Social Media

Werbung
Gastronomie-Zukunft
Heute findet man etwas nicht gut, sondern „liked“ es, ist „Follower“ auf Social-Media-Plattformen, unterhält sich nicht über Dinge, sondern „shared“ sie. Als Gastronom muss man
heutzutage auch in den sozialen Netzwerken vertreten sein. Die Erwartungen sind aber oft
viel zu hoch, wie sich im FM-Interview mit einem Experten für Gastronomie-Marketing zeigt.
Text: Alexander Fritsch
Anders ausgedrückt: Es wird immer
schwieriger, die Fans und Freunde in
der virtuellen Facebook-Welt in reale,
zahlende Gäste zu transformieren.
Franz Bernthaler, Experte im Bereich
des Gastronomie-Marketings, warnt
daher generell vor zu hohen Erwartungen der Restaurantbetreiber.
FM: Herr Bernthaler, sie erstellen
Werbe- und PR-Konzepte für Gastronomiebetriebe. Welche Rolle spielt dabei
Social Media-Werbung?
Franz Bernthaler: Wenn es professionell
T
witter, Facebook und Co. bieten viele Möglichkeiten zur
Kommunikation. Zumindest,
wenn man weiß wie – und noch viel
wichtiger – was man eigentlich kommunizieren will.
„Wirtschaftlicher Erfolg hängt
nicht allein von Facebook ab“
Unbestritten ist, dass professionelles Marketing über Social Media-Kanäle eine
wichtige Komponente im gesamten Marketing-Mix sein kann. Essentiell dabei ist
aber, dass man sich über einige zentrale
Fragen im Klaren ist. Die erste und wichtigste Frage beim Marketing ist: Welche
Zielgruppe will ich erreichen? Wo hält
sich meine Zielgruppe auf, wie kann ich
mich auf Plattformen im Internet positionieren und mein Profil schärfen?
Für viele ist Facebook ein „must have“.
Knapp drei Millionen User sind in
30
Österreich auf der
Plattform vertreten
(Stand Jänner 2013). Hier lässt sich die
breite Masse erreichen, ohne besonders
auf Zielgruppen Rücksicht zu nehmen.
Das ist zugleich Chance und Risiko.
Chance, weil man bei drei Millionen
Nutzern auch seine Gäste auf Facebook trifft. Facebook wird im Bereich
der Werbung daher auch ein enormer
Multiplikator-Effekt zugeschrieben.
Im Idealfall werden die FacebookEinträge geteilt und weitergeleitet.
Die User „liken“, „sharen“ und „posten“ über das eigene Unternehmen
und vergrößern damit den Bekanntheitsgrad. Diese Idealvorstellung
hat bei vielen Gastronomen zu einer
unverhältnismäßig hohen Erwartungshaltung in Bezug auf Social MediaMarketing geführt. Darin liegt auch
das Risiko. Die Interaktion auf Facebook wird zunehmend inflationär.
FM: Die da zum Beispiel wären?
Bernthaler: Letztendlich geht es darum,
Gäste zu generieren, aber natürlich
auch, bestehende Gäste in ihrem Konsumverhalten zu bestärken und an ein
Restaurant zu binden. Gerade letzteres
ist, wenn man an Facebook denkt, ein
zusätzlicher Effekt.
FM: Woran erkenne ich professionelles
Marketing auf Facebook, Twitter, Xing
oder welche Plattform auch immer ich
verwende?
Bernthaler: Da gibt es eine ganz simple
Antwort. Wenn ich jetzt von Facebook
ausgehe: Wenn es mir gelingt, auf natürliche Art und Weise sehr viele Facebook-Freunde zu generieren und diese
auch durch dynamische und interaktive
Posts am Geschehen ­teilnehmen zu lassen, dann ist es ein erfolgreiches Beispiel
von Werbeinteraktion via Social Media.
Die User sind hier sehr selektiv, merken
FM 3/2013
iStock, Fritsch
Der „Like-Button“ ersetzt oftmals andere Werbe-Tools
gemacht wird, dann ist es
sehr wichtig. Die meisten
Gastronomen haben aber
nicht die Ressourcen, das
professionell aufzuziehen und können daher
die Vorteile von Social
Media nicht generieren.
intuitiv, wann eine Seite professionell
betrieben wird und goutieren das in der
Regel. Überall dort, wo diese Professionalität verloren geht, geht letztendlich
auch das Image verloren.
mit teilweise über hundert Leuten, also
eine durchaus signifikante Zahl. Das ist
aber ganz gezieltes und sehr spezifisches
Marketing und definitiv nicht für jeden
gleichermaßen sinnvoll.
FM: Professionalität heißt aber nicht,
grundsätzlich externe Profis hinzuzuziehen, oder?
Bernthaler: Nein, das soll heißen, dass
FM: Welche Trends erwarten uns in
nächster Zeit beim Online-Gastronomie-Marketing?
Bernthaler: Was aus meiner Sicht mehr
man einen gewissen Plan mit seinem
Social Media-Auftritt verfolgt.
Bedeutung bekommen wird, ist Google
Places, das mit anderen Google-Services
ja immer mehr zusammenwächst. Google
schafft es immer besser, die unterschiedlichen Plattformen im Netz zu vereinnahmen. So zum Beispiel auch im Fall
von TripAdvisor: Wenn man ein Lokal
googelt, sieht man als User gleichzeitig auch einen separaten Kasten mit Bild
und entsprechender Bewertung, ohne auf
TripAdviser gehen zu müssen. Das hat
derzeit noch nicht viel Bedeutung, wird
aber, wenn man sich die Marktmacht von
Google bewusst macht, in den nächsten
Jahren massiv zunehmen.
FM: Bei Social Media-Marketing spricht
man immer auch vom MultiplikatorEffekt. Wie ist der in der Realität einzuschätzen?
Bernthaler: Den gibt es natürlich. Man
sollte dabei die Erwartung aber nicht
allzu hoch schrauben. Meine ­Erfahrung
ist, dass es einen guten Mix der unterschiedlichen Marketing-Maßnahmen
geben muss. Gerade was Facebook
betrifft, glaube ich aber, dass andere
Werbeformen wie Blogs viel ­stärker an
Bedeutung gewinnen. In New York beispielsweise schafft man es als Gastro­
nom nicht mehr, ein Restaurant zu
eröffnen, wenn nicht Blogger positiv
darüber schreiben. Denn das sind die
aktiven Leute, die über ein Restaurant berichten und es bewerten. Und
die haben aufgrund ihrer – scheinbaren – Objektivität und der damit zugesprochenen Glaubwürdigkeit einen
viel höheren Wert als Multiplikatoren
als die klassische Facebook-Werbung.
Dort hat die Facebook-Seite mittlerweile null Bedeutung, verglichen mit
den diversen Genussblogs. Da ­hinken
wir in Österreich noch etwa zehn Jahre
hinterher. Aber es zeigt, in welche
Richtung die Reise geht.
FM: Der große Vorteil bei Facebook
liegt in der einfachen Kundenbindung.
Gilt das für alle gleich?
Bernthaler: Nein das ist sehr unter-
schiedlich. Es gibt Lokale, bei denen
das besonders gut funktioniert, zum
Beispiel Szene-Lokale. Die haben oft
ein überwiegend studentisches Publikum, da überlappen sich großteils Facebook-Community und reales Publikum.
Hier hat Social Media natürlich einen
enormen Einfluss. Wenn ich dagegen
einen Klassiker wie etwa das Steirereck
hernehme – ein gediegenes, eher auf
Geschäftsleute zugeschnittenes Restaurant –, ist Facebook in punkto Kunden-
FM 3/2013
„Blogs bekommen in
Zukunft wesentlich
mehr Bedeutung für die
Gastronomiewerbung“
Franz Bernthaler
bindung kaum relevant. Die haben es,
weil man es quasi haben muss.
FM: Abgesehen von Facebook und
unabhängigen Bloggern: auf welche
Alternativen sollten Gastronomen im
Social Media-Bereich Ihrer Meinung
nach setzen?
Bernthaler: Da würde ich Bewertungs-
plattformen wie TripAdvisor oder standortbezogene Netzwerke wie etwa Four­
square als wesentlich wichtiger erachten.
Als Beispiel, da wir das ja permanent
evaluieren: Wenn man sich auf Facebook gut verkauft, ist der Effekt auf die
Besucherzahlen sehr gering. Wenn man
bei Tripadvisor sehr hohe und positive
Bewertungen hat, spürt man unmittelbar ein erhöhtes Gästeaufkommen.
Gerade innerstädtische Lokalitäten,
die vor allem auch internationale Gäste
haben und diese Bewertungsplattformen
gut betreuen, merken das sofort.
FM: Räumen Sie auch anderen Netzwerken wie etwa Xing oder linkedIN
eine entsprechende Rolle bei der Gastro-Werbung ein?
Bernthaler: Das sind eher Nischen. Es
gibt positive Beispiele bei Xing, wo Restaurants gezielt Gruppen zu bestimmten
Themen aufgebaut und dann wöchentlich oder monatlich Treffen im jeweiligen Lokal veranstaltet haben. Und das
FM: Wird sich die Bedeutung von Social
Media-Werbung in der Gastronomie
also weiter vergrößern?
Bernthaler: Viele verbeißen sich darin
und glauben, wenn sie da gut sind, ist
damit wirtschaftlicher Erfolg gegeben.
Aber in Wahrheit ist man in der Gastronomie nur dann gut, wenn man einen
Gast zufrieden stellt, ein positives emotionales Erlebnis und eine gute Küche
bietet. Das sind die entscheidenden Faktoren. Was Social Media betrifft, gibt es
in der Gastronomie einen gegenläufigen
Trend. Wieder ein Blick nach New York:
Dort hat man erkannt, dass die digitalen Interaktionen überzogen wurden.
Man sucht wieder stärker den direkten
Kontakt mit den Gästen. Auch in Wien
gibt es bereits einige namhafte Gastronomen, die die digitale Kommunikation
mit den Gästen stark zurückfahren. Das
befinden die Leute aber auch für gut
und honorieren das entsprechend mit
regelmäßigem Besuch.
FM: Ihr Fazit?
Bernthaler: Wenn man sich als Gastro­
nom erfolgreich positionieren will,
kann man derzeit auf Social Media
nicht völlig verzichten. Aber es ist nur
ein Teilaspekt erfolgreichen Marketings, und bei weitem nicht der wichtigste. Überzogene Erwartungen sind
hier nicht angebracht.
n
31
Herunterladen