Pressemeldung | 2.5.2017 | acr Benedict Andrews inszeniert Nicole Chevalier in der Titelpartie – Steven Sloane leitet das Orchester der Komischen Oper Berlin Aribert Reimanns Medea als Berliner Erstaufführung Premiere: Sonntag, 21. Mai 2017 | 19 Uhr Mit Medea setzt die Komische Oper Berlin ihre Serie von Neuproduktionen zeitgenössischer Musiktheaterwerke fort. Aribert Reimanns 2010 mit überwältigendem Erfolg uraufgeführte Oper ist erstmals in Berlin zu erleben. Ensemblemitglied Nicole Chevalier übernimmt die Titelpartie der tragischen Außenseiterin, die zur erbarmungslosen Rächerin wird. »Ich kann keinen Stoff nehmen, der mit uns heute nichts zu tun hat«, so der Berliner Komponist Aribert Reimann über seine Oper Medea. Die antike Mythenfigur Medea thematisiert eine der größten Krisen unserer Zeit: eine Migrantin, die in ihrem eigenen Land nicht mehr leben kann, wird in der neuen fremden Heimat nicht akzeptiert und ausgeschlossen. Medea – letzter Teil der 1821 uraufgeführten Trilogie Das goldene Vließ aus der Feder des österreichischen Nationaldichters Franz Grillparzers – basiert auf den mythischen Geschehnissen der Argonauten-Sage: Im Lande der von den Griechen als barbarisch angesehenen Kolcher hatte die zauberkundige Königstochter Medea dem Griechen Jason einst geholfen, das legendäre Goldene Vlies, Symbol unendlicher Macht, von ihrem eigenen Vater zu rauben. Aus Liebe hatte sie sich gegen ihre Familie und Heimat gestellt, war Jason gefolgt und schließlich nach langer Irrfahrt – inzwischen mit zwei Kindern – in Jasons Heimat Korinth angekommen. Dort will sie sich der griechischen Kultur anpassen, wird aber aufgrund ihrer »barbarischen Herkunft« mit unüberwindbaren Vorurteilen konfrontiert. Als Jason sich zugunsten seiner Jugendliebe Kreusa von Medea, die mehr und mehr isoliert ist, abwendet und sich ihre Kinder zunehmend von ihr entfremden, greift sie, zutiefst verletzt, zu einer radikalen Form der Rache: Sie tötet nicht nur die Rivalin, sondern auch ihre beiden Kinder. In einer düster-archaischen Welt verdichten der australische Regisseur Benedict Andrews und der Bühnenbildner Johannes Schütz die dramatische Verwicklung und das innere Erleben Medeas zu einem intensiven Musiktheatererlebnis, welches das Publikum gemeinsam mit Reimanns atemloser Musik in den Sog des Mythos zieht. Medea ist allein unter Menschen, die sich hinter Masken verstecken, ihre Kinder sind nicht mehr als puppenhafte Objekte. Bereits in der Inszenierung von Der feurige Engel an der Komischen Oper Berlin stellten beide ihren künstlerischen Formwillen und ihr genaues Gespür für hintersinnige Figureninterpretation unter Beweis gestellt. Die Musikalische Leitung liegt in den Händen von Steven Sloane, Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker, international gefragter Gastdirigent und Professor an der Berliner Universität der Künste. | Weitere Informationen auf den folgenden Seiten Stiftung Oper in Berlin/Komische Oper Berlin Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin Telefon +49 (0)30 20260 370 Fax +49 (0)30 20260 366 Dr. Andrea C. Röber Pressesprecherin [email protected] www.komische-oper-berlin.de Aribert Reimann Medea Oper in zwei Teilen Textfassung vom Komponisten nach dem gleichnamigen Drama von Franz Grillparzer Musikalische Leitung: Steven Sloane Inszenierung: Benedict Andrews Bühnenbild: Johannes Schütz Kostüme: Victoria Behr Coaching Puppenspiel: Suse Wächter Puppenbau: Simon Buchegger Dramaturgie: Simon Berger Licht: Diego Leetz Mit Nicole Chevalier (Medea), Anna Bernacka (Kreusa), Nadine Weissmann (Gora), Ivan Turšić (Kreon), Günter Papendell (Jason), Eric Jurenas (Herold) Termine Premiere: Sonntag, 21. Mai 2017, 19 Uhr Weitere Vorstellungen: 25. Mai, 5./20./25. Jun und 2./15. Jul 2017 Einführungsmatinee: Sonntag, 7. Mai 2017, 12 Uhr (ab 10 Uhr Opernfrühstück) Streaming Die Premiere am 21. Mai wird auf theoperaplatform.eu live gestreamt und ist danach noch 7 Tage abrufbar. Karten Preise: 12 - 92 € Kartentelefon (030) 47 99 74 00 Mo bis Sa: 9 bis 20 Uhr, So- und Feiertage: 14 bis 20 Uhr [email protected] www.komische-oper-berlin.de Hintergrund Über die Geschichte Medeas Aus unsterblicher Liebe begleitet die Königstochter Medea den Helden Jason nach Jolkos. Aus Liebe flieht sie mit ihm; und es ist die Gewalt verratener Liebe, die in die Katastrophe führt. Der Berliner Komponist Aribert Reimann, seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten Künstler des Musiktheaters, schuf mit seiner Komposition Medea eine zeitgenössische Oper über ein Thema von atemberaubender Aktualität, das 2010 als Auftragswerk der Wiener Staatsoper uraufgeführt wurde. Der Stoff des Werks ist so alt wie das kulturelle Gedächtnis Europas: Von Aphrodite verzaubert, verfällt Medea dem Fremden Jason, der auf Befehl seines Onkels Pelias nach Kolchis gekommen ist, um das sagenhafte Goldene Vlies zu rauben. Mit magischen Kräften hilft ihm Medea, dieses Symbol absoluter Macht und unbedingten Begehrens zu erbeuten. Für Jason tötet sie, mit Jason sucht sie Schutz in Korinth. Dort als fremde Barbarin gefürchtet und verachtet und von Jason verlassen, schmiedet Medea einen grausamen Plan, um sich zu rächen und zu retten; am Ende dieses Plans stehen Ehekatastrophe, Staatskrise und ein grauenhaftes Verbrechen: die Ermordung der gemeinsamen Kinder. Sedimentschichten europäischer Kultur reichern sich in der Figur der rächenden Kindsmörderin an: der Übergang vom Matriarchat zum Patriarchat, Geschlechterverhältnisse, geronnene Fremdenängste und Machtphantasien, der Ausschluss des Irrationalen, die Beherrschung der Natur. Die Zeit des Mythos währte Jahrhunderte und veränderte dessen Gestalt. So war es vermutlich der Dichter Euripides, der den Stoff radikalisierte und ihm den theatral ungemein wirksamen Schluss verlieh – den Skandal, der Künstler für Jahrhunderte inspirierte. Aribert Reimanns Medea Aribert Reimann hat mit dem letzten Teil aus Franz Grillparzers Trilogie Das goldene Vlies, uraufgeführt 1821 in Wien, eine hierzulande wenig bekannte Variante des Stoffs gewählt. Seine kammerspielartige Reduktion des Stücks konzentriert sich ganz auf die Titelfigur, deren innere Not und Entwicklung, als Fremde im ihr fremden Lande jeden Halt und jedes Recht verlierend. Reimanns frische, suggestive und theatralische Musiksprache fächert die Tragödie Medeas in ausgreifenden Gesangslinien, Klangfarbkontrasten, fragilen Klanggebirgen der Streicher und schockhaften Percussion-Ausbrüchen auf. Dabei scheut er die Extreme nicht und fordert die Sänger*innen seiner Protagonisten, allen voran Medea und Jason, zu künstlerischen Höchstleistungen heraus. Die Neuproduktion von Medea eröffnet in der Stiftung Oper in Berlin eine AribertReimann-Serie. Ab 25. Juni wird seine Kammeroper Gespenstersonate als Neuproduktion im Rahmen des Festivals »Infektion!« an der Staatsoper im Schillertheater zu erleben sein und im Herbst 2017 folgt die Uraufführung seiner neuesten Oper L’invisible an der Deutschen Oper Berlin. Über Benedict Andrews Der in Reykjavik lebende Australier Benedict Andrews gehört mittlerweile zu den gefragtesten Theaterregisseuren seiner Generation. Sein gemeinsam mit Tom Wright adaptierter Shakespeare-Zyklus The War of the Roses mit Cate Blanchett und der Sydney Theatre Company war 2009 ein Höhepunkt auf den Festivals in Sydney und Perth und wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit sechs Helpmann Awards. 2011 wurde er für seine Inszenierung von Botho Strauss’ Groß und Klein mit einem weiteren Helpmann Award für die beste Regie ausgezeichnet. Cate Blanchett gewann für ihre Rolle als Lotte den Helpmann Award als beste Darstellerin. 2012 wurde Groß und Klein an den Bühnen des Théâtre de la Ville (Paris), des Barbican (London) und der Ruhrfestspiele Recklinghausen begeistert aufgenommen. 2013 inszenierte Benedict Andrews an der Sydney Theatre Company Jean Genets Die Zofen mit Cate Blanchett und Isabelle Huppert in den Hauptrollen. Weitere Regiearbeiten Benedict Andrews für die Sydney Theatre Company sind The City,The Season at Sarsaparilla, Julius Caesar, Far Away, Endspiel, Life is a Dream, Old Masters, Drei Schwestern, La Dispute, Mr Kolpert, Attempts on Her Life und Fireface. Für das Belvior inszenierte er Die Möwe, Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, Die Stühle, Ein Sommernachtstraum, die Dreigroschenoper und Maß für Maß, das bei den Sydney Theatre Awards 2010 mehrfach ausgezeichnet wurde. 2012 inszenierte er Le nozze di Figaro an der Opera Australia, anschließend, Detlev Glanerts Oper Caligula für die English National Opera, eine eigene Bearbeitung von Drei Schwestern für das Young Vic und Macbeth für das National Theatre of Iceland. Für Drei Schwestern gewann er 2012 den London Critics Circle Award für die beste Regie, Macbeth wurde im selben Jahr als beste Theaterproduktion bei den Icelandic Gríman Awards ausgezeichnet und Caligula als beste neue Opernproduktion für einen Olivier-Award nominiert. Zu Benedict Andrews anderen internationalen Produktionen gehören Gerettet, Endstation Sehnsucht, Der Hund, die Nacht und das Messer, Gesäubert, Betrunken genug zu sagen Ich liebe Dich?, Stoning Mary, Der Hässliche und Blackbird an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz, Jonathan Mills’ und Dorothy Porters Oper The Eternity Man am Almeida Theatre London, Monteverdis Rückkehr des Ulysses am Young Vic in London, eine Koproduktion mit der English National Opera, sowie die Produktion König Lear am National Theatre of Iceland in Reykjavik, die sechs Gríman Awards gewann. 2013 führte Benedict Regie bei Verdis Macbeth an der Royal Danish Opera und debütierte mit Prokofjews Der feurige Engel an der Komischen Oper Berlin. Benedict Andrews erstes Schauspiel Every Breath wurde im Belvoir Street Theatre im Jahr 2012 inszeniert und anschließend von Jorge Silva Melo ins Portugiesische übersetzt für eine Produktion von Artistas Unidos in Lissabon 2013. Die portugiesische Produktion wurde für Time Out Lisbon’s Best Play Award nominiert. Sein jüngstes Stück Gloria feierte im Sydneys Griffin Theatre im August 2016 Premiere mit der Veröffentlichung seiner gesammelten Stücke von Oberon Books. Dieser Band enthält die Stücke Like a Sun, Every Breath, The Stars, Geronimo und Gloria sowie eine Einführung durch Benedict Andrews langjährigem Mitarbeiter Marius von Mayenburg. Sein erster Gedichtband Lens Flare wurde 2014 von Pitt Street Poetry veröffentlicht und erhielt den Mary Gilmore Preis 2016 für die beste Erstpublikation von australischer Poesie (2014-2016). Von 2000 bis 2003 war Benedict Hausregisseur der Sydney Theatre Company, 1997 war er künstlerischer Leiter der State Theatre Company of South Australia am Magpie 2 Theatre, wo er Features of Blown Youth, Mercedes und In der Einsamkeit der Baumwollfelder inszenierte. 2008 gewann er den Green Room Award für die beste Regie für The Season at Sarsaparilla, 2005 den Sydney Myer Performing Arts Award, 2000 den Helpmann Award für La Dispute, und war 1998 Stipendiat der Gloria Payten and Gloria Dawn Foundation. Zu Benedict Andrews Bühnenadaptionen gehören u. a. Die Zofen mit Andrew Upton, The War of the Roses mit Tom Wright, Life is a Dream und Drei Schwestern mit Beatrix Christian (2001) und eigene Bearbeitungen von Tschechows Die Möwe und Drei Schwestern (2012). Unlängst hatte Benedict Andrews Spielfilmdebüt Una und Ray nach David Harrowers Theaterstück Blackbird Weltpremiere auf dem 43. Telluride Film Festival, mit Rooney Mara und Ben Mendelsohn in den Hauptrollen. Im Herbst 2017 ist die Wiederaufnahme seiner Inszenierung von La Bohème in der Niederländischen Nationaloper zu erleben in Kooperation mit der English National Opera. Über Steven Sloane Künstlerische Vision und unermüdliches kulturpolitisches Engagement: Das sind die Qualitäten, die den aus Los Angeles stammenden amerikanisch-israelischen Dirigenten Steven Sloane weltweit bekannt gemacht haben. Der ehemalige Schüler von Eugene Ormandy, Franco Ferrara und Gary Bertini prägte schon früh Festivals und Opernhäuser wie das Spoleto Festival in Charleston (Musikdirektor 1996-2000) oder die Opera North in Leeds (Künstlerischer Leiter 1999-2003). Darüber hinaus wirkte er als Chefdirigent des American Composers Orchestra und des Stavanger Symphony Orchestra (2007-2013) und gastiert regelmäßig bei renommierten Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, San Francisco Symphony Orchestra, Israel Philharmonic, Sydney Symphony, Tokyo Metropolitan Orchestra, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, hrSinfonieorchester, Philharmonia Orchestra London, City of Birmingham Symphony Orchestra, Orchestre Philharmonique de Radio France, Orchestra del Teatro Comunale di Bologna, São Paulo Symphony Orchestra, China Philharmonic Orchestra und Chicago Symphony Orchestra. Im Oktober 2016 bezogen die Bochumer Symphoniker ihr eigenes neues Musikzentrum. In der Saison 2014/15 feierte Steven Sloane sein 20jähriges Jubiläum als Generalmusikdirektor bei dem Orchester, das unter seiner Leitung zu einem der führenden Orchester Deutschlands avancierte. Sein außerordentliches Engagement für die Bochumer Symphoniker und für die Region, der Steven Sloane auch als künstlerischer Direktor von ‚Ruhr 2010’ zu vielfältigen kulturellen Impulsen verhalf, wurde wiederholt ausgezeichnet. Bereits 2006 bescherte die spektakuläre RuhrtriennaleProduktion von Bernd Alois Zimmermanns Die Soldaten Steven Sloane und den Bochumer Symphonikern einen außergewöhnlichen Erfolg, auf den eine ebenso erfolgreiche Aufführung beim New Yorker Lincoln Center Festival 2008 folgte. Steven Sloane ist ein gefragter Operndirigent, der an Häusern wie dem Royal Opera House London (Le nozze di Figaro), der L.A. Opera (Goldenthal: Grendel), San Francisco Opera (Wallace: Bonesetter’s Daughter), Dutch National Opera (De Raaff: Waiting for Miss Monroe), Houston Grand Opera (Die Sache Makropulos, Zauberflöte), Welsh National Opera (Iphigénie en Tauride), New York City Opera (Turnage: Anna Nicole), Seattle Opera (Carmen), Oper Bonn (Fidelio) und der Oper Stuttgart (Macbeth) sowie bei Festivals in Hong Kong (Salome), Santa Fe (Katja Kabanova), Edinburgh (Genoveva) und Salzburg (Feldman: Neither) reüssierte. Zu seinen jüngsten Opernerfolgen zählen die Neuproduktion von Die Liebe zu den drei Orangen an der Deutschen Oper Berlin, Madama Butterfly an der Königlichen Oper Kopenhagen, Brittens Sommernachtstraum am Grand Théâtre de Genève, Così fan tutte beim Copenhagen Opera Festival sowie die Koppelung von Herzog Blaubarts Burg und Dido and Aeneas an den Opern Frankfurt und Los Angeles. Education und Nachwuchsförderung liegen Steven Sloane besonders am Herzen, so dirigiert er regelmäßig Nachwuchsorchester wie die Junge Deutsche Philharmonie, das Bundesjugendorchester oder das Young Israel Philharmonic Orchestra und widmet sich der Ausbildung junger Dirigenten. Er initiiert Meisterkurse und Akademien und verwirklicht als Professor an der Berliner Universität der Künste seit Herbst 2013 seine Vision einer International Conducting Academy.