seitenbühne Nr. 20 - Staatstheater Hannover

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Das Journal der Staatsoper Hannover
seitenbühne 09.10
seitenbühne . September / Oktober 2010
01
oper
Proszenium
Am Ball bleiben!
1649 gab der 24-jährige Herzog Georg Wilhelm den Auftrag für ein neues Gebäude mitten
in seiner Residenzstadt Hannover: das Ballhaus. Der Dreißigjährige Krieg war kaum vorüber,
die verheerenden Folgen noch überall spürbar, da ließ der junge Herzog in der engen Stadt
ein großes Haus bauen mit einer eindeutigen Bestimmung: »Für die jungen Leute, welche
mit dem Ball zu einem oder ander Male darin spielen.« Sein Kammerdiener Stechinelli, dem
er das Ballhaus übertrug, bekam zudem die Erlaubnis, dass er der Jugend dort »Wein und
Bier für Geld schenken möge«. Fast 100 Jahre lang war Hannovers Ballhaus ein Ort für gemeinschaftliche Ball-Spiele und – bisweilen rauschhaftes – Vergnügen junger Leute in einer
Zeit, als die Begriffe Kindheit und Jugend noch wenig Bedeutung hatten.
In der Folge gab dieses Ballhaus, das später Ballhof genannt wurde und im Grundbau bis
heute original erhalten ist, den Rahmen für die denkbar unterschiedlichsten Aktivitäten –
immer jedoch als ein Ort der Kommunikation und Begegnung mitten in der Stadt: von Redouten und Maskeraden, Schauspiel-Aufführungen, Konzerten und Opern über Versammlungen von Parteien bis hin zu Auktionen und Tierschauen.
Nachdem das Junge Schauspiel Hannover seit einigen Jahren im Ballhof beheimatet ist,
institutionalisiert nun auch die Staatsoper in diesem Gebäude eine neue Sparte, die in den
letzten Spielzeiten aufgebaut wurde: die Junge Oper Hannover.
Der Ballhof wird damit einmal mehr zum Spiel-Ort. Denn im weitesten Sinne steht das Spiel
mit Musik im Zentrum der Jungen Oper. Mit kleinen und flexiblen Ensembles soll im Ballhof
ein junges und zeitgenössisches Musiktheater entwickelt werden. Die Ballhof-Bühnen werden zum Spielfeld für Experimente mit Formen und Stilen, die in alle Richtungen offen sind.
Das kann musikalisches cross-over von klassischem Orchester und den Samples der Komponistin und DJ Alex Holtsch in The Beggar’s Opera sein. Das kann eine gesungene Matsch­
orgie in der Uraufführung Freunde! sein oder zeitgenössische Musik zu Hans Christian
Andersens Schneekönigin. Die Ballhof-Bühnen werden ebenso zum Spielfeld für Jugendliche aus Hannover, die in The Beggar’s Opera singen und rappen, wie sie Raum bieten für
Volks- und Kinderlieder (Bi-Ba-Butzemann!) oder für Tanz in Pantelis Zikas’ spielerischer
Choreographie seven up.
Und Spiele mit dem Ball gibt es übrigens nach wie vor in Hannovers einstigem »Ballhaus«:
In einem Besprechungsraum hinter der Bühne steht ein viel benutzter Kickertisch.
In diesem Sinne: »Kick off!« und herzliche Einladung in den Ballhof!
Ihre
Dorothea Hartmann
Leitung Junge Oper Hannover
02.03
oper
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Weltkarte der Ensembles
Die Sängerinnen und Sänger, Tänzerinnen und Tänzer der Staatsoper
sind aus aller Welt nach Hannover gekommen, um hier auf der Bühne
zu stehen. Mit dieser Weltkarte wollen wir die Internationalität der
Künstlerinnen und Künstler visualisieren – um zu zeigen, dass Oper
und Tanz auf der ganzen Welt zu Hause sind und umgekehrt sich die
ganze Welt am Opernhaus trifft.
43
53
OPER
60
48
50
Shavleg Armasi
Georgien
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02
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Arantxa
Armentia
Spanien
08
Brian Davis
USA
Jörn Eichler
Deutschland
06
15
Khatuna
Mikaberidze
Georgien
Philipp Heo
Südkorea
20
Ks. Carola
Rentz
Deutschland
21
18
Albert
Pesendorfer
Österreich
Christopher
Tonkin
Australien
Ivan Turšić
Kroatien
26
Ania Vegry
Deutschland
27
Edgar Schäfer
Deutschland
22
17
25
Tobias Schabel
Deutschland
Sung-Keun Park
Südkorea
Robert Künzli
ÖSterreich
12
19
Latchezar
Pravtchev
Bulgarien
Mareike Morr
Deutschland
16
11
Julia
Faylenbogen
Ukraine
14
Dorothea
Maria Marx
Deutschland
Brigitte Hahn
Deutschland
10
05
13
Kelly God
Niederlande
09
04
Young Kwon
Südkorea
Carmen Fuggiss
Deutschland
Nicole Chevalier
USA
03
Karen
Frankenstein
USA
23
Frank
Schneiders
Deutschland
24
Julie-Marie
Sundal
Norwegen
28
Roland
Wagenführer
Deutschland
29
Monika
Walerowicz
Polen
Jin-Ho Yoo
Südkorea
30
31
Hinako
Yoshikawa
Japan
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36
38
06 42
19 59
01 15
67
11
13 17
30 37
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JUNGE OPER
wa
32
Michael
Chacewicz
Deutschland
ballett
38
Daniel Eggert
Deutschland
33
39
34
40
Neele Kramer
Deutschland
35
AndreasMichael von Arb
Schweiz
42
Rubén
Cabaleiro
Campo
Spanien
46
50
51
52
47
Anastasiya
Bobrykova
Ukraine
Cássia Lopes
Brasilien
Michael Foster
USA
56
James Jordan
Melville
Australien
Mariateresa
Molino
Italien
48
49
Mónica García
Vicente
Spanien
54
57
58
Wendy
Paulusma
Niederlande
54
64
Denis Piza
Brasilien
Swantje
Welters
Deutschland
Loris Zambon
Italien
66
Karine Seneca
Frankreich
61
25
51
Steffi Waschina
Deutschland
65
60
Michèle
Stéphanie
Seydoux
Schweiz
Elvis Val
Spanien
63
59
Emma Jane
Morton
Australien
62
Veselka Petrova
Bulgarien
Keiko Nisugi
Japan
55
Hildur Elín
Olafsdóttir
Island
Chiara Olocco
Italien
Demis Moretti
Brasilien
53
Catherine
Franco
Brasilien
Diego Borelli
Brasilien
43
Marco
Boschetti
Schweiz
Moriel Debi
Israel
David Blázquez
Spanien
Seongsoo Ryu
Südkorea
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45
41
Tiina
Lönnmark
Finnland
44
Rowena Ansell
Grossbritannien
Denise Fischer
Deutschland
36
Alexander
Andrejev
Lettland
Pantelis Zikas
Griechenland
67
04.05
oper
Sylvia Roth
Heimat im Kollektiv
Regisseur Benedikt von Peter im Gespräch mit Dramaturgin Sylvia Roth über Intolleranza 1960
Aus dem Bedürfnis nach einem »Musiktheater, das für menschliche Lebensbedingungen kämpft«
schrieb Luigi Nono 1961 sein Musiktheater Intolleranza 1960 – ein Werk, in dem er politische Un­
gerechtigkeiten seiner Zeit geißelte und ein kollektives, politisch bewusstes Miteinander forderte.
Nun wagt sich die Staatsoper Hannover daran, Nonos »Azione scenica« neu zu interpretieren.
Sylvia Roth 50 Jahre nach der Uraufführung
scheinen die Ideen und Visionen, die Nono
Intolleranza 1960 formulierte, überholt, Utopieverlust und Politikverdrossenheit dominieren in vielen Köpfen, das Werk ist zum
Zeitdokument geworden. Wa­rum spielt man
heute trotzdem Intolleranza 1960?
Benedikt von Peter Für mich verschärft sich
durch diese Anachronismen die Notwendigkeit, das Stück erst recht zu befragen. Bei
der Theaterarbeit wird es dann am Interessantesten, wenn man denkt, dass man alles
verstanden hat und beim genaueren Hinschauen merkt, dass es da doch einige Widerhaken gibt. Uns ging es außerdem so,
dass uns genau dieses »Aus-der-Zeit-Gefallensein« des Stückes – und damit meine ich
auch die musikalische Patina – auf eine eigentümliche Art und Weise berührt hat. Ob
das nun pure Arroganz der »Nachgeborenen«
oder eben eine versteckte Sehnsucht, eine
Art Nostalgie nach den im Stück verhandelten Themen und politischen Modellen ist,
kann ich kaum sagen.
Roth Wie aber lässt sich ein Werk, dessen
Aussagen so sehr in der konkreten Zeitpolitik der 50er, 60er Jahre verhaftet sind,
einem heutigen Zuschauer glaubhaft verlebendigen? Was sind die Probleme dabei?
von Peter Die schwierigste Frage war für
uns tatsächlich, ob man mit dem Stück und
seinen Inhalten weiter kommt. Jenseits
eines etwas diffusen und globalen Aufschreis gegen alles Unrecht in der Welt, ließ
sich da zunächst nicht viel finden. Dazu bereitete uns die theatrale Form Kopfzerbrechen: Es scheint ein bisschen, als habe Nono
mit seiner Erzählweise das Regietheater der
70er Jahre vorweggenommen. Darin ist
Kunst per se anti-bürgerlich und hat den
Auftrag, den Bürgern da unten ordentlich
»einzuheizen«, nahezubringen, was sie zu
denken haben. Nun hat sich der Blick auf
Theater seit dieser Zeit entschieden verändert: Wir sind der über die Rampe geschickten Botschaften müde und wissen, dass bewusstseinveränderndes Theater die Welt
leider nicht verändern wird. Interessant
aber ist die Wut des Stückes, seine Lautstärke, und eine dem Stück innewohnende
Sehnsucht, die es auch für uns eventuell zu
reformulieren gilt: die Sehnsucht nach einer
Heimat, einer Heimat im Kollektiv.
Roth Mit dem Stichwort »Kollektiv« benennst
du einen zentralen Kern des Stücks, die
Konfrontation von Individuum und Kollektiv.
Doch auch der Kollektivgedanke war 1960
mit einem anderen Gehalt aufgeladen, als er
es 2010 ist. Hat uns die Frage nach dem WIR
heute überhaupt noch etwas zu sagen?
von Peter Die Frage nach der Möglichkeit
eines kollektiven Zusammenhangs halte ich
tatsächlich für eine ungeklärte Frage, die
uns das 20. Jahrhundert hinterlassen hat.
Die Probleme, die der Wunsch nach Selbstverwirklichung und das Ausleben eines absoluten Individualismus mit sich bringen,
sind ja unübersehbar, und ich glaube, jeder
spürt diese Form von Einsamkeit und Werteverlust, die defizitäre und zerstörerische
Kraft dieses Individualismus. Hinzu kommt,
dass Diskussionen um eine sozial gerechte
Weltgemeinschaft oder den Klimaschutz die
Frage nach einem kollektiven Denken ja
auch politisch zu einer drängenden machen.
Ich denke, man kann spüren, dass der Individualismus langsam kippt, dass ein Bewusstsein dafür entsteht, dass es ohne ein
starkes Wir kein starkes Ich geben kann.
Ernst Bloch beschreibt die Suche nach Heimat als eine politische Suche nach uns
selbst. Auf eine solche Suche begibt sich die
Hauptfigur von Intolleranza 1960, der Emigrante – und er beginnt eben nicht bei sich
selbst, sondern in der Auseinandersetzung
oper
mit dem Kollektiv. Das ist sehr spannend,
auch und gerade für Zuschauer heute.
Roth Der Aspekt des Kollektivs ist dabei
nicht nur auf der stückimmanenten Ebene
Thema, sondern auch auf der personellen:
Denn der Chor, der in diesem Werk eine
Hauptrolle spielt, ist ja ein Theater-Kollektiv
und somit auch das Abbild einer Gesellschaft
im Kleinen. Inwiefern spiegelt das »Modell
Chor« die inhaltlichen Fragen des Stückes?
von Peter Ein Chor ist nie nur Gesellschaft,
sondern Gemeinschaft. Ein Chor muss sogar
Gemeinschaft sein, als eine »Einheit der Vielen« in seiner hoffnungsvollen, oder auch
hoffnungslosen und zugleich sehnsuchtsvollen Bedeutung. Chorisches Singen füllt
die Leere zwischen den Einzelnen, die eben
manchmal innerhalb der Menge auch ganz
Vereinzelte sein können. Das überträgt sich
unmittelbar.
Natürlich ist zu fragen, ob ein Theater-Chor
nur ästhetisches Surrogat des Verlorenen
sein kann oder auch konkretes Vorbild für
gesellschaftliches Miteinander. Man muss
nur einmal dabei sein, wenn Orchesteroder Chorkollektive arbeiten, um zu verstehen, was die Versprechen, allerdings auch
die Gefahren von gelebter Gemeinschaft
sind. Und auch Nonos geradezu rituelles Musiktheater ist ja nicht frei von vereinnahmenden, autonomievernichtenden, das heißt
entmündigenden, nahezu totalitären Zügen.
Nono hat die Chöre so komponiert, dass die
verschiedenen Stimmgruppen aus kleinen
Silben zusammen einen Satz formen. Wenn
da eine Stimmgruppe ausfällt, kommt kein
Satz mehr zustande.
Roth Der Kollektivgedanke wird in deiner
Interpretation noch verschärft, weil die Zuschauer sich inmitten des Chores und der
Solisten befinden, also Teil des Klangkörpers sein werden. Ein solches Konzept ist
eine große Herausforderung für alle Beteiligten, einschließlich für dich als Regisseur.
Wie lässt sich das überhaupt proben?
von Peter Die Arbeit ist dieses Mal tatsächlich sehr anders – wir können Vorgänge nur
hochrechnen, müssen uns für bestimmte Situationen darauf verlassen, so genau wie
möglich auf Improvisation vorbereitet zu
sein. Obwohl es ein Stück über ein Kollektiv
ist, kommt es auf jeden Einzelnen an. Ich
sage den Choristen immer: Es ist wie im guten Sozialismus. Sobald auch nur ein Einzelner nicht die Verantwortung für sich und
seine Haltung übernimmt, klappt es nicht.
Es ist wichtig, dass sich Form und Inhalt so
decken – wir arbeiten quasi an einem kleinen sozialistischen Experiment.
Durch diese Form ermöglichen wir es dem
Stück aber auch, von sich selbst zu erzählen.
Der Text soll mit möglichst kleinem Aufwand
und ohne Künstlichkeit zirkulieren – durch
seine Eigendynamik, durch sein Gewicht
und durch die Energie eines Raumes voller
Menschen. Wir wollen Platz für das Publikum, für das »Tier« Masse schaffen, für die
Summe von vielen Menschen, vor deren Dynamik man auch heute noch, lange nach
den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts, Angst
haben kann.
Roth Herta Müller hat geschrieben: »Utopie
ist ein Bedürfnis für jene, die noch nicht in
einer Situation gelebt haben, in der man
nicht weiß, wie man den nächsten Schritt
tut oder das nächste Wort sagt. Die noch nie
Todesangst haben mussten, nur weil sie einer angewandten Utopie nicht entspra-
06.07
oper
chen.« Dieses Zitat birgt die zynische Spitze,
dass es uns in der westlichen Demokratie
vielleicht zu gut geht, um politisch aktiv zu
sein. Wie sieht das auf der künstlerischen
Ebene aus: Kann Theater heute überhaupt
noch auf glaubwürdige Weise politisch sein?
von Peter Das ist eine schwierige Frage,
denn zunächst einmal muss man klären,
was »glaubwürdig« und »politisch« heißt. Sicherlich versteht sich politisches Theater
heute nicht mehr als ein Theater, das Politik
direkt kommentieren oder kritisieren will.
Es wird eher politisch Theater gemacht als
politisches Theater. Ich finde es auffallend,
dass gerade in den letzten Jahren eine Flut
an Spielweisen entstanden ist, die das Politische auf dem Theater wieder zu reaktivieren versuchen.
Für mich persönlich ist Theater politisch,
wenn es um Träume, um Wunschenergien
geht. Träume sind ja immer auch Ausdruck
von gesellschaftlicher Not. Wären wir im Paradies, müssten wir nicht träumen. Alexander Kluge sagt: Träume sind nicht Utopien,
sie sind Heterotopien, also »andere Orte«,
eine andere Wirklichkeit, die gleich neben
der ersten Wirklichkeit liegt. Um diese anderen Wirklichkeiten geht es, die muss man
befragen und schauen, ob in ihnen ein anderes Mögliches liegt – das kann durch die
ästhetische Praxis oder inhaltlich geschehen, dadurch also, dass man sich zu einem
Stoff verhält. Alles, was einen nicht glauben
macht, dass die Wirklichkeit so ist, wie sie
ist, ist für mich politisierend, denn es erzählt
davon, dass wir die Welt auch befragen und
somit zumindest potentiell anders denken
und gestalten können.
Benedikt von Peter studierte Musikwissenschaft, Germanistik, Jura und Gesang.
Er war Assistent von Luca Ronconi und
Peter Mussbach bei den Salzburger Festspielen und langjähriger Regiemitarbeiter von Christof Loy. Außerdem gehörte er
zu den Initiatoren der »Akademie Musiktheater Berlin Salzburg« und zur Produzentengemeinschaft »evviva la diva«, mit
der er u.a. die Uraufführung von Zwei
Etagen. Keine Treppe von Klaus Lang am
Hebbel Theater Berlin realisierte, die für
das Festival Impulse nominiert wurde.
Von 2003 bis 2005 war Benedikt von Peter
Spielleiter an der Hamburgischen Staatsoper und erarbeitete dort u.a. die deutsche Erstaufführung von Peter Eötvös’
Angels in America, die 2006 zum Holland
Festival eingeladen war. Am Theater Heidelberg inszenierte er 2006 Hans Zenders
Chief Joseph (ausgezeichnet mit dem GötzFriedrich-Preis 2007) und 2008 Eugen
Onegin. Darüber hinaus arbeitet von Peter
an der Komischen Oper Berlin (Theseus,
Fidelio), an der Oper Frankfurt (I masnadieri) und am Theater Basel (Les Dialogues des Carmélites). Seit 2007 hat von
Peter eine Gastprofessur für Regie an der
Hochschule für Musik und darstellende
Kunst Frankfurt inne.
Intolleranza 1960
Szenische Aktion in zwei Teilen von Luigi Nono
in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musik alische Leitung
Benedikt von Peter
Geraldine Arnold
tung
Stefan Klingele
Bühne
Video
Inszenierung
Katrin Wittig
Bert Zander
Kostüme
Klanggestal-
Markus Hübner/Tamer Fahri Özgönenc
Dan Ratiu
Dramaturgie
Emigrant
Mathias Schulz
kenstein
Frau
Premiere
Gefährtin
Karen Fran-
Khatuna Mikaberidze
Christopher Tonkin
Chor
Sylvia Roth
Gefolterter
Algerier
Tobias Schabel
9. September 2010, 19.30 Uhr
Weitere Vorstellungen
11., 17., 25. September, 3.,
13., 29. Oktober und 9. November 2010
Begrenzte Platzzahl! Nicht barrierefrei zugänglich!
rund um »Intolleranza 1960«
Diskussionsforum »Ist die Politik am Ende?«
11. September (Oskar Negt), 13. Oktober (Dr. Gregor
Gysi), 29. Oktober (Gerhart Baum), jeweils 21.15 Uhr
Vortrag »Musik und Politik bei Nono und Henze«
Dr. Albrecht Dümling (Musikwissenschaftler)
24. September, 16.30 Uhr, Laves-Foyer
K ammerkonzert Luigi Nono
u.a. La fabbrica illuminata (1964) für Sopran-Solo
und vierspuriges Tonband . Hay que caminar sognando (1989) für zwei Violinen
Musik alische Leitung
dersachsen
mit
Stephan Meier, Musik 21 Nie-
Arantxa Armentia (Sopran); Miriam
Hagen, Jutta Rübenacker (Violinen); Joachim Heintz,
Elektronisches Studio der HMTH (Klangregie)
26. September, 19.30 Uhr, Kunsthalle FAUST
oper
Neue Presse, 18.12.2006
»Ein herrlicher Opernabend, der einfach und vor
allem Spaß gemacht hat.«
Hannoversche Allgemeine, 18.12.2006
»Raffiniert in Szene gesetzt.«
BILD, 18.12.2006
»Am Schluss ist das Publikum aus dem Opernhäuschen – fast 10 Minuten Jubel!«
L’italiana in Algeri
(Die Italienerin in Algier)
Komische Oper von Gioacchino Rossini
Musik alische Leitung
Ingo Kerkhof
Bühne
Stephan von Wedel
Chor
Dan Ratiu
Mustafà
Andrea Sanguineti
Choreographie
Dramaturgie
Tobias Schabel
Carmen Fuggiss
Zulima
Elvira
Karen Frankenstein/
Mareike Morr
Monika Walerowicz
Lindoro
Taddeo
Eine russische Konzertpianistin
Wiederaufnahme
Kostüme
Krystyna Plachetka
Sylvia Roth
Armasi/Young Myoung Kwon
Isabella
Inszenierung
Frank Philipp Schlößmann
Haly
Shavleg
Sung-Keun Park
Frank Schneiders
Tatiana Bergh
am 18. September 2010
Weitere Vorstellungen im Herbst
26. September, 16. Oktober, 27. November 2010
08.09
oper
Dorothea Hartmann
Gib mir die Ruh’ zurück!
Zur Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts Die Entführung aus dem Serail
Protest: »mein Drama zu missbrauchen«
»Ein gewisser Mensch, Namens Mozart, in
Wien hat sich erdreistet, mein Drama Belmont und Constanze zu einem Operntexte zu
missbrauchen.« Christoph Friedrich Bretzner, Geschäftsmann und Dichter aus Leipzig,
verstand die Welt nicht mehr: Seit Jahren
wurden seine Singspiel-Texte von den Komponisten anstandslos übernommen und vertont, auch in Wien hatte man zwei seiner
Libretti mit Erfolg gespielt: Adrast und Isidore und im Januar 1782 Das Irrlicht oder
Endlich fand er sie. Und nun erdreistete sich
im selben Jahr ein Komponist, Belmont und
Constanze einschneidend zu bearbeiten,
das doch in der Vertonung des Offenbacher
Johann André schon eine adäquate musikalische Umsetzung erfahren hatte. Ein anderer Singspiel-Experte hingegen, der sich seit
Jahren an diesem Genre versuchte, erkannte die Qualität und den radikalen Neubeginn
von Mozarts Bearbeitung: »Alles unser Bemühen, uns im Einfachen und Beschränkten
abzuschließen, ging verloren, als Mozart
auftrat. Die Entführung aus dem Serail
schlug alles nieder«, schrieb Goethe in der
Italienischen Reise.
Selbstbewusstsein: »die aria dem
Stephani ganz angegeben«
Wie der umfangreiche Briefwechsel zur Entführung dokumentiert, arbeitete Mozart sich
über Monate an Bretzners Text ab und
wünschte sich – wenn es auch nur zwischen den Zeilen deutlich wird – einen anderen Partner als seinen Librettisten Gottlieb Stephanie d. J. Denn dieser hatte in
seiner ersten Bearbeitung lediglich Kürzungen vorgenommen. Alle weiteren Änderungen und vor allem die Konzeption von 13
neuen Nummern gehen auf Mozart selbst
zurück. Dies ist umso erstaunlicher, als Mo-
zart, der erst seit kurzer Zeit in Wien lebte,
eigentlich nicht den Status hatte, seinem Librettisten gegenüber dominant aufzutreten.
Denn Stephanie war eine feste Größe im
Wiener Theaterleben. Er feierte seit über 10
Jahren als Schauspieler Erfolge, war Mitglied im Direktorium des Burgtheaters und
hatte als Dramatiker unzählige Stücke für
die Bühne bearbeitet. Die Kollegen fürchteten Stephanies Ehrgeiz und Machtwillen
und beschrieben ihn als »neidisch, unruhig,
ränkesüchtig«. Mit Stephanie traf also ein
Querulant und Dickkopf, ein ebenso schwieriger wie erfahrener Theatermann auf einen
relativ unbekannten, jungen Opernkomponisten. Doch mit unbeirrbarer künstlerischer
Sicherheit und unerschütterlichem Selbstbewusstsein scheint Mozart die Marschroute
der Bearbeitung vorgegeben zu haben. Der
junge Kollege diktierte dem 15 Jahre Älteren
die neue Dramaturgie, ja bisweilen einzelne
Worte direkt in die Feder: »die aria hab ich
dem H: Stephanie ganz angegeben; - und
die hauptsache der musick davon war schon
fertig, ehe Stephani ein Wort davon wuste.«
Erotik: »die verführung aus dem
Serail«
Eine brillante literarische Vorlage wie Beau­
marchais’ Figaro und ein kongenialer Li­
brettist wie Lorenzo da Ponte standen bei
der Arbeit an der Entführung also nicht zu
Verfügung. Vor diesem Hintergrund ist es
umso bemerkenswerter, wie Mozart Bretzners mittelmäßiges Singspiel umformt zu
einem Musiktheater in seinem eigenen Geiste. Sicher bleiben sprachliche Unbeholfenheiten der Vorlage bestehen. Doch die Grund­
aussage wird eine völlig andere. Denn für
das eigentliche Herz des Singspiels interessierte sich Mozart kaum: Die turbulente Szene der Entführung, die bei Bretzner und
Johann André zu den gewichtigsten Num-
mern gehört, übergeht er musikalisch und
vertont keine einzige Textzeile. Mozart setzt
einen ganz anderen Schwerpunkt: Mag es
ein Flüchtigkeitsfehler sein oder auch nicht
– in einem Brief an den Vater gibt er als Titel
seines Singspiels bezeichnenderweise an:
»die verführung aus dem Serail« (1.8.1781).
In diesem Sinne steuert Mozarts Entführung
von der ersten Arie an weniger auf einen
aktionistischen Höhepunkt zu, sondern bewegt sich eher kreisend um ihr Zentrum:
Liebe und Verführung in den unterschiedlichsten Variationen.
Natürlich war das nichts Neues, im Gegenteil: »Tändeleyen« und »Schäkereyen« stellten die Grundlage der meisten Singspiele
und Rührstücke. Doch dort geschah es auf
dem meist prüden Boden der Empfindsamkeit und erschöpfte sich – wie auch in Bretzners Vorlage – in selbstgefälliger Demonstration bürgerlicher Tugendhaftigkeit. Das
bedeutete immer auch das Unterdrücken
von Leidenschaften und die Verdrängung
von Erotik. Als »sittenlos« erachteten die
moralischen Erbauungsschriften der Zeit
etwa schon jenen Mann, der die Frau beim
»Deutschen (Tanz) an sein laut klopfendes
Herz drückte, dessen Arme voll kochenden
Bluts sie fest umfassten und wild im rauschen Wirbeltanz dreheten« (Jahrbuch für
die Menschheit, Hannover 1788).
Vor dem Hintergrund derlei Ängste vor Kontrollverlust und Sexualität werden Mozarts
radikal anderes Menschenbild und sein Verständnis von der Freiheit des Menschen
auch in der Liebe noch deutlicher. Verführung, Tanz, Sinnlichkeit und Körperlichkeit
sind seinem Musiktheater ebenso unabdingbar zugehörig wie die Gefährdungen, die
daraus resultieren. Und wenn die Liebesverbindungen ebenso frei sind wie der Mensch
selbst, also nichts als dem subjektiven Willen und den eigenen Gefühlen unterworfen,
oper
bedeutet das, Irritationen in Kauf zu
nehmen und Möglichkeiten durchzuspielen, die der
landläufigen Moral
widersprechen. So
schenkt Mozart auch
in der Entführung –
ähnlich wie in den späteren da Ponte-Opern – jenen Anziehungskräften, die
gegen die Ordnung verstoßen,
größere Aufmerksamkeit als den
konventionellen Paaren. Zunehmend
verwirren sich die Figuren in den Vorstellungen der unmöglich erscheinenden
Beziehungen Bassa-Konstanze und OsminBlonde. Von Anfang an begleiten Zweifel die
Figuren, denn schon aus Belmontes erster
Arie spricht die Angst, dass die Liebe mit der
Zeit eine andere geworden sein könnte, und
das nicht nur der räumlichen Trennung wegen. Sein Wunsch zu Beginn könnte Motto
des gesamten Singspiels sein: »Gib mir die
Ruh’ zurück!« Doch wirklich ruhig und rund
werden die Figuren in Mozarts Musiktheater
nie mehr. Auch in der Entführung sind sie
porös und verführbar, durchlässig für Fremdes und anfällig für Unsicherheiten.
Fremdheit: »Wahrnehmung einer
ewigen Unverständlichkeit«
In diesem Sinne geht es in Mozarts »Türkenoper« um weitaus mehr als um farbige Janitscharenmusiken und orientalische Schau­
plätze. Mozarts Exotismus bleibt nicht bei
Konflikten zwischen unterschiedlichen Nationen und Religionen stehen, zumal nur eine
einzige Figur den Kulturkonflikt wirklich
trägt: Osmin. Der vermeintliche zweite Türke, Bassa Selim, wurde wie Belmonte in
Spanien geboren, wo man ihn aus jeglicher
sozialen
Ve r a n kerung riss
und um »Ehrenstellen, Vermögen, um alles«
brachte. In der Fremde musste er eine neue
Heimat finden. Selim ist
also ein exotisierter Europäer, ein Renegat, ein Fremder in
beiden Welten, im Orient wie im
Okzident. Er und sein Serail, ein Ort,
der – wo auch immer – außerhalb des bürgerlichen Rahmens liegt, werden in Mozarts
Entführung zur Projektionsfläche für uneingestandene Wünsche, Träume und Albträume. Das Exotische wird so zum Begriff für
das Unbekannte schlechthin, für das Unverständliche, das anzieht und abstößt, lockt
und schreckt. »Exotismusgefühl als der Begriff des Anders-Seins, die Wahrnehmung
des Diversen, das Wissen, dass etwas nicht
das eigene Ich
ist«, beschrieb
Victor Segalen, der
1908 als Arzt und Schriftsteller die entlegendsten Gebiete der Welt erkundete, die
Fremdheit allen Seins – in der Fremde
wie in der nächsten Nähe. Exotismus ist
für Segalen die ganz grundsätzliche,
»scharfe, unmittelbare Wahrnehmung einer
ewigen Unverständlichkeit«. Und damit
meint er auch einen Exotismus der Geschlechter: »Der tiefe Graben, der die Geschlechter trennt, der große Unterschied, die
ganze Unvereinbarkeit bricht hervor, schreit,
weint, schluchzt voller Liebe oder Verdruss.«
Das ist Mozart-Theater, das ist der innerste
Kern der »exotischen« Entführung aus dem
Serail: die Erfahrung von Fremdheit als die
Fremdheit der anderen und die Fremdheit
des eigenen Ich.
10.11
oper
Einsamkeiten: »Es lebe die Liebe!«
Anders als in Mozarts späteren Ensemble­
opern steht in der Entführung denn auch
weniger die musikalische Kommunikation
im Vordergrund, vielmehr dominieren einsame Soloaussprachen. Wichtiger und ebenbürtiger Partner der Bühne ist das Orchester,
das in einen neuartigen Dialog mit den Figuren tritt. Hier entstehen klingende Seelenräume, die von Freud und Wonne, Sehnsucht und Traurigkeit, Wut und Schmerz
widerhallen und bisweilen den einzigen
Schutz und Schirm bieten für die sich selbst
und den anderen fremd gewordenen Liebenden.
Das gilt auch und vor allem für Mozarts gravierendsten Eingriff in Bretzners Vorlage,
»die ganz Neue intrigue« (26.9.1781) am
Ende des zweiten Akts. Musikalischer Höhepunkt des gesamten Singspiels wurde eine
neu eingefügte Nummer auf der Basis einiger weniger Sätze aus Bretzners Libretto:
Belmontes Frage nach Konstanzes Verhältnis zum Bassa, Konstanzes Beteuerung ihrer
»Treue und Standhaftigkeit« und Belmontes
Entschuldigung: »O verzeih, Konstanze, verzeih dem mißtrauischen Liebhaber. Du weißt
ja: Unglück macht mißtrauisch.« Diesen dünnen Dialog erklärt Mozart zum Zentrum seiner Entführung. Er weitet ihn aus zum Quartett mit Pedrillo und Blonde, die dadurch
dem »hohen Paar« gleich gestellt werden.
Für alle vier wird der Boden brüchig, mit
Macht bricht die Fremdheit ein im scheinbar
glücklichsten Augenblick der Wiedersehensfreude. Und so scheint ausgerechnet im
Quartett, in der einzigen großen Ensemblenummer der Entführung, die Einsamkeit der
Figuren am größten. Die Zweifel von Belmonte und Pedrillo äußern sich nur in musikalischen Fetzen: »Man sagt, … du seist …«
oder »… doch Herr Osmin …« Die Frauen
und das Orchester greifen mit weiteren kleinen Motiven voneinander unabhängig in
den äußerst beweglichen Satz ein. Mozarts
»diskontinuierliche Satzstruktur« ist auch
hier einmal mehr ein Abbild der Freiheit des
Menschen, die Spontaneität und damit die
Sprunghaftigkeit von Gedanken zulässt und
dabei immer im unmittelbaren Jetzt passiert:
»Mitten im Stück greifen immer wieder Kräfte ein, selbständige Impulse, in unserer Gegenwart, nicht vorausberechenbar.« (Thrasybulos Georgiades) Doch im Quartett der
Entführung bedeutet dies weniger Kommunikation miteinander, als vielmehr ein ineinander verschränktes Nebeneinander. Jeder bleibt mit seinen widersprüchlichen
Gedanken allein. Dabei stockt der Fluss des
musikalischen Satzes immer wieder. Er endet in Fermaten und rezitativischen Einschüben, die aus Raum und Zeit gefallen zu
sein scheinen und von Pausen und Schweigen durchsetzt sind. Die »Ruh’«, der naive
Glaube an eine unverbrüchliche Treue und
an die Unveränderlichkeit von Gefühlen,
scheint spätestens hier allen abhanden gekommen zu sein. Sätze wie das folgende »Es
lebe die Liebe« sind in Mozarts Musiktheater
dennoch keine hohlen Phrasen. Die Fähigkeit zur Liebe ist vielmehr ein weiterer Ausdruck der Freiheit des Menschen: eine Freiheit, die bei Mozart eben immer auch die
Erfahrung von Fremdheit und die »Wahrnehmung der ewigen Unverständlichkeit«
impliziert.
Regisseur Ingo Kerkhof hat in den vergangenen Spielzeiten mehrfach mit großem Erfolg an der Staatsoper inszeniert:
Rossinis L’italiana in Algeri, Monteverdis
L’Orfeo und Cavallis La Calisto. 2009
folgte die erste Auseinandersetzung mit
dem Musiktheater Mozarts: eine ebenso
tiefgründige und psychologische wie
spielfreudige Inszenierung von Le nozze
di Figaro. Die in Hannover gefeierte Regiearbeit fand auch überregional große
Beachtung und wurde an das Münchner
Prinzregententheater eingeladen. Neben
freien Arbeiten mit der von ihm gegründeten KerkhofProduktion inszeniert Ingo
Kerkhof außerdem u.a. am Düsseldorfer
Schauspielhaus, Deutschen Schauspielhaus Hamburg, Landestheater Linz, Theater am Neumarkt in Zürich, Theater Bern,
Oper Köln und Hans-Otto-Theater Potsdam.
Die Entführung aus dem Serail
Singspiel von Wolfgang Amadeus Mozart
Musik alische Leitung
Ingo Kerkhof
von Wedel
Lopes
Bühne
Chor
Dan Ratiu
Dramaturgie
Bassa Selim
Ivan Repušić
Anne Neuser
Inszenierung
Kostüme
Stephan
Choreographie
Cássia
Dorothea Hartmann
Nicole Coulibaly Konstanze Nicole Che-
valier/Dorothea Maria Marx
Blonde
Ania Vegry/Hi-
nako Yoshikawa
Belmonte
Philipp Heo/Sung-Keun Park
Jörn Eichler/Ivan Turši���c´�
Osmin
Pedrillo
Shavleg Armasi/Al-
bert Pesendorfer
Einführungsmatinee
Sonntag, 19. September 2010, 11 Uhr, Laves-Foyer
Öffentliche Generalprobe
Donnerstag, 30. September 2010, 18.30 Uhr
Premiere
Samstag, 2. Oktober 2010, 19.30 Uhr
Kantinenplausch
oper
Orchester
Annika Klein
Reingehört!
Die Spielzeitpause ist vorbei. Doch Michael Kokott hat
bereits zwei Wochen vor dem eigentlichen Probenbeginn des Orchesters wieder mit dem Üben angefangen.
Der 1. Solo-Posaunist des Niedersächsischen Staatsorchesters braucht diese Zeit, um sich wieder an sein Instrument zu gewöhnen und ins Musizieren reinzukommen.
Das Üben kennt Michael Kokott seit seiner Kindheit,
denn er kommt aus einer musikalischen Familie. Sein Vater war Posaunist in Hamburg. So lag es nahe, dass er
von ihm auch seinen ersten Posaunenunterricht bekam.
Dass die Posaune letztlich sein Haupt-Instrument werden sollte, stand nicht von Anfang an fest. Denn zunächst
versuchte Kokott es mit der Trompete, konnte sich aber
nicht so ganz mit ihr anfreunden. Im Alter von 12 Jahren
wendete er sich dann der Posaune zu. Vier Jahre später
entstand bei Michael Kokott der Wunsch, Berufsmusiker
zu werden – zu dem Zeitpunkt spielte er bereits im Hamburger Jugendorchester.
Nach seinem Posaunenstudium in Hamburg führte ihn
der Weg zum Staatsorchester Hannover. Hatte sein Vater
in Hannover studiert und in Hamburg gearbeitet, machte
es Michael Kokott genau anders herum. Seit 14 Jahren
ist er nun Mitglied des Staatsorchesters und fühlt sich in
Hannover sehr wohl.
Musik hört er zu Hause relativ wenig – und wenn, dann
ist es vor allem Klaviermusik von Johann Sebastian Bach.
»Vielleicht hat das was damit zu tun, dass da keine Posaunen mitmachen«, sagt er und lacht. Aber auch von
Bachkantaten mit Thomas Quasthoff und den Berliner
Barock Solisten ist er begeistert.
Die Aufnahme
J. S. Bach Ich will den Kreuzstab gerne tragen, BWV 56;
Ich habe genug, BWV 82; Der Friede sei mit dir, BWV
158; Thomas Quasthoff, Berliner Barock Solisten (Deutsche Grammophon 2004)
Neues aus dem Orchester
Zahlreiche neue Gesichter sind im Niedersächsischen
Staatsorchester Hannover in der Jubiläumssaison zu
entdecken. Als alternierende 1. Konzertmeisterin kommt
Lucja Madziar aus Essen nach Hannover; bei den Essener Philharmonikern unter Stefan Soltesz hatte sie dieselbe Position seit 2006 inne. Ein weiteres neues Mitglied in den 1. Violinen ist Hasmik Badalyan, die nach
Stationen in Hamburg (NDR) und Mannheim nach Hannover kommt. Die koreanische Kontrabassistin You-Min
Jun verstärkt die Gruppe der größten Streichinstrumente, nachdem sie ihre erste Orchestererfahrung im
Bucheon Symphony Orchestra in ihrem Heimatland sowie in Frankfurt und Mannheim gesammelt hat.
Auch in den Bläsern sind neue Kolleginnen und ein Kollege zu begrüßen: Anna Kiefer vertritt Bernadette
Schachschal als 3./1. Flöte während deren Elternzeit.
Nach einem Praktikum in Mainz war sie Mitglied der Orchesterakademie der Staatskapelle Berlin. Dort hat auch
Agneta Sieweke gespielt, bevor sie in die Klarinettengruppe des Staatsorchesters aufgenommen wurde.
Swantje Vesper, 3. Horn, kommt aus Stuttgart an die
Leine und hat neben der Jungen Deutschen Philharmonie bereits bei den Ulmer Philharmonikern als ständige
Aushilfe gespielt. Der Schweizer Matthias Kümin schließlich kommt als 3./1. Trompete nach Hannover. Auch er
war Mitglied in der Jungen Deutschen Philharmonie und
musizierte in der Schweiz bereits bei den Berner Sinfonikern, beim Verbierfestival Orchester 2009 und im
Sinfonie­orchester St. Gallen.
375 Jahre
Niedersächsisches
Staatsorchester
Hannover
12.13
Kantinenplausch
Swenja Schum
Brie, Baguette und deutsches Bier
Die französische Tänzerin Karine Seneca
Karine Seneca wurde in Cannes geboren –
eine Stadt, die insbesondere durch die jährlich dort stattfindenden Filmfestspiele weltweiten Ruhm erlangt hat. Ob dieses bedeutende Ereignis in ihrer Heimatstadt einen
Einfluss auf das ausgeprägte kulturelle Interesse von Karines Eltern hatte? Jedenfalls
meldeten sie ihre Tochter bereits im Alter
von sechs Jahren an einer Ballettschule an.
»Für mich war es am Anfang nur ein Hobby,
ein bisschen Bewegung, die mir Spaß gemacht hat.« Ihr Talent wurde schnell erkannt: Drei Jahre später wechselte Karine
an die École Supérieure de Danse Rosella
Hightower – der Grundstein für eine professionelle Tänzerkarriere schien gelegt.
Im Alter von 15 Jahren unterbrach sie ihre
Ausbildung. »Ich hatte Probleme mit mir
selbst und war sehr schüchtern. Ich fühlte
mich in der Rolle einer Tänzerin nicht mehr
wohl; da habe ich einfach aufgehört.« Einige
Monate später jedoch stellte sie fest, dass
sie das tägliche Tanzen, die Bewegung und
die Musik mehr vermisste als zunächst gedacht – und so nahm sie kurzerhand den
Unterricht wieder auf. »Es war, als sei ein
Knoten geplatzt. Auf einmal wusste ich, dass
ich nichts anderes wollte als das Tanzen.«
So wurde aus dem schüchternen Teenager
im Laufe der Jahre eine Tänzerin mit Leib
und Seele. Karine hat in Basel, Düsseldorf,
Zürich und Boston getanzt, bevor sie in die
Kompanie von Jörg Mannes wechselte. Hier
begeistert sie das Publikum seit 2008 in
großen Rollen: als Mutter in Cinderella,
Zarewna in Der Feuervogel, Marie in Nussknacker und Mausekönig oder Tourvel in
Gefährliche Liebschaften. Im Sommernachts­
traum von Jörg Mannes, der am 6. November
Premiere hat, wird sie als Elfenkönigin Titania auf der Bühne stehen.
Auch nach ihrer aktiven Karriere möchte sie
dem Tanz treu bleiben – am liebsten als
Coach für junge Absolventen professioneller
Ballettschulen. »Junge Leute, die gerade aus
der Schule kommen und das harte Tanzbusiness nicht kennen, scheitern oft an den enor­
men Erwartungen, die an sie gestellt werden. Ich denke, dass man diese jungen
Menschen nicht nur physisch, sondern auch
mental trainieren muss. Sie müssen lernen,
wie man Stress bewältigt und mit dem gro­
ßen Druck umgeht. Das ist ein Beruf, der der
Tanzwelt noch immer fehlt.«
Junge Tänzer könnten in jedem Fall eine
Menge von Karine lernen. Egal ob in Giselle,
La Sylphide, im Nussknacker oder im Schwanensee – kaum eine wichtige Rolle, die sie
noch nicht getanzt hat. Und so scheint es,
als sei Karines tänzerisches Repertoire um
einiges größer als ihr kulinarisches: »Ich koche zwar gern für mich selbst, aber sonderlich viele Gerichte kann ich nicht.«
Als Französin vermisst sie in Deutschland
vor allem die Produkte der französischen Pâtisserie, den Käse und die Gewohnheit der
Franzosen, sich für ihre abendlichen Mahlzeiten oft stundenlang Zeit zu nehmen und
im Kreis der Familie ausgiebig zu essen.
Dem französischen Wein trauert sie übrigens
keineswegs hinterher. »Ich habe noch nie
gern Wein getrunken. Da bevorzuge ich ein
gutes deutsches Bier!«
Für die Leser der seitenbühne hat Karine ein
Gericht ausgesucht, das sie aus ihrem Elternhaus kennt. »Egal, in welches Restaurant man geht – kein Koch ist so gut wie
meine Mutter, mein Vater oder mein Großvater. Das beste Essen macht immer noch die
Familie!«
Hachis parmentier (HackfleischKartoffelpüree-Auflauf)
Zutaten:
600 g Hackfleisch___1 Zwiebel___150 ml Weißwein___300 ml Bouillon___900 g Kartoffeln___150
ml Crème fraîche___Gruyère zum Überbacken
Zunächst den Ofen auf 230 Grad vorheizen.
Als erstes die Hackfleischmasse zubereiten: Zwiebeln klein schneiden und in Butter anbraten. Wenn
die Zwiebeln glasig werden, das Hackfleisch dazugeben und gut mit Pfeffer und Salz würzen. Nach
und nach den Weißwein und die Bouillon hinzufügen und alles zusammen zum Kochen bringen. Dabei
immer wieder den entstehenden Schaum abschöpfen. Langsam die Temperatur der Herdplatte absenken und das Gemisch weiter köcheln lassen.
Für das Kartoffelpüree die Kartoffeln kochen, stampfen und mit der Crème fraîche verfeinern. Eine große
Auflaufform einfetten, zuerst das Kartoffelpürree
hineingeben und das Hackfleischgemisch darauf
schichten. Zum Schluss mit Gruyère bestreuen und
im Backofen so lange backen, bis der Käse zerlaufen
ist und sich eine Kruste gebildet hat. Bon appétit!
Kantinenplausch
Neue Presse, 12.06.2010
»So richtig schön verrückt, frisch und über­
raschend ... Eine ebenso wunderbare wie wunderliche Komödie.«
Hannoversche Allgemeine, 12.06.2010
»Bravourös!«
Ein Stück Zeit /
Walking Mad
Ein Stück Zeit
Ballett von Jörg Mannes. Musik von Alberto Iglesias,
Michael Nyman, Dustin O’Halloran, Giovanni Sollima u. a.
Choreographie
Heidi de Raad
Jörg Mannes
Licht
Bühne
Peter Hörtner
Lars Peter
Kostüme
Dramaturgie
Brigitte
Knöß
Walking Mad
Ballett von Johan Inger. Musik von Maurice Ravel
Choreographie, Bühne und Kostüme
Johan Inger
Licht
Erik Berglund
Wiederaufnahme
12. September 2010
weitere Vorstellungen
16. September, 5. und 14. Oktober,
10. und 18. November, 5., 15. und 18. Dezember 2010
14.15
konzert
Dorothea Hartmann
Zerfurchte Seelenlandschaften
Marc Albrecht im Gespräch über Anton Bruckner
Im ersten Sinfoniekonzert, das die Jubiläumsspielzeit »375 Jahre Niedersächsisches Staats­
orchester« eröffnet, dirigiert Marc Albrecht Anton Bruckners dritte Sinfonie d-Moll (1877) und
die Uraufführung H 375 von Giorgio Battistelli. Albrecht ist der Staatsoper auf vielfältige Weise
verbunden, nicht zuletzt durch die langjährige Arbeit seines Vaters George Alexander Albrecht an
diesem Haus als Generalmusikdirektor. Mit 31 Jahren wurde Marc Albrecht selbst Generalmusik­
direktor am Staatstheater Darmstadt. Im Laufe seiner steilen Karriere gastierte er bei allen gro­
ßen Orchestern und Opernhäusern weltweit und leitete mehrfach Produktionen bei den Bayreuther
und Salzburger Festspielen. Seit 2006 ist er Chefdirigent des Orchestre Philharmonique de Stras­
bourg, ab 2011 wird er dieselbe Position an der Nederlandse Opera Amsterdam übernehmen.
Dorothea Hartmann Bei der Programm­
planung für das erste Sinfoniekonzert war
die 3. Sinfonie von Anton Bruckner Ihr ausdrücklicher Wunsch. Warum gerade Bruckner? Und warum Bruckner in Hannover?
Marc Albrecht Ich habe mehrfach und mit
großer Freude mit dem Orchester der Staatsoper gearbeitet, aber hier noch nie Bruckner
dirigiert. In den letzten Jahren habe ich persönlich zudem einen Bruckner-Zyklus erarbeitet. Die 3. Sinfonie war bislang noch
nicht dabei, aber ich beschäftige mich mit
diesem Werk schon seit längerem. Dazu
kommt, dass ich in den 70er Jahren den
Bruckner-Zyklus meines Vaters mit dem-
selben Orchester verfolgt habe. Meine allererste Bruckner-Sinfonie habe ich in Hannover mit 14 Jahren gehört. Diese Musik hat
mich seitdem sehr begleitet. Und daher ist
es auch besonders schön, mit so einem Stück
jetzt vor dem Orchester stehen zu dürfen.
Hartmann Von dieser Sinfonie gibt es drei
sehr unterschiedliche Versionen. Sie haben
sich für die weniger häufig gespielte zweite
Fassung von 1877 entschieden. Warum?
Albrecht Ich finde die erste Fassung ziemlich problematisch: Es gibt dort eine Fülle
von sehr plakativen Wagner-Zitaten, die in
Bruckners Wagner-Begeisterung entstanden
sind, ein Jahr später aber von ihm selbst
wieder getilgt wurden. Die zweite Fassung
ist für mich wesentlich schlüssiger. Die Wagnerismen sind jetzt in Bruckners Personalstil
aufgelöst, man spürt deutlich die gewonnene
Sicherheit im Umgang mit dem Material.
Hartmann Bruckner hat Richard Wagner die
Sinfonie auch gewidmet. Doch den heute
häufig verwendeten Titel »Wagner-Sinfonie«
halte ich für die zweite Fassung für wenig
treffend. Nicht nur, weil die Wagner-Zitate
kaum noch hörbar sind, sondern auch ganz
grundsätzlich: Natürlich gibt es die oft beschriebenen Verwandtschaften zwischen
Wagner und Bruckner. Vor allem in Bruckners Modulationen hört man den verehrten
»Meister aller Meister« als Vorbild. Aber denken beide Komponisten musikalisch letztlich
nicht völlig unterschiedlich?
Albrecht Richtig. Wagner kann ja auch keine
wesentlichen Instrumental-Kompositionen
vorweisen. Das ist ein entscheidender Unterschied. Auch das Denken aus dem Bachschen Kontrapunkt heraus und das Denken
von der Orgel her, übertragen auf einen orgelhaften Orchesterklang – das alles hat
Wagner nicht wesentlich interessiert. Am
ehesten vielleicht noch im Parsifal, aber den
gab es damals ja noch gar nicht. Wir sprechen über eine Periode, in der der Ring gerade kurz vor seinem Abschluss stand. Da
sind es dann Welten, die die beiden Komponisten trennen. Im Detail, taktweise, und
selbst bei der Themenbildung kann man
Wagner-Einflüsse finden, aber man sollte
Bruckner auf keinen Fall darauf reduzieren.
Er selbst hat sich immer klein gemacht, sich
viel zu devot und bescheiden gegeben. Dabei war er ein Gigant der sinfonischen
Struktur und des linearen und kontrapunktischen Denkens! Und das zeigt sich auch
schon in diesen frühen Werken.
konzert
Hartmann Bruckner war und ist bis heute
kein unumstrittener Komponist: Manche
sehen in ihm den musikalischen Reaktionär,
den in sich versunkenen und streng gläubigen Komponisten und betonen diese konservativen Aspekte. Auf der anderen Seite
gibt es die, die ihn für einen Wegbereiter
einer bestimmten Richtung der Moderne
halten – weil Bruckner in musikalischen
Blöcken denkt, in Terrassen und Schnitten.
Damit wird natürlich eine musikgeschichtliche Linearität suggeriert, die problematisch
ist. Dennoch: Wie würden Sie das einordnen?
Albrecht Ich stelle Bruckner gerne Olivier
Messiaen an die Seite, der aus einer ähnlichen Geisteshaltung und Spiritualität heraus paradoxerweise zu musikalischen Aussagen gefunden hat, die eigentlich radikal
neu sind. Es gibt bei beiden Komponisten
viele Ähnlichkeiten, vor allem in Bezug darauf, wie sie ihr musikalisches Material ganz
weit vorantreiben, z.B. bestimmte Akkordstrukturen, die eigentlich schon auf eine Bitonalität hinweisen. In der 3. Sinfonie ist
das bei Bruckner sicher noch nicht so ausgeprägt, aber beginnend mit der 4. Sinfonie
sucht er dann immer weiter nach einer Seelenlandschaft, die auch abrupte Risse und
schwarze Löcher kennt. Abgründe spielen
in Bruckners Sinfonien eine wichtige Rolle.
Er gibt also nicht nur der Kraft des Glaubens
seine Stimme, sondern gleichzeitig immer
auch dem Zweifel, den Ängsten der Seele.
Das macht Bruckner so spannend und groß
bis heute. Ich finde, dass man ihm manchmal Etikette aufklebt, die irreführend sind.
Natürlich war er in gewisser Weise konservativ. Er hat ja kaum Einflüsse von außen
zugelassen und sich hermetisch abgeriegelt.
Er war ein Kauz und Einzelgänger. Aber
dann findet er wiederum solche fortschrittlichen Klänge – eine Leistung, die künstlerisch wirklich unstrittig ist.
Hartmann Sie sprechen von Seelenlandschaften, Abgründen, schwarzen Löchern in
Bruckners Musik. Was bedeutet das für Sie
als Dirigent? Besteht manchmal die Gefahr,
von diesen Emotionen zu sehr mitgerissen
zu werden? Wappnen Sie sich dagegen?
Albrecht Die Gefahr besteht sicherlich, weil
man eine solche Musik erst in ihrer Ganzheit
und ihren Extremen in sich aufnehmen
muss. So eine Bruckner-Sinfonie macht viel
mit einem, und bei der Einstudierung liefert
man sich ihr komplett aus. Aber als Dirigent
muss man natürlich auch darauf achten,
dass man das sublimieren und in eine Aufführung transformieren kann, die zwar
nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig
lässt, in der man aber Kopf und Bauch in
eine gute Balance bringt. Das ist eigentlich
immer die Hauptschwierigkeit allen künstlerischen Tuns.
Hartmann Wie Herbert von Karajan einmal
sagte: »kontrollierte Ekstase«?
Albrecht Ja! Bruckner war ja auch ein Architekt von großen Klangräumen. Dieses
räumliche Denken ist ganz wichtig. Wir
müssen versuchen, – auch wenn wir dann
natürlich in der Staatsoper auf einer Bühne
agieren – einen sakralen oder idealerweise
sogar kathedralenartigen Raum zu evozieren. Man muss dieser Musik die Dimensionen und die Zeit geben, die sie braucht.
Hartmann Sie haben über die Beziehung
von Bruckner und Messiaen gesprochen.
Gibt es auch Bezüge zu Giorgio Battistelli,
dessen Auftragskomposition H 375 das Konzert eröffnet?
Albrecht Ich denke, dass diese Kombination sehr gut passt, obwohl sie nicht die naheliegendste ist. Battistellis Musik ist vielschichtig differenziert, feingliedrig und
geistvoll genug, dass sie die Konfrontation
mit Bruckner aushalten kann. Beim Studium
der Partitur habe ich gemerkt, dass hier mit
Klangsinn und Deutlichkeit komponiert
wurde. Nirgends hat man das Gefühl, dass
eine Note zu viel geschrieben wurde. Einen
ähnlichen Eindruck habe ich auch von den
Brucknerschen Kolossen: Obwohl sie zeitlich gewaltige Dimensionen einnehmen,
wird der Bogen nie überspannt. Beide Komponisten verbindet ein unglaubliches Formbewusstsein.
1. Sinfoniekonzert
Giorgio Battistelli H
375 (2010, Uraufführung)
Auftragswerk der Staatsoper Hannover
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 3 d-Moll (1877)
Dirigent
Marc Albrecht
Sonntag, 19. September, 17 Uhr
Montag, 20. September, 19.30 Uhr
Kurzeinführung jeweils 30 Minuten vorher
Komponistengespräch Giorgio Battistelli
Sonntag, 19. September, 16.30 Uhr
Mit freundlicher
Unterstützung
Uraufführung
zur Spielzeiteröffnung
Aus Anlass des 375. Jubiläums des Niedersächsischen Staatsorchesters hat die
Staatsoper Hannover drei Kompositions­
aufträge vergeben. Die erste Uraufführung
eröffnet die Konzertsaison: Giorgio Battistelli, einer der bedeutendsten italieni­
schen Komponisten der Gegenwart, komponierte zum 375. Geburtstag des Staats­
orchesters ein neues Werk mit dem
sprechenden Titel H 375. Battistelli war
in den letzten Jahren u.a. composer in residence an der Vlaamse Opera Antwerpen
und der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf. Sein umfangreiches kompositorisches Schaffen ist auf unterschiedliche
Weise immer von theatralen Dimensionen
bestimmt. Auch in den Orchesterwerken
spielt dramaturgisches Denken eine Rolle: Häufig ist Battistellis Instrumental­
musik inspiriert von Literatur, Film oder
Bildender Kunst. Zu den bekanntesten
Werken Battistellis zählen Experimentum
Mundi (Rom 1981), Teorema (München
1992), Prova d’orchestra (Strasbourg 1995),
Die Entdeckung der Langsamkeit (Bremen
1997), Auf den Marmorklippen nach Ernst
Jünger (Mannheim 2002) und zuletzt
Richard III (Strasbourg 2009).
16.17
Kinder und Jugendliche
Eva Bessert-Nettelbeck
Der Bi-Ba-Butzemann –
Ein Glücksfall für Kinder
Als festes
Ensemblemitglied der
Staats­oper
begeistert
Mezzo­sopra­
nistin Mareike
Morr seit der
Pre­miere des BiBa-Butzemann! im
No­vember 2009 auch
die jüngsten Zuschauer
nachhaltig: An die 40 Mal hat sie
sich seither mit der mobilen Oper auf die
musikalische Reise durch die Welt der Volksund Kinderlieder begeben. Mit dem Bi-BaButzemann! sieht sich Mareike Morr nicht
nur einem meist noch unerfahrenen, sondern vor allem äußerst kritischen Publikum
gegenüber: An den Gesichtern und der Körperspannung der Kinder lässt sich augenblicklich erkennen, ›wie es gefällt‹. »Nur
wenn Du selbst die Begeisterung in dir
spürst, kann der Funke überspringen. Ich
stehe hundertprozentig hinter dem Stück
und bin jedes Mal wieder aufs Neue gespannt auf die Reaktionen der Kinder.«
So hat die sympathische Sängerin mit ihrem
einnehmenden Lachen keinerlei Angst vor
Routine und tritt jedes Mal wieder mit der
gleichen Vorfreude und Energie vor das Publikum: »Mir hat mal ein Lehrer gesagt, du
musst ein Stück immer in dem Moment leben, da du die Bühne betrittst. Und genau
das mache ich. Auf diese Weise bleibt das
Stück immer frisch und auch für mich immer
spannend.« Hinsichtlich ihrer Einbildungskraft sind die Kinder wunderbar unterschiedlich: Jene, die eine Behauptung einfach annehmen, glauben Mareike Morr
sofort, wenn sie sagt, »diese Bank ist jetzt
ein Pferd«. Wohingegen die etwas älteren
Kinder zunächst noch anfangen zu protes-
tieren und rufen: »Das ist doch gar kein
Pferd, das ist eine Bank!« Bleibt Mareike
Morr aber im Spiel vehement bei ihrer Behauptung, greift der Mechanismus der Phantasie schließlich doch – es dauert nur dort
etwas länger, wo die Grenzen zwischen
Phantasie und Realität nicht mehr so einfach verschwimmen.
Besonders gerne erinnert sie sich an die
erste Probe mit Kindern: »Es war so faszinierend zu erleben, worauf die Kinder am lautesten reagieren. Noch heute ernte ich immer wieder brüllendes Gelächter, wenn ich
mir – um mich in den Jäger zu verwandeln
– eine Socke über den Schuh ziehe oder
vom Pferd falle und sage, ›Au, mein Po!‹«
Dann wiederum ist es schon vorgekommen,
dass ein Kind nach dem Schiffbruch bestürzt
auf die am Boden liegende Sängerin blickt
und in die gebannte Stille hineinruft: »Wir
müssen sofort einen Krankenwagen holen!«
Nach der Vorstellung sucht Mareike Morr
immer den direkten Kontakt zu den Kindern,
um ihre unmittelbaren Gemütsregungen
einzufangen. Die Fünfjährigen können oft
noch gar nicht genau formulieren was sie
bewegt: »Mareike, bist Du schon Schulkind?«, fragte mal ein Mädchen aus dem
Kindergarten. »Offenbar hatte sie zwar realisiert, dass ich wohl älter sein musste als
sie selbst, mochte mich aber dennoch nicht
bei den Erwachsenen einordnen.«
Auf die Frage, ob es eine Vorstellung gebe,
die der Sängerin besonders in Erinnerung
geblieben sei, antwortet sie spontan: »Eigentlich jede!« Und man glaubt ihr sofort,
wenn sie begeistert hinzufügt: »Jede Vorstellung hat ihren ganz eigenen Zauber, ihre
ganz eigene Atmosphäre und das finde ich
toll! Aber der Erfolg des Butzemanns ist
nicht zuletzt auch dem Komponisten Jonathan Seers zu verdanken,« bekräftigt Mareike Morr, »denn er hat die alt bekannten Kin-
derliedermelodien
mit rhythmischen
Elementen
und
akustischen Klängen
bestückt und so aufgewertet, dass sie die Kinder
unmittelbar ansprechen. Seine
Arrangements sind einfach Gold
wert!«
So sind sich große und kleine Kritiker einig:
Bi-Ba-Butzemann! ist »der Glücksfall eines
kindgerechten Musiktheaters« (HAZ vom 1.
Dezember 2008), und er lebt gleichermaßen
von der lebendigen Musik wie von der authentischen Art der Darstellerin, die sich jedes Mal aufs Neue mit Herz und Seele auf
die Suche nach dem Lied vom Bi-Ba-Butzemann begibt.
Bleibt noch die Frage nach dem Lieblingslied ihrer Kindheit, welche Mareike Morr mit
einem verschmitzten Lachen quittiert, ehe
sie anstimmt: »Der Whisky ist des Seemanns
Trost. Whisky Johnny! Am liebsten ruf ich
Skål und Prost, Whisky for my Johnny!«
E
f
JEi UNGE
3.
ntritt
Das Kinder- und Jugendprogramm der Staatsoper
wird unterstützt von
13:30–18:00 | ab 4
BI-BA-BALLHOF-FEST
Ballhofplatz
Ballhof Zwei
13:30
14:00 + 17:00 | ab 6
Der große Trommelwirbel
Eröffnung und Begrüßung
Ballhof Eins
14:00 | ab 5
Kinderkonzert »Die vier
Jahreszeiten«
Musik von Antonio Vivaldi
Mit Heini, dem kleinen Vampir
seven up
Tanztheater von Pantelis Zikas
15:30 | ab 3
Bi-Ba-Butzemann!
Eine Volks- und Kinderliederreise
Ballhof Zwei Probebühne
Ab 14:00
GrunzBlubberPiep
15:30 | ab 4
Sing, sing, sing!
Der Kinderchor der Staatsoper
Theaterpädagogisches Programm
19:00–24:00 | ab 13
Ballhof Konversationsraum
BAD TASTE-PARTY
Ab 15:30 16:30 | ab 6
Starke Stimmen
Heini, der kleine Vampir präsentiert die
Sänger der Jungen Oper
Selber sägen!
Ballhof Eins
Instrumente ausprobieren und
Instrumentenbauwerkstatt
19:00
Royal Basement Ensemble
Eröffnung und Begrüßung
Ballhof Zwei Foyer
19:30
15:00 + 16:00
Wehe, du heiratest!
Club XS + Club XM
Verpiss
!
dich
Die Kinder- und Jugendclubs
stellen sich vor
Ausschnitte aus »The Beggar’s Opera«
20:30
Rummsfeld Reloaded
Die Schlagzeuger der Staatsoper
21:30
N ur
du und
ich
Bad Taste-Party mit DJ Spin-O
Ballhof Zwei
Ballhof-Kino mit
»Rheingold – Der Film«,
»Das Ohrlabor – Der Komponistenclub der Staatsoper« und
»Culture Clash – Die Entführung«
E r ö ff n u n g s
fest
JEi UNGE O P ER HANNOVER
3.10.2010
ntritt frei – Zä
hlkarten für a
lle Veranstaltu
ngen
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18.19
Aus den Abteilungen
Swantje Gostomzyk
Die Zwei zum Hinschauen
Die Grafikerinnen der Niedersächsi
schen Staatstheater Hannover
In den letzten Monaten jagte an
der Staats­ ten sehr untersch
iedliche Entwürfe vorge­ Man
oper Hannover eine Auszeichnung
chmal sind die Abstimmungsproz
die nächs­ legt: Schmidt beschrei
esse
bt ihren im Rückblick anstreng
te. Mit Preisen bedacht wurden
end, und es ist immer eher zu viel
neben der als »typografisch
streng durchdacht, sehr als zu
Opernproduktion Aus einem Tote
wenig zu tun. »Aber wenn man aben
nhaus zahl­ aufgeräumt«. Aquilant
ds
i hingegen wollte eher in eine
reiche Publikationen, und zwar für
r Vorstellung sitzt«, so Aquilanti,
ihr gutes ȟber das Gesamtkonzep
»ist
t nachdenken, eine man stolz
Design: red dot design award und
, Teil von etwas Großem zu sein
iF award Ästhetik rüberbringen«
,
.
Vielleicht gerade das die Welt
2009 für das Spielzeitheft 09/10,
verändert oder den Zuschauern
beide Prei­ weil die Ent­würfe
so unterschiedlich waren, einfa
se 2010 für das Opernmagazin seite
ch Spaß macht.«
nbühne, konnte man sich nich
t entscheiden, wer von Birgit
das Sie gerade in Händen halten.
Schmidt, Schülerin des legendär
Und als beiden den Zuschlag
en
bekommen sollte. Und Plakat-D
Sahnehäubchen kam die Nominier
esigners Gunter Rambow, hat ne­
ung für Opernintendant Mich
ael Klügl kam auf die ben ihre
den »Preis der Preisträger« hinzu: den
n Anstellungen in Agenturen
Design­ Idee, ob sich beide Dam
in
en nicht vorstellen Frankfurt
preis der Bundesrepublik Deutsch
und Braunschweig immer scho
land 2011 könnten, gemeinsam
n
am Staatstheater anzu­ gerne
hinzu, und zwar für das bereits ausg
für Kultur gearbeitet: für das reno
ezeich­ fangen. So fuhr Aquilant
m­
i nach Braunschweig mierte ZKM
nete Spielzeitheft 09/10.
(Zentrum für Kunst und Medien­
und schaute zusammen mit Schm
idt über technologie) in Karlsruh
Hinter dem visuellen Erscheinungs
e, für Museen und
bild aller ihre Präsentationen:
»Unsere Portfolios wa­ Ausstellu
Publikationen der Staatsoper steh
ngen. María José Aquilanti war ent­
en seit ren sehr unterschiedli
ch, aber entscheidend täuscht
2009 zwei Grafikerinnen, María
von der Werbebranche und der Arbe
José Aqui­ war, dass wir gege
it
nsei
tig unsere Arbeiten für die Wirt
lanti und Birgit Schmidt. Wie sie
schaft, sei es in Argentinien oder
sich als respektiert haben und
gut fanden.«
Team fanden, ist eine kuriose Gesc
in Deutschland, wo sie unter ande
hichte: Im Und sie machten sich
rem für die
zusa
mmen an die Ar­ Agentur fisch
Zuge des Intendanzwechsels im
erAppelt arbeitete. »Wenn man
Schauspiel beit, entwickelten
zunächst die Spielzeit­ keine
sollte die Grafik-Abteilung der Nied
Kultur, sondern zum Beispiel Auto
ersäch­ hefte für die Saison 09/1
s
0 und seither alle verkaufen mus
sischen Staatstheater Hannover Gmb
s, kann die Arbeit in der Wer­
H – die Druckerzeugnisse von
der Visitenkarte bis bung frust
für beide Häuser arbeitet, Oper
ierend sein.«
und Schau­ zum Großbanner:
Plak
ate, Programmhefte Doch auch
spiel – neu besetzt werden. Die
im Kulturbereich muss man mit
anspruchs­ und Postkarten, die
seitenbühne der Oper Kritik umg
volle Aufgabe im Bewerbungsverfa
ehen
. Die Schrift zu klein, der Le­
hren war, und das Heft des Scha
uspiels. »Ein Corporate porello
ein neues Erscheinungsbild für
zu
schw
arz, das Plakat zu unauffällig
das Schau­ Design von Grund
auf selbst zu entwickeln, – was
spiel zu skizzieren, das der Staa
sage
n
Aqu
ilanti und Schmidt zu den
tsoper zu diese Gelegenheit hat
man nicht so oft im Reaktion
überarbeiten und eine einheitlic
en
auf
ihre
Arbeiten für das Staats­
he Gestal­ Leben«, meint Birgit
Schmidt. Und auch María theater?
tungslinie für die Staatstheater insg
»Krit
isch
e
Reak
tionen gibt es immer,
esamt zu José Aquilanti schwärm
t von ihren gemein­ wenn man
entwerfen. Auch die Argentinierin
etwas Neues macht.« meint Birgit
María José samen Aufgaben: »Für
zwei Häuser kreativ Schmidt und
Aquilanti, in einer Berliner Age
schmunzelt: »Immerhin ist auf­
ntur ange­ zu arbeiten, das ist
im
Theaterbereich sehr gefallen,
stellt und gerade in Elternzeit,
dass
sich etwas geändert hat!«
und Birgit selten. Wir halten
Oper und Schauspiel in­ Marí
Schmidt, aus Karls­ruhe stammen
a
José
Aqu
ilant
i fügt hinzu: »Die Men­
d und in haltlich zusammen,
gehören gleichzeitig zu schen
einer Braunschweiger Agentur tätig
könn
en
sich
auch anstrengen, um
, hatten beiden Teams und habe
n doch große Frei­ gutes Desi
sich beworben und kamen aus über
gn zu genießen. Interessant wird
einhun­ heit.« Birgit Schmidt
ergänzt: »Wir können es doch
dert Bewerbern in die Endrunde.
erst, wenn man auch beim zweiten
Beide hat­ eigentlich das tun,
was uns Spaß macht.« Hinschau
en noch nachdenken kann.«
Foyer
Ulrich Lenz
»Cherry picking« aus Wagners leckerem Kuchen
Opernenthusiast Klaus E. Goehrmann und die Wagner-Gala am 12. November 2010
Seinen ersten Wagner hat Klaus E. Goehrmann an der Staatsoper Hannover erlebt: im
Festlichen Opernabend Lohengrin 1989 mit
René Kollo in der Titelpartie! »Da bin ich
zum Applaudieren ganz nach vorne an den
Orchestergraben gegangen, so begeistert
war ich!« Diese erste Begegnung mit Wagner
fiel keineswegs auf unbestellten Boden, hatte doch einige Jahre zuvor ein mit ihm befreundeter Redakteur des Bayerischen
Rundfunks eine Begeisterung geweckt, die
auch die schillernde Persönlichkeit des
Komponisten erfasst: »Für mich ist Wagner
irgendwie ein vieldimensionaler Mensch«,
schwärmt Goehrmann, »und das in räumlicher ebenso wie in emotionaler oder intellektueller Hinsicht! Man schaue sich nur seine Biographie mit den vielen Ortswechseln
an: in Leipzig geboren, Kapellmeister in
Riga, mit dem Schiff über die Ostsee nach
Paris, nach der 48er Revolution in die
Schweiz geflüchtet und am Ende dann in
Venedig gestorben. Dieses Grenzüberschreitende beeindruckt mich sehr«, bekennt
Goehrmann, der in Fontainebleau, Harvard
und Hamburg Betriebswissenschaft studiert
hat und von 1984 bis 2003 Vorsitzender des
Vorstandes der Deutschen Messe AG Hannover war. »Genauso grenzüberschreitend waren doch auch seine Ideen! Ein eigens für
seine Werke gebautes Festspielhaus in
Bayreuth! Verrückt, oder? Daran fühle ich
mich immer erinnert, wenn ich das Gebäude
des International Neuroscience Institute in
Hannover sehe. [Prof. Dr. Dr. h.c. Goehrmann
ist seit 2000 Vorstandsvorsitzender der dazugehörigen Stiftung.] Da hatte Dr. Madjid
Samii einfach die Idee, eine Klinik zu bauen,
die wie ein Gehirn aussieht. Genial! Nun
steht sie da, mitten in Hannover!«
An Umtriebigkeit dürfte Goehrmann, u.a.
Chef des Aufsichtsrats der Hannover Marketing und Tourismus Gesellschaft, Verwaltungsratschef der VHV-Versicherung, Professor für Technologie-Management an der
Universität Hannover und Chairman von Rotary International, Richard Wagner kaum
nachstehen. Da fragt man sich, wann er
überhaupt noch Zeit findet, eine Opernvorstellung zu besuchen – und das nicht nur in
Hannover! »In besonderer Erinnerung ist mir
zum Beispiel eine Aida an der Pariser Oper
geblieben! Da gab’s einen echten Elefanten
auf der Bühne! Das ist allerdings schon ein
paar Jährchen her, das war auf meiner
Hochzeitsreise«, erinnert sich Goehrmann.
Und tatsächlich ist es neben dieser Liebe
auch die Liebe zur Oper, die Klaus Goehrmann seit über 45 Jahren mit seiner Frau
Tessa verbindet. Sie ist stets an seiner Seite,
wenn es ins hannoversche Opernhaus geht,
wo sogar zwei Sessel den Namen Goehrmann tragen! »Als es darum ging, die neue
Bestuhlung im Opernhaus zu finanzieren,
wollte ich natürlich auch meinen Teil dazu
beitragen!« Klaus Goehrmann ist ohne Zweifel ein Opernliebhaber, dessen Leidenschaft
sich auch immer wieder in tatkräftiger Unterstützung äußert. So hat er in der Ära Lehmann nicht nur den Anstoß für Festliche
Opernabende mit Stargästen aus aller Welt
gegeben, sondern auch gemeinsam mit dem
Gastronom Dietmar Althoff, dem Tanzschulleiter Winfried Bothe und Intendant HansPeter Lehmann in den Achtziger Jahren den
hiesigen Opernball ins Leben gerufen.
Auf die einsame Insel (auf der es Klaus
Goehrmann sicherlich keine fünf Minuten
hielte!) würde er allerdings nicht nur Wagner mitnehmen: »Den Lohengrin auf jeden
Fall, ja! Aber dann vielleicht doch auch
Turandot! Ich mag einfach große Oper, mit
vielen Menschen auf der Bühne und kräftiger Musik!« Für die Teilnehmer des von ihm
gestalteten Internationalen Rotary Kongresses vom 10. bis 14. November in Hannover soll es dann aber doch wieder
deutsches Repertoire, sprich: Wagner, sein:
In der von Rotary unterstützten WagnerGala zugunsten von »Live Music Now« am
12. November im Opernhaus, mit den Stars
Robert Gambill und Christiane Iven und dem
langjährigen GMD der Staatsoper George
Alexander Albrecht, werden Ausschnitte aus
Wagner-Opern zu hören sein. »Klar, dass
nach einem anstrengenden Kongresstag
eine ganze Wagner-Oper ein bisschen zu
viel wäre. Deshalb machen wir ›cherry picking‹, holen uns einfach die süßen Rosinen
aus dem Kuchen. Da denken bestimmt einige: ›Puh, jetzt am Abend noch Wagner! Muss
das sein?!‹ Aber wenn sie dann den ›Karfreitagszauber‹ oder das Vorspiel zu Lohengrin
hören, werden sie alle begeistert sein, da
bin ich mir ganz sicher!«
20
fundus
AUSSERDEM IM SPIELPLAN HÖRTIPP
La Bohème Oper von Giacomo Puccini
ab 15.10.2010
Ende August ist in der »movimentos Edition« beim
Label Genuin die CD Lamenti – furore e dolore
erschienen. Unser Ensemblemitglied Mareike
Morr musiziert darauf zusammen mit der Hannoverschen Hofkapelle Arien und Lamenti von
Christoph Willibald Gluck (Orfeo ed Euridice), Georg
Friedrich Händel (aus Aci, Galatea e Polifemo, Giulio Cesare, Hercules und Rinaldo), Claudio Monteverdi (Il ritorno d’Ulisse in
patria), Henry Purcell (Dido and Aeneas) und Antonio Vivaldi (Il Giustino).
Zu hören sind also viele der barocken Highlights für Mezzosopran, begleitet von dem renommierten hiesigen Spezialensemble für die Musik des 17.
und 18. Jahrhunderts, unter der Leitung von Konzertmeisterin Anne Röhrig.
Opernrätsel
My Fair Lady Musical von Frederick Loewe
Das Rheingold Oper von Richard Wagner
ab 24.09. 2010
ab 07.10.2010
Das gesuchte Werk wurde in der Saison nach der Entstehung 13 Mal im
King’s Theatre am Londoner Haymarket aufgeführt und gehört somit zu den
erfolgreichsten Werken des Theaters. Die Hauptrolle der Oper befindet sich
in einem ständigen Wechselbad der Gefühle und bringt ihre Seelenlage in
acht glanzvollen Arien zum Ausdruck.
Gleichwohl das Werk zur Entstehungszeit sehr populär war und oft auf den
Spielplänen auftauchte, geriet der Komponist vor allem mit seinen Opern
später zunehmend in Vergessenheit. Lange Zeit war er der Nachwelt vor
allem als Komponist des Messias ein Begriff. Ein deutscher Kunsthistoriker
im Süden Niedersachsens erkannte die Notwendigkeit einer Wiederentdeckung des Komponisten im Bereich des Musiktheaters und brachte im Juni
1920 erstmals wieder eine Oper des Komponisten auf die Bühne. Eben
jene schon angesprochene Oper, die kurz nach ihrer Entstehung in London
so ungemein erfolgreich war. Der gesuchte Komponist war neben seinen
Aufenthalten in Florenz, Rom, Neapel, Venedig und London auch für kurze
Zeit in Hannover. Die Renaissance seiner Opern, die Anfang des 20. Jahrhunderts begann, hält bis heute an.
Unsere Frage Wie heißen Komponist und Oper? Ihre Lösung schicken Sie
bitte bis Freitag, den 15.10.2010 auf einer Postkarte an die Staatsoper Hannover, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit . Opernplatz 1 . 30159 Hannover.
Oder per Email an [email protected]. Vergessen Sie
nicht Ihren Absender! Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir 5x2
Karten für Richard Strauss’ Der Rosenkavalier am 31.10.2010.
Der Rosenkavalier Oper von Richard Strauss
ab 23.10.2010
Die Lösung des Opernrätsels in der seitenbühne 05/06.2010: Hector Berlioz, Les Troyens.
Impressum Herausgeber Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH, Staatsoper Hannover, Opernplatz 1, 30159 Hannover Intendant Dr. Michael Klügl RedakDramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit Gestaltung María José Aquilanti, Birgit Schmidt Druck Steppat Druck Fotos Marco Borggreve (14), Thomas Huppertz (11), Thomas
M. Jauk (Titel, 4–7, 20), Marek Kruszewski (2/3, 12), Jörg Landsberg (20), Thilo Nass (16, 20), Gert Weigelt (13) und privat Titelbild Intolleranza 1960, Statist, Christopher
Tonkin (Algerier)
tion
seitenbühne . September / Oktober 2010
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