Positionen zur europäischen Medienpolitik

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Positionen zur europäischen Medienpolitik der
Plattform privater Medienverbände Österreichs
am 13. Mai 2009
anlässlich der Wahl zum Europäischen Parlament
Meinungs- / Presse- / Informationsfreiheit
Telecom Package
Zwischen dem Rat der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament
und den Parlamentarischen Ausschüssen des Europäischen Parlaments für
Industrie, Forschung und Energie bzw. Binnenmarkt und Verbraucherschutz
wird zurzeit über wesentliche Grundrechtseingriffe diskutiert:
Net Neutrality
Neue Netzwerk-Management Technologien erlauben die prioritäre
Behandlung
von
Internetverbindungen
und
könnten
als
wettbewerbsbehindernde Praktiken genützt werden. Vom europäischen
Parlament wurde vorgeschlagen, dass Verfahren zur Gestaltung des
Datenverkehrs nur dann Anwendung finden dürfen, wenn sie keinen Nachteil
für den Verbraucher darstellen, oder als angemessen gelten bzw. der
Aufsicht der nationalen Regulierungsbehörden unterstellt sind. Jegliche
wettbewerbsverzerrende Priorisierung von Content sieht die Plattform
privater Medienverbände als ernste Bedrohung für die derzeitige
demokratische Struktur des Internet.
ISP Filtering
Ebenfalls problematisch sieht die Plattform privater Medienverbände das
Filtern einzelner Internetinhalte seitens der Internet Service Provider, wie
vom Rat der Europäischen Union gefordert. Eine Einschränkung der
Grundrechte
zur
Freiheit
der
Meinungsäußerung
und
der
Informationsfreiheit gemäß Artikel 11 der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union darf keinesfalls ohne vorherige Entscheidung der
Justizbehörden erfolgen. Andernfalls sind solche Beschränkungen als eine
Form der Zensur zu betrachten und stehen der Pressefreiheit diametral
entgegen.
Werbung
Werbung stellt für private, unabhängige Medien eine wesentliche
Finanzierungsquelle dar - ohne sie gibt es keine funktionierende Marktwirtschaft. Als Teil der Gesamtkommunikation ist Werbung Informationsquelle für Kunden und Konsumenten. Wer Werbung verbieten oder
zumindest einschränken möchte, höhlt damit das verfassungsrechtlich
gewährleistete Grundrecht der Informationsfreiheit aus. Deshalb lehnt die
Plattform privater Medienverbände Österreichs die auf europäischer Ebene
diskutierten
und
verabschiedeten
Werbeverbote
bzw.
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einschränkungen entschieden ab. Zu nennen sind hierfür die Health-ClaimsVerordnung (EG Nr. 1924/2006), welche nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nur nach erfolgter Prüfung der Europäischen Behörde
für Lebensmittelsicherheit erlaubt und die vom Europäischen Parlament erst
kürzlich verabschiedete Energy-Labelling Directive (RL 92/75/EEC), die die
Verpflichtung vorsieht, in Werbeanzeigen für Elektroprodukte Informationen
betreffend des jeweiligen Energieverbrauches in gut sichtbarer Form
anzuführen. Eine Ausdehnung werbebeschränkender Maßnahmen bedeuten
eine Einschränkung der werblichen Möglichkeiten und vermindern deren
Wert erheblich. Die Plattform privater Medienverbände Österreichs spricht
sich in diesem Zusammenhang für effiziente Selbstregulierungsmechanismen anstelle einer gesetzlichen Regulierung aus.
Alkohol
Im Rahmen der kommenden schwedischen Präsidentschaft ist seitens des
Rates geplant, über eine totale Einschränkung für Werbung von Alkoholika
zu diskutieren. Die Plattform privater Medienverbände tritt gegen ein Verbot
von Werbung für legal erhältliche alkoholische Getränke auf. Bereits die
derzeit
geltenden
Werbebeschränkungen
stehen
dem
Prinzip
selbstregulierender Mechanismen (European Advertising Standards
Alliance) und einer eigenverantwortlich agierenden Werbewirtschaft
entgegen.
KFZ Werbung
Die angekündigte Änderung der Richtlinie 1999/94/EC (Labelling Directive),
welche von der kommenden Kommission im zweiten Halbjahr 2009 wieder
aufgegriffen wird, könnte eine Verschärfung der Informationspflicht über
CO2-Emissionen und Verbrauchswerte bei Werbeschaltungen für Autos
bringen. In diesem Zusammenhang wurde seitens des Europäischen
Parlaments über einen Warnhinweis von mindestens 20 % der Werbefläche
diskutiert. Eine solche Maßnahme hätte erhebliche Auswirkungen auf den
Medienmarkt in Österreich sowie in Europa. Die verminderte Attraktivität der
Schaltungen wird Auftragsgeber dazu veranlassen, in andere
werbewirksamere Felder zu investieren. Dies würde für die private
Medienlandschaft
beachtliche
Werbemitteleinbußen
und
eine
Wettbewerbsverzerrung bedeuten.
Patienteninformation
Im Herbst 2009 wird der Parlamentarische Ausschuss des Europäischen
Parlaments für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
über weitere Werbebeschränkungen verschreibungspflichtiger Medikamente
beraten. Derzeit sind Werbeschaltungen für diese innerhalb der
Europäischen Union unzulässig. Am Beispiel der Vereinigten Staaten von
Amerika, in welchen unter bestimmten Voraussetzungen Anzeigen und
Schaltungen (für von staatlicher Seite validierten Informationen) für
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verschreibungspflichtige Medikamente gestattet sind, sind aufgrund des
höheren Informationsgrades der Konsumenten und der gesteigerten
Wettbewerbssituation Vorteile für Konsumenten, Pharmaindustrie und
Werbewirtschaft erkennbar. Eine entsprechende Initiative sollte ebenso auf
europäischer Ebene unternommen und Werbung für diese Produktgruppe
erlaubt werden.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Das derzeit laufende Beihilfeverfahren der EU-Kommission gegen die
Republik Österreich, in dem wesentliche wettbewerbliche Mängel im System
der Gebührenfinanzierung des ORF untersucht werden, ist kurz vor der
Entscheidung der Kommission. Diese wird in einer Novellierung des ORFGesetzes münden. Parallel dazu wird die rasche inhaltliche Umsetzung der
Rundfunkmitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendung der
Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk von der Plattform privater Medienverbände Österreichs
ausdrücklich unterstützt. Diese sollte beinhalten:
• Eindeutige Präzisierung für die Beurteilung, inwieweit es sich bei
finanziellen Zuwendungen um eine staatliche Beihilfe nach Artikel
87/1 EG-Vertrag handelt
• Kriterien zur eindeutigen Definition des öffentlich-rechtlichen
Auftrages
• Wirksame Aufsicht und Transparenz über die Verwendung der
öffentlichen Mittel / Gebühren durch eine externe und unabhängige
Stelle
• Gewährleistung einer unabhängigen, wirksamen Aufsichtsbehörde
zur Kontrolle der Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrages
und wirksame Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen
• Einführung eines 3-Stufen-Testes (Public-Value-Test)
• Angebot von Spartenprogrammen und Mediendiensten nur dann
möglich, wenn sie Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrages sind
und keine negativen Auswirkungen auf den übrigen Markt haben
(Public-Value-Test)
Ein faires Wettbewerbsverhältnis im österreichischen Rundfunkmarkt
zwischen privaten Medienunternehmen einerseits und öffentlich-rechtlichem
Rundfunk andererseits ist unbedingt sicherzustellen. Aufgrund der
überwiegenden Finanzierung des ORF aus Gebührengeldern und die damit
verbundene Marktverzerrung muss im Wege einer asymmetrischen
Werbeordnung besonders auf eine starke Finanzierungsstruktur der privaten
Medien geachtet werden.
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Urheberrecht
Angesichts sinkender Vertriebserlöse wird für die Medienunternehmen die
Möglichkeit zur elektronischen Zweitverwertung ihres Contents immer
wichtiger. In der Praxis stellt sich beim Versuch, die Inhalte über neue
technische Plattformen zu verwerten immer wieder die schwierige Frage
nach dem Umfang der dem Verlag bzw. Medienunternehmen in Bezug auf
neue Nutzungsformen tatsächlich eingeräumten Nutzungsrechte. Dazu
schlägt die Plattform privater Medienverbände vor, die Möglichkeit der
Zweitverwertung bezüglich Auftragswerken durch eine umfassende
gesetzliche Rechtseinräumung, oder zumindest eine gesetzliche
Vermutungsregel zugunsten des Auftraggebers / Arbeitgebers besser
abzusichern.
Entsprechende Initiativen und Rahmenregelungen auf europäischer Ebene
bzw. der Europäischen Kommission (Grünbuch Urheberrecht in der
wissensbestimmten Gesellschaft) sind zu begrüßen, jedoch die Anwendung
solcher Regelungen für das interne Rechtemanagement (Print – Digital)
eines Verlags- oder eines Medienunternehmens auf Freiwilligkeit basieren
sollte.
Medienvielfalt / Media Pluralism
Der Endbericht der von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen
Studie „Indicators for Media Pluralism in the Member States“ wird für Juni
2009 erwartet. Eine Beurteilung der Studie und weitere Aktionen sind daher
von der neuen Kommission zu erwarten. Aus Sicht der privaten
Medienverbände ist festzuhalten, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt,
dass
Eigentumsverhältnisse
von
Medienunternehmen
negative
Auswirkungen auf Medienpluralismus und kulturelle Vielfalt haben. Daher
muss es eine klare Unterscheidung zwischen Eigentümerstrukturen und der
existierenden Meinungsvielfalt in der Medienlandschaft bei einer Beurteilung
der
Medienvielfalt
geben.
Europäische
Regelungen,
die
das
Wettbewerbsrecht und das Prinzip der Subsidiarität einengen, sind
abzulehnen und würden zudem europäische Medienunternehmen im
Wettbewerb mit vor allem US-amerikanischen stark benachteiligen.
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Verbraucherschutz
In Umsetzung der „EG-Haustürgeschäfterichtlinie“ wurde auch in Österreich
ein Verbraucherrücktrittsrecht bei „außerhalb von Geschäftsräumen
abgeschlossenen Verträgen“ normiert. Dieses besteht bei Geschäften, die
ihrer Natur nach (z.B. Taxi) bzw. üblicherweise (z.B. Zeitungsstraßenverkauf)
außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, erst jenseits der
Schwellenwerte 45 Euro bzw. 15 Euro. Durch die österreichische Regelung
ist der Straßenverkauf von Zeitungen und Magazinen weitestgehend vom
Haustürgeschäfte-Rücktrittsrecht ausgenommen. Ohne diese Regelung
könnte jeder Verbraucher die erworbenen Zeitungen oder Magazine nach bis
zu sieben Tagen ohne weitere Begründung wieder zurückgeben und den
Kaufpreis zurückverlangen.
Die beschriebenen Ausnahmen vom Rücktrittsrecht sind gemäß der
Haustürgeschäfte-Richtlinie zulässig, welche es den Mitgliedstaaten
überlässt, geringfügige Geschäfte – bis zum Wert von 60 Euro – vom
Rücktrittsrecht auszunehmen. Der aktuelle Entwurf für eine allgemeine
Verbraucherrechte-Richtlinie (KOM[2008]614), welche unter anderem auch
die
Haustürgeschäfte-Richtlinie
ersetzen
wird,
sieht
diese
Ausnahmeerlaubnis allerdings nicht mehr vor. Folglich würde das
Haustürgeschäfte-Rücktrittsrecht auch bei Zeitungs-, Zeitschriften- und
Illustriertenkäufen im Straßenverkauf schlagend werden. Wird die Richtlinie
in ihrer derzeitigen Form beschlossen, würde dies das Ende des
Zeitungsstraßenverkaufes bedeuten. Es bedarf daher einer entsprechenden
Anpassung und Klarstellung der Richtlinie, dass ein Rücktrittsrecht unter
einem Schwellenwert von EUR 60,- ausgeschlossen oder zumindest durch
die Mitgliedsstaaten ausschließbar ist.
Mehrwertsteuer
Zuletzt schlug der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
vor, reduzierte MwSt.-Sätze für Hörbücher und andere kulturfördernde und
gesellschaftsbildende Produkte vorzusehen. Eine
Neuregelung der
Richtlinie 2006/112/EG darf keine Auswirkungen auf die in Österreich
gültigen und reduzierten MwSt.-Sätzen für Printprodukte haben, welche für
eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft existenziell sind. Weiters
muss der für Medienunternehmen an Bedeutung gewinnende Onlinemarkt
berücksichtigt werden – es sollten reduzierte Steuersätze für OnlineZeitungen, Online-Zeitschriften und kulturfördernde Onlineprodukte
ermöglicht werden. Aus Sicht der privaten Medien ist eine europäische
Harmonisierung in diesem Bereich anzustreben, die einen – wie in einigen
europäischen Ländern üblich – Null-Mehrwertsteuersatz vorsieht.
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