1 ~ l(l + 1) ∂r (r2 ∂r ) + + V (r) R(r) = ER(r) 2 2m r 2mr2 Das heiÿt wir haben es jetzt geschat aus einem 3D-Problem ein 1D-Problem zu machen. Toll! Durch eine geschickte Substitution erhalten wir eine elegantere Gleichung. R(r) = u(r) r und man kann sich davon überzeugen dass dann gilt: 1 1 ∂r (r2 ∂r )R(r) = ∂r2 u(r) 2 r r substituiert ergibt das eine relativ einfache Gleichung für u(r): ~2 l(l + 1) ~2 d2 + + V (r) u(r) = Eu(r) − 2m dr2 2mr2 5 Das ist die fundamentale Gleichung, auf die immer zurückgegrien wird bei rotationssymmetrischen Problemen der QM! zB Atomphysik und Kernphysik. Wie erwähnt ist das eine eindimensionale Schröderingergleichung mit dem eektiven Potential: Vef f = ~2 l(l + 1) + V (r) 2mr2 Wobei der Drehimpulsterm anschaulich die Fliehkraft berücksichtigt. Das hat den Effekt, dass das Potential für l 6= 0 einen repulsiven Anteil enthält der mit r12 geht. (Der Drehimpulsterm ist immer positiv) 4 Spin Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft, der sich mathematisch wie ein Drehimpuls verhält. Er genügt den selben Vertauschungsrelationen wie der Bahndrehimpuls. Ist aber was anderes. Das klassische Analogon zur Eigenrotation eines Körpers ist mit Vorsicht zu genieÿen. (groÿer Unterschied: gyromagnetisches Verhältnis) Der Drehimpulserhaltungssatz gilt nur für die Summe aller Drehimpulse. Also im Falle von Bahndrehimpuls und Spin für die Summe aus beiden. Messbar ist der Gesamtdrehimpuls über das magnetische Moment: µ ~= q g µB ~ · S e ~ e~ Wobei µB = 2m das Bohrsche Magneton und g der sogenannte Landé-Faktor ist. Dieser wird für Elektronen auf ca 2 gemessen. Die Quantenelektrodynamik bestätigt diesen Wert theoretisch. Korrekturen entstehen durch die mögliche Erzeugung und Vernichtung von Photonen und Elektron-Positron-Paaren und durch die Ankopplung des Elektrons an das Magnetfeld. Interessant: gElektron,theoretisch = 2,002 319 304 8(8) gElektron,gemessen = 2,002 319 304 362 2(22) Das ist bis jetzt die genaueste Übereinstimmung von Experiment und Theorie in den Naturwissenschaften. Der Spinoperator S~ = (Sx , Sy , Sz ) hat genau wie der Bahndrehimpuls folgende Wirkung auf Eigenzustände: S 2 | s, ms i = s(s + 1)~2 | s, ms i Sz | s, ms i = ms ~ | s, ms i Mit Ŝ 2 = Ŝx2 + Ŝy2 + Ŝz2 . Das ganze ist ein wenig einfacher, da für Fermionen gilt: s = und ms = ± 12 6 1 2 4.1 Spinalgebra Wie bereits erwähnt unterscheiden sich die Vertauschungrelationen im wesentlichen nicht von denen des Bahndrehimpulses. Zur Wiederholung: [Si , Sj ] = i~ijk Sk Si , S 2 = 0 Für Fermionen mit s = 21 also zB Elektronen gibt es genau zwei Eigenzustände von Sz . Diese bezeichnen wir als Spin up und Spin down. Man kann das ganze in einer Vektor/Matrix schreibweise in einer zweidimensionalen Basis sehr anschaulich darstellen. Für | s, ms i gibt es genau 2 verschiedene Möglichkeiten aber mehrere verschiedene Schreibweisen: 1 1 , 2 2 = |+i = |↑i 1 1 ,− 2 2 = |−i = |↓i Diese Zustände erfüllen die Eigenwertgleichungen: Ŝ 2 |±i = 3~2 |±i 4 ~ Ŝz |±i = ± |±i 2 Auch die gleichen Auf-und Absteigeoperatoren mit den gleichen Eigenschaften lassen sich sinnvoll denieren: S± = Sx ± iSy Ŝ+ |−i = ~ |+i , Ŝ+ |+i = 0 Ŝ− |+i = ~ |−i , Ŝ− |−i = 0 Die oben erwähnte Matrixdarstellung all unser bisher denierten Operatoren: 1 0 , |−i = |+i = 0 1 ~ 0 1 ~ 0 −i ~ 1 0 Ŝx = , Ŝy = , Ŝz = 2 1 0 2 i 0 2 0 −1 3~2 1 0 2 Ŝ = 4 0 1 wobei Ŝi = ~2 σ̂i gilt. Die σi sind die Paulimatrizen. Und schlieÿlich noch die Auf- und Absteigeoperatoren: 0 1 Ŝ+ = ~ , 0 0 7 0 0 Ŝ− = ~ 1 0 5 Spin-Spin-Kopplung Zwei Spins werden durch einfache Vektoraddition miteinander gekoppelt. Ŝ = Ŝ1 + Ŝ2 Da die Spinquantenzahlen s1 und s2 beide 12 sind und die Spinquantenzahl ms nur ± 12 annehmen kann. Können die Gesamtspinquantenzahlen S, Ms nur folgende Werte annehmen: → S = 0 ⇒ Ms = 0 → S = 1 ⇒ Ms = −1, 0, 1 also ein Singulett und ein Triplett. Nochmal zur Erinnerung: Wir arbeiten hier mit 2 verschiedenen Basen. 1. Die nicht gekoppelte Basis: Produktzustände der einzelnen Spins. |+i |+i , |−i |−i , |+i |−i |−i |+i 2. Die gekoppelte Basis: Basis der Zumme der einzelnen Spins. |S, Ms i (auch 4 Möglichkeiten) Wenn man die gekoppelte Basis durch die ungekoppelte Basis ausdrücken möchte, kommt man auf folgendes Ergebnis: |1, 1i = |+; +i 1 |1, 0i = √ |+; −i + |−; +i 2 |1, −1i = |−; −i Diese Basiszustände haben alle S = 1 und deshalb fassen wir sie in eine Gruppe zusammen: Das Triplett. 1 |0, 0i = √ |+; −i − |−; +i 2 S = 0 Das Singulett 8