6 U 38/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

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6 U 38/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht
32 O 132/03 Landgericht Frankfurt (Oder)
Anlage zum Protokoll vom 16.11.2004
Verkündet am 16.11.2004
..., Justizobersekretärin
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.,
Zweigstelle ...,
Verfügungskläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ... -
gegen
H... M... GmbH,
vertreten durch den Geschäftsführer ...,
Verfügungsbeklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte:
BSM Anwaltskanzlei,
Rechtsanwälte ... -
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hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2004 unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ...,
der Richterin am Oberlandesgericht ... und
des Richters am Oberlandesgericht ...
für
R e c h t erkannt:
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird unter Zurückweisung der Berufung
der Verfügungsbeklagten das am 29. Januar 2004 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) teilweise
abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 , ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der
Verfügungsbeklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs in Werbeprospekten oder sonstigen öffentlichen Mitteilungen
1. mit der Angabe
"Aufgrund des großen Erfolges
jetzt überall bei H...-M...:
15 % auf alles!
Eröffnungs-Rabatt
15 % auf alles: Einmalig verlängert
bis x (Datum)!"
zu werben und/oder die Verkaufsveranstaltung entsprechend der Ankündigung
durchzuführen
und/oder
2. für besondere Preisvorteile mit dem Hinweis "nur 14 Tage gültig!" zu werben,
ohne den Gültigkeitszeitraum datumsmäßig anzugeben
und/oder
3. mit Gutscheinen für einen maximalen Erstattungsbetrag zu weben, ohne gleichzeitig die genauen Kriterien für die Bemessung des Preisnachlasses anzugeben.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz hat die Verfügungsbeklagte
zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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G r ü n d e:
I.
Die Verfügungsbeklagte eröffnete am 02.10.2003 ein Möbelhaus in F... und bewarb die
Eröffnung mit verschiedenen Preisnachlässen, unter anderem mit der Angabe: "15 % auf
alles! Eröffnungs-Rabatt".
Mit Beilage zur M... O... vom 08.10.2003 warb das Möbelhaus wie folgt:
"Achtung! Startguthaben-Spar-Aktion
Nur 14 Tage gültig!
z.B. bis zu 350,- Startguthaben beim Kauf eines Schlafzimmers ..."
Am 30.10.2004 schaltete die Verfügungsbeklagte eine Beilage zur M... O...
mit folgendem Inhalt:
"Achtung! Große Renovierungs-Zuschuss-Aktion
Bei uns bekommen Sie jetzt bis zu 1.000,- Renovierungs-Zuschuss
bei Neukauf angerechnet!
bis zu 1.000,- für Ihre neue Einbauküche
bis zu 350,- für Ihr neues Wohnzimmer / Schlafzimmer
bis zu 250,- für Ihre neuen Polstermöbel
Gutscheine im Innenteil
Nur 14 Tage gültig ..."
Nach erfolgloser Abmahnung hat der Verfügungskläger beantragt, gegen die Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt zu erlassen, wie er dem Ausspruch des
Senats zu 1., 2. und 3. entspricht. Die Verfügungsbeklagte hat beantragt, den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
Das Landgericht hat unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages eine Urteilsverfügung
unter Bezeichnung der Verletzungsform zu 1. und im Übrigen mit folgendem Inhalt erlassen:
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Der Verfügungsbeklagten wird es untersagt, zeitlich begrenzt, z.b. mit dem Hinweis "nur 14
Tage gültig!" mit Gutscheinen für einen maximalen Erstattungsbetrag zu werben, ohne gleichzeitig die genauen Kriterien für die Bemessung des Preisnachlasses anzugeben. Wegen der
weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts
nimmt der Senat Bezug auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils
(§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen die landgerichtliche Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Verfügungskläger greift das Urteil im Umfang der Teilzurückweisung seines Verfügungsantrages
zu Ziffern 2. und 3. an. Er verfolgt seinen in diesen Punkten erstinstanzlich gestellten Antrag
weiter. Die Verfügungsbeklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung, soweit das Landgericht
dem Verfügungsantrag zu Ziffern 2. und 3. im eingeschränkten Maße stattgegeben hat. Jede
der Parteien trägt auf Zurückweisung der gegnerischen Berufung an.
II.
Beide selbständigen Rechtsmittel sind zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Während die
Berufung der Verfügungsbeklagten unbegründet ist, hat das Rechtsmittel des Verfügungsklägers in der Sache Erfolg.
Das vom Verfügungskläger unter Ziffern 2. und 3. seines Verfügungsantrages verfolgte Unterlassungsverlangen ist begründet. Anders als es das Landgericht gesehen hat, bedeuten sowohl
die Ankündung von Preisvorteilen mit der Angabe "nur 14 Tage gültig!" ohne Bezeichnung
eines Anfangs- oder Enddatums (Ziffer 2.) als auch die Werbung mit Gutscheinen für einen
maximalen Erstattungsbetrag ohne Angabe der Kriterien für die Bemessung des Preisnachlasses (Ziffer 3. ) jeweils für sich einen Wettbewerbsverstoß.
1.
Der Streitfall unterliegt der Beurteilung nach dem UWG in der Fassung vom 03.07.2004. Das
UWG n.F. ist mit Verkündung am 07.07.2004 in Kraft getreten (BGBl. I S. 1414), zugleich ist
das UWG a.F. außer Kraft getreten (§ 22 UWG n.F.). Eine Übergangsbestimmung enthält das
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Gesetz nicht. Das Unterlassungsverlangen erstrebt eine Regelung für die Zukunft. Die Feststellung, ob künftig Unterlassung verlangt werden kann, hat sich nach dem im Zeitpunkt der
Entscheidung geltenden Recht zu richten (vgl. BGHZ 151, 84 ff = GRUR 2002, 976, 977).
Die materielle Rechtslage ist schließlich nach neuem wie altem Recht im Ergebnis einheitlich
zu beurteilen.
2.
Die vom Verfügungskläger beanstandete Werbung mit besonderen Preisvorteilen unter der
Angabe "nur 14 Tage gültig" stellt eine unlautere Wettbewerbshandlung gemäß §§ 3, 4 Nr. 4
UWG n.F. dar.
Nach § 4 Nr. 4 UWG n.F. handelt unlauter, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen, wie
Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht
klar und eindeutig angibt. So verhält es sich bei der in Rede stehenden Befristung besonderer
Preisvorteile durch die Angabe "nur 14 Tage gültig!" ohne jede Mitteilung eines Anfangsoder Enddatums.
Das Landgericht ist bei seiner Würdigung zutreffend davon ausgegangen, dass eine befristete
Werbeaktion den Geltungszeitraum erkennen lassen muss (vgl. Harte/Henning/Bruhn UWG,
2004, § 4 Nr. 4 Rn. 46). Die Angabe soll den Umworbenen in die Lage versetzten, die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Angebots in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen, bevor er sich
in die Verkaufsräume des Werbenden begibt. Die von der Verfügungsbeklagten geschaltete
Werbung lässt den Zeitraum der Werbeaktion indes nicht hinreichend bestimmen.
Unzutreffend ist die Auffassung des Landgerichts, die 14-tägige Gültigkeit sei in Anbetracht
des Erscheinungstages derjenigen Tageszeitung, der das Werbeprospekt beigelegen habe, unschwer dem Kalender nach zu bestimmen. Die Beilage ist für sich Werbeträger, sie ist nicht
Bestandteil der Tageszeitung, weder inhaltlich noch durch beständige körperliche Verbindung.
Das der Tageszeitung lose beigefügte Werbeprospekt wird vom durchschnittlichen Zeitungsleser ohne jeden Bezug zur Zeitung wahrgenommen, häufig auch von der Zeitung getrennt abgelegt. Unabhängig davon gibt der Erscheinungstag der Zeitung keine Grundlage, den Zeit-
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raum der mit der Beilage beworbenen Aktion zu bestimmen. Die Werbung der Verfügungsbeklagten ist mit der M... O... vom 08.10.2003 verteilt worden. Die Verfügungsbeklagte hat die
Ansicht vertreten, die 14-Tage-Frist habe am 22.10.2003 geendet, bis zu diesem Tag seien die
ausgelobten "Startguthaben" einzulösen gewesen (Bl. 30 d.A.). Die Fristberechnung der Verfügungsbeklagten zeigt die Unklarheit. Der Zeitraum vom 08. bis einschließlich 23.10.2003
beträgt 15 Tage. Ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher konnte - selbst wenn er den Erscheinungstag der M... O... im Blick behielt - nicht
erkennen, ob das Angebot schon am 08.10.20003 und noch am 22.08. 2003 wahrgenommen
werden konnte.
Die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme sind demnach
nicht ausreichend klar angeben. Das erfüllt den Tatbestand des § 4 Nr. 4 UWG n.F. Nicht anders ist die Sache nach UWG a.F. zu beurteilen, weil es sich aus den mitgeteilten Gründen um
eine irreführende Werbung i.S.d. § 3 UWG a.F. handelt. Der Wettbewerbshandlung kommt
hinsichtlich ihrer Wirkungen auf das Marktgeschehen die Eignung zu einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu (§ 3 UWG n.F., § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.).
Der Ankündigung der befristeten "Startguthaben-Spar-Aktion" wirkt in hohem Maße anlockend.
3.
Die Werbung der Verfügungsbeklagten mit Gutscheinen für einen maximalen Erstattungsbetrag in der Form "Bei uns bekommen Sie Renovierungs-Zuschuss bis zu 1.000,-
bei Neu -
kauf angerechnet! ..." verletzt ebenfalls §§ 3, 4 Nr. 4 UWG n.F. (§ 3 UWG a.F.), weil die
Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses nicht erkennbar sind.
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, wirken die im beanstandeten Prospekt herausgehobenen Angaben "Renovierungs-Zuschuss bis zu 1.000,- , bis zu 350,- ..." besonders
anziehend, ohne dass der Werbung auch nur ein Anhalt entnommen werden kann, unter welchen Bedingungen eine bestimmte Vergünstigung zu erlangen ist. Das am 30.10.2003 verteilte
Werbeprospekt lässt nicht erkennen, nach welchen Maßgaben die Höhe des "Zuschusses" ermittelt wird. Die Formulierung "Renovierungszuschuss" gibt keinen Aufschluss. Nach dem
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Vortrag der Verfügungsbeklagten besteht ein Zusammenhang zu Renovierungsarbeiten nicht,
vielmehr soll sich die Höhe des Zuschusses nach dem Preis der gekauften Möbel richten. Der
Werbung der Verfügungsbeklagten lässt sich das aber nicht entnehmen, erst recht bleibt offen,
welche bestimmten Bedingungen erfüllt sein müssen, um einen der genannten Zuschussbeträge zu erreichen. Das begründet den Wettbewerbsverstoß (§ 4 Nr. 4 UWG n.F.). Darauf,
dass der als Schlagwort verwendete Begriff "Renovierungs-Zuschuss" die unzutreffende Deutung zulässt, der Vorteil beziehe sich auf fremde Produktangebote (Malerbedarf etc.), muss
nicht eingegangen werden, weil diese bestimmte Werbeform nicht Gegenstand des Unterlassungsantrages ist.
Zwar ist es nicht stets erforderlich, den Wert einer Zugabe oder eines Nachlasses anzugeben.
Die an die Transparenz einer Verkaufswerbung zu stellenden Anforderungen gebieten nähere
Angaben aber dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der angebotenen Zusatzleistung, getäuscht oder
sonst unzureichend informiert werden (vgl. BGHZ a.a.O. = GRUR 2002, 976, 978). So liegen
die Dinge bei der Werbung mit Gutscheinen für maximale Erstattungsbeträge ohne Angabe
von Kriterien für die Bemessung des Preisnachlasses. Die Angaben des Werbeprospekts der
Verfügungsbeklagten ermöglichen es einem Durchschnittsverbraucher - wie er dem Leitbild
des UWG entspricht - nicht, den wirklichen Wert des in der Spanne von 0,01 bis 1.000,00
bzw. von 0,01 bis 350,00 etc. zu erlan genden Vorteils auch nur abzuschätzen. Dieser Fall
unterscheidet sich von der ohne nähere Eingrenzung zulässigen Werbung mit Preisnachlässen
"bis zu x %" dadurch, dass jeder Anknüpfungspunkt für die Bemessung der in Aussicht gestellten Vergünstigung fehlt. Daneben fällt die besondere Anlockwirkung der Werbung mit
Geldbeträgen von nicht nur geringfügiger Höhe ins Gewicht. Die Werbung der Verfügungsbeklagten lässt schließlich nicht erkennen, ob es sich bei dem "Zuschuss" um eine Herabsetzung der eigenen Preise handelt, oder welche Preise sonst zugrundegelegt werden. Für die im
Prospekt "Renovierungs-Zuschuss-Aktion" konkret beworbenen Möbel, beispielsweise Einbauküchen in der Preisspanne zwischen 1.398,00 und 3.496,00 , ist der Zuschuss nicht zu
erreichen. Das ergibt der - aufgrund der drucktechnischen Gestaltung allerdings leicht zu übersehende - Zusatz: "Ausgenommen Werbeware und reduzierte Ware". Unter diesen Gegebenheiten ist es einem durchschnittlich aufmerksamen Möbelinteressenten unmöglich, den Wert
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des tatsächlichen Angebots der Verfügungsbeklagten einschließlich "Renovierungs-Zuschuss"
zu ergründen. Um Näheres zu erfahren, muss sich der Kunde in die Geschäftsräume der Verfügungsbeklagten begeben und dort nachfragen. Das bringt es mit sich, dass die Verfügungsbeklagte mit dem Kunden ein Verkaufsgespräch führen kann, ohne dass der Kunde zuvor in
die Lage versetzt war, das mit Vorteilen von bis zu 1.000,- besonders lockende Angebot
irgendwie zu bestimmen.
Die beanstandete Werbung ist geeignet den Wettbewerb der Möbelhändler nicht nur unerheblich zu beeinträchtigten (§ 3 UWG n.F., § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.).
4.
Der Verfügungskläger als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen ist berechtigt, den Unterlassungsanspruch zu verfolgen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F., § 13 Abs. 2
Nr. 2 UWG a.F.).
5.
Der Verfügungsgrund ist festzustellen. Die Dringlichkeitsvermutung (§ 12 Abs. 2 UWG n.F.,
§ 25 UWG a.F.) ist nicht wiederlegt.
Der Verfügungskläger hat die landgerichtliche Urteilsverfügung rechtzeitig vollzogen (§§ 936,
929 Abs. 2 ZPO).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 i.V.m. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
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