Vorlesung „Medienrecht und Marketing“ Prof. Dr. Gerhard Janssen Studiengang Medienwissenschaften Universität Paderborn WS 2010/2011 Bekannt für Product Placement: James Bond-Filme1 A. Inhaltsübersicht 1. Teil: Wiederholung Wettbewerbsrecht (insb. UWG) 2. Teil: Urheberrecht, insb. UrhG 3. Teil: Strafrechtliche Aspekte des Product Placment 4. Teil: Grundrechtliche Aspekte und Fallübungen 1 S. dazu sehr ausführlich: Nadja Tata, Product Placement in James-Bond-Filmen. 1 B. Literaturvorschläge I. Wettbewerbsrecht: Tobias Lettl, Wettbewerbsrecht, 1. Auflage 2009 II. Urheberrecht: Jürgen Ensthaler, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Auflage 2009 III. Fallsammlungen: Frank Bayreuther, Olaf Sosnitza, Fälle zum Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, 2. Auflage, Oktober 2007 C. Vorlesung 1. Teil: Wiederholung Wettbewerbsrecht (insb. UWG) I. Wettbewerbsrecht 1. Wettbewerbsordnung der Bundesrepublik Deutschland - Schutzobjekte des Wettbewerbsrechts Das Wettbewerbsrecht bezieht sich auf den wirtschaftlichen Wettbewerb, d.h. die Konkurrenzbeziehungen von Mitbewerbern auf demselben Markt in dem Bestreben, Nachfrager oder Anbieter vor anderen für sich zu gewinnen. Das Wettbewerbsrecht ist notwendiges Produkt der neuzeitlichen Entwicklung in den marktwirtschaftlich orientierten Staaten. Mit der Liberalisierung der Märkte und der Befreiung der wirtschaftlichen Betätigung von allen zunftmäßigen Bindungen entstand nämlich gleichzeitig die Gefahr des Missbrauchs der neuen Freiheit zum Schaden der Konkurrenten, der Verbraucher und der Allgemeinheit. Dieser Gefahr sollen in erster Linie das UWG und das GWB bzw. das europäische Kartellrecht begegnen, damit sich der Wettbewerb zum Nutzen aller frei und rein (lauter) entfalten kann. 2 Das Wettbewerbsrecht umfasst das Recht zur Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen (Wettbewerbsrecht im engeren Sinne) und das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellrecht). Im Rahmen der Vorlesung soll das Wettbewerbsrecht im engen Sinne besprochen werden, welches sich auf das sog. Lauterkeitsrecht (geregelt vor allem durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das UWG) bezieht: 2. Das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) Das UWG trat 1909 in Kraft und wurde seitdem mehrfach novelliert. Es richtet sich gegen bestimmte Handlungen von Unternehmen im Wettbewerb, die als unlauter eingestuft und deshalb zum Schutze der Mitbewerber und Verbraucher verhindert werden sollen. Dazu gewährt es Unterlassungs-, Schadenersatz-, Beseitigungs-, Gewinnabschöpfungs- und Auskunftsansprüche im Rahmen des geschäftlichen Verkehrs und enthält überdies auch Strafvorschriften. · In § 1 UWG ist der Zweck des Gesetzes dargelegt: § 1 UWG Zweck des Gesetzes Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. · § 2 UWG enthält wichtige Definitionen: § 2UWG Definitionen (1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet 1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder 3 mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen; 2. "Marktteilnehmer" neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind; 3. "Mitbewerber" jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht; 4. "Nachricht" jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; dies schließt nicht Informationen ein, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit die Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können; 5. „Verhaltenskodex“ Vereinbarungen oder Vorschriften über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben; 6. „Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt; 7. „fachliche Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten einhält. (2) Für den Verbraucherbegriff gilt § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. · In § 3 UWG findet sich dann die neue Generalklausel (eingeführt durch das 1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb - 1. UWGÄndG - vom 22. Dezember 2008), die nicht mehr auf die guten Sitten im Wettbewerb abstellt, sondern schlicht jede unlautere geschäftliche Handlung verbietet. Neu durch das 1.UWGÄndG wurde hier ebenfalls mit Absatz 2 eine Klausel eingefügt, die geschäftliche Handlungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern für unlauter erklärt, wenn diese nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. 4 Dabei ist auf den durchschnittlichen Verbraucher abzustellen bzw., wenn sich die Handlung an eine bestimmte Gruppe richtet, auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitgliedes dieser Gruppe: § 3 UWG Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen (1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. (2) Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft. (3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. Weiter wurde ein Absatz 3 eingefügt, der die im Anhang des Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen stets für unzulässig erklärt. Diese sogenannte "schwarze Liste" wurde ebenfalls mit dem 1. UWGÄndG eingefügt und enthält 30 einzelne Tatbestände unlauterer Geschäftshandlungen. Beispielhaft seien hier nur genannt: · die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung; · die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden; 5 · die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen; · die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen; · die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen; Welche Wettbewerbshandlungen noch unlauter sind, ist in den folgenden Vorschriften geregelt. Im Einzelnen regeln: · § 4 UWG Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen: § 4 UWG Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen Unlauter handelt insbesondere, wer 1. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen; 2. geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen; 3. den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert; 4. bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt; 5. bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt; 6. die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden; 7. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft; 8. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des 6 Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden; 9. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat; 10. Mitbewerber gezielt behindert; 11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. · § 5 UWG definiert Irreführende geschäftliche Handlungen: § 5 UWG Irreführende geschäftliche Handlungen (1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält: 1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen; 2. den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; 3. die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; 4. Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; 7 5. die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; 6. die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder 7. Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen. (2) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft. (3) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen. (4) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat. (5) (weggefallen) · § 6 UWG behandelt die vergleichende Werbung: § 6 UWG Vergleichende Werbung (1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. (2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich 1. sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht, 2. nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist, 3. im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt, 4. den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, 5. die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder 6. 8 eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. (3) (weggefallen) · § 7 UWG erläutert die sog. unzumutbare Belästigung (unaufgeforderte Telefonwerbung, unangeforderte Newsletter, Spam-E-Mail etc.): § 7UWG Unzumutbare Belästigungen (1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. (2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen 1. bei Werbung unter Verwendung eines in den Nummern 2 und 3 nicht aufgeführten, für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht; 2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung, 3. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, oder 4. bei Werbung mit einer Nachricht, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen. (3) Abweichend von Absatz 2 Nr. 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn 1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat, 2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet, 3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und 4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen. 9 Dem schließen sich in § 8 UWG Regelungen über den Unterlassungsanspruch, in § 9 UWG über den Schadenersatzanspruch und in § 10 UWG über die Gewinnabschöpfung zugunsten der Allgemeinheit an. Es folgen Vorschriften über Verjährung und Verfahren. In §§ 16 - 19 UWG enthält das insoweit zum Nebenstrafrecht zählende Gesetz einige Straftatbestände. Dies sind im Einzelnen: · § 16 Strafbare Werbung § 16 UWG Strafbare Werbung (1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. · § 17 Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen § 17 UWG Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, 1. sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch a) Anwendung technischer Mittel, b) Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder c) Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist, unbefugt verschafft oder sichert oder 2. ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 10 1. gewerbsmäßig handelt, 2. bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder 3. eine Verwertung nach Absatz 2 Nr. 2 im Ausland selbst vornimmt. (5) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. (6) § 5 Nr. 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. · § 18 Verwertung von Vorlagen § 18 UWG Verwertung von Vorlagen (1) Wer die ihm im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. (4) § 5 Nr. 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. · § 19 Verleiten und Erbieten zum Verrat § 19 UWG Verleiten und Erbieten zum Verrat (1) Wer zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz jemanden zu bestimmen versucht, eine Straftat nach § 17 oder § 18 zu begehen oder zu einer solchen Straftat anzustiften, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz sich bereit erklärt oder das Erbieten eines anderen annimmt oder mit einem anderen verabredet, eine Straftat nach § 17 oder § 18 zu begehen oder zu ihr anzustiften. (3) § 31 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. (4) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. (5) § 5 Nr. 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. 11 II. Product Placement Das so genannte “Product Placement” ist ein gutes Beispiel für Marketing im Bereich der Medien und soll hier näher dargestellt werden. Insbesondere der Einfluss des europäischen Rechts macht diese Materie aus juristischer Sicht spannend und zeigt gut die Berührungspunkte von Recht und Marketing auf. Film: Die Reifeprüfung (1967) - Dustin Hoffman sitzt im „Alpha Romeo Spider“ 1. Einleitung/Historisches Schon während der 1930er Jahre begannen Filmproduzenten damit, durch Product-Placement ihre Kosten zu senken. Den Durchbruch dieser neuen Werbeform erfolgte in den 1960er Jahren mit dem Film „Die Reifeprüfung“. Neben Dustin Hoffman in der Hauptrolle stand dort der rote „Alfa Romeo Spider“ 1967 im Mittelpunkt des Geschehens. In den 1980er und 1990er Jahren entwickelte sich dieses Marketinginstrument mehr und mehr. Berühmtestes Beispiel für ein erfolgreiches Product-Placement ist „Reese’s Pieces Candy“ in Steven Spielbergs Film „E.T.“ von 1982. Elliot, einer der Hauptdarsteller in diesem Film, lockt dabei den Außerirdischen mit dieser Süßigkeit an. Innerhalb eines Monats nach dem Filmstart konnte der US-amerikanische Schokoladenhersteller Hershey’s Absatzsteigerungen zwischen 60 und 75 Prozent verbuchen. Somit führte dieses Marketinginstrument zu einer signifikanten Umsatzsteigerung. 12 2. Was ist Product Placement? a) Definition des Product Placement Die genaue Definition von Product Placement ist unter deutschen Juristen umstritten, so dass es zahlreiche, teils völlig unterschiedliche Definitionsansätze gibt. Auf europäischer Ebene ist der Begriff in der Richtlinie 2007/65/EG legaldefiniert worden: Demnach ist Produktplatzierung definiert als „jede Form audiovisueller, kommerzieller Kommunikation, die darin besteht, gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung ein Produkt, eine Dienstleistung oder die entsprechende Marke einzubeziehen bzw. darauf Bezug zu nehmen, so dass diese innerhalb einer Sendung erscheinen.“ Diese schwerfällige Definition wird aber schnell klar, wenn wir uns später Beispiele und Unterarten des Product Placements ansehen. b) Vorteile für Produzenten/Regisseure Product Placement bringt für Produzenten bzw. Regisseure von Kinofilmen, TV-Serien etc. den Vorteil mit sich, dass die Produktionskosten zumindest teilweise gedeckt werden können. Welche Bedeutung Product-Placement zur Finanzierung von Filmen inzwischen hat, zeigt das Beispiel des James-Bond-Filmes „Stirb an einem anderen Tag“, der allein durch Product Placement rund 120 Millionen Euro erwirtschaftete. Es waren ca. 20 Marken zu sehen, darunter „7-Up“, Finlandia-Wodka, Bollinger-Champagner und Ford mit seinen Marken Aston Martin, Jaguar und Thunderbird sowie Range Rover. Problematisch kann hier jedoch eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit sein. c) Vorteile für die Markenartikler Markenartikler erhöhen die Reichweite ihrer Werbung sowie die Bekanntheit der Marke. Als wichtiges Kriterium für eine erfolgreiche Anwendung des Product Placements gilt auch die Beziehung zwischen Produktimage und Schauspieler, bzw. dem Umfeld eines Filmes. Dieser 13 Effekt des sog. positiven Imagetransfers durch den Schauspieler auf die Marke kann nur dann erreicht werden, wenn der Betrachter eine Übereinstimmung zwischen Produkteigenschaft und den Eigenschaften des Schauspielers erkennt. Je bekannter die mit dem platzierten Produkt agierenden Schauspieler sind, desto größer ist auch deren Vorbildbzw. Leitbildwirkung und somit die Image- bzw. Qualitäts-Stärkung für das Produkt. Problematisch für ein Unternehmen, welches sein Produkt auf diese Weise platzieren will, ist das Risiko eines Flopps des Films/der Sendung. Auch besteht die Möglichkeit einer Reaktanz (Abwehrreaktion auf psychischen Druck) beim Zuschauer. d) Vorteile für die Konsumenten Der Konsument profitiert von der besseren finanziellen Ausstattung der Produktion, die sich in einer höheren Qualität niederschlagen kann. Auch ist eine realistischere Darstellung der Wirklichkeit möglich, da ja auch im Alltag Markenartikel ein ständiger Anblick sind. Allerdings kann der Konsument ungewollt beeinflusst werden und das Product Placement, gerade bei intensiver Anwendung, als störend empfinden. 3. Unterarten von Product Placement Heute werden teilweise bis zu 15 verschiedene Arten und Unterarten von Product Placement unterschieden. Im Folgenden seien nur die geläufigsten Differenzierungen genannt: a) Generic Placement: Platzierung einer bestimmten Warengattung, ohne dessen Markenlogo einzublenden. Der Markenartikel muss aufgrund seiner typischen Formen und Farben erkannt werden. Generic Placement kann für Unternehmen interessant sein, die einen Marktanteil von mehr als 50% halten. Ein Beispiel für ein gelungenes Generic Placement bildet die Platzierung von Götterspeise in der Serie "Liebling Kreuzberg". 14 b) Image Placement: Das Thema des Films oder der Sendung ist auf ein einziges Unternehmen oder Produkt zugeschnitten. Ein Beispiel ist das Kreuzfahrtschiff „MS Deutschland“ in der TV-Serie "Das Traumschiff": Die MS Deutschland - bekannt aus „das Traumschiff“ c) Country- oder Landside-Placement Product Placement bietet sich auch für Regionen und Länder an. Gute Beispiele sind Neuseeland („Der Herr der Ringe“) oder Prag („Mission: Impossible“).In Prag fand ein regelrechter Filmboom statt, nachdem dort „Mission: Impossible“ gedreht worden war. Außerdem reisten viele Filmfans an die Drehorte der betreffenden Filme. Product Placement hat also auch für die Touristik-Branche eine hohe Bedeutung. 15 Weniger nach der Eigenart des dargestellten Produkts, sondern nach der Art der Darstellung des Werbeobjekts und dem Grad der Intensität der Integration differenzieren die Begriffe des On-Set und Creative Placement: d) On-Set Placement: Beim On-Set-Placement dient das Produkt lediglich der Ausgestaltung des Handlungsrahmens. Es wird requisitenhaft einbezogen, und kann in gewissem Sinne als austauschbare Begleiterscheinung bezeichnet werden, ohne jegliche dramaturgische Bedeutung. e) Creative Placement: Beim Creative Placement spielt das Produkt selbst eine Haupt- bzw. zumindest Nebenrolle oder die Handlung wird sogar ganz auf das zu platzierende Objekt abgestimmt. f) Visuelle und Akustische Placements aa) Visuell: üblicherweise erfolgt die Produktplazierung visuell, so dass sie über Bildschirm oder Leinwand optisch wahrgenommen werden kann. bb) Akustisch: z.b. sog. verbal Placements: hier wird das Produkt in Dialogen erwähnt Music Placements: Einspielen bestimmter Musiktitel, die in einem positiven Umfeld einem breiten Publikum präsentiert werden sollen. Hierunter fällt auch das einspielen eingängiger Musik in Kaufhäusern. cc) Kombiniertes Placement: Verbal placement und visual placement werden kombiniert. g) Politische Propaganda Eine Sonderform des Product Placement, ist die politische Propaganda, bei der keine Produkte, sondern politische Inhalte vermittelt werden sollen: Politische Propaganda 16 Immer häufiger versuchen Interessenverbände und politische Gruppierungen über verdeckte Propaganda in Medien Menschen mit ihren Vorstellungen zu infiltrieren. In Deutschland nimmt hier die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft eine Rolle ein. Neben der Stellung von Experten für politische Magazine und Diskussionsrunden werden auch in Unterhaltungssendungen wie in sieben Folgen der ARD-Serie "Marienhof" Botschaften platziert. 4. Rechtliche Situation a) Nationales Recht aa) Rundfunkrecht Der Tatbestand des Schleichwerbungsverbotes des Rundfunkstaatsvertrages (§ 7 VI S 1 i.V.m § 2 II Nr. 6 RStV) knüpft an die Absicht des Werbenden an: § 2 RStV Begriffsbestimmungen (1) Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind. Dieser Staatsvertrag gilt nicht für Mediendienste im Sinne von § 2 des Mediendienste-Staatsvertrages; § 20 Abs. 2 und § 52 Abs. 2 bis 5 dieses Staatsvertrages bleiben unberührt. (2) Im Sinne dieses Staatsvertrages ist […] 6. Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt […] 17 § 7 RStV Inhalte von Werbung und Teleshopping, Kennzeichnung (1) Werbung und Teleshopping dürfen nicht irreführen, den Interessen der Verbraucher nicht schaden und nicht Verhaltensweisen fördern, die die Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher sowie den Schutz der Umwelt gefährden. Werbung und Teleshopping, die sich auch an Kinder oder Jugendliche richten oder bei denen Kinder oder Jugendliche eingesetzt werden, dürfen nicht ihren Interessen schaden oder ihre Unerfahrenheit ausnutzen. Teleshopping darf darüber hinaus Minderjährige nicht dazu anhalten, Kauf- oder Miet- bzw. Pachtverträge für Waren oder Dienstleistungen zu schließen. (2) Werbung oder Werbetreibende dürfen das übrige Programm inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen. Satz 1 gilt für Teleshopping-Spots, TeleshoppingFenster und deren Anbieter entsprechend. (3) Werbung und Teleshopping müssen als solche klar erkennbar sein. Sie müssen im Fernsehen durch optische Mittel, im Hörfunk durch akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein. In der Werbung und im Teleshopping dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden. (4) Eine Teilbelegung des ausgestrahlten Bildes mit Werbung ist zulässig, wenn die Werbung vom übrigen Programm eindeutig optisch getrennt und als solche gekennzeichnet ist. Diese Werbung wird auf die Dauer der Spotwerbung nach §§ 15 und 45 angerechnet. § 14 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 gelten entsprechend. (5) Dauerwerbesendungen sind zulässig, wenn der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. Sie müssen zu Beginn als Dauerwerbesendung angekündigt und während ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. (6) Schleichwerbung und entsprechende Praktiken sind unzulässig. Die Einfügung virtueller Werbung in Sendungen ist zulässig, wenn am Anfang und am Ende der betreffenden Sendung darauf hingewiesen wird und durch sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt wird. Andere Rechte bleiben unberührt. (7) In der Fernsehwerbung und beim Teleshopping im Fernsehen dürfen keine Personen auftreten, die regelmäßig Nachrichtensendungen oder Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen. 18 (8) Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art ist unzulässig. Satz 1 gilt für Teleshopping entsprechend. Unentgeltliche Beiträge im Dienst der Öffentlichkeit einschließlich von Spendenaufrufen zu Wohlfahrtszwecken gelten nicht als Werbung im Sinne von Satz 1. § 42 bleibt unberührt. Wie alle subjektiven inneren Vorgänge ist dieses Tatbestandsmerkmal Beweisen nur begrenzt zugänglich, so dass sich der Gesetzgeber insofern mit einer gesetzlichen Fiktion beholfen hat. Um das Dilemma der Beweisbarkeit zu vermeiden, wird, insbesondere bei Zahlung von Entgelt oder sonstigen geldwerten Gegenleistungen, vom Vorliegen der erforderlichen Werbeabsicht ausgegangen. Product Placement ist bei entsprechender Werbeabsicht ein Verstoß gegen das Schleichwerbungsverbot zu werten. Ferner steht es auch dem Trennungs- und Kennzeichnungsgrundsatz des § 7 Abs. 3 RStV entgegen, dessen spezialgesetzliche Ausprägung das Schleichwerbungsverbot ist. Die Rundfunkfreiheit gebietet es jedoch, dass Produkt- und Markeneinblendungen dann als zulässig erachtet werden, sofern sie programmlich, journalistisch oder dramaturgisch gerechtfertigt sind. Werbung und Markenprodukte sind Bestandteile der Umwelt, die im Interesse eines möglichst realen Abbildes nicht künstlich ausgespart werden dürfen. Allerdings ist diese Rechtfertigung der Produktdarstellungen wiederum nur schwer zu beweisen. Erneut sollen Indizien, wie etwa Art und Häufigkeit der Einblendung über die Beweisschwierigkeiten hinweghelfen. Der häufige Rückgriff auf Indizien erschwert deutlich die rechtliche Fassbarkeit des Product Placements. bb) Wettbewerbsrecht Die Beurteilung der Produktplatzierung nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben wirft, wie die rundfunkrechtliche Betrachtung, ebenfalls Probleme auf. Auch hier gilt es grundsätzlich die Rundfunkfreiheit zu berücksichtigen, so dass die zur Qualifizierung als Wettbewerbshandlung notwendige Absatzförderungsabsicht nicht nur vermutet werden darf, sondern positiv - anhand von Indizien - festgestellt werden muss. 19 Die Unlauterkeit von Product Placement ergibt sich aus den Beispielsfällen der §§ 4 Nr. 3 UWG (Verschleierung von Werbung) und 4 Nr. 11 UWG (Verstoß gegen gesetzliche Marktverhaltensregeln) jeweils in Verbindung mit der Generalklausel des § 3 UWG. § 4 Nr. 3 UWG dehnt das medienrechtliche Schleichwerbungsverbot ausdrücklich auf alle Formen der Werbung aus. Wenn der Adressat über den werblichen Charakter einer Wettbewerbshandlung getäuscht wird, vermag er die Subjektivität der Aussage nicht richtig einzuschätzen, und seine Entscheidung fußt möglicherweise auf einer falschen Grundlage. Dreh- und Angelpunkt der Wirkung von Product Placement ist, möglichst unauffällig im Programm aufzutauchen. Jegliche Werbeabsicht soll auf Grund der zu befürchtenden Reaktanz des Zuschauers verborgen bleiben. Produktplatzierung ist verschleierte Werbung. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Verbraucher heutzutage mit Produktplatzierungen rechnet und somit nicht mehr „irregeführt“ werden kann2, ergibt sich die Unlauterkeit letztlich aus dem Fehlen eines Hinweises auf die Produktplazierung. Dadurch wird dem Zuschauer die Möglichkeit genommen, sich der Werbung bewusst zu entziehen. Daneben sind Produktplatzierungen gem. § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den Normen des RStV unlauter. 2 so der BGH in seiner „Feuer, Eis & Dynamit“-Entscheidung, BGH, Az. I ZR 2/94 v. 06.07.95. 20 Forrest Gump trinkt eine Flasche DrPepper - Limonade b) Europarecht Auf europäischer Ebene wurden im Rahmen der Novellierung der EG-Fernsehrichtlinie (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste - Richtlinie 2007/65/EG, vom 11. Dezember 2007, in Kraft getreten am 19. Dezember 2007) auch Regelungen zur Produktplatzierung auf den Weg gebracht. Diese sehen zwar das grundsätzliche Verbot von Product Placement vor, geben aber den Mitgliedstaaten anhand einer Positivliste die Möglichkeit, Produktplazierung unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmten Genres zu zulassen. Product Placement soll danach auf Kinofilme, Fernsehfilme- und Serien, und Programme der leichten Unterhaltung beschränkt werden. Ferner dürfen durch die Produktplatzierung weder die redaktionelle Verantwortung noch die Unabhängigkeit des Mediendienstanbieters beeinträchtigt werden. Eine unmittelbare Kaufaufforderung ist, ebenso wie eine übermäßige Hervorhebung, unzulässig. Um die Irreführung des Zuschauers zu vermeiden, muss auf das Product Placement zu Programmbeginn und -ende sowie bei der Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung hingewiesen werden. 21 Zu diesen Punkten heißt es in Art. 3 e) - g) RL: Artikel 3e (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die von den ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendiensteanbietern bereitgestellt wird, folgenden Anforderungen genügt: a) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation muss leicht als solche zu erkennen sein. Schleichwerbung in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation ist verboten. b) In der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation dürfen keine Techniken der unterschwelligen Beeinflussung eingesetzt werden. c) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation darf nicht i) die Menschenwürde verletzen; ii) Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Staatsangehörigkeit, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung beinhalten oder fördern; iii) Verhaltensweisen fördern, die die Gesundheit oder Sicherheit gefährden; iv) Verhaltensweisen fördern, die den Schutz der Umwelt in hohem Maße gefährden. d) Jede Form der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse ist untersagt. e) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation für alkoholische Getränke darf nicht speziell an Minderjährige gerichtet sein und darf nicht den übermäßigen Genuss solcher Getränke fördern. f) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation ist untersagt für Arzneimittel und medizinische Behandlungen, die in dem Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind. g) Audiovisuelle Kommunikation darf nicht zur körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung Minderjähriger führen. Daher darf sie keine direkten Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Minderjährige richten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, 22 Minderjährige nicht unmittelbar dazu auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu bewegen, nicht das besondere Vertrauen ausnutzen, das Minderjährige zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, und Minderjährige nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen. (2) Die Mitgliedstaaten und die Kommission bestärken die Anbieter von Mediendiensten darin, Verhaltenskodizes für unangebrachte audiovisuelle kommerzielle Kommunikation zu entwickeln, die Kindersendungen begleitet oder darin enthalten ist und Lebensmittel und Getränke betrifft, die Nährstoffe oder Substanzen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung enthalten, insbesondere solche wie Fett, Transfettsäuren, Salz/Natrium und Zucker, deren übermäßige Aufnahme im Rahmen der Gesamternährung nicht empfohlen wird. Artikel 3f (1) Gesponserte audiovisuelle Mediendienste oder Sendungen müssen folgenden Anforderungen genügen: a) Ihr Inhalt und — bei Fernsehsendungen — ihr Programmplatz dürfen keinesfalls so beeinflusst werden, dass die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit des Mediendiensteanbieters beeinträchtigt wird. b) Sie dürfen nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen anregen, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen. c) Die Zuschauer müssen eindeutig auf das Bestehen einer SponsoringVereinbarung hingewiesen werden. Gesponserte Sendungen sind — beispielsweise durch den Namen, das Firmenemblem und/oder ein anderes Symbol des Sponsors, etwa einen Hinweis auf seine Produkte oder Dienstleistungen oder ein entsprechendes unterscheidungskräftiges Zeichen — in angemessener Weise zum Beginn, während und/oder zum Ende der Sendung eindeutig zu kennzeichnen. (2) Audiovisuelle Mediendienste oder Sendungen dürfen nicht von Unternehmen gesponsert werden, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen ist. 23 (3) Beim Sponsoring von audiovisuellen Mediendiensten oder Sendungen durch Unternehmen, deren Tätigkeit die Herstellung oder den Verkauf von Arzneimitteln und medizinischen Behandlungen umfasst, darf für den Namen oder das Erscheinungsbild des Unternehmens geworben werden, nicht jedoch für bestimmte Arzneimittel oder medizinische Behandlungen, die in dem Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind. (4) Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information dürfen nicht gesponsert werden. Die Mitgliedstaaten können sich dafür entscheiden, das Zeigen von Sponsorenlogos in Kindersendungen, Dokumentarfilmen und Sendungen religiösen Inhalts zu untersagen. Artikel 3g (1) Produktplatzierung ist untersagt. (2) Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes beschließen, ist Produktplatzierung abweichend von Absatz 1 zulässig - in Kinofilmen, Filmen und Serien für audiovisuelle Mediendienste, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung oder - wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleistungen wie Produktionshilfen und Preise im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendungen kostenlos bereitgestellt werden. Die Abweichung nach dem ersten Gedankenstrich gilt nicht für Kindersendungen. Sendungen, die Produktplatzierung enthalten, müssen mindestens alle folgenden Voraussetzungen erfüllen: a) Ihr Inhalt und — bei Fernsehsendungen — ihr Programmplatz dürfen keinesfalls so beeinflusst werden, dass die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit des Mediendiensteanbieters beeinträchtigt wird. 24 b) Sie dürfen nicht unmittelbar zu Kauf, Miete bzw. Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen. c) Sie dürfen das betreffende Produkt nicht zu stark herausstellen. d) Die Zuschauer müssen eindeutig auf das Bestehen einer Produktplatzierung hingewiesen werden. Sendungen mit Produktplatzierung sind zu Sendungsbeginn und -ende sowie bei Fortsetzung einer Sendung nach einer Werbeunterbrechung angemessen zu kennzeichnen, um jede Irreführung des Zuschauers zu verhindern. In Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten von den Anforderungen des Buchstabens d absehen, sofern die betreffende Sendung nicht vom Mediendiensteanbieter selbst oder von einem mit dem Mediendiensteanbieter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurde. (3) Sendungen dürfen unter keinen Umständen die folgenden Produktplatzierungen enthalten: - Produktplatzierung zugunsten von Zigaretten oder Tabakerzeugnissen oder zugunsten von Unternehmen, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen ist, oder - Produktplatzierung zugunsten von bestimmten Arzneimitteln oder medizinischen Behandlungen, die in dem Mitgliedstaat, dessen Rechtshoheit der Mediendiensteanbieter unterworfen ist, nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind. (4) Die Absätze 1, 2 und 3 gelten nur für Sendungen, die nach dem 19. Dezember 2009 produziert werden.“ Zusammenfassung der Wirkungen der EG-Fernsehrichtlinie: Verbot von Product-Placement (Art. 3g Abs. 1 RL) Ausnahme: sog. „zulässiges Product-Placement“ (Art. 3g Abs. 2 bis 5 RL) 25 Folge: nicht jede Platzierung ist zulässig, aber die Voraussetzungen von „zulässigem Product-Placement“ sind relativ detailliert geregelt. danach ist Product-Placement zulässig: · nur bei bestimmten Programmtypen (Positivliste statt Ausschlussliste): Kinofilme, Fernsehfilme und -serien, Programme der leichten Unterhaltung, sowie Sportsendungen · programmunabhängig zulässig: kostenlose Produktionshilfen (z.B. Requisiten / Preise) · weitere Voraussetzungen: - Verbot der Beeinflussung (der redaktionellen Verantwortung und Unabhängigkeit) - Verbot direkter Kauf-Apelle etc. - Verbot der übermäßigen Hervorhebungen - Aufklärung bzw. Hinweise am Programmbeginn, -ende sowie nach Werbeunterbrechungen (ursprünglich waren - alle 20 Minuten - wiederkehrende Hinweise angedacht. Hiervon ist man jedoch abgegangen). · Keine Platzierungen von Tabakerzeugnissen und verschreibungspflichtiger Arznei Rechtsnatur EU-Richtlinie (RL): · keine unmittelbare Gültigkeit in Mitgliedstaaten · verbindlich nur in ihren Zielen · Umsetzungsakt in den Mitgliedsstaaten notwendig (laut Richtlinie bleiben den Mitgliedstaaten zur Umsetzung zwei Jahre nach Inkrafttreten der RL, also bis zum 19.12.2009) oftmals aber wörtliche Übernahme durch Mitgliedstaaten 26 · in Deutschland wäre jedenfalls Änderung des Rundfunkstaatsvertrages (ggf. über einen sog. Rundfunkänderungsstaatsvertrag) notwendig. Beratungen hierüber laufen aktuell. · sog. „opt-out-Klausel“ in Richtlinie Mitgliedsstaaten können strengere Vorschriften in Bezug auf Product-Placement erlassen · sogar vollständiges nationales Verbot denkbar · in Deutschland wegen der Besonderheit des sog. „dualen Rundfunksystem“ auch Unterscheidung zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem TV grundsätzlich denkbar. · noch ist der RStV gültig · RStV regelt Product-Placement nicht unmittelbar · RStV verbietet Schleichwerbung und enthält Gebot der Trennung von Werbung und Programm grds. Verbot von Platzierungen · Nebeneinander RL und RStV? grundsätzlich denkbar, da Abweichungen nach „optout- Klausel“ in Richtlinie zulässig. · Richtlinienkonforme Auslegung des RStV? nicht „contra legem“ möglich: wegen relativ klar gefasstem Verbot der Schleichwerbung nur schwer vorstellbar; Ggf. wäre eine Argumentation möglich, dass eine Irreführungsgefahr der Schleichwerbung bei Hinweisen auf nachfolgendes Product-Placement und bei Einhaltung der weiteren Voraussetzungen der RL nach europäischem Verständnis ausgeschlossen ist. Daher scheint eine Auslegung in - nach RStV unklaren Grenzfällen - grds. möglich 27 Mögliche Folgen bei kongruenter Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht: · zulässiges Product-Placement wäre kein Verstoß gegen öffentliches Recht (RStV) keine Ahndung der Rundfunkveranstalter als Ordnungswidrigkeit (Bußgeld) · zivilrechtliche Verträge über zulässiges Product-Placement und Vereinbarungen, die mit Produktplatzierungen im Zusammenhang stehen, wären ggf. als wirksam anzusehen (kein Sittenverstoß bzw. Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot mehr) · Folgeproblem: (genaue rechtliche Vertragsgestaltung Einordnung erscheint sinnvoll. der Stichwort: Verträge Folge von Leistungsstörungen und Verantwortung für die Einhaltung der Vorgaben für zulässiges Product-Placement) · Werbung mittels (zulässigem) Product-Placement wäre ggf. keine wettbewerbswidrige Handlung nach UWG (§ 4 Nr. 3 UWG sowie § 4 Nr. 11 UWG) mehr 5. Abgrenzung Product Placement – Schleichwerbung – Dauerwerbesendung a) Abgrenzung zur sog. „Schleichwerbung“ b) Problematisch kann die Abgrenzung von Product Placement zur klassischen Schleichwerbung sein. Im Zusammenhang mit Product Placement wird in der Literatur und Praxis immer wieder der Begriff der "Schleichwerbung" verwendet. Während in § 4 Nr. 3 UWG hier noch nicht vom Gesetzgeber differenziert, sondern generell klargestellt wird: § 4 UWG Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen Unlauter handelt insbesondere, wer […] 3. den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert […] 28 und in § 2 Rundfunksstaatsvertrag lediglich von Schleichwerbung die Rede ist: § 2 RStV Begriffsbestimmungen […] (2) Im Sinne dieses Staatsvertrages ist […] 6. Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt Unterscheiden sich die Begrifflichkeiten spätestens auf europäischer Ebene, auf der Product Placement und Schleichwerbung nicht gleichsetzt werden: · Das „Europäische Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen“ des Europarates vom 5. Mai 1989 (geändert durch das Protokoll des Europarats vom 9. September 1998), in Kraft getreten am 1. März 2002 definiert in Artikel 13 das Gebot der Trennung der Werbung vom Programm: Art. 13 Abs. 3 Europäisches Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen (1) Werbung und Teleshopping müssen klar als solche erkennbar und durch optische und/oder akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein. Grundsätzlich werden Werbe- und Teleshopping-Spots in Blöcken gesendet. (2) Unterschwellige Werbung und unterschwelliges Teleshopping sind verboten. 29 (3) Schleichwerbung und -teleshopping, insbesondere die Darstellung von Erzeugnissen oder Dienstleistungen in Sendungen zu Werbezwecken, sind verboten. (4) In der Werbung oder im Teleshopping dürfen weder im Bild noch im Ton Personen auftreten, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen. „Schleichwerbung ist nicht erlaubt, insbesondere die Darstellung von Erzeugnissen oder Dienstleistungen in Sendungen, wenn dies Werbezwecken dient.“ · Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste - Richtlinie 2007/65/EG, vom 11. Dezember 2007, in Kraft getreten am 19. Dezember 2007) verbietet die Schleichwerbung ausnahmslos in Art. 3e Abs. 1 lit. a) S. 2 RL: Artikel 3e (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die von den ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendiensteanbietern bereitgestellt wird, folgenden Anforderungen genügt: a) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation muss leicht als solche zu erkennen sein. Schleichwerbung in der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation ist verboten. · Während in Artikel 3 g Abs. 2 RL die eingeschränkte Möglichkeit zur Produktplatzierung eröffnet wird (s.o.) bzw: Artikel 3g (1) Produktplatzierung ist untersagt. (2) Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes beschließen, ist Produktplatzierung abweichend von Absatz 1 zulässig […] Die Abgrenzung zwischen Produktplatzierung und Schleichwerbung ist auf europäischer Ebene folglich anhand des Kriteriums der Erkennbarkeit für den Konsumenten zu treffen: 30 Wird auf Product Placement im Sinne der Richtlinie hingewiesen, so liegt keine Schleichwerbung vor. Werden Produkte ohne diesen Hinweis und zu Werbezwecken in ein Programm eingefügt, liegt hingegen verbotene Schleichwerbung vor. Nach deutschem Recht kann die Abgrenzung ähnlich erfolgen: Product Placement lässt sich durch das Kriterium der "dramaturgischen Notwendigkeit" von der Schleichwerbung abgrenzen. Bei Product Placement handelt es sich demnach nur dann um Schleichwerbung, wenn ein Produkt nur wegen des beabsichtigten Werbeeffekts (zu Werbezwecken: s. § 2 Abs. 2 Nr.6 RStV) in ein vorgegebenes Umfeld integriert wird, für das es nicht notwendig ist. Diese Kennzeichnung ist allerdings sehr vage, da der Produzent oder der Regisseur entscheidet, was dabei notwendig ist. Zusätzlich kann auch nach der Kompatibilität zwischen Objekt und Plazierungs-Umfeld unterschieden werden: Wird ein Produkt nur wegen des beabsichtigten Werbeeffektes in ein vorgegebenes Umfeld hineingepresst, in welches es eigentlich nicht passt, handelt es sich um Schleichwerbung. Bei einem Product Placement soll ein bestimmtes Objekt nämlich nur deshalb verwendet werden, weil genau dieses sich eignet, eine oder mehrere bestimmte Szenen oder Charaktere wirklichkeitsnäher zu gestalten. Im Mittelpunkt steht hierbei die Handlung, das Produkt dient deren Bereicherung. Das Umfeld und das Produkt sollen harmonieren und sich gegenseitig ergänzen. Diesem Anspruch wird in der Praxis allerdings selten Rechnung getragen, außerdem ist die Abgrenzung im Detail auch nach diesem Kriterium schwierig. Beispiel: Das Mittelklassefahrzeug, welches ein Fernsehkommissar aus dramaturgischen Gründen nutzt, ist grundsätzlich keine Schleichwerbung. Das Fahrzeug wird aber dann zur unzulässigen Schleichwerbung, wenn es in besonderer Weise herausgestellt wird (Einstellungen unter besonderer Fokussierung des Unternehmenslogos, dramaturgisch nicht erforderliche Szenen in denen lediglich das Auto ästhetisiert dargestellt wird, Dialoge wie "Ein tolles Auto" in direktem Zusammenhang mit einer bestimmten Marke etc.). Es ist daher verständlich, das Product Placement überwiegend fälschlicherweise mit Schleichwerbung gleichgesetzt wird. 31 Den „Geruch“ der Schleichwerbung kann Product Placement daher nur durch Überzeugungskraft und durch einen professionellen Einsatz loswerden. b) Abgrenzung zur Dauerwerbesendung Dauerwerbesendungen sind nach den Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring im Fernsehen (in der Neufassung vom 10.02.2000) Fernsehsendungen mit einer Länge von mindestens 90 Sekunden, deren wesentlicher Bestandteil das Bewerben von Produkten ist. Die Präsentation der Produkte ist in der Regel redaktionell gestaltet. Die Sendungen sind während der gesamten Ausstrahlung durch den Schriftzug Werbesendung oder Dauerwerbesendung zu kennzeichnen. Wörtlich heißt es in Punkt 8 der Richtlinien: (1) Dauerwerbesendungen sind Sendungen von mindestens 90 Sekunden Dauer, in denenWerbung redaktionell gestaltet ist, der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. (2) Sie sind im Fernsehen zulässig, wenn sie unmittelbar vor Beginn als "Dauerwerbesendung"angekündigt und während des gesamten Verlaufs mit dem Schriftzug "Werbesendung"oder "Dauerwerbesendung" gekennzeichnet werden. Der Schriftzug muss sich durch Größe,Form und Farbgebung deutlich lesbar vom Hintergrund der laufenden Sendung abheben. Andere Ankündigungen und Kennzeichnungen sind unzulässig. (3) Werden in einer Dauerwerbesendung Werbespots ausgestrahlt, dürfen sie nicht durch einWerbelogo von dem übrigen Teil der Sendung getrennt werden. (4) Dauerwerbesendungen für Kinder sind unzulässig. 32 Typisches Beispiel ist die Sendung „Der Preis ist heiß“ (1989 bis 1997 auf RTL), bei der weniger die Kandidaten, als vielmehr die Produkte im Vordergrund standen: Typische Dauerwerbesendung: „Der Preis ist heiß“ s. auch: Videobeispiel Nr. 1 Klassische Dauerwerbesendung Auch wenn die Definition der Dauerwerbesendung relativ eindeutig erscheint, kann die Abgrenzung zum Product Placement und zur Schleichwerbung im Einzelfall schwierig werden: So kritisierte nach der sog. Wok-WM 2007 (wird seit 2003 jährlich vom deutschen Privatsender ProSieben live ausgestrahlt), die Medienaufsicht der Landesmedienanstalten Schleichwerbung während der Veranstaltung. Während ProSieben argumentiert, dass die auf den Anzügen der Sportler, den Renngeräten und der Rennstrecke angebrachten Firmenlogos die allgemein übliche Banden- und Trikotwerbung sei, sieht die Medienaufsicht hierbei eine unzulässige Vermischung von Programm und Werbung. Obwohl ProSieben laut eigenen Aussagen kein Geld von den Firmen für die Bandenwerbung erhält, ist die Firma, welche die Werbeflächen vermietet, eine hundertprozentige Tochter von ProSieben. Am 11. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage von ProSieben gegen einen Beanstandungs- und Untersagungsbescheid der Medienanstalt Berlin-Brandenburg 33 (MABB) zurückgewiesen. Demnach sei die ProSiebenSat.1 Media AG für die unzulässige optische und verbale Einbindung von Markennamen verantwortlich: VG Berlin 27. Kammer, Urteil v. 11.12.2008, Az.:27 A 132.08 Aus diesem Grund kennzeichnete ProSieben das Wok-WM Qualifying am 6. März 2009 und die Wok-WM 2009 am 7. März 2009 auch als „Dauerwerbesendung“. In diesem Jahr erstmals als Dauerwerbesendung deklariert: Die Wok-WM auf Pro 7 s. auch: Videobeispiel Nr. 2 Dauerwerbesendung Wok-WM Nach Punkt 8 Abs. 2 der Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring im Fernsehen sind Dauerwerbesendungen für Kinder unzulässig. Dies ist dem besonderen Schutz von Minderjährigen geschuldet, die vor zu starker Beeinflussung durch Werbung geschützt werden sollen. Ob dies, auch im Bereich des Product Placment gilt soll im Folgenden geklärt werden. 34 6. Jugendschutzaspekte Zwar enthält die EG-Fernsehrichtlinie (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste Richtlinie 2007/65/EG, vom 11. Dezember 2007, in Kraft getreten am 19. Dezember 2007) auch Regelungen bezüglich des Jugendschutzes bereit: g) Audiovisuelle Kommunikation darf nicht zur körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung Minderjähriger führen. Daher darf sie keine direkten Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Minderjährige richten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, Minderjährige nicht unmittelbar dazu auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu bewegen, nicht das besondere Vertrauen ausnutzen, das Minderjährige zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, und Minderjährige nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen. Somit ist lediglich festgelegt, dass keine direkten Kaufaufforderungen an Minderjährige erfolgen dürfen. Solche sind aber im Bereich des Product Placement ohnehin nicht üblich. Trotzdem ist davon auszugehen, dass Produktplatzierungen auf Kinder und Jugendliche großen Einfluss haben. Selbst die von der Richtlinie vorgesehene Kennzeichnung von Produktplatzierungen in der Sendung dürfte Kinder und Jugendliche nicht dazu befähigen, rational über den manipulativen Gehalt der von ihnen gesehenen Programme zu urteilen. So kommen einige extreme Beispiele der Produktplatzierungen auch gerade aus dem Bereich der Kinder und Jugendsendungen: Zur Veranschaulichung sei hier der Film „Joy Stick Heroes“ (Originaltitel: The Wizard) genannt, in dem während des gesamten Films Nintendo-Produkte Hauptbestandteile der Handlung sind (mit einer Ausnahme, in dem der „Universal Studios Hollywood“ – Erlebnispark beworben wird). Der Film handelt von einem Videospielwettbewerb in dessen Finale das Spiel Super Mario Bros. 3 gespielt wird, das hier, kurz vor dessen offiziellem Verkaufsstart, zum ersten Mal außerhalb Japans vorgestellt wurde. 35 Joy Stick Heroes: Produktplatzierungen im Kinderfilm s. auch: Videobeispiel Nr. 3. Szene mit dem Nintendo Power Glove Teilweise gestaltet sich die Abgrenzung von Programm und Werbung im Bereich der Kinderunterhaltung als äußerst schwierig. Ein gutes Beispiel dafür ist der Disney-Channel. Die „Walt Disney Company“ produziert und vertreibt hauptsächlich Kinderfilme und –Serien bzw. Merchendise-Artikel mit Bezug zu den eigenen Produktionen. Wenn auf dem DisneyChannel den ganzen Tag nur Eigenproduktionen gesendet werden, ist dies faktisch die effektivste Werbung. 36 Der Disney Channel: Werbung in eigener Sache Vor massivem Product Placement, wie in diesen Beispielen bietet auch die EU-Richtlinie keinen effektiven Schutz. Dabei wird in der Begründung der Richtlinie (2007/65/EG) vom 11. Dezember 2007 auch weniger auf die Problematik des Schutzes der Kinder vor kommerzieller Beeinflussung eingegangen, als vielmehr auf den Schutz von sog. „schädlichen Inhalten“ (die Begründung findet sich im Amtsblatt der europäischen Union vom 18.12.2007 L 332/27). So heißt es unter Punkt 44 und 45 der Begründung: „Die Verfügbarkeit schädlicher Inhalte im Bereich der audiovisuellen Mediendienste gibt nach wie vor Anlass zur Sorge für den Gesetzgeber, die Medienbranche und die Eltern. Gerade im Zusammenhang mit neuen Plattformen und neuen Produkten werden hier neue Herausforderungen entstehen. Deshalb ist es notwendig, Vorschriften zum Schutz der körperlichen, geistigen und sittlichen Entwicklung Minderjähriger sowie zur Wahrung der Menschenwürde in allen audiovisuellen Mediendiensten, einschließlich der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation,zu erlassen.“ „Etwaige Maßnahmen zum Schutz der körperlichen, geistigen und sittlichen Entwicklung Minderjähriger und zur Wahrung der Menschenwürde sollten sorgfältig gegen das in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 37 verankerte Grundrecht auf Meinungsfreiheit abgewogen werden. Ziel dieser Maßnahmen, wie z. B. Verwendung persönlicher Identifizierungskennzahlen (PINCodes), Filtersystemen oder Kennzeichnungen, sollte daher die Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der körperlichen, geistigen und sittlichen Entwicklung Minderjähriger und des Schutzes der Menschenwürde, insbesondere in Bezug auf audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, sein. […] Eine Überlegung für die Zukunft könnte sein, den Begriff der Schädlichkeit auch auf zu starke kommerzielle Beeinflussung von Minderjährigen auszudehnen und auch auf diesem Bereich strikte Regelungen zu treffen, bzw. mit Decoder- und Pin- Systemen zu arbeiten, um diesen Jugendschutz auch aktiv durchzusetzen. Während Erwachsene sich durch eine ausreichende Kennzeichnung von Produktplatzierungen eigenverantwortlich für oder gegen ein Sendeformat entscheiden können, ist dies Minderjährigen nicht möglich. 38 2. Teil: Urheberrecht, insb. UrhG I. Quellen des Urheberrechts 1. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 erklärt in Art. 27 Abs. 2, dass jeder Mensch das Recht auf Schutz seiner ideellen und materiellen Interessen hat, die sich aus der wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Produktion ergeben, deren Urheber er ist. 2. Grundgesetz Der Kern des Urheberrechtsschutzes ist in der Bundesrepublik Deutschland verfassungsrechtlich gewährleistet. Die vermögensrechtlichen Ansprüche des Urhebers werden durch die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG gewährleistet und der Schutz der ideellen Interessen des Urhebers durch die Unantastbarkeit der Würde des Menschen ( Art. 1 GG) und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) sowie schließlich auch durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG). 3. Einfach gesetzliche Grundlagen Grundlage des Urheberrechts in Deutschland ist das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“ vom 09.September 1965, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 26.10.2007 (UrhG). Das Recht der Verwertungsgesellschaften ist geregelt durch das „ Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 09.09. 1965, zuletzt geändert durch das „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ vom 26.10.2007 (UrhWG). 39 4. Internationale Verträge Zu den Quellen des Urheberrechts zählen auch internationale Verträge: a) Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 09.09.1886, insbesondere in seiner Fassung vom 24.Juli 1971, b) „Welturheberrechtsabkommen“ vom 06.09.1952 in dessen Pariser Fassung vom 24. Juli 1971 c) Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 d) WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 21. Dezember 1996 Zum internationalen Schutz der Leistungsschutzrechte: a) Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmer (Rom-Abkommen) vom 26.Oktober 1961 b) WIPO-Vertrag über Darbietungen von Tonträgern (WPPT) vom 21. Dezember 1996 c) Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen unerlaubte Vervielfältigungen ihrer Tonträger, vom 29 Oktober 1971 d) Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale vom 21. Mai 1974 und 21. März 1983 e) Europäische Konvention über urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks 40 II. Der Werkbegriff des Urheberrechts bestimmt, dass die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst für ihre Werke Schutz nach Maßgabe des Gesetzes genießen. § 1 Urheberrechtsgesetz lautet: § 1 UrhG Allgemeines „Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.“ Der Gesetzgeber stellt damit den Urheber in den Mittelpunkt des gesetzlichen Schutzes und nicht dessen Werk. Das UrhG stellt keine unterschiedlichen Anforderungen an den Werkbegriff für die einzelnen in § 2 Abs. 1 UrhG genannten Werkkategorien. Der Werkbegriff ist einheitlich. Er gilt für alle werke, die der Literatur, Wissenschaft und Kunst zugeordnet werden können. § 2 Urheberrechtsgesetz lautet: § 2 UrhG Geschützte Werke „(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: 1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; 2. Werke der Musik; 3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; 4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; 5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; 41 6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; 7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen. (2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.“ III. Der Urheber § 7 UrhG Urheber ist der Schöpfer des Werkes Der Urheber ist der Schöpfer des Werkes (§ 7 UrhG). Das deutsche Urhebergesetz geht vom Schöpferprinzip aus. Dies bedeutet: Die Person, die das betreffende Werk geschaffen hat, ist der Urheber. Es kommt nicht darauf an, ob die Person geschäftsfähig ist oder nicht. IV. Die Rechte des Urhebers § 11 UrhG Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient ferner der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes (§ 11 UrhG). Diese Regelung bringt zum Ausdruck, dass durch das Urheberrecht unmittelbar zum einen die persönlichkeitsrechtlichen durch das Urheberpersönlichkeitsrecht, und zum anderen die vermögensrechtlichen Aspekte durch die Verwertungsrechte des Urhebers geschützt werden. V. Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch Der Gesetzgeber hat 1965 mit der Neufassung des Urheberrechts versucht, die wirtschaftlichen Auswirkungen der technischen Neuerungen, die durch die Kopier- und Vervielfältigungsmöglichkeiten entstanden sind, auszugleichen. 42 In § 53 UrhG sind die Fälle, in denen die Vervielfältigung ohne die Erlaubnis des Urhebers zulässig ist, festgehalten. § 53 UrhG (1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt. (2) Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen 1. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen gewerblichen Zwecken dient, 2. zur Aufnahme in ein eigenes Archiv, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und als Vorlage für die Vervielfältigung ein eigenes Werkstück benutzt wird, 3. zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen, wenn es sich um ein durch Funk gesendetes Werk handelt, 4. zum sonstigen eigenen Gebrauch, a) wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes oder um einzelne Beiträge handelt, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen sind, b) wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. Dies gilt im Fall des Satzes 1 Nr. 2 nur, wenn zusätzlich 1. die Vervielfältigung auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung vorgenommen wird oder 2. eine ausschließlich analoge Nutzung stattfindet oder 3. das Archiv im öffentlichen Interesse tätig ist und keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgt. Dies gilt in den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 und 4 nur, wenn zusätzlich eine der Voraussetzungen des Satzes 2 Nr. 1 oder 2 vorliegt. 43 (3) Zulässig ist, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch 1. zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder 2. für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. (4) Die Vervielfältigung a) graphischer Aufzeichnungen von Werken der Musik, b) eines Buches oder einer Zeitschrift, wenn es sich um eine im wesentlichen vollständige Vervielfältigung handelt, ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 oder zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt. (5) Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 sowie Absatz 3 Nr. 2 finden keine Anwendung auf Datenbankwerke, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 sowie Absatz 3 Nr. 1 finden auf solche Datenbankwerke mit der Maßgabe Anwendung, dass der wissenschaftliche Gebrauch sowie der Gebrauch im Unterricht nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgen. (6) Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Zulässig ist jedoch, rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke von Zeitungen und vergriffenen Werken sowie solche Werkstücke zu verleihen, bei denen kleine beschädigte oder abhanden gekommene Teile durch Vervielfältigungsstücke ersetzt worden sind. (7) Die Aufnahme öffentlicher Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger, die Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste und der Nachbau eines Werkes der Baukunst sind stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. 44 VI. Verwertungsrechte des Urhebers § 15 UrhG (1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere 1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16), 2. das Verbreitungsrecht (§ 17), 3. das Ausstellungsrecht (§ 18). (2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere 1. das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19), 2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a), 3. das Senderecht (§ 20), 4. das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21), 5. das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22). (3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist. - Nutzungsverträge, insbesondere Verlagsgesetz (VerlG) - BGH-Entscheidung „Metall auf Metall“, BGH, GRUR 2009, 403 ff. VII. Die Verwertungsgesellschaften Vielfach sind die Urheber und Leistungsschutzberechtigten nicht in der Lage, selbst ihre Rechte effektiv wahrzunehmen. Die massenhafte Werknutzung macht also eine schlagkräftige Organisation erforderlich, die sich anlässlich dieser Rechtsverwertung durchsetzt und sowohl zum Abschluss der erforderlichen Lizenzverträge in der Lage und bereit ist als auch über ausreichende Kontrollmöglichkeiten verfügt und Rechtsverletzungen verfolgen kann. 45 Solche sog. Verwertungsgesellschaften sind Vereine oder Unternehmen , die Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, für Rechnungen mehrerer Urheber oder Inhaber verwandter Schutzrechte zur gemeinsamen Auswertung wahrnehmen (§ 1 UrhWahrnG). § 1 UrhWahrnG (1) Wer Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1273) ergeben, für Rechnung mehrerer Urheber oder Inhaber verwandter Schutzrechte zur gemeinsamen Auswertung wahrnimmt, bedarf dazu der Erlaubnis, gleichviel, ob die Wahrnehmung in eigenem oder fremdem Namen erfolgt. (2) Absatz 1 ist auf die gelegentliche oder kurzfristige Wahrnehmung der bezeichneten Rechte und Ansprüche nicht anzuwenden. (3) Wer ohne die nach Absatz 1 erforderliche Erlaubnis tätig wird, kann die ihm zur Wahrnehmung anvertrauten Rechte oder Ansprüche nicht geltend machen. Ihm steht das Antragsrecht nach § 109 des Urheberrechtsgesetzes nicht zu. (4) Übt eine juristische Person oder eine Personengemeinschaft die in Absatz 1 bezeichnete Tätigkeit aus, so ist sie Verwertungsgesellschaft im Sinne dieses Gesetzes. Übt eine einzelne natürliche Person die in Absatz 1 bezeichnete Tätigkeit aus, so sind auf sie die in diesem Gesetz für Verwertungsgesellschaften getroffenen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden. In Deutschland gibt es mehrere Verwertungsgesellschaften. Zu den bekanntesten gehört die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungsund mechanische Vervielfältigungsrechte). Weitere Verwertungsgesellschaften sind u.a. die VG-Wort (Rechte von Autoren und Verlegern), die GVL (Rechte der ausübenden Künstler, Veranstalter, Tonträgerhersteller, Hersteller von Videoclips) und die VG-Bildkunst (Rechte der Urheber von Lichtbildwerken, Filmwerken und Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art) VIII. Rechtsverletzungen 1. Zivilrechtliche Ansprüche: § 96 UrhG (1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. (2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden In § 96 UrhG sieht das Gesetz ein Verwertungsverbot für rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke oder rechtswidrig veranstaltete Funksendungen vor. 46 Unter §§ 97 ff. UrhG hat der Gesetzgeber die zivilrechtlichen Ansprüche zusammengefasst. Die bedeutendsten Ansprüche in diesem Zusammenhang sind die Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung, Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG), sowie die zur Durchsetzung dieser Ansprüche erforderlichen Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Besichtigung. § 97 UrhG (Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz) (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. § 97a UrhG (Abmahnung) (1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. (2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro. § 98 UrhG (Anspruch auf Vernichtung, Rückruf und Überlassung) (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben. 47 (2) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücken oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. (3) Statt der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen kann der Verletzte verlangen, dass ihm die Vervielfältigungsstücke, die im Eigentum des Verletzers stehen, gegen eine angemessene Vergütung, welche die Herstellungskosten nicht übersteigen darf, überlassen werden. (4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen. (5) Bauwerke sowie ausscheidbare Teile von Vervielfältigungsstücken und Vorrichtungen, deren Herstellung und Verbreitung nicht rechtswidrig ist, unterliegen nicht den in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Maßnahmen § 100 UrhG (Entschädigung) Handelt der Verletzer weder vorsätzlich noch fahrlässig, kann er zur Abwendung der Ansprüche nach den §§ 97 und 98 den Verletzten in Geld entschädigen, wenn ihm durch die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen würde und dem Verletzten die Abfindung in Geld zuzumuten ist. Als Entschädigung ist der Betrag zu zahlen, der im Fall einer vertraglichen Einräumung des Rechts als Vergütung angemessen wäre. Mit der Zahlung der Entschädigung gilt die Einwilligung des Verletzten zur Verwertung im üblichen Umfang als erteilt. § 104 UrhG (Rechtsweg) Für alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, (Urheberrechtsstreitsachen) ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Für Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben, bleiben der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Verwaltungsrechtsweg unberührt. 2. Straf- und Bußgeldvorschriften: Neben den zivilrechtlichen Maßnahmen hat der Gesetzgeber in §§ 106 ff. UrhG straf- und bußgeldrechtliche Bestimmungen bei einer Verletzung dieser Rechte erlassen. Als besondere Schutzmaßnahme gegen die Piraterie ermöglicht der Gesetzgeber eine Grenzbeschlagnahme von möglicherweise rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücken gemäß § 111b UrhG. § 106 UrhG (Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke) (1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. 48 - Problem der Funktionalisierung des strafrechtliche Schutzes, § 406e StPO § 406e StPO (1) Für den Verletzten kann ein Rechtsanwalt die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, einsehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. In den in § 395 genannten Fällen bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses nicht. (2) Die Einsicht in die Akten ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint oder durch sie das Verfahren erheblich verzögert würde. (3) Auf Antrag können dem Rechtsanwalt, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke in seine Geschäftsräume oder seine Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. (4) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befaßten Gerichts. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 kann gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 beantragt werden. Die Entscheidung des Vorsitzenden ist unanfechtbar. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte. (5) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können dem Verletzten Auskünfte und Abschriften aus den Akten erteilt werden; die Absätze 2 und 4 sowie § 478 Abs. 1 Satz 3 und 4 gelten entsprechend. (6) § 477 Abs. 5 gilt entsprechend. - Exkurs: Verfahrensgrundsätze - Gewerbsmäßigkeit - „The Pirate Bay“-Fall in Deutschland § 108a UrhG (Gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung) (1) Handelt der Täter in den Fällen der §§ 106 bis 108 gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. (2) Der Versuch ist strafbar. 49 3. Teil: Strafrechtliche Aspekte des Product Placements Immer wieder kommt es zu Strafverfahren mit Bezug zum Product Placement. Ist die Produktplatzierung selbst auch keine Straftat, ergeben sich doch regelmäßig Bezugspunkte zu gängigen Strafvorschriften. In Betracht kommen insbesondere: I. Betrug § 263 StGB Betrug (1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, 2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, 3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, 4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht oder 5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat. 50 (4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend. (5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht. (6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1). (7) Die §§ 43a und 73d sind anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat. § 73d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt. II. Untreue § 266 StGB Untreue (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend. III. Bestechlichkeit und Bestechung § 299 StGB Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen Wettbewerb. 51 IV. Beispielsfälle aus dem Strafrecht, Lösungen im Gutachtenstil a) Beispielsfall Betrug § 263 StGB T ist Geschäftsführer einer großen Filmproduktionsfirma in Deutschland. Er einigt sich mit O, einem Angestellten eines Filmverleihers ist an einer Übernahme der Kneipe des T interessiert. Dessen Versicherung, das Gasthaus "gehe gut", überzeugt O. Er erwirbt das Haus zu einem weit über dem wirklichen Wert liegenden Preis. Später stellt sich heraus, dass sich wie schon zu Zeiten des T -kaum ein Gast in die Kneipe verirrt. Frage: Hat sich T gemäß § 263 strafbar gemacht? Losungsskizze: Strafbarkeit des T gemäß § 263 I zum Nachteil des O ? I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Täuschung über Tatsachen? Verhalten, das irreführend auf die Vorstellung eines anderen über Tatsachen (= vergangene oder gegenwärtige Vorgänge oder Zustände) einwirken soll HIER (+) -> eigentlich handelt es sich bei der Äußerung des T um eine subjektive Einschätzung, also um ein bloßes Werturteil; es enthält aber eine konkrete Aussage über Eigenschaften des Gasthauses, nämlich den objektivierbaren Tatsachenkern, dass das Haus Gewinn abwirft (a.A. noch vertretbar) (darauf kausal beruhender) Irrtum? (+) (darauf kausal beruhende) Vermögensverfügung ? (+) (darauf kausal beruhender) Vermögensschaden ? (+) also: objektiver Tatbestand (+) 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz? (+) Absicht der rechtswidrigen Bereicherung? (+) (Stoffgleichheit) ?(+) also: subjektiver Tatbestand (+) 3. also: Tatbestand (+) II. Rechtswidrigkeit (+) III. Schuld (+) IV. Ergebnis: Strafbarkeit des T gemäß § 263 I zum Nachteil des O (+) Formulierungsvorschlag im sog. Gutachtenstil: Strafbarkeit des T gemäß § 263 I zum Nachteil des O T könnte sich durch die Versicherung, die Kneipe "gehe gut", gemäß § 263 I zum Nachteil des O strafbar gemacht haben. 52 I. Dazu müsste T zunächst über Tatsachen getäuscht haben. Tatsachen sind vergangene oder gegenwärtige Vorgänge oder Zustände. Sie sind somit von bloßen Werturteilen abzugrenzen. T hat mit seiner Behauptung nicht unmittelbar einen Vorgang oder Zustand beschrieben, sondern lediglich seine persönliche Wertung wiedergegeben. Es scheint sich daher auf den ersten Blick um ein Werturteil zu handeln. Der Aussage des T ist aber lebensnah eine Beschreibung von Eigenschaften des Gasthauses zu entnehmen, nämlich dass sich mit dem Haus ein guter Gewinn erzielen lässt. Diese Beschreibung bezieht sich auf die Vergangenheit und die Gegenwart. Das Werturteil enthält einen objektivierbaren Tatsachenkern. Insofern bezieht sich die Angabe des T auf eine Tatsache. T hat irreführend auf die Vorstellung des O eingewirkt, also über eine Tatsache getäuscht. O hat sich daraufhin entsprechend geirrt. Durch Zahlung des Kaufpreises hat O aufgrund dessen über sein Vermögen verfügt. Er hat keinen entsprechenden Gegenwert erhalten, also durch die Verfügung einen Vermögensschaden erlitten. T handelte vorsätzlich. Er hatte weiterhin die Absicht der rechtswidrigen und stoffgleichen Bereicherung. II. Die Tat geschah rechtswidrig. III. T handelte schuldhaft. IV. Somit hat sich T durch seine Behauptung gemäß § 263 I zum Nachteil des O strafbar gemacht. b) Beispielsfall Untreue P ist als Prokurist bei der Firma G angestellt. Weil sich andeutet, dass der wirtschaftlich labile Geschäftspartner L in naher Zukunft zahlungsunfähig sein wird, erhält P von seinem Chef die ausdrückliche Weisung, in Zukunft keine Verträge mehr mit L abzuschließen. Als ein verlockendes Angebot zum Kauf mehrerer Dutzend Porzellanwindhunde von L eingeht, kann P nicht widerstehen und lässt sich auf das Geschäft ein. Frage: Hat sich P gemäß § 266 strafbar gemacht? Lösungsskizze Strafbarkeit des P gemäß § 266 I Var. 1 zum Nachteil der Fa. G ? I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Missbrauch einer rechtsgeschäftlichen Befugnis, einen anderen zu verpflichten? = Überschreitung des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis im Rahmen des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis HIER (+) -> P konnte G wirksam verpflichten; die interne Beschränkung der Prokura spielt im Außenverhältnis zu L keine Rolle (vgl. §§ 49, 50 HGB) b. Vermögensbetreuungspflicht ? = Hauptpflicht von einiger Bedeutung HIER (+) -> der Prokurist handelt selbständig, er hat eine bedeutende Hauptpflicht zur Vermögensbetreuung c. (kausal auf dem Missbrauch beruhender) Vermögensnachteil ? 53 = Wertminderung des Vermögens in seinem Gesamtbestand HIER (+) -> ausdrücklich vom Chef verbotenes Risikogeschäft; konkrete Vermögensgefährdung d. also: objektiver Tatbestand (+) 2. Subjektiver Tatbestand -Vorsatz? (+) 3. also: Tatbestand (+) II. Rechtswidrigkeit (+) III. Schuld (+) IV. Ergebnis: Strafbarkeit des P gemäß § 266 I Var. 1 zum Nachteil der Firma G (+) Formulierungsvorschlag Strafbarkeit des P gemäß § 266 I Var. 1 zum Nachteil der Firma G P könnte sich durch den Vertragsabschluß gemäß § 266 I Var. 1 zum Nachteil der Firma G strafbar gemacht haben. I. Dann müsste er eine in § 266 I genannte Befugnis missbraucht haben. In Betracht kommt die rechtsgeschäftliche Befugnis, einen anderen zu verpflichten. Die rechtsgeschäftlich erteilte Prokura berechtigt P gemäß § 49 HGB auch zum Abschluss verpflichtender Verträge. P müsste trotz der Weisung des Chefs auch zum Vertragsschluss mit L berechtigt gewesen sein. Die interne Beschränkung der Prokura spielt gemäß § 50 HGB im Außenverhältnis keine Rolle. Somit war P extern zum vorgenommenen Geschäft befugt, er konnte es wirksam abschließen. Er hat dabei allerdings die ausdrückliche interne Beschränkung missachtet. P hat im Rahmen seines externen rechtlichen Könnens das interne rechtliche Dürfen überschritten. Folglich hat er die rechtsgeschäftliche Befugnis, einen anderen zu verpflichten, missbraucht. Dass der Missbrauchstatbestand weiter eine Vermögensbetreuungspflicht dem Opfer gegenüber erfordert, ist nicht ganz unumstritten. Die Frage nach dem Erfordernis kann aber dahinstehen, wenn die Vermögensbetreuungspflicht vorliegt. Es muss sich dabei um eine Hauptpflicht von nicht unerheblicher Bedeutung handeln. Der Prokurist handelt weitgehend selbständig und genießt besonderes Vertrauen. Seine Hauptpflicht besteht angesichts der umfassenden Vollmacht gerade darin, das Vermögen des Kaufmanns zu betreuen. Mithin hatte P die überwiegend auch beim Missbrauchstatbestand für erforderlich gehaltene Vermögensbetreuungspflicht. Schließlich müsste der Firma G durch das Verhalten des P ein Nachteil entstanden sein. Dazu ist eine Wertminderung des Vermögens in seinem Gesamtbestand erforderlich. Es genügt bereits eine hinreichend konkrete Vermögensgefährdung. Angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit des L hat P ein wirtschaftlich äußerst riskantes Geschäft getätigt. Er hat -zumal unter Missachtung der ausdrücklichen Anweisung des Chefs entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine erhebliche Verlustgefahr auf sich genommen. Damit war das Vermögen der Firma G konkret gefährdet, eine Wertminderung liegt vor. Der Firma G ist somit durch das Verhalten des P ein Nachteil entstanden. P handelte vorsätzlich. 54 II. Die Tat geschah rechtswidrig. III. P handelte schuldhaft. V. Beispiele aus der Praxis a) Fall „Jürgen Emig“ HR Am 02.10.2008 befand das Frankfurter Landgericht den 63 Jahre alten TV-Moderator für schuldig, zwischen 2001 und 2004 mehr als 300 000 Euro aus Schmiergeldern und Schleichwerbung in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Der HR sei um mindestens 285 000 Euro geschädigt worden. Emig, der im Prozess weitgehend geständig war, wurde wegen Untreue und Bestechlichkeit sowie der Beihilfe zur Bestechung verurteilt. Das Gericht wies dem Sender eine Mitverantwortung zu: Es sei Herrn Emig schon zu leicht gemacht worden, sagte der Vorsitzende Richter Christopher Erhard. Emig war über seine Frau verdeckt an der Vermarktungsagentur SMP beteiligt. Die Firma kassierte Produktionszuschüsse - sogenannte Beistellungen - von Veranstaltern von Randsportarten für Sendungen. Einen Teil des Geldes behielt Emig für sich. b) Fall „Wilfried Mohren“ MDR Der frühere Fernsehsportchef des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Wilfried Mohren, ist am 29.09.2009 wegen Bestechlichkeit zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zudem muss der 51-Jährige 8250 Euro Geldstrafe zahlen. Das Landgericht Leipzig verurteilte ihn am Dienstag auch wegen Vorteilsannahme, Steuerhinterziehung und Betruges. Mohren hatte jahrelang am MDR vorbei Geld von Sponsoren kassiert, um bestimmte SportVeranstaltungen werbewirksam im Fernsehen zu zeigen. Seine Ehefrau wurde wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit zu 6600 Euro Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte Mohren insgesamt 19 Fälle von Bestechlichkeit vorgeworfen. Unter anderem berichtete der MDR über ein Hallen-Fußballturnier, mit dessen Sponsor Mohren einen Beratervertrag hatte. Die Wirtschaftsstrafkammer entschied, dass Mohren als Sportchef des öffentlich-rechtlichen MDR als Amtsträger anzusehen sei – und deshalb wegen Bestechlichkeit zu verurteilen war.Mohren hat sich verpflichtet, den Schaden für den MDR wieder gut zu machen und will 380.000 Euro an den Sender zahlen. Das sei der Rest seiner 55 finanziellen Mittel. Das Gericht wertete diesen Vergleich mit dem MDR unmittelbar vor Prozessbeginn als strafmildernd. c) Aufbau eines Strafurteils Jedes Urteil besteht aus den drei großen Abschnitten: Kopf - Formel - Gründe. Grundsätzliche Abweichungen zum Zivilrecht (dort: Rubrum - Tenor - Tatbestand Entscheidungsgründe) ergeben sich hieraus jedoch nicht, da auch im Strafurteil ein Tatbestand auftaucht, und zwar als zweiter Unterpunkt der Urteilsgründe (gedanklich mit „Feststellungen“ überschrieben). I. Kopf II. Formel 1. Schuldspruch 2. Rechtsfolgenausspruch ggf. inkl. Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung, Nebenstrafe, Maßregeln der Besserung uns Sicherung 3. Kostenentscheidung 4. Liste der angewendeten Vorschriften III. Gründe 1. Persönliche Verhältnisse 2. Feststellungen 3. Beweiswürdigung 4. Rechtliche Würdigung 5. Strafzumessung 6. Begründung der Nebenentscheidungen 56 4. Teil – Grundrechtliche Aspekte und Fallübungen A. Zur juristischen Gutachtentechnik In einem juristischen Gutachten muss zunächst eine Ausgangsfrage ermittelt werden, aus der sich ergibt, was in dem Gutachten zu klären ist. Generell gilt dafür die Formel: Wer? will was? von wem? woraus? Die Frage „woraus?“ meint die Vorschrift, aus der sich der Anspruch ergibt (sog. „Anspruchsgrundlage“. Die Legaldefinition des Anspruchs findet sich in § 194 BGB. Es muss also zunächst eine Frage aufgeworfen werden. Dies geschieht durch einen sog. „Obersatz“. Ein Obersatz statt eines Fragesatzes ist erforderlich, weil im Gutachten auf Fragesätze zu verzichten ist. Funktion des Obersatzes ist es, dem Leser zeigen, welche konkrete Frage man gerade untersucht. Weiteres Vorgehen: 1. Voraussetzung aufzeigen 2. Voraussetzung definieren 3. Sachverhalt mit Definition vergleichen (sog. „Subsumtion“) 4. Ergebnis In der Regel wiederholen sich die Punkte 1 und 2 mehrfach, bevor eine Subsumtion erfolgen kann. Denn die Voraussetzungen haben in der Regel ihrerseits Voraussetzungen, die ihrerseits Voraussetzungen haben bzw. definiert werden müssen, bevor schließlich ein Sachverhaltselement unter eine der Voraussetzungen/Definitionen subsumiert werden kann. 57 B. Grundrechtliche Problematiken beim Product Placement Grundrechte sind grundlegende, individuelle Rechte, die in der Verfassung genannt und garantiert werden. Sie binden den Staat unmittelbar (s. Artikel 1 Abs. 3 GG) und begrenzen die Macht des Staates gegenüber dem Einzelnen. Der Staat darf nicht beliebig über seine Bürger verfügen. Grundrechte wirken also primär als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Mittelbar wirken die Grundrechte als „objektive Wertordnung” auch auf die Rechtsbeziehungen des Privatrechts. Die Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), zum Beispiel §§ 826 ff. BGB, müssen grundrechtskonform ausgelegt werden. Diese mittelbare Drittwirkung ist jedoch weitaus schwächer ausgeprägt als die unmittelbare Bindung des Staates an die Grundrechte. Grundrechte, die in Bezug zu Product Placement stehen sind insbesondere: Art 5 GG (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. 58 Art 6 GG (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. (5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. Art 12 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig. Art 14 GG (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der 59 Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Auf die Grundrechte können sich alle natürlichen Personen berufen. Außerdem können sich alle inländischen juristischen Personen des privaten Rechts auf sie berufen, soweit Grundrechte auf sie sinnvoll angewandt werden können (Artikel 19 Abs.3 GG).Anwendbare Grundrechte sind zum Beispiel die Artikel 9 GG (Vereinigungsfreiheit) und Art. 10 GG (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis). Nicht anwendbare Grundrechte sind menschenbezogene Grundrechte, deren Anwendung bei juristischen Personen keinen Sinn ergibt, wie z.B. die Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) und Art. 3 Abs. 3 GG (Diskriminierungsverbote). Grundrechte sind jedoch nicht vorbehaltlos gewährleistet, es gibt sog. Grundrechtsschranken: Verfassungsunmittelbare Schranken Verfassungsunmittelbare Schranken sind unmittelbare Begrenzungen eines Grundrechts direkt im Grundgesetztext, zum Beispiel Artikel 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 2 GG, Art.8 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs.2 GG. Art 2 GG (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. 60 Gesetzesvorbehalt Ein Grundrecht wird durch oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt (vom Grundgesetz wird auf ein Gesetz verwiesen), zum Beispiel Artikel 4 Abs. 3 GG, 8 Abs. 2 GG, 13 Abs. 3 GG. Art 12 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig. Verfassungsimmanente Schranken Verfassungsimmanente Schranken sind Schranken, die sich aus dem System des Grundgesetzes mit gleichrangigen Grundrechten ergeben. Immer dann wenn Grundrechte gegenseitig in Konkurrenz treten, muss im konkreten Einzelfall entschieden werden, wie weit die beteiligten Grundrechte jeweils eingeschränkt werden müssen. Verfassungsimmanente Schranken gelten für alle Grundrechte, auch für die, die nach ihrem Wortlaut schrankenlos erscheinen (z. B. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 4 Abs. 1 GG). Einzige Ausnahme ist der Artikel 1 Abs. 1 GG, dieser kann nie eingeschränkt werden. Die juristische Prüfung, ob ein rechtswidriger Grundrechtseingriff vorliegt, soll am Beispiel der Freiheitsgrundrechte kurz skizziert werden: 61 Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte 1. Schutzbereich eröffnet (sachlicher Bereich für den das Grundrecht gilt) · Tatbestand · Sachverhaltssubsumtion mit Definition der unbestimmten Rechtsbegriffe des Grundgesetztextes · Feststellung eines Eingriffs · Schranken (Ist das Grundrecht durch einen der drei möglichen Schrankentypen wirksam eingeschränkt?) - Verfassungsunmittelbare Schranke - Gesetzesvorbehalt - Verfassungsimmanente Schranke · Schranken - Schranken - Bereich (Ist die Einschränkung unverhältnismäßig?) · Güterabwägungsprinzip · Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Im Bereich der Güterabwägung gilt das Prinzip der sog. praktischen Konkordanz. Diese ist ein Fachbegriff des deutschen Verfassungsrechts. Der Begriff wurde von Konrad Hesse geprägt und in der verfassungsrechtlichen Diskussion etabliert. Es handelt sich dabei um eine Methode der Lösung von Kollisionen zwischen zwei Grundrechten. Grundprinzip ist laut Hesse: "Verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter müssen in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, daß jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt. ...beiden Gütern müssen Grenzen gesetzt werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können." Dieses Prinzip wird insbesondere unter Bürgern bei einer Kollision eines Grundrechts mit einem anderen Grundrecht angewendet. Dabei darf nicht eines der Grundrechte auf Kosten des anderen im Sinne einer vorschnellen Güterabwägung realisiert werden. Vielmehr stellt 62 nach Hesse das Prinzip der Einheit der Verfassung die Aufgabe einer simultanen Optimierung beider Rechtspositionen. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass es das Ziel des Abwägungsvorganges sein muss, die widerstreitenden Grundrechtspositionen in praktische Konkordanz zu bringen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat verschiedentlich die Herstellung von Konkordanz bei Grundrechtskollisionen gefordert. So z.B. in der sog. Josefine Mutzenbacher-Entscheidung (BVerfGE 83, 130 ff. s. Handout) hinsichtlich der Kollision von Jugendschutz und Kunstfreiheit: "Gerät die Kunstfreiheit mit einem anderen Recht von Verfassungsrang in Widerstreit, müssen vielmehr beide mit dem Ziel der Optimierung zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden. Dabei kommt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zu [...] Bei Herstellung der geforderten Konkordanz ist daher zu beachten, daß die Kunstfreiheit Ausübung und Geltungsbereich des konkurrierenden Verfassungsrechtsgutes ihrerseits Schranken zieht (vgl. BVerfGE 77, 240 [253]). All dies erfordert eine Abwägung der widerstreitenden Belange und verbietet es, einem davon generell - und sei es auch nur für eine bestimmte Art von Schriften - Vorrang einzuräumen." Das Prinzip der praktischen Konkordanz wird häufig nur für die Fälle der Kollision mit vorbehaltlos garantierten Grundrechten genannt. Grundsätzlich ist es aber bei jeder Art der Grundrechtskollision anwendbar. Grundrechtseingriffe seitens des Staates kommen im Bereich des Product Placement beispielsweise in Betracht, wenn eine Behörde die weitere Vorführung eines Filmes im Kino untersagt. Hier könnten beispielsweise die Kunstfreiheit (Art. 5 GG), die Eigentumsfreiheit (Art. 14. GG) oder die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verletzt sein. Hier ist dann eine Abwägung zu treffen, beispielsweise mit dem Jugendschutz, der über Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Recht der Kinder und Jugendlichen auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit), Art. 6 Abs.2 Satz 1 und Art. 5 Abs. 2 GG gewährleistet wird: Art 5 GG (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. 63 (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Art 6 GG (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. (5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. Die Praktische Konkordanz, also die Abwägung zwischen verfassungsrechtlich geschützten Interessen richtet sich im Wesentlichen nach dem sog. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip, ist ein Merkmal jedes Rechtsstaates. Zweck des Grundsatzes ist es, vor übermäßigen Eingriffen des Staates in Grundrechte, zu schützen. Als verfassungsrechtliches Gebot ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gem. Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 20 Abs. 3 GG für die gesamte Staatsgewalt unmittelbar verbindlich. 64 Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gliedert sich in drei Punkte: Geeignetheit Geeignet ist eine Maßnahme, wenn der angestrebte Erfolg durch sie zumindest gefördert werden kann. Nicht erforderlich ist, dass der Erfolg auch tatsächlich eintritt. Erforderlichkeit Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn kein milderes, weniger belastendes Mittel den gleichen Erfolg erreichen kann. Ist nur ein geeignetes Mittel vorhanden, so muss es mangels Alternativen erforderlich sein. Angemessenheit (auch Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne genannt) Angemessen ist die Maßnahme, wenn der Nachteil für den Betroffenen und der erstrebte Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Zwischen dem Schaden des Einzelnen und dem Nutzen für die Allgemeinheit darf kein Missverhältnis bestehen (Abwägung der betroffenen Rechtsgüter). C. Fälle zur Verhältnismäßigkeit Wie bereits dargestellt kommt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in den Fällen der praktischen Konkordanz eine besondere Bedeutung zu. Deshalb sollen im Folgenden an einigen Beispielsfällen verschiedene Aspekte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erläutert werden. Fall 1 zur Verhältnismäßigkeit T betreibt eine Tanzschule in Aachen. Die Musik und die jugendlichen Tanzpaare sorgen regelmäßig für eine beachtliche Geräuschkulisse auch nach 20.00 Uhr, die durch den Einbau von Schallschutzmaterial in den Raumwänden und -decken nur zum Teil neutralisiert wird. Auf die Beschwerden vieler Nachbarn hin, die durch die Musik erheblich gestört werden, 65 fordert die zuständige Ordnungsbehörde den T erfolglos auf hierzu Stellung zu nehmen. Daraufhin verbietet die Ordnungsbehörde die Durchführung sämtlicher Tanzkurse. In seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht, erhebt T Klage vor dem Verwaltungsgericht. Frage: Wird die Klage Erfolg haben? Hinweis: Nach § 10 Immissionsschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (LimschG NRW) ist u.a. die Benutzung von Tonwiedergabegeräten nur in solcher Lautstärke gestattet, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. § 17 L1mschG NW eröffnet die Möglichkeit, einen Bußgeldbescheid zu erlassen. Weitere Vorschriften des Gewerbe- und des Immissionsschutzrechts sind nicht zu berücksichtigen. § 14 I OBG NRW lautet: " ... Voraussetzungen des Eingreifens. (1) Die Ordnungsbehörden können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren ... " Lösungsskizze Fall 1 Die Klage wird Erfolg haben, wenn sie zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit der Klage I.Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ? 1. Spezialzuweisung vorhanden ? ( - ) 2. Generalzuweisung des § 40 / VwGO ? = öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art und keine abdrängende Zuweisung (Vorüberlegung: Worum geht es im Kern? Die Prozeßbeteiligten streiten über die Frage, ob die Schließungsanordnung der Tanzschule durch die Ordnungsbehörde rechtmäßig ist.) 66 a. öffentlich-rechtliche Streitigkeit? = die streitentscheidenden Normen müssen öffentlich-rechtlicher Natur sein, d.h. einen Hoheitsträger als Berechtigten oder als Verpflichteten benennen HIER (+) -> die streitentscheidende Norm ist dem Ordnungsrecht zu entnehmen; die Behörde ist als Berechtigte in § 14 I OBG NRW benannt b. nichtverfassungsrechtlicher Art ? HIER (+) -> weder Beteiligung von Verfassungsorganen oder ihnen gleichgestellten Personen an dem Streit noch Streit über Anwendung und Auslegung von Verfassungsrecht c. keine Zuweisung zu einem anderen Gericht? HIER (+) -> anderweitige Zuweisung nicht ersichtlich d. also: Generalzuweisung des § 40 I VwGO (+) 3. also: Rechtsweg zum Verwaltungsgericht (+) II. Statthafte Klageart = Anfechtungsklage, § 42 I VwGO ? = Kläger begehrt Aufhebung eines VA (Vorüberlegung: Was will der Kläger? Er will weiterhin Tanzkurse geben. Dies kann er möglicherweise mit einer Anfechtungsklage gem. § 42 I VwGO erreichen. Sie ist die statthafte Klageart, wenn der Betroffene die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt.) 1. Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG NW ? HIER (+) -> hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Außenwirkung 2. also: Kläger begehrt die Aufhebung des VA -> Anfechtungsklage (+) III.. Spezielle Voraussetzungen der Anfechtungsklage ? 67 1. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO ? = Kläger muss geltend machen, durch den VA in seinen Rechten verletzt zu sein HIER (+) -> der Adressat eines belastenden VA ist stets klagebefugt, da in seine subjektivöffentlichen Rechte eingegriffen wird (Adressatentheorie); es ist zumindest ein Eingriff in die Rechte des Betroffenen aus Art. 14 Abs.1 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) denkbar 2. Einhaltung der Klagefrist, § 74 Abs. 1 VwGO ? = Klageerhebung innerhalb eines Monats HIER (+) -> mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu unterstellen 3. Richtiger Klagegegner, § 78 VwGO ? HIER (+) -> grundsätzlich gemäß § 78 I Nr. 1 VwGO die Gemeinde, deren Behörde (Ordnungsbehörde) den angefochtenen VA erlassen hat; aber nach § 78 I Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 II AG VwGO NW die Behörde selbst, die den VA erlassen hat; hier also die Ordnungsbehörde 4. also: spezielle Voraussetzungen der Anfechtungsklage (+) IV. Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen ? (+) V. Ergebnis: Zulässigkeit der Klage (+) B. Begründetheit der Klage = Rechtswidrigkeit des VA und dadurch Verletzung des Klägers in seinen Rechten, § 113 I 1 VwGO I. Rechtswidrigkeit des VA ? = formelle und/oder materielle Rechtswidrigkeit des VA; dies wäre jedoch dann nicht der Fall, wenn der VA aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage formell und materiell rechtmäßig erlassen wurde 68 1. Ermächtigungsgrundlage ? HIER -> § 14 Abs. 1 OBG NRW 2. Formelle Rechtmäßigkeit ? a. Zuständigkeit? (+) b. Verfahren ? allgemeine Verfahrensvorschriften, insbes. die Anhörung nach § 28 I VwVfG NRW und ggf. Sondervorschriften der anwendbaren Gesetze des Besonderen Verwaltungsrechts HIER (+) -. Anhörung hat stattgefunden c. Form? allgemeine Formvorschriften nach §§ 37 und 39 VwVfG NRW und ggf. Sondervorschriften der anwendbaren Gesetze des Besonderen Verwaltungsrechts HIER (+) alle Formvorschriften wurden mangels entgegenstehender Anhaltspunkte eingehalten d. also: formelle Rechtmäßigkeit ? (+) 3. Materielle Rechtmäßigkeit ? = Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage § 14 I OBG NRW a. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ? aa. Öffentliche Sicherheit? Gesamtheit der geschriebenen Rechtsordnung, Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, persönliche Rechtsgüter einzelner Personen und Rechtsgüter der Allgemeinheit HIER (+) - nach § 10 LImschG NRW ist u.a. die Benutzung von Tonwiedergabegeräten nur in solcher Lautstärke gestattet, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden; T 69 nutzt Tonwiedergabegeräte; auch führt die Lautstärke zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarn, also unbeteiligter Personen; § 10 L1mschG NRW ist ein Teil der geschriebenen Rechtsordnung bb. Gefahr? die im einzelnen Falle bestehende (= konkrete) Möglichkeit des zukünftigen Eintritts eines Schadens (hier) bei der öffentlichen Sicherheit HIER (+) - Verletzung der Vorschrift des § 10 LImschG NRW ist bei jeder weiteren Tanzstunde möglich cc. also: Gefahr für die öffentliche Sicherheit (+) b. Störer? = Handlungsstörer, § 17 I oder Zustandsstörer, § 18 I OBG NRW HIER (+) -. T verursacht die ruhestörende Musik und ist damit Störer nach § 17 I OBG NRW c. Ermessen ? HIER (+) -> § 14 I OBG NW ist eine "Kann"-Vorschrift (vgl. Wortlaut der Norm); also ist der Behörde ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob sie tätig wird (Entschließungsermessen) und hinsichtlich der Frage, wie sie tätig wird (Auswahlermessen) eingeräumt d. Rechtsfehlerfreie Ausübung der Ermessens ? = Nichtvorliegen von Ermessensfehlern aa. Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ? Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der behördlichen Maßnahme; hier ausdrücklich gefordert in § 15 OBG NRW (1) Geeignetheit ? = durch das Mittel kann der Zweck erreicht werden HIER (+) -> Zweck ist es, die Geräuschbelästigung der Nachbarn durch die Tanzschule des T zu unterbinden; Mittel ist das 70 Verbot, die Tanzschule weiter zu betreiben; die Geräuschbelästigung wird durch das Verbot unterbunden (2) Erforderlichkeit ? die Behörde muss das für den Adressaten und die Allgemeinheit mildeste Mittel einsetzen, um den angestrebten Zweck zu erreichen HIER (-) -> die Ordnungsbehörde hätte T zunächst auf den Verstoß gegen § 10 LImschG NW hinweisen müssen und ggf. einen Bußgeldbescheid nach § 17 I e, III LImschG NRW erlassen können (3) also: Verhältnismäßigkeit ( - ) bb. also: Rechtsfehlerfreie Ausübung der Ermessens ( - ) e. also: materielle Rechtmäßigkeit ( - ) 4. also: Rechtmäßigkeit des VA (-) -. somit Rechtswidrigkeit des VA (+) II. Verletzung der Rechte des Klägers durch den VA ? HIER (+) Verletzung des Rechts auf freie Gewerbeausübung III. Ergebnis: Begründetheit der Klage (+) C. Ergebnis: Zulässigkeit und Begründetheit der Klage (+); also Erfolg der Klage (+) Ausformulierte Lösung Die Klage wird Erfolg haben, wenn sie zulässig und begründet ist. A. Die Klage des T müsste zulässig sein. I. Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht müsste gegeben sein. 1. Eine gesetzliche Spezialzuweisung ist nicht ersichtlich. 71 2. Daher könnte die Generalzuweisung des § 40 I VwGO anwendbar sein, wenn es sich bei dem Verbot der Durchführung der Tanzkurse um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und keine anderweitige Zuweisung vorliegt. a. Die streitentscheidenden Normen müssen öffentlich-rechtlicher Natur sein, d.h. einen Hoheitsträger als Berechtigten oder als Verpflichteten benennen. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Schließungsanordnung der Tanzschule durch die Ordnungsbehörde rechtmäßig ist. Ermächtigungsgrundlage für das Handeln durch die Behörde ist § 14 I OBG NW. Das OBG NW ist öffentlich-rechtlicher Natur. b. Da weder Verfassungsorgane oder ihnen gleichgestellte Personen an dem Streit beteiligt sind, noch Streit über Anwendung und Auslegung von Verfassungsrecht herrscht, ist die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. c. Eine Zuweisung zu einem anderen Gericht ist nicht ersichtlich. d. Demnach sind die Voraussetzungen der Generalzuweisung des § 40 I VwGO erfüllt. 3.Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ist gegeben. Statthafte Klageart könnte die Anfechtungsklage sein, § 42 I VwGO. Dann müsste der Kläger die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehren. T will weiterhin die Tanzschule betreiben. 1. Bei dem Verbot handelt es sich um die hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Außenwirkung, also um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG NW. 2. Der Kläger begehrt die Aufhebung des Verwaltungsakts. Also ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart. III. Außerdem müssten die weiteren speziellen Voraussetzungen der Anfechtungsklage vorliegen. 72 1. Zunächst müsste der Kläger klagebefugt sein, § 42 11 VwGO. Er muss geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts ist stets klage befugt, da in seine subjektivöffentlichen Rechte eingegriffen wird (Adressatentheorie). Es ist zumindest ein Eingriff in die Rechte des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) denkbar. T ist Adressat eines belastenden Verwaltungsakts. Folglich ist er klagebefugt. 2. Die Einhaltung der Klagefrist (§ 74 I VwGO) ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu unterstellen. 3. Richtiger Klagegegner ist die Ordnungsbehörde der Stadt Aachen gemäß § 78 I Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 5 11 AG VwGO NW. 4.. Demnach liegen die speziellen Voraussetzungen der Anfechtungsklage vor. IV. Am Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bestehen keine Zweifel. V. Also ist die Klage zulässig. B. Die Klage müsste auch begründet sein. Begründet ist eine Anfechtungsklage, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO. I. Der Bescheid des Ordnungsamts müsste rechtswidrig sein. In Betracht kommt die formelle und/oder materielle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Der Verwaltungsakt wäre jedoch rechtmäßig, wenn er aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage formell und materiell rechtmäßig erlassen worden wäre. 1. Als Ermächtigungsgrundlage kommt § 14 I OBG NRW in Betracht. 73 2. Zunächst müsste der Bescheid formell rechtmäßig sein. a. Der Bescheid wurde von der zuständigen Ordnungsbehörde erlassen. b. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat eine Anhörung nach § 28 I VwVfG NRW stattgefunden. c. Auch die Formvorschriften wurden beachtet. d. Mithin ist der Bescheid formell rechtmäßig. 3. Weiterhin müsste der Bescheid materiell rechtmäßig sein. Dann müssten die Voraussetzungen des § 14 I OBG NW vorliegen. Nach der genannten Norm kann die Ordnungsbehörde unter den aufgeführten Voraussetzungen Maßnahmen ergreifen. a. Es müsste in diesem Fall eine bestehende (konkrete) Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorliegen. Möglicherweise ist die öffentliche Sicherheit tangiert. Die öffentliche Sicherheit umfasst die Gesamtheit der geschriebenen Rechtsordnung, den Bestand des Staates und seiner Einrichtungen und die persönlichen Rechtsgüter einzelner Personen. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit läge vor, wenn die Möglichkeit des zukünftigen Eintritts eines Schadens bestünde. Nach § 10 L1mschG NW ist u.a. die Benutzung von Tonwiedergabegeräten nur in solcher Lautstärke gestattet, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. T verwendet solche Geräte. Auch führt die Lautstärke zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarn, also unbeteiligter Personen. § 10 LImschG NRW ist ein Teil der geschriebenen Rechtsordnung. Die Verletzung der Vorschrift des § 10 L1mschG NRW ist bei jeder weiteren Tanzstunde möglich. Demnach ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Somit liegt auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor. b. T verursacht die ruhestörende Musik und ist damit Störer nach § 17 I OBG NRW. c. § 14 I OBG NRW ist als "Kann"-Vorschrift eine Ermessensvorschrift. 74 d. Also müsste die Behörde das eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, d.h. ermessensfehlerfrei gehandelt haben. Insbesondere müsste sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet haben. Der Grundsatz ist gewahrt, wenn die Maßnahme der Behörde geeignet, erforderlich und angemessen ist, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Dies ist in § 15 OBG NRW ausdrücklich gefordert. Geeignet ist das Mittel, wenn es den erstrebten Zweck erreicht. Zweck ist es, die Geräuschbelästigung der Nachbarn durch die Tanzschule des T zu unterbinden. Mittel ist das Verbot, die Tanzschule weiter zu betreiben. Die Geräuschbelästigung wird durch das Verbot unterbunden. Somit ist das Mittel geeignet. Erforderlich ist das Mittel, wenn die Behörde das für den Adressaten und die Allgemeinheit mildeste Mittel einsetzt, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Die Ordnungsbehörde hat hier die Durchführung der Tanzveranstaltungen gänzlich verboten, also zum äußersten und einschneidendsten Mittel gegriffen. Die Ordnungsbehörde hätte T jedoch zunächst auf den Verstoß gegen § 10 LImschG NRW hinweisen müssen und gegebenenfalls einen Bußgeldbescheid nach § 17 I e, III LImschG NW erlassen können. Ferner hätte die Gefahr möglicherweise durch Auflagen zum Schallschutz beseitigt werden können, ohne dass T seine Veranstaltungen gänzlich hätte einstellen müssen. Das eingesetzte Mittel war demnach nicht erforderlich, um das erstrebte Ziel zu erreichen. Also hat die Behörde das eingeräumte Ermessen nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt. e. Der Bescheid der Ordnungsbehörde ist demnach nicht materiell rechtmäßig. 4. Mangels Rechtmäßigkeit ist der Verwaltungsakt rechtswidrig. II. Der Bescheid verletzte den Kläger auch in seinem Recht auf freie Gewerbeausübung. III. Die Klage ist damit begründet. C. Somit ist die Klage zulässig und begründet. Sie wird Erfolg haben. 75