seitenbühne Nr. 50 - Staatstheater Hannover

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Das Journal der Staatsoper Hannover
seitenbühne 09 . 10
PROSZENIUM
KLETTERPARTIE
Wenn man aus dem Süden Deutschlands stammt und in den Norden zieht, muss dies
zwangsläufig dazu führen, dass man die Berge vermisst? Eine berechtigte Frage. Doch angesichts der Parallelen zwischen Bergbesteigung und der Entstehung einer Neuproduktion
muss die Antwort nicht zwingend mit einem Ja beantwortet werden. Einer kleinen Expedition durchaus ähnlich beginnt die Planung einer Neuproduktion Jahre im Voraus und zweifelsohne bildet das eine Neuinszenierung erarbeitende Leading Team aus Regisseur, Bühnen-, Kostümbildner und Dramaturg eine Seilschaft. Im Vorfeld wird für die große Tour von
den Sängern kräftig trainiert, bis jeder Tritt, jede Geste, jeder Zug, jeder Umbau funktioniert.
Die Bergsteiger der Gesangswelt können auf ihren jeweiligen Personal Trainer zurückgreifen. Jeder nimmt sich seines Schützlings an, bis er studiert und text- bzw. trittsicher ist. Der
regelmäßige Nachstieg im Trainingsgelände beugt vor für eventuelle, krankheitsbedingte
Ausfälle. Material, Ausrüstung wie Versorgungsbedarf werden berechnet, die einzelnen
Daten der Route in der Logistik erfasst, am Konzept wird gefeilt, Gegebenheiten werden
überprüft und Pläne angepasst. Reißt die (Ereignis-)Kette bei Veränderung einer Variablen
oder halten die Karabiner das Handlungsseil bei Wind und Wetter? Situationen zu simulieren stellen in beiden Bereichen eine bewährte Trainingsmethode dar, um Absturzgefahren
zu minimieren. Die Sicherheit der Beteiligten hat schließlich höchste Priorität. Welche Klippen es zu überwinden gilt, nimmt der Alpenverein weit vor der tatsächlichen Erstbesteigung
in Augenschein. Ist die Route zu bewältigen, birgt sie das richtige Maß an Herausforderung
und Risiko?
Nachdem ab Tag 1 der sechswöchigen Trainingsphase das Basislager auf der Probebühne
aufgeschlagen wurde, wird die bereit gelegte Grundausrüstung ausprobiert, in markiertem
Bühnenbild und mitsamt Probenkostümen auf dem Trainingsgelände geübt. Penibel erfolgt
die Eintragung der speziellen Wegmarken der Neuproduktion in die Karten aus der
Notenbiblio­thek. Es erfolgt die Anpassung von Atmung und Durchhaltevermögen entsprechend der Route. Nach ca. drei Wochen wechselt die Mannschaft das erste Mal von der
Kletterhalle ins freie Gelände, die Sänger finden sich das erste Mal auf der Bühne und es
beginnt das Finetuning an der Felswand. Der Sichtkontakt wird unerlässlich, zum Dirigenten
wie zum Vordermann, neben Absprachen stellen Zeichenkodes und Rufkommandos die
Übereinstimmung sicher. Die vielbeschworene Kameradschaft am Berg findet sich auch auf
den Brettern der Theaterwelt wieder, gegenseitige Hilfe und Teamgeist in großen wie in
kleinen Notsituationen – eine Selbstverständlichkeit. Nach Anpassungen unter Realbedingungen erfolgt der letzte Probedurchgang mit Zeitmessung. Der Anstieg des Adrenalin­pegels
am Tag der tatsächlichen Erstbesteigung, der Premiere, findet sich bei Künstlern wie bei
Alpinisten. So auch die typische Endorphinausschüttung, direkt im Anschluss an einen unfallfreien Aufstieg – reinstes Gipfelglück!
Steffi Mieszkowski
Dramaturgin Oper und Konzert
04.05
FUNDUS
FUNDUS
05.05
HÄNSEL
UND GRETEL
M Y FA I R
L A DY
AB 30.11.16
RIGOLE
AB 27.11.16
CA RM EN
AB 19.01.17
WIEDERBEGEGNUNGEN
IN DER NEUEN
SPIELZEIT 2016 / 17
CAN DI D
E
AB 16.02.17
DIE MACH T
DE S
SC HIC KS AL S
AB 09.06.17
Eine ganze Reihe von Wiederaufnahmen erwartet das Publikum der
Staatsoper Hannover in der neuen Spielzeit 2016 / 17. Den Anfang
macht Verdis mitreißendes Vater-Tochter-Drama Rigoletto am 11.
September 2016. Zwei Tage später steigt Titus wieder in den Ring,
Mozarts letzte Oper um einen einsamen Herrscher feierte erst im
Juni ihre äußerst erfolgreiche Premiere. Ab Oktober steht Puccinis
nervenkitzelnde Tosca auf dem Spielplan. Noch einmal kommt
Puccini ab dem 4. November zum Zug, wenn in La Bohème Freud
und Leid einer Künstlerclique lebensnah auf die Bühne gebracht
werden. Eine weitere Wiederaufnahme im November ist mit Humperdincks Hänsel und Gretel die (Vor-)Weihnachtsoper par excellence. Wie sehr Sprache die gesellschaftliche Stellung beeinflussen
kann, zeigt sich in dem berühmten Musical My Fair Lady, das ab
dem 30. November wieder an der Staatsoper Hannover zu sehen ist.
Dem Zauber der Carmen erliegen auch heute noch die Männer –
zumindest in Georges Bizets gleichnamiger Oper, die ab dem 19.
Januar 2017 wieder auf dem Spielplan steht. Auch wenn das
Leibniz-Jahr dann schon vorbei ist: nach dem riesigen Erfolg in der
vergangenen Spielzeit wird Bernsteins Candide, auf der spitzzüngigen Leibniz-Satire Voltaires basierend, selbstverständlich auch in
der laufenden Spielzeit zu sehen sein, und zwar ab dem 16. Februar
2017. Bevor Figaro und Susanna heiraten können, müssen sie eine
Reihe von Hindernissen überwinden – nachzuprüfen in Mozarts
beliebter Oper Die Hochzeit des Figaro, die ab dem 2. April 2017
wieder gezeigt wird. Wie brüchig die Fassade der Gesellschaft sein
kann, beweisen die Eskapaden der Figuren in Johann Strauß’ Operette Die Fledermaus (wieder ab 22. April 2017). Ist es nur die Verkettung unglücklicher Zufälle, die drei Menschen in Die Macht des
Schicksals in den Tod treibt? Verdi schuf hier jedenfalls eines seiner
Meisterwerke, das ab dem 9. Juni 2017 wieder in der Staatsoper
Hannover zu erleben ist.
DIE
FLE DE RM AU S
AB 22.04.17
LA BO HÈ ME
AB 04.11.16
DIE
HO CH ZE IT
DE S FIG AR O
AB O2.04.17
T TO
AB 11.09.1
TOSCA
AB 02.10.16
TIT US
AB 13.09.16
6
06.07
OPER
OPER
KLAUS ANGERMANN
AUF DER FLUCHT
Giacomo Puccinis Manon Lescaut eröffnet die neue Spielzeit
Mit Manon Lescaut hat Abbé Prévost in seinem 1731 erschienenen
Roman eine Figur geschaffen, die in der Folgezeit immer wieder
Künstler zu ihren Werken inspiriert hat, sei es als Schauspiel, Oper,
Ballett oder als Film. In der Geschichte des jungen Mädchens, das
zwischen ihrer Sehnsucht nach Liebe und ihrem Wunsch nach
einem unbeschwerten Leben in Wohlstand zerrissen wird, spiegelt
sich der Konflikt einer Gesellschaft, in der sich Gefühle dem Warencharakter menschlicher Beziehungen unterzuordnen haben, wenn
sie nicht zur Bedrohung der eigenen Existenz werden sollen. Manon
ist das Produkt dieser Gesellschaft und scheitert an deren Widersprüchen, als sie versucht, beides zu vereinen: materiellen und
emotionalen Reichtum.
Von ihrer Familie ist das unerfahrene, in ihr Schicksal ergebene
Mädchen aus der Provinz für ein Leben im Kloster bestimmt. Auf der
Reise dorthin erweckt sie das Interesse der Männer, vor allem des
reichen alternden Bonvivants Geronte, der mit Hilfe von Manons
geldgierigem Bruder einen Plan zu ihrer Entführung schmiedet. Allerdings kommt dem der junge Student Des Grieux zuvor, dessen
aufflammende Liebe von der schönen Manon erwidert wird, sodass
beide das Weite suchen, bevor Geronte seinen Plan in die Tat umsetzen kann.
Doch ein Student ist arm, und weil Manon an ein Leben in Armut
nicht gewöhnt ist und sie einen gewissen Hang zu Prunk und Wohlstand verspürt, kehrt sie zu Geronte zurück, in dessen Haus sie verwöhnt wird. Ihre Gedanken aber sind weiterhin bei Des Grieux, der
sie ein zweites Mal zur gemeinsamen Flucht überreden kann. Ihr
Versuch jedoch, ihr zukünftiges Leben durch den Diebstahl von Gerontes Preziosen materiell abzusichern, schlägt fehl. Als Diebin ertappt und verurteilt, beginnt ihr jäher Abstieg, den Des Grieux aus
ehrlicher Liebe mit ihr teilt. Der Verbannung nach Übersee folgt eine
abermalige Flucht der beiden Unglücklichen durch die Wüste, wo
Manon elendiglich verdurstet.
Puccini wählte diesen Stoff für seine dritte Oper, mit der ihm nach
der eher bescheidenen Resonanz, die seine beiden Opern­erstlinge
Le Villi und Edgar fanden, der internationale Durchbruch gelang.
Nach der Turiner Uraufführung von 1893 wurde Puccini als legitimer
Erbe des alten Verdi gefeiert. Freilich war die Wahl der Vorlage
höchst riskant, denn die Geschichte des Chevalier des Grieux und
der Manon Lescaut diente schon 1884 Jules Massenet als Sujet seiner Oper Manon, die sehr populär war. Puccini lief somit Gefahr, mit
dem bereits als Opernkomponist etablierten Massenet in Konkurrenz zu treten, und Ricordi beschwor seinen Schützling deshalb, von
dem Plan abzulassen. Puccini war jedoch von der Geschichte so begeistert, dass er sich schließlich durchsetzte, wobei er demonstrativ
auf Distanz zu seinem Kollegen ging, dessen Werk er vorwarf, es
behandle das Thema auf typisch französische Weise »mit Puder und
Menuett«. Puccini aber strebte nach »verzweifelter Leidenschaft«; er
wollte eine italienische Manon schaffen mit glutvollen Melodien
und dramatischem Furor.
Der Versuch Puccinis, sich vom Werk Massenets deutlich abzusetzen, hatte jedoch seine Tücken. Die Umarbeitung des Romans in
ein Opernlibretto, an dem sich Puccinis Eigenständigkeit bewähren
konnte, erwies sich als außerordentlich schwierig. Nicht weniger
als acht Autoren zimmerten nacheinander und gleichzeitig an dem
Text, unter ihnen auch Ricordi und Puccini selbst, so dass Puccini in
späteren Jahren sagen konnte, das Textbuch stamme »von allen und
keinem«. Vermutlich erklärt sich daraus auch die Eigenart des
Librettos, das mit Prévosts Geschichte zuweilen sehr episodisch
verfährt. Ähnlich wie dann später in La Bohème entwickelt Puccini
einen diskontinuierlichen Bilderbogen, der mit seinen filmschnittartigen Techniken aus heutiger Sicht geradezu modern anmutet. Dabei
kann man in der sprunghaften Dramaturgie der Oper durchaus eine
Entsprechung zum scheiternden Lebensentwurf Manons erkennen,
der eben zu keiner Geschlossenheit findet und unversöhnt in einer
Art Nirgendwo endet.
Freilich ist die Offenheit der Form eine nur scheinbare. Neben der
musikalischen Struktur, mit der Puccini in jedem Akt oft sehr großräumige musikalische Einheiten schafft, besitzt auch die Dramaturgie der Oper verbindende Elemente und Motive, die das gesamte
Werk prägen. Das Motiv des Raubes und der Flucht ist von Beginn
an präsent. Eine Poststation ist der Schauplatz des 1. Akts, ein
Durchgangsort also, an dem Manon als eine Frau eintrifft, die zunächst als zukünftige Nonne dem Leben geraubt werden soll, dann
zum auserwählten Opfer eines Menschenraubes und schließlich
dem Räuber geraubt wird. Und so geht es weiter: der Raub der Edelsteine und eine scheiternde Flucht im 2. Akt; der drohende Raub der
Geliebten durch die Verbannung im 3. Akt; und im 4. Akt eine Flucht,
deren Gründe uns Puccini vorenthält, weil sie angesichts der Konsequenz von Manons Sterben – ein profaner Liebestod einzig in den
Armen des Geliebten und isoliert von der Welt – tatsächlich irrelevant sind.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist das Verhältnis von privater
Sphäre und Öffentlichkeit, von geschlossenem und offenem Raum,
das in der Oper eine Art Symmetrie herstellt. So entsprechen sich
1. und 4. Akt darin, dass sie beide im Freien spielen, und in beiden
Akten tritt Manon fremd in eine Welt, die für sie Bedrohung bedeutet. Der Kälte einer auf den eigenen Profit bedachten Gesellschaft im
1. Akt entspricht die Wüste im 4. Akt, die auch eine gesellschaftliche
Wüste ist und um den Ausgestoßenen eine Grenze zieht, innerhalb
derer er einsam inmitten der Gesellschaft ist. Auf ähnliche Weise
entsprechen sich auch die Akte 2 und 3: Gefängnisse, in denen die
Gefangene geifernden Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt ist, einmal vor prächtigem Goldhintergrund, dann aber in hoffnungsloser
Verelendung.
So hetzt diese Oper rastlos von Ort zu Ort wie ihre Protagonistin, die
man häufig als Prototyp einer femme fatale sehen wollte. Doch Manon Lescaut ist alles andere als ein Vamp, der die Männer mit sinnlichen Versprechungen ins Verderben führt. Ihre Liebe zu Des Grieux
ist trotz all ihrer Kapriolen durch und durch echt, ja die Ernsthaftigkeit dieser Liebe ist die Ursache ihres Abstiegs, und Manons Wankelmut entspringt einer Naivität, mit der sie den Verführungen einer
verlogenen Gesellschaft hilflos ausgeliefert ist.
MANON LESCAUT
Dramma lirico in vier Akten (1893)
Text von Ruggero Leoncavallo, Marco Praga, Domenico Oliva, Luigi Illica, Giuseppe
Giacosa, Giulio Ricordi, Giuseppe Adami und Giacomo Puccini
nach der Histoire du chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut (1731) von Abbé
Prévost
in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
EINFÜHRUNGSSOIREE UND BESUCH DER ERSTEN HÄLFTE DER BÜHNENORCHESTERPROBE
Freitag, 2. September 2016, 18.30 Uhr
PREMIERE
Samstag, 10. September 2016, 19.30 Uhr
MUSIK ALISCHE LEITUNG
Ivan Repušic’ / Alexander Drčar
INSZENIERUNG
Olivier
Tambosi BÜHNE Frank Philipp Schlößmann KOSTÜME Gesine Völlm LICHT Susanne
Reinhardt
CHOREINSTUDIERUNG Dan
MANON LESCAUT
Ratiu
Karine Babajanyan
Ricardo Tamura
GERONTE DE R AVOIR
DR AMATURGIE
LESCAUT
Klaus Angermann
Brian Davis
CHEVALIER DES GRIEUX
Michael Dries / Shavleg Armasi
Sung-Keun Park u. a.
Chor und Extrachor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Mit freundlicher Unterstützung
Die Premiere wird übertragen auf NDR Kultur
EDMONDO
08.09
OPER
BALLETT
BRIGITTE KNÖSS
RAUM FÜR DEN TANZ
Zur Uraufführung des Balletts Schubert von Jörg Mannes
Fünf Uraufführungen stehen in dieser Saison auf dem Spielplan des Balletts der Staatsoper Hannover – darunter Schubert und Henry VIII von Ballettdirektor Jörg Mannes sowie drei Kreationen
von Gästen unter dem Titel Don’t think twice !. Zusammen mit den beiden Wiederaufnahmen Nussknacker und Mausekönig und Gefährliche Liebschaften bilden sie ein Spektrum unverwechselbarer
Tanz-Erlebnisse.
Ein Wiedersehen – der neue GMD Ivan Repušic’
Der neue Generalmusikdirektor Ivan Repušic’ dirigiert zu Beginn dieser Spielzeit nicht nur Puccinis Manon Lescaut, sondern auch das
1. Sinfoniekonzert mit dem Niedersächsischen Staatsorchester Hannover, für das er ein besonderes Programm ausgewählt hat.
Mit Jakov Gotovac ist nämlich auch ein Komponist aus seiner Heimat Kroatien vertreten. Nach einem Dirigierstudium in Zagreb, weiterführenden Studien bei Jorma Panula und Gianluigi Gelmetti sowie Assistenzen bei Kazushi Ono (Badisches Staatstheater Karlsruhe)
und Donald Runnicles (Deutsche Oper Berlin) begann Ivan Repušic’ seine Karriere als Dirigent 2002 am kroatischen Nationaltheater in
Split; dort erarbeitete er sich Opern von Verdi, Puccini sowie Leoncavallo und avancierte zum Chefdirigenten und Operndirektor
(2006 – 2008). Neben der Leitung der Sommer­festivals in Split (2006 – 2009) und Dubrovnik (2009 – 2012) wurde er außerdem Chef
des Zadar Chamber Orchestra, ein Posten, den er bis zum heutigen Tag innehat. Weiterhin erfüllt er an der Akademie der Bildenden
Künste der Universität Split einen Lehrauftrag.
Für Ivan Repušic’ ist sein Amtsantritt als neuer GMD an der Staatsoper Hannover gleichbedeutend mit einem Wiedersehen – wird er
doch am Pult eines ihm bestens bekannten Orchesters stehen, denn seine Neuverpflichtung ist gleichermaßen eine Rückkehr an seine
ehemalige Wirkungsstätte: von 2010 bis 2013 war er hier als 1. Kapellmeister engagiert und leitete u. a. Produktionen wie Verdis
Otello und Falstaff wie auch Tannhäuser, Eugen Onegin, La Bohème, Carmen, Die Entführung aus dem Serail und Faust. 2011 folgte
mit La Bohème sein Debüt an der Deutschen Oper Berlin, wohin er später als Kapellmeister wechselte. An der Deutschen Oper leitete
er u. a. Tosca, Ein Maskenball, La traviata, Macbeth sowie Die Zauberflöte und Lucia di Lammermoor. Gastdirigate führten den Kroaten
an die Staatsoper Hamburg, die Sächsische Staatsoper Dresden sowie an das Aalto Theater Essen. In der Saison 2016 / 17 wird der
neue GMD mit seinem Orchester die Neuproduktionen Manon Lescaut sowie Der fliegende Holländer realisieren. Neben dem 1. und
dem 5. Sinfoniekonzert dürfen sich die Hannoveraner auf das Verdi-Requiem sowie auf die traditionellen Neujahrskonzerte und das
Konzertfest unter seiner Leitung zum Abschluss der Saison freuen. Ab 2017 wird Ivan Repušic’ zusätzlich das Amt des Chefdirigenten
des Münchner Rundfunkorchesters übernehmen.
Schubert BÜHNENBILDENTWURF Thomas Rupert
Der Charakter der Ballette entwickelt sich aus der Summe einer Reihe theatraler Elemente. Neben der Tanzsprache, der Musik und dem
Kostümbild bestimmt das Bühnenbild den Stil des Ganzen. Das
künstlerisch gestaltete Set prägt das jeweilige Spektakel entscheidend und verortet das flüchtige Ereignis. Aber ob Sphäre oder
Epizentrum, Realismus oder Phantastik, wie immer die Bühne auch
ausgestattet sein mag, sie muss dem Tanz Raum geben. Auftrittsmöglichkeiten für einzelne Tänzer oder für das gesamte Ensemble
sind ebenso notwendig wie die Möglichkeit, eine große Gruppe
wieder rasch verschwinden zu lassen. Das sind technische Voraus-
setzungen, die so unaufdringlich in jeden Entwurf einfließen, dass
sie dem Zuschauer fast verborgen bleiben.
Neue Stücke entspringen meist einer choreographischen oder inhaltlichen Grundidee. Ihre Verdichtung und Modifikation setzt den
eigentlichen Kreationsprozess in Gang. Neben der Musikauswahl
wird bald der Raum zum prägenden Element des Balletts. Er gibt
den äußeren Rahmen vor, in dem sich die Choreographie entwickelt. Er beschränkt und bestimmt. Er stellt aus oder versteckt. Jörg
Mannes führt dazu aus: »Eigentlich ist die Bühne das Vergrößerungs-
10.11
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BALLETT
BALLETT
Was ihr wollt Michèle Stéphanie Seydoux (Gräfin Olivia) BÜHNE Thomas Rupert KOSTÜME Amit Epstein
glas für den Tänzer. Je nachdem wie viel Raum man ihm gibt, kann
er groß oder klein, wichtig oder unwichtig erscheinen. Auch die Perspektive spielt eine Rolle. Gibt es einen definierten Spielraum? Wo
stellt man jemanden hin? In den Goldenen Schnitt, ins Zentrum oder
bewusst außerhalb?«
Anders als der Film – durch Kameraführung und Schnitt – kann das
Theater dem Publikum keinen eindeutigen Blickwinkel aufzwingen.
Regisseur oder Choreograph versuchen, den Fokus zu führen, auch
mit Hilfe des Umfeldes. Unterstützt durch Bühnenelemente können
bestimmte Vorgänge hervorgehoben oder räumliche Verhältnisse in
den Augen des Betrachters relativiert werden. Der freie Blick kann
gestört, umgelenkt oder sogar getäuscht werden, aber selbst dann
bleibt der Zuschauer autonom.
»Ich liebe das Spiel mit Schleiern, Folien oder Spiegeln. Das sind die
Special Effects des Theaters, mit denen ich jemanden plötzlich erscheinen oder verstecken kann. Schatten haben ihren besonderen
Reiz, weil man mit Größenverhältnissen und – ebenso wie bei Spiegelungen – mit Vervielfältigungen die Wahrnehmung infrage stellen
kann«, bekennt Jörg Mannes.
Immer wieder treten Räume direkt mit dem Tanz in Dialog, indem sie
zur unmittelbaren physischen Auseinandersetzung einladen oder
selbst zum bewegten Counterpart werden. Aus zahlreichen Beispielen in Jörg Mannes’ Œuvre seien die variablen Beleuchtungs- und
Konstruktionselemente in Strictly Tango, Ein Stück Zeit oder Lux
genannt, die kardinalroten Leuchtwürfel in Inferno, die multifunktionalen Tische in Wahlverwandtschaften, das Rhönrad in Alice im
Wunderland und die beiden übereinander liegenden Spielebenen in
Ein Sommernachtstraum.
»Ich schätze Veränderungen«, erläutert der Choreograph, »besonders
wenn die Tänzer nicht nur vom Raum manipuliert werden, sondern
auch selbst eingreifen können. Zudem reizt mich Verwandlung in
jeder Form, speziell wenn sich dadurch Bedeutungen verschieben.
Als spielerisch veranlagter Mensch entdecke ich in allen Dingen
überraschende Möglichkeiten, die ich gerne in Extreme treibe. Daraus ergeben sich unerwartete Anstöße, die auf andere Ebenen führen und ihrerseits neue inhaltliche Bezüge herstellen können. Mir ist
wichtig, dass eine Art Freiraum entsteht – auch für die Vorstellungen
der Zuschauer.«
Schubert getanzt
Jörg Mannes ließ sich für sein neues Ballett unmittelbar von Franz
Schuberts Werken inspirieren. Vor allem von der Atmosphäre der
Musik fasziniert, spürt der Choreograph den subtilen Stimmungen
nach, die sich erst im aufmerksamen Hören erschließen. »Es scheint
eine Art Schleier über allem zu liegen«, findet Mannes. »In Schuberts
Kompositionen ist immer etwas verborgen, aber es ist da. Wenn man
genau hinhört, wirklich schaut, entdeckt man das, was sich dem ersten Anschein entzieht. Genau so soll es in meinem Ballett sein – und
auch im Bühnenbild von Thomas Rupert.« Die geradezu physische
Präsenz seiner Bühnenbilder, ebenso wie dessen Gabe, einfache
Elemente zu modulieren und zu transformieren, schätzt Jörg Mannes
besonders an dem niederländischen Künstler: »Thomas Rupert hat
durch seine langjährige Kooperation mit dem Tanztheater Conny
Janssen und mit dem Choreographen Nils Christe ein außerordentlich gutes Gespür dafür, wie man die Bühne vorbereiten muss, um
dem Tanz einen vielfältigen Raum zu geben. Seine Sets sind essentiell in ihrer Abstraktion und lassen viele unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten zu. Beides kommt mir gerade in meinem neuen
Stück sehr entgegen.« Nach Verklärte Nacht und Was ihr wollt ist
Schubert Mannes´ dritte Zusammenarbeit mit Thomas Rupert.
SCHUBERT
Ballett von Jörg Mannes
Musik von Franz Schubert und Luciano Berio
CHOREOGR APHIE
Rupert
Jörg Mannes
KOSTÜME
MUSIK ALISCHE LEITUNG
Rosa Ana Chanzá
LICHT
Daniel Klein
Elana Siberski
BÜHNE
Thomas
DR AMATURGIE
Brigitte
Knöß KL AVIER Daniel Klein; Maxime Perrin / Alexander Ruef BARITON Stefan Adam /
Matthias Winckhler
Ballett der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
UR AUFFÜHRUNG
Samstag, 1. Oktober 2016
WEITERE VORSTELLUNGEN
Fr, 07.10. | Sa, 15.10. | Mi, 26.10. | Di, 01.11. | Mi, 09.11.
So, 13.11. (18.30 Uhr) | So, 20.11. (16 Uhr); jeweils 19.30 Uhr, wenn nicht anders
angegeben
Im Uhrzeigersinn von links oben:
Inferno BÜHNE Alexandra Pitz KOSTÜME Silke Fischer
Ein Sommernachtstraum BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz
Paradiso BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Rosa Ana Chanzá
Verklärte Nacht BÜHNE Thomas Rupert KOSTÜME Heidi de Raad
Sissi BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz
Stabat Mater BÜHNE Lars Peter KOSTÜME Lenka Radecky
Ein Stück Zeit BÜHNE Lars Peter KOSTÜME Heidi de Raad
Alice im Wunderland BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz
12.13
OPER
OPER
STEFFI MIESZKOWSKI
Zdeněk Fibich erhielten sowohl Antonín Dvořák als auch Bedřich
Smetana ihre Erziehung in deutscher Sprache, was insbesondere für
Letzteren in Schwierigkeiten mit der tschechischen Prosodie resultierte. Zusätzlich prekär erscheint die Entlarvung von Smetanas Librettisten Karel Sabina als Spitzel für die österreichische Polizei,
was dazu führte, dass der in Ungnade gefallene Textdichter ab 1872
nur noch mit seinen Initialen im Klavierauszug seines Kassenschlagers Die verkaufte Braut auftauchte.
VERRATEN UND VERKAUFT
Martin G. Berger inszeniert Smetanas Oper Die verkaufte Braut
Als Sinn und Zweck eines jeden Volksfestes lassen sich Traditionspflege sowie jahrhundertealte Riten, die Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und ein daraus resultierendes, gestärktes Zusammengehörigkeitsgefühl nennen – sieht man von dem primären Ziel
der allgemeinen Zerstreuung einmal ab, welche das kollektive Besäufnis ebenso umfasst wie die unvermeidlichen Schlägereien. In
Smetanas Singspiel Die verkaufte Braut, am 30. Mai 1865 im Prager
Interimstheater uraufgeführt, stiftet die Kirchweihzeit jenen Ausnahmezustand des ausgelassenen Feierns, bei dem sich die Dorf­
jugend im Sinne der zukünftigen Familiengründung näher kommen
darf und soll.
Die Paarzusammenführung steht im Vordergrund; Güterzusammenschluss durch geschickte Heiratsplanung ist ausschlaggebend für
den gewünschten Bund zwischen den Familien Kruschina und
Micha, der durch die Eheschließung zwischen Marie und Wenzel
zementiert werden soll. Gegen jenes Konzept sträubt sich nun ausgerechnet Marie Kruschina, die sich in den Außenseiter Hans verliebt hat. Wenzel, der ihr zugedachte, einfältige Sohn des vermögenden Tobias Micha, lehnt sie als zukünftigen Bräutigam ab. Zum
großen Bedauern ihres Vaters, nachdem Wenzel seit dem spurlosen
Verschwinden seines älteren Bruders als Alleinerbe dem Inbild
eines idealen Heiratskandidaten gleichkommt. Um den Pakt der
Väter doch noch in die Tat umzusetzen, soll Heiratsvermittler Kezal
dafür Sorge tragen, dass die von Kruschina und Micha ausgehandelte Verbindung zwischen ihren Kindern Marie und Wenzel in jedem
Falle zustande kommt. Nichts wird unversucht gelassen. Da die Ehe
der patriarchalischen Ordnung entsprechend einem Güteraustausch
gleichkommt, ist es für Kezal nur logisch, auch mithilfe einer finanziellen Problemlösungsstrategie Hans zum Umdenken zu bewegen:
Kezal verspricht Hans eine exorbitante Summe Geldes, sofern dieser
sich von seiner Marie lossagt. Zu aller Erstaunen willigt Hans ein,
wenngleich er die Bedingung stellt, dass Marie ausschließlich einen
Sohn des Bauern Micha ehelichen dürfe. Nachdem Hans über seine
Herkunft stets den Mantel des Schweigens gebreitet hat, ebnet eine
an Die Hochzeit des Figaro erinnernde Wendung den Weg zum
glücklichen Ende: Hans ist in Wahrheit Wenzels älterer Bruder, der
nach der zweiten Heirat des Vaters das elterliche Haus ebenso wie
seine Heimat verlassen hatte und seitdem als verschollen galt. Zusätzlich zu seinem Erbanteil hat sich Hans die Geldsumme für seinen
offiziellen Verzicht auf Marie gesichert, und so nimmt das Stück in
Karel Sabinas Vorlage ein gutes Ende.
Regisseur Martin G. Berger entfaltet den Plot der Verkauften Braut in
einer fiktiven Gegenwartssituation: Als Inhaber einer Catering­
firma – hauptsächlich die Großveranstaltungen der Firma golocal.
com beliefernd – ist Maries Vater Kruschina mit dem Vorschlag mehr
als einverstanden, dass seine Tochter als glückliche »Zufallskandidatin« ausgewählt und mit dem Sohn des Vorstandsvorsitzenden
Tobias Micha im Rahmen eines solchen ›Events‹ vor aller Augen zusammengeführt werden soll. Während im Original die Kirchweih
als Hintergrundfolie dient, spitzt Berger den Grundton der organisierten Ausgelassenheit zu. Er entlarvt das bis ins Detail geplante
Spektakel unter der Leitung von Moderator Springer als eine Scheinveranstaltung, die einerseits der romantischen Sehnsucht der Besucher Rechnung trägt und andererseits Unsicherheit wie Naivität und
Orientierungslosigkeit der Bevölkerung für ihre Organisatoren gewinnbringend auszunutzen weiß. Wenngleich der Komödienschluss
in Sabinas Textbuch für eine romantische Paarvereinigung sorgt,
beleuchtet Martin Berger in seiner Lesart die Konsequenzen von
Ignoranz und Skrupellosigkeit, die sich im Handeln von Springer,
Kezal sowie Tobias Micha und Kruschina niederschlagen.
DIE VERKAUFTE BRAUT
MUSIK ALISCHE LEITUNG
Benjamin Reiners INSZENIERUNG Martin G. Berger BÜHNE
Florian Parbs KOSTÜME Sabine Schröder V I D EO sputnic
Musikgeschichtlich wird Smetanas Verkaufte Braut gerne als tschechische Nationaloper bezeichnet; eine Kategorisierung, welche auf
seinen Opernerstling Die Brandenburger in Böhmen vermutlich besser zuträfe. Gleichwohl erlangte Smetana aufgrund der Verkauften
Braut eine ungeheure Popularität. Als einer der besonderen musikalischen Höhepunkte ist die Ouvertüre zu nennen: Das rasante vierstimmige Streicherfugato, das in unermüdlichen Achtelbewegungen
auf und nieder fährt, bereitet die spannungsgeladene Atmosphäre,
in denen sich diverse Tanzrhythmen nahezu eruptiv entladen. Smetana beweist sein hohes technisches Können. Weder Komponist
noch sein Librettist Karel Sabina hatten mit dem herausragenden
Erfolg ihres als komische Oper konzipierten Werks gerechnet, das
1866 noch mit gesprochenen Dialogen im Prager Interimstheater
uraufgeführt worden war. Es folgten drei weitere Fassungen, bis Die
verkaufte Braut 1870 dreiaktig vorlag. In dieser Fassung ersetzten
Rezitative den gesprochenen Text, neben weiteren musikalischen
Ergänzungen hatte Smetana inzwischen eine wuchtige Polka in CDur, einen Furiant im synkopierten Dreivierteltakt und einen Springtanz hinzugefügt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tänze mag Die verkaufte Braut ihren Siegeszug angetreten haben. Die 300. Prager
Vorstellung wurde mit einem Festakt begangen. Zum internationalen Durchbruch verhalf 1892 das Gastspiel des Böhmischen Landesund Nationaltheaters bei der Wiener Musik- und Theaterausstellung. Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass die Etablierung
der tschechischen Oper, gesungen in der Volkssprache erst über
einige Umwege, u. a. die deutsche Sprache gelingen konnte. Neben
Sirish Uterhark
KRUSCHINA
CHOREINSTUDIERUNG
Stefan Adam
LUDMILL A
God / Dorothea Maria Marx MICHA
Pawel Brozek / Tivadar Kiss Derrick Ballard
Stenberg
MUFF
SPRINGER
LI V E-K A MER A
Carmen Fuggiss / Brigitte Hahn
Michael Dries
HANS
Anne Leist / Dan Ratiu DR AMA­T URGIE Steffi Mieszkowski
HATA
Robert Künzli
Fabian Gerhardt
Almuth Herbst
KEZ AL
ESMER ALDA
MARIE
Kelly
WENZEL
Shavleg Armasi /
Karine Minasyan / Ylva
Jan Szurgot / Roland Wagen­f ührer
Chor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
ÖFFENTLICHE ORCHESTERHAUPTPROBE
PREMIERE Samstag,
Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr
29. Oktober 2016, 19.30 Uhr
14.15
JUNGE OPER
JUNGE OPER
CHRISTOPHER BAUMANN
WAL HO!
Mit dem großen Meeresabenteuer Moby Dick setzt die Junge Oper die Segel in die neue Saison
Kerzen und andere Beleuchtungsmittel, Seifen, Salben, Suppen,
Farben, Gelatine oder Speisefette, Schuh- und Lederpflegemittel –
und auch Nitroglycerin: für alles dies benötigte man bis in das 20.
Jahrhundert hinein Walfett, das als flüssiges Walöl auch »Tran« genannt wird. Der Walfang war ein wichtiger Industriezweig vor
allem in seefahrenden Nationen, und an Bord eines Walfängers anzuheuern, bedeutete für junge Männer einen Ausweg aus der Armut. Allerdings: einfach war das Leben an Bord nicht. Ein solches
Schiff glich einer schwimmenden Fabrik, hier wurden die Wale
gleich auf hoher See in Portionen aufgeschnitten, der Tran ausgekocht und in Fässer abgefüllt. Die Verarbeitung war äußerst effizient, kaum ein Bestandteil des Wales wurde zu Abfall, fast alles
wurde verwertet. Auf dem Schiff herrschte eine entsprechende
Enge, es roch streng, geschlafen wurde in Schichten, mit Lebensmittel- und Getränkevorräten musste man sparsam umgehen.
Ringsherum das unendliche Meer, wochenlang kein Kontakt zu
Menschen außerhalb des Schiffes, keinen Fuß an Land setzen: das
setzte der Psyche zu, nicht jeder Seemann kam mit seinen Schiffskameraden automatisch gut aus. Dazu das tückische Wetter draußen auf dem Ozean, Nebel, Stürme, hohe Wellen, starke Winde oder
Flaute – mit allem musste man rechnen, und unter allen harten
Bedingungen bei den vielen Arbeiten an Bord an einem Strang ziehen. Ein Walfangschiff musste man gleich auf mehrere Weisen in
einer feinen Balance halten: Die tonnenschweren Walstreifen
mussten zum Trocknen aufgehängt werden, ohne dass das Schiff
Schlagseite bekommen hätte, die Tranfässer aus demselben Grund
ebenso sorgfältig verstaut werden. Der Kapitän und die Offiziere
mussten dafür sorgen, dass die Stimmung nicht kippte. Schon ein
unzufriedener oder unberechenbarer Seemann bedeutete innerhalb der eingepferchten Seefahrergruppe eine Gefahr für die gesamte Mannschaft.
Doch was passiert, wenn ausgerechnet der Kapitän nicht mehr nur
an das Wohl seiner Schiffsbesatzung denkt? Ein solcher Kapitän ist
nämlich Kapitän Ahab: Ein weißer Wal, den er Moby Dick nennt,
hat ihm im Kampf Mann gegen Wal einst sein Bein geraubt. Doch
ganz unverletzt ging das Tier aus dem Zweikampf nicht hervor:
Immerhin den halben Kieferknochen konnte Ahab dem Wal entreißen und machte sich daraus eine Prothese für sein fehlendes Bein.
Nun humpelt der Kapitän über das Deck seines Schiffes, der Pe-
quod, und sinnt auf Rache – tagein, tagaus und auch des Nachts.
Das Pochen über ihren Köpfen raubt seinen Matrosen unter Deck
den Schlaf. Doch getrieben von seiner Rachgier bemerkt Ahab
nicht, dass er das Leben seiner gesamten Besatzung aufs Spiel setzt
für die Jagd auf Moby Dick.
Ahab sehnt den Ausruf des Ausgucks »Wal ho!« herbei als Zeichen
für das Ende seiner Jagd und als Signal für den letzten Kampf. Er
hat keine Zweifel, dass seine Mannschaft hinter ihm stehen wird:
Die Auseinandersetzung mit dem weißen Wal hat Ahabs Seele
schwarz gefärbt, die Lager sind für ihn klar definiert: Du bist entweder für mich – oder gegen mich. Nichts dazwischen. Kein Möglicherweise, kein Vielleicht. Welche Wahl also haben die drei Steuermänner Starbuck, Stubb und Flask, der Schmied Perth, der
Schiffsjunge Pip, der verrückte Harpunier Queequeg mit seinem
Sarg und der Grünschnabel Ismael – der das Leben suchte und den
Tod kennenlernen sollte – an Bord der »Pequod«, als ihrem Kapitän
treu zu folgen?
Die Junge Oper Hannover setzt mit dieser Auftragskomposition zu
Herman Melvilles Roman Moby Dick die Segel in die Spielzeit
2016 / 17. Zu erleben ist in der Musik des jungen russischen Komponisten Mischa Tangian das Leben an Bord eines Walfängers: die
Seemanns-Shantys, das kollektive Adrenalin bei der Waljagd, die
Geschichten von Freundschaft und Zusammenhalt, von Neugier auf
das Leben und Abenteuer, von der blinden Besessenheit eines Kapitäns. Das große Meeresabenteuer ruft als Kampf zwischen Mensch
und Natur – wer wird wohl gewinnen?
MOBY DICK (UA)
MOBY DICK ENTDECKEN
Kammeroper von Mischa Tangian (2016)
Gleich zwei Angebote rund um die Uraufführung von Moby Dick
laden alle ab 10 Jahren zum Entdecken und Selbermachen ein.
Libretto von Dorothea Hartmann nach dem gleichnamigen Roman von Herman
Melville
Auftragswerk der Staatsoper Hannover
WEISSER WAL UND RAUE SEE HERBSTFERIENPROJEKT
Für alle ab 10 Jahren
Kapitän Ahab und seine Schiffscrew sind scheinbar unerschrockene Meeresabenteurer. Aber an Bord ihres Walfangschiffes »Pequod« ist das Leben nicht einfach, insbesondere dann nicht, wenn
man auf der Jagd ist nach dem sagenumwobenen weißen Wal:
Moby Dick. Gemeinsam besuchen Kinder im Alter von 10 bis 12
Jahren das Musiktheater Moby Dick. Im Anschluss machen sie sich
vier Tage lang auf eine eigene musikalische und bildnerische Suche
nach dem weißen Wal. Ihre Abenteuer präsentieren sie in einer
Performance im Sprengel Museum Hannover. Kosten: 16 Euro inkl.
Eintrittskarte für die Vorstellung
Mark Rohde
MUSIK ALISCHE LEITUNG
Christine Hielscher
KOSTÜME
Christopher Baumann
ISMAEL / ERZ ÄHLER
STARBUCK
Lukas Benjamin Engel
QUEEQUEG
LICHT
MUSIKTHEATERPÄDAGOGIK
Gevorg Apérants Hakobjan
Chacewicz
INSZENIERUNG
Dennis Ennen
Martin Busen
BÜHNE
DR AMATURGIE
Maike Fölling
K APITÄN AHAB
STUBB
PERTH
Friederike Karig
Uwe Wegner
Frank Schneiders
Byung Kweon Jun
Jan Szurgot
PIP
FL ASK
Michael
Karine Minasyan /
Ylva Stenberg
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
UR AUFFÜHRUNG:
Sonntag, 25. September 2016, 18 Uhr, Ballhof Eins
WEITERE VORSTELLUNGEN
Anmeldung: [email protected]
So, 09.10.16 – Do, 13.10.16
In Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover
Di, 27.09.16 | Mi, 28.09.16 | So, 09.10.16 (15 Uhr) | Mi,
19.10.16 | Di, 25.10.16 | Mi, 26.10.16 | Di, 01.11.16 | Mi, 07.12.16 | Do, 15.12.16 |
AUF KÄPT’N AHABS SPUREN WORKSHOP ZU MOBY DICK
Fr, 16.12.16; jeweils um 11 Uhr, wenn nicht anders angegeben.
Im Historischen Museum erfahren Kinder ab 10 Jahren, zu welcher
Zeit die Geschichte von Moby Dick entstanden ist. Im anschließenden Musiktheater-Workshop gehen sie szenisch und musikalisch der Situation der Seeleute an Bord des Walfangschiffes »Pequod« auf den Grund. Nach einer gemeinsamen Pause besuchen sie
eine Aufführung von Moby Dick im Ballhof Eins. Kosten: 6 Euro
(inkl. Snack im Museum) zzgl. Eintrittskarte für die Vorstellung
Mit freundlicher Unterstützung
Anmeldung (Hist. Museum):
(0511) 168 43 949 oder (0511) 168 43 945
[email protected]
Termine
Familien-Workshop mit Premieren-Besuch
So, 25.09.16, 15–19.30 Uhr
Kinder-Workshop mit Vorstellungsbesuch
So, 09.10.16, 12 – 16.30 Uhr
In Kooperation mit dem Historischen Museum Hannover
16.17
JUNGE OPER
JUNGE OPER
DAS ENSEMBLE
DER JUNGEN
OPER 2016 / 17
BALLHOFFEST
VORWÄRTS, SEGEL SETZEN!
Anker lichten und die Leinen los! Die Junge Oper Hannover bricht auf in eine neue Spielzeit: mit dem Ballhoffest, neuen Ensemblemitgliedern und Angeboten für alle, die selbst mal auf der Bühne stehen möchten.
Musiktheater-Clubs Anker zu lichten, das bedeutet auch: Unbekanntem begegnen, Perspektiven wechseln, die Welt mit offenen
Augen sehen, Neues hören. Wer darauf neugierig ist, kann unter
professioneller Anleitung von Musiktheaterpädagogen, Musikern,
Tänzern, Regieassistenten und Komponisten improvisieren und experimentieren, schreiben, singen, einstudieren und am Ende vor
Publikum präsentieren. In Musik­theater-Clubs bekommen Kinder
und Jugendliche die Gelegenheit, Musiktheater durch Selbermachen kennenzulernen. Bühnenerfahrung ist keine Voraussetzung,
aber von Vorteil. Geprobt wird wöchentlich sowie an einzelnen
Wochenenden.
Kosten: einmalig 30 Euro
+ Club XS (8 – 11 Jahre): ab September 2016
Leitung: Kirsten Corbett
[email protected]
+ Club TANZ (10 – 13 Jahre): ab September 2016
Leitung: Bettina Stieler
[email protected]
+ Club XM (12 – 15 Jahre): ab September 2016
Leitung: Eva-Maria Kösters
musiktheaterpaedagogik@staatstheater-hannover.
de
+ Club XL (16 – 21 Jahre): ab September 2016
Leitung: Ann-Kathrin Büdenbender
[email protected]
Ballhoffest Mit voller Kraft voraus startet die Junge Oper in eine
neue Spielzeit: Am Samstag, 27. August 2016 wird ab 15 Uhr auf den
Bühnen des Ballhofes und auf dem Ballhofplatz das große Ballhoffest
gefeiert. Bis in den frühen Abend hinein gibt es Aktionen und Spiele
zum Bewegen, Musizieren und Mitmachen; es kann gebastelt werden, beim Kinderschminken kann man sich verwandeln und Musiker
des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover stellen ihre Instrumente zum Ausprobieren zur Verfügung.
Auf der Bühne des Ballhof Eins stellen Ensemblemitglieder der Jungen Oper sich selbst und mitgebrachte Arien vor – gemeinsam mit
Heini, dem kleine Vampir (alias Eva Spilker), der zum Ballhoffest ausnahmsweise das Opernhaus verlässt, wo er ab November 2016 wieder mit dem Dirigenten Siegmund Weinmeister die Welt der Orchestermusik erkundet. Der Kinder- und Jugendchor der Staatsoper lädt
zu einem Konzert ein, Carola Rentz zu einer von Musik und Bauchtanz umrahmten Märchenstunde, und Musiktheater­
pädagogin Kirsten Corbett nimmt Abenteuerlustige
mit auf eine Seefahrt auf den Spuren von Moby Dick.
Draußen auf dem Ballhofplatz treibt derweil Clownin Flogge mit großen Seifenblasen ihr lustiges Unwesen,
Opernhaus-Caterer Da Capo! Catering sorgt mit Waffeln,
Hotdogs und Getränken für Stärkung zwischen den
bunten Programmpunkten. Der Eintritt ist auch in diesem Jahr frei, kostenlose Zählkarten für die Bühnenprogramme sind an den Theater­
kassen erhältlich.
BALLHOFFEST
Samstag, 27. August 2016,
ab 15 Uhr im und um den Ballhof
Karine Minasyan
Marlene Gaßner
Gihoon Kim
Pawel Brozek
Jan Szurgot
tersemester 2012 an der Hochschule für
Musik, Theater und Medien Hannover. In
Hannover hat sie bereits mit ihren Interpretationen von Grieg-Liedern sowie bei Operetten- und Konzertauftritten nachdrücklich
auf sich aufmerksam gemacht. Seit dieser
Spielzeit gehört Ylva Stenberg zum Ensemble der Jungen Oper.
Ylva Stenberg
Die Sopranistin Karine Minasyan stammt
aus Armenien. Sie studierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und ausgezeichnet mit dem Dr. KarlErnst-Fichter-Preis für ihre herausragende
Leistung beim Bachelor-Abschluss. Im Jahr
2014 hat sie den 1. Publikumspreis beim
Wettbewerb Die Hannoversche Börse der
Musiktalente gewonnen, ein Jahr später den
2. Förderpreis beim 4. Internationalen Belcanto Gesang Meisterkurs. Sie ist seit der
Spielzeit 2015 / 16 Ensemblemitglied der
Jungen Oper Hannover, wo sie u. a. in Zaide
und Orlando sehr erfolgreich war.
Die junge Sopranistin Ylva Stenberg wurde
in Arvika (Schweden) geboren. Sie wurde
an der Musikhochschule Ingesund (Schweden) ausgebildet und studiert seit dem Win-
Die Mezzosopranistin Marlene Gaßner studiert seit 2013 bei Professor Marina Sandel
an der Hochschule für Musik, Theater und
Medien Hannover. Zunächst vertiefte sie
ihre Kenntnisse im Musiktheater im Master
Gesang / Oper. An der Hochschule war sie
bereits in einigen Opernproduktionen zu
hören, auch im Konzert- und Oratorienfach
tritt sie regelmäßig auf. Sie ist Stipendiatin
des Richard Wagner Verbands Hannover
e. V. und von Live Music Now Hannover e. V.
Ab August 2016 ist sie Ensemblemitglied
der Jungen Oper Hannover.
Pawel Brozek, in Polen geboren, studierte
Gesang an der Music Academy Kraków bei
Marek Rzepka. Er wurde mit etlichen Preisen bei internationalen Gesangswettbewerben ausgezeichnet. Der Tenor gehört seit
der Spielzeit 2015 / 16 zum Ensemble der
Jungen Oper. In der aktuellen Spielzeit wird
er u .a. in Der gestiefelte Kater sowie in Der
fliegende Holländer und Die verkaufte Braut
auch auf der großen Bühne zu erleben sein.
Der junge koreanische Bariton Gihoon Kim
studierte an der Yonsei Universität Seoul
und wurde mit ersten Preisen bei nationalen
Gesangswettbewerben ausgezeichnet. Im
Januar 2016 gehörte Gihoon Kim zu neun
Stipendiaten, die für vier Wochen das deutsche Opernsystem an der Oper Hannover
kennenlernten. Für die Spielzeit 2016 / 17
erhielt er ein Stipendium an der Jungen
Oper Hannover, wo er in Produktionen der
Jungen Oper wie der Neuproduktion Leyla
und Medjnun sowie in der Wiederaufnahme
Der gestiefelte Kater als Mittlerer Bruder und
Menschenfresser debütiert.
1992 in Lodz (Polen) geboren, studiert der
junge Bassist Jan Szurgot seit 2011 an der
Hochschule für Musik seiner Heimatstadt.
2014 war er Stipendiat der Richard-Wagner-Stiftung. In der Spielzeit 2014 /15 debütierte Jan Szurgot an den Wuppertaler
Bühnen in Neuinszenierungen von Mozarts
Don Giovanni, Puccinis Tosca, Strauss‘ Salome sowie Wagners Parsifal. Zudem wirkte
er in einer szenischen Umsetzung von Bachs
Johannes-Passion mit. Seit der Saison
2015 / 16 gehört Jan Szurgot zum Ensemble
der Jungen Oper Hannover.
18.19
KONZERT
KONZERT
OLAF ROTH
STEFFI MIESZKOWSKI
TENORGLANZ FÜR HANNOVER
DER KÜNSTLER IM ZENTRUM DES GESCHEHENS
Pavol Breslik ist Stargast beim Festkonzert zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover
Werke von Berlioz, Rachmaninow und Gotovac beim ersten Sinfoniekonzert mit dem neuen Generalmusikdirektor Ivan Repušic
»Die Musik eines Komponisten sollte sein Geburtsland ausdrücken, seine Liebesaffären, seine Religion, die Bücher, welche
ihn beeinflusst haben, die Bilder, die er liebte. Sie sollte das
gesamte Produkt der Erfahrungen des Komponisten sein.«
Sergei Rachmaninow
Rachmaninows Credo würde wohl auch Jakov Gozovac unterschreiben. 1895 im ehemaligen Österreich-Ungarn geboren, gilt Gotovac
als einer der ersten Vertreter eines kroatisch-spätromantischen Nationalstils. Seine Komposition Simfonijsko kolo verweist auf den
gleichnamigen Reigentanz Kolo, der heute noch in der Balkanregion
getanzt wird. Geschickt setzt Gotovac die Klangfarben eines Symphonieorchesters ein, um ihm die charakteristischen Folkloreklänge
zu entlocken. So übernehmen die Streicher, streckenweise tatkräftig
vom Schlagwerk unterstützt, die typischen »trzanje« – die Tremoli
der Tamburica-Gruppe – und sorgen so für den spezifisch kroatischen Charakter.
Der Komponist Gaetano Donizetti hat es dem
Tenorhelden in der Oper Lucia di Lammermoor richtig schwer gemacht. Edgardos
große Arie »Fra poco a me ricovero« ist nicht
nur gespickt mit technischen Hürden, sie
steht vor allem nach der berühmten Wahnsinnsszene der Lucia. Somit lastet ganz am
Ende der Oper eine schwere Hypothek auf
dem Tenor. Keine Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen, dürfte jedoch der Stargast beim diesjährigen Festkonzert zugunsten der Stiftung
Staatsoper haben. Auf den großen Opernbühnen der Welt zuhause, kommt der umjubelte slowakische Tenor Pavol Breslik nach
Hannover und singt unter anderem besagte
Arie des Edgardo. Die steile Karriere des
jungen Tenors begann, nachdem er 2005
von der Zeitschrift Opernwelt als Nachwuchssänger des Jahres gekürt wurde. Von
2003 bis 2006 gehörte er zum Ensemble der
Berliner Staatsoper und ist seitdem international gefragt. So war er u. a. an der Metropolitan Opera, der Pariser Oper, der Wiener
Staats­oper und bei den Salzburger Festspielen zu hören.
Pavol Breslik wird in Hannover unter der
Leitung des neuen Generalmusikdirektors
Ivan Repušic’ neben dem Ausschnitt aus
Lucia di Lammermoor die Arie des Nemorino
»Una furtiva lagrima« aus Gaetano Donizettis
Der Liebestrank sowie aus Peter I. Tschaikowskys Eugen Onegin die Arie des Lenski
»Kuda, kuda« singen. Auf dem Programm
stehen außerdem glanzvolle Ausschnitte aus
der neuen Opernsaison – unter anderem aus
Wagners Der fliegende Holländer, Henzes
Die englische Katze, Puccinis Manon Lescaut
und Smetanas Die verkaufte Braut, interpretiert von Mitgliedern des Ensembles der
Staatsoper Hannover und dem Chor der
Staats­oper Hannover. Es spielt das Niedersächsische Staatsorchester Hannover unter
der Leitung von Alexander Drčar, Mark Rohde,
Benjamin Reiners und Daniel Klein.
Festkonzert zugunsten
der Stiftung Staatsoper Hannover
Samstag, 27. August 2016, 19.30 Uhr
Mit freundlicher Unterstützung
Nachdem Sergei Rachmaninows erste Simfonie als allzu moder­
nistisch kritisiert worden war, ließ sich der Komponist zunächst verunsichern und gab sogar zeitweise das Komponieren auf. Im Anschluss an eine dreijährige Schaffenskrise entstand zwischen 1900
und 1901 das Klavierkonzert Nr. 2 in c-Moll, das vor allem Zeugnis
seiner künstlerischen Vielseitigkeit ist: »Ich habe nie feststellen
können, wozu ich in Wahrheit berufen bin. Zum Komponisten, zum
Pianisten oder zum Dirigenten«. Glockengleich eröffnen die wuchtigen Akkorde des Soloklaviers den 1. Satz. Weit ausgedehnten,
elegisch-pathetischen Themen wird im Dur-Seitenthema eine lichtere Welt gegenübergestellt, auf die im Mittelsatz sowie in den Seitensätzen des Finales verwiesen wird.
real, verknüpft Berlioz für den Protagonisten mit einem musikalischen Thema, der Hauptmelodie. Als musikalische Chiffre ist sie
Entsprechung von Schönheit und Reiz, für den Liebenden gleichzusetzen mit seiner Angebeteten. Der Künstler ist unfähig, sich von
dieser »idée fixe« zu lösen; die Gedanken des sinfonischen Ichs kreisen um das geliebte Wesen. Das Hauptthema erfährt in jedem Satz
eine kontextbezogene Variation: Mit leichter Hand zeichnet Berlioz
im 1. Satz Träumerei, Leidenschaft und Zärtlichkeit. Innerhalb der
von Walzerrhythmen getragenen Schilderung eines Balles im 2. Satz
wird die Aufmerksamkeit auf zwei höchst virtuos geführte Harfen
gelenkt. Englischhorn und Holzbläser sorgen für die pastorale Atmosphäre im 3. Satz (Szene auf dem Lande), bevor zwei Kornette, Posaunen, Tuba, Becken, Pauken und große Trommel in einem grellen
Marsch die im Wahn erlebte Exekution vorbereiten. Im 4. und 5. Satz
wartet Berlioz mit albtraumhaften Sequenzen auf, in denen der Protagonist im Opiumrausch glaubt, seine Geliebte ermordet zu haben
und seine eigene Hinrichtung erlebt, worauf ein geträumter Hexensabbat folgt. Die verzerrte, geisterhafte und von der Es-Klarinette
gespielte Version der Hauptmelodie sowie der Einsatz des Bogenholzes bei den Streichern tragen zur spukhaften Atmosphäre des
letzten Satzes bei, den eine sich überstürzende Schlussstretta zum
Abschluss bringt.
ERSTES SINFONIEKONZERT
JAKOV GOTOVAC
Simfonijsko kolo op. 12 (1926)
SERGEI R ACHMANINOW
Konzert für Klavier und Orch­e ster Nr. 2 c-Moll op. 18
(1900 / 01)
HECTOR BERLIOZ
Symphonie fantastique op. 14 (1830)
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Führt man Hector Berlioz’ Inspiration zu seiner Symphonie fantastique auf seine zunächst unglückliche Liebe zu der irischen Schauspielerin Harriet Smithson zurück, entspricht auch Berlioz dem oben
zitierten künstlerischen Credo Rachmaninows. Gleichwohl beschreitet Berlioz mit der Entscheidung, Autobiographisches mit Fiktion zu verweben, im Hinblick auf die Sinfonik Neuland. In Form
einer fünfaktigen Symphonischen Dichtung entwickelte er eine Episode aus seinem Leben, die er mit der literarischen Vorlage Episode
de la vie d’un artiste (Episode aus dem Leben eines Künstlers) verknüpfte. Als Keimzelle der Handlung diente Berlioz die extreme Liebe eines Künstlers zu einer Dame. Deren Präsenz, sei sie fiktiv oder
SOLIST
Simon Trpčeski (Klavier)
DIRIGENT
Ivan Repušic’
Sonntag, 18. September 2016, 17 Uhr
Montag, 19. September 2016, 19.30 Uhr
Kurzeinführung jeweils 45 Minuten vor dem Konzert
Mit freundlicher Unterstützung
20.21
KONZERT
KONZERT
CHRISTOPHER BAUMANN
SCHATTENWERKE DER GROSSEN KLASSISCHEN
KOMPONISTENTRIAS
Zum Programm des 2. Sinfoniekonzerts
»Kenner und Nicht-Kenner müssen aus gegenwärtigen Stücken unpartheyisch eingestehen, daß Beethoven mit der Zeit die Stelle
eines der größten Tonkünstler in Europa vertreten werde, und ich
werde stolz seyn, mich seinen Meister nennen zu können.« Diese
Zeilen, die im November 1793 entstanden, sprechen Bände über
den Stolz eines Lehrers über seinen Schüler: Joseph Haydns lobende Worte waren gerichtet an Beethovens damaligen Dienstherrn,
den Kurfürsten Maximilian Franz in Bonn – Beethoven selbst befand
sich mit dem Segen des Fürsten in dieser Zeit für ein Jahr in Wien,
um bei Haydn Unterricht zu nehmen. Prophetisch sind diese Zeilen
zu jener Zeit gewiss, doch sollte der weitere Werdegang Beethovens
seinem Lehrer Recht geben. Auch wenn es keine konkrete Belege
dafür gibt, ist davon auszugehen, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis schwierig und fruchtlos war.
Im Vorjahr war Haydn von seiner ersten einjährigen England-Reise
zurückgekehrt, während derer in der englischen Hauptstadt sechs
seiner zwölf sogenannten Londoner Sinfonien uraufgeführt worden
waren. Auch Haydns Sinfonie B-Dur Nr. 98 hatte sich als großer Erfolg erwiesen: die beiden Ecksätze mussten umgehend wiederholt
werden – nicht verwunderlich bei der raffinierten Satztechnik, die
Haydn anwendet. Wie in der Frage des Verhältnisses zwischen
Haydn und Beethoven lässt diese Sinfonie weitere Mutmaßungen
der Musikhistoriker zu, die von dem für diese Zeit ungewöhnlichen
Cembalo-Solo im Finalsatz vor Rätsel gestellt werden: Ist es wirklich
zur Ausführung gedacht, und saß Haydn bei der Uraufführung im
Finalsatz tatsachlich am Cembalo, oder handelt es sich um einen der
berühmten Haydn’schen Späße?
Neben der Tonart B-Dur verbindet Haydns 98. und Beethovens 4.
Sinfonie auch die gestalterische Bedeutung der langsamen Einleitung im Kopfsatz für die weitere formale Konstruktion. In beiden
Fällen ist zudem das melodische Material destilliert, Rhythmus und
Harmonik sowie motivische Ableitungen halten das Satzgefüge zusammen. Trotz dieser abstrakten Vorgänge zeigt sich Beethoven gerade in dieser Sinfonie fast ungewohnt heiter, mit einer sinnlichen
Klangphantasie und vor allem Instrumentationspoesie. Subtile
Klang­abstufungen bietet auch der lyrische zweite Satz, und nach
einem lebendigen Scherzo folgt das äußerst virtuose Finale.
Die Übereinstimmung in der musikalischen Gedankenwelt, die in
der Zusammenstellung dieser beiden Sinfonien für das Programm
des 2. Sinfoniekonzerts zum Ausdruck kommt, wird im Übrigen
durch eine biographische Begebenheit gestützt: Ein Indiz der Verbundenheit von Lehrer und Schüler könnte der Umstand sein, dass
Beethoven in späteren Jahren das Autograph von Haydns Sinfonie
B-Dur Nr. 98 erwarb.
Zwischen diesen beiden Sinfonien vermittelt ein Violinkonzert
Wolfgang Amadeus Mozarts, der Haydn derart freundschaftlich verbunden war, dass gemutmaßt wird, der besonders expressive zweite Satz von Haydns Sinfonie Nr. 98 könne als eine Art Requiem auf
den im Vorjahr verstorbenen Kollegen und Freund Mozart gelesen
werden – insbesondere das zweite Thema des Satzes erinnere an
das Andante cantabile aus Mozarts Jupiter-Sinfonie. Dass Mozart,
dessen man heute eher als pianistisches Wunderkind gedenkt, auch
ein ausgesprochen talentierter Violinist gewesen sein muss, ist in
der Brillanz und im Esprit der Solo-Stimme seines 2. Konzerts erkennbar, das er wie vier weitere Violinkonzerte in den Jahren 1773
und 1775 in Salzburg hauptsächlich für den Eigengebrauch komponierte. Mit dem Dirigenten Alessandro De Marchi und der Violinistin
Midori Seiler darf sich das hannoversche Konzertpublikum auf zwei
ausgewiesene Experten im Bereich der Barockmusik und der Klassik
freuen. Gemeinsam mit dem Niedersächsischen Staatsorchester
Hannover werden diese beiden Künstler die Werke der großen Wiener Komponistentrias beleuchten, die im Schatten ihrer Schwesterwerke stehen – und doch auf besondere Weise zeigen, wie ihre
Autoren sich sowohl persönlich als auch ideell verbunden fühlten.
ZWEITES SINFONIEKONZERT
JOSEPH HAYDN
Sinfonie Nr. 98 B-Dur Hob. I:98 (1792)
WOLFGANG AMADEUS MOZ ART
Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 D-Dur
KV 211 (1775)
LUDWIG VAN BEETHOVEN
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 (1806)
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
SOLISTIN
Midori Seiler
DIRIGENT
Alessandro De Marchi
Sonntag, 16. Oktober 2016, 17 Uhr
Montag, 17. Oktober 2016, 19.30 Uhr
Kurzeinführung jeweils 45 Minuten vor dem Konzert
Alessandro De Marchi studierte Orgel und Komposition am
Konservatorium »Santa Cecilia« in seiner Heimatstadt Rom, anschließend Cembalo, Basso continuo und Kammermusik an der
schola cantorum basiliensis. Seitdem dirigierte er bereits zahlreiche Konzerte und Opern an renommierten Theatern wie der
Staatsoper in Berlin, dem Théâtre de la Monnaie in Brüssel, der
Staatsoper Hamburg, dem Teatro Regio in Turin, der Sächsischen Staatsoper Dresden, dem Essener Aalto-Theater, der
Opéra National in Lyon und dem Prager Ständetheater. Er dirigierte außerdem das Orchestre de Chambre de Genève und das
Orchestra Nazionale dell´Academia di Santa Cecilia in Rom. Daneben ist Alessandro De Marchi regelmäßig bei Festivals wie
dem Maggio Musicale Fiorentino, dem Rossini Festival Bad
Wildbad, dem Montreux Festival und den Händel-Festspielen in
Halle zu Gast. Sein künstlerischer Schwerpunkt liegt auf der
Musik des 17. bis frühen 19. Jahrhunderts. 2009 wurde De
Marchi in der Nachfolge von René Jacobs die Künstlerische Leitung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik übertragen.
Midori Seiler, bayerisch-japanische Tochter zweier Pianisten,
wuchs in Salzburg auf. Ihre musikalische Ausbildung führte sie
nach Basel, London und Berlin. Sie ging bei Musikerpersönlichkeiten mit unterschiedlichsten Profilen in die Lehre: Bei den
»modernen« Geigern Helmut Zehetmair, Sándor Végh, David
Takeno und Eberhard Feltz sowie bei zwei Spezialisten für Alte
Musik: Stephan Mai und Thomas Hengelbrock. Als Mitglied der
Akademie für Alte Musik Berlin erlebte Midori Seiler den internationalen Durchbruch des Ensembles, ab 2005 am Konzertmeisterpult. Als langjähriges Mitglied des Instrumentalconsorts
»Concerto Vocale« von René Jacobs war sie an zahlreichen Produktionen frühbarocker Opern beteiligt.
Zu dem Repertoire der Violinistin gehören auch die großen Vio­
linkonzerte von Mendelssohn und Beethoven. Zu ihren vielfach
mit Preisen ausgezeichneten CD-Einspielungen zählen Violinkonzerte von Mozart, Rimski-Korsakows Sheherazade sowie
ihre Rekonstruktion des verschollenen Violinkonzertes von
Bach BWV 1052.
Eine Professur für Barockvioline und -viola führte die Künstlerin
von 2010 bis 2013 an die Hochschule für Musik »Franz Liszt« in
Weimar, seit Oktober 2014 ist Midori Seiler an der Universität
Mozarteum Salzburg tätig.
22.23
ORCHESTER
AUS DEN ABTEILUNGEN
DEMIAN EWIG
EVA HARRISON
REINGEHÖRT
VON ELEFANTEN UND BARBIEPUPPEN
mit Shiho Uekawa
»Als ich nach Deutschland kam, musste ich
die Klarinette neu erlernen«, sagt Shiho
Uekawa. Jahrelang hatte die 34-jährige Japanerin, die seit 2015 im Niedersächsischen
Staatsorchester Hannover spielt, die BöhmKlarinette gespielt, die sich in Klang und
Griffsystem wesentlich von der hierzulande
üblichen »deutschen Klarinette« unterscheidet. Ihre erste Begegnung mit dem Instrument hatte Shiho Uekawa in der Oberschule,
im Alter von 12 Jahren, als sie Mitglied
eines Jazz-Orchesters wurde. Zuvor spielte
sie schon Klavier, doch von dem Klang der
Klarinette magisch angezogen, entschied
Die Theaterplastiker Neele Hofmann und Heiko Nuß lassen am Staatstheater Hannover vielfältige Wunderwelten entstehen
sie sich schließlich für das Holzblasinstrument. Seither hat sie immer den Wunsch
gehabt, in einem professionellen Orchester
zu spielen. Gleich im Anschluss an ihre
Schulzeit begann sie ein Musikstudium in
Tokio bei Yuji Murai. 2005 kam sie nach
Deutschland und studierte zunächst in
Mannheim, später führte es sie nach Basel,
wo sie ihre Ausbildung bei François Benda
fortsetzte. Mit ihrem Lehrer wechselte sie
schließlich an die Universität der Künste
Berlin, wo sie heute studiert. Aufgrund ihrer
Tätigkeit als Orchestermusikerin bleibt aber
kaum noch Zeit für das Studium.
Es sei immer ihr Traum gewesen, nach
Deutschland zu kommen und dort ihre berufliche Karriere zu verwirklichen, sagt sie.
Bescheiden gesteht sie dabei ein, dass auch
Glück und Zufälle ihren Werdegang beeinflussten: So nennt sie ihre Mutter als Vorbild, die auch ausgebildete Musikerin ist.
Das habe sie entscheidend motiviert und
ihren Berufswunsch von Beginn an mitgeprägt. Nun ist sie sehr zufrieden mit ihrer
Stelle und hat viel Spaß am klassischen Orchester-Repertoire.
»Der Klang der Klarinette ist einzigartig«,
sagt Shiho Uekawa, das Instrument bereichere das Orchester mit seiner ganz eigenen
Farbe. Dabei schätzt sie sehr die Facettenvielfalt und die verschiedenen Rollen, die es
einnehmen kann: Bei Wagner zum Beispiel
häufig als klangliches Füllinstrument, bei
Verdi etwa mit kantablen, solistischen Partien. Außerdem nennt sie noch Mahler, der
die Klarinette teils sehr exponiert hervorzuheben wusste.
Auch wenn sie in ihrer Position als stellvertretende Solo-Klarinettistin im Niedersächsischen Staatsorchester viel zu tun hat, gestresst zeigt sie sich keineswegs und privat
hört sie trotzdem viel Musik, hauptsächlich
Klassik. Während sie in ihrer Jugend den
Impressionisten Debussy und Ravel noch
sehr verbunden war, mag sie heute am liebsten Brahms, Wagner und Beethoven. Das
liegt mit Sicherheit auch an dem warmen
Klang der »deutschen Klarinette«, den sie
sehr schätzt. Hin und wieder greift sie auch
zu einer Jazz-CD oder hört Chopin.
+
Alexei Sultanov – Chopin: Scherzi Nos.
1– 4 / Ballade No. 4. Elektra (Teldec), 1992
+The Phil Collins Big Band: A Hot Night in
Paris. Wea Int. (Warner), 1999
Der Beruf des Theaterplastikers ist wohl fast so alt, wie das Theater
selbst, denn von jeher waren plastische Gestaltungselemente fester
Bestandteil von theatralischen Aufführungen. Neele Hofmann und
Heiko Nuß eint – neben diesem Beruf – sowohl die Leidenschaft zum
Theater, als auch die Freude an der Vielseitigkeit der zu bewerkstelligenden Aufgaben: Gemeinsam ›schnitzen‹ sie Skulpturen aus Styropor, arbeiten plastische Kunstwerke aus Flächen heraus und entwickeln auch schon mal einen steinigen Wüstenboden, der – so
scharfkantig er auch aussieht – Manon Lescaut in der gleichnamigen Oper (Premiere 10.09.) einen sanften Bühnentod verspricht.
Neele Hofmann hat den Beruf des Theaterplastikers schon als Schülerin für sich entdeckt: »Nachdem ich mir die Originalrequisiten von
Herr der Ringe angeschaut hatte, wusste ich, das will ich machen.
Eigentlich hatte ich vor, nach dem Abitur Theaterplastik an der
Hochschule für Bildende Künste in Dresden zu studieren, doch bereits während der hierfür erforderlichen Praktika u. a. an verschiedenen Theatern hat mir die ›Produktion‹ im Team so viel Spaß gemacht, dass ich direkt in die Praxis einsteigen wollte!« So begann
Neele Hofmann 2008 ihre Ausbildung zum Theaterplastiker am
Hannoverschen Staatstheater. Auch Heiko Nuß war schon immer
kunstinteres­siert und bekam deshalb von seiner Lehrerin den Tipp,
ein Praktikum in den Werkstätten des Staatstheaters zu absolvieren.
»Danach war ich vom Theater infiziert und wusste, da will ich arbeiten!« Gesagt, getan. Nach seiner Ausbildung in der Herrenschneiderei des Staatstheaters beschloss Heiko Nuß 2004 sich darüber hinaus auch noch zum Theaterplastiker ausbilden zu lassen und ist
seither fester Mitarbeiter der staatstheatereigenen Werkstätten.
»Meine Fertigkeiten als Herrenschneider kommen mir heute als Theaterplastiker nicht selten zugute: Ein wunderbares Beispiel ist der
lebensgroße Elefant, der in der Opera Seria mitspielte. Da mussten
riesige Stoffbahnen zugeschnitten und zusammengenäht werden,
die gewissermaßen die ›Elefantenhaut‹ bildeten.« »Unvergessen ist
auch die fast acht Meter hohe Barbie-Puppe aus Lady in the Dark:
Das war eine große Herausforderung; schließlich sollte sie nicht nur
wie eine Barbie aussehen, sondern sich auch noch nach vorne beugen können und musste zudem stabil genug sein, um einen Sänger
tragen zu können …«, ergänzt Neele Hofmann.
Während sich die beiden Theaterplastiker lebhaft an frühere Projekte erinnern, ist ihnen die ansteckende Begeisterung für ihren
Beruf förmlich ins Gesicht geschrieben. Dabei ist es für beide selbstverständlich, dass sie ihre Kunstwerke auch live im Bühnen­
geschehen erleben möchten.
Bis es soweit ist, ist eine ganze Reihe von Arbeitsschritten nötig.
»Wir wissen, welche Materialien uns zur Verfügung stehen und müssen zu Beginn überlegen, wie wir diese vielleicht kombinieren können, um das vom Bühnenbildner angestrebte Ergebnis zu erhalten«,
erläutert Heiko Nuß. Im Falle von dem bereits erwähnten Wüstenboden zu Manon Lescaut, war neben der Optik die oberste Priorität,
dass der Boden dauerhaft stabil, aber gleichzeitig auch weich bleibt.
»Im ersten Schritt haben wir mit verschiedenen Materialien experimentiert. Oft entwickeln sich dabei wieder neue Ideen, die zu einem
noch besseren Ergebnis führen.« Zunächst haben die Theaterplastiker unterschiedliche »Bodenproben« erstellt und mit dem Bühnenbildner besprochen, Dinge hinzugefügt, andere weggelassen, noch
kleinere Steine aus Schaumstoff zurechtgeschnitten und die Farbe
optimiert. Dann erst wurde die große Bühnenschräge damit bestückt. Viel Arbeit, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen! »Das
schöne an diesem Beruf ist, dass mit jedem Projekt eine weitere
Erfahrung dazu kommt, man lernt immer noch etwas Neues und bewältigt andere Herausforderungen. Das motiviert ungemein!«, sind
sich Heiko Nuß und Neele Hofmann einig!
24.25
GESELLSCHAFT DER FREUNDE DES OPERNHAUSES
SUSANNE WEISGERBER
GABRIELE WARDA
DR. STEPHAN SCHMIDT
GFO-Künstlerlunch im Luisenhof
GFO-Stammtisch am12. April 2016
Am 22. Mai war es wieder so weit: 45 GFO-Mitglieder trafen sich im
Kastens Hotel Luisenhof zum GFO-Lunch und konnten einige Künstler
des Opernhauses in ihrem Kreis begrüßen.
Die Sopranistin Ania Vegry erzählte von den unterschiedlichen Her­
ausforderungen in Produktionen wie Candide, Der Freischütz und Titus.
Brian Davis, der in der kommenden Spielzeit den Lot in der gleichnamigen Uraufführung von Giorgio Battistelli singen und spielen wird,
verriet einen seiner geheimen Wünsche als Amerikaner, nämlich den
Jack Rance in Puccinis Oper La Fanciulla del West zu singen.
Carmen Fuggiss, die seit mehr als 20 Jahren dem Ensemble der Staatsoper angehört, kann auf viele schöne Partien zurückblicken und ließ
uns an ihren Erinnerungen teilhaben. Die Sopranistin ist aber nach wie
vor eine der Stützen des Ensembles und wird u. a. in Die englische
Katze, Figaros Hochzeit und Die verkaufte Braut zu erleben sein.
Der junge Bariton Matthias Winckhler, in München geboren, zeigte
sich begeistert von der Stadt Hannover und dem Opernhaus mit seinem Ensemble. Daneben gilt seine Begeisterung dem Liedgesang.
Marie-Sande Papenmeyer, bis vor kurzem Mitglied des Ensembles der
Jungen Oper und dort zuletzt äußerst erfolgreich als Gestiefelter Kater,
erzählte von ihren Erlebnissen mit den jüngsten Zuschauern als besonderer Herausforderung.
Michael Lieb, Leiter der Statisterie, erzählte sehr unterhaltsam von den
oftmals großen Herausforderungen bei speziellen Wünschen von Regisseuren, wenn besondere Qualifikationen bei Statisten gefragt sind.
Es waren wieder sehr unterhaltsame Stunden bei gutem Essen und
interessanten Gesprächen. Der Künstlerlunch wird auch in der kommenden Spielzeit fortgesetzt. Neue Termine sind der 13. November
2016 und der 30. April 2017. Gäste sind willkommen.
24 gutgelaunte Opernfreunde trafen sich im »Meiers Lebenslust« zum
Stammtisch.
Als Gast begrüßten wir Frau Steffi Mieszkowski, Dramaturgin für Oper
und Konzert. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst in München
und außerdem in Frankfurt am Main. Seit Beginn der Spielzeit 2015 / 16
ist sie an der Staatsoper Hannover tätig. Hier betreute sie unter anderem diverse Sinfoniekonzerte und die Produktionen Titus und Orlando.
Nachdem Frau Mieszkowski ausführlich über ihre Arbeit, Hoffnungen
und Wünsche berichtet hatte, entwickelten sich intensive Gespräche
zwischen allen Anwesenden. Ein weiterer guter und anregender
Abend unter Opernfreunden.
Intendantentreffen am 15. April 2016 mit Schulen des Jugend­
programms TATORT OPER der GFO: Gespräche über einen
Überraschungsverein der besonderen Art
GABRIELE WARDA
Besuch einer Bühnenorchesterprobe zu Titus am 30. Mai 2016
Vor Beginn der gut besuchten Probe informierte uns Dramaturgin Steffi
Mieszkowski über den Inhalt, die Entstehungsgeschichte und die musikalischen Besonderheiten der letzten Mozart-Oper.
Auf dem Probenplan stand der erste Akt, den wir, unterbrochen von
einigen kleinen technischen Problemen, komplett sehen und hören
durften.
Regisseur Tobias Ribitzki nahm sich anschließend sehr viel Zeit, uns
sein Regie-Konzept nahe zu bringen. Für ihn stelle sich die Frage, was
einen Machtmenschen wie Titus dazu bewegt, allen Widersachern zu
verzeihen, sogar einen Mordanschlag. Geschieht es, um als »der Milde«
in die Geschichte einzugehen oder fürchtet er sich vor seinen wahren
Gefühlen und deren Folgen?
Auch in diesem Jahr fand Mitte April zum Ende der TATORT-OPERSpielzeit das traditionelle Intendantentreffen auf der Probebühne 2 der
Staatsoper Hannover für Schülerinnen und Schüler statt, deren Schulen an dem GFO-Jugendprogramm teilnehmen. Dabei standen sowohl
Herr Dr. Klügl, als auch Ballettdirektor Jörg Mannes, die Sopranistin
Carmen Fuggiss sowie Maike Fölling (Junge Oper) den ca. 120 an dem
Programm teilnehmenden Schülern von zehn Schulen Rede und Antwort zu den bis zu diesem Termin gesehenen fünf Werken.
Zwischen den Gesprächen gab es sehr gelungene und intelligente
Darstellungen von fünf Schulgruppen zu den einzelnen Werken. Diese
Anmoderationen reichten von der gruselig-düsteren szenischen Interpretation und von toll geschminkten Wassernixen in einigen Original­
kostümen zu Rusalka des Gymnasiums Großburgwedel, einem humorvollen Rückblick auf die Verrücktheiten in Candide vom Gymnasium
Langenhagen über eine spritzige Hinführung zu Orlando mit vielen
Originalzitaten vom Gymnasium Bad Nenndorf sowie den sehr gut
passenden Vortrag des »Deutschliedes« der hannoverschen a-cappella-Gruppe Maybebop zum Freischütz durch die Tellkampfschule bis zu
einem treffenden Kurzfilm zu zwei Teilen des Balletts Three is a Party
des Gymnasiums Isernhagen.
In den Diskussionen ging es u. a. um die Frage, wie in Orlando die
unterschiedlichen (Liebes-)Geschichten der Jugendlichen erfunden
wurden, denen man als Publikum an den einzelnen Stationen begegnete. In dem Gespräch mit Herrn Dr. Klügl wurde deutlich, dass die
Jugendlichen in ihren Erzählungen zumeist eigene Erlebnisse eingebracht hatten, aber auch in Altersheimen, Kasernen und im Kinderkrankenhaus auf der Bult Interviews geführt hatten.
Ein großer Teil der Diskussion widmete sich dem Freischütz, der zwar
gegensätzlich aufgenommen wurde, für viele Schüler aber äußerst
spannend war, da er »zum Nachdenken anregte«. So wurde u. a. über
die vielen Symbole in der Inszenierung gesprochen und geklärt, dass
z. B. die vielen Zwerge einerseits für das deutsche Märchen aber auch
für das deutsche Eigenheim sowie die deutsche Glückseligkeit stehen.
Herr Dr. Klügl stellte im Laufe der Gespräche heraus, dass es eine Aufgabe des Opernhauses sei, das Publikum immer wieder auch mit neuen Aspekten in einem vermeintlich bekannten Werk zu konfrontieren,
denn die Staatsoper Hannover sei nun mal auch ein »Überraschungsverein«.
Auch wenn der Freischütz starke Eindrücke hinterlassen hatte, war die
Lieblingsvorstellung der Schüler in dieser Saison allerdings das Ballett
Three is a Party.
Lehrer, die mit ihrer Schule nahezu kostenlos an dem Programm TATORT OPER teilnehmen und sechs Vorstellungen in der Saison besuchen wollen, können sich bei dem Leiter des Programms Dr. Stephan
Schmidt, bewerben: [email protected]
WERDEN AUCH SIE EIN FREUND DES OPERNHAUSES. JEDER IST HERZLICH WILLKOMMEN!
Gesellschaft der Freunde des Opernhauses Hannover e. V. VORSTANDS­V OR­S ITZENDER Christoph Trestler | POSTANSCHRIFT DER
GFO-GESCHÄFTSSTELLE
BINDUNG
Geschäftsstelle der GFO, c / o Nord / LB, Zuleitung 5371, Friedrichswall 10, 30159 Hannover |
BANK VER-
IBAN: DE33 2505 0000 0101 4247 37, BIC: NOLA DE2H XXX | Die jährlichen Beiträge für eine Mitgliedschaft betragen
für eine Einzelperson 50 €, für jedes weitere Familienmitglied 25 €, für Schüler und Studenten 10 €, für Firmen 200 €. Fragen
zur Mitgliedschaft und zu den Veranstaltungen richten Sie bitte an unsere Ansprechpartnerin Friederike Schlömer (friederike.
[email protected]) oder an die Geschäftsstelle der GFO. Weitere Informationen unter www.gfo-hannover.de
26 27
FUNDUS
ORCHESTER
KANTINENPLAUSCH
GASTIERUNGEN
OPERNRÄTSEL
Auch in den Sommer- und Herbstmonaten gastieren Sängerinnen,
Sänger und Dirigenten der Staatsoper an anderen Bühnen. Kurz vor
den Theaterferien hat Bariton Mohsen Rashidkhan bei den
Ludwigsburger Schlossfestspielen den Hohen Priester in Mozarts
Idomeneo gegeben. Mezzosopranistin Mareike Morr hat bei den
Bayreuther Festspielen neben ihrem Parsifal-Engagement noch zusätzlich als Sigrune (Die Walküre) auf der Bühne gestanden. Im
August wirkte Tobias Schabel in Verdis Messa da Requiem bei den
Bad Hersfelder Festspielen mit und Kapellmeister Siegmund Weinmeister stand am Dirigentenpult beim Santa Vittoria Festival (Italien). Ebenfalls im August übernahm der 1. Kapellmeister Benjamin
Reiners die musikalische Leitung von Gioachino Rossinis Oper
Hochzeitswirren im Rahmen der Sommer Nacht Oper in Kaiserslautern. Michael Dries wiederum zog es nach Warschau, wo er unter der Leitung von Jacek Kaspszyk in Beethovens 9. Sinfonie mit
der Warschauer Philharmonie auf dem Konzertpodium stand. Ebenfalls auf das Konzertpodium zieht es Stefan Adam: Er wirkt im September in Felix Mendelssohn Bartholdys Elias beim Jubiläumskonzert der Hamburger Camerata mit. Als Violetta Valery in La traviata
gastiert Dorothea Maria Marx am Stadttheater Gießen. Die
Neu­produktion feiert im September Premiere, ebenso wie Charles
Gounods Faust am Theater Magdeburg, wo Shavleg Armasi als
Méphistophélès zu erleben ist. Im Oktober wird Mezzosopranistin
Marlene Gaßner Rebecca Nurse in Robert Wards Oper Hexenjagd
(The Crucible) am Staatstheater Braunschweig singen. Ebenfalls im
Oktober gastiert Edward Mout am Theater Brünn (Polen) als Skuratov in der dortigen Janáček-Produktion Aus einem Totenhaus. Und
Tobias Schabel wirkt erneut in Verdis Messa da Requiem mit – bei
der Neuen Lausitzer Philharmonie unter der Leitung von GMD
Andrea Sanguineti.
Auch das Ballett verlässt sein Stammhaus: Die Tänzerinnen Mónica
García Vicente, Lilit Hakobyan, Keren Leimann, Lauren Murray
und Steffi Waschina tanzen im September in Cássia Lopes’
Choreo­graphie »Empathie« im Kunstverein.
In der letzten Ausgabe sind wir ein wenig übers Ziel hinausgeschossen und haben die Lösung unseres Opernrätsels gleich mitgeliefert. Zur Ehre unserer Leser sei gesagt, dass uns daraufhin nicht
wesentlich mehr richtige Einsendungen erreichten als sonst! Wir
bitten um Entschuldigung für den Fauxpas und wünschen viel Spaß
beim Erraten des Rätsels dieser Ausgabe.
Tiere auf der Opernbühne – ein heikles Thema. Kaum erfährt der
lokale Tierschutzverein, der un-tiergemäße Handlungen fürchtet,
vom geplanten Auftritt eines pelzigen, wechselblütigen oder gefiederten Wesens, stehen die Chancen für den tierischen Bühnenruhm
schlecht. In unserer gesuchten Oper dreht das Tier den Spieß aber
einfach um, quält die Personnage der Oper (zumindest akustisch)
und sorgt für allerhand Aufruhr, der die Protagonistin nicht nur zur
Verzweiflung bringt, sondern sie sogar ihrer Freiheit beraubt. Zum
Glück hat der Komponist jedoch für ein Happy-End gesorgt, was für
ihn ein Leichtes war, lieferte er in einem anderen Fall doch zu einer
ausgesprochen grausamen Tragödie eine heitere Schlussvariante.
Das Tier, von dem hier die Rede ist, artgerecht auf der Bühne darzustellen, erweist sich als ganz schöne Herausforderung für Bühnenund Kostümbildner, auch wenn ›Realismus‹ als Epochenbegriff zur
Entstehungszeit des Werks noch ein Fremdwort war. Singen muss
unser Tierchen übrigens nicht, obwohl die Zoologie ihm diese
Fähigkeit durchaus zuspricht. Aber es singe eben auch nur, wem
Gesang gegeben.
Gesucht werden der Titel der Oper und ihr Komponist (Vor- und
Zuname).
Ihre Lösung schicken Sie bitte bis zum 30.09.16 per Mail an [email protected] oder auch per Postkarte an die
Staatsoper Hannover, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Opernplatz 1, 30159 Hannover. Absender nicht vergessen! Unter allen
richtigen Einsendungen verlosen wir 3 × 2 Karten für die MozartOper Titus am 04.10.16, 19.30 Uhr
HINWEIS IN EIGENER SACHE
Wir bitten Besucherinnen und Besucher, die eine größere Tasche oder einen Rucksack mit sich führen, diese vor Vorstellungsbeginn an den
Garderoben abzugeben. Dies geschieht zur allgemeinen Sicherheit: im Brandfall könnten sich sonst diese Gepäckstücke als gefährliche
Hindernisse erweisen. Wir danken für Ihr Verständnis!
IMPRESSUM
HERAUSGEBER Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH, Staatsoper Hannover, Opernplatz 1, 30159 Hannover INTENDANT Dr. Michael Klügl
Dr. Olaf Roth TEXTE Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit, Musiktheaterpädagogik TYPOGRAFISCHES KONZEPT María José Aquilanti, Birgit Schmidt GESTAL­T ERISCHE
UMSETZUNG Philipp Baier, Minka Kudraß DRUCK Steppat Druck FOTOS Philipp Baier (3), Volker Beinhorn (17 l. o.), Dieter Gebhardt (24), Eva Harrison (23), Sandra Hastenteufel (21 l.), Gregor Hohenberg (21 r.), Thomas M. Jauk (4, 5, 6, 12, 13, 17 Mitte), Jörg Landsberg (Titel, 4, 5), Jörg Mannes (10, 11), Thilo Nass (5), Dr. Stephan Schmidt
(25), Studio Konishi (22) und privat. Titel: Uwe Stickert und Hanna Larissa Naujoks in Mozarts Titus
REDAKTION
seitenbühne . September / Oktober 2016
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