Das Journal der Staatsoper Hannover seitenbühne 09 . 10 PROSZENIUM KLETTERPARTIE Wenn man aus dem Süden Deutschlands stammt und in den Norden zieht, muss dies zwangsläufig dazu führen, dass man die Berge vermisst? Eine berechtigte Frage. Doch angesichts der Parallelen zwischen Bergbesteigung und der Entstehung einer Neuproduktion muss die Antwort nicht zwingend mit einem Ja beantwortet werden. Einer kleinen Expedition durchaus ähnlich beginnt die Planung einer Neuproduktion Jahre im Voraus und zweifelsohne bildet das eine Neuinszenierung erarbeitende Leading Team aus Regisseur, Bühnen-, Kostümbildner und Dramaturg eine Seilschaft. Im Vorfeld wird für die große Tour von den Sängern kräftig trainiert, bis jeder Tritt, jede Geste, jeder Zug, jeder Umbau funktioniert. Die Bergsteiger der Gesangswelt können auf ihren jeweiligen Personal Trainer zurückgreifen. Jeder nimmt sich seines Schützlings an, bis er studiert und text- bzw. trittsicher ist. Der regelmäßige Nachstieg im Trainingsgelände beugt vor für eventuelle, krankheitsbedingte Ausfälle. Material, Ausrüstung wie Versorgungsbedarf werden berechnet, die einzelnen Daten der Route in der Logistik erfasst, am Konzept wird gefeilt, Gegebenheiten werden überprüft und Pläne angepasst. Reißt die (Ereignis-)Kette bei Veränderung einer Variablen oder halten die Karabiner das Handlungsseil bei Wind und Wetter? Situationen zu simulieren stellen in beiden Bereichen eine bewährte Trainingsmethode dar, um Absturzgefahren zu minimieren. Die Sicherheit der Beteiligten hat schließlich höchste Priorität. Welche Klippen es zu überwinden gilt, nimmt der Alpenverein weit vor der tatsächlichen Erstbesteigung in Augenschein. Ist die Route zu bewältigen, birgt sie das richtige Maß an Herausforderung und Risiko? Nachdem ab Tag 1 der sechswöchigen Trainingsphase das Basislager auf der Probebühne aufgeschlagen wurde, wird die bereit gelegte Grundausrüstung ausprobiert, in markiertem Bühnenbild und mitsamt Probenkostümen auf dem Trainingsgelände geübt. Penibel erfolgt die Eintragung der speziellen Wegmarken der Neuproduktion in die Karten aus der Notenbiblio­thek. Es erfolgt die Anpassung von Atmung und Durchhaltevermögen entsprechend der Route. Nach ca. drei Wochen wechselt die Mannschaft das erste Mal von der Kletterhalle ins freie Gelände, die Sänger finden sich das erste Mal auf der Bühne und es beginnt das Finetuning an der Felswand. Der Sichtkontakt wird unerlässlich, zum Dirigenten wie zum Vordermann, neben Absprachen stellen Zeichenkodes und Rufkommandos die Übereinstimmung sicher. Die vielbeschworene Kameradschaft am Berg findet sich auch auf den Brettern der Theaterwelt wieder, gegenseitige Hilfe und Teamgeist in großen wie in kleinen Notsituationen – eine Selbstverständlichkeit. Nach Anpassungen unter Realbedingungen erfolgt der letzte Probedurchgang mit Zeitmessung. Der Anstieg des Adrenalin­pegels am Tag der tatsächlichen Erstbesteigung, der Premiere, findet sich bei Künstlern wie bei Alpinisten. So auch die typische Endorphinausschüttung, direkt im Anschluss an einen unfallfreien Aufstieg – reinstes Gipfelglück! Steffi Mieszkowski Dramaturgin Oper und Konzert 04.05 FUNDUS FUNDUS 05.05 HÄNSEL UND GRETEL M Y FA I R L A DY AB 30.11.16 RIGOLE AB 27.11.16 CA RM EN AB 19.01.17 WIEDERBEGEGNUNGEN IN DER NEUEN SPIELZEIT 2016 / 17 CAN DI D E AB 16.02.17 DIE MACH T DE S SC HIC KS AL S AB 09.06.17 Eine ganze Reihe von Wiederaufnahmen erwartet das Publikum der Staatsoper Hannover in der neuen Spielzeit 2016 / 17. Den Anfang macht Verdis mitreißendes Vater-Tochter-Drama Rigoletto am 11. September 2016. Zwei Tage später steigt Titus wieder in den Ring, Mozarts letzte Oper um einen einsamen Herrscher feierte erst im Juni ihre äußerst erfolgreiche Premiere. Ab Oktober steht Puccinis nervenkitzelnde Tosca auf dem Spielplan. Noch einmal kommt Puccini ab dem 4. November zum Zug, wenn in La Bohème Freud und Leid einer Künstlerclique lebensnah auf die Bühne gebracht werden. Eine weitere Wiederaufnahme im November ist mit Humperdincks Hänsel und Gretel die (Vor-)Weihnachtsoper par excellence. Wie sehr Sprache die gesellschaftliche Stellung beeinflussen kann, zeigt sich in dem berühmten Musical My Fair Lady, das ab dem 30. November wieder an der Staatsoper Hannover zu sehen ist. Dem Zauber der Carmen erliegen auch heute noch die Männer – zumindest in Georges Bizets gleichnamiger Oper, die ab dem 19. Januar 2017 wieder auf dem Spielplan steht. Auch wenn das Leibniz-Jahr dann schon vorbei ist: nach dem riesigen Erfolg in der vergangenen Spielzeit wird Bernsteins Candide, auf der spitzzüngigen Leibniz-Satire Voltaires basierend, selbstverständlich auch in der laufenden Spielzeit zu sehen sein, und zwar ab dem 16. Februar 2017. Bevor Figaro und Susanna heiraten können, müssen sie eine Reihe von Hindernissen überwinden – nachzuprüfen in Mozarts beliebter Oper Die Hochzeit des Figaro, die ab dem 2. April 2017 wieder gezeigt wird. Wie brüchig die Fassade der Gesellschaft sein kann, beweisen die Eskapaden der Figuren in Johann Strauß’ Operette Die Fledermaus (wieder ab 22. April 2017). Ist es nur die Verkettung unglücklicher Zufälle, die drei Menschen in Die Macht des Schicksals in den Tod treibt? Verdi schuf hier jedenfalls eines seiner Meisterwerke, das ab dem 9. Juni 2017 wieder in der Staatsoper Hannover zu erleben ist. DIE FLE DE RM AU S AB 22.04.17 LA BO HÈ ME AB 04.11.16 DIE HO CH ZE IT DE S FIG AR O AB O2.04.17 T TO AB 11.09.1 TOSCA AB 02.10.16 TIT US AB 13.09.16 6 06.07 OPER OPER KLAUS ANGERMANN AUF DER FLUCHT Giacomo Puccinis Manon Lescaut eröffnet die neue Spielzeit Mit Manon Lescaut hat Abbé Prévost in seinem 1731 erschienenen Roman eine Figur geschaffen, die in der Folgezeit immer wieder Künstler zu ihren Werken inspiriert hat, sei es als Schauspiel, Oper, Ballett oder als Film. In der Geschichte des jungen Mädchens, das zwischen ihrer Sehnsucht nach Liebe und ihrem Wunsch nach einem unbeschwerten Leben in Wohlstand zerrissen wird, spiegelt sich der Konflikt einer Gesellschaft, in der sich Gefühle dem Warencharakter menschlicher Beziehungen unterzuordnen haben, wenn sie nicht zur Bedrohung der eigenen Existenz werden sollen. Manon ist das Produkt dieser Gesellschaft und scheitert an deren Widersprüchen, als sie versucht, beides zu vereinen: materiellen und emotionalen Reichtum. Von ihrer Familie ist das unerfahrene, in ihr Schicksal ergebene Mädchen aus der Provinz für ein Leben im Kloster bestimmt. Auf der Reise dorthin erweckt sie das Interesse der Männer, vor allem des reichen alternden Bonvivants Geronte, der mit Hilfe von Manons geldgierigem Bruder einen Plan zu ihrer Entführung schmiedet. Allerdings kommt dem der junge Student Des Grieux zuvor, dessen aufflammende Liebe von der schönen Manon erwidert wird, sodass beide das Weite suchen, bevor Geronte seinen Plan in die Tat umsetzen kann. Doch ein Student ist arm, und weil Manon an ein Leben in Armut nicht gewöhnt ist und sie einen gewissen Hang zu Prunk und Wohlstand verspürt, kehrt sie zu Geronte zurück, in dessen Haus sie verwöhnt wird. Ihre Gedanken aber sind weiterhin bei Des Grieux, der sie ein zweites Mal zur gemeinsamen Flucht überreden kann. Ihr Versuch jedoch, ihr zukünftiges Leben durch den Diebstahl von Gerontes Preziosen materiell abzusichern, schlägt fehl. Als Diebin ertappt und verurteilt, beginnt ihr jäher Abstieg, den Des Grieux aus ehrlicher Liebe mit ihr teilt. Der Verbannung nach Übersee folgt eine abermalige Flucht der beiden Unglücklichen durch die Wüste, wo Manon elendiglich verdurstet. Puccini wählte diesen Stoff für seine dritte Oper, mit der ihm nach der eher bescheidenen Resonanz, die seine beiden Opern­erstlinge Le Villi und Edgar fanden, der internationale Durchbruch gelang. Nach der Turiner Uraufführung von 1893 wurde Puccini als legitimer Erbe des alten Verdi gefeiert. Freilich war die Wahl der Vorlage höchst riskant, denn die Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut diente schon 1884 Jules Massenet als Sujet seiner Oper Manon, die sehr populär war. Puccini lief somit Gefahr, mit dem bereits als Opernkomponist etablierten Massenet in Konkurrenz zu treten, und Ricordi beschwor seinen Schützling deshalb, von dem Plan abzulassen. Puccini war jedoch von der Geschichte so begeistert, dass er sich schließlich durchsetzte, wobei er demonstrativ auf Distanz zu seinem Kollegen ging, dessen Werk er vorwarf, es behandle das Thema auf typisch französische Weise »mit Puder und Menuett«. Puccini aber strebte nach »verzweifelter Leidenschaft«; er wollte eine italienische Manon schaffen mit glutvollen Melodien und dramatischem Furor. Der Versuch Puccinis, sich vom Werk Massenets deutlich abzusetzen, hatte jedoch seine Tücken. Die Umarbeitung des Romans in ein Opernlibretto, an dem sich Puccinis Eigenständigkeit bewähren konnte, erwies sich als außerordentlich schwierig. Nicht weniger als acht Autoren zimmerten nacheinander und gleichzeitig an dem Text, unter ihnen auch Ricordi und Puccini selbst, so dass Puccini in späteren Jahren sagen konnte, das Textbuch stamme »von allen und keinem«. Vermutlich erklärt sich daraus auch die Eigenart des Librettos, das mit Prévosts Geschichte zuweilen sehr episodisch verfährt. Ähnlich wie dann später in La Bohème entwickelt Puccini einen diskontinuierlichen Bilderbogen, der mit seinen filmschnittartigen Techniken aus heutiger Sicht geradezu modern anmutet. Dabei kann man in der sprunghaften Dramaturgie der Oper durchaus eine Entsprechung zum scheiternden Lebensentwurf Manons erkennen, der eben zu keiner Geschlossenheit findet und unversöhnt in einer Art Nirgendwo endet. Freilich ist die Offenheit der Form eine nur scheinbare. Neben der musikalischen Struktur, mit der Puccini in jedem Akt oft sehr großräumige musikalische Einheiten schafft, besitzt auch die Dramaturgie der Oper verbindende Elemente und Motive, die das gesamte Werk prägen. Das Motiv des Raubes und der Flucht ist von Beginn an präsent. Eine Poststation ist der Schauplatz des 1. Akts, ein Durchgangsort also, an dem Manon als eine Frau eintrifft, die zunächst als zukünftige Nonne dem Leben geraubt werden soll, dann zum auserwählten Opfer eines Menschenraubes und schließlich dem Räuber geraubt wird. Und so geht es weiter: der Raub der Edelsteine und eine scheiternde Flucht im 2. Akt; der drohende Raub der Geliebten durch die Verbannung im 3. Akt; und im 4. Akt eine Flucht, deren Gründe uns Puccini vorenthält, weil sie angesichts der Konsequenz von Manons Sterben – ein profaner Liebestod einzig in den Armen des Geliebten und isoliert von der Welt – tatsächlich irrelevant sind. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist das Verhältnis von privater Sphäre und Öffentlichkeit, von geschlossenem und offenem Raum, das in der Oper eine Art Symmetrie herstellt. So entsprechen sich 1. und 4. Akt darin, dass sie beide im Freien spielen, und in beiden Akten tritt Manon fremd in eine Welt, die für sie Bedrohung bedeutet. Der Kälte einer auf den eigenen Profit bedachten Gesellschaft im 1. Akt entspricht die Wüste im 4. Akt, die auch eine gesellschaftliche Wüste ist und um den Ausgestoßenen eine Grenze zieht, innerhalb derer er einsam inmitten der Gesellschaft ist. Auf ähnliche Weise entsprechen sich auch die Akte 2 und 3: Gefängnisse, in denen die Gefangene geifernden Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt ist, einmal vor prächtigem Goldhintergrund, dann aber in hoffnungsloser Verelendung. So hetzt diese Oper rastlos von Ort zu Ort wie ihre Protagonistin, die man häufig als Prototyp einer femme fatale sehen wollte. Doch Manon Lescaut ist alles andere als ein Vamp, der die Männer mit sinnlichen Versprechungen ins Verderben führt. Ihre Liebe zu Des Grieux ist trotz all ihrer Kapriolen durch und durch echt, ja die Ernsthaftigkeit dieser Liebe ist die Ursache ihres Abstiegs, und Manons Wankelmut entspringt einer Naivität, mit der sie den Verführungen einer verlogenen Gesellschaft hilflos ausgeliefert ist. MANON LESCAUT Dramma lirico in vier Akten (1893) Text von Ruggero Leoncavallo, Marco Praga, Domenico Oliva, Luigi Illica, Giuseppe Giacosa, Giulio Ricordi, Giuseppe Adami und Giacomo Puccini nach der Histoire du chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut (1731) von Abbé Prévost in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln EINFÜHRUNGSSOIREE UND BESUCH DER ERSTEN HÄLFTE DER BÜHNENORCHESTERPROBE Freitag, 2. September 2016, 18.30 Uhr PREMIERE Samstag, 10. September 2016, 19.30 Uhr MUSIK ALISCHE LEITUNG Ivan Repušic’ / Alexander Drčar INSZENIERUNG Olivier Tambosi BÜHNE Frank Philipp Schlößmann KOSTÜME Gesine Völlm LICHT Susanne Reinhardt CHOREINSTUDIERUNG Dan MANON LESCAUT Ratiu Karine Babajanyan Ricardo Tamura GERONTE DE R AVOIR DR AMATURGIE LESCAUT Klaus Angermann Brian Davis CHEVALIER DES GRIEUX Michael Dries / Shavleg Armasi Sung-Keun Park u. a. Chor und Extrachor der Staatsoper Hannover Niedersächsisches Staatsorchester Hannover Mit freundlicher Unterstützung Die Premiere wird übertragen auf NDR Kultur EDMONDO 08.09 OPER BALLETT BRIGITTE KNÖSS RAUM FÜR DEN TANZ Zur Uraufführung des Balletts Schubert von Jörg Mannes Fünf Uraufführungen stehen in dieser Saison auf dem Spielplan des Balletts der Staatsoper Hannover – darunter Schubert und Henry VIII von Ballettdirektor Jörg Mannes sowie drei Kreationen von Gästen unter dem Titel Don’t think twice !. Zusammen mit den beiden Wiederaufnahmen Nussknacker und Mausekönig und Gefährliche Liebschaften bilden sie ein Spektrum unverwechselbarer Tanz-Erlebnisse. Ein Wiedersehen – der neue GMD Ivan Repušic’ Der neue Generalmusikdirektor Ivan Repušic’ dirigiert zu Beginn dieser Spielzeit nicht nur Puccinis Manon Lescaut, sondern auch das 1. Sinfoniekonzert mit dem Niedersächsischen Staatsorchester Hannover, für das er ein besonderes Programm ausgewählt hat. Mit Jakov Gotovac ist nämlich auch ein Komponist aus seiner Heimat Kroatien vertreten. Nach einem Dirigierstudium in Zagreb, weiterführenden Studien bei Jorma Panula und Gianluigi Gelmetti sowie Assistenzen bei Kazushi Ono (Badisches Staatstheater Karlsruhe) und Donald Runnicles (Deutsche Oper Berlin) begann Ivan Repušic’ seine Karriere als Dirigent 2002 am kroatischen Nationaltheater in Split; dort erarbeitete er sich Opern von Verdi, Puccini sowie Leoncavallo und avancierte zum Chefdirigenten und Operndirektor (2006 – 2008). Neben der Leitung der Sommer­festivals in Split (2006 – 2009) und Dubrovnik (2009 – 2012) wurde er außerdem Chef des Zadar Chamber Orchestra, ein Posten, den er bis zum heutigen Tag innehat. Weiterhin erfüllt er an der Akademie der Bildenden Künste der Universität Split einen Lehrauftrag. Für Ivan Repušic’ ist sein Amtsantritt als neuer GMD an der Staatsoper Hannover gleichbedeutend mit einem Wiedersehen – wird er doch am Pult eines ihm bestens bekannten Orchesters stehen, denn seine Neuverpflichtung ist gleichermaßen eine Rückkehr an seine ehemalige Wirkungsstätte: von 2010 bis 2013 war er hier als 1. Kapellmeister engagiert und leitete u. a. Produktionen wie Verdis Otello und Falstaff wie auch Tannhäuser, Eugen Onegin, La Bohème, Carmen, Die Entführung aus dem Serail und Faust. 2011 folgte mit La Bohème sein Debüt an der Deutschen Oper Berlin, wohin er später als Kapellmeister wechselte. An der Deutschen Oper leitete er u. a. Tosca, Ein Maskenball, La traviata, Macbeth sowie Die Zauberflöte und Lucia di Lammermoor. Gastdirigate führten den Kroaten an die Staatsoper Hamburg, die Sächsische Staatsoper Dresden sowie an das Aalto Theater Essen. In der Saison 2016 / 17 wird der neue GMD mit seinem Orchester die Neuproduktionen Manon Lescaut sowie Der fliegende Holländer realisieren. Neben dem 1. und dem 5. Sinfoniekonzert dürfen sich die Hannoveraner auf das Verdi-Requiem sowie auf die traditionellen Neujahrskonzerte und das Konzertfest unter seiner Leitung zum Abschluss der Saison freuen. Ab 2017 wird Ivan Repušic’ zusätzlich das Amt des Chefdirigenten des Münchner Rundfunkorchesters übernehmen. Schubert BÜHNENBILDENTWURF Thomas Rupert Der Charakter der Ballette entwickelt sich aus der Summe einer Reihe theatraler Elemente. Neben der Tanzsprache, der Musik und dem Kostümbild bestimmt das Bühnenbild den Stil des Ganzen. Das künstlerisch gestaltete Set prägt das jeweilige Spektakel entscheidend und verortet das flüchtige Ereignis. Aber ob Sphäre oder Epizentrum, Realismus oder Phantastik, wie immer die Bühne auch ausgestattet sein mag, sie muss dem Tanz Raum geben. Auftrittsmöglichkeiten für einzelne Tänzer oder für das gesamte Ensemble sind ebenso notwendig wie die Möglichkeit, eine große Gruppe wieder rasch verschwinden zu lassen. Das sind technische Voraus- setzungen, die so unaufdringlich in jeden Entwurf einfließen, dass sie dem Zuschauer fast verborgen bleiben. Neue Stücke entspringen meist einer choreographischen oder inhaltlichen Grundidee. Ihre Verdichtung und Modifikation setzt den eigentlichen Kreationsprozess in Gang. Neben der Musikauswahl wird bald der Raum zum prägenden Element des Balletts. Er gibt den äußeren Rahmen vor, in dem sich die Choreographie entwickelt. Er beschränkt und bestimmt. Er stellt aus oder versteckt. Jörg Mannes führt dazu aus: »Eigentlich ist die Bühne das Vergrößerungs- 10.11 10.11 BALLETT BALLETT Was ihr wollt Michèle Stéphanie Seydoux (Gräfin Olivia) BÜHNE Thomas Rupert KOSTÜME Amit Epstein glas für den Tänzer. Je nachdem wie viel Raum man ihm gibt, kann er groß oder klein, wichtig oder unwichtig erscheinen. Auch die Perspektive spielt eine Rolle. Gibt es einen definierten Spielraum? Wo stellt man jemanden hin? In den Goldenen Schnitt, ins Zentrum oder bewusst außerhalb?« Anders als der Film – durch Kameraführung und Schnitt – kann das Theater dem Publikum keinen eindeutigen Blickwinkel aufzwingen. Regisseur oder Choreograph versuchen, den Fokus zu führen, auch mit Hilfe des Umfeldes. Unterstützt durch Bühnenelemente können bestimmte Vorgänge hervorgehoben oder räumliche Verhältnisse in den Augen des Betrachters relativiert werden. Der freie Blick kann gestört, umgelenkt oder sogar getäuscht werden, aber selbst dann bleibt der Zuschauer autonom. »Ich liebe das Spiel mit Schleiern, Folien oder Spiegeln. Das sind die Special Effects des Theaters, mit denen ich jemanden plötzlich erscheinen oder verstecken kann. Schatten haben ihren besonderen Reiz, weil man mit Größenverhältnissen und – ebenso wie bei Spiegelungen – mit Vervielfältigungen die Wahrnehmung infrage stellen kann«, bekennt Jörg Mannes. Immer wieder treten Räume direkt mit dem Tanz in Dialog, indem sie zur unmittelbaren physischen Auseinandersetzung einladen oder selbst zum bewegten Counterpart werden. Aus zahlreichen Beispielen in Jörg Mannes’ Œuvre seien die variablen Beleuchtungs- und Konstruktionselemente in Strictly Tango, Ein Stück Zeit oder Lux genannt, die kardinalroten Leuchtwürfel in Inferno, die multifunktionalen Tische in Wahlverwandtschaften, das Rhönrad in Alice im Wunderland und die beiden übereinander liegenden Spielebenen in Ein Sommernachtstraum. »Ich schätze Veränderungen«, erläutert der Choreograph, »besonders wenn die Tänzer nicht nur vom Raum manipuliert werden, sondern auch selbst eingreifen können. Zudem reizt mich Verwandlung in jeder Form, speziell wenn sich dadurch Bedeutungen verschieben. Als spielerisch veranlagter Mensch entdecke ich in allen Dingen überraschende Möglichkeiten, die ich gerne in Extreme treibe. Daraus ergeben sich unerwartete Anstöße, die auf andere Ebenen führen und ihrerseits neue inhaltliche Bezüge herstellen können. Mir ist wichtig, dass eine Art Freiraum entsteht – auch für die Vorstellungen der Zuschauer.« Schubert getanzt Jörg Mannes ließ sich für sein neues Ballett unmittelbar von Franz Schuberts Werken inspirieren. Vor allem von der Atmosphäre der Musik fasziniert, spürt der Choreograph den subtilen Stimmungen nach, die sich erst im aufmerksamen Hören erschließen. »Es scheint eine Art Schleier über allem zu liegen«, findet Mannes. »In Schuberts Kompositionen ist immer etwas verborgen, aber es ist da. Wenn man genau hinhört, wirklich schaut, entdeckt man das, was sich dem ersten Anschein entzieht. Genau so soll es in meinem Ballett sein – und auch im Bühnenbild von Thomas Rupert.« Die geradezu physische Präsenz seiner Bühnenbilder, ebenso wie dessen Gabe, einfache Elemente zu modulieren und zu transformieren, schätzt Jörg Mannes besonders an dem niederländischen Künstler: »Thomas Rupert hat durch seine langjährige Kooperation mit dem Tanztheater Conny Janssen und mit dem Choreographen Nils Christe ein außerordentlich gutes Gespür dafür, wie man die Bühne vorbereiten muss, um dem Tanz einen vielfältigen Raum zu geben. Seine Sets sind essentiell in ihrer Abstraktion und lassen viele unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten zu. Beides kommt mir gerade in meinem neuen Stück sehr entgegen.« Nach Verklärte Nacht und Was ihr wollt ist Schubert Mannes´ dritte Zusammenarbeit mit Thomas Rupert. SCHUBERT Ballett von Jörg Mannes Musik von Franz Schubert und Luciano Berio CHOREOGR APHIE Rupert Jörg Mannes KOSTÜME MUSIK ALISCHE LEITUNG Rosa Ana Chanzá LICHT Daniel Klein Elana Siberski BÜHNE Thomas DR AMATURGIE Brigitte Knöß KL AVIER Daniel Klein; Maxime Perrin / Alexander Ruef BARITON Stefan Adam / Matthias Winckhler Ballett der Staatsoper Hannover Niedersächsisches Staatsorchester Hannover UR AUFFÜHRUNG Samstag, 1. Oktober 2016 WEITERE VORSTELLUNGEN Fr, 07.10. | Sa, 15.10. | Mi, 26.10. | Di, 01.11. | Mi, 09.11. So, 13.11. (18.30 Uhr) | So, 20.11. (16 Uhr); jeweils 19.30 Uhr, wenn nicht anders angegeben Im Uhrzeigersinn von links oben: Inferno BÜHNE Alexandra Pitz KOSTÜME Silke Fischer Ein Sommernachtstraum BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz Paradiso BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Rosa Ana Chanzá Verklärte Nacht BÜHNE Thomas Rupert KOSTÜME Heidi de Raad Sissi BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz Stabat Mater BÜHNE Lars Peter KOSTÜME Lenka Radecky Ein Stück Zeit BÜHNE Lars Peter KOSTÜME Heidi de Raad Alice im Wunderland BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Alexandra Pitz 12.13 OPER OPER STEFFI MIESZKOWSKI Zdeněk Fibich erhielten sowohl Antonín Dvořák als auch Bedřich Smetana ihre Erziehung in deutscher Sprache, was insbesondere für Letzteren in Schwierigkeiten mit der tschechischen Prosodie resultierte. Zusätzlich prekär erscheint die Entlarvung von Smetanas Librettisten Karel Sabina als Spitzel für die österreichische Polizei, was dazu führte, dass der in Ungnade gefallene Textdichter ab 1872 nur noch mit seinen Initialen im Klavierauszug seines Kassenschlagers Die verkaufte Braut auftauchte. VERRATEN UND VERKAUFT Martin G. Berger inszeniert Smetanas Oper Die verkaufte Braut Als Sinn und Zweck eines jeden Volksfestes lassen sich Traditionspflege sowie jahrhundertealte Riten, die Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und ein daraus resultierendes, gestärktes Zusammengehörigkeitsgefühl nennen – sieht man von dem primären Ziel der allgemeinen Zerstreuung einmal ab, welche das kollektive Besäufnis ebenso umfasst wie die unvermeidlichen Schlägereien. In Smetanas Singspiel Die verkaufte Braut, am 30. Mai 1865 im Prager Interimstheater uraufgeführt, stiftet die Kirchweihzeit jenen Ausnahmezustand des ausgelassenen Feierns, bei dem sich die Dorf­ jugend im Sinne der zukünftigen Familiengründung näher kommen darf und soll. Die Paarzusammenführung steht im Vordergrund; Güterzusammenschluss durch geschickte Heiratsplanung ist ausschlaggebend für den gewünschten Bund zwischen den Familien Kruschina und Micha, der durch die Eheschließung zwischen Marie und Wenzel zementiert werden soll. Gegen jenes Konzept sträubt sich nun ausgerechnet Marie Kruschina, die sich in den Außenseiter Hans verliebt hat. Wenzel, der ihr zugedachte, einfältige Sohn des vermögenden Tobias Micha, lehnt sie als zukünftigen Bräutigam ab. Zum großen Bedauern ihres Vaters, nachdem Wenzel seit dem spurlosen Verschwinden seines älteren Bruders als Alleinerbe dem Inbild eines idealen Heiratskandidaten gleichkommt. Um den Pakt der Väter doch noch in die Tat umzusetzen, soll Heiratsvermittler Kezal dafür Sorge tragen, dass die von Kruschina und Micha ausgehandelte Verbindung zwischen ihren Kindern Marie und Wenzel in jedem Falle zustande kommt. Nichts wird unversucht gelassen. Da die Ehe der patriarchalischen Ordnung entsprechend einem Güteraustausch gleichkommt, ist es für Kezal nur logisch, auch mithilfe einer finanziellen Problemlösungsstrategie Hans zum Umdenken zu bewegen: Kezal verspricht Hans eine exorbitante Summe Geldes, sofern dieser sich von seiner Marie lossagt. Zu aller Erstaunen willigt Hans ein, wenngleich er die Bedingung stellt, dass Marie ausschließlich einen Sohn des Bauern Micha ehelichen dürfe. Nachdem Hans über seine Herkunft stets den Mantel des Schweigens gebreitet hat, ebnet eine an Die Hochzeit des Figaro erinnernde Wendung den Weg zum glücklichen Ende: Hans ist in Wahrheit Wenzels älterer Bruder, der nach der zweiten Heirat des Vaters das elterliche Haus ebenso wie seine Heimat verlassen hatte und seitdem als verschollen galt. Zusätzlich zu seinem Erbanteil hat sich Hans die Geldsumme für seinen offiziellen Verzicht auf Marie gesichert, und so nimmt das Stück in Karel Sabinas Vorlage ein gutes Ende. Regisseur Martin G. Berger entfaltet den Plot der Verkauften Braut in einer fiktiven Gegenwartssituation: Als Inhaber einer Catering­ firma – hauptsächlich die Großveranstaltungen der Firma golocal. com beliefernd – ist Maries Vater Kruschina mit dem Vorschlag mehr als einverstanden, dass seine Tochter als glückliche »Zufallskandidatin« ausgewählt und mit dem Sohn des Vorstandsvorsitzenden Tobias Micha im Rahmen eines solchen ›Events‹ vor aller Augen zusammengeführt werden soll. Während im Original die Kirchweih als Hintergrundfolie dient, spitzt Berger den Grundton der organisierten Ausgelassenheit zu. Er entlarvt das bis ins Detail geplante Spektakel unter der Leitung von Moderator Springer als eine Scheinveranstaltung, die einerseits der romantischen Sehnsucht der Besucher Rechnung trägt und andererseits Unsicherheit wie Naivität und Orientierungslosigkeit der Bevölkerung für ihre Organisatoren gewinnbringend auszunutzen weiß. Wenngleich der Komödienschluss in Sabinas Textbuch für eine romantische Paarvereinigung sorgt, beleuchtet Martin Berger in seiner Lesart die Konsequenzen von Ignoranz und Skrupellosigkeit, die sich im Handeln von Springer, Kezal sowie Tobias Micha und Kruschina niederschlagen. DIE VERKAUFTE BRAUT MUSIK ALISCHE LEITUNG Benjamin Reiners INSZENIERUNG Martin G. Berger BÜHNE Florian Parbs KOSTÜME Sabine Schröder V I D EO sputnic Musikgeschichtlich wird Smetanas Verkaufte Braut gerne als tschechische Nationaloper bezeichnet; eine Kategorisierung, welche auf seinen Opernerstling Die Brandenburger in Böhmen vermutlich besser zuträfe. Gleichwohl erlangte Smetana aufgrund der Verkauften Braut eine ungeheure Popularität. Als einer der besonderen musikalischen Höhepunkte ist die Ouvertüre zu nennen: Das rasante vierstimmige Streicherfugato, das in unermüdlichen Achtelbewegungen auf und nieder fährt, bereitet die spannungsgeladene Atmosphäre, in denen sich diverse Tanzrhythmen nahezu eruptiv entladen. Smetana beweist sein hohes technisches Können. Weder Komponist noch sein Librettist Karel Sabina hatten mit dem herausragenden Erfolg ihres als komische Oper konzipierten Werks gerechnet, das 1866 noch mit gesprochenen Dialogen im Prager Interimstheater uraufgeführt worden war. Es folgten drei weitere Fassungen, bis Die verkaufte Braut 1870 dreiaktig vorlag. In dieser Fassung ersetzten Rezitative den gesprochenen Text, neben weiteren musikalischen Ergänzungen hatte Smetana inzwischen eine wuchtige Polka in CDur, einen Furiant im synkopierten Dreivierteltakt und einen Springtanz hinzugefügt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tänze mag Die verkaufte Braut ihren Siegeszug angetreten haben. Die 300. Prager Vorstellung wurde mit einem Festakt begangen. Zum internationalen Durchbruch verhalf 1892 das Gastspiel des Böhmischen Landesund Nationaltheaters bei der Wiener Musik- und Theaterausstellung. Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass die Etablierung der tschechischen Oper, gesungen in der Volkssprache erst über einige Umwege, u. a. die deutsche Sprache gelingen konnte. Neben Sirish Uterhark KRUSCHINA CHOREINSTUDIERUNG Stefan Adam LUDMILL A God / Dorothea Maria Marx MICHA Pawel Brozek / Tivadar Kiss Derrick Ballard Stenberg MUFF SPRINGER LI V E-K A MER A Carmen Fuggiss / Brigitte Hahn Michael Dries HANS Anne Leist / Dan Ratiu DR AMA­T URGIE Steffi Mieszkowski HATA Robert Künzli Fabian Gerhardt Almuth Herbst KEZ AL ESMER ALDA MARIE Kelly WENZEL Shavleg Armasi / Karine Minasyan / Ylva Jan Szurgot / Roland Wagen­f ührer Chor der Staatsoper Hannover Niedersächsisches Staatsorchester Hannover ÖFFENTLICHE ORCHESTERHAUPTPROBE PREMIERE Samstag, Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr 29. Oktober 2016, 19.30 Uhr 14.15 JUNGE OPER JUNGE OPER CHRISTOPHER BAUMANN WAL HO! Mit dem großen Meeresabenteuer Moby Dick setzt die Junge Oper die Segel in die neue Saison Kerzen und andere Beleuchtungsmittel, Seifen, Salben, Suppen, Farben, Gelatine oder Speisefette, Schuh- und Lederpflegemittel – und auch Nitroglycerin: für alles dies benötigte man bis in das 20. Jahrhundert hinein Walfett, das als flüssiges Walöl auch »Tran« genannt wird. Der Walfang war ein wichtiger Industriezweig vor allem in seefahrenden Nationen, und an Bord eines Walfängers anzuheuern, bedeutete für junge Männer einen Ausweg aus der Armut. Allerdings: einfach war das Leben an Bord nicht. Ein solches Schiff glich einer schwimmenden Fabrik, hier wurden die Wale gleich auf hoher See in Portionen aufgeschnitten, der Tran ausgekocht und in Fässer abgefüllt. Die Verarbeitung war äußerst effizient, kaum ein Bestandteil des Wales wurde zu Abfall, fast alles wurde verwertet. Auf dem Schiff herrschte eine entsprechende Enge, es roch streng, geschlafen wurde in Schichten, mit Lebensmittel- und Getränkevorräten musste man sparsam umgehen. Ringsherum das unendliche Meer, wochenlang kein Kontakt zu Menschen außerhalb des Schiffes, keinen Fuß an Land setzen: das setzte der Psyche zu, nicht jeder Seemann kam mit seinen Schiffskameraden automatisch gut aus. Dazu das tückische Wetter draußen auf dem Ozean, Nebel, Stürme, hohe Wellen, starke Winde oder Flaute – mit allem musste man rechnen, und unter allen harten Bedingungen bei den vielen Arbeiten an Bord an einem Strang ziehen. Ein Walfangschiff musste man gleich auf mehrere Weisen in einer feinen Balance halten: Die tonnenschweren Walstreifen mussten zum Trocknen aufgehängt werden, ohne dass das Schiff Schlagseite bekommen hätte, die Tranfässer aus demselben Grund ebenso sorgfältig verstaut werden. Der Kapitän und die Offiziere mussten dafür sorgen, dass die Stimmung nicht kippte. Schon ein unzufriedener oder unberechenbarer Seemann bedeutete innerhalb der eingepferchten Seefahrergruppe eine Gefahr für die gesamte Mannschaft. Doch was passiert, wenn ausgerechnet der Kapitän nicht mehr nur an das Wohl seiner Schiffsbesatzung denkt? Ein solcher Kapitän ist nämlich Kapitän Ahab: Ein weißer Wal, den er Moby Dick nennt, hat ihm im Kampf Mann gegen Wal einst sein Bein geraubt. Doch ganz unverletzt ging das Tier aus dem Zweikampf nicht hervor: Immerhin den halben Kieferknochen konnte Ahab dem Wal entreißen und machte sich daraus eine Prothese für sein fehlendes Bein. Nun humpelt der Kapitän über das Deck seines Schiffes, der Pe- quod, und sinnt auf Rache – tagein, tagaus und auch des Nachts. Das Pochen über ihren Köpfen raubt seinen Matrosen unter Deck den Schlaf. Doch getrieben von seiner Rachgier bemerkt Ahab nicht, dass er das Leben seiner gesamten Besatzung aufs Spiel setzt für die Jagd auf Moby Dick. Ahab sehnt den Ausruf des Ausgucks »Wal ho!« herbei als Zeichen für das Ende seiner Jagd und als Signal für den letzten Kampf. Er hat keine Zweifel, dass seine Mannschaft hinter ihm stehen wird: Die Auseinandersetzung mit dem weißen Wal hat Ahabs Seele schwarz gefärbt, die Lager sind für ihn klar definiert: Du bist entweder für mich – oder gegen mich. Nichts dazwischen. Kein Möglicherweise, kein Vielleicht. Welche Wahl also haben die drei Steuermänner Starbuck, Stubb und Flask, der Schmied Perth, der Schiffsjunge Pip, der verrückte Harpunier Queequeg mit seinem Sarg und der Grünschnabel Ismael – der das Leben suchte und den Tod kennenlernen sollte – an Bord der »Pequod«, als ihrem Kapitän treu zu folgen? Die Junge Oper Hannover setzt mit dieser Auftragskomposition zu Herman Melvilles Roman Moby Dick die Segel in die Spielzeit 2016 / 17. Zu erleben ist in der Musik des jungen russischen Komponisten Mischa Tangian das Leben an Bord eines Walfängers: die Seemanns-Shantys, das kollektive Adrenalin bei der Waljagd, die Geschichten von Freundschaft und Zusammenhalt, von Neugier auf das Leben und Abenteuer, von der blinden Besessenheit eines Kapitäns. Das große Meeresabenteuer ruft als Kampf zwischen Mensch und Natur – wer wird wohl gewinnen? MOBY DICK (UA) MOBY DICK ENTDECKEN Kammeroper von Mischa Tangian (2016) Gleich zwei Angebote rund um die Uraufführung von Moby Dick laden alle ab 10 Jahren zum Entdecken und Selbermachen ein. Libretto von Dorothea Hartmann nach dem gleichnamigen Roman von Herman Melville Auftragswerk der Staatsoper Hannover WEISSER WAL UND RAUE SEE HERBSTFERIENPROJEKT Für alle ab 10 Jahren Kapitän Ahab und seine Schiffscrew sind scheinbar unerschrockene Meeresabenteurer. Aber an Bord ihres Walfangschiffes »Pequod« ist das Leben nicht einfach, insbesondere dann nicht, wenn man auf der Jagd ist nach dem sagenumwobenen weißen Wal: Moby Dick. Gemeinsam besuchen Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren das Musiktheater Moby Dick. Im Anschluss machen sie sich vier Tage lang auf eine eigene musikalische und bildnerische Suche nach dem weißen Wal. Ihre Abenteuer präsentieren sie in einer Performance im Sprengel Museum Hannover. Kosten: 16 Euro inkl. Eintrittskarte für die Vorstellung Mark Rohde MUSIK ALISCHE LEITUNG Christine Hielscher KOSTÜME Christopher Baumann ISMAEL / ERZ ÄHLER STARBUCK Lukas Benjamin Engel QUEEQUEG LICHT MUSIKTHEATERPÄDAGOGIK Gevorg Apérants Hakobjan Chacewicz INSZENIERUNG Dennis Ennen Martin Busen BÜHNE DR AMATURGIE Maike Fölling K APITÄN AHAB STUBB PERTH Friederike Karig Uwe Wegner Frank Schneiders Byung Kweon Jun Jan Szurgot PIP FL ASK Michael Karine Minasyan / Ylva Stenberg Niedersächsisches Staatsorchester Hannover UR AUFFÜHRUNG: Sonntag, 25. September 2016, 18 Uhr, Ballhof Eins WEITERE VORSTELLUNGEN Anmeldung: [email protected] So, 09.10.16 – Do, 13.10.16 In Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover Di, 27.09.16 | Mi, 28.09.16 | So, 09.10.16 (15 Uhr) | Mi, 19.10.16 | Di, 25.10.16 | Mi, 26.10.16 | Di, 01.11.16 | Mi, 07.12.16 | Do, 15.12.16 | AUF KÄPT’N AHABS SPUREN WORKSHOP ZU MOBY DICK Fr, 16.12.16; jeweils um 11 Uhr, wenn nicht anders angegeben. Im Historischen Museum erfahren Kinder ab 10 Jahren, zu welcher Zeit die Geschichte von Moby Dick entstanden ist. Im anschließenden Musiktheater-Workshop gehen sie szenisch und musikalisch der Situation der Seeleute an Bord des Walfangschiffes »Pequod« auf den Grund. Nach einer gemeinsamen Pause besuchen sie eine Aufführung von Moby Dick im Ballhof Eins. Kosten: 6 Euro (inkl. Snack im Museum) zzgl. Eintrittskarte für die Vorstellung Mit freundlicher Unterstützung Anmeldung (Hist. Museum): (0511) 168 43 949 oder (0511) 168 43 945 [email protected] Termine Familien-Workshop mit Premieren-Besuch So, 25.09.16, 15–19.30 Uhr Kinder-Workshop mit Vorstellungsbesuch So, 09.10.16, 12 – 16.30 Uhr In Kooperation mit dem Historischen Museum Hannover 16.17 JUNGE OPER JUNGE OPER DAS ENSEMBLE DER JUNGEN OPER 2016 / 17 BALLHOFFEST VORWÄRTS, SEGEL SETZEN! Anker lichten und die Leinen los! Die Junge Oper Hannover bricht auf in eine neue Spielzeit: mit dem Ballhoffest, neuen Ensemblemitgliedern und Angeboten für alle, die selbst mal auf der Bühne stehen möchten. Musiktheater-Clubs Anker zu lichten, das bedeutet auch: Unbekanntem begegnen, Perspektiven wechseln, die Welt mit offenen Augen sehen, Neues hören. Wer darauf neugierig ist, kann unter professioneller Anleitung von Musiktheaterpädagogen, Musikern, Tänzern, Regieassistenten und Komponisten improvisieren und experimentieren, schreiben, singen, einstudieren und am Ende vor Publikum präsentieren. In Musik­theater-Clubs bekommen Kinder und Jugendliche die Gelegenheit, Musiktheater durch Selbermachen kennenzulernen. Bühnenerfahrung ist keine Voraussetzung, aber von Vorteil. Geprobt wird wöchentlich sowie an einzelnen Wochenenden. Kosten: einmalig 30 Euro + Club XS (8 – 11 Jahre): ab September 2016 Leitung: Kirsten Corbett [email protected] + Club TANZ (10 – 13 Jahre): ab September 2016 Leitung: Bettina Stieler [email protected] + Club XM (12 – 15 Jahre): ab September 2016 Leitung: Eva-Maria Kösters musiktheaterpaedagogik@staatstheater-hannover. de + Club XL (16 – 21 Jahre): ab September 2016 Leitung: Ann-Kathrin Büdenbender [email protected] Ballhoffest Mit voller Kraft voraus startet die Junge Oper in eine neue Spielzeit: Am Samstag, 27. August 2016 wird ab 15 Uhr auf den Bühnen des Ballhofes und auf dem Ballhofplatz das große Ballhoffest gefeiert. Bis in den frühen Abend hinein gibt es Aktionen und Spiele zum Bewegen, Musizieren und Mitmachen; es kann gebastelt werden, beim Kinderschminken kann man sich verwandeln und Musiker des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover stellen ihre Instrumente zum Ausprobieren zur Verfügung. Auf der Bühne des Ballhof Eins stellen Ensemblemitglieder der Jungen Oper sich selbst und mitgebrachte Arien vor – gemeinsam mit Heini, dem kleine Vampir (alias Eva Spilker), der zum Ballhoffest ausnahmsweise das Opernhaus verlässt, wo er ab November 2016 wieder mit dem Dirigenten Siegmund Weinmeister die Welt der Orchestermusik erkundet. Der Kinder- und Jugendchor der Staatsoper lädt zu einem Konzert ein, Carola Rentz zu einer von Musik und Bauchtanz umrahmten Märchenstunde, und Musiktheater­ pädagogin Kirsten Corbett nimmt Abenteuerlustige mit auf eine Seefahrt auf den Spuren von Moby Dick. Draußen auf dem Ballhofplatz treibt derweil Clownin Flogge mit großen Seifenblasen ihr lustiges Unwesen, Opernhaus-Caterer Da Capo! Catering sorgt mit Waffeln, Hotdogs und Getränken für Stärkung zwischen den bunten Programmpunkten. Der Eintritt ist auch in diesem Jahr frei, kostenlose Zählkarten für die Bühnenprogramme sind an den Theater­ kassen erhältlich. BALLHOFFEST Samstag, 27. August 2016, ab 15 Uhr im und um den Ballhof Karine Minasyan Marlene Gaßner Gihoon Kim Pawel Brozek Jan Szurgot tersemester 2012 an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. In Hannover hat sie bereits mit ihren Interpretationen von Grieg-Liedern sowie bei Operetten- und Konzertauftritten nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht. Seit dieser Spielzeit gehört Ylva Stenberg zum Ensemble der Jungen Oper. Ylva Stenberg Die Sopranistin Karine Minasyan stammt aus Armenien. Sie studierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und ausgezeichnet mit dem Dr. KarlErnst-Fichter-Preis für ihre herausragende Leistung beim Bachelor-Abschluss. Im Jahr 2014 hat sie den 1. Publikumspreis beim Wettbewerb Die Hannoversche Börse der Musiktalente gewonnen, ein Jahr später den 2. Förderpreis beim 4. Internationalen Belcanto Gesang Meisterkurs. Sie ist seit der Spielzeit 2015 / 16 Ensemblemitglied der Jungen Oper Hannover, wo sie u. a. in Zaide und Orlando sehr erfolgreich war. Die junge Sopranistin Ylva Stenberg wurde in Arvika (Schweden) geboren. Sie wurde an der Musikhochschule Ingesund (Schweden) ausgebildet und studiert seit dem Win- Die Mezzosopranistin Marlene Gaßner studiert seit 2013 bei Professor Marina Sandel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Zunächst vertiefte sie ihre Kenntnisse im Musiktheater im Master Gesang / Oper. An der Hochschule war sie bereits in einigen Opernproduktionen zu hören, auch im Konzert- und Oratorienfach tritt sie regelmäßig auf. Sie ist Stipendiatin des Richard Wagner Verbands Hannover e. V. und von Live Music Now Hannover e. V. Ab August 2016 ist sie Ensemblemitglied der Jungen Oper Hannover. Pawel Brozek, in Polen geboren, studierte Gesang an der Music Academy Kraków bei Marek Rzepka. Er wurde mit etlichen Preisen bei internationalen Gesangswettbewerben ausgezeichnet. Der Tenor gehört seit der Spielzeit 2015 / 16 zum Ensemble der Jungen Oper. In der aktuellen Spielzeit wird er u .a. in Der gestiefelte Kater sowie in Der fliegende Holländer und Die verkaufte Braut auch auf der großen Bühne zu erleben sein. Der junge koreanische Bariton Gihoon Kim studierte an der Yonsei Universität Seoul und wurde mit ersten Preisen bei nationalen Gesangswettbewerben ausgezeichnet. Im Januar 2016 gehörte Gihoon Kim zu neun Stipendiaten, die für vier Wochen das deutsche Opernsystem an der Oper Hannover kennenlernten. Für die Spielzeit 2016 / 17 erhielt er ein Stipendium an der Jungen Oper Hannover, wo er in Produktionen der Jungen Oper wie der Neuproduktion Leyla und Medjnun sowie in der Wiederaufnahme Der gestiefelte Kater als Mittlerer Bruder und Menschenfresser debütiert. 1992 in Lodz (Polen) geboren, studiert der junge Bassist Jan Szurgot seit 2011 an der Hochschule für Musik seiner Heimatstadt. 2014 war er Stipendiat der Richard-Wagner-Stiftung. In der Spielzeit 2014 /15 debütierte Jan Szurgot an den Wuppertaler Bühnen in Neuinszenierungen von Mozarts Don Giovanni, Puccinis Tosca, Strauss‘ Salome sowie Wagners Parsifal. Zudem wirkte er in einer szenischen Umsetzung von Bachs Johannes-Passion mit. Seit der Saison 2015 / 16 gehört Jan Szurgot zum Ensemble der Jungen Oper Hannover. 18.19 KONZERT KONZERT OLAF ROTH STEFFI MIESZKOWSKI TENORGLANZ FÜR HANNOVER DER KÜNSTLER IM ZENTRUM DES GESCHEHENS Pavol Breslik ist Stargast beim Festkonzert zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover Werke von Berlioz, Rachmaninow und Gotovac beim ersten Sinfoniekonzert mit dem neuen Generalmusikdirektor Ivan Repušic »Die Musik eines Komponisten sollte sein Geburtsland ausdrücken, seine Liebesaffären, seine Religion, die Bücher, welche ihn beeinflusst haben, die Bilder, die er liebte. Sie sollte das gesamte Produkt der Erfahrungen des Komponisten sein.« Sergei Rachmaninow Rachmaninows Credo würde wohl auch Jakov Gozovac unterschreiben. 1895 im ehemaligen Österreich-Ungarn geboren, gilt Gotovac als einer der ersten Vertreter eines kroatisch-spätromantischen Nationalstils. Seine Komposition Simfonijsko kolo verweist auf den gleichnamigen Reigentanz Kolo, der heute noch in der Balkanregion getanzt wird. Geschickt setzt Gotovac die Klangfarben eines Symphonieorchesters ein, um ihm die charakteristischen Folkloreklänge zu entlocken. So übernehmen die Streicher, streckenweise tatkräftig vom Schlagwerk unterstützt, die typischen »trzanje« – die Tremoli der Tamburica-Gruppe – und sorgen so für den spezifisch kroatischen Charakter. Der Komponist Gaetano Donizetti hat es dem Tenorhelden in der Oper Lucia di Lammermoor richtig schwer gemacht. Edgardos große Arie »Fra poco a me ricovero« ist nicht nur gespickt mit technischen Hürden, sie steht vor allem nach der berühmten Wahnsinnsszene der Lucia. Somit lastet ganz am Ende der Oper eine schwere Hypothek auf dem Tenor. Keine Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen, dürfte jedoch der Stargast beim diesjährigen Festkonzert zugunsten der Stiftung Staatsoper haben. Auf den großen Opernbühnen der Welt zuhause, kommt der umjubelte slowakische Tenor Pavol Breslik nach Hannover und singt unter anderem besagte Arie des Edgardo. Die steile Karriere des jungen Tenors begann, nachdem er 2005 von der Zeitschrift Opernwelt als Nachwuchssänger des Jahres gekürt wurde. Von 2003 bis 2006 gehörte er zum Ensemble der Berliner Staatsoper und ist seitdem international gefragt. So war er u. a. an der Metropolitan Opera, der Pariser Oper, der Wiener Staats­oper und bei den Salzburger Festspielen zu hören. Pavol Breslik wird in Hannover unter der Leitung des neuen Generalmusikdirektors Ivan Repušic’ neben dem Ausschnitt aus Lucia di Lammermoor die Arie des Nemorino »Una furtiva lagrima« aus Gaetano Donizettis Der Liebestrank sowie aus Peter I. Tschaikowskys Eugen Onegin die Arie des Lenski »Kuda, kuda« singen. Auf dem Programm stehen außerdem glanzvolle Ausschnitte aus der neuen Opernsaison – unter anderem aus Wagners Der fliegende Holländer, Henzes Die englische Katze, Puccinis Manon Lescaut und Smetanas Die verkaufte Braut, interpretiert von Mitgliedern des Ensembles der Staatsoper Hannover und dem Chor der Staats­oper Hannover. Es spielt das Niedersächsische Staatsorchester Hannover unter der Leitung von Alexander Drčar, Mark Rohde, Benjamin Reiners und Daniel Klein. Festkonzert zugunsten der Stiftung Staatsoper Hannover Samstag, 27. August 2016, 19.30 Uhr Mit freundlicher Unterstützung Nachdem Sergei Rachmaninows erste Simfonie als allzu moder­ nistisch kritisiert worden war, ließ sich der Komponist zunächst verunsichern und gab sogar zeitweise das Komponieren auf. Im Anschluss an eine dreijährige Schaffenskrise entstand zwischen 1900 und 1901 das Klavierkonzert Nr. 2 in c-Moll, das vor allem Zeugnis seiner künstlerischen Vielseitigkeit ist: »Ich habe nie feststellen können, wozu ich in Wahrheit berufen bin. Zum Komponisten, zum Pianisten oder zum Dirigenten«. Glockengleich eröffnen die wuchtigen Akkorde des Soloklaviers den 1. Satz. Weit ausgedehnten, elegisch-pathetischen Themen wird im Dur-Seitenthema eine lichtere Welt gegenübergestellt, auf die im Mittelsatz sowie in den Seitensätzen des Finales verwiesen wird. real, verknüpft Berlioz für den Protagonisten mit einem musikalischen Thema, der Hauptmelodie. Als musikalische Chiffre ist sie Entsprechung von Schönheit und Reiz, für den Liebenden gleichzusetzen mit seiner Angebeteten. Der Künstler ist unfähig, sich von dieser »idée fixe« zu lösen; die Gedanken des sinfonischen Ichs kreisen um das geliebte Wesen. Das Hauptthema erfährt in jedem Satz eine kontextbezogene Variation: Mit leichter Hand zeichnet Berlioz im 1. Satz Träumerei, Leidenschaft und Zärtlichkeit. Innerhalb der von Walzerrhythmen getragenen Schilderung eines Balles im 2. Satz wird die Aufmerksamkeit auf zwei höchst virtuos geführte Harfen gelenkt. Englischhorn und Holzbläser sorgen für die pastorale Atmosphäre im 3. Satz (Szene auf dem Lande), bevor zwei Kornette, Posaunen, Tuba, Becken, Pauken und große Trommel in einem grellen Marsch die im Wahn erlebte Exekution vorbereiten. Im 4. und 5. Satz wartet Berlioz mit albtraumhaften Sequenzen auf, in denen der Protagonist im Opiumrausch glaubt, seine Geliebte ermordet zu haben und seine eigene Hinrichtung erlebt, worauf ein geträumter Hexensabbat folgt. Die verzerrte, geisterhafte und von der Es-Klarinette gespielte Version der Hauptmelodie sowie der Einsatz des Bogenholzes bei den Streichern tragen zur spukhaften Atmosphäre des letzten Satzes bei, den eine sich überstürzende Schlussstretta zum Abschluss bringt. ERSTES SINFONIEKONZERT JAKOV GOTOVAC Simfonijsko kolo op. 12 (1926) SERGEI R ACHMANINOW Konzert für Klavier und Orch­e ster Nr. 2 c-Moll op. 18 (1900 / 01) HECTOR BERLIOZ Symphonie fantastique op. 14 (1830) Niedersächsisches Staatsorchester Hannover Führt man Hector Berlioz’ Inspiration zu seiner Symphonie fantastique auf seine zunächst unglückliche Liebe zu der irischen Schauspielerin Harriet Smithson zurück, entspricht auch Berlioz dem oben zitierten künstlerischen Credo Rachmaninows. Gleichwohl beschreitet Berlioz mit der Entscheidung, Autobiographisches mit Fiktion zu verweben, im Hinblick auf die Sinfonik Neuland. In Form einer fünfaktigen Symphonischen Dichtung entwickelte er eine Episode aus seinem Leben, die er mit der literarischen Vorlage Episode de la vie d’un artiste (Episode aus dem Leben eines Künstlers) verknüpfte. Als Keimzelle der Handlung diente Berlioz die extreme Liebe eines Künstlers zu einer Dame. Deren Präsenz, sei sie fiktiv oder SOLIST Simon Trpčeski (Klavier) DIRIGENT Ivan Repušic’ Sonntag, 18. September 2016, 17 Uhr Montag, 19. September 2016, 19.30 Uhr Kurzeinführung jeweils 45 Minuten vor dem Konzert Mit freundlicher Unterstützung 20.21 KONZERT KONZERT CHRISTOPHER BAUMANN SCHATTENWERKE DER GROSSEN KLASSISCHEN KOMPONISTENTRIAS Zum Programm des 2. Sinfoniekonzerts »Kenner und Nicht-Kenner müssen aus gegenwärtigen Stücken unpartheyisch eingestehen, daß Beethoven mit der Zeit die Stelle eines der größten Tonkünstler in Europa vertreten werde, und ich werde stolz seyn, mich seinen Meister nennen zu können.« Diese Zeilen, die im November 1793 entstanden, sprechen Bände über den Stolz eines Lehrers über seinen Schüler: Joseph Haydns lobende Worte waren gerichtet an Beethovens damaligen Dienstherrn, den Kurfürsten Maximilian Franz in Bonn – Beethoven selbst befand sich mit dem Segen des Fürsten in dieser Zeit für ein Jahr in Wien, um bei Haydn Unterricht zu nehmen. Prophetisch sind diese Zeilen zu jener Zeit gewiss, doch sollte der weitere Werdegang Beethovens seinem Lehrer Recht geben. Auch wenn es keine konkrete Belege dafür gibt, ist davon auszugehen, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis schwierig und fruchtlos war. Im Vorjahr war Haydn von seiner ersten einjährigen England-Reise zurückgekehrt, während derer in der englischen Hauptstadt sechs seiner zwölf sogenannten Londoner Sinfonien uraufgeführt worden waren. Auch Haydns Sinfonie B-Dur Nr. 98 hatte sich als großer Erfolg erwiesen: die beiden Ecksätze mussten umgehend wiederholt werden – nicht verwunderlich bei der raffinierten Satztechnik, die Haydn anwendet. Wie in der Frage des Verhältnisses zwischen Haydn und Beethoven lässt diese Sinfonie weitere Mutmaßungen der Musikhistoriker zu, die von dem für diese Zeit ungewöhnlichen Cembalo-Solo im Finalsatz vor Rätsel gestellt werden: Ist es wirklich zur Ausführung gedacht, und saß Haydn bei der Uraufführung im Finalsatz tatsachlich am Cembalo, oder handelt es sich um einen der berühmten Haydn’schen Späße? Neben der Tonart B-Dur verbindet Haydns 98. und Beethovens 4. Sinfonie auch die gestalterische Bedeutung der langsamen Einleitung im Kopfsatz für die weitere formale Konstruktion. In beiden Fällen ist zudem das melodische Material destilliert, Rhythmus und Harmonik sowie motivische Ableitungen halten das Satzgefüge zusammen. Trotz dieser abstrakten Vorgänge zeigt sich Beethoven gerade in dieser Sinfonie fast ungewohnt heiter, mit einer sinnlichen Klangphantasie und vor allem Instrumentationspoesie. Subtile Klang­abstufungen bietet auch der lyrische zweite Satz, und nach einem lebendigen Scherzo folgt das äußerst virtuose Finale. Die Übereinstimmung in der musikalischen Gedankenwelt, die in der Zusammenstellung dieser beiden Sinfonien für das Programm des 2. Sinfoniekonzerts zum Ausdruck kommt, wird im Übrigen durch eine biographische Begebenheit gestützt: Ein Indiz der Verbundenheit von Lehrer und Schüler könnte der Umstand sein, dass Beethoven in späteren Jahren das Autograph von Haydns Sinfonie B-Dur Nr. 98 erwarb. Zwischen diesen beiden Sinfonien vermittelt ein Violinkonzert Wolfgang Amadeus Mozarts, der Haydn derart freundschaftlich verbunden war, dass gemutmaßt wird, der besonders expressive zweite Satz von Haydns Sinfonie Nr. 98 könne als eine Art Requiem auf den im Vorjahr verstorbenen Kollegen und Freund Mozart gelesen werden – insbesondere das zweite Thema des Satzes erinnere an das Andante cantabile aus Mozarts Jupiter-Sinfonie. Dass Mozart, dessen man heute eher als pianistisches Wunderkind gedenkt, auch ein ausgesprochen talentierter Violinist gewesen sein muss, ist in der Brillanz und im Esprit der Solo-Stimme seines 2. Konzerts erkennbar, das er wie vier weitere Violinkonzerte in den Jahren 1773 und 1775 in Salzburg hauptsächlich für den Eigengebrauch komponierte. Mit dem Dirigenten Alessandro De Marchi und der Violinistin Midori Seiler darf sich das hannoversche Konzertpublikum auf zwei ausgewiesene Experten im Bereich der Barockmusik und der Klassik freuen. Gemeinsam mit dem Niedersächsischen Staatsorchester Hannover werden diese beiden Künstler die Werke der großen Wiener Komponistentrias beleuchten, die im Schatten ihrer Schwesterwerke stehen – und doch auf besondere Weise zeigen, wie ihre Autoren sich sowohl persönlich als auch ideell verbunden fühlten. ZWEITES SINFONIEKONZERT JOSEPH HAYDN Sinfonie Nr. 98 B-Dur Hob. I:98 (1792) WOLFGANG AMADEUS MOZ ART Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 D-Dur KV 211 (1775) LUDWIG VAN BEETHOVEN Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 (1806) Niedersächsisches Staatsorchester Hannover SOLISTIN Midori Seiler DIRIGENT Alessandro De Marchi Sonntag, 16. Oktober 2016, 17 Uhr Montag, 17. Oktober 2016, 19.30 Uhr Kurzeinführung jeweils 45 Minuten vor dem Konzert Alessandro De Marchi studierte Orgel und Komposition am Konservatorium »Santa Cecilia« in seiner Heimatstadt Rom, anschließend Cembalo, Basso continuo und Kammermusik an der schola cantorum basiliensis. Seitdem dirigierte er bereits zahlreiche Konzerte und Opern an renommierten Theatern wie der Staatsoper in Berlin, dem Théâtre de la Monnaie in Brüssel, der Staatsoper Hamburg, dem Teatro Regio in Turin, der Sächsischen Staatsoper Dresden, dem Essener Aalto-Theater, der Opéra National in Lyon und dem Prager Ständetheater. Er dirigierte außerdem das Orchestre de Chambre de Genève und das Orchestra Nazionale dell´Academia di Santa Cecilia in Rom. Daneben ist Alessandro De Marchi regelmäßig bei Festivals wie dem Maggio Musicale Fiorentino, dem Rossini Festival Bad Wildbad, dem Montreux Festival und den Händel-Festspielen in Halle zu Gast. Sein künstlerischer Schwerpunkt liegt auf der Musik des 17. bis frühen 19. Jahrhunderts. 2009 wurde De Marchi in der Nachfolge von René Jacobs die Künstlerische Leitung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik übertragen. Midori Seiler, bayerisch-japanische Tochter zweier Pianisten, wuchs in Salzburg auf. Ihre musikalische Ausbildung führte sie nach Basel, London und Berlin. Sie ging bei Musikerpersönlichkeiten mit unterschiedlichsten Profilen in die Lehre: Bei den »modernen« Geigern Helmut Zehetmair, Sándor Végh, David Takeno und Eberhard Feltz sowie bei zwei Spezialisten für Alte Musik: Stephan Mai und Thomas Hengelbrock. Als Mitglied der Akademie für Alte Musik Berlin erlebte Midori Seiler den internationalen Durchbruch des Ensembles, ab 2005 am Konzertmeisterpult. Als langjähriges Mitglied des Instrumentalconsorts »Concerto Vocale« von René Jacobs war sie an zahlreichen Produktionen frühbarocker Opern beteiligt. Zu dem Repertoire der Violinistin gehören auch die großen Vio­ linkonzerte von Mendelssohn und Beethoven. Zu ihren vielfach mit Preisen ausgezeichneten CD-Einspielungen zählen Violinkonzerte von Mozart, Rimski-Korsakows Sheherazade sowie ihre Rekonstruktion des verschollenen Violinkonzertes von Bach BWV 1052. Eine Professur für Barockvioline und -viola führte die Künstlerin von 2010 bis 2013 an die Hochschule für Musik »Franz Liszt« in Weimar, seit Oktober 2014 ist Midori Seiler an der Universität Mozarteum Salzburg tätig. 22.23 ORCHESTER AUS DEN ABTEILUNGEN DEMIAN EWIG EVA HARRISON REINGEHÖRT VON ELEFANTEN UND BARBIEPUPPEN mit Shiho Uekawa »Als ich nach Deutschland kam, musste ich die Klarinette neu erlernen«, sagt Shiho Uekawa. Jahrelang hatte die 34-jährige Japanerin, die seit 2015 im Niedersächsischen Staatsorchester Hannover spielt, die BöhmKlarinette gespielt, die sich in Klang und Griffsystem wesentlich von der hierzulande üblichen »deutschen Klarinette« unterscheidet. Ihre erste Begegnung mit dem Instrument hatte Shiho Uekawa in der Oberschule, im Alter von 12 Jahren, als sie Mitglied eines Jazz-Orchesters wurde. Zuvor spielte sie schon Klavier, doch von dem Klang der Klarinette magisch angezogen, entschied Die Theaterplastiker Neele Hofmann und Heiko Nuß lassen am Staatstheater Hannover vielfältige Wunderwelten entstehen sie sich schließlich für das Holzblasinstrument. Seither hat sie immer den Wunsch gehabt, in einem professionellen Orchester zu spielen. Gleich im Anschluss an ihre Schulzeit begann sie ein Musikstudium in Tokio bei Yuji Murai. 2005 kam sie nach Deutschland und studierte zunächst in Mannheim, später führte es sie nach Basel, wo sie ihre Ausbildung bei François Benda fortsetzte. Mit ihrem Lehrer wechselte sie schließlich an die Universität der Künste Berlin, wo sie heute studiert. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Orchestermusikerin bleibt aber kaum noch Zeit für das Studium. Es sei immer ihr Traum gewesen, nach Deutschland zu kommen und dort ihre berufliche Karriere zu verwirklichen, sagt sie. Bescheiden gesteht sie dabei ein, dass auch Glück und Zufälle ihren Werdegang beeinflussten: So nennt sie ihre Mutter als Vorbild, die auch ausgebildete Musikerin ist. Das habe sie entscheidend motiviert und ihren Berufswunsch von Beginn an mitgeprägt. Nun ist sie sehr zufrieden mit ihrer Stelle und hat viel Spaß am klassischen Orchester-Repertoire. »Der Klang der Klarinette ist einzigartig«, sagt Shiho Uekawa, das Instrument bereichere das Orchester mit seiner ganz eigenen Farbe. Dabei schätzt sie sehr die Facettenvielfalt und die verschiedenen Rollen, die es einnehmen kann: Bei Wagner zum Beispiel häufig als klangliches Füllinstrument, bei Verdi etwa mit kantablen, solistischen Partien. Außerdem nennt sie noch Mahler, der die Klarinette teils sehr exponiert hervorzuheben wusste. Auch wenn sie in ihrer Position als stellvertretende Solo-Klarinettistin im Niedersächsischen Staatsorchester viel zu tun hat, gestresst zeigt sie sich keineswegs und privat hört sie trotzdem viel Musik, hauptsächlich Klassik. Während sie in ihrer Jugend den Impressionisten Debussy und Ravel noch sehr verbunden war, mag sie heute am liebsten Brahms, Wagner und Beethoven. Das liegt mit Sicherheit auch an dem warmen Klang der »deutschen Klarinette«, den sie sehr schätzt. Hin und wieder greift sie auch zu einer Jazz-CD oder hört Chopin. + Alexei Sultanov – Chopin: Scherzi Nos. 1– 4 / Ballade No. 4. Elektra (Teldec), 1992 +The Phil Collins Big Band: A Hot Night in Paris. Wea Int. (Warner), 1999 Der Beruf des Theaterplastikers ist wohl fast so alt, wie das Theater selbst, denn von jeher waren plastische Gestaltungselemente fester Bestandteil von theatralischen Aufführungen. Neele Hofmann und Heiko Nuß eint – neben diesem Beruf – sowohl die Leidenschaft zum Theater, als auch die Freude an der Vielseitigkeit der zu bewerkstelligenden Aufgaben: Gemeinsam ›schnitzen‹ sie Skulpturen aus Styropor, arbeiten plastische Kunstwerke aus Flächen heraus und entwickeln auch schon mal einen steinigen Wüstenboden, der – so scharfkantig er auch aussieht – Manon Lescaut in der gleichnamigen Oper (Premiere 10.09.) einen sanften Bühnentod verspricht. Neele Hofmann hat den Beruf des Theaterplastikers schon als Schülerin für sich entdeckt: »Nachdem ich mir die Originalrequisiten von Herr der Ringe angeschaut hatte, wusste ich, das will ich machen. Eigentlich hatte ich vor, nach dem Abitur Theaterplastik an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden zu studieren, doch bereits während der hierfür erforderlichen Praktika u. a. an verschiedenen Theatern hat mir die ›Produktion‹ im Team so viel Spaß gemacht, dass ich direkt in die Praxis einsteigen wollte!« So begann Neele Hofmann 2008 ihre Ausbildung zum Theaterplastiker am Hannoverschen Staatstheater. Auch Heiko Nuß war schon immer kunstinteres­siert und bekam deshalb von seiner Lehrerin den Tipp, ein Praktikum in den Werkstätten des Staatstheaters zu absolvieren. »Danach war ich vom Theater infiziert und wusste, da will ich arbeiten!« Gesagt, getan. Nach seiner Ausbildung in der Herrenschneiderei des Staatstheaters beschloss Heiko Nuß 2004 sich darüber hinaus auch noch zum Theaterplastiker ausbilden zu lassen und ist seither fester Mitarbeiter der staatstheatereigenen Werkstätten. »Meine Fertigkeiten als Herrenschneider kommen mir heute als Theaterplastiker nicht selten zugute: Ein wunderbares Beispiel ist der lebensgroße Elefant, der in der Opera Seria mitspielte. Da mussten riesige Stoffbahnen zugeschnitten und zusammengenäht werden, die gewissermaßen die ›Elefantenhaut‹ bildeten.« »Unvergessen ist auch die fast acht Meter hohe Barbie-Puppe aus Lady in the Dark: Das war eine große Herausforderung; schließlich sollte sie nicht nur wie eine Barbie aussehen, sondern sich auch noch nach vorne beugen können und musste zudem stabil genug sein, um einen Sänger tragen zu können …«, ergänzt Neele Hofmann. Während sich die beiden Theaterplastiker lebhaft an frühere Projekte erinnern, ist ihnen die ansteckende Begeisterung für ihren Beruf förmlich ins Gesicht geschrieben. Dabei ist es für beide selbstverständlich, dass sie ihre Kunstwerke auch live im Bühnen­ geschehen erleben möchten. Bis es soweit ist, ist eine ganze Reihe von Arbeitsschritten nötig. »Wir wissen, welche Materialien uns zur Verfügung stehen und müssen zu Beginn überlegen, wie wir diese vielleicht kombinieren können, um das vom Bühnenbildner angestrebte Ergebnis zu erhalten«, erläutert Heiko Nuß. Im Falle von dem bereits erwähnten Wüstenboden zu Manon Lescaut, war neben der Optik die oberste Priorität, dass der Boden dauerhaft stabil, aber gleichzeitig auch weich bleibt. »Im ersten Schritt haben wir mit verschiedenen Materialien experimentiert. Oft entwickeln sich dabei wieder neue Ideen, die zu einem noch besseren Ergebnis führen.« Zunächst haben die Theaterplastiker unterschiedliche »Bodenproben« erstellt und mit dem Bühnenbildner besprochen, Dinge hinzugefügt, andere weggelassen, noch kleinere Steine aus Schaumstoff zurechtgeschnitten und die Farbe optimiert. Dann erst wurde die große Bühnenschräge damit bestückt. Viel Arbeit, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen! »Das schöne an diesem Beruf ist, dass mit jedem Projekt eine weitere Erfahrung dazu kommt, man lernt immer noch etwas Neues und bewältigt andere Herausforderungen. Das motiviert ungemein!«, sind sich Heiko Nuß und Neele Hofmann einig! 24.25 GESELLSCHAFT DER FREUNDE DES OPERNHAUSES SUSANNE WEISGERBER GABRIELE WARDA DR. STEPHAN SCHMIDT GFO-Künstlerlunch im Luisenhof GFO-Stammtisch am12. April 2016 Am 22. Mai war es wieder so weit: 45 GFO-Mitglieder trafen sich im Kastens Hotel Luisenhof zum GFO-Lunch und konnten einige Künstler des Opernhauses in ihrem Kreis begrüßen. Die Sopranistin Ania Vegry erzählte von den unterschiedlichen Her­ ausforderungen in Produktionen wie Candide, Der Freischütz und Titus. Brian Davis, der in der kommenden Spielzeit den Lot in der gleichnamigen Uraufführung von Giorgio Battistelli singen und spielen wird, verriet einen seiner geheimen Wünsche als Amerikaner, nämlich den Jack Rance in Puccinis Oper La Fanciulla del West zu singen. Carmen Fuggiss, die seit mehr als 20 Jahren dem Ensemble der Staatsoper angehört, kann auf viele schöne Partien zurückblicken und ließ uns an ihren Erinnerungen teilhaben. Die Sopranistin ist aber nach wie vor eine der Stützen des Ensembles und wird u. a. in Die englische Katze, Figaros Hochzeit und Die verkaufte Braut zu erleben sein. Der junge Bariton Matthias Winckhler, in München geboren, zeigte sich begeistert von der Stadt Hannover und dem Opernhaus mit seinem Ensemble. Daneben gilt seine Begeisterung dem Liedgesang. Marie-Sande Papenmeyer, bis vor kurzem Mitglied des Ensembles der Jungen Oper und dort zuletzt äußerst erfolgreich als Gestiefelter Kater, erzählte von ihren Erlebnissen mit den jüngsten Zuschauern als besonderer Herausforderung. Michael Lieb, Leiter der Statisterie, erzählte sehr unterhaltsam von den oftmals großen Herausforderungen bei speziellen Wünschen von Regisseuren, wenn besondere Qualifikationen bei Statisten gefragt sind. Es waren wieder sehr unterhaltsame Stunden bei gutem Essen und interessanten Gesprächen. Der Künstlerlunch wird auch in der kommenden Spielzeit fortgesetzt. Neue Termine sind der 13. November 2016 und der 30. April 2017. Gäste sind willkommen. 24 gutgelaunte Opernfreunde trafen sich im »Meiers Lebenslust« zum Stammtisch. Als Gast begrüßten wir Frau Steffi Mieszkowski, Dramaturgin für Oper und Konzert. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst in München und außerdem in Frankfurt am Main. Seit Beginn der Spielzeit 2015 / 16 ist sie an der Staatsoper Hannover tätig. Hier betreute sie unter anderem diverse Sinfoniekonzerte und die Produktionen Titus und Orlando. Nachdem Frau Mieszkowski ausführlich über ihre Arbeit, Hoffnungen und Wünsche berichtet hatte, entwickelten sich intensive Gespräche zwischen allen Anwesenden. Ein weiterer guter und anregender Abend unter Opernfreunden. Intendantentreffen am 15. April 2016 mit Schulen des Jugend­ programms TATORT OPER der GFO: Gespräche über einen Überraschungsverein der besonderen Art GABRIELE WARDA Besuch einer Bühnenorchesterprobe zu Titus am 30. Mai 2016 Vor Beginn der gut besuchten Probe informierte uns Dramaturgin Steffi Mieszkowski über den Inhalt, die Entstehungsgeschichte und die musikalischen Besonderheiten der letzten Mozart-Oper. Auf dem Probenplan stand der erste Akt, den wir, unterbrochen von einigen kleinen technischen Problemen, komplett sehen und hören durften. Regisseur Tobias Ribitzki nahm sich anschließend sehr viel Zeit, uns sein Regie-Konzept nahe zu bringen. Für ihn stelle sich die Frage, was einen Machtmenschen wie Titus dazu bewegt, allen Widersachern zu verzeihen, sogar einen Mordanschlag. Geschieht es, um als »der Milde« in die Geschichte einzugehen oder fürchtet er sich vor seinen wahren Gefühlen und deren Folgen? Auch in diesem Jahr fand Mitte April zum Ende der TATORT-OPERSpielzeit das traditionelle Intendantentreffen auf der Probebühne 2 der Staatsoper Hannover für Schülerinnen und Schüler statt, deren Schulen an dem GFO-Jugendprogramm teilnehmen. Dabei standen sowohl Herr Dr. Klügl, als auch Ballettdirektor Jörg Mannes, die Sopranistin Carmen Fuggiss sowie Maike Fölling (Junge Oper) den ca. 120 an dem Programm teilnehmenden Schülern von zehn Schulen Rede und Antwort zu den bis zu diesem Termin gesehenen fünf Werken. Zwischen den Gesprächen gab es sehr gelungene und intelligente Darstellungen von fünf Schulgruppen zu den einzelnen Werken. Diese Anmoderationen reichten von der gruselig-düsteren szenischen Interpretation und von toll geschminkten Wassernixen in einigen Original­ kostümen zu Rusalka des Gymnasiums Großburgwedel, einem humorvollen Rückblick auf die Verrücktheiten in Candide vom Gymnasium Langenhagen über eine spritzige Hinführung zu Orlando mit vielen Originalzitaten vom Gymnasium Bad Nenndorf sowie den sehr gut passenden Vortrag des »Deutschliedes« der hannoverschen a-cappella-Gruppe Maybebop zum Freischütz durch die Tellkampfschule bis zu einem treffenden Kurzfilm zu zwei Teilen des Balletts Three is a Party des Gymnasiums Isernhagen. In den Diskussionen ging es u. a. um die Frage, wie in Orlando die unterschiedlichen (Liebes-)Geschichten der Jugendlichen erfunden wurden, denen man als Publikum an den einzelnen Stationen begegnete. In dem Gespräch mit Herrn Dr. Klügl wurde deutlich, dass die Jugendlichen in ihren Erzählungen zumeist eigene Erlebnisse eingebracht hatten, aber auch in Altersheimen, Kasernen und im Kinderkrankenhaus auf der Bult Interviews geführt hatten. Ein großer Teil der Diskussion widmete sich dem Freischütz, der zwar gegensätzlich aufgenommen wurde, für viele Schüler aber äußerst spannend war, da er »zum Nachdenken anregte«. So wurde u. a. über die vielen Symbole in der Inszenierung gesprochen und geklärt, dass z. B. die vielen Zwerge einerseits für das deutsche Märchen aber auch für das deutsche Eigenheim sowie die deutsche Glückseligkeit stehen. Herr Dr. Klügl stellte im Laufe der Gespräche heraus, dass es eine Aufgabe des Opernhauses sei, das Publikum immer wieder auch mit neuen Aspekten in einem vermeintlich bekannten Werk zu konfrontieren, denn die Staatsoper Hannover sei nun mal auch ein »Überraschungsverein«. Auch wenn der Freischütz starke Eindrücke hinterlassen hatte, war die Lieblingsvorstellung der Schüler in dieser Saison allerdings das Ballett Three is a Party. Lehrer, die mit ihrer Schule nahezu kostenlos an dem Programm TATORT OPER teilnehmen und sechs Vorstellungen in der Saison besuchen wollen, können sich bei dem Leiter des Programms Dr. Stephan Schmidt, bewerben: [email protected] WERDEN AUCH SIE EIN FREUND DES OPERNHAUSES. JEDER IST HERZLICH WILLKOMMEN! Gesellschaft der Freunde des Opernhauses Hannover e. V. VORSTANDS­V OR­S ITZENDER Christoph Trestler | POSTANSCHRIFT DER GFO-GESCHÄFTSSTELLE BINDUNG Geschäftsstelle der GFO, c / o Nord / LB, Zuleitung 5371, Friedrichswall 10, 30159 Hannover | BANK VER- IBAN: DE33 2505 0000 0101 4247 37, BIC: NOLA DE2H XXX | Die jährlichen Beiträge für eine Mitgliedschaft betragen für eine Einzelperson 50 €, für jedes weitere Familienmitglied 25 €, für Schüler und Studenten 10 €, für Firmen 200 €. Fragen zur Mitgliedschaft und zu den Veranstaltungen richten Sie bitte an unsere Ansprechpartnerin Friederike Schlömer (friederike. [email protected]) oder an die Geschäftsstelle der GFO. Weitere Informationen unter www.gfo-hannover.de 26 27 FUNDUS ORCHESTER KANTINENPLAUSCH GASTIERUNGEN OPERNRÄTSEL Auch in den Sommer- und Herbstmonaten gastieren Sängerinnen, Sänger und Dirigenten der Staatsoper an anderen Bühnen. Kurz vor den Theaterferien hat Bariton Mohsen Rashidkhan bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen den Hohen Priester in Mozarts Idomeneo gegeben. Mezzosopranistin Mareike Morr hat bei den Bayreuther Festspielen neben ihrem Parsifal-Engagement noch zusätzlich als Sigrune (Die Walküre) auf der Bühne gestanden. Im August wirkte Tobias Schabel in Verdis Messa da Requiem bei den Bad Hersfelder Festspielen mit und Kapellmeister Siegmund Weinmeister stand am Dirigentenpult beim Santa Vittoria Festival (Italien). Ebenfalls im August übernahm der 1. Kapellmeister Benjamin Reiners die musikalische Leitung von Gioachino Rossinis Oper Hochzeitswirren im Rahmen der Sommer Nacht Oper in Kaiserslautern. Michael Dries wiederum zog es nach Warschau, wo er unter der Leitung von Jacek Kaspszyk in Beethovens 9. Sinfonie mit der Warschauer Philharmonie auf dem Konzertpodium stand. Ebenfalls auf das Konzertpodium zieht es Stefan Adam: Er wirkt im September in Felix Mendelssohn Bartholdys Elias beim Jubiläumskonzert der Hamburger Camerata mit. Als Violetta Valery in La traviata gastiert Dorothea Maria Marx am Stadttheater Gießen. Die Neu­produktion feiert im September Premiere, ebenso wie Charles Gounods Faust am Theater Magdeburg, wo Shavleg Armasi als Méphistophélès zu erleben ist. Im Oktober wird Mezzosopranistin Marlene Gaßner Rebecca Nurse in Robert Wards Oper Hexenjagd (The Crucible) am Staatstheater Braunschweig singen. Ebenfalls im Oktober gastiert Edward Mout am Theater Brünn (Polen) als Skuratov in der dortigen Janáček-Produktion Aus einem Totenhaus. Und Tobias Schabel wirkt erneut in Verdis Messa da Requiem mit – bei der Neuen Lausitzer Philharmonie unter der Leitung von GMD Andrea Sanguineti. Auch das Ballett verlässt sein Stammhaus: Die Tänzerinnen Mónica García Vicente, Lilit Hakobyan, Keren Leimann, Lauren Murray und Steffi Waschina tanzen im September in Cássia Lopes’ Choreo­graphie »Empathie« im Kunstverein. In der letzten Ausgabe sind wir ein wenig übers Ziel hinausgeschossen und haben die Lösung unseres Opernrätsels gleich mitgeliefert. Zur Ehre unserer Leser sei gesagt, dass uns daraufhin nicht wesentlich mehr richtige Einsendungen erreichten als sonst! Wir bitten um Entschuldigung für den Fauxpas und wünschen viel Spaß beim Erraten des Rätsels dieser Ausgabe. Tiere auf der Opernbühne – ein heikles Thema. Kaum erfährt der lokale Tierschutzverein, der un-tiergemäße Handlungen fürchtet, vom geplanten Auftritt eines pelzigen, wechselblütigen oder gefiederten Wesens, stehen die Chancen für den tierischen Bühnenruhm schlecht. In unserer gesuchten Oper dreht das Tier den Spieß aber einfach um, quält die Personnage der Oper (zumindest akustisch) und sorgt für allerhand Aufruhr, der die Protagonistin nicht nur zur Verzweiflung bringt, sondern sie sogar ihrer Freiheit beraubt. Zum Glück hat der Komponist jedoch für ein Happy-End gesorgt, was für ihn ein Leichtes war, lieferte er in einem anderen Fall doch zu einer ausgesprochen grausamen Tragödie eine heitere Schlussvariante. Das Tier, von dem hier die Rede ist, artgerecht auf der Bühne darzustellen, erweist sich als ganz schöne Herausforderung für Bühnenund Kostümbildner, auch wenn ›Realismus‹ als Epochenbegriff zur Entstehungszeit des Werks noch ein Fremdwort war. Singen muss unser Tierchen übrigens nicht, obwohl die Zoologie ihm diese Fähigkeit durchaus zuspricht. Aber es singe eben auch nur, wem Gesang gegeben. Gesucht werden der Titel der Oper und ihr Komponist (Vor- und Zuname). Ihre Lösung schicken Sie bitte bis zum 30.09.16 per Mail an [email protected] oder auch per Postkarte an die Staatsoper Hannover, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Opernplatz 1, 30159 Hannover. Absender nicht vergessen! Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir 3 × 2 Karten für die MozartOper Titus am 04.10.16, 19.30 Uhr HINWEIS IN EIGENER SACHE Wir bitten Besucherinnen und Besucher, die eine größere Tasche oder einen Rucksack mit sich führen, diese vor Vorstellungsbeginn an den Garderoben abzugeben. Dies geschieht zur allgemeinen Sicherheit: im Brandfall könnten sich sonst diese Gepäckstücke als gefährliche Hindernisse erweisen. Wir danken für Ihr Verständnis! IMPRESSUM HERAUSGEBER Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH, Staatsoper Hannover, Opernplatz 1, 30159 Hannover INTENDANT Dr. Michael Klügl Dr. Olaf Roth TEXTE Dramaturgie, Öffentlichkeitsarbeit, Musiktheaterpädagogik TYPOGRAFISCHES KONZEPT María José Aquilanti, Birgit Schmidt GESTAL­T ERISCHE UMSETZUNG Philipp Baier, Minka Kudraß DRUCK Steppat Druck FOTOS Philipp Baier (3), Volker Beinhorn (17 l. o.), Dieter Gebhardt (24), Eva Harrison (23), Sandra Hastenteufel (21 l.), Gregor Hohenberg (21 r.), Thomas M. Jauk (4, 5, 6, 12, 13, 17 Mitte), Jörg Landsberg (Titel, 4, 5), Jörg Mannes (10, 11), Thilo Nass (5), Dr. Stephan Schmidt (25), Studio Konishi (22) und privat. Titel: Uwe Stickert und Hanna Larissa Naujoks in Mozarts Titus REDAKTION seitenbühne . September / Oktober 2016