Spielzeit 16/17 Dezember – Juli »Professor Bernhardi« von Arthur Schnitzler, Regie: Thomas Ostermeier »Der eingebildete Kranke« von Molière, Regie: Michael Thalheimer »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken« von Angélica Liddell, Regie: Angélica Liddell »Peng« von Marius von Mayenburg, Regie: Marius von Mayenburg »Dantons Tod« von Georg Büchner, Regie: Peter Kleinert »LOVE HURTS IN TINDER TIMES« von Patrick Wengenroth, Realisation: Patrick Wengenroth Nr. 2 Thomas Bading fotografiert von Brigitte Lacombe Lise Risom Olsen fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Jörg Hartmann fotografiert von Brigitte Lacombe Renato Schuch fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Jule Böwe fotografiert von Brigitte Lacombe Iris Becher fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Moritz Gottwald fotografiert von Brigitte Lacombe Eva Meckbach fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Lars Eidinger fotografiert von Brigitte Lacombe Regine Zimmermann fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Laurenz Laufenberg fotografiert von Brigitte Lacombe Felix Römer fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Christoph Gawenda fotografiert von Brigitte Lacombe Lukas Turtur fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli Marie Burchard fotografiert von Brigitte Lacombe Andreas Schröders fotografiert von Brigitte Lacombe Spielzeit 16/17 Dezember – Juli »Professor Bernhardi« von Arthur Schnitzler, Regie: Thomas Ostermeier »Der eingebildete Kranke« von Molière, Regie: Michael Thalheimer »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken« von Angélica Liddell, Regie: Angélica Liddell »Peng« von Marius von Mayenburg, Regie: Marius von Mayenburg »Dantons Tod« von Georg Büchner, Regie: Peter Kleinert »LOVE HURTS IN TINDER TIMES« von Patrick Wengenroth, Realisation: Patrick Wengenroth Nr. 2 »Eine Art permanenter Mai ’68« Didier Eribon im Gespräch mit Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer Didier Eribon wurde 1953 in Reims geboren. Er studierte Philosophie, ist Autor und hat eine Professur für Soziologie an der Universität von Amiens. In »Rückkehr nach Reims« erzählt er von der doppelten Scham, die ihn als Homosexueller und als Arbeitersohn belastete. Er fragt, was soziale Herkunft in einer neoliberalen Gesellschaft bedeutet, und warum sich das französische Arbeitermilieu heute von den linken Parteien abwendet und im Diskurs des rechtsextremen Front National wiederfindet. Thomas Ostermeier: Da Sie in Ihrem Buch »Rückkehr nach Reims« einen recht persönlichen Ton anschlagen, möchte ich Ihnen von meinem persönlichen Lebensweg erzählen, der Ihrem ein wenig ähnelt. Meine Eltern kamen aus einer eher einfachen Schicht; mein Vater war niederrangiger Soldat; begonnen hatte er als Schneider, wie seine Mutter. Und weil er aus einem so armen Milieu kam, entschied er sich, Soldat zu werden, um seine Familie zu ernähren. Meine Mutter war Verkäuferin. In meiner gesamten Kindheit war es absolut nicht vorgesehen, dass meine Brüder und ich auf das Gymnasium gehen. Dass wir dort hingingen, war nur der Tatsache geschuldet, dass wir uns dafür stark machten. Mein Vater war so, wie Sie Ihren beschreiben: ein »Haustyrann« – inklusive häuslicher Gewalt und Alkoholismus. Und das war seltsamerweise, und im Gegensatz zu Ihnen, für mich eine Motivation, zu kämpfen – und hat mir einen Grund gegeben, Theater zu machen. Und als ich 1996 begann, Regie zu führen, habe ich mit Stücken Karriere gemacht, die sich mit der sozialen Frage auseinandersetzen, wie »Shopping and Fucking« von Mark Ravenhill, ein Stück über No Future-Jugendliche ohne Zukunftsperspektiven mit sehr schlecht bezahlten Jobs, Kleinkriminelle. Später, als ich an die Schaubühne kam, sagte ich mir: Ich möchte weiter in dieser Richtung arbeiten; also inszenierte ich ein Stück, das sich »Personenkreis 3.1« nannte, über Obdachlose, Drogenabhängige, Alkoholiker, Arbeitslose. Es wurde ein großer Flop, die Leute verließen den Saal. Weil ich in einer Institution des Großbürgertums angekommen war und all diese Marginalisierten auf der Bühne zeigte. Nach diesem ersten Schock begann ich sofort, die soziale Frage im Inneren des bürgerlichen Milieus selbst zu behandeln. Ich arbeitete also über die Angst vor dem sozialen Abstieg. Interview Didier Eribon: Ja, Privilegien zu ver­ lieren. TO: Und plötzlich funktionierte es: Alle diese Bourgeois haben sich wiedererkannt – denn das war die Zeit, als mit Gerhard Schröder und der Agenda 2010 die Angst auch in der bürgerlichen Klasse etabliert wurde, um den Neoliberalismus durchzusetzen. Nachdem ich Ihr Buch gelesen hatte, das für mich eine Offenbarung war – weil ich diese meine Vergangenheit völlig vergessen hatte, die soziale Frage, die Frage der Klassen – fragte ich mich: Wie ist es möglich, diese Frage in einer bürgerlichen Institution zu behandeln? Oder, um es einfacher zu sagen: Wie holt man marginalisierte Menschen ins Theater, wie spricht man im Theater marginalisierte Menschen an? Oder ist das sogar unmöglich? Wie spricht man Ihre Familie, meine Familie an? Wie kommt man zu einem Diskurs mit dieser Arbeiterklasse? DE: Das sind zwei Fragen: Wie man in der Kunst und besonders am Theater über die unteren Klassen spricht, ist bereits ein schwieriges Problem. Doch das ist nicht dasselbe, wie sich zu fragen, wie man die unteren Klassen ansprechen kann. Man kann heute sehr gut alle prekarisierten Menschen darstellen. Es ist nicht einfach, aber man kann sie auf einer Theater­bühne darstellen. Doch das Publikum wird dem angehören, was ich die Kulturbourgeoisie nenne, die Bourgeoisie, die kulturelle Institutionen frequentiert. Selbst wenn das Theaterstück von Arbeitern handelt, sind im Saal keine Arbeiter. Das war eine der großen Fragen, die sich zum Beispiel Leute wie Jean Vilar gestellt haben: Wie macht man Volkstheater? Und ich glaube, dass diese Frage nicht zu lösen ist, wenn man im Theaterraum bleibt. Denn wenn die Leute nicht ins Theater gehen, dann deshalb, weil sie dazu kein Verhältnis haben. Jean Vilar hatte sehr schöne Ideen, besonders mit dem Festival von Avignon, aber dorthin fahren nicht die unteren Klassen. TO: Ich habe in Avignon jemanden getroffen, der mir sagte: Wissen Sie, Herr Ostermeier, ich komme aus der Arbeiterschicht; ich lebe in Nordfrankreich, ich komme jeden Sommer nach Avignon: Wir wohnen auf dem Campingplatz und essen Sandwiches, um Ihr Stück zu sehen. DE: Ja, natürlich, es gibt immer Ausnahmen. Und ich respektiere sehr, was Jean Vilar erreichen wollte. Nichtsdestotrotz scheint mir, dass der Bildungszugang hier die wesentliche Frage ist, und wenn man sich ansieht, wer Kulturinstitutionen frequentiert, sind das fast alles Menschen, die das Schulsystem durchlaufen und einen höheren Abschluss haben. Wenn man also feststellt, dass es da eine Korrelation gibt, muss man auch sehen, dass das bedeutet, dass jene, die nicht in den Kulturinstitutionen sind, die sind, die durch das Schulsystem ausgesondert wurden. Und daher ist die erste Frage nicht die nach der Kulturinstitution; die wirkliche Frage lautet: Warum werden die Kinder der unteren Klassen vom Schulsystem systematisch ausgesondert? Pierre Bourdieu hat großartige Analysen über das Schulsystem als Maschine zur Reproduktion der sozialen Klassen vorgelegt; wer die höchsten und prestigeträchtigsten Bildungsabschlüsse erreicht, sind solche, die so die gesellschaftlichen Positionen erreichen, die sie bereits von Anfang an innehatten, und der Schulabschluss legiti­miert diese Position nun. Die Kinder der Bourgeoisie gehen auf die Eliteschulen; und werden alle Machtpositionen einnehmen – wirtschaftlich, kulturell, politisch. Es ist ein- und dasselbe Milieu, das die unteren Klassen ignoriert. Die ausgesprochen schwierige Frage lau- 18 tet: Haben Kunst und Kulturinstitutionen nicht auch die Funktion, die sozialen Klassen zu reproduzieren? Und, sobald man diese Feststellung getroffen hat, wie kann man die Situation verändern? In Frankreich wurden in den Arbeitervorstädten Theater geschaffen. Er­gebnis: Nun reist das intellektuelle Milieu aus dem Zentrum von Paris in kostenlosen Shuttle-Bussen zu diesen Theatern. Ich sage nicht, dass es ein völliger Misserfolg war. Aber man muss schon sehen, dass man das Theatermilieu nicht oder nur wenig verändert, indem man Theater in die Arbeitervorstädte bringt, trotz der Bemühungen derer, die diese Institutionen leiten. TO: Wie ist das Problem der Ban­ lieues zu lösen? Jean-Marc Ayrault stellte mir diese Frage, als er nach den Attentaten in Paris nach Berlin kam: Wie kann man mit Kultur erreichen, dass es in den Banlieues mehr Integration gibt? Und darauf antwortete ich: Die Sozialpolitik muss verändert werden. Das hat nichts mit der Kultur zu tun – wir können nicht Ihre Arbeit machen. DE: Selbstverständlich! Man kann nicht glauben, dass die Kunst die gesellschaftlichen Probleme lösen kann, die die politischen Verantwortungsträger nicht einmal versuchen zu lösen. Die Leute, die nicht mehr in die Schule gehen wollen, weil sie denken, dass die Schule nicht für sie gemacht ist, werden nicht ins Theater gehen. Das sind Gegenden, in denen der Staat seine Rolle, seine Funktion als öffentlicher Dienst aufgegeben hat. Das Schulsystem sollte im Zentrum unserer politischen Überlegungen stehen. Wenn junge Männer aus dem Schulsystem aussteigen, weil für sie ein echter Mann zu sein bedeutet, auf der Straße zu sein, ergeben sich daraus Phänomene wie Gangs und auch Kriminalität. Und die Antwort lautet: Gefängnis. Heute ist es ganz deutlich: 18-jährige Jungen werden wegen eines kleinen Delikts ins Gefängnis gesteckt und kommen radikalisiert wieder heraus, mit der Idee, einen Terroranschlag zu verüben. Daher muss die Bildungspolitik überdacht und die katastrophale Strafpolitik verändert werden. Und als eine Ministerin wie Christiane Taubira versuchte, die Strafpolitik zu verändern, und sagte: Wir werden alternative Strafen einführen, wurde ihr vorgeworfen, dass sie Kriminellen helfen wolle. Ihre Strafpolitik war höchst intelligent und basierte auf Studien aus allen europä- Interview ischen Ländern; aber sie konnte sie nicht durchsetzen, weil selbst die linke Regierung, der sie angehörte, von ihren vernünftigen, weisen Vorschlägen entsetzt war. Wenn also die Regierungen sich nicht für die Kunst interessieren, kein Geld dafür hergeben, keine Subventionen vorsehen, und es plötzlich Probleme gibt – und sie dann die Künstler fragen: Was sollen wir tun? lacht – Aber daran hätte man vor 30 Jahren denken müssen! Den Schulen Geld geben. Florian Borchmeyer: Ich frage mich allerdings, ob die Förderung der Schule allein zu einer Lösung führen kann. In den 70er Jahren wurde in Deutschland versucht, in marginalisierten Vierteln Schulen für alle zu errichten: Gesamtschulen, in denen es keine Trennung zwischen dem Gymnasium, das traditionell dem Bürgertum vorbehalten war, und den eher für die unteren Klassen bestimmten Schulformen gab. Meine Eltern begannen ihre Laufbahn als Lehrer an einer solchen Schule – und mussten sich mit den Grenzen dieses Modells auseinandersetzen: Die Jugendlichen aus diesen Vierteln hatten schon vor ihrer Einschulung von ihren eigenen Familien und ihren Freunden die Ideologie übernommen, dass die Schule etwas für die gebildeten Klassen ist, und es für sie besser wäre, Geld verdienen zu gehen, anstatt mit Bildung Zeit zu vergeuden. Die Schule wird nicht als mögliches Instrument zum sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg betrachtet. So gleicht die implizite Angst, sich in eine Bildungsinstitution zu begeben, jener, in eine kulturelle Institution zu gehen. Dieses Problem können nicht allein die Lehrenden innerhalb einer Bildungsinstitution lösen. DE: Ich weiß schon, dass man diese Situationen nicht schnell einfach so regeln kann, und was Sie sagen, ist völlig richtig: Der Ausschluss der Kinder der unteren Klassen funktioniert aus dem einfachen Grund so leicht, dass er durch Selbstausschluss funktioniert. Die Kinder der unteren Klassen werden von vorn­ herein ausgesondert, weil sie diesem Ausschluss durch die schulische Institution keinen ­Widerstand leisten. Die Kinder der unteren Klassen wissen, dass sie sowieso keine Anwälte oder Ärzte werden, und reduzieren ihre subjektiven Erwartungen auf das Niveau der objektiven Aussichten, was sie erreichen können. Und dadurch schließen sie sich selbst aus, weil sie bereits ausgeschlossen sind. Für die Kinder der Bourgeoisie stellt sich die Frage nicht: Man studiert, das ist völlig klar. Für die Kinder der unteren Klassen ist es genauso offensichtlich, aber umgekehrt: Man studiert nicht, das bringt nichts, das ist nichts für uns. Um sich in eine Zukunft zu projizieren, muss die Möglichkeit bestehen, dass es diese Zukunft auch geben wird. In Frankreich ist das Schulsystem der Ort, an dem die sozialen Klassen und damit die wirtschaftlichen Voraussetzungen sich Jahrzehnt um Jahrzehnt, Generation um Generation produzieren und reproduzieren. Es gibt soziale Klassen, und das Schulsystem vollzieht, produziert und reproduziert sie. Und wenn ich sage, dass das in Frankreich stattfindet, muss ich dazu sagen, dass das auch fast überall sonst genauso stattfindet. TO: Welche Beziehungen hat die Linke zu dieser Arbeiterklasse? Wenn ich Ihr Buch richtig verstanden habe, ist einer Ihrer Gedanken, dass linke Menschen, sobald sie in politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Machtpositionen ankommen, vergessen, dass sie die Pflicht haben, die Avantgarde der Emanzipation der Arbeiterklasse zu bilden. DE: Als die Linke in Frankreich Anfang der 80er Jahre an die Macht kam, war offen­sichtlich, dass die Minister nicht aus der unteren Schicht stammten. Sie waren Kinder der Bourgeoisie, die aus der ENA, aus den Schulen der Macht kamen, mit denselben Laufbahnen, denselben Karrieren, derselben sozialen Herkunft. In meinem Buch »D’une révolution conserva­ trice et de ses effets sur la gauche fran­ çaise« (»Zu einer konservativen Revo­lution und deren Auswirkungen auf die französische Linke«) aus dem Jahr 2007 sagte ich: François Hollande als Parteivorsitzender des Parti Socialiste – ein Technokrat, ein reines Produkt der ENA –, das bedeutet 20 % für den Front National in zehn Jahren. Und das war, als er Parteivorsitzender des PS wurde. Sie können sich vorstellen, François Hollande als Präsident, das bedeutet 30, 40 % für den FN heute. Weil das Technokraten sind, die die soziale Wirklichkeit nur über statistische Tabellen wahrnehmen. TO: Was denken Sie über Philippe Martinez, der heute an der Spitze der Con­ fédération générale du travail steht? Er ist ein echter Arbeiter. 19 DE: Die französischen Medien haben­ ihn als archaisch, absurd hingestellt; ein alter Marxist, ein alter Linker. Philippe Martinez wurde von den Journalisten während der Streiks im vergangenen Frühling geradezu beschimpft. Und man sieht: Die Journalisten haben dieselben Schulen absolviert wie das politische Personal. Ich stimme mit Martinez in vielem nicht überein. Aber ich stelle fest, dass die Art, wie er in den französischen Medien behandelt wurde, schlicht und einfach auf Klassenverachtung und Klassenrassismus im Bezug auf einen Arbeiter zurückzuführen ist. Man sieht nie Arbeiter im französischen Fernsehen, außer es handelt sich um einen Gewerkschafter wie ihn, weil man gezwungen war, ihn einzuladen. Die Fragen der Journalisten waren etwa: »Herr Martinez, wollen Sie Frankreich vernichten?« Niemals würde man, wenn Fillon sagt, er wolle 500.000 Beamtenposten abschaffen, besonders in der Bildung, oder die Sozialleistungen abschaffen, fragen: »Herr Fillon, Sie werden also Frankreich vernichten?« TO: Wie kann man in so einem Fall als linker Intellektueller überleben, wenn man aus strategischen Gründen Fillon gegen Marine le Pen verteidigen muss? DE: Ich werde François Fillon nicht gegen Marine le Pen verteidigen, so viel ist sicher. François Fillon ist ein Reaktionärer. Wir befinden uns in einer schrecklichen Sackgasse. Der Diskurs des PS heute lautet folgendermaßen: »Wenn ihr nicht im ersten Wahlgang für uns stimmt, werdet ihr Fillon und Marine le Pen im zweiten Wahlgang haben und gezwungen sein, Fillon zu wählen.« Meine persönliche Antwort darauf ist: Wenn die Situation heute so ist, dann ist das eure Schuld! Im zweiten Wahlgang kann man gegen den FN stimmen – für jemanden, der ein Demokrat ist. Nun ist François Fillon aber kein Demokrat. Er ist letztlich ein Mann der extremen Rechten. Er ist eine Mischung aus einem wirtschaftlichen Ultraliberalismus und einem sozialen und kulturellen Ultrakonservativismus. Er ist gleichzeitig der Kandidat der Bankiers und der konservativsten Kräfte der katholischen Kirche, all jener, die bei der Manif pour tous gegen die Ehe für alle auf die Straße gegangen sind. Für mich ist es unmöglich, mich zwischen ihm und Marine le Pen zu entscheiden, selbst wenn ich es natürlich vorziehen würde, wenn es er und nicht sie würde – aber ich könnte nicht für François Fillon stimmen. Interview TO: Um 30 Jahre zurückzugehen, vor dieses ganze politische Elend: Sie beginnen Ihr Buch damit – und ich habe mich gefragt, ob Sie sich dessen bewusst sind – über Alzheimer und Ihre Angst zu sprechen, diese Krankheit zu haben – hat das damit zu tun, dass man Alzheimer meiner Meinung nach sozusagen als Metapher für die Linke einsetzen könnte? Die an einer Art Alzheimer leidet, die Arbeiterklasse vergessen hat? Sie erinnert sich nicht mehr, worin ihre historische Aufgabe besteht. Und zudem, um all das zu vermeiden, wäre nicht eine Art Erinnerung an den Kampf der Arbeiterklasse notwendig, braucht es für die Linke nicht eine Art ethischen Fundamentalismus? DE: Die Frage der Erinnerung ist eine komplexe Frage, weil sich die Welt offensichtlich verändert und das linke Denken sich neu formulieren, neu erfinden, neu erschaffen muss. Die Linke kann man nicht definieren, man kann sie nicht festmachen, eine Definition festschreiben, was die Linke ist. Sobald man die Definition festschreibt, gibt es keine Linke mehr. Art Kampf zwischen großen Einheiten eine historische Mission zu erfüllen hat. TO: Ja, aber: Wie kann etwas verändert werden, wenn nicht über eine Revolution? Wie kann man diese Welt von Ausbeutern und Arbeitern verändern? DE: Einerseits: Das Konzept der sozialen Klasse zu verändern, bedeutet nicht, auf jegliches Konzept von sozialen Klassen zu verzichten. Ich glaube, dass man eine Linke denken muss, die mit den Sorgen der unteren Klassen verbunden ist. Das soll nicht heißen, die Revolution zu denken, das soll heißen: den Welfare State, soziale Absicherung, Bildungszugang, Zugang zu medizinischer Versorgung zu denken … TO: … also alles Werte der traditionellen Sozialdemokratie … TO: Ich glaube, dass es im Gegenteil ganz einfach ist. Marx sagt: »All jene, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um zu überleben, sind Arbeiter.» DE: … ja, wenn Sie so wollen, der traditionellen – die die Sozialdemokratie von heute ablehnt. Aber ich bin für eine radikale Veränderung der gesellschaftlichen Formen, die sich in der heutigen Welt abgelagert haben … Und im Zentrum meiner Konzeption von Politik stehen die sozialen und kulturellen Kämpfe … Ich bin also von der Sozialdemokratie sehr weit entfernt. Wirklich sehr, sehr weit entfernt. DE: Nein, aktuell hat der Parti Socia­ liste in Frankreich absolut nichts mehr mit der Arbeiterklasse, mit den Arbeiterkämpfen zu tun. Es gab eine Verschiebung nach rechts, wobei der Parti Socialiste dieselben intellektuellen Bezugspunkte hat wie die Rechte; dieselben Ideologien. Über Sartre zu sprechen ist in ihren Augen archaisch; dafür verehren sie Raymond Aron. Als wäre Aron nicht archaischer als Sartre. Und es gab eine von den Universitäten, von der Politik ausgehende ideolo­ gische Arbeit, die von den Industriebossen und den Banken finanziert wurde, deren Ziel es war, den politischen Diskurs der Linken zu modernisieren. Und »modernisieren« bedeutet immer: ihn nach rechts zu verschieben. Gegen diese falsche Linke, diese rechte Linke also, müssen meiner Meinung nach die Denkkategorien der Linken im Allgemeinen dringend neu erfunden werden. Zum Beispiel kann das Konzept der sozialen Klasse heute nicht mehr dasselbe sein, das Marx im 19. Jahrhundert vorlegte. Und ich denke, dass wir heute auf die Mythologie, so würde ich das ausdrücken, der Revolution verzichten müssen – einer Arbeiterklasse, die in einer FB: Wenn das Problem nur darin bestünde, dass die Linke ihre eigenen Grundideen vergessen hat, wäre die Lösung recht einfach zu finden: Wieder eine echte Sozialdemokratie ins Leben rufen und sich wieder an die Arbeiterklassen richten. Eine Linke links von der Linken nach den Prinzipien der traditionellen Linken wiederzubeleben, wie in Deutschland mit Die Linke – statt etwa nach dem Modell Podemos in mehreren Ländern einen sozusagen patriotischen linken Populismus neu zu gründen … Allerdings verliert die Linke derzeit genau mit den Parteien, die auf einen derartigen patriotischen Populismus verzichten, der dem der Rechten stark ähnelt – wie in Deutschland im Fall der Linken, die eben die klassischen Werte der Linken vertritt – ihre Wähler an die extreme Rechte. Es scheint also, dass die Rezepte der klassischen Sozialdemokratie im Moment nicht mehr so gut funktionieren. Gleichzeitig stammen die Parteispitzen dieser Linken – im Unterschied zu einer klassischen Sozialdemokratie, die häufig von Vertretern der Arbeiterbewegung geführt wurde – fast alle aus den gebildeten Schichten. Sogar diese »Linke 20 links von der Linken«, die die alten Werte der Sozialdemokratie wieder auferstehen lässt, hat die Beziehung zur Arbeiterklasse völlig verloren. DE: Aber in Frankreich sind auch die Persönlichkeiten der extremen Rechten Anwälte, Ärzte, Akademiker. Marine Le Pen war Anwältin, alle Leute in ihrem Umfeld sind Anwälte oder Akademiker. TO: Genau! Und wenn man in die Vereinigten Staaten blickt, steht an der Spitze der populistischen Bewegung … DE: … ein Milliardär! Es ist also klar, dass es nicht nur die Herkunft ist, die für Erfolg bei den unteren Klassen sorgt. Diese Situation ist das Ergebnis einer 30 Jahre andauernden Entwicklung im politischen und sozialen Leben. Diese 30-jährige Entwicklung muss analysiert werden. Und hier können vielleicht die Kunst, die Literatur, das Denken eine sehr wichtige Rolle spielen, um aufzuzeigen, was passiert ist. TO: Wenn ich mir allerdings vorstelle, an der Spitze einer Bewegung zu stehen, die – um zu provozieren – sehr »kulturpessimistisch« ist, die sagt: Ja, das Privatfernsehen, die populäre Unterhaltung mit der Werbung in der Öffentlichkeit müssen verboten werden, man muss aufhören Sneakers zu tragen; keine Mode mehr; man muss wieder zurück zu einem gewissen linken Puritanismus. DE: Ah, das ist Alain Badiou, der konservative Ideologe, berühmt für seinen nostalgischen Konservativismus, die Verbindung mit Lacan, dem reaktionären Denker der 1930er, und mit Stalin … das ergibt eine tödliche Mischung, tödlich für die Linke und für das Denken. Das bin nicht ich! lacht … Ich bin das Gegenteil von alledem – von Puritanismus, Disziplin, Ordnung, Männlichkeit, Antifeminismus, usw. … keine Nike-Turnschuhe kaufen … Ich denke, dass man den Leuten nicht verbieten kann, fernzusehen oder Sportschuhe zu kaufen, die sie kaufen wollen. Wir sind nicht eine einzige Person. Im Alltag sind wir Konsumenten, sind Opfer der Werbung. Aber wir sind nicht dieselben, wenn es eine soziale Bewegung gibt, eine Gewerkschaft, die für Forderungen eintritt, wenn es eine Partei gibt, die für Mobilisierung sorgt. Und es gibt Mobilisierung; ich habe an Demonstrationen gegen das Gesetz zur Arbeitsreform, die Loi travail, teil- Interview genommen. Die sozialistische Regierung schickte die Polizei, setzte Tränengas ein. Es ist offensichtlich, dass die sozialdemokratischen Regierungen an der gesamten aktuellen Situation Verantwortung tragen. Und für mich geht es nicht darum, eine Sozialdemokratie wiederherzustellen; es geht darum, eine Linke zu denken, die sich auf die sozialen Bewegungen in ihrer Vielfalt stützt. Herbert Marcuse sagte einmal Anfang der 70er Jahre: Die Arbeiterklasse ist verbürgerlicht. Die Revolution wird kommen, sie wird sich in neuen sozialen Bewegungen verankern: der Studentenbewegung, der feministischen Bewegung, der schwarzen Bürgerrechtsbewegung usw., denen er viel Bedeutung zumaß. Sein Irrtum war, dass er im Feminismus eine revolutionäre Kraft sah, die den Sozialismus einführen würde. Mein Problem mit sich als marxistisch verstehenden Denkern ist ihre »totalisierende«, »organische« Konzeption des Gesellschaftskörpers. Dagegen sehe ich sehr weitgehende soziale Bewegungen, deren Sprecher bis zu einem gewissen Grad Jeremy Corbyn oder Bernie Sanders sind, oder Podemos zum Beispiel … Das sind sehr mächtige soziale Bewegungen, die für Rechte, für Organisation eintreten, die Politik verändern. Es gibt mehrere »Linke«, und ich teile nicht die Vorstellung, dass es auf der einen Seite die Arbeiterklasse, auf der anderen die Bourgeoisie gibt, und alles andere wären bourgeoise Nebenprojekte. Es gibt Möglichkeiten, eine Linke der sozialen Veränderung, eine radikale Linke zu denken, ohne an Arbeiterrevolution und rote Fahne zu denken. FB: Aber es ist dennoch ein bemerkenswertes Phänomen, dass die Arbeiterklasse auch in allen diesen neuen linken Bewegungen kaum präsent ist, und noch weniger auf der Ebene der parlamentarischen Repräsentation. Müsste man sich nicht radikaler die Frage stellen, wie eine politische Repräsentation, eine Regierung oder Legislative, vielmehr die Gesamtheit der Bevölkerungsschichten repräsentieren kann … Um das zu erreichen, gibt es ziemlich konkrete Vorschläge, wie jenen, den neulich David van Reybrouck, der belgische Schriftsteller, entwickelt hat, der ein Buch »Gegen Wahlen« geschrieben hat und darin zu einer Rückkehr zu einem Gedanken der attischen Demokratie aufruft: eine Auslosung der Repräsentanten des Volkes, was zwangsläufig einen Durchschnitt aller sozialen Klassen ergibt. Dagegen haben Sie in »Rückkehr nach Reims« geschrieben: Sie würden nicht wollen, dass Ihre eigene Mutter oder Ihr Bruder ausgelost würden, um Sie zu regieren. Das hat mich sehr überrascht. Ein derartiges Verfahren wurde in Irland durchgeführt, um eine Verfassungsreform auszuarbeiten, wobei die Hälfte der Teilnehmer dieser gesetzgebenden Versammlung keine Berufspolitiker waren, sondern ausgelost wurden. Und diese Versammlung hat unter anderem die Homoehe in Irland ermöglicht. TO: Ein Glückstreffer! Das Gegenteil wäre auch möglich gewesen … FB: … offensichtlich, aber die historische Tatsache ist, dass nicht das Gegenteil entschieden wurde – was bei einer Volksabstimmung vielleicht der Fall gewesen wäre. Die Anonymität einer Wahlkabine kann mehr als eine kollektive, öffent­ liche Debatte die schlimmsten Impulse, die asozialen Gefühle hervorkehren. Dagegen hat eine ausgeloste Versammlung ihre Entscheidungen durch eine Partizipationsmöglichkeit, einen kollektiven und gesellschaftlichen Austausch getroffen. DE: Nein, die Auslosung wird zum Gegenteil führen: dass die Einzelnen isoliert genommen werden, so wie sie sind. Es gibt kollektive Debatten, die Dynamiken, ein Ressentiment erzeugen, denen ich sehr misstraue. In »Rückkehr nach Reims« versuche ich, die Rolle der politischen Parteien zu denken. Sie stellen einen Rahmen zur Verfügung, der es den Einzelnen erlaubt, ihrer gelebten Erfahrung Sinn zu verleihen. Und wenn ich sehe, wie ganze Teile der französischen unteren Klassen vom Parti Communiste zum Front National übergelaufen sind, dass also dieselben Leute, die in denselben Verhältnissen leben, völlig gegensätzliche politische Entscheidungen treffen können, weil ihnen sehr gegensätzliche Parteien für ihre gelebte Erfahrung einen Sinn anbieten. Je nach dem Sinn, den Sie dem geben, denkt man sich als Arbeiterklasse, als soziale Bewegungen und Teil der Linken; oder man denkt sie sich als Franzosen, die sich gegen die Invasion der Einwanderer, der Flüchtlinge etc. verteidigen. Dieselbe gelebte Erfahrung kann eine andere Bedeutung annehmen, je nachdem, auf welche Partei Sie sich bezieht. Es gibt keine spontane, reine, unschuldige Meinung. Es gibt immer Filter, einen theoretischen oder politischen Rahmen, welche die Wahrnehmungen prägen, selbst wenn diese Rah- 21 menbedingungen nicht als solche sichtbar oder ausgesprochen sind. Eine derartige Auslosung befürworte ich höchstens auf lokaler Ebene. Wenn Sie auf nationaler Ebene Mitglieder meiner Familie auslosen, ist mir sogar der Parti Socialiste als Kriegspartei, glaube ich, noch lieber. Weil der Diskurs meiner Mutter der Diskurs des Front National ist. Aber meine Mutter ist eine sehr intelligente, sehr energische Frau, und sie wird eher andere davon überzeugen, wie sie zu denken, als umgekehrt. Meine Mutter hat eine Geschichte, sie war links, sie wurde von den linken Regierungen enttäuscht. Wenn Sie sie auslosen, um an einer Versammlung teilzunehmen, kommt sie dort mit dieser ganzen Geschichte und mit ihren Impulsen hin. Dagegen besteht die Rolle der Parteien darin, vorzuschlagen, wie die soziale Welt gesehen werden kann, Wahrnehmungsrahmen für die soziale Welt und ihre Herausforderungen anzubieten. TO: Und es gibt auch Denunzierungen. Ich wurde vielfach als Arrivist denunziert, da ich aus einem Arbeitermilieu komme und eine Institution leite – manche Menschen aus der bürgerlichen Klasse sind da neidisch. Ich habe das im sozialdemokratischen Milieu erlebt: Man hat vor allem nicht das Recht, am Tisch des sozialdemokratischen Großbürgertums den Mund aufzumachen. DE: Und diejenigen, die das sagen, sind diejenigen, die finden, dass der Platz schon immer für sie reserviert war, während die Arbeiter Leute sind, die keine Sprache haben. Und die außerdem nicht sprechen würden, wenn es keine Partei oder Gewerkschaft gäbe, die in ihrem Namen, aber auch gleichzeitig an ihrer Stelle spricht. Aber wenn es diese Leute nicht gäbe, die für sie sprechen … TO: Sie fordern von den linken Eliten, dass sie in ihrem eigenen Leben, durch ihren eigenen Blick ein Beispiel geben: Wenn ich die Flüchtlinge willkommen heiße, muss ich gleichzeitig der Arbeiterklasse zuhören. Ich habe zweimal mit dem größten deutschen Schauspieler gearbeitet, mit Gert Voss, der viel Shakespeare gespielt hat. Ich habe mit ihm einen Shakespeare gemacht, »Maß für Maß«, ein Stück, das sich mit dieser Frage beschäftigt. Er spielte den Herzog und meinte, die Menschen seien nicht zur Macht begabt. Wie also ist mit diesem Problem umzugehen, dass die Macht durch die Macht ins Lächerliche gezogen wird? TO: … gäbe es überhaupt kein Sprechen. Deshalb bewundere ich Ihren Mut so sehr, von Ihrer Scham zu sprechen. Es ist mutig, weil das kein Brief an Ihren besten Freund ist, sondern ein Buch, das veröffentlicht wurde; das würde ich mich nie trauen, ich spreche fast nie darüber. Meine Familie war absolut nicht akademisch. Aber sie haben das Theater geliebt. Und meine Mutter verfolgte bis zu ihrem viel zu frühen Tod alle meine Arbeiten. Sie träumte davon, bei einer Premiere dabei zu sein. Und ich schämte mich zu sehr, um sie einzuladen. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass bei der Premierenfeier Leute sagen könnten: Wer ist diese merkwürdige Frau, die mit Thomas spricht …? Ah, das ist seine Mutter! DE: Unsere Aufgabe als Künstler und Intellektuelle besteht in kritischer Wachsamkeit: uns immer gegen die Macht zu stellen, selbst wenn es eine linke Macht ist, die uns angeblich vertritt. Wir müssen auf Seiten der Schutzlosen stehen. Aber wie kann man erreichen, dass die Schutzlosesten im politischen Raum vertreten sind? Es fehlt die Vertretung der unteren Klassen im politischen Raum. Dabei gab es das vor 30 Jahren noch. Und es ist immer deprimierend zu denken, dass in der akademischen Welt kein einziger Professor aus einem einfachen Milieu stammt. Denn wenn man aus einem Arbeitermilieu kommt, kennt man die Wirklichkeit; und die Tatsache, dass kein Soziologe oder Historiker aus der Welt der Arbeiter kommt, führt zu starken Verzerrungen in den Darstellungen, selbst wenn sie sich als »wissenschaftlich« präsentieren. DE: Ich kenne dieses Schamgefühl. Als ich dieses Buch geschrieben habe, war das die Auswirkung einer persön­ lichen Krise. Als mein Vater gestorben ist, habe ich aus irgendeinem Grund plötzlich meine Vergangenheit wiedergefunden; die Arbeiterklasse in mir; alles, was ich beiseite geschoben hatte, das aber immer noch da war; und ich sagte mir: Im Grunde bin ich ein geteiltes Wesen. Es gibt im sozialen Leben eine Klassenstruktur, und ich bin eine Art lebende Inkarnation davon. Ich wirke an der Klassenherrschaft mit, indem ich mich meiner Vergangenheit als Arbeitersohn schäme. Ich bin links, ich kämpfe für die Rechte der Arbeiter; und gleichzeitig wirke ich durch dieses Schamgefühl, das ich in Bezug auf meine Familie empfinde, an der Erhaltung der Klassenstruktur der Gesellschaft mit. Interview TO: Es war also mehr eine politische Aktion als eine Mutprobe? Eine mutige politische Aktion. DE: Es war für mich sehr schwierig, dieses Buch zu schreiben, und als ich es meiner Herausgeberin schickte, war sie sehr glücklich. Und dann schickte ich ihr eine Nachricht und sagte: »Ich möchte, dass wir die Veröffentlichung zurückziehen.« Sie sagte mir: »Aber es ist schon in der Druckerei, das Buch wird erscheinen.« Ich dachte: Es ist Wahnsinn, das zu tun – für mich, für meine Familie. Das ist ein zu persönliches Buch. Aber tatsächlich habe ich hunderte Briefe von Menschen erhalten, die mir sagten: Sie beschreiben da mein Leben. Also habe ich mir gesagt: Das ist keine individuelle Erfahrung. Es ist eine kollektive Erfahrung, die sich bislang nicht ausdrücken konnte. Also hatte ich – um Sartres Begriffe zu übernehmen – eine Art Übergang von der Serialität zum Kollektiv vollzogen. FB: In Ihrem Buch präsentieren Sie zwei Arten von Scham: die Scham aufgrund der Herkunft aus der Arbeiterklasse; und die Scham aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sexuellen Minderheit. Um Ihre Scham wegen Ihrer Homosexualität zu überwinden, mussten Sie in Ihrer Biographie die Klassenherkunft ausblenden. Allerdings sind, aus der Perspektive einer Emanzipationsbewegung gedacht, beide Arten von Scham das Produkt der Machtmechanismen einer bürgerlichen Gesellschaft. Und insofern liegt vielleicht genau darin das große Problem der zeitgenössischen Linken, dass es scheint, als seien diese beiden Gebiete – die doch zwei Seiten eines einzigen Kampfes sind: des Kampfes gegen die wirtschaftliche Unterdrückung und des Kampfes für die Rechte der Minderheiten – miteinander inkompatibel. Slavoj Žižek meinte in Bezug auf Hillary Clinton, dass der Neoliberalismus sich heutzutage leicht der Frage der Minderheiten annimmt. De facto ist es für die Industriemacht gleich, ob Sie zugewandert, schwarz, homosexuell sind oder nicht, alles ist in Ordnung, sofern Sie nur Kunde und Konsument sind. DE: Sie können Kunde und Konsument sein, aber als Schwarzer sind sie trotzdem Opfer einer Herrschaftsform. Žižek sieht nur eine Herrschaftsform, die wirtschaftliche Herrschaft. Ich finde seine Aussagen – verzeihen Sie – empörend, widerlich. Wenn Sie schwarz sind und 22 Opfer von Rassismus, erleben Sie nicht nur Beleidigungen, sondern körperliche Aggression. Und als Schwuler weiß ich, wie oft ich beleidigt, bedroht wurde, und natürlich ist meine Existenz als Schwuler heute mit dem Neoliberalismus kompatibel. Und trotz allem möchte ich nicht unter dem Vorwand, dass sie mit dem Neoliberalismus kompatibel sind, auf meine Rechte als Schwuler verzichten. Ebenso verhält es sich mit dem Recht auf Abtreibung: Die Frauen haben sich das Recht auf Abtreibung erkämpft, sie haben es bekommen; es ist vollkommen kompatibel mit dem Neoliberalismus, und ich denke, es ist trotz allem wichtig. Die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren und Familien mit homosexuellen Eltern zum Bespiel sind sehr wichtig: Natürlich sind sie mit dem Kapitalismus kompatibel, obwohl weder die Kapitalisten noch die neoliberale Rechte es sehr gerne sehen. Aber es sind sehr wichtige Rechte. Übrigens muss ich anmerken, dass ich nicht oft erlebt habe, dass Margaret Thatcher oder Ronald Reagan meine Rechte verteidigten – vielmehr habe ich sie gemeinsam mit anderen erobert; das waren nicht die neoliberalen Politiker. Alles, was gewissen Leuten nicht passt, wird dem Neoliberalismus zugeschrieben. Das sind Leute, die ihren homophoben, antifeministischen Impulsen einen theoretischen Rahmen geben. Ihr lacanianisches Denken wird zum allgemeinen Interpretationsrahmen: Wenn alles schiefläuft, dann deshalb, weil es keine Väter mehr gibt und junge Männer einen Vater brauchen; die von den Feministinnen errichtete postpatriarchale Gesellschaft muss angeprangert werden; und wir müssen zur Polarität Frau/ Mann zurückkehren, usw.; wenn das also für sie nicht mit dem Neoliberalismus kompatibel ist, überlasse ich sie ihren autoritären, populistischen, männerzentrierten und heterosexistischen Wahnvorstellungen. Die Diskurse dieser Leute sind ganz einfach antifeministisch, homophob … Was sie »Revolution« oder »Kommunismus« nennen, macht mir Angst. Das weckt in mir die Angst, die ich als Jugendlicher hatte, als das »scared gay kid«, um das es in einem Gedicht von Ginsberg geht. Wir müssten also wieder den Mund halten? In das Schweigen zurückfallen, aus dem wir uns unter so vielen Schwierigkeiten glücklicherweise befreit haben? Man hat den Eindruck, der große Feind dieser pseudorevolutionären Linken – die, man beachte, dasselbe sagt wie die katholische extreme Rechte – sei das Erbe des Mai 1968. Interview Und ich möchte eben dieses vielgestaltige Erbe verteidigen und erneuern. FB: Diese machistischen und antifeministischen Impulse in der zeitgenössischen Linken sind vielleicht die Verlängerung eines inhärenten Widerspruchs über fast die gesamte Geschichte der klassischen Linken hinweg – insbesondere der marxistisch inspirierten Linken, wie Sie bereits erwähnt haben: die Unterdrückung von Minderheiten, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie – und nebenbei bemerkt auch der Faschismus – werden nur als Resultat der Machtmechanismen des Kapitalismus und seines Klassensystems wahrgenommen. Sie werden demnach verschwinden, sobald eine klassenlose Gesellschaft geschaffen wird. Nehmen wir das Beispiel des verstorbenen Führers der kubanischen Revolution: Er verkündete die Gleichheit der Geschlechter und der Rassen. Doch in Wirklichkeit herrschte das, was der Volksmund »machismo-leninismo« nannte: Das Politbüro bestand fast ausschließlich aus weißen, heterosexuellen Männern, während die Homosexuellen zum Produkt der westlichen Dekadenz erklärt und in tropische Gulags gesperrt wurden. Welche mögliche Traditionslinie, welche möglichen Modelle sehen Sie also für eine emanzipatorische Linke von heute, die die Fragen des Klassenkampfs und des Kampfs für die Minderheiten vereinen würde? Sie zitieren übrigens in Ihrem Buch einen schönen Satz aus den Demonstrationen vom Mai ’68: »Französischer Arbeiter, migrantischer Arbeiter: derselbe Chef, derselbe Kampf« … DE: Ich denke, wir müssen uns von der Idee der Homogenität der politischen Zeitlichkeit verabschieden, die allein von der Instanz der Wirtschaft bestimmt wird. Die Zeit der Politik ist grundsätzlich heterogen: Kämpfe brechen aus, verfestigen sich, dauern an, um diesem oder jenem Herrschaftsmodus, dieser oder jener Form von Macht zu trotzen, und jeder dieser Kämpfe hat seine Geschichte, seine Dyna­ mik, seine Erfolge und Misserfolge … Aber an diesen Verwerfungen in der Kontinuität der sozialen Ordnung, an diesen Bruchlinien muss die Arbeit des kritischen Denkens ansetzen. Die feministischen Bewegungen, die LGBT-Bewegungen, die antirassistischen Bewegungen, die Bewegungen für Minderheitenrechte, die Umweltbewegungen erweitern schon seit langem das Feld der Politik. Und auf diese Pluralität der Bewegungen und Kämpfe stützt sich die Linke, ebenso wie auf die Kämpfe der Arbeiterbewegungen oder der unteren Klassen. Ich habe bereits genügend verurteilt, dass die Linke an der Regierung die unteren Klassen vergessen hat, um nicht zu akzeptieren, dass wir heute aufgefordert werden, umgekehrt die Kämpfe zu vergessen, die – um sie zu disqualifizieren – als »Identitätskämpfe« bezeichnet werden. Alle diese Kämpfe sind jedoch ganz gleich legitim. Sie überlappen sich allerdings nicht unbedingt. Jeder verteidigt spezifische Interessen. Und diese können sogar miteinander in Konflikt geraten, manche Kämpfe können bei anderen Kämpfen sogar Unverständnis oder Ablehnung hervorrufen. Das ändert absolut nichts daran, dass sie sich auch überschneiden können: der Kampf der Frauen für das Recht auf Abtreibung und Verhütung hat auch den Arbeiterinnen genutzt, das versteht sich von selbst. Und wir haben bereits auf die Intersektionalität hingewiesen: Eine prekäre schwarze Frau befindet sich am Schnittpunkt mehrerer Herrschaftsformen und daher mehrerer Kämpfe, und eben ausgehend von dieser vielfach dominierten Identität ist es möglich, eine komplexe und radikale Gesellschaftskritik anzusetzen. Es gibt Augenblicke, an denen sich die Kämpfe synchronisieren: noch einmal der Mai 1968 in Frankreich. Ansonsten, in den weniger intensiven Perioden, müssen wir wahrscheinlich im gleichen Sinne weitermachen und dabei den gesellschaftlichen Kampf als Koexistenz einer Vielfalt von politischen, sozialen, kulturellen Bewegungen verstehen. Eine Art von permanentem Mai ’68, wenn Sie so wollen. Aus dem Französischen von Brita Pohl. 23 Überall witterst du Ver­ rat.* *aus: »Professor Bernhardi« »Professor Bernhardi« von Arthur Schnitzler, Regie: Thomas Ostermeier In einer Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer Mit: Damir Avdic, Veronika Bachfischer, Thomas Bading, Robert Beyer, Johannes Flaschberger, Christoph Gawenda, Moritz Gottwald, Jörg Hartmann, Laurenz Laufenberg, Eva Meckbach, David Ruland, Sebastian Schwarz, Konrad Singer, Lukas Turtur, Hans-Jochen Wagner Bühne: Jan Pappelbaum Kostüme: Nina Wetzel Musik: Malte Beckenbach Bildregie: Matthias Schellenberg Kamera: Moritz von Dungern, Joseph Campbell, Florian Baumgarten Videodesign: Jake Witlen Dramaturgie: Florian Borchmeyer Licht: Erich Schneider Wandzeichnungen: Katharina Ziemke Premiere am 17. Dezember 2016 de Internist Bernhardi, Direktor einer renommierten Privatklinik, verweigert einem Pfarrer, der eine Patientin die Sterbesakramente spenden möchte, den Zugang zu deren Zimmer. Im Endstadium einer tödlichen Blutvergiftung, Folge einer unsachgemäßen Abtreibung, deliriert die junge Frau, sie sei völlig geheilt. Bernhardi hält es für seine ärztlich-humanistische Pflicht, ihr ein »glückliches Sterben« zu ermöglichen und sie nicht aus dieser Illusion zu reißen. Der Pfarrer wiederum besteht auf seinem religiösen Auftrag als Seelsorger. Beide scheitern: Während sie diskutieren, verstirbt die Kranke – zuvor noch alarmiert durch das Pflegepersonal, das gegen den Willen des Arztes den Besuch des Pfarrers ankündigte. Für den jüdischstämmigen Bernhardi weitet sich der unglückliche Zwischenfall rasch zu einem politischen Skandal aus, der seine Existenz und die der Klinik zu ruinieren droht. »Professor Bernhardi« ist einer der wenigen dramatischen Texte, die minutiös einen beruflichen Kontext jenseits der emotionalen und familiären Hintergründe seiner Figuren entfalten. Die Arbeitswelt des Krankenhauses wird zugleich zum modellhaften Ausschnitt einer von Karrierismus, Konkurrenz und Ressentiment dominierten Gesellschaft, deren unterschwellige Triebkraft der Antisemitismus ist. In seiner Inszenierung von Schnitzlers Komödie – als die der Autor sein Stück doppelbödig bezeichnete – geht Thomas Ostermeier dabei besonders der Frage nach, wie ein isolierter Vorfall von einer Gruppe systematisch für die eigenen Machtbestrebungen und Partikularinteressen instrumentalisiert werden kann; wie scheinbar unbestreitbare Fakten diskursiv so weit verbogen und relativiert werden, bis das »objektiv Richtige« zusehends seine bestimmbaren Konturen verliert. Was bleibt von der Wahrheit übrig, wenn sie zwischen divergierenden Deutungen immer weiter zerrieben wird? Premiere en Specialist for internal medicine Bernhardi, the director of a prestigious private clinic, refuses to allow a priest into the room of a patient to whom the priest wants to give the last rites. In the final stages of a deadly sepsis, caused by an improper abortion, the delirious young woman believes she is fully recovered and Bernhardi sees it as his medical duty to grant her a »happy death« and not to destroy her delusion. The priest in turn insists upon his religious mission as the saviour of souls. Both men fail: whilst they argue, the patient dies – but not before she has been startled by the nursing staff who, against the doctor’s wishes, have announced the priest’s visit. For Bernhardi, who is of Jewish descent, this unfortunate incident quickly escalates into a political scandal which threatens to ruin his existence and that of the clinic. He is accused of a targeted attack on the religious feelings of Christians. Soon a rampant latent anti-Semitism breaks out into the open. The clinic’s board of trustees resigns as a protest against Bernhardi. »Professor Bernhardi« is one of the few dramatic texts which meticulously develops a professional context beyond the emotional and family backgrounds of its characters. At the same time, the hospital workplace comes to represent a cross section of a society dominated by careerism, competition and resentment, underpinned by the latent driving force of its antiSemitism. In his production of Schnitzler’s comedy – as the writer ambiguously termed his play – Thomas Ostermeier particularly explores the question of how a group can systematically manipulate an isolated incident in order to serve its own aspirations for power and special interests; how apparently incontestable facts can be twisted and relativised to the point where the »objective truth« rapidly loses its definable shape. What remains of the truth when it is increasingly crushed between opposing interpretations? 25 O mein Gott, ich bin tot.* *aus: »Der eingebildete Kranke« »Der eingebildete Kranke« von Molière, Regie: Michael Thalheimer Deutsch von Hans Weigel Mit: Iris Becher, Jule Böwe, Ulrich Hoppe, Peter Moltzen, Felix Römer, Renato Schuch, Kay Bartholomäus Schulze, Alina Stiegler, Regine Zimmermann Bühne: Olaf Altmann Kostüme: Michaela Barth Musik: Bert Wrede Dramaturgie: Maja Zade Licht: Norman Plathe Premiere am 18. Januar 2017 de Argan hat Angst vor dem Tod. Um sich davor zu schützen, beobachtet er akribisch jede minutiöse Veränderung seines Körpers, spürt und horcht nach eventuellen Krankheiten. Er lässt sich täglich den Darm reinigen, schluckt unnötige Pillen, trinkt teure, speziell für ihn gefertigte Mixturen und ernährt so ein ganzes Heer von Ärzten. Doch nicht nur die Mediziner gieren nach seinem Geld: Béline, seine zweite Ehefrau, täuscht die Liebe zu ihm nur vor und arbeitet heimlich daran, die Kontrolle über sein Vermögen zu erlangen. Als Argan seine Tochter Angélique dazu zwingen will, in eine Arztfamilie einzuheiraten, damit er rund um die Uhr betreut werden und gleichzeitig Geld sparen kann, bittet Angélique ihre Dienerin um Hilfe. Toinette hat die Ereignisse im Haushalt lange kritisch beobachtet und beginnt eine Intrige zu spinnen, die Argan endgültig die Augen öffnen soll: über seine eigene Hypochondrie, die parasitären Ärzte und seine betrügerische Frau ... Argan is terrified of death. To protect himself against it, he painstakingly observes every minute change in his body, on the constant lookout for potential diseases. He has his bowel cleansed on a daily basis, takes unnecessary pills, swallows expensive tonics mixed especially for him and so feeds an entire army of doctors. But it is not just the medics who are after his money: his second wife Béline only pretends to love him whilst secretly plotting for control over his fortune. When Argan wants to force his daughter Angélique to marry into a family of doctors so he can secure round-the-clock treatment whilst at the same time saving money, Angélique asks her maid Toinette for help. Toinette has been observing the household’s goings on with a critical eye for some time and begins to plot an intrigue which is intended to finally open Argan’s eyes to his own hypochondria, his parasitic doctors and his deceitful wife ... Molières letztes Stück ist eine große Charakterstudie über einen Mann, der mit seinem Wahn und seiner Egomanie sein ganzes Umfeld beherrscht, und eine scharfe Analyse der Mechanismen der Manipulation und des Betrugs. Molière selbst spielte die Titelrolle in seiner eigenen Inszenierung im Pariser Théâtre du Palais-Royal; während der vierten Vorstellung, am 17. Februar 1673, bekam er einen Blutsturz und starb wenige Stunden später. Molière’s final play is a grand character study of a man who controls everything around him with his delusions and egomania, and an astute analysis of the mechanisms of manipulation and deceit. Molière himself played the title role in his own production at the Théâtre du Palais-Royal in Paris. During the fourth performance, on 17 February 1673, he suffered a violent haemorrhage and died a few hours later. Michael Thalheimer, der bereits 2013 an der Schaubühne »Tartuffe« inszenierte, setzt mit »Der eingebildete Kranke« seine Beschäftigung mit Molière fort. Michael Thalheimer, who already directed »Tartuffe« at the Schaubühne in 2013, now continues his work on Molière with »The Imaginary Invalid«. Premiere en 27 In Europa wird kein gutes Brot mehr ge­ backen.* *aus: »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken« »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken« von Angélica Liddell, Regie: Angélica Liddell Deutschsprachige Erstaufführung Deutsch von Klaus Laabs Mit: Damir Avdic, Iris Becher, Ulrich Hoppe, Renato Schuch, Lukas Turtur, Regine Zimmermann Bühne und Kostüme: Angélica Liddell Mitarbeit Regie: Gumersindo Puche Sounddesign: Antonio Navarro Licht: Carlos Marquerie Dramaturgie: Florian Borchmeyer Premiere am 30. März 2017 de Die spanische Autorin, Regisseurin und Performerin Angélica Liddell gehört zu den herausragenden Figuren der internationalen Theaterszene. Sprachmächtig schreibt sie in ihren Texten gegen Gewalt, Chauvinismus und Vulgarität an und entdeckt dabei stets die größten Abgründe und Widersprüche in sich selbst. Mit »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken« inszeniert sie zum ersten Mal einen Text mit einem deutschen Ensemble. Europa in einer dystopischen Zukunft: Die Regierung hat die Phase der »Sicherheit« ausgerufen. Alle Migranten sind deportiert, jede Kriminalität eliminiert. Nur in einer chemischen Reinigung treffen fünf marginalisierte Existenzen aufeinander, in deren Geschichten buchstäblich die »schmutzige Wäsche« gesellschaftlich verdrängter Erniedrigung, Ausgrenzung und Schuld ans Tageslicht kommt. Reinigungsangestellter Octavio treibt Unzucht mit der Wäsche seiner Kunden und klammert sich in zweideutiger Weise an seine Schwester, die Prostituierte Getsemaní. Zu ihnen flüchtet der Museumswächter Lazar, der seinen Job quittiert hat, da ihm die Sicherheit der Kunstschätze Panikattacken verursacht. Lazar begehrt die Lehrerin Hadewijch, die ihren letzten Arbeitsplatz verlor, weil sie Sex mit einem Zwölfjährigen hatte. In der Reinigung sucht sie nach ihrem entlaufenen Hund Rameau – ohne zu wissen, dass dieser von Octavio in einem Anfall von Verfolgungswahn erschlagen wurde. Der tote Hund meldet sich allerdings in höchst vitalen Beschimpfungskaskaden zu Wort: Dargestellt wird er von einem Schauspieler, dessen Gage für die Theaterleitung billiger kommt als die eines Hundes. Durch den geheimnisvollen Combeferre, Spielmeister dieser schmerzhaften Versuchsanordnung, verwebt Liddell die Handlung mit den Schriften Rousseaus und Diderots. Dabei entsteht das Schreckensszenario einer degenerierten Gesellschaft, die durch das Versprechen von absoluter Sicherheit ihre Freiheit verloren hat: Die Grenzen sind zu, aber die Menschen leben noch immer in Angst und Paranoia. Premiere The Spanish writer, director and performer Angélica Liddell is one of the most prominent figures in the international theatre scene. With her texts she eloquently rails against violence, chauvanism and vulgarity and, in doing so, always discovers the most yawning abysses and largest contradictions to be in herself. »Dead Dog at Dry Cleaners: The Strong« is the first text she is staging with a German ensemble. Europe in a dystopian future: the government has declared a period of »security«. All immigrants have been deported, all crime has been eliminated. But in one dry cleaner’s five marginalised souls meet whose stories literally bring to the light of day the »dirty linen« of humiliation, exclusion and guilt that society has repressed. Dry-cleaner Octavio fornicates with his customers’ washing and clings onto, in both senses of the word, his sister, the prostitute Getsemaní. Taking refuge with them is museum guard Lazar who has quit his job because being responsible for the security of works of art causes him to have panic attacks. Lazar lusts after the teacher Hadewijch who lost her last job because she had sex with a 12-year-old boy. She comes into the dry cleaners searching for her lost dog Rameau – not realising he has been slain by Octavio in a fit of paranoia. The dead dog is nevertheless given striking voice in a colourful stream of abuse – he is played by an actor whose performance fee is cheaper than that of a real dog. Via the mysterious Combeferre, puppet-master of this painful experimental set-up, Liddell interweaves the plot with the writings of Rousseau and Diderot and, in doing so, creates the nightmare scenario of a degenerate society which, through the promise of absolute security, has lost its freedom: the borders are closed but the people still live in a constant state of fear and paranoia. en 29 Festival Internationale Neue Dramatik: »Demokratie und Tragödie« 30. März – 9. April 2017 Die europäischen und westlichen Demokratien befinden sich in einem einschneidenden Umbruchprozess: Staatspleiten, stärkerer Einfluss von Wirtschaftsinteressen und Lobbyismus auf politische Entscheidungen, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Arbeitslosigkeit, Terrorismus, knappe Ressourcen, zurückkehrender Nationalismus und Rechtspopulismus bedrohen sozialen Frieden, Solidarität und offene Grenzen. Vor dem Hintergrund dieses düsteren Panoramas versammelt das Festival Internationale Neue Dramatik 2017 unter dem Motto »Demokratie und Tragödie« Inszenierungen von international renommierten Theatermacher_innen. Seit der griechischen Antike sind Demokratie und Tragödie miteinander verbunden. Denn hinter der attischen Demokratie stand die Erfahrung der Tragödie als politisches Bewusstsein und Beschreibung des Daseins. Die versammelte Öffentlichkeit sollte sich über die Darstellung all der Affekte und schuldhaften Verstrickungen, welche in der politischen Wirklichkeit verdrängt wurden, durch Mitleid und Erschrecken von ebenjenen reinigen. de Anknüpfend an diese Ursprünge des Theaters beschäftigen sich die bei FIND 2017 präsentierten Arbeiten mit dem aktuellen Stand der Demokratie, ihrer Gefährdung, ihrer verdrängten Schuld und ihren Widersprüchlichkeiten. Sie befragen das gesellschaftliche und familiäre Erbe, unsere Konzepte von Gemeinschaft sowie den Platz des Individuums darin und denken auf der Bühne darüber nach, wie wir in Zukunft zusammen leben können. Angélica Liddell (Madrid) arbeitet zum ersten Mal an einem En­ semble-­Theater und inszeniert mit Schauspielerinnen und Schauspielern der Schaubühne »Toter Hund in der Chemischen Reinigung: Die Starken«. Aus der Perspektive der heutigen (Post-)Demokratie blickt Romeo Castellucci (Cesena) auf »Democracy in America« (1835) von Alexis de Tocqueville als Wendepunkt des europäischen Denkens über das Staatswesen. Assoziativ folgt Castelluccis Inszenierung der Geschichte dieses jungen Franzosen, der mit Erstaunen und Erschrecken auf die amerikanische Demokratie blickt. »Tristesses. Une comédie« von Anne-Cécile Vandalem (Brüssel/Liège) spielt in einem Europa der Gegenwart, in dem Rechts­populisten zunehmend Einfluss gewinnen, unter ihnen die nordeuropäische »Partei des völkischen Erwachens« von Martha Heiger. Auf der fiktiven dänischen Insel »Tristesses« wird die Leiche von Marthas Mutter gefunden. Sie hat sich erhängt und ist in eine dänische Flagge gewickelt. Martha kommt zur Beerdigung. Zwei junge Mädchen planen, die Politikerin, die ihre Zukunft bedroht, zu vernichten. Doch am Beerdigungstag kippt die Situation. Mit schwarzem Humor legt Vandalem die Hysterisierung gegenwärtiger Politik offen. Die Inszenierung »Hamnet« des irischen Theaterkollektivs Dead Centre (Dublin/London) ist Shakespeares einzigem Sohn gewidmet, der im Alter von elf Jahren starb. Aus allen Stücken Shakespeares werden die Szenen gesampelt, in denen Eltern mit ihren Kindern sprechen. Das Publikum nimmt die Rolle der Eltern an. Es entwickelt sich ein Denk­raum zwischen zwei Generationen, die sich befragen, welches Erbe sie weitergeben und erhalten wollen. Das kolumbianische Kollektiv Mapa Teatro (Bogotá) zeigt »Anatomie der Gewalt in Kolumbien«, ein Panorama der Welle der Gewalt, die das Land seit über einem halben Jahrhundert bestimmt. Teil 1 verwandelt ein afro-kolumbianisches Ritual in eine delirierende Performance: Maskierte, als Frauen verkleidete Männer ziehen durch die Straßen und peitschen alle aus, die nicht maskiert und transvestiert sind. Teil 2 führt den Geist eines ermordeten Drogenmafia-Chefs vor, der im kolumbianischen Dschungel in Begleitung seiner Braut den Gespenstern der eigenen Vergangenheit in die Augen sehen muss. In Teil 3 wartet eine Familie vorm Radio auf die Nachricht einer Revolution, die nie stattfinden wird. Christophe Meierhans (Brüssel) zeigt mit »Verein zur Aufhebung des Notwendigen« ein Abendessen über die Demokratie. Die Zuschauer bereiten nach einem von Meierhans verfassten Kochbuch ein Zwei-Gänge-Menü samt Apéro und Getränken zu. Die Küche wird zum Theaterkollektiv oder individuell getroffener, allgemein bindender Entscheidungen. Das Essen schmeckt so wie deren Summe – ein Experiment mit offenem Ausgang.»Acceso« ist die erste Theaterarbeit des vielfach preisgekrönten chilenischen Filmregisseurs (»Neruda«, »Jackie«, »El Club«) Pablo Larraín (Santiago de Chile). Der Schauspieler Roberto Farías ist darin Sandokan, ein Außenseiter, der im Transantiago-Bus Billigprodukte an die Leute bringt. Nach und nach er­­zählt er aus seiner Vergangenheit, die geprägt ist von Armut, Gewalt und sexuellem Missbrauch, und entwirft eine schonungslose Anklage gegen ein tief korruptes System. »Tijuana« des jungen mexikanischen Theaterkollektivs Lagartijas tiradas al sol (Mexiko Stadt) ist Teil eines Triptychons mit dem Titel »Die Demokratie in Mexiko« und basiert auf einem realen Selbstversuch: Autor und Performer Gabino ­Rodríguez arbeitet sechs Monate für den Mindestlohn unter falscher Identität in einer Montagefabrik der Grenzstadt Tijuana. Dabei wird er nicht nur mit menschenverachtenden Ausbeutungsmethoden und einer aus dem Versagen staatlicher Ordnung resultierenden Selbstjustiz unter den Arbeitern konfrontiert, sondern auch mit seinen eigenen Widersprüchen und sozialen Vorurteilen als bürgerlicher Künstler. Weitere Programmpunkte werden Ende Februar bekannt gegeben. Und natürlich gibt es Publikumsgespräche, Diskussionsformate und Partys. Gefördert durch die Festival Internationale Neue Dramatik »Demokratie und Tragödie« 30 Festival of International New Drama: »Democracy and Tragedy« 30th March – 9th April 2017 en European and Western democracies find themselves in a se­ vere process of radical change: national bankruptcies, an evergrowing influence of economic interests and lobbying on political decision-making, the increasing gulf between the rich and the poor, unemployment, terrorism, scarcity of resources and the reversion to nationalism and right-wing populism threaten social harmony, solidarity and open borders. Against the backdrop of this gloomy panorama, the 2017 Festival of International New Drama is drawing together productions from internationally renowned theatre-makers under the collective title of »Democracy and Tragedy«, two concepts which have been closely linked since Ancient Greece. For Attic democracy was predicated upon the experience of tragedy as political consciousness and a delineation of existence. The depiction of all the emotions and culpable entanglements which were repressed in political reality was intended to purge the gathered public, via pity and fear, of those very emotions and entanglements. Following these origins of the theatre, the works presented in FIND 2017 address the current state of democracy, its imperilment, repressed guilt and contradictions. They interrogate social and family inheritances and our concept of community as well as the individual’s place within it and use the stage to contemplate how we can live together in the future. Angélica Liddell (Madrid) is working for the first time with an ensemble theatre, directs actors from the Schaubühne in her play »Dead Dog at the Dry Cleaner’s: The Strong«. From the perspective of today’s (post)democracy Romeo Castellucci (Cesena) identifies Alexis de Tocqueville’s »Democracy in America« from 1835 as the turning point in European thought about the state per se. Castellucci’s production associatively follows the story of this young Frenchman who contemplates American democracy with both wonder and fear. »Tristesses. Une comédie« by AnneCécile Vandalem (Brussels/Liège) is set in a contemporary Europe where right-wing populists are gaining a growing influence, including Martha Heiger’s North European »Party of National Awakening«. On the fictional Danish island of »Tristesses« the body of Martha’s mother is discovered. She has hanged herself and is wrapped in a Danish flag. Martha attends her funeral. Two young girls plot to assassinate this politician who is threatening their future. But on the day of the funeral itself, the situation changes dramatically. Using black humour, Vandalem lays bare how contemporary politics is rendered hysterical. The production of »Hamnet« by Irish theatre collective Dead Centre (Dublin/London) is dedicated to Shakespeare’s only son who died at the age of eleven. From all of Shakespeare’s plays, the scenes in which parents talk to their children are sampled. The audience takes on the role of the parents. A thinking space develops between two Festival of International New Drama »Democracy and Tragedy« generations who ask themselves which legacies they wish respectively to pass on and receive. The Colombian collective Mapa Teatro (Bogotá) is showing »Anatomy of Violence in Colombia«, a panorama of the wave of violence which has defined the country for over half a century. Part 1 turns an Afro-Colombian ritual into a delirious performance: masked men dressed as women trek through the streets whipping everyone who is not masked and a transvestite. Part 2 presents the ghost of a murdered drug mafia overlord who, in the company of his bride, must look the ghosts of his own past in the eye. In Part 3 a family wait in front of the radio for news of a revolution that will never come to pass. In »Verein zur Aufhebung des Notwendigen – A Hundred Wars to World Peace« Christophe Meierhans (Brussels) throws a dinner party about democracy. Following recipes from a cookery book written by Meierhans, the audience prepares a two-course menu complete with appetisers and drinks. The kitchen becomes a theatre of generally binding decisions made collectively or individually. The food will taste exactly like the sum of these decisions – an experiment with an open ending. »Acceso« is the first theatrical work by multi-award-winning Chilean film director (»Neruda«, »Jackie«, »El Club«) Pablo Larraín (Santiago de Chile). Actor Roberto Farías plays Sandokan, an outsider who flogs cheap goods to passengers on the Transantiago bus. Bit by bit, he tells stories from his past which was shaped by poverty, violence and sexual abuse and creates a savage indictment against a deeply corrupt system. »Tijuana« by young Mexican theatre collective Lagartijas tiradas al sol (Mexico City) is part of a triptych entitled »Democracy in Mexico« and is based on an actual personal experiment: for six months writer and performer Gabino Rodríguez worked for minimum wage under an assumed identity on a factory assembly line in the border city of Tijuana. Whilst there he was not only confronted with inhuman methods of exploitation and vigilantism amongst the workers as a result of a failing system of law and order but also with his own contradictions and social prejudices as a middle-class artist. Information on further programme items will be available from the end of February. And of course there will also be post-show talks, panel discussions and parties. Funded by the German Federal Cultural Foundation 31 Wir haben ein Problem.* *aus: »Peng« »Peng« von Marius von Mayenburg, Regie: Marius von Mayenburg Uraufführung Mit: Damir Avdic, Robert Beyer, Marie Burchard, Eva Meckbach, Sebastian Schwarz, Lukas Turtur Bühne und Kostüme: Nina Wetzel Musik: Matthias Grübel Video: Sébastien Dupuoey Dramaturgie: Maja Zade Premiere Anfang Juni 2017 de In eine Welt, in der alles gleichzeitig stattfindet, der Elternabend der Kinder, die Besetzung der Krim, die Frage, ob Filterkaffee vielleicht doch besser ist als Espresso, das Massaker an Zivilisten im Südsudan, die Suche nach dem lichtdurchfluteten Stuckaltbau und die endgültige Vernichtung unseres Planeten durch Treibhausgase – in diese Welt wird ein Kind geboren, eine Wassergeburt, ganz natürlich, ein namenloses Kind im Prenzlauer Berg, das antritt, unser aller Leben zu verändern, ein für allemal. Ein kleiner Junge, natürlich hochbegabt, der schon im Mutterleib seine Zwillingsschwester erdrosselt, um rechtzeitig klarzumachen, dass nichts, aber auch gar nichts ihn aufhalten wird auf seinem Weg nach oben. Unaufhaltsam, unbeirrbar – weder Vater noch Mutter, kein Lehrer und auch nicht der Drohnenkrieg der USA werden ihn stoppen, wenn es darum geht, unserer Welt, die gewaltig aus den Fugen eiert, seinen Stempel aufzudrücken. Je heftiger er in den Weichboden stürzt, desto höher schnellt er danach empor. Und so erleben wir seinen rasanten Aufstieg, gegen den Widerstand seiner hingerissenen Eltern, gegen die Schule und alle Bildungsinstitutionen, die seiner Höchstbegabung nicht gerecht werden können, gegen alles, was vor ihm da war und ihn nicht bedingungslos liebt, gegen alles, was nicht für ihn ist und sich weigert, ihn mit grenzenloser Macht auszustatten, gegen den Rest einer Welt, die aus den Fugen – aber das hatten wir schon. Wir erleben seinen Aufstieg, seinen Fall erleben wir nicht. Denn nichts wird ihn stoppen. Nicht mal er selbst. Premiere In a world where everything happens at once – the school parents’ evening, the occupation of the Crimea, the question of whether filter coffee is better than espresso after all, the massacre of civilians in South Sudan, the search for a light-flooded period flat with stucco and the ultimate destruction of our planet by greenhouse gasses – into this world a child is born, a waterbirth, totally natural, a nameless child in Berlin’s Prenzlauer Berg district who sets out to change all our lives once and for all. A young boy, highly-gifted of course, who already in the womb throttles his twin sister to make it crystal clear from the start that nothing, but absolutely nothing will impede his progress to the top. Inexorable, unswerving – neither his father nor mother, neither a teacher nor USA drone warfare will stop him when it comes to putting his mark on a world, our world, which is majorly out of joint. The harder he falls onto the crash mat, the higher he rebounds. And so we witness his swift ascent against the opposition of his besotted parents, against the school and every educational institute unable to cope with his extreme talent, against everything which was there before him and fails to give him unconditional love, against everything that is not on his side and refuses to grant him unlimited power, against the rest of a world which is majorly out of ... but we’ve had that already. We witness his rise but not his fall. Because nothing will stop him. Not even he himself. en 33 »Dantons Tod« von Georg Büchner, Regie: Peter Kleinert In einer Fassung des Ensembles Mit: Jonas Dassler, Monika Freienberger, Lola Fuchs, Daniel Mühe, Vincent Redetzki, Esra Schreier, Lukas T. Sperber, Gustav Schmidt, Paul Maximilian Schulze Bühne: Alena Georgi Kostüme: Susanne Uhl Musikalische Leitung: Lenny Mockridge Dramaturgie: Nils Haarmann Licht: Erich Schneider Premiere am 3. Dezember 2016 Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin und dem Théâtre National de Bretagne Rennes. de Kann ein gerechtes System, in dem alle Menschen in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zusammenleben, politisch durchgesetzt werden? Welchen Preis hat es, Verantwortung zu übernehmen, gegen herrschendes Unrecht und für eine Utopie zu kämpfen? Oder sollte man gar nicht erst kämpfen und gleich resignieren, weil der Mensch, der immer auch »lügt, mordet, stiehlt« zur Verwirklichung solcher Ideale einfach nicht fähig ist? Im Jahr 1794 gerät die Französische Revolution endgültig in die Krise: Zwar ist nach der Verkündigung der allgemeinen Menschenrechte, Verfassungsgebung und Bildung einer Nationalversammlung die Monarchie gestürzt und die Republik begründet, die Träger der Revolution, das Volk und die einfachen Bürger, leben jedoch weiterhin in Elend, Armut und Hungersnot. Die Reichtümer der Entmachteten sind in den Händen einer neuen Elite aufgeteilt und der herrschende Terror, nach dem König immer weiteren Gegnern der Revolution den Kopf abzuschlagen, ist momentan das einzige, das voranschreitet. Unter den Revolutionären herrscht Uneinigkeit, wie nun weiter Politik gemacht werden soll: Wie viel Freiheit darf in dieser Lage der Gleichheit, wie viel Gleichheit der Freiheit geopfert werden? Robespierre tritt dafür ein, die Gleichheit aller Menschen und der Besitzverhältnisse weiter durchzusetzen. Der Terror, jeden Gegner dieses Ziels zu guillotinieren, ist ihm zu diesem Zweck ein legitimes Mittel. Danton schaut desillusioniert auf die Grausamkeiten, welche die hohen Ideale der Revolution mit Blut besudelt haben. Er ist der Ansicht, dass das Morden aufhören und eine neue Ordnung etabliert werden muss, in der jeder in Freiheit leben und nach seinem eigenen Vorteil streben darf. Er verteidigt damit nicht nur die Menschlichkeit, sondern auch die eigenen Privilegien, denn seit der Revolution lebt er in Reichtum und verbringt seine Zeit lieber mit Prostituierten und Glücksspiel als mit Politik. Peter Kleinert und sein Ensemble Studierender des 3. Jahres der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« nehmen den Konflikt zwischen Idealismus und Realpolitik in Büchners Stück zum Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit der Frage nach der Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in der Welt von heute. Premiere im Studio en Can a just system in which everyone co-exists in liberty, equality and fraternity be politically achieved? What is the price of taking on the responsibility to fight against prevailing injustice and for a utopian dream? Or should we not bother to fight at all and just give in because human beings who constantly »lie, kill and steal« are simply not fit for the realisation of such ideals? In 1794 the French Revolution is well and truly descending into crisis: the proclamation of universal human rights, the creation of a constitution and formation of a national assembly means the monarchy is toppled and the republic is founded but the bearers of the revolution, the people and the common citizens, continue to live in misery, poverty and starvation. The spoils of the deposed have been divided up into the hands of a new elite and the Reign of Terror which decapitates the king and countless other opponents of the revolution is the only thing currently making any progress. Discord rules amongst the revolutionaries about which political direction to take from here: in such a situation, how much freedom may be sacrificed for equality, how much equality for freedom? Robespierre champions universal equality of all people and of property ownership. To him the Terror, guillotining every opponent of this goal, is a legitimate means of achieving this objective. Danton looks with disillusion upon the barbarities which have besmirched the high ideals of the revolution with blood. He believes the murdering must stop and a new order be established in which everyone can live in freedom and strive after their own interests. In this, he is defending not only humanity but also his own privileges: since the revolution he has been living in luxury and prefers to spend his time with prostitutes and gambling rather than with politics. Peter Kleinert and his ensemble of third year students from the »Ernst Busch« Academy of Dramatic Arts take the conflict between idealism and pragmatism in Büchner’s play as a starting point to explore the question of the realisation of liberty, equality and fraternity in today’s world. 34 »LOVE HURTS IN TINDER TIM ES« von Patrick Wengenroth, Realisation: Patrick Wengenroth Mit: Lise Risom Olsen, Andreas Schröders, Mark Waschke, Patrick Wengenroth und Matze Kloppe Bühne: Mascha Mazur Mitarbeit Bühne: Céline Demars Kostüme: Ulrike Gutbrod Dramaturgie: Sina Katharina Flubacher Musik: Matze Kloppe Premiere am 28. Januar 2017 Love is a catastrophe Look what it’s done to me Brought me down here so low stranded, nowhere to go (Pet Shop Boys) de Der Mensch ist ein Abgrund. OK. Alles klar. Dann springen wir doch mal rein. Kopfüber in diesen Schlamassel aus Sehnsüchten, Ängsten, biologischen und sozialen Bedingtheiten. Deeply (gender) troubled and deeply in need of love. Aber – Achtung! Achtung! – LOVE IS A BATTLEFIELD und LOVE IS BLINDNESS und LOVE IS A CATASTROPHE und überhaupt: LOVE HURTS. Soweit ist sich die Popkultur einig. LIEBE ist vor allem eins: ein riesengroßer Müllberg, auf dem Frau und Mann und alles dazwischen Zeit ihres Lebens herumkrabbeln und sich an den ganzen fluffigen Kissen, die da zwischen den Scherben und Stahlträgern herumliegen, blutige Schrammen holen. Und kaum sind die Narben verschorft, verspüren sie den unheimlichen Drang sie wieder aufzukratzen, um nachzuschauen, ob das Blut immer noch so rot ist wie die berühmte Sonne, die angeblich andauernd bei Capri im Meer versinkt. Schluss damit. Machen wir den unseligen Zweierbeziehungen endlich ein Ende – POLYAMORIE ist das neue alte Ding! Ich bin ein Einhorn und liebe wen und so viele ich will. Ich schmeiße jeden Tag die unfassbarsten Partys in meinem Atelier und weißt du, was ...? DU BIST HERZLICH EINGELADEN! WE ARE A MATCH! Denn nur FREUNDE sind FRIENDS – BITTE BITTE KLICK MICH! JETZT und HIER! Premiere im Studio The human being is an abyss. Okay. Fine. Let’s jump right in. Headlong into this mess of longings, anxieties, biological and social determinations. Deeply (gender) troubled and deeply in need of love. But – Look out! Beware! – LOVE IS A BATTLEFIELD and LOVE IS BLINDNESS and LOVE IS A CATASTROPHE and, anyway: LOVE HURTS. At least upon that, pop culture is agreed. LOVE is, above all, a giant heap of rubbish upon which woman and man and everything in-between spend their lives crawling about, acquiring bloody scratches on all the fluffy cushions strewn between the shards and steel girders. And no sooner have the scars scabbed over then they have an incredible compulsion to pick at them and see whether the blood is still as crimson as the famous sun which seems to be constantly sinking into the sea off the isle of Capri. Enough of all that. Let’s finally bring this ill-fated monogamy to an end – POLYAMORY is the new old thing! I am a unicorn and I love whoever and as many as I want. Every day I throw the most fantastic parties in my studio and guess what...? YOU ARE CORDIALLY INVITED! WE ARE A MATCH! Because only FRIENDS are friends – PLEASE, PLEASE CLICK ON ME! HERE and NOW! en 35 »Bella Figura« von Yasmina Reza Übersetzung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer Uraufführung Regie: Thomas Ostermeier de Ein Mann und eine Frau auf einem Parkplatz eines Restaurants in der Provinz. Sie, Andrea, eine alleinstehende Mutter und Pharma-Assistentin, befindet sich noch immer im Auto. Ihr Liebhaber Boris, ein Glasereiunternehmer, versucht sie zum Aussteigen zu überreden – trotz des Fehlers, den er gerade begangen hat: zu erwähnen, dass das Restaurant ihm von seiner Frau empfohlen wurde ... en A man and a woman in a car-park outside a country restaurant. She, single mother and pharmaceutical technician Andrea, is still in the car. Her lover, glazing entrepreneur Boris, is trying to persuade her to get out – despite the faux-pas he has just commited: mentioning the fact that this restaurant was recommended to him by his wife ... Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen. »Dämonen« von Lars Norén, Deutsch von Angelika Gundlach Regie: Thomas Ostermeier de Frank und Katarina, kinderlos und Ende dreißig, bekommen Besuch von den Nachbarn Jenna und Tomas, die zwei Kinder haben. Der Abend beginnt als freundliches »Paare besuchen Paare« und gleitet in eine Nacht der ungeplanten Entgleisungen. Die vier verstricken sich in einer Kette von Demütigungen, sexuellen Provokationen, ungewollten Beichten und exhibitionistischen Übergriffen. en Frank and Katarina, childless and in their late thirties, receive a visit from their neighbours Jenna and Tomas who have two children. The evening begins innocuously as a friendly couples’ meeting and spirals into a night of unplanned fauxpas, humiliations, provocations and attacks. »Das Kalkwerk« nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Bernhard in einer Bühnenfassung von Philipp Preuss Regie: Philipp Preuss de Konrad ersteigert ein stillgelegtes Kalkwerk, um dort eine ein­zigartige Studie über das Gehör zu verfassen. Seine gelähmte Frau dient ihm dabei als Versuchskaninchen. Doch nach und nach erkennt Konrad, dass ihr die Disziplin fehlt, um ihm zu helfen und er seine Studie nie zu Papier bringen wird. Thomas Bernhards Roman, hier als Monolog adaptiert, erzählt die Geschichte einer verzweifelten Obsession. en Konrad buys a house in a remote lime works to write a unique treatise on hearing. His paralysed wife serves as his guinea-pig. Gradually Konrad realizes that she lacks the discipline to help him with his experiments and that he will never be able to put his thoughts down on paper. Thomas Bernhard’s novel, here adapted as a monologue, tells the story of a desperate obsession. »Der Fremde« von Albert Camus, Deutsch von Uli Aumüller, in einer Bühnenfassung von Philipp Preuss, Regie: Philipp Preuss de Am Strand von Algier tötet der Franzose Meursault einen Araber. Im anschließenden Gerichtsprozess verteidigt er sich nicht, obwohl am Ende sein Todesurteil steht. Er, der passive Zuschauer seines Lebens, verfolgt was ihm passiert so leidenschaftslos, als ginge es um einen Anderen. Und es scheint, das Todesurteil würde weniger mit dem Mord an dem namenlos bleibenden Araber begründet als mit eben jener Gleichgültigkeit Meursaults, die dieser als der Welt inhärent begreift. en On the beach at Algiers the Frenchman Meursault kills an Arab. He offers no defence in the ensuing trial, although it will end in his death sentence. He, as the passive spectator of his own life, follows what is happening to himself so dispassionately as if it were happening to someone else. And it appears that the reason for the death sentence is less the murder of the Arab, who remains nameless throughout, than his own apathy which Meursault understands to be inherent in the world. Repertoire 36 »Der geteilte Himmel« von Christa Wolf Bühnenfassung von Armin Petras nach Motiven der gleichnamigen Erzählung Regie: Armin Petras de In seiner Dramatisierung von Christa Wolfs Roman zeigt Armin Petras eine berührende Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Gründungsjahre der DDR und begibt sich auf die Reise in eine Zeit, in der Utopien noch möglich schienen. en In his adaptation of Christa Wolf’s novel Armin Petras tells a moving love story set against the backdrop of the founding years of the GDR and examines a time when utopias still seemed possible. »Der talentierte Mr. Ripley« von Patricia Highsmith, Deutsch von Melanie Walz Eine Fassung von Jan-Christoph Gockel und Nils Haarmann Regie: Jan-Christoph Gockel Tom Ripleys große Chance: Ein reicher New Yorker Werftbesitz­er schickt ihn nach Italien. Er soll dessen Sohn Dickie zurückholen, der dort das süße Leben genießt. Ripleys Faszination für den charismatischen Playboy schlägt bald um in eine mörderische Sehnsucht: Dickie zu beseitigen und in seine Identität zu schlüpfen. en Tom Ripley’s big chance: A rich New York dockyard owner sends him to Italy. He’s meant to bring the dockyard owner’s son Dickie, who is living the good life, back home. Ripley’s fascination for this charismatic playboy quickly takes a sinister turn; he murders him and takes on his identity. Im Rahmen des europäischen Theaternetzwerks Prospero. de »Die Ehe der Maria Braun« nach einer Vorlage von Rainer Werner Fassbinder Drehbuch: Peter Märthesheimer und Pea Fröhlich Regie: Thomas Ostermeier de BRD zur Nachkriegszeit. Maria Braun treibt Tauschhandel und lässt sich von einem GI aushalten. Als eines Tages ihr im Krieg verschollener Gatte in der Tür steht, erschlägt sie ihren Liebhaber. Ihr Mann nimmt die Schuld auf sich und geht für sie ins Gefängnis. Derweil spart Maria auf Wohlstand für die Zeit nach der Entlassung. Ein Irrtum mit hohem Preis. en Post-war West Germany. Maria Braun barters goods and allows a GI to keep her. One day when her husband – presumed lost in the war – turns up at her door, she bludgeons her lover to death. Her husband takes the blame and goes to prison in her place. Meanwhile, Maria starts saving up for better times after his release. An error with a high price. Eine Übernahme der Münchner Kammerspiele. »Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manischdepressiven Teenager im Sommer 1969« von Frank Witzel Theaterfassung von Armin Petras und Maja Zade Uraufführung, Regie: Armin Petras de Für die berührend-komische Geschichte eines Jungen aus der hessischen Provinz, der sich einbildet, dass er die Rote Armee Fraktion erfunden hat, erhielt Frank Witzel 2015 den deutschen Buchpreis. Witzel zeigt eine minutiöse Rekonstruktion der alten Bundesrepublik und das politische Erwachen eines Landes, das gerade beginnt, sich vom Muff der Nachkriegszeit zu befreien. en Frank Witzel won the 2015 German Book Prize for his humorous yet touching story of a boy from the Hessian provinces who convinces himself he invented the Red Army Faction. Witzel shows a meticulous reconstruction of the old West Germany and the political awakening of a country which is just beginning to shake off the mustiness of the immediate post-war years. Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart. Repertoire 37 »Die kleinen Füchse – The Little Foxes« von Lillian Hellman, Deutsch von Bernd Samland Fassung für die Schaubühne von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer, Regie: Thomas Ostermeier de Bankiersgattin Regina sehnt sich nach einem Leben in Auto­nomie. Anders als ihren beiden Brüdern Ben und Oscar ist es Regina nie gelungen, eine eigenständige Existenz aufzubauen – jenseits ihrer Rolle als Ehefrau. Als der attraktive Investor Mar­shall den Geschwistern eine Beteiligung an einem lukrativen Unternehmen anbietet, sieht Regina ihre Chance gekommen: die Brüder benötigen ihre finanzielle Beteiligung. en Regina, a banker’s wife longs for a self-determined life. Unlike her brothers Oscar and Ben Regina has never managed to esta­blished an independent existence for herself outside her role as a wife. When Marshall, an investor, offers the siblings a share in a soon-to-be launched company, Regina sees her chance: her brothers need her financial contribution. »Ein Volksfeind« von Henrik Ibsen, Bearbeitung von Florian Borchmeyer Regie: Thomas Ostermeier de Badearzt Dr. Stockmann entdeckt, dass das Heilwasser seines Heimatorts verseucht ist. Das will er öffentlich machen. Honoratioren und Presse sichern ihm Unterstützung zu. Nur sein Bruder, der Stadtrat, fürchtet um ein Schwinden der Kurgäste und stellt sich ihm entgegen – mit allen Mitteln der Intrige. Plötzlich schwindet Stockmanns Rückhalt. Welche Chance hat die Wahrheit in einer durchökonomisierten Gesellschaft? en Dr. Stockmann discovers that the source of drinking and spa water is riddled with bacteria. He wants to publish these findings. Influential citizens and local journalists promise their support. However, his brother Peter, Member of City Council, raises some serious concerns: The economic prosperity of the spa town will be threatened. Suddenly the support for Stockmann begins to wane. What is the potential for transparency in a commercialised society? »FEAR« Ein Stück von Falk Richter, Uraufführung Regie: Falk Richter de Falk Richters Stück untersucht mit Schauspielern und Tänzern eine Gesellschaft, die zugleich in Angst und im Aufbruch lebt: Überall in Europa kehren Nationalismus, Rassismus, Sexismus und ein längst überkommen geglaubtes reaktionäres Denken zurück. Zugleich leben immer mehr Menschen jenseits simpler Definitionen von Zugehörigkeit, Familie, Beziehung und Identität. Wie hält eine Gesellschaft diesen Zwiespalt aus? en Collaborating with actors and dancers, Falk Richter’s play investigates a society which exists simultaneously in a state of fear and activism: throughout Europe nationalism, racism, sexism and reactionary ideas long-believed to have been vanquished are once again rearing their heads. At the same time, more and more people are living beyond simplistic definitions of belonging, family, relationships and identity. How can a society sustain such a dichotomy? »Fräulein Julie« frei nach August Strindberg Eine Fassung von Katie Mitchell Deutsch von Maja Zade Regie: Katie Mitchell, Leo Warner de Während einer Nacht flirten die adlige Julie und ihr Diener Jean, lieben und streiten sich, bis Jean schließlich Julie zum Selbstmord drängt. Jeans Verlobte, die Köchin Kristin, wird ungewollt Zeugin des Geschlechterkampfs in der Küche. Katie Mitchell und Leo Warner zeigen in einem live auf der Bühne produzierten Film Kristins Blick auf das Liebesdrama. en During one night the aristocratic Julie and her servant Jean flirt, love and fight with each other until Jean pushes her to suicide. Jean’s fiancée, the cook Kristin, becomes the unwilling witness to this battle of the sexes in the kitchen. Katie Mitchell and Leo Warner show her view of the love story in a film produced live on stage. Repertoire 38 »Gier« von Sarah Kane, Deutsch von Marius von Mayenburg Deutschsprachige Erstaufführung Regie: Thomas Ostermeier de Zwei Frauen und zwei Männer. Sie sprechen von ihrer Liebe, von Hoffnung, Sehnsucht, Verlangen, Verzweiflung und Einsamkeit. Ein vierstimmiger Abgesang auf die Liebe, dessen Bitterkeit in spannungsreichem Kontrast steht zu seiner sprachlichen Wucht und Schönheit. en Two women and two men. They speak of their love, of hope, longing, desire, despair and loneliness. A four-part swan song on love, whose bitterness stands in stark contrast to its linguistic momentum and beauty. »Hamlet« von William Shakespeare Deutsch von Marius von Mayenburg Regie: Thomas Ostermeier de Hamlets Suche nach Wahrheit inmitten eines korrupten poli­tischen Systems endet im Wahnsinn, der ihn selbst und seine ganze Welt in den Untergang reißt. en Hamlet’s search for truth in the middle of a corrupt political system ends in madness, which destroys both him and his whole world. Koproduktion mit dem Hellenic Festival Athen und dem Festival d’Avignon. »Hedda Gabler« von Henrik Ibsen Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel Regie: Thomas Ostermeier de Hedda zerrinnt ihr Lebensplan zwischen den Fingern. Von der Ehe mit dem ungeliebten Tesman hatte sie sich ein Leben in ökonomischer Sorglosigkeit versprochen. Als sich diese Verheißung des bürgerlichen Glücks nicht einlöst, verfällt sie in Hass auf sich und ihre Umwelt: Ein emotionaler Amoklauf. en Hedda watches her life slipping through her fingers. With her marriage to the unloved Tesman she had promised herself a life without money troubles. But when this promise of bourgeois happiness isn’t redeemed, she begins to hate both herself and her world: An emotional riot. »Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs« von Milo Rau, Uraufführung, Regie: Milo Rau de Milo Rau begibt sich gemeinsam mit seinem Team in die politischen Brennpunkte der heutigen Zeit: Auf die Mittelmeerroute der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und ins kongolesische Bürgerkriegsgebiet. Der aus Interviews mit NGO-Mitarbeitern, Geistlichen und Kriegsopfern in Afrika und Europa gespeiste Doppel-Monolog betritt dabei bewusst widersprüch­ liches Gelände: Wie ertragen wir das Elend der Anderen, warum schauen wir es uns an? Warum wiegt ein Toter an den Toren Europas mehr als 1000 Tote in den kongolesischen Bürgerkriegsgebieten? en Milo Rau and his ensemble journey to the political hot spots of our age: the Mediterranean routes of refugees from the Middle East and the Congolese civil war zones. This double-monologue, underpinned by interviews with NGO workers, clerics and victims of war in Africa and Europe, intentionally ventures into controversial terrain: how do we bear the suffering of others and why do we look at it? Why does one dead person at the gates of Europe outweigh a thousand deaths in the Congolese civil war zones? Repertoire 39 »NEVER FOREVER« von Falk Richter und TOTAL BRUTAL, Uraufführung Text und Regie: Falk Richter de Die Menschen in »NEVER FOREVER« finden keine Ruhe. Sie tauchen ins Digitale ab und arbeiten bis zur Erschöpfung – vor allem an sich selbst. Vereinzelt, narzisstisch und abgekämpft sehnt sich jeder von ihnen nach Aufmerksamkeit und trägt eine verdrängte Wut in sich. Falk Richter sucht erneut den Grenzgang zwischen Schauspiel und Tanz und arbeitet zum ersten Mal mit Nir de Volff und seinen Tänzern der Kompanie TOTAL BRUTAL zusammen. en There is no rest for the characters in »NEVER FOREVER«. They descend into the digital world and work to the point of exhaustion – especially upon themselves. Isolated, narcissistic and worn out, they each yearn for attention and hold suppressed anger in check. Once again, Falk Richter seeks to cross the borders between drama and dance, for the first time working with Nir de Volff and his dancers from the TOTAL BRUTAL dance company. »Ödipus der Tyrann« nach Sophokles/Friedrich Hölderlin Regie: Romeo Castellucci de Unablässig fordert eine Seuche Todesopfer. König Ödipus soll laut dem Orakel den früheren König Laios ermordet und die Strafe der Götter provoziert haben. Erzürnt verdächtigt Ödipus Kreon und Teiresias einer Intrige, bis ihm Beweise untrüglich vor Augen führen, dass er selbst Sohn des Laios ist, seinen eigenen Vater getötet und seine eigene Mutter Jokaste geheiratet hat. en A plague is laying waste to the land. King Oedipus is, according to the oracle, supposed to have killed King Laius, and thus provoked the punishment of the gods. Incensed, Oedipus suspects a plot by Creon and Tiresias until evidence is brought before him which unmistakably proves that he himself is Laius’ son, who slayed his father and married his own mother, Jocasta. »Ophelias Zimmer« mit Texten von Alice Birch, Uraufführung Deutsch von Gerhild Steinbuch Regie: Katie Mitchell de In Shakespeares »Hamlet« hat Ophelia fünf Szenen, in denen sie als mani­puliert, bedroht und nicht zurechnungsfähig dargestellt wird. Aber was geschieht in Ophelias Zimmer? Die Inszenierung schaut hinter die Ästhetisierung von Ophelia und hinterfragt unsere Faszination für all die klassischen Dramen, in deren Zentrum männliche Helden immer und immer wieder Frauen zerstören. en In Shakespeare’s »Hamlet« Ophelia has five scenes in which she is portrayed as manipulated, threatened and insane. But what goes on in Ophelia’s room? The production looks behind the aestheticisation of Ophelia and challenges our fascination with all those classic dramas revolving around male heroes who destroy women time and again. Koproduktion mit dem Royal Court Theatre London. »Richard III.« von William Shakespeare Übersetzung und Fassung von Marius von Mayenburg Regie: Thomas Ostermeier de Richard ist hässlich. Ein Krüppel, der auf den Schlachtfeldern der Rosenkriege seiner Familie gute Dienste geleistet hat. Aber das Ende des Krieges bringt Richard keinen Frieden, zu tief sitzt sein Hass auf den Rest der Welt. Seine Kontrahenten spielt er mit politischem Geschick gegeneinander aus, skrupellos instru­mentalisiert er den Ehrgeiz anderer für seinen eigenen und schreitet mit weißer Weste durch ein unermessliches Blutbad, bis er niemanden mehr über sich hat und die Krone ihm gehört. en Richard is hideous. A cripple who, on the battlefields of the Wars of the Roses, served his family well. But the end of the war brings Richard no peace. His hatred for the rest of the world lies too deep. He plays off his rivals against each other with political cunning, unscrupulously exploits the ambitions of others for his own ends and strides spotless through an immense bloodbath until there is no one left above him and the crown is his. Repertoire 40 »Schatten (Eurydike sagt)« von Elfriede Jelinek Regie: Katie Mitchell Eurydike kehrt aus dem Reich des Todes zurück in das Leben. Während ihrer Reise erinnert sie sich, wie sie zu Lebzeiten als Autorin stets im Schatten ihres Geliebten Orpheus stand, in einer Gesellschaft, die für sie keinen eigenständigen Platz vorgesehen hatte. Je näher sie dem Ende ihrer Reise kommt, desto klarer wird sie sich über die Tatsache, dass ihr die schattenhafte Nicht-Existenz im Jenseits viel lieber ist, als ein fremdbestimmtes Leben im Körper einer Frau. en Eurydice journeys back to life from Hades. On her travels she recalls how, during her life as an author, she was always in the shadow of her beloved Orpheus in a society which refused to grant her an independent position of her own. The closer she comes to the end of her journey, the more she realises that she much prefers her shadowy non-existence in the netherworld to the externally controlled life in the body of a woman. de »Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch« von Rodrigo García, Deutsch von Philipp Löhle Deutschsprachige Erstaufführung, Regie: Rodrigo García de In einer schlaflosen Nacht schnappt sich ein entnervter Familienvater all seine Ersparnisse, seine zwei Söhne und ein Taxi. Er lässt kurzerhand Peter Sloterdijk einfliegen, um schließlich in den Prado einzusteigen und sich im Angesicht der Gemälde von Goya genüsslich die Nacht um die Ohren zu schlagen. en One sleepless night, an unnerved father grabs all his savings, his two sons and a taxi. He flies in Peter Sloterdijk, and ends up in the Prado to burn the midnight oil in the company of Goya’s paintings. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. »Stück Plastik« von Marius von Mayenburg Uraufführung Regie: Marius von Mayenburg de Die Arbeit und ihr pubertierender Sohn wachsen Michael und Ulrike über den Kopf. Die Haushaltshilfe Jessica soll dem Paar nun den Rücken freihalten. Irgendwann wird auch Ulrikes Chef, ein erfolgreicher Konzeptkünstler, auf die attraktive Putzkraft aufmerksam und will sie als Performerin für seine Installationen. Sie soll das tun, was sie beruflich sowieso jeden Tag macht – unhygienische Orte reinigen. Die Grenzen zur Demütigung sind fließend, aber schließlich handelt es sich ja um Kunst. Oder? en Their work and their son, who is hitting puberty far too early, bring Michael and Ulrike close to breaking point. Jessica, the domestic help, would take the load off their shoulders. Then Ulrike’s boss, a successful conceptual artist, wants Jessica as a performer for his installations. Her task is to do the things she does every day in her job anyway: clean unhygienic places. This verges on humiliation, but it’s for the sake of art. Isn’t it? »Tartuffe« von Molière, Deutsch von Wolfgang Wiens, Regie: Michael Thalheimer de Die Familie des Orgon misstraut Tartuffe, und das umso mehr, als der Hausherr ihm immer mehr Vertrauen schenkt. Das Misstrauen behält recht: Tartuffe ist ein religiöser Heuchler, der die Gutgläubigkeit missbraucht, um sich persönlich zu bereichern. Molière führt den Heuchler und sein Opfer einem Publikum vor, das keinen Moment darüber im Zweifel gelassen wird, welche schlechten Absichten hier verfolgt werden. Doch Orgon ist, wie wir alle, immer wieder dazu gezwungen, Menschen und der Welt zu vertrauen, wenn er leben will. en Orgon’s family mistrusts Tartuffe, and increasingly so, the more the patriarch places his trust in him. Their suspicions are proven right. Tartuffe is a sanctimonious hypocrite who preys upon people’s gullibility for his own profit. Molière presents the hypocrite and his victims to the audience in such a way that at no point are they ever left in doubt as to his evil intentions. But Orgon, like all of us, is compelled more often than not to trust people and the world. Repertoire 41 »thisisitgirl« Ein Abend über Frauen und Fragen und Frauenfragen für Frauen und Männer Realisation: Patrick Wengenroth de Begriffe wie »Feminismus« und »Emanzipation« scheinen Aus­laufmodelle zu sein und sorgen bei Frauen wie Männern eher für Übelkeit, Gänsehaut und Augenrollen. Man(n) ist sich sicher, dass Frau doch heute alles haben kann, wenn sie nur bereit ist, ihren Mann zu stehen. Was aber, wenn Frauen gar keine Lust mehr darauf haben, sich brav in den vorgegebenen patriarchalen Strukturen um ihre angeblich so ergebnisoffenen Karrieren als Erwerbstätige, Mutter oder Ehefrau zu kümmern? en Terms like »feminism« and »emancipation« now appear outmoded and prompt queasiness, the raising of hackles and eye-rolling in both women and men alike. It is generally agreed that women today can have it all, provided they are prepared to ›man up‹. But what if women can no longer be bothered diligently to tend to their allegedly unlimited careers as breadwinners, mothers and wives within the predefined patriarchal structures? »TRUST« Ein Projekt von Falk Richter und Anouk van Dijk, Text: Falk Richter Regie und Choreographie: Falk Richter, Anouk van Dijk de In diesem Stück mit Tänzern und Schauspielern irren Männer und Frauen durch den Krisenkosmos des neuen Jahrtausends. Beziehungen entstehen und zerfallen in immer kürzeren Zeiträumen: Binden, Trennen. Kaufen, Verkaufen. Der Markt der Gefühle läuft Amok. Und doch suchen die Überlebenden in den Trümmern nach Liebe und Vertrauen. en In this play with dancers and actors, men and women stumble through the world of the 21st-century crisis. Relationships develop and break up in ever shorter time-frames as they come together and separate, buy and sell. The emotional stock exchange crashes. And then the survivors search for love and faith among the ruins. Koproduktion mit anoukvandijk dc. Mit freundlicher Unterstützung der Niederländischen Stiftung für Darstellende Kunst+, der Gemeinde von Amsterdam und der Botschaft des Königreichs der Niederlande. »Ungeduld des Herzens« von Stefan Zweig Fassung von Simon McBurney, James Yeatman, Maja Zade und dem Ensemble, Regie: Simon McBurney de »Ungeduld des Herzens«, der einzige Roman, den Stefan Zweig zu Ende schrieb, setzt sich mit der Frage auseinander, was wahres Mitleid ist, und wie schwierig es ist, wirklich mit einem anderen Menschen mit zu leiden. Simon McBurney, Schauspieler, Regisseur und Mitbegründer der legendären britischen Theatergruppe Complicite, arbeitet für seine Bühnenfassung von »Ungeduld des Herzens« zum ersten Mal mit einem deutschen Schauspielerensemble. en »Beware of Pity«, the only novel Stefan Zweig ever completed, tackles the question of what true pity is and how hard it is to truly suffer with another human being. For his stage adaptation of »Beware of Pity« Simon McBurney, actor, director and co-founder of the legendary British theatre company Complicite, is working for the first time with a German ensemble. Koproduktion mit Complicite. » ≈ [ungefähr gleich]« von Jonas Hassen Khemiri, Deutsch von Jana Hallberg Regie: Mina Salehpour de Andrej bewirbt sich vergeblich um eine erste Stelle. Martina möchte ihren tristen Kioskjob hinwerfen und als Selbstversorgerin leben. Ihr Freund Mani träumt davon, das System von innen zu verändern (und von einer Festanstellung). Freja ist entlassen worden und stößt ihre Nachfolgerin vors Auto. Peter ist obdachlos und raus aus allem, aber damit auch frei von den Regeln des Marktes? Trickreich und fein ironisch erzählt Khemiri vom Hoffen und Scheitern in einer sich stets selbst optimierenden, neoliberalen Gesellschaft. en Andrej applies in vain for his first job. Martina wants to quit her dull work in a kiosk and become self-sufficient. Her boyfriend Mani dreams of changing the system from within (and of securing a permanent post). Freja has been made redundant and pushes her replacement in front of a car. Peter is homeless and out of it all, but does that also mean he is free of the rules of the market? With great cunning and subtle irony, Kehmiri tells of hope and failure in a constantly self-optimising, neoliberal society. Repertoire 42 »Unter Eis« von Falk Richter, Uraufführung Regie: Falk Richter de Paul, Berater, Anfang fünfzig, wird aufgerufen, schon zum zehnten Mal, das Gate schließt, boarding completed. Einen Moment ist er nicht effizient. Er steht still. Er friert. Seine unerfüllten Sehnsüchte kehren mit aller Macht zurück. Er könnte ein anderer Mensch sein. Doch die nächste Generation lauert schon auf einen Moment der Schwäche. en Paul, a consultant, early fifties, is called over the tannoy, for the tenth time, to be told that the gate’s closed and boarding has been completed. For one moment he is not efficient. He stands still. He freezes. His unfulfilled longings return with a vengeance. He could be another person. But the next generation is just waiting for a moment of weakness. »Wallenstein« von Friedrich Schiller Regie: Michael Thalheimer de Nicht zu Unrecht wird »Wallenstein« als Schillers politischstes Stück gelesen. Im Zentrum steht die Titelfigur, die als das Genie ohne Inhalt gezeigt wird. Sein Plan, den Krieg durch einen Verrat zu beenden, gerät von Anfang an in eine Schieflage, denn zu sehr ist seine persönliche Ruhmsucht mit der guten Absicht verknüpft. Wallensteins Versagen zeigt die Ohnmacht des Menschen in einer historischen Situation, in der er notwendig noch nicht wissen kann, was einmal das Richtige gewesen sein wird. en Not without good reason, »Wallenstein« is deemed to be Schiller’s most political play. It centres around the titular character, who is portrayed as a genius without substance. His plan to end the war via betrayal is troubled from the start because his good intentions are far too entangled with his personal thirst for glory. Wallenstein’s failure demonstrates the powerlessness of a man in the face of an historical situation where he can have no way of knowing which decision will later prove to have been right. »Westberlin« Ein Abend von und mit Rainald Grebe Uraufführung Regie: Rainald Grebe de Die Insel im roten Meer, das Schaufenster des Westens, Auswanderungsziel der westdeutschen Jugend: West-Berlin. Vom Kriegsende 1949 bis zum Mauerfall 1989 gab es diese Stadt, die nie mehr als 2,23 Millionen Einwohner hatte und von der DDR umringt war. Was ist von Westberlin, 26 Jahre nachdem es aufgehört hat zu existieren, geblieben? In seiner ersten Arbeit an der Schaubühne begibt sich Rainald Grebe auf eine Recherchereise in ein verlorenes Paradies. en The Island in the Red Sea, the Shop-Window to the West, chosen destination of the West-German youth: West Berlin. This city of never more than 2.23 million inhabitants existed from post-war 1949 to post-Wall 1989, encircled by the GDR. What remains of West Berlin 26 years after it ceased to exist? In his first work for the Schaubühne, Rainald Grebe embarks upon a research trip into a lost paradise. Repertoire 43 Tourdaten »Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs« in Straßburg, Maillon, Théâtre de Strasbourg 2., 3.12.2016 »Richard III.« in Hong Kong, Hong Kong Grand Theatre 29. — 31.12.2016 »Professor Bernhardi« in Rennes, Théâtre National de Bretagne 5. — 7.1.2017 »Die Ehe der Maria Braun« in Santiago de Chile, Festival Santiago a Mil 12. — 15.1.2017 »Ein Volksfeind« in Santiago de Chile, Festival Santiago a Mil 19. — 22.1.2017 »Hamlet« in Paris, Les Gémeaux 19., 20., 21., 23., 24., 25., 27., 28., 29.1.2017 »Wallenstein« in Hamburg, Thalia Theater Lessingtage 31.1., 1.2.2017 »Ungeduld des Herzens« in London, Barbican Centre 9. — 12.2.2017 »Richard III.« in London, Barbican Centre 16. — 19.2.2017 »Richard III.« in Adelaide, Adelaide Festival 3. — 6., 8., 9.3.2017 »Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs« in Bologna, VIE Festival 10., 11.3.2017 »Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs« in Liège, Théâtre de Liège »Richard III..« in Avignon 2015. Foto: Jan Pappelbaum 30., 31.3.2017 »Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs« in Zürich, Schauspielhaus Zürich 11. — 13.4.2017 »Ödipus der Tyrann« in Harbin, Harbin Grand Theatre 27., 28.5.2017 »Richard III.« in Clermont-Ferrand, La Comédie de Clermont 14. — 16.4.2017 »Ödipus der Tyrann« in Tianjin, Tianjin Grand Theatre 3., 4.6.2017 »Fräulein Julie« in Taipeh, Taiwan International Festival of Arts 28.— 30.4.2017 »Fräulein Julie« in Tokio, Setagaya Theatre 9. — 11.6.2017 »Richard III.« in Mailand, Piccolo Teatro 25.— 27.5.2017 »Richard III.« in Paris, Théâtre de l’Odéon 21. — 24., 26. — 29.6.2017 Tourdaten 45 Words, words, words.* Mit Übertiteln Für unser internationales Publikum bieten wir in der Spielzeit 2016 /17 künftig noch mehr Vorstellungen mit Übertiteln an. Sie können jeden Monat bis zu 15 Aufführungen mit englischen bzw. französischen Übertiteln sehen. With English surtitles In the season 2016 /17, we are showing even more performances with surtitles for our international audience. You have the opportunity to see up to 15 shows per month with English and French surtitles every month. Surtitré en français Dans la saison 2016 /17, nous proposons à notre public international encore plus de représentations surtitrées. Vous pouvez voir jusqu’à 15 représentations avec surtitres français ou anglais par mois. www.schaubuehne.de/surtitles Übertitel 46 Kritisch. Mutig. Meinungsstark. Testen Sie den Freitag! Die unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Wirtschaft. Jetzt 3 Wochen lang kostenlos lesen! 3 Woch en gratis www.freitag.de/lesen Anzeige Medienpartner 47 Premiere 48 Streitraum: »Unbegrenzt entgrenzt – oder: Wozu braucht es Grenzen?« Carolin Emcke im Gespräch mit ihren Gästen www.carolin-emcke.de, Twitter: @C_Emcke Streitraum wird gefördert durch die Medienpartner Welche Formen der nötigen und unnötigen Grenzen haben und brauchen wir? Grenzen schließen ein und aus, manchmal schützen sie, manchmal sperren sie ein. Grenzen lassen sich aus harten oder weichen Stoffen ziehen. Es gibt emotionale oder territoriale Grenzen, Grenzen der Toleranz oder Grenzen der Scham. In den letzten zwei Jahren wurden stabil geglaubte Grenzen überschritten und offene Grenzen wieder geschlossen. Der »Streitraum« in der Spielzeit 2016 /17 will sich diesen unterschiedlichen Formen stellen: Welche Grenzen der Toleranz braucht es in einer offenen Gesellschaft? Welche Grenzen des »das wird man ja wohl mal sagen dürfen« braucht es aber auch? Auf welcher Sorte Übereinkunft beruhen Vorstellungen von den Grenzen zwischen den Geschlechtern? Zwischen den Religionen? de Die monatliche Diskussionsveranstaltung »Streitraum« wird seit der Spielzeit 2004 /05 von der Publizistin Carolin Emcke kuratiert und moderiert. Streitraum en Which forms of necessary and unnecessary borders do we have and need? Borders both exclude and confine, sometimes they protect, sometimes they imprison. Borders can be soft or hard. There are emotional and territorial borders, limits of tole­rance and boundaries of shame. During the last two years seemingly firm lines have been crossed and open borders closed again. The 2016 /17 season’s »Streitraum« discussion series seeks to address these different forms: which curbs on tolerance does an open society require? And what are the necessary limitations on »people should be allowed to say that«? On what sort of agreements are notions of distinctions between genders based? And between religions? The monthly discussion series »Streitraum« is curated and hosted by publicist Carolin Emcke since the season 2004 /05. 49 Theaterpädagogik Wiebke Nonne, Leitung (in Elternzeit), Tel +49 30 89 002 181 Philipp Rost, Theaterpädagoge, Tel +49 30 89 002 194 Katharina Berger, Volontärin, Tel +49 30 89 002 181 Sidney Kaufmann (FSJ Kultur) Tel +49 30 89 002 604 [email protected] Die Theaterpädagogik der Schaubühne möchte Menschen jeden Alters die Möglichkeit geben, mit dem Theater in Kontakt zu kommen. Wir öffnen die Türen der Schaubühne und laden Sie und Euch ein, sich intensiv mit unserem Haus und seinen Inszenierungen auseinanderzusetzen. »MACHT was ihr wollt.« Ein Projekt der Polyrealisten, Leitung: Wiebke Nonne. Foto: Gianmarco Bresadola Workshops In unseren vierstündigen Workshops bieten wir die Möglichkeit, ästhetische Aspekte der jeweiligen Inszenierung zu erproben und suchen nach eigenen Antworten auf die Fragen, die in den Stücken verhandelt werden. Mit geschärften Sinnen kann dann der Theaterabend noch intensiver erlebt werden. Unser Workshopangebot richtet sich an alle Interessierte. Einzelpersonen laden wir ein, an der im Programm angekündigten Theaterpraktischen Werkstatt teilzunehmen, für Gruppen vereinbaren wir gesonderte Workshop-Termine. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Theatergruppen Querformat ist die neue Workshopreihe an der Schaubühne: Ein Monat, ein Thema, 15 Personen! Wir eröffnen einen Experi­ men­tier­­raum, in dem gemeinsam Theater gemacht wird. An fünf Terminen im Monat wird zusammen gedacht, improvisiert, recherchiert, ge­schrieben und gespielt. Die Ergebnisse münden in ein kleines internes Showing. Im Querformat »Text/Körper« im ­Februar untersuchen wir das Verhältnis von gesprochenem Wort und Körper. Das Querformat »Räumliche Verortung« im Mai beschäftigt sich mit unterschiedlichen Methoden ortsspezifischer Theaterarbeit. Weitere Informationen zu den Terminen und zur Anmeldung sind auf unserer Website zu finden. In dieser Spielzeit setzen sich die Polyrealist_innen in wöchentlichen Proben mit dem Drama »Geschlossene Gesellschaft« von Jean-Paul Sartre auseinander. Das altersgemischte Ensemble zwischen 20 und 73 Jahren nutzt den Text von Sartre als Ausgangspunkt und Reibungsfläche für eigene fiktionale Texte, persönliche Geschichten und szenische Improvisationen. Zum Ende der Spielzeit werden sie die Ergebnisse ihrer Arbeit in einer Inszenierung im Studio der Schaubühne präsentieren. Eine Anmeldung für die Gruppe der Spielzeit 16/17 ist leider nicht mehr möglich. Kooperationen Die Schaubühne ist Partnertheater von TUSCH Berlin, einem Partnerschaftsprojekt zwischen Berliner Bühnen und Schulen, initiiert von der JugendKulturService GmbH und der Senatsverwaltung für Bildung. Die Kooperation mit dem Georg-HerweghGymnasium ist im zweiten Jahr. Nach dem ersten Kennenlernen intensivieren wir nun den Kontakt. Dafür statten sich die Lehrer_ innen in Weiterbildungen mit theaterpädagogischen Methoden Theaterpädogik aus. Außerdem erproben wir in einem ortsspezifischen Projekt im Gebäude des Gymnasiums, wo und in welcher Form noch mehr Theater in der Schule vorkommen kann. Auch unsere langjährige Kooperation mit dem Thomas-MannGymnasium setzt sich in besonderen Formaten fort: In dem Ausbau des Methodenkoffers für Lehrer_innen und dem Besuch aller ersten und zweiten Semester in Inszenierungen und Workshops der Schaubühne. Mehr Schaubühne für Ihre Schule? Haben Sie und Ihre Schule Interesse an einer besonders engen Zusammenarbeit mit der Schaubühne? Dann melden Sie sich gerne und wir suchen gemeinsam nach individuellen Kooperationsmöglichkeiten. Gerne stellen wir Ihnen und Ihrem Kollegium unseren Spielplan sowie unser theaterpädagogisches Angebot z. B. auf Ihrer Fachkonferenz persönlich vor. ACT DON’T REACT In Zusammenarbeit mit der Kompanie suite42 wird an der Schaubühne immer am ersten Samstag im Monat von verschiedenen Künstler_innen ein Workshop für geflüchtete und nicht geflüchtete Menschen angeboten. Im Probenraum sind alle gemeinsam unterwegs und können gleichzeitig auf ihrem Weg kurz anhalten: Berliner- und Exilkünstler_innen, jugendliche Geflüchtete und junge Menschen aus Berlin treffen aufeinander. Mit Musik und Bewegung, mit Improvisation und Spiel, mit stillem Schreiben und im Gespräch am Tisch erzeugen sie im Austausch Geschichten. Die Teilnehmenden können ganz sie selbst sein, ihre sprachlichen Fähigkeiten werden gezielt eingesetzt, eine einzige gemeinsame gesprochene Sprache ist nicht nötig. Anmeldung für einzelne oder mehrere Workshops unter: [email protected] oder +49 176 27382752 KulTür auf! Was verschließt die Türen von Kulturinstitutionen und wie könnten sie sich weiter öffnen? Dieser Frage geht das Bündnis »KulTür auf!« nach. Die Schaubühne, als Teil dieses vom JugendtheaterBüro Berlin initiierten Bündnisses, geht im Austausch mit den Bündnispartner_innen den Fragen von Zugang und Barrieren zu Kulturinstitutionen auf den Grund und diskutiert diese in verschiedenen Formaten. Workshops in English Some of our monthly open practical workshops will be in English. Please check our program for dates. We also offer special group workshops on demand in English. If you are interested, please contact us for further information. 51 Premiere 52 Freunde der Schaubühne e.V. Neujahrsempfang. Foto: Silke Briel Maren Kumpe, Tel +49 30 89 002 181, [email protected], facebook.com/FreundederSchaubuehne de Die »Freunde der Schaubühne« unterstützen das Theater seit über 16 Jahren, sowohl finanziell als auch ideell. So ermöglichen wir zum Beispiel das Volontariat in der Theaterpädagogik des Hauses. Als Mitglied des Freundeskreises bekommen Sie einen besonderen Einblick in Ihr Lieblingstheater: Sie können mit uns hinter die Kulissen der Schaubühne blicken, Schauspieler_innen, Regisseur_innen und Dramaturg_innen treffen und die Schaubühne auf ein Gastspiel ins Ausland begleiten. Außerdem haben die Freunde der Schaubühne die Möglichkeit, sich Tickets drei Tage vor Beginn des offiziellen Vorverkaufs zu sichern – auch für Premieren. Die Jungen Freunde (bis einschl. 27 Jahre) können für nur 30 Euro im Jahr Mitglied werden. Werden Sie unser_e Freund_in, erleben Sie mit uns exklusive Veranstaltungen und helfen Sie mit, die Schaubühne zu unterstützen! Für mehr Informationen wenden Sie sich gerne an unsere Geschäftsstelle: [email protected] Freundeskreis The »Friends of the Schaubühne« support their favourite theatre financially and ideally. Members and guests are invited to special events and performances. Thus members get an exclusive insight into the creative process of the Schaubühne by meeting the ensemble and directors, attending exclusive workshops or accompany the theatre to a guest performance abroad. You will receive the monthly programme and can book tickets three days before the official pre-sale. Everyone who enjoys theatre and wants to support the Schaubühne can become a member. If you are interested please send us a message and we will get in touch with you! Please write to [email protected] en 53 Pearson’s Preview Essays behind the curtain Schaubühnen-Blog von Joseph Pearson www.schaubuehne.de/blog de Seit 2014 gibt Joseph Pearson mit seinen englischsprachigen »Previews« ungewöhnliche Einblicke und Hintergrundinformationen zu ausgewählten Premieren und zu den Produktionen des Festivals Internationale Neue Dramatik. Inzwischen hat der promovierte Historiker mehr als 30 Essays und Gespräche für »Pearson’s Preview« verfasst, die wir zu großen Teilen zusätzlich auch in deutscher Übersetzung veröffentlicht haben. In der Spielzeit 16 /17 setzen wir diese Zusammenarbeit fort. Der Schaubühnen-Essayist wird wieder Proben besuchen, das Festival begleiten, Regisseur_innen treffen und ungewohnte Fragen aus dem Blickwinkel eines bloggenden »Universalgebildeten« und begeisterten Theaterbesuchers stellen, die – so hoffen wir – die Sichtweise des Publikums erweitern. Dr. Joseph Pearson ist ein kanadischer Autor und Kulturhistoriker, der hauptsächlich an der Berliner Dependance der New York University lehrt. Nach Berlin kam er vor fast einem Jahrzehnt aus New York, wo er an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Columbia University unterrichtete. Sein Porträt der deutschen Hauptstadt, »Berlin Cityscopes« wird im Frühjahr 2017 von Reaktion Books/University of Chicago Press veröffentlicht. Seit längerer Zeit macht er mit seinem Blog »The Needle« (needleberlin.com) – einem der meistbesuchten englischsprachigen Blogs in Berlin – auf sich aufmerksam. Pearson’s Preview Since 2014, Joseph Pearson has offered his discerning insights and background on selected premieres and guest performances during the season and for the Festival of International New Drama, with his English-language »Previews«. By now, the historian by profession has penned more than 30 essays and conversations for his »Pearson’s Preview« column. Most of the essays have also been translated into German. In the 2016 /17 season, the theatre continues this collaboration. The Schaubühne’s essayist will again visit rehearsals, cover the festival, meet directors, and pose unusual questions, from the perspective of a blogging »polymath« and keen spectator, which – we hope – will broaden the audience’s perspective. Dr. Joseph Pearson is a Canadian writer, and cultural historian, principally with New York University in Berlin. He came to live in Berlin full-time almost a decade ago from New York City, where he taught in the humanities program of Columbia University. His portrait of the German capital, Berlin Cityscopes, with Reaktion Books/University of Chicago Press, will be published in Spring 2017. For some time, he has captured attention with »The Needle« (needleberlin.com), one of Berlin’s most popular English-language blogs. en 54 Service Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, 10709 Berlin +49 30 890023 , [email protected], www.schaubuehne.de Karten Tickets für alle Vorstellungen können an der Kasse, telefonisch oder online im Webshop erworben werden. Im Webshop gekaufte Karten können direkt zu Hause ausgedruckt oder als Handy-Ticket zur Verfügung gestellt werden. Kassenöffnungszeiten, Vorverkauf, Abendkasse Die Kasse ist Montag bis Samstag ab 11 Uhr und am Sonntag ab 15 Uhr bis Vorstellungsbeginn geöffnet. An vorstellungsfreien Tagen schließt die Kasse um 18.30 Uhr. Jeweils eine Stunde vor Beginn eines Stücks können an der Kasse ausschließlich Karten für diese Vorstellung gekauft werden (Abendkasse). In dieser Zeit findet kein Vorverkauf statt. Karten im Vorverkauf sind online im Webshop zu jeder Zeit buchbar, eine Stunde vor Vorstellungsbeginn wird der Online-Verkauf für diese Vorstellung jedoch gestoppt. Tickets Tickets for all shows can be bought at the box office, via phone, e-mail or online. Tickets purchased online can be printed with your own printer or can be made available as a smart phone ticket. Opening hours (box office), advance ticket sale and evening box office The box office is open from Monday to Saturday from 11 am and on Sundays from 3 pm until the beginning of the last performance of the evening. On days with no performance the box office closes at 6:30 pm. The evening box office opens one hour before the start of the performance and only sells tickets for the show on the respective evening, there is no advance sale. You can purchase tickets in advance sale online at any time — with one exception: one hour prior to a show tickets for that particular performance can no longer be bought online. Vorverkaufsstart Der Vorverkauf beginnt jeweils am 1. eines Monats für den darauf­ folgenden Monat, für Freundeskreismitglieder bereits drei Tage vorher und für Inhaber der Schaubühnen Card zwei Tage vorher. Advance sale The advance ticket sale begins on the 1st of every month for the following month. Members of the »Friends of the Schaubühne« scheme can order their tickets 3 days in advance, Schaubühne Card holders 2 days. Anfahrt Bus: M19, M29 Haltestelle »Lehniner Platz/Schaubühne«, Nachtbus: N7 Haltestelle »Adenauerplatz« U-Bahn: U7 Bahnhof »Adenauerplatz« S-Bahn: S5, S7 und S75 Bahnhof »Charlottenburg« oder S41, S42 und S46 Bahnhof »Halensee« PKW: Die Schaubühne hat keine eigenen Parkplätze. Parken ist in den Seitenstraßen Cicerostraße oder Albrecht-Achilles-Straße bzw. direkt gegenüber der Schaubühne auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms möglich. How to get there Bus: M19 and M29 stop »Lehniner Platz/Schaubühne«, Night Bus: N7 stop »Adenauerplatz« U-Bahn: U7 stop »Adenauerplatz« S-Bahn: S5, S7 and S75 stop »Charlottenburg« or S41, S42 and S46 stop »Halensee« Parking: the Schaubühne does not have its own parking facilities. However, it is possible to park in nearby side streets Cicero Straße and Albrecht-Achilles-Straße as well as directly across from the Schaubühne in the central reservation of Kurfürstendamm. Netzwerke Facebook: /SchaubuehneBerlin /SchaubuehneInternational (in English) Twitter: @schaubuehne Instagram: /schaubuehne_berlin YouTube: /schaubuehne Social media Facebook: /SchaubuehneBerlin /SchaubuehneInternational (in English) Twitter: @schaubuehne Instagram: /schaubuehne_berlin YouTube: /schaubuehne Café Montag– Freitag: 9.00 – 1.00 Uhr Samstag: 10.00 – 1.00 Uhr Sonntag: 15.30 –1.00 Uhr Café Monday-Friday: 9.00 am – 1.00 am Saturday: 10.00 am – 1.00 am Sunday: 3.30 pm – 1.00 am Service 55 Medienpartner Für die Unterstützung der Imagekampagne danken wir: Impressum Redaktion: Schaubühne am Lehniner Platz 55. Spielzeit 2016 /17 Imagefotos: Brigitte Lacombe Kreativ Direktion: Studio Andreas Wellnitz Layout: Nastia Protsenko, Katja Strempel Produktionsfotos: Thomas Aurin, Gianmarco Bresadola, Stephen Cummiskey, Arno Declair, Katrin Ribbe, Daniel Seiffert, Heiko Schäfer und Dorothea Tuch Druck: Berliner Zeitungsdruck GmbH Sebastian Schwarz fotografiert von Brigitte Lacombe Alina Stiegler fotografiert von Brigitte Lacombe Konrad Singer fotografiert von Brigitte Lacombe Damir Avdic fotografiert von Brigitte Lacombe Bernardo Arias Porras fotografiert von Brigitte Lacombe Robert Beyer fotografiert von Brigitte Lacombe Mark Waschke fotografiert von Brigitte Lacombe Peter Moltzen fotografiert von Brigitte Lacombe Jenny König fotografiert von Brigitte Lacombe Ulrich Hoppe fotografiert von Brigitte Lacombe Nina Hoss fotografiert von Brigitte Lacombe Kay Bartholomäus Schulze fotografiert von Brigitte Lacombe David Ruland fotografiert von Brigitte Lacombe Stephanie Eidt fotografiert von Brigitte Lacombe Ingo Hülsmann fotografiert von Brigitte Lacombe Ursina Lardi fotografiert von Brigitte Lacombe