Pharmarecht - Castringius

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Pharmarecht | Mandanteninformation | 28. November 2012 | Seite 1
Der BGH konkretisiert seine Rechtsprechung
zu dem Zuwendungsverbot des § 7 Abs. 1 HWG
im Bereich der Fachkreiswerbung
Daniel Hoffmann
Rechtsanwalt
Nach § 7 Abs. 1 HWG ist die Wertwerbung gegenüber den Fachkreisen nur bei Vorliegen bestimmter
Ausnahmen zulässig. Hintergrund
des Werbeverbots ist die Vermeidung der unsachgemäßen Beeinflussung der Fachkreise durch
Werbegaben.
Im Bereich der Laienwerbung hatte
der BGH in 2010 in diversen Entscheidungen einen „Zulässigkeitskorridor“ aufgestellt, wonach Werbegaben mit einem Wert unterhalb
von 1,00 € in der Regel zulässig
sind, Werbegabe mit einem Wert
jenseits der 5,00 € dagegen nicht
mehr. Mit Urteil vom 17.08.2011
hat der BGH demgegenüber für die
kostenlose Zurverfügungstellung
einer werbefinanzierten Arzneimitteldatenbank an Ärzte herausgestellt, dass die Ärzte hierdurch
nicht in ihrem Verschreibungsverhalten unzulässig beeinflusst
wurden, weil sie die Leistung nicht
als Werbung verstünden und hierdurch kein wirtschaftliches Interesse der Ärzte an der Verschreibung
von bestimmten Arzneimitteln geweckt wurde. Auf den Wert der Leistung kam es nicht an.
Daran hat der BGH in seiner Entscheidung vom 25.04.2012, I ZR
105/10, angeknüpft und die Maßstäbe zur Bewertung der Fachkreiswerbung weiter konkretisiert. Danach sei eine Werbegabe
im Wert von 20 – 100 € gegenüber den Fachkreisen nicht mehr
geringwertig, wobei auf den Gesamtwert aller zugewendeten Gegenstände abzustellen sei. Trotzdem ging der BGH nicht per se von
der Unzulässigkeit der Maßnahme
aus – es komme vielmehr auf die
individuelle Beeinflussbarkeit des
Werbeadressaten durch die Zuwendung an.
I. Der Fall
Gegenstand des Rechtstreits war
die kostenlose Abgabe von Rätselheften im Wert von je 0,20 € eines
Pharmaunternehmens an Apotheken. Die Hefte waren mit einer wenig prominenten Werbung für ein
Arzneimittel des Pharmaunternehmens versehen. Der Apotheker
selbst konnte die Hefte mit seinem Apothekenstempel versehen
und an seine Kunden weitergeben.
Typischer Weise soll ein Apothe-
ker danach 100 bis 500 Hefte mit
einem Gesamtwert von 20 – 100 €
erhalten haben.
II. Die Entscheidung
Der BGH hat den Begriff der Werbegabe zunächst weit ausgelegt. Dieser erfasse jede im Zusammenhang
mit der Werbung für Arzneimittel
gewährte unentgeltliche Vergütung und damit auch die zur weiteren Verwendung durch den Apotheker hergegebenen Rätselhefte.
Zwar war die Abgabe der Hefte für
sich genommen als Werbegabe
gegenüber den Apothekenkunden
nicht zu beanstanden. Allerdings
boten die Rätselhefte einen darüber hinausgehenden Zweitnutzen
für den Apotheker. Jener konnte die
Hefte als eigene Werbegabe gegen>>
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Pharmarecht | Mandanteninformation | 28. November 2012 | Seite 2
Der BGH konkretisiert seine Rechtsprechung zu dem Zuwendungsverbot
des § 7 Abs. 1 HWG im Bereich der Fachkreiswerbung
über seinen Kunden präsentieren,
ohne selbst Kosten aufwenden zu
müssen. Dies hat der BGH an § 7
Abs. 1 HWG gemessen und kam
zu dem Ergebnis, dass für die Beurteilung einer zulässigen geringwertigen Zuwendung auf den
Gesamtwert aller abgegebenen
Gegenstände abgestellt werden
müsse. Die Grenze der Geringwertigkeit sei bei einer Zuwendung im
Gesamtwert von 20-100 € deutlich
überschritten.
Weiter meinte der BGH, der Wert
der Hefte liege insgesamt zwar
deutlich über der Grenze, bis zu der
eine unsachliche Beeinflussung von
vornherein ausgeschlossen werden
könne. Die Maßnahme müsse aber
auch geeignet sein, wirtschaftliche
Interessen an der Verschreibung
oder Abgabe von Arzneimitteln
zu wecken. Es komme daher auf
die individuelle Beeinflussbarkeit
des Zuwendungsempfängers an.
Die Maßnahme wäre auch bei der
Gewährung nicht mehr geringwertiger Vorteile zulässig, wenn die
Zuwendung nicht geeignet ist, die
Entscheidung der Apotheker für
den Bezug und den Absatz des beworbenen Arzneimittels unsachlich zu beeinflussen. Dies sei etwa
der Fall, wenn keine unmittelbare
Koppelung zwischen dem Bezug
der Hefte und dem Bezug des beworbenen Arzneimittels besteht,
so dass eine Beeinflussung als von
vornherein ausgeschlossen angesehen werden könnte.
Letztlich hat der BGH im konkreten Fall offen gelassen, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang eine solche Koppelung besteht. Denn jedenfalls sei es vorstellbar, dass die Apotheker das
beworbene Arzneimittel in der
Hoffnung auf den unentgeltlichen
Bezug weiterer Hefte vermehrt
empfehlen oder abgeben, um dadurch die Finanzierung der Hefte
zu begünstigen oder sich gegenüber dem Hersteller dankbar für
die Bereitstellung der Werbemittel zu zeigen. Dies sei für die
Apotheker, die es gewöhnt seien,
in vielfältiger Weise mit Werbegaben ausgestattet zu werden,
durch das Berufungsgericht zu ermitteln, so dass der BGH die Sache
zur weiteren Tatsachenfeststellung zurückverwiesen hat.
III. Auswirkungen für die Praxis
Der BGH hat einmal mehr Stellung
zu den Grenzen und Möglichkeiten der zulässigen Werbung
mit Zuwendungen im Sinne des §
7 Abs. 1 HWG bezogen – eine abschließende Konkretisierung steht
weiterhin aus.
Neu ist die Feststellung, dass für
die Wertermittlung der Gesamtwert aller Zuwendungen anzusetzen ist. Danach ist eine Zuwendung gegenüber den Fachkreisen
mit einem (Gesamt-) Wert von
jedenfalls über 20,00 € nicht mehr
geringwertig. Gleichzeitig steht
danach fest, dass auch die Hergabe mehrer geringwertiger Zuwendungen das Risiko bergen kann,
dass die Maßnahme insgesamt unzulässig wird. Vieles spricht dafür,
dass diese Regel auch im Bereich
der Laienwerbung zu beachten
sein wird.
Zudem wird die Eigenschaft des
§ 7 HWG als Gefährdungsdelikt
deutlicher herausgestellt. Der BGH
benennt die individuelle Beeinflussbarkeit des Zuwendungsempfängers ausdrücklich als die erforderliche Voraussetzung für eine
unzulässige Werbegabe im Sinne
des § 7 HWG – erst danach kommt
es auf den Wert der Zuwendung
selbst an. Dementsprechend muss
die Zulässigkeit einer Maßnahme
zukünftig je nach Adressat der
Maßnahme unterschiedlich beurteilt werden. Beispielsweise hat
der BGH vorliegend die Beeinflussbarkeit der Apotheker durch eine
Werbegabe im Wert von 20 – 100 €
für möglich gehalten, wogegen er
die Beeinflussung der Ärzte bei der
Zurverfügungstellung einer kostenlosen Arzneimitteldatenbank
ausgeschlossen hat. Für die Praxis
bedeutet dies, dass entsprechende
Werbemaßnahmen auch vor dem
Hintergrund der konkreten Beeinflussbarkeit der Adressaten ausgerichtet werden sollten.
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