Bundesrealgymnasium Imst Chemie 2010

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Bundesrealgymnasium Imst
Chemie 2010-11
Klasse 8
Kohlenstoffchemie
Dieses Skriptum dient der Unterstützung des Unterrichtes - es kann den Unterricht aber nicht ersetzen, da im
Unterricht der Lehrstoff detaillierter aufgearbeitet wird, als dies im Skriptum der Fall ist.
Ergänzungen zum Skriptum können während des Unterrichts durchgeführt werden.
In diesem Skriptum sind nur wenige Diagramme und Zeichnungen enthalten. Die fehlenden Diagramme werden
im Unterricht erarbeitet.
Inhalt
1
Kohlenstoffchemie ............................................................................................................ 2
1.1
Einführung in die organische Chemie ........................................................................ 2
1.1.1
Die besondere Stellung des Kohlenstoffs im Periodensystem ............................. 2
1.1.2
Modifikationen ..................................................................................................... 3
1.2
Allgemeine Grundlagen der organischen Chemie ..................................................... 3
1.2.1
Verbindungen ....................................................................................................... 3
1.2.2
Namen, Formeln und Strukturen .......................................................................... 4
1.2.3
Elektronische Effekte ........................................................................................... 4
1.2.4
Der Isomeriebegriff .............................................................................................. 5
1.2.5
Vergleich von anorganischen und organischen Verbindungen ............................ 5
1.2.6
Sonderstellung des Kohlenstoffs .......................................................................... 5
Chemie
Klasse 8
1
Kohlenstoffchemie
Kohlenstoffchemie
1.1 Einführung in die organische Chemie
Die organische Chemie ist die Chemie der Kohlenstoffverbindungen. Organische Stoffe
besitzen charakteristische Bindungen zwischen Kohlenstoff-Atomen
Kohlenstoff Atomen untereinander und
zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff-Atomen.
Wasserstoff
Zu Beginn des 19. Jh. war man überzeugt, dass organischen
Stoffen im Gegensatz
nsatz zu anorganischen Stoffen eine
zusätzliche Kraft innewohnt: die Lebenskraft. Aus diesem
Grund sollte es eigentlich unmöglich sein, organische
Stoffe aus anorganischen herzustellen, bis…
Am 22.02.1828 schrieb Friedrich Wöhler an seinen Lehrer
Jöns Jakob Berzelius:
„… und muss Ihnen sagen, dass ich Harnstoff machen,
ohne dazu Nieren oder überhaupt ein Thier, sey es Mensch
oder Hund, nötig zu haben.“
Damit war die organische Chemie geboren!
1.1.1 Die besondere Stellung des Kohlenstoffs im Periodensystem
Kohlenstoff ist das erste Element der vierten Hauptgruppe im PSE. Seine ElektronenschalenElektronenschalen
konfiguration ist 1s²2s²2p². Von den vier Valenzelektronen sind im Grundzustand zwei im SS
Orbital, welches damit voll besetzt ist. Die beiden anderen teilen sich auf zwei p-Orbitale
p
auf,
die damit noch Platz für jeweils ein Elektron hätten. Ein drittes p-Orbital
p Orbital bleibt ganz leer.
Abb. 1-1: Elektronenschalenbesetzung eines Kohlenstoffatoms im Grundzustand (links) und im angeregten
Zustand (rechts).
Es liegt der Schluss nahe, dass Kohlenstoff energetisch unterschiedliche Bindungen ausbildet.
ausbildet
Man beobachtet aber (normalerweise) vier absolut gleichwertige Bindungen. Dies kann mit
der Bildung von Hybridorbitalen erklärt werden.
werden. Kohlenstoff tritt von einem energetischen
Grundzustand in einen angeregten Zustand über. Dabei wird das 2s-Orbital
2s
auf das
Energieniveau des 2p-Orbitals
Orbitals angehoben und ein Elektron des 2s-Orbitals
2s Orbitals in das bisher
unbesetzte 2p-Orbital
Orbital übertragen. Damit stehen einem C-Atom
C Atom vier Bindungen zur
Verfügung, die sich tetraedrisch ausrichten und eine ausgeglichenen räumliche Struktur
bilden.
Andere Elemente, die ebenfalls Hybridorbitale bilden, besetzen zusätzlich noch das d-Orbital,
d
was zu abweichenden Raumstrukturen führt. Einem C-Atom
C Atom stehen keine d-Orbitale
d
zur
Verfügung.
Dr. K.-H. Offenbecher
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1.1.2 Modifikationen
Polymorphie ist in den Werkstoffwissenschaften und der Mineralogie die Eigenschaft, dass
eine Substanz in verschiedenen Erscheinungsformen (Modifikationen) vorkommen kann.
Diese sind aus den gleichen Atomen aufgebaut, unterscheiden sich aber in der räumlichen
Anordnung ihrer Struktur und haben somit unterschiedliche Eigenschaften. Unterschiedliche
Gitterstrukturen können sich durch Einflüsse wie Druck und/oder Temperatur bilden.
Elementarer Kohlenstoff existiert in drei Modifikationen, basierend auf den
Bindungsstrukturen sp3 und sp2: Diamant, Graphit und Fulleren.
Abb. 1-2: Erscheinungsformen elementaren Kohlenstoffs. a) Diamant; b) Graphit; d) Buckminster Fullerene.
Diamant: besteht aus einer dreidimensionalen Raumnetzstruktur, in der jedes
Kohlenstoffatom mit vier anderen C – Atomen kovalent verknüpft ist.
Graphit: Ein Graphitkristall ist aus ebenen Schichten aufgebaut, in denen regelmäßige
Sechsecke in einer Art Bienenwabe verknüpft sind. Die parallel gestapelten Schichten werden
durch schwache (London‘sche) Kräfte zusammengehalten.
Fullerene: Seit Anfang der 1990er ist eine dritte Kohlenstoff Modifikation bekannt. Robert
Curl entdeckte die Fullerene, zuerst das so genannte Buckminsterfulleren, es besteht aus 60
Kohlenstoffatomen, die ein innen hohles Polyeder bilden. Die Außenflächen des Polyeders
werden fünf- und sechseckigen Seitenflächen gebildet. An allen Eckpunkten befinden sich
Kohlenstoffatome. Inzwischen sind Fullerene mit 70 und mehr C –Atomen bekannt.
1.2
Allgemeine Grundlagen der organischen Chemie
1.2.1 Verbindungen
Alle organischen Verbindungen enthalten das Element Kohlenstoff. Allerdings werden nicht
alle Kohlenstoffverbindungen zur organischen Chemie gerechnet. Oxide (CO, CO2), Carbide,
Carbonate und Kohlensäure werden zur anorganischen Chemie gezählt.
In fast allen organischen Stoffen kommt das Element Wasserstoff vor, weshalb die Stoffe
auch als Kohlenwasserstoffe bezeichnet werden. Andere Elemente in einer org. Verbindung
werden als Heteroatome bezeichnet. Zu den häufigsten Heteroatomen zählen die Halogene
sowie Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und Phosphor. Metalle sind eher selten an organischen
Dr. K.-H. Offenbecher
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Verbindungen beteiligt aber dennoch sehr wichtig. So würde es kein Hämoglobin ohne Eisen
geben oder kein Chlorophyll ohne Magnesium.
1.2.2 Formeln, Namen und Strukturen
Die Darstellung organischer Verbindungen ist aufgrund der großen Komplexität der meisten
Verbindungen nicht ganz einfach. Drei Formelschreibweisen mit unterschiedlichem
Informationsgehalt kommen zur Anwendung:
Die Summenformel gibt die quantitative Zusammensetzung einer Verbindung mit den
einzelnen Elementen an. Diese Schreibweise wird für stöchiometrische Berechnungen oder
Molmassenbestimmungen benötigt. Summenformeln geben aber keinen Aufschluss über die
innere Struktur einer Verbindung oder deren funktionelle Gruppen.
z.B. Benzen:
C6H6
In der vereinfachten Strukturformel werden die wichtigsten Bindungen sowie die
funktionellen Gruppen dargestellt.
z. B. Methanol:
CH3 – OH
Die ausführliche Strukturformel zeigt alle Bindungen zwischen den einzelnen Atomen und
die freien Elektronenpaare an.
z. B. Butan-1-ol:
ol:
Keine der drei genannten Formeln gibt Auskunft über die räumlichen Strukturen der
Verbindungen. Aufgrund der tetraedrischen Koordination des Kohlenstoffatoms
Kohlenstoffatoms ist die
Darstellung schwierig. Für einfache Verbindung kann die Gerüst- bzw. die Skelettformel
herangezogen werden. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte
vereinfachte Darstellung (Zick-Zack(Zick
Struktur) des C-Skeletts
Skeletts und der funktionellen Gruppen. H-Atome, C – H Bindungen und
freie e- Paare werden weggelassen.
Weiter Darstellungsformen sind die Sägebockschreibweise, die NewmanNewman-Projektion und die
Fischer-Projektion.
Um die Position von Mehrfachbindungen oder Funktionellen Gruppen werden die C-Atome
C
nach bestimmten
estimmten Regeln durchnummeriert und mit Lokanten versehen.
Das Kohlenstoffatom der funktionellen Gruppe wird als α–C – Atom bezeichnet.
Enthält die funktionelle Gruppe selbst kein C – Atom ist das C1 - Atom auch das α – Atom.
1.2.3 Elektronische Effekte
Das Reaktionsverhalten
ktionsverhalten organischer Verbindungen wird im Wesentlichen durch zwei
elektronische Effekte gesteuert.
Die Wirkung eines Atoms oder einer Atomgruppe auf die Elektronenverteilung im Rest des
Moleküls wird allgemein als induktiver Effekt (I-Effekt) bezeichnet.
chnet. Er beruht auf
Differenzen zwischen Elektronegativitäten EN benachbarter Atome oder Atomgruppen. Der
induktive Effekt wird relativ zur EN des Wasserstoffatoms beurteilt. Beim +I-Effekt wird die
Elektronendichte an der benachbarten Atomgruppe erhöht indem
indem negative Ladung dorthin
verschoben wird, beim –I-Effekt
Effekt wird die Elektronendichte erniedrigt.
Der mesomere Effekt (M-Effekt)
Effekt) ist ebenfalls ein elektronischer Effekt, bei dem ein
Heteroatom mit einem oder mehreren freien Elektronenpaaren auf die
Elektronendichteverteilung
onendichteverteilung im Molekül nimmt. Für das Molekül können mesomere
Grenzformeln,, die Formalladungen aufweisen, formuliert werden. Der +M-Effekt
+M
erhöht die
Elektronendichte im organischen Rest, der –M-Effekt verringert die Elektronendichte.
Mesomerieeffekte treten immer an π-Elektronensystemen auf.
Dr. K.-H. Offenbecher
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Effekts (links und des –M-Effekts
Effekts (rechts) auf einen Benzenring als organischen
Abb. 1-3: Wirkung des +M-Effekts
Rest.
1.2.4 Der Isomeriebegriff
Als Isomerie bezeichnet man die Erscheinung, dass Stoffe trotz gleicher Summenformel
unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften aufweisen. Ist die Isomerie auf
unterschiedliche Atomverkettung zurückzuführen, spricht man von Strukturisomerie.
Unterscheiden
den sich die Isomere nur durch ihren räumlichen Aufbau, bezeichnet man dies als
Stereoisomere.
1.2.5 Vergleich von anorganischen und organischen Verbindungen
Das unterschiedliche chemische Verhalten lässt sich durch die unterschiedlichen
Bindungsverhältnisse erklären:
lären:
Anorganische Verbindungen bestehen hauptsächlich aus Ionenbindungen
Organische Moleküle sind durch Elektronenpaarbindung kovalent verknüpft.
Beispiel:
Das in Salzen als Chlorid Ion enthaltene Chlor kann als AgCl ausgefällt werden. Beim
kovalent gebundenen
undenen Chlor in organischen Verbindungen ist das nicht möglich
NaCl +
AgNO3
AgCl(Niederschlag) +
NaNO3
CH3-CH2-Cl +
AgNO3
keine Reaktion
1.2.6 Sonderstellung des Kohlenstoffs
Die besonderen Eigenschaften des Kohlenstoffes lassen sich aus seiner Stellung im
i
Periodensystem ableiten. Im Vergleich mit einfachen Molekülen der benachbarten Atome Bor
und Stickstoff zeigt sich, dass im Gegensatz zum neutralen Methanmolekül BF3 eine Lewis –
Säure (Elektronenlücke) und NH3 eine Lewis – Base (zusätzliches Elektronenpaar)
Elektronenp
ist.
Die Moleküle sind zwar neutral aber koordinativ nicht abgesättigt. Sie haben das Bestreben
ein weiteres Teilchen anzulagern und bilden dabei Ionen.
Würde man aus den Elementen Bor und Stickstoff Ketten bilden, erhält man entweder eine
Reihe benachbarter
chbarter koordinativ ungesättigter Zentren oder Ladungsanhäufungen. In beiden
Fällen sind diese Ketten nicht stabil.
Als benachbartes Element in der 4. Hauptgruppe unterscheidet sich aber auch Silizium vom
maximal vierbindigen Kohlenstoff. Silizium kann Verbindungen
Verbindungen mit der Koordinationszahl 6
bilden. Im Gegensatz zum unvollständig besetzten Elektronenniveau des Kohlenstoffs (n = 2)
stehen dem Silizium (n = 3) neben des ss und p – Orbitalen auch noch die d – Orbitale zur
Verfügung. Diese können Elektronen von
von weiteren Teilchen aufnehmen. Dabei entstehen
koordinativ gesättigte aber elektrisch geladene Komplex-Ionen.
Komplex
Kohlenstoff hat nicht die Möglichkeit d – Orbitale zu besetzten. Si-Si
Si Bindungen sind auch
schwächer als C-C
C Bindungen. Dafür sind Si-O
Si
Bindungen stärker als C-O
C
Bindungen.
Silizium eignet sich daher nicht sehr gut zum Aufbau von Si – Ketten und bildet bevorzugt SiSi
O-Si-O… Ketten.
Dr. K.-H. Offenbecher
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Kohlenstoffchemie
1.2.7 Elementaranalyse
Um die Zusammensetzung organischer Stoffe nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ
angeben zu können, muss man das Mengenverhältnis der beteiligten Elemente feststellen.
Diese Bestimmung bezeichnet man als Elementaranalyse. Sie wurde in ihren Grundzügen
1831 von Justus von Liebig entwickelt.
Dem Österreicher Fritz Pregel verdanken wir die Entdeckung spezieller Techniken für die
Elementaranalyse von sehr kleinen Stoffmengen. Er entwickelte 1910 die MikroElementaranalyse (Nobelpreis für Chemie 1923).
Bei der Elementaranalyse wird eine genau gewogene Menge einer organischen Verbindung
durch Oxidation zerlegt. Als Oxidationsmittel verwendet man Sauerstoff
Beispiel:
C6H12O6 6 O2 6 CO2 + 6 H2O
Heute wird die Zusammensetzung einer organischen Verbindung mittels physikalischchemischer Methoden, wie z. B. Massenspektrometrie, ermittelt.
Aufgaben
1. Was versteht man unter organischer Chemie?
2. Wie lässt sich die Vielzahl der organischen Verbindungen erklären?
3. Nennen Sie drei Dinge aus dem täglichen Leben, die der organischen Chemie zu
verdanken sind!
4. Kann es ein Molekül aus 1C-, 1 H- und 1 N-Atom geben? Gehört es zur
anorganischen oder organischen Chemie?
5. Was sind Heteroatome? Geben Sie 3 Beispiele dafür an! Durch welche Art der
chemischen Bindung sind diese Elemente meist mit anderen Atomen verbunden?
Dr. K.-H. Offenbecher
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