Karriere 9/14 Marketing 3.0 – die Mischung aus Tradition und Moderne KARRIERE Schneller, individueller, vergänglicher: Digitales Marketing ist auf der Überholspur. Als RundumPatentlösung ist es jedoch ungeeignet. Davon sind zumindest die Bildungsanbieter überzeugt und setzen immer stärker auf Lehrgänge, die Altes und Neues integriert behandeln. von Robert Wildi «Die digitale Transformation ist unumkehrbar und dringt immer weiter in die Bereiche des traditionellen Marketings vor», sagt Peter Petrin, Direktor des Schweizerischen Instituts für Betriebsökonomie (SIB) in Zürich. Was sich seit Jahren abzeichnet, wird am SIB und für viele weitere Anbieter von Marketing-Weiterbildung immer deutlicher zur Gewissheit. Die Vermittlung von immer moderneren, innovativeren und technologisch ausgereifteren Kommunikationsmethoden ist kein netter Mehrwert im Rahmen von Marketingkursen, sondern eines ihrer tragenden Elemente. Denn die Kundschaft dafür wächst. «In sehr vielen Geschäftsmodellen werden die digitalen Aspekte aus dem Marketing nie mehr wegzudenken sein», so Petrin. Dies wirkt sich natürlich auf die Bildungsinhalte aus. Diese müssen den neusten Entwicklungen praktisch in Echtzeit folgen oder diese gar prospektiv antizipieren. Ein Beispiel dafür ist der aktuelle Trend «Mobile First». Smartphones und Tablets sind gemäss Petrin heute die unbestrittenen Taktgeber für künftige Neuerungen im Online-Marketing. «Zuerst werden Inhalte für das Smartphone und Tablet bereitgestellt.» Er geht noch weiter und sagt voraus: «Inhalte und Formate, die nicht für Smartphones optimiert sind, werden auf dem Aufmerksamkeitsradar der Konsumentinnen und Konsumenten in Zukunft gänzlich verschwinden.» «Digital Natives» werden die Arbeitswelt prägen Am SIB richtet man sich danach aus und ist intensiv damit beschäftigt, digitale TransformatiMarketing & Kommunikation 9/14 onsprozesse zu analysieren und in die Bildungsprogramme zu integrieren. «Bestehende Angebote sind bei uns einem ständigen Anpassungsprozess unterworfen und werden jeweils auf die nächs­te Durchführung inhaltlich aktualisiert sowie mit neuen Themen ergänzt», erklärt Peter Petrin. Ganz konkret wird am SIB zurzeit ein Weiterbildungsangebot mit dem Namen «Digitale Transformation» vorbereitet. Auch andere Bildungsanbieter investieren viel Zeit und Aufwand, um mit ihren Programmen Schritt zu halten. Am SAWI in Dübendorf wird dabei zweigleisig vorgegangen. «Einerseits fokussieren wir mit der Entwicklung von neuen Kursen künftig noch intensiver auf das Thema Social Media», sagt Michael Broglin, Leiter Marketing und Lehrgänge sowie Geschäftsleitungsmitglied. Der noch junge «SocialMedia-Kurs» des SAWI stösst im Markt auf Anklang. «Anderseits integrieren wir die neuen Medien in die bestehenden Lehrgänge und zeigen deren Anwendung in der Praxis mit ‹Best Cases› auf.» Die Mischung aus Modern und Traditionell als Erfolgsrezept Der gegenwärtige Hype um Social Media und weitere digitale Kommunikationskanäle wird sich aus Broglins Sicht gleichwohl etwas legen, sobald alle «Digital Immigrants» auf dem aktuellsten Wissenstand sind und die Arbeitswelt von den «Digital Natives» geprägt sein wird. Dann, so seine Überzeugung, werde vielerorts eine Rückbesinnung auf das traditionelle Marketing stattfinden. «Die altbewährten Methoden haben nichts von ihrer Wirksamkeit Peter Petrin, Direktor Institut für Betriebsökonomie SIB MIchael Broglin, Leiter Marketing und Lehrgänge am SAWI Joachim Tillessen vom Kompetenzzentrum an der FHNW eingebüsst, sondern werden auch künftig als perfekte Ergänzung zum optimalen Marketing-Mix beitragen», so seine Überzeugung. Diese teilt auch Peter Petrin. «Trotz ihrer rasanten Entwicklung werden die digitalen Marketinginstrumente ihre klassischen Vorgänger in relevanter Zukunft nicht vollkommen verdrängen, sondern diese vielmehr ergänzen.» Er geht davon aus, dass die Begriffe «Social Media» und «Mobile Computing» in drei bis fünf Jahren terminologisch komplett in die «Integrierte Kommunikation» subsumiert sein werden. «Die hauptsächliche Herausforderung für die Unternehmen besteht deshalb darin, die besten Marketinginstrumente in Kombination und gezielt sowie abgestimmt aufeinander einzusetzen», sagt Peter Petrin. Trennung von Digital und Traditionell macht wenig Sinn Auf diese Linie setzt auch die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Laut Joachim Tillessen vom Kompetenzzentrum Integriertes Kommunikationsmanagement nimmt die Notwendigkeit einer zielgruppengenauen Ansprache laufend zu. «So können bestimmte Zielgruppen heute nur noch mit Bildern, etwa mit Videos oder via Social Media im Internet oder auf dem Smartphone erreicht werden.» Auf der anderen Seite beobachtet Tillessen aber auch, dass die traditionellen und digitalen Kommunikationsinstrumente immer stärker integriert angewendet werden. «Wir sind daher der Meinung, dass in der Ausund Weiterbildung eine Trennung immer weniger Sinn macht.» Tillessen geht deshalb davon aus, dass die heute noch boomenden Weiterbildungsangebote im Bereich der digitalen Medien schon auf mittlere Frist eher abnehmen bzw. diese Themen wie selbstverständlich in bestehende, traditionelle MarketingBildungsinhalte integriert werden. Gegenwärtig werden an der FHNW Kurse zu trendigen Themen wie Social Media sowie Online- und Mobile-Marketing ebenso gut nachgefragt wie langjährige Dauerbrenner, etwa Key-­ Account-Management oder Integrierte Kommunikation. Die einzelnen Programme werden wohl künftig zu integrierten Bildungsinhalten verschmelzen. Nicht nur an der FHNW. n Karriere 59