Ein adäquater Kalkül der Prädikatenlogik Teil 2 Deduktionstheorem und Rückführung des Vollständigkeitssatzes auf das Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 1 / 24 Struktur des Beweises des Vollständigkeitssatzes Zum Beweis des Vollständigkeitssatzes für den Shoenfield-Kalküls S der Prädikatenlogik gehen wir ähnlich wie beim Beweis des Vollständigkeitssatzes in der Aussagenlogik vor. Wichtige Vorarbeiten waren dort: 1 Bereitstellung zulässiger Axiome und Regeln 2 Deduktionstheorem 3 Rückführung des Vollständigkeitssatzes auf das Erfüllbarkeitslemma mit Hilfe der Analyse der Zusammenhänge zwischen Beweisbarkeit und Konsistenz (syntaktische Ebene) bzw. zwischen Folgerungsbegriff und Erfüllbarkeit (semantische Ebene). Den ersten Schritt haben wir für PL bereits im letzten Kapitel ausgeführt. In diesem Kapitel führen wir nun Schritt 2 und 3 aus und betrachten als weiteres Hilfsmittel Erweiterungen von Sprachen und Theorien: Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 2 / 24 Überblick 1 Das Deduktionstheorem 2 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien 3 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 3 / 24 1 Das Deduktionstheorem 2 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien 3 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 4 / 24 Das Deduktionstheorem SATZ (DEDUKTIONSTHEOREM). SEI Φ eine Menge von Formeln, ψ eine Formel und σ ein Satz. Dann gilt: (∗) Φ ` σ → ψ ⇔ Φ ∪ {σ} ` ψ BEMERKUNG. Die triviale Richtung ⇒ gilt auch für eine beliebige Formel ϕ anstelle des Satzes σ: Aus der Annahme Φ ` ϕ → ψ erhält man die Beweisbarkeit von ψ aus Φ ∪ {ϕ} wie folgt: 1 2 3 ϕ→ψ ϕ ψ Annahme da ϕ ∈ Φ ∪ {ϕ} AL: 2 Die Rückrichtung gilt dagegen für beliebiges ϕ anstelle des Satzes σ i.a. nicht. Gegenbeispiel: Φ := ∅, ϕ :≡ x = y und ψ :≡ ∀x∀y (x = y ) ϕ ` ψ folgt aus der zulässigen Allabschlussregel (∀31 ). 6` ϕ → ψ folgt mit dem Korrektheitssatz aus 6 ϕ → ψ (NB: ϕ → ψ gilt nur in Strukturen mit 1-elementigem Universum). Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 5 / 24 Das Deduktionstheorem: Beweis Die nichttriviale Richtung ⇐ in (∗) Φ ` σ → ψ ⇔ Φ ∪ {σ} ` ψ zeigt man durch Herleitungsinduktion. Annahme: Φ ∪ {σ} ` ψ Zu zeigen: Φ ` σ → ψ 1. ψ Axiom oder ψ ∈ Φ 1 2 ψ σ→ψ Fallannahme AL: 1 2. ψ ≡ σ 1 σ→σ ≡σ→ψ AL 3. ψ sei aus ψi (i = 1 bzw. i = 1, 2) mit Hilfe der Regel R erschlossen. Nach I.V. gilt dann Φ ` σ → ψi (für i = 1 bzw. i = 1, 2). Wir unterscheiden hier, ob R eine aussagenlogische Regel oder die ∃-Einführungsregel ist: Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 6 / 24 Das Deduktionstheorem: Beweis (Fortsetzung) 3. ψ sei aus ψi (i = 1 bzw. i = 1, 2) mit Hilfe der Regel R erschlossen. Nach I.V. gilt dann: Φ ` σ → ψi (für i = 1 bzw. i = 1, 2) Zu zeigen: Φ ` σ → ψ 3.1 R ist aussagenlogische Regel Für i = 2 erhält man dann (i = 1 analog): 1 2 3 σ → ψ1 σ → ψ2 σ→ψ I.V. I.V. AL: 1,2 3.2 R ist die ∃-Einführungsregel (∃1), d.h. ψ1 ≡ γ → δ ψ ≡ ∃xγ → δ 1 2 3 4 (wobei x 6∈ FV (δ) (= VB)) σ → (γ → δ) γ → (σ → δ) ∃xγ → (σ → δ) σ → (∃xγ → δ) ≡ σ → ψ Mathematische Logik (WS 2010/11) I.V. AL: 1 ∃1: 2 VB erfüllt, da x 6∈ FV (δ) = FV (σ → δ) AL:3 Vollständigkeitssatz 7 / 24 Das Deduktionstheorem: Folgerungen Das Deduktionstheorem lässt sich wie folgt verallgemeinern: KOROLLAR ZUM DEDUKTIONSTHEOREM. Sei Φ eine Menge von Formeln, ψ eine Formel und σ1 , . . . σn Sätze. Dann gilt: (∗∗) Φ ` σ1 ∧ · · · ∧ σn → ψ ⇔ Φ ∪ {σ1 , . . . , σn } ` ψ BEWEIS Φ ` σ1 ∧ · · · ∧ σn → ψ Mathematische Logik (WS 2010/11) ⇔ ⇔ ... ⇔ ⇔ Φ ` σ1 → · · · → σn → ψ Φ ∪ {σ1 } ` σ2 → · · · → σn → ψ AL DT Φ ∪ {σ1 , . . . , σn−1 } ` σn → ψ Φ ∪ {σ1 , . . . , σn−1 , σn } ` ψ DT DT Vollständigkeitssatz 8 / 24 1 Das Deduktionstheorem 2 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien 3 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 9 / 24 Erweiterungen von Sprachen und Theorien: Definitionen Eine Sprache L0 ist eine Erweiterung der Sprache L (L ⊆ L0 ), falls jedes nichtlogische Symbol von L ein Symbol von L0 ist (d.h. genauer: jedes Relations- und Funktionszeichen und jede Konstante von L ein Relationsund Funktionszeichen (der entsprechenden Stelligkeit) bzw. eine Konstante von L0 ist). Eine L0 -Theorie T 0 = (L0 , Σ0 ) ist eine Erweiterung der L-Theorie T = (L, Σ) (T v T 0 ), falls (i) L0 eine Erweiterung von L ist und (ii) für jede L-Formel ϕ gilt: T ` ϕ ⇒ T 0 ` ϕ. Gilt in (ii) sogar die Äquivalenz, d.h. (ii’) für jede L-Formel ϕ gilt: T ` ϕ ⇔ T 0 ` ϕ so heisst T 0 konservative Erweiterung von T . Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 10 / 24 Erweiterungen von Theorien: Bemerkungen und weitere Definitionen Der Begriff der Erweiterung T 0 einer Theorie T ist syntaktisch definiert, d.h. basiert auf dem (syntaktischen) Beweisbarkeitsbegriff (`), nicht auf dem (semantischen) Folgerungsbegriff (). Definieren wir den (syntaktischen) deduktiven Abschluss von T = (L, Σ) durch C` (T ) = {σ : σ L-Satz & T ` σ} so ist T 0 = (L0 , Σ0 ) eine Erweiterung von T = (L, Σ) g.d.w. L ⊆ L0 und C` (T ) ⊆ C` (T 0 ) gilt (dies folgt aus der Zulässigkeit der Allabschlussregeln). Entsprechend ist die Erweiterung T 0 von T genau dann konservativ, wenn C` (T ) = C` (T 0 ) ∩ S(L) gilt, wobei S(L) die Menge der L-Sätze ist. Zwei Theorien T und T 0 sind äquivalent, wenn sie denselben syntaktischen deduktiven Abschluss haben: C` (T ) = C` (T 0 ). Aus dem Adäquatheitssatz wird folgen, dass die syntaktische Folgerungsmenge C` (T ) mit der semantischen Folgerungsmenge C (T ) = {σ : σ L-Satz & T σ} zusammenfällt, und man daher den Erweiterungsbegriff entsprechend semantisch definieren kann. Bis zum Beweis des Adäquatheitssatzes müssen wir aber zwischen den syntaktischen und den zugehörigen semantischen Begriffen unterscheiden. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 11 / 24 Erweiterungen von Theorien: Beispiele Ist T = (L, Σ) eine L-Theorie und ϕ ≡ ϕ(x1 , . . . , xn ) eine L-Formel (die höchstens die Variablen x1 , . . . , xn frei enthält), so ist die Theorie T 0 = (L0 , Σ0 ) eine konservative Erweiterung von T , wobei I I L0 ist die Erweiterung von L um das neue n-st. Relationszeichen R Σ0 = Σ ∪ {R(x1 , . . . , xn ) ↔ ϕ}. Ähnlich: Für eine L-Theorie T = (L, Σ) und eine L-Formel ϕ(~x , y ), für die T ` ∀~x ∃!y ϕ(~x , y ) gilt, ist die Theorie T 0 = (L0 , Σ0 ) eine konservative Erweiterung von T , wobei I I L0 ist die Erweiterung von L um das neue Funktionszeichen f Σ0 = Σ ∪ {f (~x ) = y ↔ ϕ}. (BEWEIS: Übung!) Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 12 / 24 Spracherweiterungen und Strukturen DEFINITION. Ist L ⊆ L0 , A eine L-Struktur und A0 eine L0 -Struktur, so heisst A0 eine Erweiterung von A oder A die Einschränkung von A0 auf L (A = A0 L), 0 falls |A| = |A0 | und für alle nichtlogischen Symbole S von L gilt: S A = S A . BEISPIEL. Ist K = (K , +, ·, 0, 1) ein Körper, so ist die zugrundeliegende additive Gruppe (K , +, 0) die Einschränkung von K auf die Sprache L = L(+, 0): (K , +, 0) = K L(+, 0) Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 13 / 24 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien DEFINITION. Eine Theorie T 0 = (L0 , Σ0 ) heisst eine rein sprachliche Erweiterung der Theorie T = (L, Σ), wenn L ⊆ L0 und Σ = Σ0 gilt. Ist T 0 = (L0 , Σ) eine rein sprachliche Erweiterung der Theorie T = (L, Σ), so gilt für jede L0 -Struktur A0 A0 T 0 ⇔ A0 L T . Hieraus ergibt sich unmittelbar C (T 0 ) ∩ S(L) = C (T ). Im folgenden wollen wir zeigen, dass die syntaktische Entsprechung ebenfalls gilt, d.h. dass rein sprachliche Erweiterungen konservative Erweiterungen sind. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 14 / 24 Satz über rein sprachliche Erweiterungen SATZ. Sei T 0 = (L0 , Σ0 ) eine rein sprachliche Erweiterung der Theorie T = (L, Σ), d.h. L ⊆ L0 und Σ = Σ0 . Dann ist T 0 eine konservative Erweiterung von T , d.h. (∗) Für alle L-Formeln ϕ gilt: T 0 ` ϕ ⇒ T ` ϕ. BEWEIS. Wir ordnen jeder L0 -Formel ϕ und jeder Variablen y eine L-Formel ϕy zu, die durch folgende Ersetzungen aus ϕ entsteht: Ist R ein n-stelliges Relationszeichen von L0 aber nicht von L, so ersetze jede Teilformel R(t1 , . . . , tn ) von ϕ durch y = y . Ist f ein m-stelliges Funktionszeichen von L0 aber nicht von L, so ersetze jeden Term f (t1 , . . . , tn ) in ϕ durch die Variable y . Ist c eine Konstante von L0 aber nicht von L, so ersetze jedes Vorkommen von c in ϕ durch y . NB: Ist ϕ eine L-Formel, so gilt ϕ ≡ ϕy für alle Variablen y . Es genügt daher zu zeigen: (∗0 ) Für jede L0 -Formel ϕ gilt für fast alle y : T 0 ` ϕ ⇒ T ` ϕy . Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 15 / 24 Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von (∗0 ) Für jede L0 -Formel ϕ gilt für fast alle y : T 0 ` ϕ ⇒ T ` ϕy durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T . 1. ϕ ist Axiom (in der Sprache L0 !). Dann liegt einer der folgenden Fälle vor: 1.1 ϕ ist ein al. Axiom, d.h. ϕ ≡ ¬ψ ∨ ψ. Dann ist (für jede Variable y ) die Formel ϕy ≡ ¬ψy ∨ ψy ebenfalls ein al. Axiom. 1.2 ϕ ist ein Substitutionsaxiom ψ[t/x] → ∃xψ, wobei t für x in ψ substituierbar ist (SB). Dann ist ϕy ≡ ψy [ty /x] → ∃xψy für geeignet definiertes ty , wobei V (ty ) ⊆ V (T ) ∪ {y } und - für y 6∈ V (ψ) GV (ψy ) = GV (ψ) gilt. Für y 6∈ V (ψ) ist daher ty für x in ψy substituierbar, also ϕy ein Substitutionsaxiom. 1.3 ϕ ist ein Gleichheitsaxiom (G1) - (G4). Dann ist (für jede Variable y ) ϕy ebenfalls ein Gleichheitsaxiom desselben Typs oder von der Form ψ → y = y (und damit mit AL aus (G1) herleitbar). Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 16 / 24 Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von (∗0 ) Für jede L0 -Formel ϕ gilt für fast alle y : T 0 ` ϕ ⇒ T ` ϕy durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T (Fortsetzung). 2. ϕ ∈ Σ0 . Aus Σ = Σ0 folgt dann, dass T ` ϕ und ϕ eine L-Formel ist, weshalb ϕy ≡ ϕ für alle Variablen y gilt. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 17 / 24 Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von (∗0 ) Für jede L0 -Formel ϕ gilt für fast alle y : T 0 ` ϕ ⇒ T ` ϕy durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T (Fortsetzung). 3. ϕ ist Konklusion einer Regel R mit Prämissen ϕi (i = 1 bzw. i = 1, 2). Dann gilt nach I.V. für fast alle y : T ` (ϕi )y (für i = 1 bzw. i = 1, 2). 3.1 R ist eine al. Regel. Dann ist (für jede Variable y ) die Formel ϕy eine al. Folgerung aus (ϕi )y (für i = 1 bzw. i = 1, 2). Wegen der Zulässigkeit al. Schlüsse folgt daher die Behauptung aus der I.V. 3.2 R ist eine ∃-Einführungsregel, d.h. i = 1, ϕ1 ≡ γ → δ und ϕ ≡ ∃xγ → δ, wobei x 6∈ FV (δ) (VB). Dann ist ϕy ≡ ∃xγy → δy und (ϕ1 )y ≡ γy → δy , wobei weiter für y 6= x die Variable x nicht frei in δy vorkommt. Für y 6= x folgt daher ϕy aus (ϕ1 )y mit einer ∃-Einführungsregel. Also T ` ϕy für alle y 6= x, für die T ` (ϕi )y gilt (was nach I.V. für fast alle y der Fall ist). Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 18 / 24 Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Folgerungen KOROLLAR. Sei T = (L, Σ) eine L-Theorie, L0 die Erweiterung von L um eine neue Konstante c und T 0 = (L0 , Σ) die rein sprachliche Erweiterung von T auf L0 . Dann gilt für jede L-Formel ϕ T 0 ` ϕ[c/x] ⇔ T ` ∀xϕ ( ⇔ T 0 ` ∀xϕ ) BEWEIS. “⇒” Aus T 0 ` ϕ[c/x] folgt mit dem Beweis des Satzes über rein sprachliche Erweiterungen, dass es eine Variable y 6∈ V (ϕ) gibt mit T ` (ϕ[c/x])y . Da ϕ eine L-Formel ist, gilt aber (ϕ[c/x])y ≡ ϕ[y /x], also T ` ϕ[y /x] und damit mit der Allabschlussregel T ` ∀y ϕ[y /x]. Mit dem zulässigen Axiom U über die Umbenennung gebundener Variablen folgt hieraus (mit AL) T ` ∀xϕ. “⇒” Da nach dem Substitutitonssatz ` ∀xϕ → ϕ[c/x] gilt, folgt diese Richtung unmittelbar mit AL. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 19 / 24 1 Das Deduktionstheorem 2 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien 3 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 20 / 24 Konsistenz DEFINITION. Eine Theorie T = (L, Σ) ist konsistent oder widerspruchsfrei, falls es einen L-Satz σ gibt mit T 6` σ. Wie in der Aussagenlogik kann man die Konsistenz alternativ wie folgt charakterisieren (Beweis wie dort). CHARAKTERISIERUNGSLEMMA FÜR DIE KONSISTENZ (LCK). Eine Theorie T = (L, Σ) ist genau dann konsistent, wenn es keinen L-Satz σ mit T ` σ und T ` ¬σ gibt. NB Ist T 0 ein Erweiterung von T und konsistent, so ist auch T konsistent. Ist T 0 eine konservative Erweiterung von T , so ist T 0 genau dann konsistent, wenn T konsistent ist. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 21 / 24 Konsistenz und Beweisbarkeit Ähnlich wie in der Aussagenlogik lässt sich folgender Zusammenhang zwischen Beweisbarkeit und Konsistenz feststellen: LEMMA ÜBER DEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEWEISBARKEIT UND KONSISTENZ (LBK). (i) T ` ϕ ⇔ T ∪ {¬∀ϕ} inkonsistent (ii) T 6` ϕ ⇔ T ∪ {¬∀ϕ} konsistent Da für einen Satz σ der Allabschluss ∀σ gerade σ ist, gilt also insbesondere für Sätze T ` σ ⇔ T ∪ {¬σ} inkonsistent NB. 1. Das semantische Gegenstück (Lemma über den Zusammenhang zwischen Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff) haben wir bereits in Kapitel 2 bewiesen. 2. Da (ii) durch Kontraposition aus (i) folgt, genügt es (i) zu zeigen. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 22 / 24 Konsistenz und Beweisbarkeit: Beweis des LBK-Lemmas T ` ϕ ⇔ T ∪ {¬∀ϕ} inkonsistent “⇒” Annahme: T ` ϕ Da trivialerweise T ∪ {¬∀ϕ} ` ¬∀ϕ gilt, genügt es T ∪ {¬∀ϕ} ` ∀ϕ zu zeigen. Dies folgt aber unmittelbar aus der Annahme mit der Zulässigkeit der Allabschlussregel. “⇐” Annahme: T ∪ {¬∀ϕ} inkonsistent Nach Annahme ist jeder Satz aus T ∪ {¬∀ϕ} beweisbar, also insbesondere T ∪ {¬∀ϕ} ` ∀ϕ Mit dem Deduktionstheorem folgt T ` ¬∀ϕ → ∀ϕ und hieraus aussagenlogisch T ` ∀ϕ. Es folgt T ` ϕ mit der Allabschlussregel. Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 23 / 24 Erfüllbarkeitslemma vs. Vollständigkeitssatz Wie in der Aussagenlogik können wir nun zeigen, dass der Vollständigkeitssatz aus dem Erfüllbarkeitslemma folgt. ERFÜLLBARKEITSLEMMA (MODELLEXISTENZSATZ, EL) Jede konsistente Theorie T ist erfüllbar (d.h. besitzt ein Modell). VOLLSTÄNDIGKEITSSATZ (VS) T σ ⇒ T ` σ Beweis von VS mit Hilfe von EL: T σ ⇒ T ∪ {¬σ} nicht erfüllbar ⇒ T ∪ {¬σ} inkonsistent ⇒ T `σ Zshg. zw. Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff Erfüllbarkeitslemma (Kontraposition) LBK Es genügt also zum Beweis des Vollständigkeitssatzes im Folgenden noch das Erfüllbarkeitslemma zu beweisen! Mathematische Logik (WS 2010/11) Vollständigkeitssatz 24 / 24