seitenbühne Nr. 2 - Staatstheater Hannover

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Februar/März 2007
seitenbühne
Das Journal der staatsoperXhannover
Tannhäuser – Robert Künzli, Statisterie
Anatevka – Stefan Zenkl, Dorothea Maria Marx
Die Entführung aus dem Serail – Karen Frankenstein, Stefan Matousch
Die Italienerin in Algier – Barbara Senator, Frank Schneiders, Herrenchor
Telefonischer Kartenverkauf
Telefon (0511) 9999-1111
Montag bis Freitag 10 – 17.30 Uhr
Samstag 10 – 14 Uhr
Fax (0511) 9999-1999
Kasse im Opernhaus
Mo bis Fr: 10 – 19.30 Uhr, Sa: 10 – 14 Uhr
Von Oktober bis März ist die Kasse im
Opernhaus am Samstag von 10 – 18 Uhr
geöffnet.
Wir akzeptieren EC-Karte, VISA, American
Express, MasterCard. Im Kartenpreis sind
die Garderobengebühr und die GVH-Fahrkarte für die Fahrt zur Vorstellung und wieder nach Hause enthalten.
Molière – Cássia Lopes, Uwe Fischer
Titel: Tannhäuser – Robert Künzli
Proszenium
seitenbühne | Seite 3
Liebes Publikum, liebe Abonnenten,
der vielleicht umfassendste Wechsel zu Beginn der Spielzeit 2006/2007 an der Staatsoper
Hannover hat bei uns im Ballett stattgefunden: Eine neu zusammengestellte Truppe
präsentiert sich Ihnen in einem neuen Stil. Dies noch extremer als in anderen Sparten,
denn Tanz ist immer etwas sehr Persönliches, das sich Ihnen vom Inneren des Choreographen über die Probenarbeit durch die Persönlichkeiten der Tänzer vermittelt.
So standen wir also vor einem totalen Neuanfang: Eine neues Team und keine Produktionen, die aus dem Repertoire übernommen wurden. Vieles lag vor uns, das es neu zu
entdecken galt: die gemeinsame tägliche Arbeit, die Choreographien, die wir zusammen
erarbeiteten – und natürlich das hannoversche Publikum. Noch immer ist dieser Prozess
nicht abgeschlossen, so eine Entwicklung braucht ihre Zeit. Noch immer tasten wir uns
heran, aneinander, an Sie, an die Produktionen.
Mit Romeo und Julia wartet gleich die nächste Herausforderung auf uns. Die Vermittlung
dieser Geschichte in ihrer Intensität verlangt wieder andere Qualitäten von den Tänzern
– lesen Sie dazu mehr in diesem Journal ab Seite 6.
Ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist die direkte Kommunikation mit Ihnen, unserem
Publikum. Wir wollen Sie an uns heran lassen, Sie sollen uns nahe kommen. Zum
Beispiel mit der kürzlich ins Leben gerufenen Reihe „Tanz unterm Dach“. Hätten Sie
vermutet, dass es da oben in diesem altehrwürdigen Opernhaus noch höher hinausgeht?
In der letzten Etage, unter dem Dach trainieren und proben wir jeden Tag. Im Rahmen
dieser monatlichen Veranstaltungen können Sie erleben, wo und wie wir arbeiten, Sie
erfahren etwas über tänzerische Figuren und wie man Bewegungsabläufe einstudiert. Die
Resonanz auf die erste Veranstaltung hat uns überwältigt und deutlich gemacht: Sie sind
interessiert.
Bei aller Konzentration auf Hannover ist uns aber auch die Anbindung an die internationale Tanzszene wichtig. Wie in den vergangenen Jahren bieten die Oster-Tanz-Tage auch
2007 wieder Gelegenheit zu einem vergleichenden Blick auf das, was um uns herum im
Tanz passiert. Mit der sehr erfolgreichen Compagnie „Aterballetto“ und ihrem künstlerischen Leiter Mauro Bigonzetti haben wir am Karfreitag ein Spitzenensemble zu Gast, das
seinesgleichen sucht: Mit 29 Produktionen im Repertoire und internationalen
Gastchoreographen aus Europa setzt diese Compagnie Maßstäbe. Ihr Stil ist einzigartig,
intensiv – einfach italienisch! Und zum 21. Mal bietet der Internationale Wettbewerb für
Choreographen die Plattform für den choreographischen Nachwuchs aus aller Welt.
Umrahmt wird dies durch unsere Ballettproduktionen Molière und Romeo und Julia.
Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen!
Wir freuen uns auf Sie – nicht nur „unterm Dach“!
Jörg Mannes
Ballettdirektor
Seite 4 |
seitenbühne
Oper
Puzzle aus Realität
und Phantasie
Eine kleine „Fassungsgeschichte“ von Jacques Offenbachs Les Contes d’Hoffmann
Nicht selten haben Komponisten gegen
Ende ihres Lebens ein großes Werk in
Angriff genommen und dabei den Wettlauf
gegen die Zeit verloren. Zahlreiche Stücke
sind als Fragmente in die Musikgeschichte
eingegangen. Mozarts Requiem ist nur die
prominenteste „Spitze des Eisbergs“, zu
dem im Bereich des Musiktheaters auch
Puccinis Turandot oder Alban Bergs Lulu
gehören. Doch keine Oper hat im Hinblick auf ihre posthume Vollendung die
Musik- und Theatergeschichte so nachhaltig in Atem gehalten wie Les Contes
d’Hoffmann von Jacques Offenbach. Deren
Rezeption liest sich über ein Jahrhundert
lang wie eine Kriminalgeschichte im
Spannungsfeld von Spurenvertuschung
und Indiziensicherung, von Bühnenpragmatismus und philologischer
Genauigkeit. Wie ein großes, nie zu vollendendes Puzzle scheint die ursprünglich
intendierte Gestalt dieses Werks inzwischen zwar zunehmend geklärt zu sein –
und dennoch müssen die einzelnen
Bestandteile dieser Oper für jede
Aufführung immer wieder neu hinterfragt
und zusammengesetzt werden.
Was hat es mit Les Contes d’Hoffmann und
seiner Geschichte auf sich? Drehen wir die
Zeit um 130 Jahre zurück in das Paris des
Jahres 1877. Jacques Offenbach beginnt
mit der Komposition eines neuen Werkes,
das sich mit E.T.A. Hoffmann beschäftigen
soll. Bereits 25 Jahre zuvor hatten Jules
Barbier und Michel Carré ein Schauspiel
über den deutschen Dichter verfasst, das
große Erfolge auf den französischen
Bühnen feierte und das Offenbach vermutlich selbst auch gesehen hatte. Nun wird
Jules Barbier beauftragt, dieses Schauspiel
zu einem Opernlibretto zu adaptieren.
Uraufgeführt werden soll das Stück am
Pariser Théâtre de la Gaité, für die
Titelrolle ist der Bariton Jacques-JosephAndré Bouhy vorgesehen. Während
Barbier noch mit dem Libretto beschäftigt
ist, beginnt Offenbach bereits zu schreiben, ist aber gleichzeitig auch mit der
Komposition zweier Operetten – La Belle
Lurette und La Fille du tambour-major –
beschäftigt, so dass die Arbeit an den
Contes nicht so zügig vorangeht, wie er
sich das wünscht. 1878 wird das Unternehmen abrupt ausgebremst: Das Théâtre
de la Gaité geht bankrott und kann die
Premiere nicht mehr ausrichten,
Offenbach muss sich einen anderen
Uraufführungsort suchen. Also veranstaltet
er, der als langjähriger Leiter der Théâtres
Bouffes Erfahrung mit cleveren
Vermarktungsstrategien hat, in seiner
Pariser Wohnung eine „Voraufführung“
einzelner Teile aus den Contes, wozu er
ausgewählte Gäste lädt, unter anderem den
Direktor der Opéra Comique, Leon
Carvalho. Der „Coup“ zeitigt die
gewünschte Wirkung, das Werk hat
Erfolg, wird von der Presse euphorisch
besprochen – und Carvalho sichert sich die
Uraufführung. Doch damit werden neue
Anforderungen an die kompositorische
Umsetzung gestellt: Aufgrund ihrer
Tradition sieht die Opéra Comique
gesprochene Dialoge statt der geplanten
Rezitative vor und verpflichtet für die
Titelrolle außerdem den Tenor JeanAlexandre Talazac, so dass auch bei den
Sängerpartien Umgestaltungen erforderlich sind.
Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Eine
schwere Gichterkrankung fesselt den
Komponisten zunehmend ans Bett, seine
Pariser Wohnung kann er kaum mehr
verlassen. „Mir bleibt nur noch ein Monat,
um den 3. Akt der Lurette zu schreiben,
alles zu orchestrieren und um das Finale
des 4. Akts und auch das des 5. Akts von
Hoffmann zu machen (von der Orchestrierung will ich hier gar nicht sprechen)“,
schreibt Offenbach im August 1880 verzweifelt an seine Tochter Pepita. Als am
11. September 1880 die musikalischen
Proben an der Opéra Comique beginnen,
fehlen im 4. und 5. Akt immer noch große
Teile. Nach nur wenigen Probentagen
müssen die Korrepetitionen am
5. Oktober 1880 abgesagt werden: In der
Nacht ist Jacques Offenbach verstorben.
Als sei diese Entstehungsgeschichte nicht
schon aufregend genug, beginnt das Werk
nach dem Tod seines Komponisten nun
eine eigentümlich schillernde, geradezu
zwielichtige Existenz zu führen – gesteuert
von Verlegern, Theatermachern und
Regisseuren. Offenbachs Sohn Auguste
setzt alle Hebel in Bewegung, um die
Uraufführung dennoch zu gewährleisten,
der Premierentermin wird um einige
Wochen auf den 10. Februar 1881 verschoben. Auguste kann Ernest Guiraud,
der bereits 1875 die Rezitative für Carmen
geschrieben hatte, dafür gewinnen, das
Werk in eine spielbare Fassung zu bringen.
Doch in den Endproben finden entscheidende Eingriffe durch den Direktor statt,
die weder im Sinne Offenbachs oder
Barbiers noch im Sinne Guirauds sind:
Der 4. Akt, Giulietta, wird komplett
gestrichen, ebenso große Teile der MusenPartie, da Carvalho sie mit einer jungen
Sopranistin besetzt. Auch bei der
Oper
E.T.A.Hoffmann
Jacques Offenbach
Deutschen Erstaufführung in Wien im
Dezember 1881 wird diese deformierte
Gestalt beibehalten. Zunehmend wird
Hoffmanns Erzählungen zu einem
Steinbruch, aus dem sich die Interessenten
je nach Bedarf bedienen. Die erste, bei
Offenbachs Verleger Choudens erschienene Druckausgabe berücksichtigt zwar
den Giulietta-Akt, platziert ihn aber als
2. Akt, also noch vor Olympia und
Antonia. 1904 werden zum Giulietta-Akt
noch ein Septett und die berühmte
Spiegelarie hinzugefügt. Erst 1977 wird
durch Fritz Oeser erstmals eine Ausgabe
veröffentlicht, die versucht, dem ursprünglichen Verlauf Offenbachs zu folgen und
gleichzeitig Theaterpraktibilität zu
gewährleisten. Doch auch Oeser geht
teilweise allzu freizügig mit Text und
Instrumentation um, weist Änderungen
nicht deutlich genug aus. 1984 und in den
Folgejahren finden Michael Kaye und
Jean-Christophe Keck handschriftliches
Notenmaterial, unter anderem auch das
originale Giulietta-Finale, und erstellen
eine neue, philologisch genaue Fassung.
dem Ball vom 6. Ich denke mir mein Ich durch
ein Vervielfältigungsglas – alle Gestalten, die
sich um mich herum bewegen, sind Ichs, und
ich ärgere mich über ihr Tun und Lassen“,
notierte E.T.A. Hoffmann 1809 in sein
Tagebuch. Der Zerrissenheit der Figur
entsprechend, hat bereits Offenbach die
Oper kaleidoskopartig angelegt: Nicht nur
aus anderen eigenen Opern (Die Rheinnixen, Fantasio und dem Ballett Le Papillon)
eingebaute Zitate, sondern auch zahlreiche
jähe musikalische Wechsel, die bis in einzelne Takte reichen, spiegeln die
Zerrissenheit wider, die sowohl der
Opernfigur Hoffmann als auch dem historischen Hoffmann und seinen Erzählungen
eigen ist: das plötzliche Umschlagen von
Realität in Phantasie, von Realität in
Wahnsinn, das Hereinbrechen von
Subwelten in die gerade existierende Welt.
Das Werk ist in seiner Struktur ein Puzzle
aus mehrfach gebrochenen Erzählperspektiven, aus vielschichtigen
Identitäten und Realitäten, dramaturgischen und musikalischen Ebenen.
Doch dieser Überblick über Irrungen und
Wirrungen einer Werkfassung ist mehr als
nur eine skurrile Rezeptionsgeschichte.
Warum hat ausgerechnet dieses Stück eine
solche Behandlung nach sich gezogen?
Spiegelt sich in der Auseinandersetzung
um die Fassung nicht auch der grundlegende Inhalt des Werkes wider, spinnt
die Rezeptionsgeschichte nicht das entscheidende Thema des Stücks und seiner
Titelfigur fort? Hoffmann ist eine gebrochene Figur, auch ihm zerfällt im Laufe
der Oper „alles in Teile“ (Hugo von
Hofmannsthal). „Sonderbarer Einfall auf
Die Staatsoper Hannover hat sich für eine
Fassung entschieden, die die komplizierte
Rezeptionsgeschichte von Les Contes
d’Hoffmann nicht negiert, sondern vielmehr dokumentiert, indem sie auf der
Basis der Oeserschen Fassung auch Teile
des „Treibguts“ der Aufführungsgeschichte
mit aufnimmt, so etwa die Spiegelarie und
das Septett aus dem 4. Akt. Realität und
Phantasie vermischen sich nicht nur im
Stück und in der Wahrnehmung des
Hoffmann immer wieder neu, sondern
auch in der Rezeption.
Sylvia Roth
seitenbühne | Seite 5
Jacques Offenbach
Les Contes d’Hoffmann
(Hoffmanns Erzählungen)
Opéra-fantastique in fünf Akten
Musikalische Leitung Jahbom Koo
Inszenierung Bernarda Horres
Bühne Andreas Jander
Kostüme Alexandra Pitz
Chor Dan Ratiu
Dramaturgie Sylvia Roth
Hoffmann Pedro Velázquez Díaz
Nicklausse / Muse Julia Grinjuk /
Barbara Senator
Olympia Karen Frankenstein /
Hinako Yoshikawa
Antonia Arantxa Armentia / Alla Kravchuk
Giulietta Janice Dixon / Kelly God
Andres, Cochenille, Pitichinaccio,
Franz Jörn Eichler / Edgar Schäfer
Lindorf, Coppélius, Dapertutto, Miracle
Nikola Mijailović/ Frank Schneiders
Spalanzani Hans Sojer
Stimme der Mutter Okka von der Damerau /
Khatuna Mikaberidze
Crespel Shavleg Armasi /Albert Pesendorfer
Luther Shavleg Armasi /Albert Pesendorfer
Schlemihl Roland Wagenführer
Niedersächsisches Staatsorchester
Hannover
Chor der Staatsoper Hannover
Premiere: 24. März 2007
Einführungsmatinee 18.3.2007
Öffentliche Generalprobe 22.3.2007
Weitere Vorstellungen 30.3., 14., 18.,
22., 26.4.2007
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seitenbühne
Ballett
Ein (Liebes-)geschichte
mit Hindernissen
Sergej Prokofjews Ballett Romeo und Julia
Die choreographische Umsetzung von
Prokofjews Romeo und Julia-Vertonung
glich im Vorfeld der sowjetischen
Uraufführung einer schweren Geburt:
Bereits 1934 hatte Prokofjew auf
Anregung des Leningrader KirowTheaters an der Idee Feuer gefangen, ein
Shakespeare-Ballett zu komponieren.
Doch sorgten gravierende Unstimmigkeiten innerhalb der Theaterleitung für die
Rücknahme der Auftragserteilung. Auch
der Hoffnungsschimmer einer Produktion
am Moskauer Bolschoi-Theater flackerte
nur kurz auf. Nachdem Prokofjew im
Frühjahr 1935 zusammen mit dem
Theaterdirektor und Regisseur Sergej
Radlow das Szenario minuziös festgelegt
hatte und das Ballett in seiner musikalischen Gestaltung schon Anfang September
des gleichen Jahres weitgehend ausgearbeitet war, endete die erste Durchlaufprobe
im darauffolgenden Monat mit dem nächsten Fiasko: Die Moskauer Theaterleute
befanden die Musik als zu komplex, wenn
nicht sogar „untanzbar“. Erst im
Dezember 1938 kam es im tschechischen
Brünn zur Uraufführung von Prokofjews
Komposition in einer Choreographie von
Ivo Váňa Psota, die allerdings schon bald
in der Versenkung verschwand. Ein
Neuarrangement der Musik für den
Konzertsaal war mehr Erfolg beschieden:
Dies brachteden Leningrader Theaterverantwortlichen die Musik in Erinnerung
und beseitigte nun alle Zweifel an einer
Inszenierung – damit war zumindest die
erste Hürde geschafft!
Der mit der Choreographie beauftragte
Leonid Lawrowski war zwar von
Prokofjews Musik – und von dem
Enthusiasmus des Komponisten beim
Vorspiel auf dem Klavier – sogleich
zutiefst beeindruckt, doch regten sich auch
erste Bedenken. Als beispielsweise
Prokofjew in der Szene mit Tybalts Tod
ein und denselben Akkord gleich fünfzehn-
mal hintereinander anschlug, konnte
Lawrowski – wie er später in seinen
Erinnerungen an den Produktionsverlauf
beschrieb – seine Verwunderung nicht verbergen und wollte erfahren, welches Bild
Prokofjew an dieser Stelle vorschwebe.
„Gar keines“, soll der Komponist geantwortet haben. Eine erneute Frage, was
denn währenddessen auf der Bühne
geschehen solle, beantwortete Prokofjew
ebenso lapidar: „Machen Sie, was Sie
wollen!“
Im weiteren Probenverlauf zeigte sich
jedoch, dass es Prokofjew ganz und gar
nicht egal war, was mit „seiner“ Musik auf
der Bühne passierte, wobei er sich nicht
zurückhielt, den Tänzern grundsätzlich
musikalische Ignoranz zu unterstellen.
Lawrowski musste immer wieder als
Vermittler fungieren, der mit viel Beharrlichkeit und Geduld, notfalls auch mit
Tricks und Kniffen Prokofjews störrische
Launenhaftigkeit zu bändigen hatte. Nicht
selten brach aber auch Prokofjews Einsicht
in bühnenpraktische Notwendigkeiten seinen ursprünglichen Widerwillen gegenüber jeglichen Änderungen der Partitur,
die ohne Absprache mit einem Choreographen entstanden war. Und obgleich
noch wenige Tage vor der Premiere sogar
ernsthafte Überlegungen angestellt wurden, das Stück kurzfristig abzusetzen,
wurde die Aufführung zu einem beachtlichen Erfolg. Dass Shakespeares Tragödie
um das sagenumwobene Veroneser Liebespaar als getanztes Drama heute zu jenen
wenigen Handlungsballetten zählt, von
denen nicht nur aufgrund ihrer zeitlosen
Aktualität, sondern auch ihrer pointiert
musikalischen Gestaltung weiterhin eine
überwältigende Wirkung ausgeht, hat vermutlich niemand zu ahnen gewagt.
Die choreographischen Annäherungen an
Prokofjews Komposition fallen jedoch seit
ihrer internationalen Rezeption sehr
unterschiedlich aus:
Nach der sowjetischen
Premiere wagte sich als nächste Tatjana Gsovski an die
Partitur mit einer betont pantomimisch und schauspielerisch
geprägten Choreographie
(Staatsoper
Berlin, 1948). Eine mittlerweile legendäre Interpretation
von Prokofjews Vertonung schuf
Frederick Ashton für das Royal
Danish Ballet (Kopenhagen 1955), die
kurz darauf eine glänzende USAPremiere feierte (New York 1956). Ähnlich
legendär sind mittlerweile John Crankos
und Kenneth MacMillans Romeo-Choreographien, die trotz szenischer Opulenz
ebenfalls durch prägnante tänzerische
Uwe Fischer und Catherine Franco
Ballett
Charakterzeichnungen bestachen (Cranko:
1958 zunächst für Venedig, 1962 die
Stuttgarter Fassung; MacMillan: London
1965). Den vielbewunderten, phantastisch
ausstaffierten Historismus ersetzte Rudi
van Dantzig in seiner Version für das
Dutch National Ballet (Amsterdam
1967) durch eine besondere
Akzentuierung der
sozialen
Gegenwärtigkeit des Stoffes, die er durch
betont klare, seinerzeit als „natürlichmodern“ empfundene Linienführungen
unterstrich. John Neumeier konzentrierte
sich bereits bei seiner ersten Fassung auf
eine psychologische Vertiefung der Rollen
(Frankfurt 1971), die er später weiter ausarbeitete (Hamburg 1974) – dagegen ließ
Heinz Spoerli in seiner Choreographie für
Basel (1977) bei aller Tragik auch humoristische Leichtigkeit nicht zu kurz kommen.
In Paris machte sich als erster Serge Lifar
für ein Romeo und Julia-Ballett stark,
das er in enger Anlehnung an
Lawrowskis Choreographie
kreierte (1955). Auch später
huldigte man mit Juri
Grigorowitschs Choreographie weiterhin der russischen Tradition (Paris 1978)
– Nurejew schuf seine Romeo
und Julia-Choreographie
von 1977 zunächst für das
London Festival Ballet,
bevor er sie 1984 an der
Pariser Opéra wiederaufnahm.
Und wie sieht es in
Hannover aus? Seit
Lothar Höfgens
Choreographie von
1978 und der Fassung
von Tom Schilling im
Jahre 1991, die er
zuvor an der
Komischen Oper
Berlin herausgebracht hatte, fand
im hiesigen Haus
keine Romeo und
Julia-Premiere
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mehr statt. Es wird also Zeit, sich den
großen Klassiker der Ballettbühne erneut
vor Augen führen zu lassen.
Jörg Mannes orientiert sich vor allem an
Prokofjews Musik, die wiederum
Shakespeares Vorlage sehr genau nimmt.
Mit den kontrastreichen Stimmungsschilderungen korrespondierend, von
kraftstrotzend bis hin zu träumerischschwelgend, entwickelt Jörg Mannes eine
Bewegungssprache, die den Fokus durch
Reduktion auf das Wesentliche, die
Dynamik der emotionalen Höhen und
Tiefen, lenkt. Auch das Bühnenbild von
Sansa Susanne Sommer und die Kostüme
von Lenka Radecky-Kupfer unterstreichen
die zeitlose Aktualität des Mythos.
Stephanie Schroedter
Sergej Prokofjew
Romeo und Julia
Musikalische Leitung Lutz de Veer
Choreographie Jörg Mannes
Bühne Sansa Susanne Sommer
Kostüme Lenka Radecky-Kupfer
Dramaturgie Stephanie Schroedter
Ballettensemble der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester
Hannover
Premiere: 10. Februar 2007
Einführungsmatinee 4.2.2007
Weitere Vorstellungen 16., 20., 27.2.,
3., 14., 17., 19., 21., 25., 28.3.2007
Koproduktion mit dem Landestheater Linz
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seitenbühne
Ballhof eins
Junggeselle
auf Lebenszeit
Wilhelm Busch und die Frauen
„Aber ich, Madam, und Sie, Madam,
und der Herr Gemahl, der abends noch
Hummer isst, man mag sagen, was man will.
– Doch nur nicht ängstlich! Die bösen
Menschen brauchen nicht gleich alles zu wissen. Zum Beispiel ich werde mich wohl hüten;
ich lasse hier nur ein paar kümmerliche
Gestalten heraus, die sich so gelegentlich in
meinem Gehirn eingenistet haben, als ob sie
mit dazu gehörten.“
Mit diesen wenigen Zeilen handelt
Wilhelm Busch in seiner auch insgesamt
eher verbergenden denn enthüllenden
autobiographischen Skizze Was mich betrifft
von 1886 die eigentümliche Beziehung zu
der Frankfurter Bankiersgattin Johanna
Keßler ab. Der 35-jährige Busch lernte sie
1867 über seinen Bruder Otto kennen, der
in der Familie Keßler als Hauslehrer tätig
war. Johanna Keßler, damals schon Mutter
mehrerer Kinder, war eine kunstliebende
Frau und setzte große Hoffnungen auf
Wilhelm Busch als Maler. Erst zwei Jahre
zuvor hatte Busch Max und Moritz veröffentlicht, das seinen Ruhm als Zeichner
ironisch-sarkastischer Bildergeschichten,
als den wir ihn heute alle kennen, begründete. Bis dahin hatte Busch nach Studien
in Düsseldorf, Antwerpen und München
durchaus die Laufbahn eines „ernst zu
nehmenden“ Malers angestrebt. Die
Anerkennung der nicht unattraktiven, reichen Johanna Keßler mag ihm sicherlich
geschmeichelt haben. Schnell entstand
eine enge, in einem intensiven
Franz von Lenbach, Paul Lindau
und Wilhelm Busch posieren als
„Die drei Grazien“.
Briefwechsel gepflegte Beziehung, die
zumindest von Seiten Buschs das Maß
einer Freundschaft zuweilen überschritten
haben mag.
Doch es konnte, es durfte nicht sein.
Ein Brief Buschs an die Keßler aus dem
Jahre 1875 spricht von der Trauer über das
Nicht-Dürfen: „Wohl und gewiß! Aber doch,
derweil wir wandeln, geht all das Gute, was
wir nicht gethan und all das Liebe, was wir
nicht gedurft, ganz heimlich leise mit uns mit,
bis daß die Zeit für dieses Mal vorbei.“
Zehn Jahre währte diese „Freundschaft“,
von 1868 bis 1872 lebte Busch mehr oder
weniger in Frankfurt, zunächst im Hause
der Keßlers, dann in einer eigenen
Wohnung in der Nähe des Keßler-Hauses.
1872 zog er wieder zurück in seinen
Geburtsort Wiedensahl zwischen
Hannover und Minden, war jedoch weiterhin ein häufiger Gast im Hause Keßler.
Dann aber brach die Korrespondenz 1877
plötzlich ab. Der Grund dafür lässt sich
nicht mehr ermitteln, denn Busch hat –
aus Angst vor allzu neugierigen Biographen – fast alle Briefe, die er erhalten
hatte, vernichtet.
War es diese Enttäuschung, die Busch die
Beziehung zwischen Mann und Frau,
zumal im ehelichen Zusammenleben, stets
mit beißender Ironie hat sehen lassen?
Wohl nicht allein. Schon als Kind hatte er
manch abschreckendes Beispiel ehelicher
Streithähne beobachten können, wie er in
eingangs zitierter autobiographischer
Johanna Keßler
Skizze im Rückblick beschreibt: „Vor meinem Fenster murmelt der Bach; dicht drüben
steht ein Haus; eine Schaubühne des ehelichen
Zwistes; der sogenannte Hausherr spielte die
Rolle des besiegten Tyrannen. Ein hübsches
natürliches Stück; zwar das Laster unterliegt,
aber die Tugend triumphiert nicht.“ Folgt
man den Erinnerungen Buschs an seine
Kindheit, so scheint auch das Verhältnis
seiner Eltern kein besonders inniges gewesen zu sein. Als 32-Jähriger hält er um die
Hand der 17-jährigen Anna Richter an,
die er im Hause seines Bruders Gustav in
Wolfenbüttel kennen gelernt hat. Doch
Vater Richter lehnt ab – die Berufsaussichten des Bewerbers sind mehr als
ungenügend.
Vor diesem biographischen Hintergrund
muten Buschs sarkastische Spöttereien
gegen den Ehestand ebenso wie seine
Lobreden auf das Junggesellentum fast wie
eine Selbstbestätigung der eigenen, mehr
aus der Not denn aus eigenem Willen entstandenen Lebenssituation. Als abgeklärter, älterer Mann hingegen antwortete
Busch auf die Frage, warum er denn nie
geheiratet habe, dass ihm dies Glück eben
nicht beschieden gewesen sei.
Mit besonderem Vergnügen verlachte er
solche Ehemänner, die wie der „besiegte
Tyrann“ seiner Jugenderinnerungen große
Töne spucken, letztlich aber das Regiment
kleinlaut ihren Frauen überlassen. In der
Bilderepisode Die Brille gewinnt nach brutalen Gewalttätigkeiten von Seiten des
Ballhof eins
seitenbühne | Seite 9
Wilhelm Busch, Die Brille
Mannes am Ende die Frau die Oberhand,
indem sie dem offensichtlich stark kurzsichtigen Gatten kurzerhand die Brille entwendet. In der Frommen Helene jagt Tante
Nolte den Onkel Nolte aus dem Bett – mit
erhobenem Schlüsselbund, dem Symbol
häuslicher Autorität. Zur 36. Auflage seiner Frommen Helene schrieb Busch 1907,
ein Jahr vor seinem Tod einen Prolog, in
dem es heißt:
Die Speckphilister, die sich gut ernährten,
Sie kennen eine bessre Unterhaltung.
Allabendlich siehst Du sie schwitzend wandeln,
Um über die verderbte Stadtverwaltung
Im Volksverein laut dröhnend zu verhandeln.
Dort zeigen frei sie ihre Redegaben,
Sie, die zu Hause nichts zu sagen haben.
Doch eines sei erwähnt zu ihren Ehren:
Sie waren treu bemüht, sich zu vermehren.
1891, nach 14 Jahren des Schweigens,
nahmen Busch und Johanna Keßler durch
Vermittlung des befreundeten Malers
Franz von Lenbach ihren Briefkontakt
wieder auf. Der Bankier Keßler war mittlerweile verstorben, doch „die Zeit war für
dieses Mal vorbei“. Bis zu Buschs Tod verlief das Verhältnis in den ruhigen Bahnen
einer beständigen Freundschaft.
„Was habe ich denn Böses getan, dass ich
so schrecklich verbrennen muss?“, stellt
die brennende Helene in Edward
Rushtons Oper (Libretto: Dagny
Gioulami) ihren ebenfalls in der Oper auftretenden Autor Busch zur Rede. „Dass ich
meinen Vetter liebte? Dass ich ihm
Zwillinge gebar?“ Und immer weiter aus
ihrer Rolle tretend konfrontiert sie den
peinlich berührten Busch mit Details seiner eigenen Biographie: „Oder ist es wegen
Frau Keßler? Bin ich Frau Keßler? Ist Helene
Frau Keßler? Frau Keßler aus Frankfurt?
Bringt mal jemand einen Kessel Wasser!
Wilhelm? Lodert deine Liebe, flackert dein
Begehren so stark, dass ich verbrennen muss?
Oder hat sie dir etwas geschrieben, was dich
verletzt hat? Warum habt ihr euch so lange
nicht geschrieben? Warst du sauer? Warum
mussten Max und Moritz sterben? Wilhelm,
antworte! Wilhelm!“
Die Reaktion des „Opern-Busch“ auf die
große „Sterbearie“ seiner Titelfigur ist so
lapidar, wie sie auch der echte Wilhelm
Busch hätte geben können: „Wir machen
hier nicht große Oper.“
Edward Rushton
Die fromme Helene
Eine Wilhelm Busch Inhalation
in 17 Zügen
Libretto von Dagny Gioulami
Auftragswerk der Staatsoper Hannover
Musikalische Leitung Andreas Wolf
Inszenierung Erich Sidler
Bühne Gregor Müller
Kostüme Bettina Latscha
Dramaturgie Ulrich Lenz
Helene Carmen Fuggiss
Onkel Nolte Edgar Schäfer
Tante Xenia Maria Mann
Vetter Franz Sung-Keun Park
Hannchen Okka von der Damerau
Busch Frank Schneiders
Bart John In Eichen
1. Feuerwehrmann Stefan Zenkl
2. Feuerwehrmann Heiner Take
Uraufführung: 11. Februar 2007
im Ballhof eins
Weitere Vorstellungen 14., 20., 27.2.,
17., 25.3.2007
Ulrich Lenz
Wir danken der freundlichen
Unterstützung von
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seitenbühne
Aus den Proben
Auf dem Weg
zu Tannhäuser
Über die Entstehung eines Inszenierungskonzepts – Teil 2
30. April/1. Mai 2006, Frohnau bei Berlin
Konzeptionsgespräch
Der Venusberg – ein Ort der Sinnlichkeit
... Tannhäuser stellt sich stets in den
Mittelpunkt, bei der Liebesgöttin ebenso
wie im Sängerwettstreit ... wie Bewusstseinsschichten Tannhäusers legen sich die
einzelnen Bilder der Oper übereinander,
verdrängen das Vorherige, ohne es ganz
verschwinden zu lassen …
Bei einem Spaziergang ordnen wir die bisherigen Gedanken – und auf einmal entsteht eine Idee, die alle mehr und mehr
gefangen nimmt: Eine die Bühne an drei
Seiten umgebende Zuschauertribüne
schafft den Raum, in dessen Mittelpunkt
sich Tannhäuser fortwährend wie auf ein
selbst gewähltes Podium stellt. Allein die
von den Tribünen umgebene Fläche verwandelt den Raum, definiert die Situation
immer wieder neu: Eine im Halbdunkel
schimmernde Fläche aus Wasser und
Nebel evoziert die Sinnlichkeit des Venusbergs; eine grüne Rasenfläche inmitten der
ansteigenden Zuschauertribünen („ein
schönes Tale“ heißt es bei Wagner) weckt
Assoziationen an ein Sportstadion, auf dessen Grünfläche sich die Pilger in Kirchentagsatmosphäre an einem improvisierten
Marienaltar zum Beten versammeln; ein
Parkettboden macht die Tribünenkonstruktion zum Festsaal, in dessen
Mittelpunkt die Sänger auf einem Podium
ihre Kunst zur Schau stellen. Im Dritten
Aufzug kehren wir dann, ganz im Sinne
Wagners („wie am Schlusse des Ersten
Aufzugs, nur in herbstlicher Färbung“
heißt es in der Regieanweisung) zur
Rasenfläche zurück.
Rasenfläche und Parkettboden sollen sich
als Plafonds aus dem Bühnenboden auf die
jeweils vorige Fläche herabsenken und sie
zudecken. Tannhäuser wandert durch verschiedene Räume, lässt seine (Traum-)
Welten hinter bzw. unter sich. Doch am
Ende steigt auch das Zugedeckte wieder an
die Oberfläche: Am Schluss der Oper sieht
man alle drei Bodenflächen gleichzeitig, in
unterschiedlichen Ebenen; Venus, Maria,
Wartburgwelt, Papst und Pilger – in einem
chaotischen Tableau durchdringen sich die
verschiedenen Welten. Tannhäuser findet
keinen Ausweg mehr aus dem Albtraum
seines Lebens, alles vermischt sich, geht
durcheinander.
10./11. Juni 2006, Frohnau bei Berlin
Überprüfung
Anhand eines Bühnenmodells im Maßstab
1:50 spielen wir das Stück einmal durch.
Einige Details werden modifiziert.
Elisabeth Pedross macht auf die hohen
technischen Anforderungen und mögliche
Probleme bei Konstruktion und Bespielbarkeit von zwei übereinander hängenden,
fahrbaren Plafonds aufmerksam.
3. Juli 2006, Hannover
Bauprobe
Bei der Bauprobe auf der Bühne der
Staatsoper geht es nun darum, die Machbarkeit der entwickelten Bühnenidee zu
überprüfen. Intendant Michael Klügl, der
Technische Direktor Hanno Hüppe, der
Technische Leiter der Oper Ian Harrison
und der Werkstättenleiter Nils Hojer sind
von der Idee begeistert, weisen aber auf
zeitliche und technische Probleme sowohl
bei der Fertigung als auch bei Auf- und
Abbau hin. Wo lagert man die Tribünenteile zwischen den einzelnen TannhäuserVorstellungen? Wie groß baut man die
Teile, damit sie transportabel sind? Wie
schafft man es, den normalen Proben- und
Vorstellungsbetrieb aufrecht zu erhalten,
wenn zwei übereinander hängende Plafonds
eingerichtet werden müssen?
Gemeinsam sucht und findet man
Lösungen: Die Tribünen werden ein wenig
verkleinert, konkrete Überlegungen zu
Konstruktion, Material und Bauweise werden angestellt. Aus technischen Gründen
lassen sich zwei Plafonds jedoch nicht verwirklichen. Da der zweite Plafond nur
kurz am Ende des Ersten und abermals am
Ende des Dritten Aufzugs wahrnehmbar
wäre, fasst man Rasenfläche und Parkettboden in einem einzigen Plafond zusammen (im Pausenumbau zwischen Erstem
und Zweitem Aufzug wird dann die auf
dem Parkettboden liegende Rasenfläche
Oper
Grundriss des Bühnenbildes
Szenenfoto 2. Aufzug
entfernt) in der Hoffnung, dass sich das
Konzept der Schichten auch so vermittelt.
unter ihnen. Enttäuscht zieht sie sich vom
Leben zurück, gibt ihre eigene Identität auf,
stilisiert sich zur Heiligen: Sie steigt auf den
Altar und kleidet sich in Mantel und
Heiligenschein des Marienbildnisses.
Spontan entsteht die Idee, dass sie in dieser
Position bis zum Schluss der Oper verharrt.
Das bedeutet aber, dass sie Wolframs „Lied
an den Abendstern“, Tannhäusers Romerzählung und das ganze Finale über stehen
muss, um dann am Ende mit dem Plafond
(gesichert!) nach oben gezogen zu werden!
Brigitte Hahn bittet darum, das Marienbildnis so zu fixieren, dass sie sich daran
anlehnen kann. Auch Kelly God erklärt sich
mit der Idee einverstanden.
4. Dezember 2006
Beginn der szenischen Proben im
Probenzentrum Bornum
Auch Chor und Solisten lassen sich schnell
für das Konzept begeistern. Sanft bringt
Philipp Himmelmann der Sängerin des
jungen Hirten, Hinako Yoshikawa, bei,
dass es wunderbar wäre, wenn sie im
Ersten Aufzug mit dem Plafond einschwebte. Das bedeutet, dass sie die ganze
Venusbergszene (über 30 Minuten) in
schwindelnder Höhe (aber natürlich
gesichert!) ausharren müsste. Ein Lachen
der Sängerin lässt auf die Realisierung dieser ungewöhnlichen Idee hoffen.
19. Dezember 2006
1. Bühnenprobe
Zum ersten Mal wird die Fahrt des
Plafonds getestet. Es funktioniert noch
besser als erwartet: Lautlos senkt sich eine
Fläche von 10x10 Metern in nur wenigen
Sekunden auf den Bühnenboden herab.
Alle sind begeistert.
29. Dezember 2006
Probebühne in Bornum
Wir proben den Dritten Aufzug: Elisabeth
wartet vergeblich auf Tannhäuser.
Verzweifelt sucht sie ihn unter den aus Rom
zurückkehrenden Pilgern – er ist nicht
20. Januar 2007
Premiere
„Aber es gab auch reichlich Applaus und
heftigste Bravos für die vergleichsweise
gewagte, aber auch treffende RichardWagner-Regie von Jungstar Philipp
Himmelmann. Der nimmt uns mit in die
Arena. Das Stadion – für Himmelmann
heute zentraler Ort, an dem noch
Leidenschaften gelebt werden.“
(Henning Queren, Neue Presse)
„[...] gerade hier sammelt der Regisseur
wichtige Punkte, weil es seiner Inszenierung gelingt, die Venusberg-Szene
ohne alle Stadttheater-Peinlichkeit zu
absolvieren.“ (Rainer Wagner, HAZ)
Ulrich Lenz
seitenbühne | Seite 11
Richard Wagner
Tannhäuser und der
Sängerkrieg auf Wartburg
Große romantische Oper
Musikalische Leitung Wolfgang Bozic
Inszenierung Philipp Himmelmann
Bühne Elisabeth Pedross
Kostüme Petra Bongard
Chor Dan Ratiu
Dramaturgie Ulrich Lenz
Tannhäuser Robert Künzli
Elisabeth Kelly God /Brigitte Hahn
Venus Khatuna Mikaberidze
Wolfram von Eschenbach Lauri Vasar /
Jin-Ho Yoo
Landgraf Heinrich Albert Pesendorfer
Walther von der Vogelweide
Latchezar Pravtchev / Pedro Vélazquez Díaz
Biterolf Myoung Young Kwon
Heinrich der Schreiber Hans Sojer
Reinmar von Zweter John In Eichen
Ein junger Hirt Hinako Yoshikawa
Premiere: 20. Januar 2007
Weitere Vorstellungen 4., 7.2,
8., 16.3.2007
Koproduktion mit der Oper Graz
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seitenbühne
Konzert
Die Vorfahren auf den Schultern
Die Komponisten Luciano Berio und Detlev Glanert
„Man kann von Grund auf neu anfangen
ohne Rücksicht auf Ruinen und
,geschmacklose‘ Überreste!“ Mit Euphorie
brachen Karlheinz Stockhausen und
andere Komponistenkollegen in den
1950er Jahren zu neuen Ufern auf:
Losgelöst von der Tradition, befreit vom
Ballast einer jahrhundertealten Musikgeschichte, läuteten sie mit der seriellen
Kompositionsweise ein neues Zeitalter ein,
indem sie, ausgehend von der Zwölftontechnik der Zweiten Wiener Schule, alle
musikalischen Parameter von Tonlänge
und -höhe bis hin zu Klangfarbe und
Lautstärke einer bestimmten Reihenfolge
unterwarfen und versuchten, jegliche
Verbindung zur musikalischen Tradition
zu kappen. Die Phase des strengen seriellen Komponierens war jedoch von relativ
kurzer Dauer, und in der Folge zeichnet
sich bis heute in der Entwicklung der
Kunstmusik eine Vielseitigkeit und teilweise grundsätzliche Verschiedenheit ab,
so dass das herausragende Kennzeichen
der Werke seit 1950 der stilistische
Pluralismus ist. Bei aller Vielfalt der kompositorischen Standpunkte kristallisierte
sich jedoch eine verbindende Frage heraus,
der sich alle Komponisten in irgendeiner
Form stellen mussten: die Frage nach dem
eigenen Ort in der Musikgeschichte und
nach dem eigenen Verhältnis zur musikalischen Tradition.
Während Karlheinz Stockhausen und sein
Kreis einen radikalen musikalischen
Neubeginn anstrebten, verknüpfte der italienische Komponist Luciano Berio avantgardistische Experimente mit gezielten
Verweisen auf überlieferte Kompositionen.
Berio stellte sich in eine kontinuierlich
fortlaufende Musikgeschichte, die kulturelle Vergangenheit war für ihn ständig
gegenwärtig: „Es besteht kein Zweifel, dass
wir stets unsere Vorfahren mit uns herumtragen – eine Menge von Erfahrungen, den
Schmutz auf unseren Schultern und folglich
eine virtuelle Sammlung einer Auswahl aus
dem fortwährend präsenten Lärm der
Geschichte. Wir können diesen Lärm filtern,
verantwortungsvoll und bewusst das eine statt
dem anderen Ding auswählen – und versuchen
zu verstehen, welche Kombination der ausgewählten und gefilterten Ereignisse unseren
Erfordernissen am besten entspricht und es uns
erlaubt, einen besseren Zugang zu uns selbst
zu bekommen. Das gilt für musikalische
Prozesse und Funktionen ebenso wie für vieles
andere.“ (Luciano Berio)
Luciano Berio
Berio empfand die Auseinandersetzung mit
der Vergangenheit als ebenso künstlerisch
notwendig wie das ständige Vorwärtsschauen und die Suche nach weiterführenden Kompositionsmodellen. Solchermaßen
sich im Schnittpunkt von Tradition und
Innovation bewegend, war der 1925 im
ligurischen Oneglia geborene Komponist
einerseits einer der Pioniere der elektronischen Musik in Italien, experimentierte
mit Aspekten seriellen Denkens und entwickelte im musiktheatralen Bereich neue
Ausdrucksformen im Zusammenspiel von
Sprache und Stimme. Daneben stand
jedoch immer wieder der Rückgriff auf
Vorhandenes. Mit zahlreichen Bearbeitungen und Arrangements fühlte er sich in
die Musiksprache unterschiedlichster
Komponistenkollegen ein: von Monteverdi
(Il combattimento di Tancredi e Clorinda)
über Bach, Purcell und Brahms bis hin zu
Puccini, für dessen unvollendete Oper
Turandot er 2002, ein Jahr vor seinem Tod,
einen neuen Schluss komponierte.
Der Dialog und die Reibung mit der
Musik der Vergangenheit waren Berio
darüber hinaus auch Inspirationsquelle
für Innovatives, wenn er beispielsweise in
seiner 1968/69 entstandenen Sinfonia das
Scherzo aus Mahlers 2. Sinfonie gleichsam
als Gefäß für sowohl die eigene Musiksprache als auch für Zitate aus anderen
Werken benutzte: „Der Mahlersche Satz
erscheint hier wie ein Gebäude, an dessen
Balkenwerk verflochten sich zahlreiche musikalische Erinnerungen empor ranken, eingebaut in die fließende Struktur des Originalwerkes. Dabei war es weder meine Absicht,
Mahler zu zerstören (er ist unzerstörbar),
noch der Wunsch, irgendeine weit ausholende
musikalische Anekdote zu erzählen. Zitate und
Referenzen wurden nicht nur um ihres wirklichen, sondern auch um ihres potentiellen
Verhältnisses zu Mahler gewählt.“ (Luciano
Berio) Im Spannungsfeld zwischen
Vergangenheit und Gegenwart gestaltet
sich die Sinfonia so als Netz von Wechselbeziehungen, als innovatives, experimentelles Spiel mit der eigenen Musiksprache,
mit Zitaten und Verfremdungseffekten –
ein gleichsam postmodernes Spiel, ähnlich
der Dichtung eines James Joyce: Intertextualität als zentrale Kategorie lässt das
eigene Werk in Kommunikation mit
anderen Werken, mit deren Rezeptionsgeschichte und dem Rezipienten treten.
Als einen „Liebesbrief an Franz Schubert“
bezeichnete Luciano Berio seine Komposition Rendering, einen weiteren musikalischen Dialog über die Jahrhunderte:
Schuberts Skizzen zu einer zehnten
Sinfonie regten den italienischen Komponisten zu kreativer Auseinandersetzung an,
forderten gerade in ihrem Status als
Fragment, das in seiner Unvollkommenheit unendliche Lesarten und Möglichkeiten des Weiterdenkens bietet und in
seiner löchrigen Struktur nach allen Seiten
hin offen ist, zur Vervollständigung und
Orchestration wie zum eigenen musikali-
Konzert
schen Kommentar heraus. Eine „Restaurierung der alten Skizzen“ schwebte Berio
vor, jedoch keine, die mit geübter Hand
das alte Werk im Sinne der Entstehungszeit nachzeichnet. Der Verfasser des
„Liebesbriefes“ bringt vielmehr die eigene
Person und Zeit mit in den Dialog ein, im
Sinne einer „modernen Freskorestaurierung,
die auf eine Auffrischung der alten Farben
abzielt, ohne die durch die Jahrhunderte entstandenen Schäden kaschieren zu wollen, wobei
sogar leere Flecken im Gesamtbild zurückbleiben können.“ (Luciano Berio) Diese leeren
Flecken kittet Berio behutsam mit dem
„Zement“ der eigenen, farbenreich schillernden Musiksprache, kommuniziert als
Künstler auf einer Ebene mit dem österreichischen Komponisten und schafft so
eine neue, dritte Klangwelt, die zwischen
Vergangenheit und Gegenwart in die
Zukunft weist.
Der 1960 in Hamburg geborene Detlev
Glanert gehört einer jüngeren Generation
von Komponisten an, die sich in ähnlicher
Weise der historischen Wurzeln ihrer
Musik gewärtig sind und das musikgeschichtliche Erbe nicht ausradiert sehen
wollen, sondern darauf aufbauen: „Die
Komponisten wachsen alle mit einem Klangvokabular auf, das sie erlernen, imitieren, neu
zusammenstellen und kombinieren, um
schließlich ihren eigenen Stil zu finden. Man
kommt aus dem, was gewesen ist, und definiert
sich neu dahin – eine legitime Form, sich selbst
weiterzuentwickeln.“ (Detlev Glanert)
Gustav Mahler und Maurice Ravel nennt
der Henze-Schüler Glanert als für die
eigene Entwicklung wichtige und prägende Komponisten. Mit direkten
Bearbeitungen von Werken unterschiedlichster Epochen und Stile näherte er sich
Kompositionen älterer Kollegen und
erwies diesen seine Reverenz, u. a. mit
einem Arrangement von Franz Schrekers
Melodram Das Weib des Intaphernes, den
Instrumentationen einer Messe von
Heinrich Isaak oder von Klavierstücken
Johannes Brahms’ und der Rekonstruktion
der Filmmusik zu Der letzte Mann von
Giuseppe Becce. Das Orchesterwerk
Mahler/Skizze (1989) ist eine Hommage an
Gustav Mahler, ein fragiles Werk mit fahlen Klängen, dessen außermusikalischer
Titel – wie häufig bei Glanert – weniger
Programm sein will, als vielmehr auf das
Assoziationsfeld verweist, an dem sich die
kompositorische Inspiration entzündet hat.
Johannes Brahms’ Vier ernste Gesänge
seitenbühne | Seite 13
3. Sinfoniekonzert
Sonntag, 18. Februar 2007, 17.00 Uhr
Montag, 19. Februar 2007, 19.30 Uhr
Einführungen eine halbe Stunde vor Beginn
Hans Werner Henze
Der Erlkönig, Orchesterfantasie aus dem
Ballett Le Fils de l’air (1996)
Luciano Berio
Rendering nach Skizzen zu einer Sinfonie
in D-Dur von Franz Schubert (1990)
Franz Schubert
Lieder in Instrumentierungen von Benjamin
Britten, Max Reger und Anton Webern
Franz Schubert
Sinfonie Nr. 3 D-Dur D 200 (1815)
Solisten Brigitte Hahn, Lauri Vasar
Dirigent Wolfgang Bozic
Detlev Glanert
waren für Glanert Ausgangspunkt einer
weiteren Bearbeitung und Neukomposition: Von den Liedern sind Skizzenblätter erhalten mit Notizen von Brahms’
Hand für eine Orchesterfassung. Ähnlich
wie Luciano Berio in Rendering füllte
Glanert diese Skizzen auf, instrumentierte
die Lieder gemäß der Klavierfassung und
rahmte sie mit eigenen Vor- und
Nachspielen ein. Diese überleitenden
Zwischenspiele entwickelte er aus dem
Material von Brahms und verwandelte dessen Motive der eigenen Musiksprache an:
ein Kommentar, der sich – mehr als
100 Jahre später – fremd zwischen die
melancholischen Lieder stellt und gleichzeitig deren Geist in die Gegenwart
hinüberwehen lässt.
Dorothea Hartmann
4. Sinfoniekonzert
Sonntag, 11. März 2007, 17.00 Uhr
Montag, 12. März 2007, 19.30 Uhr
Einführungen eine halbe Stunde vor Beginn
Detlev Glanert /Johannes Brahms
Vier Präludien und Ernste Gesänge
op. 121 (2005 / 1896)
Robert Schumann
Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38
(Frühlingssinfonie) (1841)
Detlev Glanert
Sinfonie Nr. 3 op. 35 (1996)
Solist Albert Pesendorfer
Dirigent Stefan Klingele
Komponistengespräch Detlev Glanert
Parallel zur Generalprobe bietet das Gespräch mit Detlev Glanert einen persönlichen Einblick in sein Werk und dessen
Entstehung.
Samstag, 10. März 2007, 11.00 Uhr
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seitenbühne
Vorschau
Oster-Tanz-Tage
Internationale Choreographen vom
6. bis 9. April 2007 zu Gast in Hannover
Rasante Explosivität und faszinierende
Körperskulpturen: Zur eröffnung der
Programm, in dem sehr markante Facetten
seines weitgesteckten Ausdrucksspektrums
präsentiert werden: In Passo Continuo –
Bigonzettis Hommage an einen Tänzer,
der über zwanzig Jahre kontinuierlich mit
ihm zusammenarbeitete – wird ein künstlerisch und menschlich sehr bereichernder
Erfahrungsaustausch in eine Körpersprache übersetzt, die erlebte Geschichten
auf ihren emotionalen Gehalt konzentriert.
Um Konflikte und Meinungsverschiedenheiten, die über ein hochexpressives
Oster-Tanz-Tage 2007 ist am Karfreitag
das „Aterballetto“ an der Staatsoper
Hannover zu Gast.
Das „Aterballetto“ aus Reggio Emilia
unter der künstlerischen Leitung von
Mauro Bigonzetti, einem gebürtigen
Römer, gehört schon lange nicht mehr zu
den Geheimtipps der Tanzbranche, sondern zu den festen Größen des internationalen Tanzgeschehens. Die quirlige
Truppe klassisch-moderner Prägung
bezwingt durch ihre unbändige Vitalität
und atemberaubende Dynamik, der allein
durch bezaubernde Bilder des Stillstands
Einhalt geboten werden kann, ohne deshalb an Spannung einzubüßen. Lyrik,
Sensibilität und Sinnlichkeit einerseits und
starke Emotionen in athletisch-akrobatischen Kraftakten andererseits werden hier
als energetische Gegenpole verstanden, die
zwingend einander bedingen und sich keineswegs ausschließen oder abstoßen.
Letztlich handelt es sich hierbei um
Kräfte, die in jedem Menschen schlummern. Das scheint uns Mauro Bigonzetti
subtil mit seinen überraschenden
Kreationen vermitteln zu wollen, die eine
neue Poesie der Aggression (jenseits von
Brutalität) als einzig echten, aufrichtigen
Liebesbeweis beschwören.
Mauro Bigonzettis Ensemble gastiert in
Hannover mit einem dreiteiligen
Oster-Tanz-Tage 2007
Karfreitag, 6.4.2007
19.30 Uhr Internationales Gastspiel:
Aterballetto, Italien
Choreographien von Mauro Bigonzetti
Passo Continuo
Musik: Antongiulio Galeandro sowie
Improvisationen über Musik
von Johann Sebastian Bach
Duo Inoffensivo
Musik: Gioacchino Rossini
Cantata
Musik: traditionelle süditalienische
Musik, arrangiert von
„Gruppo musicale Assurd“
Karsamstag, 7.4.2007
21. Internationaler Wettbewerb für
Choreographen
15.00 Uhr Vorrunde I
Tanzvokabular ausgetragen werden, geht
es in Bigonzettis Duo Inoffensivo, das zu
harten Reibungen als Voraussetzung für
ein konstruktives Miteinander animiert.
Dagegen steht in Cantata zu traditioneller,
süditalienischer Musik pure Lebensfreude
mediterraner Prägung im Vordergrund:
Hier wird das einfache, laute und pralle
Leben Süditaliens auf die Tanzbühne
gebracht und das hannoversche Opernhaus
durch bacchantische Besessenheit in bislang ungekannte Vibrationen versetzt.
Allein durch das Ansehen dieser orgiastischen Tänze in der Tradition althergebrachter Tanzwut-Rituale können westliche Zivilisationskrankheiten rückstandslos
beseitigt werden – ganz im Sinne der antiken Theaterkunst werden Sie das
Opernhaus nach diesem Abend geläutert
und beschwingt verlassen!
Stephanie Schroedter
20.30 Uhr Molière
Ballett von Jörg Mannes
Musik von Rameau, Ravel,
Mozart, Berio u.a.
Ballett der Staatsoper Hannover,
Niedersächsisches Staatsorchester
Hannover
Ostersonntag, 8.4.2007
21. Internationaler Wettbewerb für
Choreographen
14.30 Uhr Vorrunde II
19.00 Uhr Finale
Ostermontag, 9.4.2007
19.30 Uhr Romeo und Julia
Ballett von Sergej Prokofjew
Choreographie von Jörg Mannes
Ballett der Staatsoper Hannover,
Niedersächsisches Staatsorchester
Hannover
Kantinenplausch
seitenbühne | Seite 15
Keinen Fisch!
Marco Jentzsch, Tenor
„Mediterrane Speisen liegen mir gar nicht.
Und Fisch: ich esse absolut keinen Fisch.“
Marco Jentzsch mag es lieber deftig:
Kohlroulade oder Bratwurst auf Sauerkraut. „Das ist das Essen, mit dem ich
groß geworden bin.“ Aufgewachsen ist der
Tenor in Oranienburg, im „Speckgürtel
von Berlin“, wie er selbst sagt. Mit ungefähr zwölf Jahren hörte er das erste Mal
Oper: „Die Stimmen haben mich begeistert. Als Kind habe ich mich langsam rangetastet: Erst Operetten, Strauß, Lehár. In
der Pubertät folgten Wagner und Verdi –
das waren die Größten! Meine armen
Eltern, die das jeden Tag anhören mussten…“, schmunzelt er. Heute ist er selbst
Vater, Niklas, zwei Jahre, fordert seinen
Vater mittlerweile kräftig: „Er ist mein
größtes Glück. Aber es ist Gift für einen
Sänger, wenn morgens um 6.20 Uhr die
Nacht vorbei ist, besonders, wenn man
abends vorher Vorstellung hatte. Das A
und O in diesem Beruf ist es, ausgeruht,
stimmlich und körperlich fit zu sein.
Kommt man dann mittags müde von den
Proben nach Hause, wartet Niklas schon.
Und ich möchte meine Frau ja auch gerne
mal entlasten. Abends sind dann wieder
Proben oder Vorstellung.“
Anders anstrengend war der Beruf, in dem
Marco Jentzsch bis Ende 2004 arbeitete:
Erzieher in Berlin-Frohnau im Fürst
Donnersmarck-Haus, einem Rehabilitationszentrum für Menschen mit Körperund Mehrfachbehinderungen: „Nach der
Mittleren Reife stand für mich fest: Singen
oder Pädagogik. Ich wählte den ,sichereren‘ Weg: Fachschulausbildung zum staatlich anerkannten Heimerzieher.“
Erst ab April 2002, im Alter von 28
Jahren, nahm Marco Jentzsch das erste
Mal professionellen Gesangsunterricht.
Vier Mal die Woche, neben dem Job. „Ich
wollte Bariton sein, das waren für mich die
interessanten Charaktere in den Opern.
Aber schon beim Vorsingen stellte meine
Lehrerin Kammersängerin Els Bolkestein
klar: Sie sind Tenor.“
Von da an ging es rasant weiter: Im
Dezember 2002 die erste Bewerbung für
den Festspielsommer auf Schloss Rheinsberg. „Nebenher habe ich weiter in Vollzeit gearbeitet, für den Sommer zwei
Monate unbezahlten Urlaub genommen.
Leider war das Verständnis der einen Seite
meines Lebens für die jeweils andere
begrenzt“, bedauert Jentzsch. Nach dem
Sommer reduzierte er die Stundenzahl im
„Brotberuf“. Im Februar 2004 folgte eine
Einladung zum Vorsingen an die Oper
Erfurt. „Intendant Guy Montavon bot mir
einen Gastvertrag an – ich war völlig platt.
Noch immer unsicher, ob ich meinen
Beruf als Erzieher aufgeben sollte, nahm
ich erneut unbezahlten Urlaub, von Januar
bis Juni 2005, quasi als Testlauf. Nachdem
mir Erfurt einen Vertrag für die Spielzeit
2005/2006 anbot, war die Entscheidung
gefallen: Der Schritt aus einer sicheren
Position hinaus in einen neuen Beruf –
obwohl da Niklas schon unterwegs war.“
Im Herbst 2005 folgte das Vorsingen für
Hannover – und das Engagement: „Erste
Reaktion: Oh Gott, so ein riesiges Haus.
Aber es war die richtige Entscheidung!“
Er sang den Tamino in der Zauberflöte, den
Steuermann im Fliegenden Holländer, den
Rosillon in der Lustigen Witwe und im
März folgen gleich drei verschiedene
Partien an einem Abend in der FoyerOper Desperate Lovers. AZur Zeit ist
Jentzsch als Belmonte in der Entführung
aus dem Serail zu sehen, die seit der
Wiederaufnahme am 25. Januar wieder auf
dem Programm der Staatsoper steht: „Vor
zwei Jahren wäre es für mich undenkbar
gewesen, so eine Partie wie den Belmonte
zu singen – allein vom Kopf her. Aber die
Rolle macht Spaß, die Proben für die
Wiederaufnahme liefen gut, mit den
Kollegen klappt es prima – kurz: ich fühle
mich hier rundum wohl.“
Wiebke Haas-Lefers
Bratwurst auf Sauerkraut
20 g Gänseschmalz, 2 Zwiebeln,
760 g Sauerkraut, 1/4 Liter Weißwein,
400 g Kartoffeln, 10 g Fett
3 Bratwürste, Pfeffer, Salz, Kümmel
In einem Topf das Schmalz auslassen,
feingehackte Zwiebel darin andünsten.
Sauerkraut zufügen, kräftig durchschmoren
lassen. Mit ca. 1/2 TL Kümmel, Pfeffer und
Salz würzen. Weißwein nach und nach
zufügen, auf mittlerer Hitze ca. 1/2 Std. im
offenen Topf weiterschmoren, bis die
Flüssigkeit fast vollständig verkocht ist.
Kartoffeln kochen, pellen und warm halten.
Bratwürste auf mittlerer Temperatur langsam braten. Nach ca. 5-7 Min., wenn sie
durch sind, auf das Sauerkraut legen,
Pellkartoffeln dazu reichen.
Wolfgang Amadeus Mozart
Die Entführung aus dem Serail
Wiederaufnahme 25. Januar 2007
Weiteren Vorstellungen 3., 14.2.,
2., 10., 18.3.2007
Desperate Lovers (Foyer-Oper)
Eine Trilogie tödlicher Leidenschaften
mit Musik von Paul Hindemith, Ernst Toch
und George Gershwin
Premiere: 23. März 2007
Laves-Foyer
Weitere Vorstellungen
27.3., 2., 5., 15.4.2007
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seitenbühne
Aus den Werkstätten
Täglich in New York
Aus dem Alltag der Bühnenmaler
Der Opernball wirft seine Schatten voraus:
Schon seit Wochen laufen in den Werkstätten der Staatstheater Hannover die
Vorbereitungen auf Hochtouren, um die
Lange Diele im Eingangs-Foyer in die
Fifth Avenue oder die linke Seitenbühne in
den Central Park zu verwandeln. So auch
in den Malsälen in der Maschstraße und
Bornumer Straße, wo Andreas Scholz,
Leiter des Malsaals, sechs Theatermaler
und ein Auszubildender ganz in ihrem
Element sind. Sie mischen Farben, zeichnen und pinseln an verschiedenen Motiven
für den Opernball. Theatermaler müssen
nicht nur künstlerisch und handwerklich
begabt sein, sondern auch über räumliches
Sehvermögen und gute Farbsehtüchtigkeit
verfügen. Drei Jahre dauert die staatlich
anerkannte Ausbildung zum Bühnenmaler,
die direkt an einem Theater absolviert
wird. Die Hochschule für Bildende Künste
in Dresden bietet darüber hinaus auch eine
universitäre Ausbildung an.
Wer den hell erleuchteten Malsaal in
Bornum betritt, dem sticht sofort eine
6 mal 12 Meter große, in verschiedenen
Blautönen schillernde Fläche ins Auge. Auf
dem Fußboden des 1.500 qm großen Malsaals entsteht unter den Pinselstrichen von
Theatermaler Waldemar Schwebs die
nächtliche Skyline von New York.
Es ist einer der Prospekte (so werden die
riesigen Stoffbilder bezeichnet), die hier
für den Opernball am 23. und 24. Februar
angefertigt werden. Das Erstellen eines
Prospekts läuft stets ähnlich ab. In diesem
Fall dient dem Theatermaler als Vorlage
ein Bild der nächtlichen Skyline von
Manhattan im Format 1:32, das er von der
Ausstatterin Marina Hellmann erhalten
hat. Zur besseren Orientierung teilt
Waldemar Schwebs die Vorlage in Raster
auf, ebenso wie die 72 qm große
Stofffläche, die auf dem Holzfußboden
festgeheftet ist. Anschließend überträgt er
das Bild über dieses Raster auf das große
Format. Zunächst zeichnet er die Linien
mit Bleistift, zieht sie dann mit einem
dicken Filzstift nach. Mit dem nächsten
Arbeitsschritt kommt endlich Farbe ins
Spiel: Mit einer Spritzpistole lässt
Waldemar Schwebs den blauen Himmel
entstehen – „man kann den Himmel auch
malen, das dauert nur viel länger.“
Anschließend arbeitet er mit einer
Lasurtechnik von Hell nach Dunkel die
Flächen in verschiedenen Blautönen heraus, bevor es an die Feinarbeit geht. „Das
schwierigste an diesem Prospekt sind die
vielen, vielen Fenster mit ihren unterschiedlichen Schattierungen“, erzählt der
Bühnenmaler, der eigentlich am liebsten
Porträts malt. Beim Ausmalen der Fenster
ist besonderes Fingerspitzengefühl und
Augenmaß für die farbliche Ausgestaltung
und anschließende Wirkung gefragt. Nach
sechs Wochen Arbeit wird er den Prospekt
fertig gestellt und ungefähr zehn Liter
Farbe verbraucht haben. Um die große
Pracht unbeschadet vom Malsaal in die
Oper zu transportieren und später gut
lagern zu können, wird der Prospekt aufgerollt.
Schwer vorstellbar, aber wahr: Die New
Yorker Skyline gehört zu den kleineren
Prospekten, die hier im Malsaal entstehen.
Für Opernproduktionen sind die
Prospekte zwischen 10 und 12 Meter hoch
und bis zu 30 Meter lang. In der Regel
arbeitet ein Theatermaler allein an einem
Prospekt. Dabei setzt Andreas Scholz seine
Mitarbeiter überwiegend nach ihren Maltechniken ein, und nur in Ausnahmefällen
arbeiten zwei Maler an einem Prospekt
gemeinsam. „Man würde sonst die unterschiedlichen Maltechniken sofort erkennen“, begründet der Leiter sein Vorgehen.
Nicht nur die Techniken und Stilrichtungen der Bühnenmaler sind vielfältig,
auch die Motive, die sie malen. So entstehen für den Opernball 2007 neben
„Manhatten by night“ auch noch zwei
Porträts für das MoMA in der Krasseltstube und ein Bodentuch mit grafischem
Muster, auf dem das Orchester den
Ballbesuchern zum Tanz aufspielen wird.
Malte Erhardt
Personalia
seitenbühne | Seite 17
Orchesternews
Neue Orchestermitglieder:
Angela Jaffé erhielt ihren ersten Violinunterricht von ihren Eltern. Sie studierte
in Berlin an der Universität der Künste bei
Thomas Brandis und an der Hochschule
für Musik „Hanns Eisler“ bei Werner
Scholz. Wichtige Anregungen gaben ihr
Meisterklassen bei Igor Ozim, Herrmann
Krebbers, Zachar Bron und Dorothy
Delay. Angela Jaffé war Stipendiatin der
Studienstiftung des Deutschen Volkes. Sie
spielte im Deutschen Sinfonie Orchester
Berlin, im Barcelona Symphony Orchestra,
beim Ensemble Modern und 2001 bis
2003 als Konzertmeisterin der
„MusikFabrik NRW“. Seit 2005 spielt sie
im Bayerischen Kammerorchester, gründete 2006 das Trio Cosmopolitan und ist
seit Dezember 2006 Mitglied der
1. Violinen der Staatsoper Hannover.
Johanna Kullmann begann ihr
Violinstudium zunächst an der RobertSchumann-Hochschule in Düsseldorf.
Nach dem Vordiplom wechselte sie zu
Sebastian Hamann an die Hochschule für
Musik in Frankfurt am Main, wo sie 2003
ihr Diplom erhielt. Während ihres
Studiums war sie in der Spielzeit
1999/2000 Praktikantin des Philharmonischen Orchesters der Stadt Heidelberg,
in den Jahren 2000 bis 2004 als Aushilfe
beim Frankfurter Opern- und Museumsorchester, sowie in der Spielzeit 2004/2005
beim Staatstheater Darmstadt engagiert.
Ab August 2005 spielte sie als Aushilfe in
den 2. Violinen des Niedersächsischen
Staatsorchesters Hannover und wird im
Februar 2007 nach gewonnenem
Probespiel mit einem Festvertrag in die
Gruppe der 2. Violinen übernommen.
Sebastian Lehne erhielt seinen ersten
Klarinettenunterricht im Alter von 14
Jahren. Nach dem Abitur begann sein
Studium 2002 an der Hochschule für
Musik und Darstellende Kunst Frankfurt
am Main bei Peter Löffler-Asal. 2005
wechselte er an die Staatliche Hochschule
Stuttgart, um sein Studium bei Norbert
Kaiser fortzusetzen. Im ersten Halbjahr
2006 spielte er als Aushilfe bei Württembergischen Kammerorchester und war im
September 2006 Praktikant im Staatsorchester Stuttgart. Seit Januar 2007 ist
Sebastian Lehne stellvertretender
Solo-Klarinettist mit Es-Klarinette im
Niedersächsischen Staatsorchester
Hannover.
Nachschlag gefällig?
Köstlichen Ausklang fanden die
Neujahrskonzerte 2007 mit der von
Intendant Michael Klügl, GMD
Wolfgang Bozic und ihren Mitarbeitern
ausgeteilten Kürbissuppe im Foyer der
Oper. Hier finden Sie das Rezept von
Johanna Maier zum Nachkochen:
Kürbiscremesuppe für 4 Personen
2 EL Zucker
500 g Speisekürbis (z. B. Hokkaido)
2 EL Champagner-Essig
125 ml trockener Weißwein
750 ml Geflügelfond
300 ml süße Sahne
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
60 g kalte Butter
4 EL Kürbiskernöl
2 EL Kürbiskerne
Zucker leicht karamellisieren, anschließend den würfelig geschnittenen Kürbis
dazugeben. Mit Champagner Essig und
Weißwein ablöschen, einkochen lassen.
Mit Geflügelfond auffüllen, Kürbis weich
kochen. Gekochten Kürbis mit süßer
Sahne im Mixer pürieren, durch ein Sieb
passieren, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Suppe abermals aufkochen,
bei milder Hitze die kalten Butterwürfel
mit dem Stabmixer einrühren. Suppe in
tiefe Teller gießen, unmittelbar vor dem
Servieren mit Kürbiskernöl beträufeln
und mit Kürbiskernen garnieren.
Sänger aus Hannover gastieren
Sängerinnen und Sänger des Opernensembles stehen nicht nur in Hannover
auf der Bühne. Die Sopranistin Kelly God
hat bereits Ende September 2006 an De
Nederlandse Opera Amsterdam gastiert,
mit der Erfurter Uraufführuns-Produktion
Waiting for the Barbarians von Philipp
Glass. Außerdem war sie für eine
Vorstellung der Liebe zu den drei Orangen
von Sergej Prokofjew am Volkstheater
Rostock zu Gast. Der Tenor Sung-Keun
Park freut sich über ein Engagement bei
den Salzburger Festspielen 2007: Unter
der Leitung von Valery Gergiev wird er die
Rolle des Cabaretier in Benvenuto Cellini
von Hector Berlioz singen. Außerdem
konnte er seine Paraderolle des Lindoro in
Die Italienerin in Algier nach der erfolgreichen hannoverschen Premiere im
Dezember und Januar auch mehrmals in
Aachen präsentieren. Für eine Vorstellung
hat er sich gemeinsam mit der Mezzo-
sopranistin Julia Grinjuk auf den Weg in
die Kaiserstadt gemacht: Sie sang in
Aachen ihre Partie der Zulma. Albert
Pesendorfer, Bass, singt am 17. Februar
den Eremiten in der Freischütz-Premiere
an der Volksoper Wien. Sein StimmfachKollege Tobias Schabel hat im Dezember
am Nationaltheater Mannheim als Fafner
in Siegfried von Richard Wagner gastiert.
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seitenbühne
Fundus
Eine Chinesin im lilafarbenen Kleid
Über die junge Malerin des Kinderfest-Plakates
Gemalt hat sie schon
immer gern, die 11-jährige
Leonie Häuser aus Bemerode. Ob zu Hause, zusammen mit dem kleineren
Bruder Jonathan und der
jüngeren Schwester Philine,
oder in den vier Grundschuljahren im
Kunstunterricht. Da gab es dann als
Zensur immer die Note eins! Nun besucht
sie seit einem halben Jahr das Gymnasium,
und auch hier ist neben Deutsch und
Sachkunde der Kunstunterricht ihr
Lieblingsfach.
Im Juni 2006, am Ende der 4. Klasse in
der Grundschule am Sandberge, gab es für
sie und alle anderen Mitschüler das
Angebot von der Theaterpädagogik der
Staatsoper Hannover, an einem Plakatwettbewerb für das Kinderfest am 11.
Februar 2007 mitzuwirken. Der Ort – das
Opernhaus – war für die Kinder nicht ganz
unbekannt, hatten sie doch alle einen
Monat zuvor beim Kinderkonzert „Zirkus“
schon selbst auf der Bühne gestanden und
Musik zu diesem Thema erfunden.
Das Motto des Kinderfestes, „Eine Reise
in ferne Länder“, war für die Kunstlehrerin Sigrun Preiser und alle Kinder in
der Klasse nun Anlass genug, sich Bildbände über die verschiedenen Kontinente
zu besorgen und zu sichten. Welche Tiere
leben eigentlich in Afrika, wie sehen die
Menschen in China aus, was tragen sie für
Kleider und welche besonderen Baudenkmäler gibt es in Ägypten? „Wir konnten
uns die Bücher wechselweise anschauen
und dann eine Skizze anfertigen“, sagt
Leonie Häuser. Dabei war die Komposition, das Arrangement mit Vorder-,
Mittel- und Hintergrund und die sinnvolle
Verteilung der Figuren und Tiere auf der
vorläufigen Zeichnung nicht unerheblich.
Leonie entschied sich für eine diagonale
Aufteilung des Bildes: Der untere rechte
Teil ist dem schwarzafrikanischen Kontinent zugedacht und wird von ihr grün –
ihrer Lieblingsfarbe – ausgemalt. „Im
Dschungel“, so beschreibt sie ihr Bild,
„leben Elefanten und Schwarzafrikaner!“
Den oberen Teil des Bildes gestaltet sie in
helleren Farben: links eine Chinesin in
einem lilafarbenen Kleid („grün ging
nicht, weil es sich sonst nicht abgehoben
hätte!“), den Ägypter auf sandfarbenem
Untergrund und eine Pyramidenkette als
Hintergrund. Die Skizze ist nun fertig, die
Farben sind erst einmal nur mit Buntstiften gemalt. Nun beginnt die Übertragung des Ganzen auf ein großes Format,
dieses Mal mit kräftigen Farben aus dem
Tuschkasten und flüssiger Lackfarbe.
Einige Kinder aus der Klasse malen
gemeinsam, andere, wie Leonie Häuser,
allein an ihrem Plakatentwurf. Stolz auf
das Ergebnis können alle sein, besonders
aber Leonie: Ihr Bild wurde für das Plakat
zum Kinderfest in der Oper ausgewählt.
Einen Trost für alle anderen Kinder der
Klasse und auch für viele Kinder einer
Grundschulklasse aus Pattensen, die ebenfalls an dem Wettbewerb beteiligt waren,
gibt es dennoch: Alle Entwürfe werden
beim Kinderfest in einer kleinen Ausstellung zu sehen sein.
Natürlich wird auch Leonie Häuser zum
Kinderfest kommen – vielleicht verkleidet
als Chinesin im lilafarbenen Kleid?
Cornelia Kesting-Then-Bergh
Das Kinderfest wird unterstützt von
Opernrätsel
Liebe Rätselfreunde,
die Oper, die wir in dieser Ausgabe
suchen, hat mit ihren berühmteren
Schwestern so manches gemeinsam: mit
Tosca das Uraufführungsjahr und mit
Pelléas und Mélisande den Uraufführungsdirigenten, mit La traviata den Schauplatz
und mit La Bohème den Beruf ihrer weiblichen Heldin. Ach ja, und der Komponist
hat einen Namensvetter, dessen bekannteste Melodie jahrelang als Eurovisionshymne
über die Bildschirme flimmerte.
Doch die gesuchte Oper ist auch ein
Unikum: sie trägt den singulären Untertitel „musikalischer Roman“, es gibt einen
Damenchor mit echten Nähmaschinen
und – erstaunlich aktuell! – in der letzten
Szene den ersten und unseres Wissens
einzigen inszenierten Stromausfall der
Operngeschichte. Die gesuchte Oper war
bei ihrer Uraufführung ein Sensationserfolg: Im ersten Jahr wurde sie in Paris
einhundert Mal gespielt, Gustav Mahler
dirigierte sie drei Jahre später in Wien,
Arturo Toscanini fünf Jahre später an der
Scala. Der Versuch des Komponisten, mit
einer „Fortsetzungs-Oper“ nach 13 Jahren
an seinen größten Erfolg anzuknüpfen,
scheiterte. Danach schrieb er keine weiteren Werke mehr, obwohl er noch über 40
Jahre lebte. Unser gesuchtes Werk ist
inzwischen fast von den Spielplänen ver-
schwunden, und eine Aufführung trägt den
Stempel „Ausgrabung“. Schade eigentlich!
Wie heißt die Oper, wie ihr Komponist?
Unter allen richtigen Einsendungen, die
uns bis zum 31.3.2007 erreichen, verlosen
wir 5x2 Karten für Offenbachs Hoffmanns
Erzählungen am Mittwoch, den 18.4.2007.
Schicken Sie Ihre Postkarte an:
Staatsoper Hannover
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Opernplatz 1
20159 Hannover
Herausgeber: Staatsoper Hannover · Intendant: Dr. Michael Klügl · Redaktion: Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit
Fotos: Alfredo Anceschi, Christian Brachwitz, Wiebke Haas-Lefers, Thomas M. Jauk, Jörg Landsberg, Eric Marinitsch (Foto von Luciano Berio, Universal Edition), Gert Weigelt
Gestaltung: Heinrich Kreyenberg · Druck: Steppat Druck
Plakatmotiv zum Kinderfest Eine Reise in ferne Länder, gemalt von Leonie Häuser
Die Italienerin in Algier – Shavleg Armasi, Tobias Schabel
Opernball 2006
Tannhäuser – Brigitte Hahn, Jin-Ho Yoo
Anatevka – Ensemble
Molière – Ensemble
Der kleine Schornsteinfeger – Ania Wegrzyn, Mareike Morr, Hinako Yoshikawa, Alexandra Dieck
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