Musik in ihren Lebenswelten Vorlesung Musikgeschichte 2 Die Symphonie in Europa 1730-1810 Protagonisten, Werke, Orte, Institutionen und deren Wirkungen MagdalenaHaßelbacher BachelorofEducation,LAII(2.Semester) [email protected] Der Begriff „Symphonie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „zusammen“, „Klang,Ton,Laut“.EsgibtdafürzweiBegriffsableitungen.ZumeinenisteineSymphonieeinKonzert mit mehreren Stimmen und Instrumenten, zum anderen verschiedene Instrumente, die einen Mehrklangbilden.DieseAbleitungenlassensichnichtimmerklartrennen.ImGroßenundGanzenist Symphonie ein Harmonisches Zusammenstimmen. Vor 1600 bedeutete Symphonie nicht mehr als eineSammlungfürinstrumentaleWerkez.B.dieOpern-SymphoniaalsVorspielundauchZwischen- und Nachspiel. Im 18. Jahrhundert wurde die Symphonie zu einer Konzert-Symphonie. Ein Gattungsbegriff für eine 3- oder 4-sätzige Orchesterkomposition. Johann Mattheson (deutscher Komponist und Musikschriftsteller) spricht dieser Gattung eine Freiheit zu, die in solch einer Orchesterkompositionmöglichist. GiovanniBattistaSammartinimachtedieSymphonikzuetwasEigenständigem.SeineSymphonien sind als eigenständige Instrumentalstücke erklungen und waren sehr beliebt. Von seinen 450 Kompositionen,wurdeihmdiegroßeMengevon135Symphonienzugeschrieben.SeineSymphonien sindnurzumTeilnachgewiesen.VieleanderewenigerbekannteKomponistenschriebenaufDrucke seinen Namen, um überhaupt einen Namen zu haben, was für die Popularität Sammartinis spricht. Deshalbistesschwernachzuweisen,wievieleStücketatsächlichvonihmsind.AmBeispielderC-Dur SinfoniafürzweiViolinen,eineViolaundeinenBasslässtsicherkennen,dassmandieSymphonieals eine Art Zwischenform von barockem Konzert und einer klassischen Sonate bezeichnen kann. Die Terrassendynamik, der imitative Kontrapunkt in den Violinen oder auch die Quintfallsequenzen erinnern an ein Concerto. Elemente, wie harmonische Kontrastmomente, Zweitaktigkeit oder die strukturbildende Motivik weichen davon ab und werden mit klassischer Musik verbunden. Die Symphonien Sammartinis sind in drei Sätzen aufgebaut (schnell – langsam – schnell) und weisen keineBläserbesetzungenauf.DieBesetzungwarfürbiszu60Instrumentalisten. Symphonien erklungen sowohl in Adelspalästen mit privaten Konzerten, aber auch als freie öffentliche Konzerte. Zum Beispiel gab es in Mailand am Westtor drei Mal in der Woche für alle BürgerInnen Orchestermusik. Auch am Mailänder Schloss erklang des Öfteren öffentlich Orchestermusik. Überliefert wurden seine Symphonien durch Drucke unter dem Namen seines Bruders, Giuseppe Sammartini. Vor allem wurde die Symphonik in London und Paris überliefert und wurde schnell in ganz Europa aktuell. Außerdem spielten bekannte Geiger seine Musik in großen Kulturzentren, wie z.B.„Concertspirituel“inParis,wodurchseineMusikwiederumverbreitetwurde. Ein weiterer Komponist von Symphonien war Johann Stamitz. Er entwickelte die Orchestermusik weiter und vergrößerte den Orchesterapparat. Seine Musik erklang auf Privatkonzerten des SteuerpächtersAlexandreJeanJosephLeRichedelaPouplinière,derdurchSteuereinzugseinGeld vermehrte.SeineMusikwurdeerstnachseinemTodüberliefert.DaherliegenkeineManuskriptevor. InSymphonienvonStamitzstehenEffekteimVordergrund.ErlegteaufdenGesamtklangvielwert. SeineWerkewirkendurchgrößereBesetzungenunddurchdieHinzunahmevonBläsern,diezueiner interessanten Klangfarbe beitragen, sehr orchestral. Stamitz war bekannt dafür, den Klang und die Form durch crescendi hervorzuheben. Instrumentale Effekte bekommen durch einfache Harmonik undlangsameRhythmenRaum. DerAufbaueinerSymphonieistzuvergleichenmitdemeinerklassischenSonate.EsgibtvierSätze. DerersteSatzistderKopfsatz,inwelchemThemenundMotivevorgestelltundentwickeltwerden. DarauffolgtderlangsamerezweiteSatz.DieseristsehraffektreichundstehtimKontrastzumersten Satz. Hier steht die Spielweise im Vordergrund. Der dritte Satz ist ein Menuett, ein Tanzsatz. Der letzte Satz, das Finale, ist leichter als der Kopfsatz, greift aber einzelne Themen und Motive des erstenSatzeswiederauf. Im 18. Jahrhundert standen die höfischen und privaten Konzertorte den öffentlichen Konzertinstitutionen gegenüber. Allerdings kommt es jetzt zu einer Mischung der beiden Institutionen. Zuerst erklangen öffentliche Konzerte, die sog. Concerts spirituels, im Palais des Tuileries. Joseph Haydn, der ca. 100 Symphonien komponierte, trug für die öffentlichen Konzerte viel bei. Zwölf Konzerte wurden mit seinen Symphonien in London aufgeführt. Haydns Sinfonie in G-Dur ist sehr experimentell. Es beginnt mit einem Adagio-Satz, eine lange langsame Einleitung mit großem Ausdruckswechsel.ImzweitenSatz,Allegretto,werdendieThemenundMotiveaufgegriffen.Durch denZusatzvonanderenInstrumenten,wiez.B.SchlagwerkerfolgteinStimmungsumschwung. HaydnwecktmitdieserSymphoniemilitärischeAssoziationen.DenninLondonwarenzudieserZeit sehrvieleFlüchtlingeausFrankreich,da1792/93dieEreignissederFranzösischenRevolutiongekippt sindundParisuntergroßenSchreckenundGewaltstand.HaydnstandmitgroßerAblehnungdazu undwolltemitdieserSymphoniedeutlichenmachen,wasananderenOrtenderWeltgeschieht. Der Kontrast steht in Symphonien im Vordergrund. Musik wird dann erst gut, wenn kontrastreiche Elementevorhandensind.DurchHaupt-undSeitenthemawerdenKontrastedargestellt,auchdurch dieVerwendungvonverschiedenenTonartenoderStimmungen.SpäterkommenerstdieKontraste durchThematikundMotivikhinzu. Die Symphonie um 1800 gilt als Hauptgattung der Instrumentalmusik und wird gegenüber der Vokalmusik gleichgestellt. In solch einer Komposition erhält die Kunst einen hohen Anspruch. InsgesamtwerdenzeitgenössischeIdealewiedergespiegelt. Ein weiterer Komponist, der unter anderem für seine Symphonien bekannt war, ist Ludwig van Beethoven. Im Gegensatz zu Haydn schrieb er nur neun Symphonien (Haydn ca. 100). Die Viersätzigkeit gewinnt an Gewicht. Die Symphonie ist zyklisch aufgebaut und der letzte Satz, das Finale,istwichtigergeworden.BeiBeethovenstandderZusammenhaltderSätzeimVordergrund, wasmanamBespielseinerfünftenSymphoniec-Mollerkennenkann.DasAchtel-Motiv,womitdie Symphonieschonbeginnt,ziehtsichdurchalleSätzeundInstrumentengruppendurch. Von Beethovens Kompositionen sind Skizzen vorhanden, die deutlich machen, mit welcher AnstrengungundPerfektionswillenerkomponierthat.ManbekommtdenEindruckderErhabenheit derSymphonie.SeineSymphoniensindderInbegriffderKunstundwerdenzumromantischenaller Künste. Oft werden Kompositionen auch stellvertretend für politische Zwecke verwendet, wie z.B. Beethovens neunte Symphonie. Diese wird als Europa-Hymne verwendet. Denn Beethoven will ein „öffentlichesBildvonZuhörerschafterzeugen“.ErmeintdamitmehreinVolkalseineNationunddas ohnenationaleSchranken.DieslässtsichaufEuropaübertragen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Symphonik eine große Entwicklung, sowohl in der Komposition, als auch in der Wirkungsgeschichte, erfahren hat. Es gab verschiedene Institutionen, wo Symphonien erklungen sind. Das Aristokratische ging weiter, mit privaten Konzerten in Adelspalästen,aberesgabauchimmermehröffentlicheKonzerte. Es gibt verschiedene Strömungen, die mit der Symphonik assoziiert werden. Zum einen aufklärerische Aspekte, zum anderen Aspekte, die man mit dem Idealismus und der Romantik verbindenkann. Der Orchesterapparat hat sich stark vergrößert und verselbstständigt. Die Viersätzigkeit wird ab HaydnmitderSonatenhauptsatzformassoziiert.