Die Abonnementskonzerte der Spielzeit 2012/13 des Haydn-Orchesters Die Saison 2012/13 des Haydn-Orchesters – die 53. seit seiner Gründung – zeichnet sich im Gegensatz zu den vorhergehenden von 2005/06 bis 2009/10 nicht durch die Fortsetzung der Zyklen der kompletten Symphonien von Beethoven, Schumann oder Brahms bzw. mit einer Reihe von Hauptwerken großer Symphoniker (Bruckner, Tschaikowsky) aus. Sie schließt jedoch eng an die vergangenen Spielzeiten an, indem sie nochmals eine Reihe jener Künstler einlädt, die zuletzt in Bozen und Trient großen Erfolg hatten. Da sind zunächst einmal zwei Instrumentalsolisten zu nennen, die gleichzeitig dirigieren (Ottavio Dantone und Massimo Quarta), sowie diverse Orchesterdirigenten, die schon mehrmals hier zu Gast waren (Yves Abel, Umberto Benedetti Michelangeli und Alain Lombard) bzw. jüngst ein fulminantes Debüt hingelegt haben (wie im Falle des erst 1987 geborenen Andrea Battistoni, der hier erstmals im Dezember 2010 auftrat). Es erschien also nur konsequent, die Erkundung des barocken Repertoires fortzusetzen, die Ottavio Dantone im Februar 2011 als Organist bzw. Dirigent von Werken Bachs und Händels begann; heuer tritt er als Cembalist auf und wird auch eine Symphonie des Namensgebers des Orchesters aufführen (dessen natürlich auch anderweitig gedacht wird; der Bach-Zeitgenosse Vivaldi wird im März 2013 zusammen mit Pergolesi im Konzert von Umberto Benedetti Michelangeli aufscheinen). Massimo Quarta hingegen, der bereits 2007 zusammen mit dem Haydn-Orchester zwei Konzerte des Belgiers Henri Vieuxtemps für die Zeitschrift «Amadeus» eingespielt hat, wird ein Mozart-Violinkonzert spielen, ganz in der Tradition jener dirigierenden Solisten, die schon seit Jahren mit unserem Orchester auftreten, wie beispielsweise der Pianist Alexander Lonquich. Die feste Besetzung des Orchesters legt es darüber hinaus natürlich nahe, regelmäßig die klassischen Werke des 18. bzw. frühen 19. Jahrhunderts zu Gehör zu bringen: im April 2013 werden die Konzertmeister Marco Mandolini und Margherita Pigozzo Mozarts Sinfonia concertante für Violine und Viola (KV 364) unter der Leitung von Gustav Kuhn spielen, während Massimo Quarta Beethovens «Eroica» dirigiert. Vier Dirigenten werden ihr Debüt in der Reihe der Abonnementskonzerte des Haydn-Orchesters geben, zwei Österreicher und zwei Amerikaner. Günter Pichler, ein Tiroler aus Kufstein, der das Orchester bereits bei verschiedenen Auftritten an kleineren Orten leitete, hat seiner Weltkarriere als Primarius des Alban Berg-Quartetts nun noch eine zweite als vielgefragter Dirigent klassischer und romantischer Werke folgen lassen; der andere Österreicher, Friedrich Haider, tritt neben seinen zahlreichen internationalen Opernverpflichtungen in Dresden, Madrid, München, an der Metropolitan in New York, in Oviedo, an der Fenice in Venedig und an der Wiener Staatsoper nun vermehrt auch als Dirigent symphonischer Werke in Erscheinung, wobei er in den letzten Jahren u. a. Werke von Brahms, Richard Strauss und Ermanno WolfFerrari auf CD eingespielt hat. Der erste der beiden Amerikaner, George Pehlivanian, armenischlibanesischer Abstammung, wirkt als erster Gastdirigent der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sowie des Teatro Lirico in Cagliari und leitete zahlreiche Orchester wie das Israel Philharmonic oder das London Philharmonic Orchestra, mit denen er auch CDs für BMG, Chandos und Virgin Classics aufgenommen hat; der andere, David Stern, ein Sohn des großen Geigers Isaac Stern, teilt seine Zeit zwischen der Israel Opera und dem Theater in Sankt Gallen auf, wobei er Barockmusik mit dem Concerto Köln erarbeitet und ebenso das Orchestre de Paris und diverse Klangkörper in seiner Heimatstadt New York dirigiert. Neben den Künstlern stehen in der Saison 2012/13 natürlich auch einige Werke besonders im Fokus; diesmal sind es neben den Slawen, die bereits in der ausklingenden Spielzeit verstärkt vertreten waren, zumal französische Komponisten, deren Musik mit Vorliebe gespielt wird. Der Bogen spannt sich vom Ballett Daphnis et Chloé und dem Boléro Maurice Ravels, die der künstlerische Leiter Gustav Kuhn im Eröffnungskonzert dirigiert, über Ravels Pavane und das zweite Klavierkonzert von Saint-Saëns (mit dem Busoni-Preisträger Michail Lifits als Solisten), die Alain Lombard aufführen wird, sowie die von Pehlivanain geleitete Carmen-Suite von Bizet bis hin zum Rondò capriccioso von Saint-Saëns und zur Rhapsodie für Violine und Orchester von Sylvio Lazzari, der zwar in Bozen geboren wurde, doch als Schüler César Francks ganz in der Pariser Musikwelt aufging; die letztgenannten Werke wird ein Spezialist für das französische Repertoire spielen, der Geiger Philippe Graffin, der bereits im April 2011 mit dem HaydnOrchester auftrat. Neben einigen deutschen bzw. österreichischen (Spät)Romantikern wie Schumann (Symphonie Nr. 4), Bruckner (Symphonie Nr. 4), Brahms (Violinkonzert) und Strauss (Till Eulenspiegel und Oboenkonzert) stehen auch einige Raritäten von Ermanno Wolf-Ferrari (1876-1948) auf dem Programm, einem DeutschItaliener, der gleich seinem Kollegen Ferruccio Busoni, dem seit Jahrzehnten der bekannte Klavierwettbewerb gewidmet wird, und Riccardo Zandonai, der 1883 in der Nähe des damals noch österreichischen Rovereto geboren wurde und dessen Piccola suite agreste im Frühjahr gespielt wird, gerade in einem Grenzland wie Südtirol eine gewisse Daseinsberechtigung hat. Der Solist des Fagottkonzerts von Wolf-Ferrari wird der Solo-Fagottist des Haydn-Orchesters Flavio Baruzzi sein, der soeben einen großen Erfolg mit Carl Maria von Webers Fagottkonzert errungen hat. Neben Wolf-Ferrari verdient auch Alfredo Casella Erwähnung, dessen brillantes, den Wiener Philharmonikern gewidmetes, aber leider sehr selten zu hörendes Orchesterwerk Paganiniana von der Orchestra della Toscana gespielt werden wird: hiermit wird auf eine alte Tradition zurückgegriffen, die vorsah, andere Symphonieorchester zu Konzerten in Südtirol bzw. im Trentino einzuladen und dann im Gegenzug in deren Spielzeiten aufzutreten. Vor Jahren waren die Orchestra di Padova e del Veneto und die Orchestra dei Pomeriggi Musicali aus Mailand in Bozen und Trient zu Gast bzw. war das HaydnOrchester in Padua und in der Lombardei aufgetreten; heuer wird unser Orchester unter Alain Lombard in der Toskana zu hören sein. Zu den besonders hervorzuhebenden Werken des neuen Programms gehören u. a. zwei Stücke von Sergej Prokof’ev, dessen Fünfte Symphonie zu Beginn der Spielzeit erklingt, im Oktober, während im April der Regisseur Manfred Schweigkofler als Sprecher im Kinder-Märchenstück Peter und der Wolf auftreten wird. Bevor wir uns der zeitgenössischen Musik zuwenden, sollte noch die Aufführung der ersten Kammersymphonie von Arnold Schönberg besonders etrwähnt werden, da es sich dabei um ein epochemachendes Werk der Moderne handelt, das nichtsdestoweniger hierzulande nur selten live zu erleben ist. Was die Auftragswerke des Haydn-Orchesters betrifft, so sind es in dieser Saison zwei an der Zahl: neben einem international seit Jahrzehnten bekannten Römer, Giorgio Battistelli, wurde ein junger Komponist aus dem Trentino ausgewählt, Antonio Casagrande, dessen Debüt mit einem Symphonischen Stück in Bozen und Trient im Dezember 2010 sehr erfolgreich verlief. Daneben wird der Rostropowitsch-Schüler David Geringas das neue Cellokonzert der jungen Silvia Colasanti spielen, bei der das Haydn-Orchester 2010 eine Uraufführung in Auftrag gegeben hatte und deren Werke in der letzten Zeit in zahlreichen italienischen und internationalen Institutionen zu hören waren; darüber hinaus wird zum Saisonabschluß das preisgekrönte Werk eines neuen Kompositionswettbewerbs des italienischen Musikrats CIDIM gespielt. Abonnements für die nächste Saison gibt es ab dem 8. Mai im Bozener Stadttheater. Info: Tel. 0471-053800. www.haydn.it 26.04.2012