IDEEN, IMPULSE UND INNOVATIONEN FÜR ARCHITEKTEN

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IDEEN, IMPULSE UND INNOVATIONEN
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HARMONISCHE
RELATION
Mit seiner strukturgebenden
Gestaltung nimmt der sechsstöckige Neubau des Zwinger Forums
auf dem Dresdener Postplatz eine
besondere Position ein.
Um neben benachbarten Gebäuden wie dem Zwinger oder der
Semperoper zu bestehen, galt es,
das Gebäude harmonisch in das
vorhandene Stadtbild einzubinden. Dafür setzten KNERER
UND LANG Architekten auf eine
traditionelle Fassadengestaltung.
Die Gewinner des Fassadenwettbewerbs entschieden sich für eine
raue Klinkeroberfläche, die sie mit
Hagemeister-Klinker der Sortierung „Gotland BA“ realisierten.
Die hellen grau-beigefarbenen
Sandsteintöne lassen die Lochfassade auf einer Fläche von 3.800
m² mit den umgebenden Bauwerken korrespondieren.
FÜR ARCHITEKTEN
Portraitfoto: © Christoph Reichelt
Zw i n g e r F o rum, D resden
Grafiken: © KNERER UND LANG Architekten, Dresden
»An dieser prominenten Stelle musste mit einem hochwertigen
Fassadenmaterial geplant werden. Die Wahl fiel auf einen
Klinker mit backsteinähnlicher Oberfläche und unregelmäßiger
Kantenausbildung in hellen grau-beigen Sandsteintönen, der
mit den umgebenden Fassaden korrespondiert.«
Prof. Thomas Knerer
BELEBENDER FARBEFFEKT
Der Zwinger ist eines der bekanntesten barrocken Gebäude Deutschlands. In unmittelbarer
Nachbarschaft zu dem weltberühmten Bau
entstand von 2010 bis 2013, gemäß den
Entwürfen von see architekten und nach den
Vorgaben des „Schürmann-Planes“ für den
Postplatz, der Neubau des Zwinger Forums.
Raue Ziegel sorgen für eine bewegte und
kleinteilige Struktur der Fassade in den oberen
vier Etagen. Hagemeister Klinker der Sortierung „Gotland BA“ mit einer Backsteinoberfläche und dezentem Kohlebrand prägt die
Gebäudehülle. Die Ziegel mit unregelmäßiger
Kantenausbildung kommen in drei Formaten
zum Einsatz und sind im Läuferverband in
wechselnden Schichten vermauert. Die hellen
Sandsteintöne mit grau-beigefarbenen Changierungen kennzeichnen die Gesamtgestaltung des Zwinger Forums und unterstützen
die Korrespondenz zu den umliegenden
Gebäuden. „Die Ziegelfassade erfüllt sowohl
die gestalterischen als auch die konstruktiven
Anforderungen im vorgegebenen Kostenrahmen“, begründet Professor Thomas Knerer seine Entscheidung für Klinker von Hagemeister.
Der Baukörper setzt sich aus einem gestreckten Riegel und einem daran anschließenden
L-förmigen Volumen zusammen. Eine zweigeschossige Arkade, die sich in Richtung
des Postplatzes in einen überdachten Bereich
öffnet, erdet den Gebäude-Riegel. In diesem
Teil befindet sich ein Hotel. Geschäfte, Gastronomiebetriebe und das Welcome Center der
Stadt Dresden belegen das Erdgeschoss des
L-Winkels. Die oberen Etagen werden als
Büroräume genutzt. Als Zentrum des Postplatzes stellt das Zwinger Forum mit seiner
strukturgebenden Gestaltung und den verschiedenen Nutzungen einen bedeutenden
Bestandteil des Dresdner Stadtkerns dar.
Projektdaten
Zwinger Forum, Dresden
Architektur
KNERER UND LANG Architekten,
Dresden
Bauherr
TLG-Immobilien GmbH
Verwendeter Klinker
Sortierung „Gotland BA“
(Modulformat 290 x 90 x 52 mm,
290 x 90 x 71 mm,
290 x 90 x 113 mm)
Verklinkerte Fläche
ca. 2.000 m2
K u l t u r wisse nsc haftliches Zentru m, Göt t in g en
SENSIBEL WEITERGEDACHT
Grafiken und Portraitfoto: © Architekten Prof. Klaus Sill, Hamburg
»Der anthrazitfarbene Hagemeister Klinker JAVA, seine fein strukturierte
Oberfläche und sein besonders schmales Format prägen das Erscheinungsbild des Kulturwissenschaftlichen Zentrums der Georg-August-Universität in
Göttingen. Im Zusammenspiel mit den gläsernen Bauteilen und den zwischen gelb und violett farbig changierenden Blechelementen entsteht ein
spannungsreicher Dialog im Kontext mit den denkmalgeschützten Ziegelbauten des ehemaligen Frauenklinikums.«
Prof. Klaus Sill
Einen belebten Lern- und Landschaftsraum
haben Architekten Prof. Klaus Sill aus Hamburg mit dem neuen Kulturwissenschaftlichen
Zentrum (KWZ) der Georg-August-Universität
in Göttingen realisiert. Der Komplex kombiniert eine neue Bibliothek mit drei Institutshäusern und großzügigen Grünflächen. Leitende
Idee des Entwurfes war, die vorhandene
Gebäudetypologie der Nachbarbebauung
aufzunehmen und mit dem Neubau konsequent weiterzudenken. So haben die Architekten die über das Stadtgebiet verteilten Institute
und Seminare der Philosophischen Fakultät
sensibel zusammengeführt und in das von
der Universität genutzte, denkmalgeschützte
ehemalige Klinikgelände integriert.
Vier miteinander verbundene Einzelbaukörper
reflektieren den städtebaulichen Maßstab
der Umgebung und verbinden das KWZ zu
einer leichten Gesamtfigur, die das Zentrum
der Fakultät bildet. Die Institutshäuser, die
Vorlesungssäle und Seminarräume beinhalten,
gruppieren sich als U-förmige Volumen um
einen zentral angeordneten langgestreckten
Kubus. Der viergeschossige Baukörper beherbergt die neue Bibliothek, die Eingangshalle
und ein Café.
Auch die Fassadengestaltung des Kulturwissenschaftlichen Zentrums leitet sich aus dem
zentralen Entwurfsgedanken und der Integration in das denkmalgeschützte Altklinikum ab.
Während die hellgoldene Steckmetallfassade
des Bibliothekbaus die Farbigkeit der historischen Klinkerfassaden des Altklinikums in
seiner Materialität neu interpretiert, nehmen
die Fassaden der Institutshäuser Bezug zu den
anthrazitfarbenen Schieferdachdeckungen der
umgebenden Bebauung. „Die städtebaulich
vorhandenen Materialien und Farbtöne werden dabei aufgegriffen und zu einer Fassade
weiterentwickelt, die sich am historischen
Bestand orientiert und diesen weiterinterpretiert“, erklären die Architekten das Farb- und
Materialkonzept.
Insgesamt nehmen sich die Institutshäuser in
ihrer Farbigkeit zurück und bilden so einen
spannungsreichen Kontrast zur hellen Fassade des Bibliothekbaus. Hagemeister Klinker
der Sortierung „Java“ im langgestreckten
Modulformat (290 x 90 x 40 mm) ist im
wilden Verband vermauert und erzeugt mit
der unregelmäßig strukturierten Oberfläche
Lebendigkeit und Haptik. Stoßfugen, die als
nicht vermörtelte Haarfugen ausgebildet sind,
unterstreichen die Wirkung des langgestreckten Modulformates und nehmen die starke
horizontale Gliederung des Entwurfs auch in
der Fassade auf.
Aus der U-förmigen Gebäudestruktur der Institutshäuser ergeben sich großzügige Lichthöfe,
in denen parkähnliche Grünflächen angelegt
sind. Die zu den Lichthöfen geöffnete elementierte Glasfassade ist an den vertikalen
Lüftungsflügeln mit elektrolytisch gefärbten
Edelstahlblechen belegt. Je nach Betrachtungswinkel ändern sie ihre Farbigkeit von
Anthrazit über Gold und Rot zu Blauviolett.
Diesem abwechslungsreichen Farbenspiel gibt
die massive Klinkerfassade der Institutshäuser
einen dezenten dunklen Rahmen.
Projektdaten
Kulturwissenschaftliches
Zentrum, Göttingen
Architektur Architekten Prof. Klaus Sill,
Hamburg
(Jan de Wolff, Thomas Sprenger,
Immo Kobelt, Eduardo Panigua,
Lorenz Tettenborn,
Karsten Buchner, Bente Dau)
Bauleitung
baubüro.eins, Hamburg
(Thorsten Freier, Hendrik Bernert,
Sebastian Schliep)
Bauherr
Georg-August-Universität Göttingen
Klinker
Java BU – ModF
(290 x 90 x 40 mm)
Verklinkerte Fläche
1.700 m2
L a F a ç ade , Hertogenbosch
GESCHWUNGENE KLINKERWAND
Wie eine Skulptur aus Klinker präsentiert sich
„La Façade“ am Bahnhofsplatz des niederländischen Hertogenbosch. Die zwei Bürogebäude fügen sich nahtlos in die moderne Bahnhofsumgebung ein und nehmen Bezug zu den
Größenverhältnissen und der Atmosphäre der
umliegenden Villenbebauung aus dem 19.
Jahrhundert. Dies gelingt dem Architekten Rob
Meurders vom Büro diederendirrix mit einer
verspielten Wiederinterpretation historischer
Backsteinarchitektur. Der eigens für dieses
Bauvorhaben entwickelte Hagemeister-Klinker
„Genua“ mit schräg verlaufenden Flächen
gibt der Außenwand seine charakteristische
Wellung.
„La Façade“ entstand in einer Umgebung
mit zwei Gesichtern. Am „Den Bosschen“
Bahnhofsplatz befindet sich das relativ neue
Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1998, das
von modernen Büroeinheiten flankiert wird.
In Richtung der Innenstadt verändert sich das
städtische Bautengewebe. Hier überwiegen
die repräsentativen Villen des 19. Jahrhunderts mit ihren charakteristisch gemauerten,
verspielten Fassaden. Auf der Grenze dieser
zwei Architekturwelten steht „La Façade“, ein
Bau, der buchstäblich eine Lücke füllt, die
viele Jahre im Straßenbild des Bahnhofplatzes
klaffte.
Ziel der Entwurfsplanung war es, das städtische Gewebe wiederherzustellen und dabei
weder auf der Welle des Neubaus zu
schwimmen, noch auf der der historischen
Bebauung. „Wir haben einen Schnitt hergestellt, in dem wir zwei starke, moderne Baukörper platziert und gleichzeitig den Genuis
Loci durchklingen lassen haben. Letzteren auf
eine sehr zeitgemäße Weise, mit innovativem
geschwungenen Mauerwerk, das auf die
Historie zurückgreift.” Dieser Schwung in der
Außenwand besteht aus Wellen im Mauerwerk der beiden Bürogebäude. „Die ursprüngliche Entwurfsidee sah vor, einen Baukörper
aus Klinker zu formen, den wir ganz speziell
modellieren können. Ein Gebäude aus einem
Guss", beschreibt Meurders die Entwurfsidee.
Für die Umsetzung war laut des Architekten
Klinker das ideale Fassadenmaterial: „Nicht
allein aufgrund seiner Historie, sondern auch,
weil wir mit Klinker die Vorstellung einer
Fassade aus einem Stück umsetzen konnten.“
„La Façade“ interpretiert die Wandprofile des
19. Jahrhunderts neu. Allerdings erhält hier
die Fassade eine extra dekorative Schicht.
Die Steine der Klinkersortierung „Genua”
haben über die gesamte Länge schräg verlaufende Flächen. Das Klinkerwerk Hagemeister
fertigte den homogenen, orangeroten Klinker
eigens für dieses Projekt. „Das Relief in der
Außenwand ergibt sich aus unterschiedlichen
Tiefenmaßen. All die Wellenbewegungen,
die man in der Fassade sieht, sind mit dem
schräg verlaufenden Klinker realisiert worden.
Die Wellenbewegungen sorgen dafür, dass
der homogen gefärbte Klinker an den Gie-
Projektdaten
La Façade, Den Bosch
Architektur/Entwurf
diederendirrix architecten,
Eindhoven
Projektarchitekt
Rob Meurders
Auftraggeber
Heijmans Vastgoed, Rosmalen
Auftrag
2.883 m2 Bürogebäude
Klinker
„Genua“ NF
(240 x 115 x 71 mm) + Formsteine
Gemauerte Fassadenfläche
ca. 2.000 m2
beln kräftige Schlagschatten in unterschiedlichsten Farbnuancen wirft”, beschreibt Rob
Meurders. Stoßfugen fehlen, um die lineare
Wirkung des im Wilden Verband gemauerten
Steines hervorzuheben. Auch die Lagerfugen
unterstreichen die horizontale Ausrichtung.
Sie sind mit einem Dünnbettmörtel geklebt,
der es ermöglicht Fugenstärken von nur sechs
Millimetern umzusetzen.
Eine Besonderheit im Mauerwerk von
„La Façade“ sind die Ecksteine. „Wir haben
80 verschiedene Formsteine verwendet, da
jede Ecke eine andere Neigung hat. Diese Steine sind vorgeschnitten und geklebt.
Für jede Form wurde eine eigene Matrize
gefertigt. Bei dieser Fassade haben wir es
mit großen statischen Einwirkungen auf das
Mauerwerk zu tun. Eine gute Mauerwerkverankerung war somit unsere große Aufgabe”,
so der Architekt.
Neben der ästhetischen Nachhaltigkeit von
„La Façade“, spielt auch die ökologische,
ökonomische und energetische Nachhaltigkeit
eine große Rolle. Dafür ist das Gebäude mit
dem Zertifikat BREEAM-NL *** Very Good
ausgezeichnet worden. BREEAM berücksichtigt bei der Bewertung den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.
↕ Fotos: © Arthur Bargen
»Die ursprüngliche Entwurfsidee sah vor, einen Baukörper aus
Klinker zu formen, den wir ganz speziell modellieren können.
Ein Gebäude aus einem Guss.«
Rob Meurders
Grafik: © Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
B i l d u n gsz e nt r um B estehornpark, As c h er s leb en
»Ziegel gilt als zeitloser Baustoff der keine
modischen Trends widerspiegelt, sondern
Tradition und Fortschritt wie selbstverständlich
miteinander verbindet.«
Lederer Ragnarsdóttir Oei
RAUE SCHALE, HELLER KERN
Das Bildungszentrum Bestehornpark in
Aschersleben ist das weithin sichtbare Vorzeigeprojekt der Internationalen Bauausstellung
(IBA) Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010.
Lederer Ragnarsdóttir Oei Architekten haben
das imposante Hauptgebäude der ehemaligen Kartonagenfabrik Bestehorn saniert und
durch einen Flügelneubau mit geschlämmter,
sandsteinfarbener Fassade aus Hagemeister
Klinker ergänzt. Entstanden ist ein lebendiger
Bildungscampus, dessen bauliches Ensemble
die Dominanz der stadtbildprägenden Fabrik
mit moderner Schularchitektur und dem kleinteiligeren Maßstab der baulichen Umgebung
in Einklang bringt.
Seit 1911 hat das monumentale Hauptgebäude der einstigen Bestehornfabrik nach
Plänen des Stadtbaurates Hans Heckner
die Innenstadt von Aschersleben dominiert.
Mit dem Umbau des denkmalgeschützten
„Heckner-Riesen“ und einem langgestreckten
Anbau, den Lederer Ragnarsdóttir Oei ihm an
die Seite stellten, haben die Architekten einen
Campus geformt, der sich funktional und
städtebaulich in das Stadtleben integriert. Vor
allem die bewegte Dachlandschaft und die
geschlämmte Klinkerfassade knüpfen an die
historische Nutzung des Industrieensembles
an und verleihen dem Bildungszentrum einen
unverwechselbaren Charakter.
Nutzung als Bildungszentrum. Gleichzeitig ist
das Dach in expressiven Bewegungen zum
rückseitigen Park hin abgetreppt und gliedert
das monumentale Bauwerk in die angrenzende Landschaft ein. Dieses Verschmelzen von
bescheidener Rückschau und selbstbewusstem
Blick in die Zukunft macht auch den Reiz der
rau geschlämmten, sandsteinfarbenen Ziegelfassade aus. Das strukturierte Mauerwerk aus
Hagemeister Klinker vermittelt in zurückhaltender Farbigkeit und seiner rauen Struktur ohne
Brüche zwischen dem denkmalgeschützten
Hauptgebäude und dem neuen Anbau.
Aufmerksamkeitsstarke Details wie Balkone,
die sich im Übergangsbereich zwischen Altund Neubau aus der Fassade herauswinden,
sowie kreisrunde Fenster an der Giebelseite
sorgen für Licht im Gebäudeinneren und
betonen nach außen die Einzigartigkeit des
Bildungszentrums. Als einzige nicht geschlämmte Fassadenteile setzen sich die gewellten Balkone in Form und Material von der
Fassadenfläche ab und erlauben Einblicke in
die Konstruktion und Materialität des massiven
Bauwerks.
Die unregelmäßig geneigten Dachflächen
zitieren die Form von Sheddächern und
übersetzen dieses Motiv der Industriebauten in das gestalterische Umfeld der neuen
Projektdaten
Bildungszentrum Bestehornpark,
Aschersleben
Architektur Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Bauherr Stadt Aschersleben
Klinker
Objektsortierung „Aschersleben“ BA
NF (240 x 115 x 71 mm)
Verklinkerte Fläche
2.500 m2
Räumlich formt der rechtwinklig abknickende Seitenflügel im Zusammenspiel mit dem
Hauptgebäude einen weiträumigen Campus
für Schulen und Bildungseinrichtungen. Zahlreiche Durchgänge öffnen das Bildungszentrum Bestehornpark und machen es durchlässig
für Licht und Besucher. Auch im Inneren der
Gebäude prägt Helligkeit das Raumgefühl:
Ein verglastes Atrium lässt Licht in die ehemals
dunklen Fabriketagen fluten und sorgt für eine
kreative Lernumgebung.
W es t f al e n To wer, Mü nster
HISTORIE UND INNOVATION
Mit dem neuen, 40 Meter hohen Büroturm
der Westfalen AG in Münster haben bleckmann und krys architekten auf Tradition
gebaut. Die Sieger des eingeladenen Wettbewerbs, stellen mit Ihrem Entwurf alte Strukturen
wieder her und greifen die Klinkertradition
des Münsterlandes auf. Eigens für das Objekt
gebrannter, rotbraun-blauer Klinker von Hagemeister kleidet die Fassade des Westfalen
Towers, der damit Bezug zum angrenzenden Werksgebäude von 1958 herstellt. Als
Erkennungszeichen der Westfalen AG ragt
der Turm mit seinen elf Geschossen in den
Münsteraner Himmel und obwohl seine Form
polarisiert, fügt er sich mit seinem Mauerwerk
harmonisch in die traditionelle Stadtsilhouette
ein.
Das europaweit tätige Unternehmen mit den
Schwerpunkten Gase, Energieversorgung und
Tankstellen hat seit 1938 seinen Hauptsitz am
Münsteraner Industrieweg. Um die Firmenzentrale zu erweitern, sollten der Eingangsbereich
umstrukturiert und ein neues Bürogebäude
errichtet werden. Klarheit und Geräumigkeit
hatten das logisch aufgebaute Gelände des
Industrieunternehmens zu Gründungszeiten
gekennzeichnet. Im Zuge der Weiterentwicklung des Unternehmens gingen diese Strukturen nach und nach verloren. Mit ihrer Planung
wollten bleckmann und krys architekten zu
dieser Klarheit zurückführen und vorhandene
bauliche Zusammenhänge erhalten.
↕ Fotos: © Stefan Schilling Fotografie
Projektdaten
Westfalen Tower, Münster
Architektur bleckmann und krys architekten,
Münster
Bauherr Westfalen AG, Münster
Klinker
Regensburg (240 x 115 x 65 mm)
Verklinkerte Fläche
1.880 m2
»Der verwendete Klinker ist das vorherrschende Material, welches den Westfalen
Tower ausmacht. Die massive Basis, der Sockel des Gebäudes, gewinnt erst durch
den Klinker Ausdrucksstärke. Die äußere Haut des Turmes wird im Innenraum des
Empfangsgebäudes fortgeführt und es gelingt dadurch die Verschmelzung von
zwei in ihrer Architektursprache unterschiedlich wirkenden Gebäudeteile.«
Andreas Krys
Prägend für die Außenfassade und Teile der
Innenwände des Westfalen Towers sind
Ziegel aus dem Hagemeister Klinkerwerk.
Der Klinker der Sortierung „Regensburg“ mit
markanten Kohleaufschmauchungen verleiht
dem Turm durch seine rotbraun-blaue Farbe
eine traditionelle Anmutung. Im Reichsformat
240 x 115 x 65 mm eingesetzt, schafft er
Bezug zu seinen ebenfalls im Kreuzverband
vermauerten Materialvorfahren der bestehenden Gebäude. Dennoch entwickelt er auf
einer Fläche von 1.880 m2 ein eigenes Profil
und eine selbstständige Textur. Der Klinker
entfaltet seine Eleganz in Kombination mit
sandsteinfarbenen Lisenen aus Sichtbetonteilen. Diese gliedern den Turm optisch und greifen das Raster der tragenden Stützstruktur auf.
Ebenso bilden sie den oberen Abschluss in
Form einer offenen Krone. Dank der ganzheitlichen Ziegelfassade unterstreichen die vier
Gebäudeecken die Höhe und die Vertikalität
des Turms.
Bodentiefe Fenster auf der Tagungs- und
Eventebene im zehnten Obergeschoss gewährleisten den Weitblick über das Werksgelände und die Stadt. Da die Materialität
der Außenfassade im Innenraum des angrenzenden Empfangsgebäudes aufgenommen
wurde, gelingt die Zusammenführung der
Bauten mit unterschiedlicher Architektursprache. Während eine schmale, mittig positionierte, gläserne Fuge den Turm bis ins elfte
Geschoss begleitet, prägt eine Glasfront den
innovativen viergeschossigen Eingangsbau.
Als Repräsentant des nachhaltigen Bauens
stützt der Ziegel das ökologische Konzept
des Ensembles aus Alt- und Neubauten.
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IDEEN, IMPULSE UND INNOVATIONEN
I n te r v i e w
FÜR ARCHITEKTEN
»MAN MUSS KLINKER NICHT GESTALTEN,
ER IST GESTALTUNG SELBST.«
Architekt, Hochschullehrer und Gründer des
Instituts für Stadtbaukunst, Professor Christoph
Mäckler, vertritt eine Architektur der Angemessenheit. Dabei stehen die Funktionalität
und die Dauerhaftigkeit der Gebäude sowie
die Eingliederung der Bauten in ihren städtebaulichen Kontext im Vordergrund. Am
Klinker schätzt er besonders dessen langlebigen und lebendigen Charakter. Im Interview
spricht er über Qualitäten und Grenzen des
Baustoffs, über Klinkerkultur und Vor- und
Nachteile aktueller Wärmeschutzmaßnahmen.
Welche architektonischen Einflüsse haben
Sie in Ihrer Laufbahn geprägt?
Wie definiert sich Ihre Architektur?
Christoph Mäckler: »Mich hat zunächst der
Funktionalismus geprägt und die Art und
Weise, wie in den 70er Jahren in Deutschland
Architektur gemacht wurde. Der Funktionalismus hat dazu geführt, dass wir wieder angefangen haben, über Architektur nachzudenken, insbesondere über Stadtarchitektur. Ich
orientiere mich an der Kultur der Stadt. Meine
Gebäude beschäftigen sich immer mit dem
Ort an dem ich baue, mit seiner Geschichte,
seiner Kultur und mit seinen Materialien. Ich
schaue mir an, wie sich der Ort im Laufe der
Jahrhunderte entwickelt hat und versuche mit
einer eigenen Architektur darauf einzugehen.«
Welche Bedeutung hat Klinker für Ihre
Architektur?
Christoph Mäckler: »Die Bedeutung des
Klinkers ist für mich sehr groß. Ich habe
schon als junger Architekt eines meiner ersten
Gebäude mit Klinker versehen. Es handelte
sich um eine Kindertagesstätte in Frankfurt am
Main/Sossenheim. Bei der Planung bin ich
sehr schnell auf einen Tonbrandklinker gekommen. Das Material hat mich überzeugt, weil
es an sich schon ein Stück Gestaltung ist. Man
muss Klinker nicht gestalten, er ist Gestaltung
selbst. Er ist ein Element, das schön anzusehen
ist. Das war damals für mich sehr wichtig.
Und die Häuschen dieser Kindertagesstätte
stehen heute noch wie eine Eins und werden
auch in 100 Jahren noch dort stehen. Der
Klinker ist einfach nicht zu zerstören, er hält
über Jahrzehnte und Jahrhunderte, ohne dass
man ihn sanieren muss.«
Welche Leitidee verfolgt das Institut für
Stadtbaukunst und welche Projekte werden
derzeit verfolgt?
Christoph Mäckler: »Das Institut für Stadtbaukunst beschäftigt sich mit dem Thema Stadt
und Stadtraum, mit dessen Vielfalt, Lebendigkeit, Nutzungsmischung und der architektonischen Qualität von Orten, Plätzen und Straßen
– alles Dinge, von denen in den letzten Jahrzehnten sehr wenig gesprochen wurde. Wir
veranstalten z.B. die jährlich in Düsseldorf
stattfindende „Konferenz zur Schönheit und
Lebensfähigkeit der Stadt“. Außerdem unternehmen wir unterschiedliche Forschungen. Wir
schließen gerade ein sehr spannendes Projekt
mit dem Titel „Stadtbild und Energie“ ab. Dort
behandeln wir das Thema Energie nicht nur
technisch und baukonstruktiv sondern besonders auch auf der städtebaulichen Ebene.«
Welche Beobachtungen Ihrer aktuellen Forschungsarbeiten können Sie beschreiben?
Christoph Mäckler: »In Dortmund und in
Frankfurt a.M. versuchen wir über Langzeitmessungen zu erfahren, wie unterschiedliche
Fassadenaufbauten zu bewerten sind. Uns
kommt es darauf an, Häuser im täglichen
Gebrauch zu testen. Wir wollen sehen, wie
wichtig der Wandaufbau energetisch ist, wie
verschiedene Wandaufbauten auf unterschiedliche Einflüsse reagieren, wie wichtig das
Nutzerverhalten des Bewohners ist und, wie
dauerhaft solche Konstruktionen sind. Klinker
wird in diesem Projekt auch eine Rolle spielen,
um Zweischaligkeit der Fassade zu testen.«
Wo liegen Ihrer Meinung nach die Stärken
und Qualitäten des Klinkers?
Christoph Mäckler: »Das Wichtigste ist die
Dauerhaftigkeit des Klinkers. Wir reden ja
immer von Energie und Ökologie im Bauwesen. Da spielt der Klinker eine ganz große
Rolle, da er ein Material darstellt, das nahezu
unverwüstlich ist. Ich glaube alleine durch
seine Dauerhaftigkeit hat der Klinker eine ganz
große Zukunft. Er hat eine Selbstverständlichkeit und kann altern. Das zweite ist die Lebendigkeit, die man beim richtigen Gebrauch des
Klinkers mit seinem Fugenspiel und mit seiner
Farbigkeit in die Fassade einbringen kann. Er
hat eine Qualität, die fast unschlagbar ist.«
Wo liegen die Grenzen des Klinkers?
Christoph Mäckler: »Der Feind des Klinkers
ist das Handwerk. Leider gehen uns die richtigen Maurer abhanden und die Kosten für die
Verarbeitung steigen. Doch wenn man dauerhaft baut, wird aus der vermeintlich teuren
Ware plötzlich eine preisgünstige Ware. Die
Herstellungskosten eines Gebäudes müssen ja
über die Zeit des Bestandes gerechnet werden. Wir werden auch wieder andere Zeiten
erleben, in denen das Handwerk wieder
stärker sein wird und in der das Maurerhandwerk wieder etwas Besonderes ist, wie alle
Handwerksarten.«
Welche Bedeutung hat Klinker für die Ästhetik und Nachhaltigkeit von Architektur?
Christoph Mäckler: »Dauerhaftigkeit wird
hier im Sprachgebrauch immer als Nachhaltigkeit bezeichnet. Meiner Meinung nach ist
der Begriff Nachhaltigkeit aber ein falsches
Denken. Wir können nicht immer wieder
neu aufforsten. Wir sollten wieder versuchen
Häuser zu bauen, die mehrere Generationen
überleben und für mehrere Generationen nutzbar sind. Es kann nicht sein, dass wir Häuser
abreißen, die gerade mal 30 Jahre überlebt
haben. Das ist mit Sicherheit energetisch aber
auch ökologisch ein großer Fehler. Gerade
in unseren Breitengeraden müssen wir wieder
massiver bauen, um den Energiehaushalt
besser zu regulieren. Damit hat der Klinker als
Steinmaterial eine große und zukunftsweisende Bedeutung. Die Hamburger Speicherstadt,
oder die Großmarkthalle in Frankfurt am Main
von Martin Elsaesser sind schöne Beispiele für
Gebäude, bei denen zwar mit der Zeit die Fenster ausgetauscht werden mussten, der Ziegel
jedoch über Jahrzehnte erhalten geblieben ist.
Und das zeigt wie wertvoll dieses Material ist.«
Wie sind Ihrer Meinung nach die
EU-Vorgaben zum Null-Energie-Standard
und das langfristige Ziel von
Plusenergiehäusern realisierbar?
Christoph Mäckler: »Das sind Moden, die
wieder vergehen werden. Wir sind Menschen
und keine Astronauten, die in von der Natur
völlig abgetrennten Nullenergiehäusern leben
wollen. Deswegen glaube ich, dass die EUVorgaben eher keine langfristigen Ziele sind.
Viele Dinge sind zu kurz gedacht und zu stark
beeinflusst von politischen Strömungen. Natürlich haben wir erschreckende Energiewerte,
die wir in irgendeiner Weise einschränken
müssen. Insgesamt sollten wir uns dabei aber
mehr mit unserem Altbaubestand befassen.«
Welche Nachteile bringen aktuelle Wärmeschutzmaßnahmen bei der Sanierung von
Altbauten mit sich? Welche Alternativen zur
nachträglichen Fassadendämmung sehen
Sie?
Christoph Mäckler: »Was die Energieeinsparung angeht, wird der Fassade viel zu viel
Wert beigemessen. Mit einer guten Haustechnik kann man alleine schon bis zu 40 Prozent
Energie einsparen. Wenn dann noch die
Kellerdecke und das Dach effizient gedämmt
werden, hat man schon sehr viel erreicht.
Wenn ich mir z.B. die Wandaufbauten einer
20er Jahre Ernst-May-Siedlung anschaue, sehe
ich Betonfertigteile, die ungedämmt oder nur
schwach gedämmt sind. Ich kann mir vorstellen, dass dabei eine Vormauerschale mit
einer Wärmedämmung eine sinnvolle Lösung
darstellt – im Gegensatz zu Wärmedämmverbundsystemen, die nach 20 Jahren wieder entsorgt werden müssen. Bei den Sanierungsmaßnahmen sollten wir zu dauerhaften Lösungen
kommen. Deshalb ist eine Vormauerschale ein
erstrebenswertes Ziel.«
Professor Christoph Mäckler
Architekt, Hochschullehrer und Gründer
des Instituts für Stadtbaukunst
Mit welchen Maßnahmen kann die Klinkerkultur erhalten und gefördert werden?
Christoph Mäckler: »Ich denke die öffentlichen Auftraggeber sollten sich bei ihren
Schulen, Krankenhäusern, Kindertagesstätten
und Institutsbauten der Universitäten darauf besinnen mit langlebigen Materialien zu bauen.
Damit wäre er Vorbild für dauerhaftes Bauen.
Mit Klinker könnte man Dauerhaftigkeit als
einen ökologisch anzustrebenden Wert auch
sichtbar in der Gesellschaft verankern. Das
halte ich für ganz wichtig. Das Zweite womit
man die Klinkerkultur fördern kann, ist sicherlich die Kommunikation des Produktes. Der
Klinker müsste viel präsenter sein und wieder
zu einem selbstverständlicheren Baumaterial
werden. Er ist ein Naturprodukt und hat als
solcher einen ganz eigenen Wert. Hersteller
und Ziegelverband sollten die jungen Leute
in den Universitäten für das Material begeistern und die Vielfältigkeit, die Farbenfreude
und die zahlreichen Möglichkeiten des
Klinkers demonstrieren. Man muss die Kultur
und die Wertigkeit des Materials im einzelnen
Gebäude sehen und die Schönheit zeigen,
die er erzeugen kann.«
Herausgeber:
Hagemeister GmbH & Co. KG,
Klinkerwerk
Buxtrup 3 · D-48301 Nottuln
Telefon 00 49 - 2502 8040
Telefax 00 49 - 2502 7990
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Redaktion und Grafik-Design:
presigno GmbH, Dortmund
Fotos:
Ulrich Metelmann, Ratingen
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