Technische Universität München Zentrum Mathematik Prof. Dr. J. Hartl Dr. Hannes Petermeier Dr. Cornelia Eder Dipl.-Ing. Martin Nagel SS 2006 Blatt 10 Höhere Mathematik 2 (Weihenstephan) 1. Bei einer bestimmten Produktion fallen in 10 Stunden erfahrungsgemäß durchschnittlich drei Ausschussstücke an. Ein Arbeitstag hat acht Arbeitsstunden, ein Jahr hat 220 Arbeitstage. a) Wieviele Tage ohne Ausschuss sind in einem Jahr zu erwarten? b) Wieviele Tage mit mehr als drei Ausschussstücken sind in einem Jahr zu erwarten? c) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit w, dass an zwei aufeinanderfolgenden Arbeitstagen zusammen höchstens drei Ausschussstücke auftreten? Lösung: In 10 h durchschnittlich 3 Ausschussstücke ⇒ In 8 h ≡ 1 Arbeitstag durch8 · 3 = 2, 4 Ausschussstücke schnittlich 10 X . . . Ausschussstücke an einem Tag Zufallsvariable Poisson-Verteilung mit Parameter λ: λk −λ w(X = k) = e k! k = 0, 1, 2, 3, . . . λ = µ = 2, 4. a) ohne Ausschuss: X = k = 0 w(X = 0) = λ0 −2.4 e ≈ 0, 0907 0! 220 · w(X = 0) ≈ 19, 96 Im Mittel ist mit 20 Arbeitstagen im Jahr ohn Ausschuss zu rechnen. b) w(x > 3) = 1 − w(X ≤ 3) = 1 − w(X = 0) − w(X = 1) − w(X = 2) − w(X = 3) = 1 − e−2,4 (1 + 2, 4 2, 42 2, 43 + + ) ≈ 0, 221 1 2 6 220 · w(X > 3) ≈ 49 ⇒ Im Mittel ist im Jahr mit 49 Tagen mit mehr als drei Ausschussstücken zu rechnen. c) An zwei Tagen gibt es durchschnittlich 4,8 Ausschussstücke. PoissonVerteilung mit Parameter λ = 4, 8: λ 2 λ3 + ) ≈ 0, 294 2 6 w ≈ 29% w(X ≤ 3) = e−λ (1 + λ + 2. Eine Abfüllmaschine füllt Pulverkaffee in Dosen ein. Das in eine Dose eingefüllte Gewicht Pulverkaffee kann in Gramm beschrieben werden durch eine Zufallsvariable X. Das Dosengewicht in Gramm kann beschrieben werden durch eine Zufallsvariable Y . Die Zufallsvariable X ist erfahrungsgemäß normalverteilt mit dem Erwartungswert 100 g und der Varianz 1 g2 . Die Zufallsvariable Y ist erfahrungsgemäß normalverteilt mit dem Erwartungswert 5 g und der Varianz 0,25 g2 . (Ein Physiker würde nicht von Gewicht sprechen sondern von Masse.) a) Wieviel Prozent der verkaufsfertig abgefüllten Dosen wiegen zwischen 104 und 106 g? b) Ein Karton, in dem 100 Dosen Platz haben, wiegt leer 500 g. Was wiegt ein mit 100 Dosen gefüllter Karton durchschnittlich? (Was ist der Erwartungswert für das Gewicht des mit 100 Dosen gefüllten Kartons?) Lösung: a) Da sich bei der Summe normalverteilter Zufallsgrößen wieder normalverteilte Zufallsgrößen herauskommen, deren Erwartungswert und Varianz gerade die Summe der Erwartungswerte bzw. der Varianzen der einzelnen Zufallsgrößen ist, ist die Masse der Pulverkaffeedosen normalverteilt mit dem Erwartungswert 100g + 5g = 105g und der Varianz läßt sich jede 1.0g 2 + 0.252 = 1.25g 2 . Durch die Transformation z = x−µ σ Normaverteilung auf die Standardnormalverteilung mit Erwartungswert 0 und Varianz 1 transformieren. Im Intervall zwischen [104; 106] sind demnach Φ( 106−105 ) − Φ( 104−105 ) = Φ(0.89) − Φ(−0.89) = D(0.89) = 0.6265 1.118 1.118 b) Eine Dose wiegt im Schnitt 105g. Bei 100 Dosen - jeweils normalverteilt - ist das Gewicht - siehe Teilaufgabe a) - ebenfalls normalverteilt, der Erwartungswert des Gewichts von 105 Dosen ist der 100fache Erwartungswert von einer Dose, also ist das durchschnittliche Gewicht von einem Karton 500 g zuzüglich dem durschnittlichen Gewicht von 100 Dosen, also 11 kg. 3. Die Durchmesser D der Achsen, die ein Automat herstellt, sind normalverteilt mit dem Mittelwert µD = 7 mm und der Varianz VD = 5·10−3 mm2 , die Innendurchmesser I der zugehörigen Lager sind normalverteilt mit dem Mittelwert µI = 7, 1 mm und der gleichen Varianz wie die Achsendurchmesser. Eine Achse paßt in ein Lager, wenn der Innendurchmesser des Lagers um mindestens 0,04 mm und höchstens um 0,3 mm größer ist als der Durchmesser der Achse. Mit welcher Wahrscheinlichkeit w passt ein zufällig herausgegriffenes Lager auf eine zufällig ausgewählte Achse? Lösung: Unterschied zwischen Lager und Achse: 0.04 ≤ d = DL − DA ≤ 0.3 Wegen der linearen Skalentransformation ist d = DL − DA normalverteilt mit dem Mittelwert 0.1mm und der Varianz 1.0·−2 mm2 . Mit der Transformation z = x−µ erhält man 0.04−0.1 = −0.6, 0.3−0.1 = 2. Die Wahrscheinlichkeit daß ein σ 0.1 0.1 zufällig herausgegriffenes Paar LagerAchse paßt beträgt w = Φ(2)−Φ(−0.6) = 0.9772 − 0.2743 = 0.7029. 4. Für eine (0;1)-Normalverteilung ist die Verteilungsfunktion Φ(x) durch eine Tabelle gegeben für positive x ∈ R. Aus dieser Tabelle kann zu gegebenem x ≥ 0 der Wert Φ(x) abgelesen werden, aber auch zu gegebenem Φ(x) der Wert x. Aus einer Abfüllmaschine in der Cafeteria erhält man angeblich 0.2 l Orangensaft, wenn man einmal auf den entsprechenden Knopf drückt. Wir wollen jedoch davon ausgehen, daß diese Einschenkmenge nicht exakt 0.2 l beträgt, sondern normalverteilt ist mit Erwartungswert µ = 0.2 l und Standardabweichung σ = 0.002 l. 1. In welchen Grenzen liegt mit 99% Wahrscheinlichkeit die bei einmaligem Drücken eingeschenkte Menge Orangensaft? (Welche Werte sind in der Tabelle nachzuschlagen? Wie ist damit weiter zu rechnen?) 2. Wie ist die Menge Orangensaft verteilt, die die Maschine bei dreimaligem Einschenken abgibt? Berechnen Sie auch Erwartungswert und Standardabweichung zu dieser Verteilung! 3. Jemand hat großen Durst. Er nimmt sich einen sog. 0.5 l-Becher und läßt sich durch dreimaliges Knopfdrücken an der Maschine seinen Becher mit Orangensaft füllen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß der Becher überläuft, wenn in ihm in Wirklichkeit 0.7 l Platz haben? (Welche Werte sind in der Tabelle nachzuschlagen? Wie ist damit weiter zu rechnen?) 4. Wieviel Liter muß der Becher fassen, damit die Wahrscheinlichkeit, daß er nach dreimaligem Drücken überläuft, genau 50% beträgt? Lösung: 1. Nachzuschlagen sind in der Tabelle D(z) = 0.99, also der Wert für zweiseitige Fragestellungen. Aus der Tabelle erhält man z = 2.576. Tabelliert ist die Standardnormalverteilung, so daß die N (0.2, 0.002)-Normalverteilung umzurechnen ist. Also: des Orangensaftautomaten erst mit z = x−µ σ |x−0.2| 2.576 = 0.002 → δ = 0.005152. Damit liegt die bei einmaligen Drücken eingeschenkte Menge Orangensaft zwischen [1.94848; 0.205152] Liter. 2. Die Summe von einer normalverteilten Zufallsgröße ist selbst normalverteilt mit der Summe der Erwartungswerte und der Summe der Varianz als Erwartungswert und Varianz. Also ist der Erwartungswert 0.6l, die Varianz 3 · 0.0022 ≈ (0.00346)2 . 3. Zuerst muß die durch Dreimal-Drücken-Verteilung auf die Standardnorx−0.6 = 0.00346 . Um die Wahrmalverteilung umgerechnet werden: z = x−µ σ scheinlichkeit für das Überlaufen bei 0.7 l zu erhalten, ist x = 0.7 zu setzen: z = 28.86. Das gibt die Wahrscheinlichkeit an, daß die Menge im Becher kleiner als 0.7 l ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Becher überläuft ist demnach 1 − Φ(28.86). Nun ist Φ(3, 719) ≈ 0.9999, so daß man davon ausgehen kann, daß die Wahrscheinlichkeit des Überlaufens kleiner als 0.0001 ist. , 4. Für z = 0 ist die Wahrscheinlichkeit gerade 50%, also folgt mit z = x−µ σ daß für ein Fassunsvermögen von 0.6 l die Wahrscheinlichkeit, daß der Becher überläuft fifty-fiftyı̈st. 5. Das Nettogewicht einzelner Zuckerpakete sei unabhängig und normalverteilt mit Erwartungswert µ = 1 kg. Die Standardabweichung des Nettogesamtgewichts von 1000 Zuckerpaketen sei σGes = 100 g. a) Geben Sie zwei Grenzen an, innerhalb derer sich das Nettogesamtgewicht von 1000 Zuckerpaketen mit 90%iger Wahrscheinlichkeit befindet. b) Wie groß ist die Standardabweichung σ des Nettogewichts eines einzelnen Zuckerpakets? c) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Zuckerpaket mindestens 990 g Zucker enthalten sind? Lösung: = x−1000 für 0.9 = D(z) → z = 1.645 → δ = 164.5. Also liegen a) z = x−µ σ 100 mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% die 1000 Zuckerpakete zwischen [999835.5; 1000164.5] g. b) Es summieren sich die Varianzen, also ist die Varianz eines Zuckerpaketes 100·100 = 10, die Standardabweichung also etwa 3.162 g. 1000 c) z = x−µ σ = 990−1000 3.162 = −3.16 → Φ(−3.16) ≤ Φ(−3) ≈ 0.0013. w(X ≥ 990) = 1 − Φ(−3, 16) ≈ 100% − 0.13% Die Wahrscheinlichkeit beträgt fast 100 %. Die Aufgaben 1 bis 3 sollen - soweit möglich - in der Übung am Donnerstag, dem 20. Juli 2006 besprochen werden. Die Aufgaben 4 bis 5 sind zur häuslichen Bearbeitung gedacht. Gelegenheit zu Fragen gibt es nach der Vorlesung und nach der Übung sowie in den Tutorübungen. 73.255437 % der Statistiken spielen eine Genauigkeit vor, die durch die angewandte Methode nicht gerechtfertigt wird. Im Vatikan gibt es zwei Päpste pro Quadratkilometer.