WRP 2008, 1494-1499

Werbung
Beiträge
WRP – Wettbewerb in Recht und Praxis
1494
12/2008
Lorenz – Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
Dr. Bernd Lorenz
Essen*
Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
Inhalt
A.
Einleitung
B.
Abgrenzung von redaktionellen Beiträgen und redaktioneller
Werbung
I. Inhaltliche Kriterien
II. Äußere Faktoren
III. Maßstab bei Anzeigenblättern
C.
Wettbewerbs- und presserechtliche Beurteilung von
redaktioneller Werbung
I. Entgeltliche redaktionelle Werbung
II. Unentgeltliche redaktionelle Werbung
III. Haftung des Unternehmens
D.
Zivilrechtliche Folgen von redaktioneller Werbung
I. Nichtigkeit des Vertrags
II. Folge für den Vergütungsanspruch
E.
Strafrechtliche Folgen von redaktioneller Werbung
F.
Fazit
A. Einleitung
In Anzeigenblättern kann leicht eine Verquickung von redaktionellen Beiträgen mit Werbung stattfinden. In Anzeigenblättern dient der redaktionelle Teil vorrangig dazu, die Beachtung
der Werbeanzeigen zu fördern.1) Anzeigenblätter finanzieren
sich ausschließlich über die veröffentlichten Anzeigen, da sie
im Unterschied zu Offertenblättern kostenfrei verteilt werden.2)
Sie stehen damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Anzeigekunden. Es besteht die Gefahr, dass die Anzeigekunden
auf redaktionelle Beiträge Einfluss nehmen, indem sie für eine
positive Berichterstattung über ihr Unternehmen oder ihre Produkte bezahlen oder indem sie die Schaltung von Werbeanzeigen von einer positiven Berichterstattung abhängig machen.
Auch ist es denkbar, dass sich der Verleger den Anzeigenkunden andient und eine positive Berichterstattung anbietet. Insofern stellt sich die Frage nach der Abgrenzung von echten redaktionellen Beiträgen zu redaktionell gestalteter Werbung.
Die Abgrenzung ist vor dem Hintergrund bedeutsam, dass im
Presserecht das Gebot der strikten Trennung von redaktionellen Beiträgen und Werbung gilt. Dieses Gebot zählt zu den
wichtigsten Standesgrundsätzen der Presse.3) Es findet seinen
Niederschlag in den ZAW-Richtlinien für redaktionell gestaltete
Anzeigen4) des Zentralausschusses für Werbewirtschaft, den
Richtlinien 7.1, 7.2 des Pressekodexes5) des Deutschen Presse*
1)
2)
3)
4)
5)
Der Autor ist Rechtsanwalt bei STS Schulz Tegtmeyer Sozien in Essen.
Ahrens, GRUR 1995, 307 [307].
Rath-Glawatz/Engels/Dietrich, Das Recht der Anzeige, 3. Aufl. 2006, Rn. P 65.
Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 10 Rn. 43 ff.
Abrufbar unter http://www.zaw.de.
Publizistische Grundsätze (Pressekodex) in der Fassung vom 13.9.2006, URL:
http://www.presserat.de/uploads/media/Pressekodex.pdf.
rats und in der Kennzeichnungspflicht für entgeltliche Veröffentlichungen nach den Landespressegesetzen6). Das Trennungsgebot dient der Sicherung einer freien, nicht manipulierten öffentlichen Meinungsbildung, dem Schutz der Leser vor
Täuschungen über den werbenden Charakter von redaktionellen Beiträgen und damit der Neutralität und Unabhängigkeit
der Presse.7) Die Funktion des Trennungsgebots liegt darin,
Schleichwerbung zu verhindern. Das Trennungsgebot gilt auch
für Anzeigenblätter mit einem redaktionellen Teil.8) Umstritten
ist allerdings, ob bei Anzeigenblättern die gleichen Bewertungsmaßstäbe wie bei der freien Presse anzulegen sind. Hierauf wird im Folgenden noch eingegangen.
B. Abgrenzung von redaktionellen Beiträgen und
redaktioneller Werbung
Redaktionelle Werbung ist gegenüber den echten redaktionellen Beiträgen abzugrenzen, die zwar mittelbar auch Werbung
darstellen können, aber rechtlich zulässig sind. Für die Beurteilung, ob redaktionelle Werbung vorliegt, sind zweierlei Ansatzpunkte maßgeblich: Zum einen kann sich redaktionelle
Werbung aus dem Inhalt des Beitrags ergeben. Zum anderen
kann sich redaktionelle Werbung, auch wenn der Beitrag inhaltlich nicht zu beanstanden ist, aus äußeren Faktoren ergeben.
I.
Inhaltliche Kriterien
Redaktionelle Beiträge sind grundsätzlich durch die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Fall 1 GG gedeckt. Das gilt auch dann,
wenn sie ein Produkt oder Unternehmen positiv bewerten9) und
damit mittelbar einen werbenden Effekt haben. Das setzt allerdings voraus, dass sich die redaktionellen Beiträge im Rahmen
einer ausgewogenen und objektiven Berichterstattung halten.
In einem solchen Fall ist die Werbewirkung lediglich eine in
Kauf zu nehmende Nebenfolge des redaktionellen Beitrags.10)
Die Schwelle zur redaktionellen Werbung ist jedoch dann überschritten, wenn die Werbewirkung über das durch eine sachli6) § 10 LPressG BW, Art. 9 BayPrG, § 9 Bln. PresseG, § 11 BbgPG, § 10 BrPrG, § 10
HmbPresseG, § 8 HPresseG, § 9 LPrG M-V, § 10 Nds. PresseG, § 10 LPresseG NW,
§ 13 LMG RLP, § 13 SMG, § 9 SächsPresseG, § 9 LPresseG LSA, § 9 LPresseG SH,
§ 10 TPG, abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de.
7) Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O., § 10 Rn. 5 ff.; Heermann/Hirsch/Heermann,
Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2006, § 4 Nr. 3 UWG Rn. 20.
8) OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.4.1986 – 2 U 179/85, WRP 1986, 556 [558]; OLG
Hamm, Urteil vom 2.5.1985 – 4 U 54/85, WRP 1985, 655 [656]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.1977 – 15 U 120/77, AfP 1978, 52 [53]; Fezer/Prinz, Lauterkeitsrecht,
2005, § 4-S7 Rn. 17; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Frank, Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb, 2004, § 4 UWG Rn. 29; Heermann/Hirsch/Heermann,
a.a.O., § 4 Nr. 3 UWG Rn. 25; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 26. Aufl. 2008, § 4
UWG Rn. 3.21.
9) BVerfG, Beschluss vom 21.7.2005 – 1 BvR 217/99, NJW 2005, 3201; OLG München,
Urteil vom 2.2.2006 – 29 U 4763/05, ZUM 2006, 425.
10) Gloy/Loschelder/Ahrens, a.a.O., § 74 Rn. 46.
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Lorenz – Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
che Information bedingte Maß hinausgeht und eine übermäßig
werbende Darstellung vorliegt. Eine solche übermäßig werbende Darstellung kann in folgenden Fällen bestehen:11)
– Für den Beitrag gibt es überhaupt keinen publizistischen
Anlass.12) Bei Anzeigenblättern sind an den publizistischen Anlass allerdings nur geringe Anforderungen zu stellen. Anzeigenblätter beschränken sich meist auf Berichte über örtliche
und regionale Angelegenheiten, so dass sich schon aus örtlich
recht begrenzten Anlässen ein Berichterstattungsinteresse ergeben kann.13)
– Ohne sachliche Rechtfertigung wird ein Produkt bzw.
Unternehmen als positiv bewertet.14) In diesem Fall ist die Bewertung nicht das Ergebnis einer journalistischen Recherche.
– Dem Beitrag fehlt jede kritische Distanz.15) Während eine
positive Berichterstattung durchaus zulässig ist, wird die
Schwelle zur redaktionellen Werbung überschritten, wenn der
Bericht dem Leser wichtige Kritikpunkte vorenthält oder eine
übertriebene Anpreisung des Produkts bzw. des Unternehmens
enthält.
– Der Beitrag nennt trotz einer Vielzahl von ähnlichen Produkten bzw. Unternehmen nur ein Produkt bzw. Unternehmen
und stellt dieses in den Vordergrund des Berichts.16) Dagegen
reicht die bloße beispielhafte Nennung eines einzelnen Produkts in einem Bericht noch nicht aus, um redaktionelle Werbung zu begründen.17)
– Der Beitrag beinhaltet einen direkten Kaufappell.18) Dagegen können Testberichte der Redaktion durchaus zulässig sein.
Die Schwelle zur redaktionellen Werbung wird jedoch dann
überschritten, wenn dem Leser der Kauf des Produkts geradezu
nahegelegt wird, und der Eindruck erweckt wird, dass man sich
ein solches Angebot nicht entgehen lassen kann.
II.
Äußere Faktoren
Umstritten ist die Frage, ob sich redaktionelle Werbung neben
diesen inhaltlichen Kriterien auch aus äußeren Faktoren ergeben kann. Dies wird teilweise in folgenden Fällen angenommen:
11) Ullmann/Seichter, juris PraxisKommentar UWG, 2006, § 4 Nr. 3 Rn. 39.
12) BGH, Urteil vom 5.6.1997 – I ZR 69/95, WRP 1998, 42 [47] – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R
2008, 46 f., abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de; Ahrens GRUR 1995, 307
[310 ff.]; Gloy/Loschelder/Ahrens, a.a.O., § 74 Rn. 47.
13) OLG Köln, Urteil vom 19.1.1996 – 6 U 76/95, WRP 1996, 459; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.4.1986 – 2 U 179/85, WRP 1986, 556 [558]; Ahrens GRUR 1995, 307
[311]; Gloy/Loschelder/Ahrens, a.a.O., § 74 Rn. 52.
14) BGH, Urteil vom 30.4.1997 – I ZR 196/94, WRP 1997, 1048 [1050] – Die Besten I;
BGH, Urteil vom 30.4.1997 – I ZR 154/95, WRP 1997, 1051 [1053] – Die Besten II.
15) BGH, Urteil vom 5.6.1997 – I ZR 69/95, WRP 1998, 42 [47] – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; OLG Köln, Urteil vom 9.1.2004 – 6 U 126/03, AfP 2004, 136
[137 f.], abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de.
16) BGH, Urteil vom 18.10.1995 – I ZR 4/94, WRP 1996, 194 [196] – Aknemittel; BGH,
Urteil vom 30.6.1994 – I ZR 167/92, WRP 1994, 728 [729] – Produktinformation II;
BGH, Urteil vom 18.2.1993 – I ZR 14/91, WRP 1993, 476 – Produktinformation; OLG
Köln, Urteil vom 9.1.2004 – 6 U 126/03, AfP 2004, 136 [137]; abrufbar unter
http://www.justiz.nrw.de; Fezer/Prinz, a.a.O., § 4-S7.
17) BGH, Urteil vom 23.1.1997 – I ZR 238/93, WRP 1997, 711 [713 f.] – Produkt-Interview.
18) BGH, Urteil vom 3.2.1994 – I ZR 321/91, WRP 1994, 398 [398] – Kosmetikstudio;
OLG Hamburg, Urteil vom 17.12.1998 – 3 U 250/97, AfP 2000, 89 [91]; Rath-Glawatz
in: Weberling/Wallraf/Deters, Im Zweifel für die Pressefreiheit, 2008, S. 250.
– Der Kunde zahlt für den Beitrag oder für Fotos in dem Beitrag ein Entgelt.19) Auch dieser Umstand kann redaktionelle
Werbung begründen, denn er führt zu einer Einschränkung der
Unabhängigkeit der Presse. Ein Presseunternehmen, das ein
Entgelt von einem Kunden für die Berichterstattung erhalten
will, wird sich hüten kritisch oder gar negativ über das Unternehmen bzw. Produkt zu berichten.
– Das Presseunternehmen dient sich dem Kunden an und
bietet dem Kunden die Veröffentlichung eines werbenden Beitrags an.20) Sicherlich darf ein Presseunternehmen auch ein
Interview mit einem Kunden führen. Dies kann aber nicht soweit gehen, dass dem Kunden von vornherein eine positive Berichterstattung angeboten wird. Der Ausgang des Berichts
muss beim Führen des Interviews offen sein.
– Das Presseunternehmen übernimmt einen vom Kunden
vorgegebenen Text, ohne den Autor des Textes anzugeben.21)
Die Übernahme von Produktinformationen in einen Text ist
zwar zulässig, wenn sich der Text im Rahmen einer gewissenhaft recherchierten, sachlich gehaltenen journalistischen Darstellung hält.22) Hieran fehlt es aber, wenn ein fremder Text einfach nur vom Kunden übernommen wird. In diesem Fall muss
der Autor des Textes kenntlich gemacht werden. Andernfalls
geht der Leser irrtümlich davon aus, dass es sich um einen Beitrag der Redaktion handelt. Der Leser wird damit über die Herkunft des Textes getäuscht. Die Frage, wer den Beitrag verfasst
hat, kann für die Meinungsbildung des Lesers entscheidend
sein.
– Rath-Glawatz will im Hinblick auf die Ziffer 7 S. 3 des Pressekodexes auch dann von redaktioneller Werbung ausgehen,
wenn die Werbung dem wirtschaftlichen Eigeninteresse des
Verlags dient.23) Demnach würde es sich um redaktionelle Werbung handeln, wenn ein Anzeigenblatt bspw. über ein im selben Verlag erschienenes Buch berichtet. Auch wenn in einem
solchen Fall Bedenken hinsichtlich der Neutralität des redaktionellen Beitrags bestehen, ist hier jedoch die Pressefreiheit
aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Fall 1 GG vorrangig. Einem Verlag muss
es möglich sein, auch über eigene Verlagsprodukte im Wege einer Rezension zu berichten.
– Schließlich ist die Frage umstritten, ob sich redaktionelle
Werbung auch aus der Koppelung eines redaktionellen Beitrags
mit einer Anzeige ergeben kann. Immer wieder kommt es vor,
dass im redaktionellen Teil über ein Unternehmen bzw. ein Produkt berichtet wird und sich in derselben Ausgabe eine Werbeanzeige für das Unternehmen bzw. Produkt befindet. Wenn es
sich bei den Beiträgen schon inhaltlich um redaktionelle Wer19) OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R 2008, 46 [47], abrufbar
unter http://www.justiz.nrw.de; OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.2006 – 2 W 55/06,
juris; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 1.8.2006 – 4 U 19/06 Rn. 115, abrufbar unter
http://www.justiz.nrw.de; Rath-Glawatz, K&R 2008, 31 [33 f.].
20) OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R 2008, 46 [46 f.], abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de; a.A. Rath-Glawatz K&R 2008, 31 [32].
21) BGH, Urteil vom 23.10.1997 – I ZR 123/95, WRP 1998, 169 [171] – Auto ’94; OLG
Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R 2008, 46 [47], abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn.
3.22; a.A. Rath-Glawatz K&R 2008, 31 [32 f.].
22) BGH, Urteil vom 18.2.1993 – I ZR 219/91, WRP 1993, 478 [479] – Faltenglätter; OLG
Köln, Urteil vom 9.1.2004 – 6 U 126/03, AfP 2004, 136 [137]; abrufbar unter
http://www.justiz.nrw.de.
23) Rath-Glawatz in: Weberling/Wallraf/Deters, a.a.O., S. 251.
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Lorenz – Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
bung aufgrund der oben genannten Kriterien handelt, ergibt
sich schon aus dem Inhalt des Beitrags die Unzulässigkeit. Auf
die Veröffentlichung der Anzeige kommt es damit im Prinzip
gar nicht mehr an.24)
Umstritten ist die Frage, ob ein inhaltlich neutraler Beitrag, der
im Rahmen einer ausgewogenen Berichterstattung über ein
Unternehmen bzw. Produkt berichtet, als redaktionelle Werbung einzustufen ist, weil sich in derselben Ausgabe eine Werbeanzeige für das Unternehmen bzw. Produkt befindet. Eine
Ansicht geht davon aus, dass es generell unzulässig ist, in derselben Ausgabe einen redaktionellen Beitrag zusammen mit einer Anzeige zu veröffentlichen.25) Nach h. M. ist es bei echten
redaktionellen Beiträgen grundsätzlich zulässig, auch eine Anzeige in derselben Ausgabe zu veröffentlichen.26) Umstritten ist
allerdings die Frage, ob eine visuelle Trennung des redaktionellen Beitrags und der Anzeige erforderlich ist. Nach einer
Auffassung dürfen eine Anzeige und ein redaktioneller Beitrag
nicht im einheitlichen Blickfeld des Lesers veröffentlicht werden,27) bspw. nicht auf einer Doppelseite. Zulässig ist hiernach
der gleichzeitige Abdruck eines redaktionellen Beitrags und einer Anzeige bei einer ausreichenden visuellen Trennung.
Wenn der redaktionelle Beitrag und die Anzeige durch ein Umschlagen der Seite voneinander getrennt sind, liegt eine ausreichende visuelle Trennung vor. Nach a. A. können der redaktionelle Beitrag und die Anzeige auch ohne visuelle Trennung auf
derselben Seite veröffentlicht werden.28)
Zutreffend ist die Auffassung, die die gleichzeitige Veröffentlichung eines redaktionellen Beitrags und einer Anzeige bei einer ausreichenden visuellen Trennung zulässt. Ein redaktioneller Beitrag, der auf derselben Seite wie die Anzeige abgedruckt ist, verstärkt regelmäßig die Werbewirkung der Anzeige.
Die Aufmerksamkeit des Lesers für die Anzeige wird durch den
redaktionellen Beitrag erhöht. Dadurch schlägt der inhaltlich
zulässige redaktionelle Beitrag im Zusammenhang mit der Anzeige in redaktionelle Werbung um. Es liegt eine gezielte Hinlenkung des Lesers auf die Anzeige vor. Bei einer visuellen
Trennung nimmt der Leser den redaktionellen Beitrag und die
Anzeige dagegen nicht zusammen war. Zu einer Verstärkung
der Werbewirkung kommt es damit nicht.
III. Maßstab bei Anzeigenblättern
Im Hinblick darauf, dass es unterschiedliche Arten von Medien
gibt – die freie Presse, Anzeigenblätter und Werbeschriften –
stellt sich die Frage, ob bei Anzeigenblättern dieselben Anforderungen an das Trennungsgebot zu stellen sind wie bei der
freien Presse. Eine neuere Meinung will hinsichtlich der Einhaltung des Trennungsgebots großzügigere Maßstäbe bei An24) Fuchs, GRUR 1988, 736 [741]; a.A. OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 1.7.1997 –
6 U 29/97, OLGR Schleswig 1997, 312; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom
6.5.1997 – 6 W 6/97, OLGR Schleswig 1997, 314.
25) OLG Hamm, Urteil vom 26.2.1987 – 4 U 316/86, NJW-RR 1988, 230.
26) BGH, Urteil vom 19.2.1998 – I ZR 120/95, WRP 1998, 595 – AZUBI ’94; OLG München, Urteil vom 2.2.2006 – 29 U 4763/05, ZUM 2006, 425; OLG Köln, Urteil vom
19.1.1996 – 6 U 76/95, WRP 1996, 459; KG, Urteil vom 13.3.1987 – 5 U 23/87, GRUR
1987, 718; Fezer/Prinz, a.a.O., § 4-S7 Rn. 21; Fuchs, GRUR 1988, 736 [741 ff.]; Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O., § 10 Rn. 66.
27) OLG Hamburg, Urteil vom 16.2.1989 – 3 U 89/88, WRP 1990, 183 [185].
28) OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.1987 – 4 U 301/86, WRP 1988, 334; Ahrens, GRUR
1995, 307 [312]; Gloy/Loschelder/Ahrens, a.a.O., § 74 Rn. 50 f.
zeigenblättern anlegen.29) Danach soll bspw. das gesamte Redaktionskonzept als Bewertungsmaßstab herangezogen werden.
Wenn in einem Anzeigenblatt ausschließlich positive Berichterstattung erfolgt, soll dies auch in die Beurteilung des Beitrags
einfließen. Ahrens geht dagegen davon aus, dass für das Trennungsgebot in Anzeigenblättern keine geringeren Maßstäbe
gelten.30)
Sicherlich wird der Leser von Anzeigenblättern nicht die gleiche Unabhängigkeit erwarten wie von einer Tageszeitung oder
einem Nachrichtenmagazin. Der Leser weiß, dass Anzeigenblätter vorwiegend der Werbung dienen und dass dies oftmals
auch für die redaktionellen Beiträge gilt. Er wird redaktioneller
Werbung in Anzeigenblättern deshalb kritisch gegenüberstehen.31) Andererseits ist es nicht nachvollziehbar, warum bei einem Anzeigenblatt, das für sich in Anspruch nimmt, journalistische Beiträge zu veröffentlichen, geringere Maßstäbe an das
Trennungsgebot anzulegen sein sollen. Wenn man hinsichtlich
verschiedener Arten von Medien unterschiedliche Maßstäbe
anlegt, führt dies zu einer Verwischung der Abgrenzungskriterien. Lediglich hinsichtlich des publizistischen Anlasses unterliegen Anzeigenblätter geringeren Anforderungen. Ansonsten
haben sie sich inhaltlich an dieselben Anforderungen wie die
freie Presse zu halten.
C. Wettbewerbs- und presserechtliche Beurteilung
von redaktioneller Werbung
I.
Entgeltliche redaktionelle Werbung
Entgeltliche redaktionelle Werbung ist zulässig, wenn sie deutlich als Anzeige gekennzeichnet ist. Eine Veröffentlichung, die
nicht schon durch Anordnung oder Gestaltung als Anzeige zu
erkennen ist, muss nach den Landespressegesetzen, deutlich
mit dem Wort „Anzeige“ bezeichnet werden. Der Anzeigencharakter muss für einen Durchschnittsleser schon aus der äußeren Gestaltung erkennbar sein.32) Während früher noch auf
den flüchtigen Durchschnittsleser abgestellt wurde,33) kommt
es aufgrund des veränderten Verbraucherleitbilds nun auf den
durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsleser an.34) Teilweise wird auch auf einen unbefangenen Durchschnittsleser abgestellt.35)
Die Erkennbarkeit kann sich bei kurzen Anzeigen, die in einer
Spalte neben den redaktionellen Beiträgen erscheinen, aus einer abweichenden optischen Gestaltung wie z. B. einer eingerahmten Anzeige ergeben. Die abweichende Gestaltung alleine
29) Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Frank, a.a.O., § 4 UWG Rn. 29; Hefermehl/
Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 3.25, 3.28; Rath-Glawatz, in: Weberling/
Walfraf/Deters, a.a.O., S. 241, 246 f.
30) Ahrens, GRUR 1995, 307 [310];; Gloy/Loschelder/Ahrens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl. 2005, § 74 Rn. 42.
31) Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 3.25, 3.28; Köhler, WRP 1998,
349 [355].
32) OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R 2008, 46 [47], abrufbar
unter http://www.justiz.nrw.de; OLG Hamm, Urteil vom 4.10.1990 – 4 U 173/90,
NJW-RR 1991, 681 f.
33) OLG Hamm, Urteil vom 2.5.1985 – 4 U 54/85, WRP 1985, 655; Fuchs, GRUR 1988,
736 [739].
34) LG Stuttgart, Urteil vom 13.2.2006 – 40 O 16/06, WRP 2006, 773 [774 f.]; Ekey/Klippel/Kotthoff/Plaß, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2005, § 4 Rn. 295; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 3.21.
35) Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. 2005, 14. Kap. Rn. 13a; RathGlawatz/Engels/Dietrichs, a.a.O., Rn. P 352.
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Lorenz – Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
durch einen Rahmen wird jedoch bei umfangreicher redaktioneller Werbung nicht ausreichen. Aufgrund des Umfangs entsteht für den Durchschnittsleser der Eindruck, dass es sich bei
dem Text um einen redaktionellen Beitrag und nicht um eine
Anzeige handelt. Wenn sich auf derselben Seite kein anderer
redaktioneller Beitrag befindet, besteht für den Leser Grund
zur Annahme, dass es sich bei dem Beitrag um einen redaktionellen Beitrag handelt. Für ihn ist eine Differenzierung nach
redaktionellen Beiträgen und Anzeigen nicht möglich, wenn
die redaktionelle Werbung die gesamte Seite einnimmt. Man
wird deshalb bei umfangreicher redaktioneller Werbung verlangen müssen, dass diese stets mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet wird.
tion erstellte unabhängige und unvoreingenommene Beurteilung des Unternehmens bzw. Produkts handelt. Der Leser wird
bei redaktioneller Werbung über die Neutralität der Berichterstattung getäuscht. Der Werbecharakter des Beitrags wird dadurch in wettbewerbswidriger Weise verschleiert. Redaktionelle Werbung verstößt gleichzeitig gegen das Verbot irreführender Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG.41) Darüber hinaus ergibt
sich die Wettbewerbswidrigkeit aus § 4 Nr. 11 UWG, da ein Verstoß gegen die gesetzliche Kennzeichnungspflicht nach den
Landespressegesetzen vorliegt.42)
An die Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ werden hohe
Anforderungen gestellt. Redaktionelle Werbung muss für den
durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsleser auf den ersten Blick als Werbung erkennbar sein. Hinsichtlich der Gestaltung ist Folgendes zu beachten:
Unentgeltliche redaktionelle Werbung ist wettbewerbswidrig
und zwar unabhängig davon, ob sie als Anzeige gekennzeichnet
ist oder nicht. Wenn redaktionelle Werbung nicht als Anzeige
gekennzeichnet ist, wird der Werbecharakter der Wettbewerbshandlung gemäß § 4 Nr. 3 UWG in unzulässiger Weise verschleiert. Aber auch wenn die unentgeltliche redaktionelle Werbung als Anzeige gekennzeichnet wird, ist diese als irreführende Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG unzulässig.43) Eine
Anzeige im Sinne des Presserechts ist eine üblicherweise gegen
Entgelt erfolgende Veröffentlichung, mit der sich der Kunde an
die Leser der Druckschrift wendet.44) Mit der Kennzeichnung
von unentgeltlicher Werbung als Anzeige wird deshalb fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass ein entgeltlicher Anzeigenauftrag vorliegt. Damit wird der Leser über den Umfang des
bezahlten Anzeigenvolumens getäuscht.
– Es ist erforderlich, dass sich das Wort „Anzeige“ aufgrund
des Schrifttyps, der Schriftgröße oder der Schriftfarbe von den
anderen redaktionellen Beiträgen abhebt.36) Wenn das Wort
„Anzeige“ dieselbe Schriftfarbe wie der übrige Text hat, ist es
grundsätzlich notwendig, dass es in etwa die Größe der Überschrift des Textes hat. Wenn ein auffälliger Farbton wie z. B. Rot
bei ansonsten schwarzer Schrift verwendet wird, kann das Wort
„Anzeige“ auch kleiner sein als die Überschrift. Ein heller Grauton wird der raschen Erkennbarkeit bei ansonsten schwarzer
Schrift regelmäßig nicht genügen.
– Ferner reicht es nicht aus, wenn das Wort „Anzeige“ am
oberen rechten Seitenrand platziert wird. Da der Leser links zu
lesen beginnt, muss das Wort „Anzeige“ am oberen linken Seitenrand in horizontaler Richtung platziert werden,37) so dass
dies das erste Wort ist, das dem Leser ins Auge springt.
– Es reicht nicht aus, wenn das Wort „Anzeige“ senkrecht
statt waagerecht abgedruckt wird.38) Der senkrechte Abdruck
des Wortes entspricht nicht der Leserichtung, so dass das Wort
„Anzeige“ leicht übersehen werden kann.
– Es reicht bei mehreren Anzeigen auch nicht aus nur eine
Überschrift „Anzeigen“ auf der Seite zu platzieren.39) Vielmehr
muss jede einzelne Anzeige mit dem Wort „Anzeige“ überschrieben werden.
Wenn der Anzeigencharakter der redaktionellen Werbung
nicht deutlich wird, liegt eine nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrige Irreführung des Lesers vor.40) Der Leser geht davon aus, dass es sich bei dem Beitrag um eine von der Redak36) LG Stuttgart, Urteil vom 13.2.2006 – 40 O 16/06, WRP 2006, 773 [774 f.]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 3.21.
37) OLG Hamm, Urteil vom 2.10.1990 – 4 U 5/90, NJW-RR 1991, 681; LG Stuttgart, Urteil vom 13.2.2006 – 40 O 16/06, WRP 2006, 773 [775]; Fezer/Hoeren, a.a.O., § 4-3
Rn. 28; Wollemann, WRP 1979, 679 [687].
38) Fezer/Hoeren, a.a.O., § 4-3 Rn. 28; Fuchs, GRUR 1988, 736 [739]; Rodekamp, GRUR
1978, 681 [685]; Wollemann, WRP 1979, 679 [686 f.]; a.A. Rath-Glawatz/Engels/
Dietrich, a.a.O., Rn. P 353.
39) LG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2006 – 39 O 198/06 KfH und OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.3.2007 – 2 U 4/07, WRP 2007, 1274; OLG Frankfurt, Urteil vom
6.10.2006 – 6 U 109/06, WRP 2007, 111.
40) Gloy/Loschelder/Ahrens, a.a.O., § 74 Rn. 43; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O.,
§ 4 UWG Rn. 3.20, 3.23; Löffler/Ricker, a.a.O., 75. Kap. Rn. 24 ff.
II.
Unentgeltliche redaktionelle Werbung
III. Haftung des Unternehmens
Problematisch ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen neben dem Verleger auch das begünstigte Unternehmen für die Wettbewerbsverletzung haftet. Unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung könnte das Unternehmen auf
Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 BGB analog in Anspruch genommen werden.45) In Betracht kommen könnte nach der
neuen Rspr. des BGH auch eine wettbewerbsrechtliche Täterhaftung.46) Voraussetzung hierfür ist eine willentliche bzw. vorsätzliche Mitwirkung des Unternehmens an dem Wettbewerbsverstoß. Weiterhin kommt eine Täterhaftung nur dann in Betracht, wenn das Unternehmen eine wettbewerbsrechtliche
Verkehrspflicht verletzt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn das Unternehmen dem Verleger lediglich Informationsmaterial überlässt,
und der Verleger ohne Absprache mit dem Unternehmen diese
41) Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG Rn. 2.23.
42) Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG Rn. 3.21; Gloy/Loschelder/Ahrens,
a.a.O., § 74 Rn. 44.
43) KG, Urteil vom 17.1.1995 – 5 U 7233/93, AfP 1995, 656; OLG Hamm, Urteil vom
19.12.1989 – 4 U 199/89, NJW-RR 1990, 1196; Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O.,
§ 10 Rn. 28, 54; Rath-Glawatz/Engels/Dietrich, a.a.O., Rn. P 210.
44) KG, Urteil vom 17.1.1995 – 5 U 7233/93, AfP 1995, 656 [657]; Rath-Glawatz/
Engels/Dietrich, a.a.O., Rn. P 47, P 301.
45) Vgl. Ekey/Klippel/Kotthoff/Kotthoff/Gabel, a.a.O., § 8 Rn. 49 ff.; Heermann/
Hirsch/Fritzsche, a.a.O., § 8 UWG Rn. 25 ff.
46) Vgl. BGH, Urteil vom 12.7.2007 – I ZR 18/04, WRP 2007, 1173 [1175 ff.] = JurPC WebDok. 192/2007 Abs. 23 ff., URL: http://www.jurpc.de/rechtspr/20070192.htm –
Jugendgefährdende Medien bei eBay; Döring, WRP 2007, 1131 [1135 ff.]; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG Rn. 2.14a, 2.5.
Beiträge
WRP – Wettbewerb in Recht und Praxis
1498
12/2008
Lorenz – Redaktionelle Werbung in Anzeigenblättern
als redaktionelle Werbung veröffentlicht.47) Dem Unternehmen
obliegen keine Sperr- oder Kontrollpflichten hinsichtlich des
überlassenen Informationsmaterials. Das Unternehmen ist
nicht verpflichtet, dem Verleger hinsichtlich der Verwendung
des überlassenen Informationsmaterials Auflagen zu machen.
Es braucht die Überlassung des Informationsmaterials auch
nicht von einer vorherigen Prüfung des Beitrags abhängig zu
machen. Folglich scheidet eine Haftung des Unternehmens immer dann aus, wenn der Wettbewerbsverstoß durch ein eigenverantwortliches Handeln des Verlegers begründet wird. Eine
Haftung des Unternehmens kommt nur dann in Betracht, wenn
es die Produktinformationen dem Verleger gezielt zur Veröffentlichung von redaktioneller Werbung überlässt.48)
stoß gegen diese Vorschriften hat deshalb ebenfalls die Nichtigkeit des Vertrags nach § 134 BGB zur Folge.53) Teilweise wird
auch davon ausgegangen, dass ein solcher Verstoß zu einer Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB führt.54)
D. Zivilrechtliche Folgen von redaktioneller
Werbung
II.
I.
Nichtigkeit des Vertrags
Verträge über redaktionelle Werbung sind nichtig. Die Nichtigkeit ergibt sich dabei sowohl aus einem Verstoß gegen die wettbewerbsrechtlichen als auch gegen die presserechtlichen Vorschriften.
Ob ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, zu einer Unwirksamkeit des abgeschlossenen Vertrags führt, hängt davon ab, ob
sich die Wettbewerbswidrigkeit auf die Art und Weise des Zustandekommens des Vertrags oder auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts bezieht. Im ersten Fall führt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nicht automatisch zu einer Sittenwidrigkeit im
Sinne des § 138 Abs. 1 BGB49) oder zu einem Verstoß gegen ein
Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB50). Verträge, die durch
unlautere Wettbewerbsmethoden zustande gebracht werden,
sind deshalb regelmäßig wirksam. Im zweiten Fall führt jedoch
das wettbewerbswidrige Verhalten zu einer Nichtigkeit des Vertrags nach § 134 BGB. Wenn der Leistungsgegenstand eines
Vertrags in der Verpflichtung zu einem wettbewerbswidrigen
Verhalten liegt, begründet dieser Umstand einen Verstoß gegen
ein Verbotsgesetz.51) Damit ist ein Vertrag über redaktionelle
Werbung wegen eines Verstoßes gegen §§ 4 Nr. 3, 5 Abs. 1 UWG
gemäß § 134 BGB nichtig.52)
Als Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB sind auch die pressrechtlichen Vorschriften einzuordnen, die eine Trennung von
redaktionellen Beiträgen und Werbung vorschreiben. Ein Ver47) BGH, Urteil vom 18.10.1995 – I ZR 227/93, WRP 1996, 98 – Produktinformation III;
BGH, Urteil vom 30.6.1994 – I ZR 167/92, WRP 1994, 728 – Produktinformation II;
BGH, Urteil vom 18.2.1993 – I ZR 14/91, WRP 1993, 476 – Produktinformation;
Ekey/Klippel/Kotthoff/Kotthoff/Gabel, a.a.O., § 8 Rn. 57.
48) BGH, Urteil vom 3.2.1994 – I ZR 321/91, WRP 1994, 398 [400] – Kosmetikstudio;
Ekey/Klippel/Kotthoff/Kotthoff/Gabel, a.a.O., § 8 Rn. 57.
49) BGH, Urteil vom 14.5.1998 – I ZR 10/96, WRP 1998, 854 [855 f.] – Co-Verlagsvereinbarung; BGH, Urteil vom 25.1.1990 – I ZR 19/87, WRP 1990, 672 [679 f.] – HBVFamilien- und Wohnungsrechtsschutz; Säcker/Rixecker/Armbrüster, Münchener
Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 138 Rn. 8.
50) BGH, Urteil vom 14.5.1998 – I ZR 10/96, WRP 1998, 854 [856 f.] – Co-Verlagsvereinbarung; BGH, Urteil vom 25.1.1990 – I ZR 19/87, WRP 1990, 672 [680] – HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; Herberger/Martinek/Rüßmann/Nassall, juris
PraxisKommentar BGB, 3. Aufl. 2006, § 134 Rn. 160; Säcker/Rixecker/Armbrüster,
a.a.O., § 134 Rn. 67.
51) BGH, Urteil vom 6.5.1999 – V ZB 1/99, NJW 1999, 2266 [2267]; BGH, Urteil vom
14.5.1998 – I ZR 10/96, WRP 1998, 854 [856] – Co-Verlagsvereinbarung; Herberger/Martinek/Rüßmann/Nassall, a.a.O., § 134 Rn. 161; Säcker/Rixecker/Armbrüster, a.a.O., § 134 Rn. 67.
52) Säcker/Rixecker/Armbrüster, a.a.O., § 134 Rn. 67.
Die Nichtigkeit kann auch Folgeverträge umfassen.55) Wenn ein
Unternehmen einmal eine redaktionelle Werbung in einem Anzeigenblatt platziert hat, können auch Verträge über Anzeigen,
die in späteren Ausgaben erscheinen sollen, nichtig sein. Hier
wird man allerdings einen Zusammenhang zwischen der redaktionellen Werbung und den später erscheinenden Anzeigen
verlangen müssen. Bei Schaltung der redaktionellen Werbung
müssen die später erscheinenden Anzeigen bereits mitvereinbart worden sein.
Folge für den Vergütungsanspruch
Die Nichtigkeit der Verträge zur Folge, dass der Verleger keinen
vertraglichen Anspruch auf eine vereinbarte Vergütung für die
redaktionelle Werbung hat. Wenn der Kunde noch nicht gezahlt
hat, stellt sich die Frage, ob der Verleger einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB hat. Der
Verleger hat die redaktionelle Werbung ohne Rechtsgrund erbracht. Da sich die Veröffentlichung der redaktionellen Werbung nicht rückgängig machen lässt, käme ein Anspruch des
Verlegers gerichtet auf Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB in Betracht. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 817 S. 2 BGB
ist ein solcher Anspruch jedoch ausgeschlossen. Hieraus folgt,
dass derjenige, der gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134
BGB oder die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB verstößt, keinen Anspruch auf Rückgewähr seiner Leistung hat.
Wenn der Kunde die redaktionelle Werbung bereits bezahlt hat,
stellt sich die Frage, ob dieser die Vergütung gemäß § 812 Abs. 1
S. 1 Fall 1 BGB bzw. § 817 S. 1 BGB zurückverlangen kann. Der
Verleger hat als Empfänger der Vergütung gegen ein Verbotsgesetz bzw. die guten Sitten verstoßen. Dieser Umstand begründet zwar gemäß § 817 S. 1 BGB einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch. Der Anspruch ist allerdings gemäß § 817 S. 2 BGB in den Fällen ausgeschlossen, in denen dem
Kunden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Maßgeblich kommt es dabei auf die Frage an, ob der Kunde hinsichtlich
des Gesetzes- oder Sittenverstoßes vorsätzlich gehandelt hat.
§ 817 S. 2 BGB setzt nämlich einen Vorsatz des Leistenden voraus.56) Hieran fehlt es, wenn der Kunde die Vorschriften zur
Trennung von redaktionellen Beiträgen und Werbung gar nicht
kennt und sich deshalb eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung überhaupt nicht bewusst ist. Wenn der Kunde erst nachträglich Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der redaktionellen
Werbung erhält, kann er damit die Vergütung zurückverlangen.
53) OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2006 – I-23 U 30/06, K&R 2008, 46, abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de; bestätigt durch BGH, Pressemitteilung-Nr. 178/2007
vom 27.11.2007 – X ZR 133/06, abrufbar unter http://www.bundesgerichtshof.de;
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.4.1975 – 5 U 129/74, NJW 1975, 2018; Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O., § 10 Rn. 38; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 134
Rn. 20; Säcker/Rixecker/Armbrüster, a.a.O., § 134 Rn. 91; Wollemann, WRP 1979,
679 [689].
54) OLG Köln, Urteil vom 4.3.1970 – 2 U 100/69, MDR 1970, 673.
55) Säcker/Rixecker/Armbrüster, a.a.O., § 134 Rn. 67.
56) Palandt/Sprau, a.a.O., § 817 Rn. 17; Rebmann/Säcker/Rixecker/Lieb, Münchener
Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 817 Rn. 42.
WRP – Wettbewerb in Recht und Praxis
Beiträge
12/2008
1499
Hertz-Eichenrode – Die Rechtsprechung zur rechtsverletzenden Benutzung von Marken …
Wenn der Kunde dagegen von vornherein sich mit dem Verleger
zusammenschließt, um redaktionelle Werbung zu veröffentlichen, besteht auch kein Rückforderungsanspruch des Kunden.
E. Strafrechtliche Folgen von redaktioneller
Werbung
Das Veröffentlichen von entgeltlicher redaktioneller Werbung
stellt nach den Landespressegesetzen eine Ordnungswidrigkeit
dar. Als Täter sehen die Landespressegesetze57) den Verleger
an. In einigen Bundesländern kommt auch der Verantwortliche
für den Anzeigenteil in Betracht. Als Beteiligter wird gemäß 14
Abs. 1 OWiG auch der Kunde bestraft, wenn er an der Zuwiderhandlung vorsätzlich mitgewirkt hat.58)
Das Veröffentlichen von unentgeltlicher redaktioneller Werbung stellt dagegen keine Ordnungswidrigkeit dar. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand der Landespressegesetze ist nur
erfüllt, wenn entgeltliche Veröffentlichungen nicht als Anzeige
gekennzeichnet werden. Demnach bleibt die unentgeltliche
Veröffentlichung von redaktioneller Werbung straffrei.
Das Veröffentlichen von unzulässigen Koppelungsbeiträgen auf
derselben Seite bzw. Doppelseite, ist nicht strafbar.59) Bei Kop57) § 23 Abs. 1 Nr. 2 LPressG BW, Art. 12 Abs. 1 Nr. 1 BayPrG, § 21 Abs. 1 Nr. 3
Bln. PresseG, § 15 Abs. 1 Nr. 4 BbgPG, § 22 Abs. 1 Nr. 2 BrPG, § 21 Abs. 1 Nr. 2
HmbPresseG, § 15 Abs. 1 Nr. 3 HPresseG, § 21 Abs. 1 Nr. 2 LPrG M-V, § 22 Abs. 1
Nr. 2 Nds. PresseG, § 23 Abs. 1 Nr. 2 LPresseG NW, § 36 Abs. 3 Nr. 3 LMG RLP, § 64
Abs. 1 Nr. 2 SMG, § 13 Abs. 1 Nr. 5 SächsPresseG, § 14 Abs. 1 Nr. 2 LPresseG LSA,
§ 16 Abs. 1 Fall 2 LPresseG SH, § 13 Abs. 1 Nr. 4 TPG, abrufbar unter
http://www.justiz.nrw.de.
58) Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O., § 10 Rn. 41 f.
59) Löffler/Ricker, a.a.O., 14. Kap. Rn. 8; Löffler/Sedelmeier/Burkhardt, a.a.O., § 10
Rn. 21.
pelungsbeiträgen wird der redaktionelle Beitrag als unentgeltliche Zugabe zur Anzeige veröffentlicht. Ein Entgelt wird ausschließlich für die Anzeige entrichtet. Für die Annahme einer
Ordnungswidrigkeit reicht es nicht aus, dass mittelbar auch der
redaktionelle Beitrag mitbezahlt wird. Im Hinblick auf das in
Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG geregelte Analogieverbot, können
die Ordnungswidrigkeitentatbestände nicht auf mittelbar entgeltliche Veröffentlichungen ausgeweitet werden.
F.
Fazit
Einerseits ist entgeltliche redaktionelle Werbung unzulässig,
wenn sie nicht als Anzeige gekennzeichnet ist. Andererseits ist
unentgeltliche redaktionelle Werbung generell unzulässig.
Dem Verleger verbleibt damit nur noch folgende Möglichkeit: Er
muss die redaktionelle Werbung deutlich als Anzeige kennzeichnen, und er muss ein Entgelt für die redaktionelle Werbung verlangen. Einzig und allein unter diesen Voraussetzungen ist redaktionelle Werbung zulässig. Dies ist auch im Sinne
der Leser, die redaktionelle Werbung von vornherein erkennen
sollen.
Wenn es an der Kennzeichnung als Anzeige oder der Entgeltlichkeit der redaktionellen Werbung fehlt, entsteht für den Verleger nicht nur das Risiko einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung. Mindestens genauso schwerwiegend dürfte der Umstand sein, dass die mit den Kunden abgeschlossenen Verträge
nichtig sind und kein Vergütungsanspruch des Verlegers besteht. Folglich setzt sich der Verleger mit dem Abdruck von
wettbewerbswidriger redaktioneller Werbung erheblichen
wirtschaftlichen Risiken aus.
Christian Hertz-Eichenrode
Rechtsanwalt, Hamburg
Die Rechtsprechung zur rechtsverletzenden Benutzung
von Marken, insbesondere von 3D-Marken
Inhalt
I.
Problemstellung
II.
Grundsätze der rechtsverletzenden Benutzung
1. Chronologische Darstellung der Rechtsprechung des
EuGH zur Benutzung als Marke
2. EuGH-Rechtsprechung zum Gebrauch als Firmennamen
3. EuGH-Rechtsprechung zum Gebrauch der Marke in
vergleichender Werbung
4. Deutsche Rechtsprechung
a) Erfordernis des markenmäßigen Gebrauchs
b) Schutz bei firmenmäßigem Gebrauch
c) Domainnamen
d) Schutz gegen Rufausbeutung
e) Schutz der Herkunftsfunktion bei den neuen Markenformen
III. Rechtsprechung zur absoluten Schutzfähigkeit von
dreidimensionalen Formenmarken
1. Unterscheidungskraft
2. Freihaltebedürfnis
IV. Stellungnahme
1. Keine unterschiedliche Verkehrsauffassung
2. Tatsächliche Vermutung bei identischen oder quasiidentischen Formen
3. Herkunftsfunktion nach Verkauf
4. Zusammenfassung
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