Staatsschauspiel Dresden Die Theaterzeitung 59 November 2015 Liebes Publikum, große und kleine Zuschauer sind eingeladen, in diesem Winter ein neues Abenteuer hinter dem Spiegel zu wagen, denn die Reckless-Brüder sind zurück! In „Das Goldene Garn (Reckless III)“ geht es ab dem 1. November weit nach Osten, wo sich Jakob, Will und Fuchs dem Erlkönig stellen müssen. Die nachfolgenden Premieren richten den Blick auf die drängenden Themen unserer Stadt: Volker Lösch untersucht mit Max Frischs rebellischem Grenzgänger „Graf Öderland“ die Mechanismen, die eine bürgerli- che Gesellschaft aus den Angeln zu heben vermögen. Wolfgang Engel lädt ein, mit Lessings „Nathan der Weise“ über Glaube, Humanität und Toleranz nachzudenken. Dresdner Bürger aus dem Orient erzählen unter der Leitung von Miriam Tscholl von ihrer Kultur und von ihrer Begegnung mit der deutschen in „Morgenland“, während das Stück „Ichglaubeaneineneinzigengott.“ von Stefano Massini drei gegensätzliche Frauenportraits in einem fesselnden Monolog vereint. Das beliebte Montagscafé im Kleinen Haus ist weiter- hin wöchentlich geöffnet und lädt Einheimische und Geflüchtete zum Kennenlernen und Verweilen ein. In der Vorweihnachtszeit schließlich laden die Regisseure Peter Jordan und Leonhard Koppelmann ins alpine Grandhotel aus Erich Kästners „Drei Männer im Schnee“ zu einer charmanten, sehr musikalischen Verwechslungskomödie um einen Millionär inkognito. Wofür Sie sich auch entscheiden – Sie sind herzlich willkommen! Ihr Wilfried Schulz Graf Öderland / Wir sind das Volk von Max Frisch / mit Texten von Dresdnerinnen und Dresdnern Premiere am 28. November um 19:30 Uhr im Schauspielhaus weitere Termine: 24.11. (Voraufführung) sowie 30.11., 5. und 11.12. Der Alptraum des Alltags Nach einigen Jahren Pause kehrt der Regisseur Volker Lösch zurück ans Staatsschauspiel. Hier entstanden einige seiner wichtigsten Arbeiten wie „Woyzeck“ oder „Die Dresdner Weber“. Ebenfalls hier erfand er den „Dresdner Bürgerchor“, der seine Arbeiten seit Jahren ästhetisch und inhaltlich prägt. Nun nimmt sich Lösch – in einer politisch zur Zeit aufgeladenen Stadt – Max Frischs selten gespieltes Drama „Graf Öderland“ vor, ergänzt um den Titel „Wir sind das Volk“. Ü ber das Theatermachen im Dresden des Jahres 2015 sprach Lösch mit dem Dramaturgen Robert Koall. Robert Koall: „Graf Öderland“ ist ein Stück von Max Frisch, das dieser Tage eher selten den Weg auf die Bühne findet. Worum geht es für Sie im Kern dieser Geschichte? Volker Lösch: Um die große Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach einem Ausbruch aus der bürgerlichen Ordnung: alles hinter sich zu lassen, was mal wichtig war, ganz neu anfangen. Das Leben, durch entfremdete Arbeit und leere Freizeitgestaltung geprägt, wird von dem Staatsanwalt, der dann später von seinen Anhängern zu Graf Öderland gemacht wird, als tot und ausweglos erlebt. Fortsetzung auf Seite 02 Ben Daniel Jöhnk als „Graf Öderland“, der Freiheit sucht und Chaos sät. FOTO: MATTHIAS HORN Staatsschauspiel Dresden 02 Fortsetzung von Seite 01 Max Frisch hält die Realitätsebene seines Stückes in der Schwebe. Ist „Öderland“ nun ein Traum oder nicht? Wunschtraum und Realität, Alptraum und politische Praxis gleichzeitig! Da schwadroniert am letzten Montag eine Rednerin von einem „befreiten, unabhängigen Sachsen ohne Ausländer“, und die Zuhörer grölen begeistert „Wir sind das Volk“. Was ist das nun? Es ist real und beunruhigend, könnte wirklich gefährlich werden – und gleichzeitig ist es surreal und hochkomisch. Der Wunschtraum ist mit Händen greifbar, das Reale daran stößt ab. „Öderland“ ist der Alptraum des Alltags. Mehr realer Alptraum als zurzeit in Dresden geht nicht. Aber es geht nicht nur ihm so: Er trifft den Nerv einer Zeit, in der immer mehr Unzufriedenheit, Zukunftsangst und Unsicherheit herrscht. Und das macht den Stoff so aktuell. Max Frisch beschreibt in seiner Parabel so etwas wie einen konservativen Aufstand, eine Revolte von rechts. Zunächst als Wunschtraum, dann aber zunehmend als Alptraum. Immer mehr Menschen schließen sich dieser anarchischen, autoritären und gewalttätigen Bewegung an – bis zum Umsturz des Staates. Das klingt nach einer sehr modernen Figur. Moderner geht es kaum. Die ganze Unruhe derzeit, die überall mit Händen zu greifende Angst – Angst vor dem was kommt, Angst vor dem Abrutschen in Armut, Angst vor dem Fremden – der existentielle Wunsch vieler nach der einfachen Lösung, nach der einen rettenden Idee, nach dem Erlöser oder der Erlöserin – deshalb wird Öderland vom Kollektiv erfunden. Öderland soll es richten, Öderland macht alles gut. Öderland verkörpert die Sehnsucht nach einem Leben ohne Probleme und Widersprüche. Sie verschneiden den Frisch mit Texten, die Sie in Dresden gesammelt haben. Was sind das für Stimmen, die da hörbar werden? Zunächst einmal die Stimmen derjenigen, die hier in Dresden vom konservativen Aufstand träumen, von den vielen Unzufriedenen, die montags auf die Straße gehen. Von den sogenannten „besorgten Bürgern“, eine fürchterliche Wortschöpfung. Aber auch die Meinungen der Ensembleund Chormitglieder werden miteinbezogen, von Politikerinnen und Politikern und anderen. Wir arbeiten an einem vielschichtigen Stimmungsbild, welches den politischen und öffentlichen Diskurs in Dresden Ende 2015 abbilden wird. Quiz Die Großbuchstaben vor der richtigen Antwort ergeben die Lösung. Frage 1 In Lessings „Nathan der Weise“ deutet der Titelheld das Verhältnis der drei großen monotheistischen Religionen – Christentum, Judentum, Islam – in der sogenannten: LA LI LE Drei-Söhne-Parabel Ringparabel Nathanparabel Frage 2 Im Zentrum von Volker Löschs Arbeiten stehen Bürger, die, als Chor zusammenfindend, sich mit ihrer unmittelbaren Gegenwart auseinandersetzen. In Dresden entstanden einige seiner prägendsten Inszenierungen, dazu zählt: EB Die Dresdner Weber GE Die Dresdner Volksfeinde BE Die Dresdner Stützen der Gesellschaft Öderland: Ein Staatsanwalt, der zur Waffe greift und hinter sich all jene versammelt, die sich vor der Zukunft fürchten. Wie erleben Sie diesen Diskurs hier vor Ort zurzeit? Aufgeladen, gereizt und hochaggressiv. Mitgliedern unseres Ensembles ist letzten Montag vor dem Theaterplatz ins Gesicht gespuckt worden, einfach weil sie als Demonstranten gegen Pegida auszumachen waren. Es wird überhaupt nicht mehr miteinander geredet, eher gekämpft. Es ist eine völlig verhärtete Situation. Was kann in so einer Situation das Theater zu einem politischen Klima beitragen? Ist das Theater nicht ein hoffnungslos überkommenes Medium, was gesellschaftliche Meinungsbildung angeht? Ich hoffe nicht, wir tun unser Bestes! Das Theater muss sich mit allem einmischen, was es hat und kann. Es muss eine Haltung zeigen, sich mit seiner Arbeit positionieren. Es wird immer dringlicher, für all das einzustehen, was uns wichtig ist. Wir müssen mit unseren Produktionen spannende, theatralisch reizvolle Denkanreize bieten, politische Diskurse anbieten und Provokationen setzen. Das Gespräch wieder ankurbeln. Alles, was Bewegung in die verkrampfte Situation bringt, ist gut. Unser größtes Problem bleibt die zwangsläufige Fokussierung auf ein etabliertes Theaterpublikum. Es kommen halt nicht die ins Theater, die wir gerne auch erreichen würden. Wer freiwillig ins Theater geht, kann nicht ganz verbohrt sein. Frage 3 Die neue Produktion der Bürgerbühne „Morgenland“ ruft zur Begegnung auf mit: FOTO: MATTHIAS HORN GEL ESL Zum Regisseur Volker Lösch wurde 1963 in Worms geboren und wuchs in Uruguay auf. Arbeiten führten ihn an Theater in Berlin, Essen, Düsseldorf, Freiburg, Hamburg, Zürich und Stuttgart. Seine politisch offensiven Inszenierungen sind stets durch einen starken Bezug zum Aufführungsort gekennzeichnet. Am Staatsschauspiel Dresden arbeitete Lösch 2003 in seiner Inszenierung der „Orestie“ erstmals mit einem Sprechchor, der die „außertheatrale Wirklichkeit“ unmittelbar in das Bühnengeschehen integrierte. Es folgten 2004 „Die Dresdner Weber“ nach Gerhart Hauptmann, die vom Fachmagazin „Die Deutsche Bühne“ zur Inszenierung des Jahres 2005 gewählt wurden. Von 2005 bis 2013 war Volker Lösch unter der Intendanz von Hasko Weber Hausregisseur und Mitglied der künstlerischen Leitung am Schauspiel Stuttgart. Mit seiner Inszenierung „Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?“ nach Peter Weiss 2009 am Deutschen Schauspielhaus Hamburg wurde er zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Unter seiner Regie entstand im Januar 2015 am Nationaltheater Weimar die Oper „Die Räuber“ von Giuseppe Verdi. Besetzung Mit: Annedore Bauer, Thomas Braungardt, Albrecht Goette, Jannik Hinsch, Ben Daniel Jöhnk, Benjamin Pauquet, Torsten Ranft, Lea Ruckpaul, Antje Trautmann, Alexandra Weis und dem Dresdner Bürgerchor Regie: Volker Lösch Bühne: Cary Gayler Kostüm: Carola Reuther Einstudierung Chor: Bernd Freytag Dramaturgie: Robert Koall, Stefan Schnabel EGL der eigenen Frage als Gestalt arabischsprachigen Dresdnerinnen und Dresdnern türkischsprachigen Dresdnerinnen und Dresdnern Frage 4 Die deutschsprachige Erstaufführung von Stefano Massinis „ichglaubeaneineneinzigengott.“ erzählt anhand von drei Frauenbiographien vom: IND IED EID Leben der Amish Leben in der Bronx Israel-Palästina-Konflikt Das Lösungswort bitte bis zum 05. November an: [email protected], Betreff: „Quiz November 2015“ Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir 10 x 2 Karten für „Das Goldene Garn (Reckless III)“ am 8.11. um 10.30 Uhr im Schauspielhaus. Die Lösung des Oktober-Rätsels lautete: HYPOSTASE Die Theaterzeitung 11/2015 03 Philipp Lux ist Nathan in der Dresdner Inszenierung von Wolfgang Engel. Lessings „Nathan der Weise“ Ein dramatisches Gedicht von Gotthold Ephraim Lessing Premiere am 7. November um 19:30 Uhr im Kleinen Haus 1 weitere Termine: 3.11. (Voraufführung), 10., 19. und 21.11. sowie 8. und 30.12. Wie Vorurteile bröckeln Es ist nicht originell, im Moment Lessings „Nathan der Weise“ auf den Spielplan zu setzen: 16 Theater im deutschsprachigen Raum wollen in dieser Spielzeit eine Premiere von Lessings Stück aus dem Jahr 1779 auf die Bühne bringen. Kein Wunder: Der „Nathan“ behandelt Fragen von Religion und Toleranz, von Engstirnigkeit und Menschlichkeit und stellt die Utopie eines friedlichen Zusammenlebens aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion, in den Raum. Erreichbar ist sie für Lessing einzig durch eine Kraft: die Vernunft. Wolfgang Engel inszeniert das Stück zurzeit in Dresden und sagt dazu: „M anchmal werden einem Texte unter der Hand immer aktueller. Lessing hat seine Gedanken in Zeiten der Aufklärung und im Kampf gegen die Kirche seiner Zeit entwickelt: die Idee von Toleranz, Menschlichkeit und Würde. Er schreibt gegen den Glauben als Ideologie an und spielt sein Konzept am Beispiel Jerusalems im 13. Jahrhundert durch, diesem Brennpunkt, in dem damals alle Religionen aufeinander prallten. In unserer Gegenwart, die geprägt ist von Flüchtlingsströmen und den Bewegungen gegen diese Flüchtlinge, ist es notwendig, an europäische Werte zu erinnern, und ich denke, ist es nötiger als je, dieses Stück zu spielen. Trotzdem habe ich nicht vor, mit dem Thema Pegida im Stück konkret umzugehen. Lessings Text ist so stark, dass man ihn auch modern lesen kann. Mir bereitet es besondere Freude, in einem alten Text ein ganz heutiges Problem zu entdecken und es ohne Fremdtexte aus diesem alten Text herauszulesen. Ich empfinde die Figuren beim Arbeiten gar nicht als alt und es interessiert mich, gemeinsam mit den Schauspielern zu entdecken, wie man eine aktuelle Frage in dieser erst einmal scheinbar umständlichen deutschen Sprache transportieren kann. Das Stück spielt in den letzten Tagen eines Waffenstillstandes in Jerusalem. Im Moment ruht der Krieg, aber der Krieg in den Köpfen ist in vollem Gange. Lessing meint natürlich den Krieg in den Köpfen seiner Zeit, doch wir stellen zweihundertfünfzig Jahre später fest, dass sich nichts geändert hat. Die verschiedenen Religionen, die in den Köpfen verankert sind, beruhen auf Dogmen, die miteinander in Konflikt geraten. So ist es auch im ‚Nathan‘. Wie diese Dogmen und Vorurteile durch Austausch von Gedanken anfangen zu bröckeln, kann man am besten an der Figur des Tempelherren sehen, diesem jungen, ideologisch verseuchten Menschen. Zu dieser Art von Läuterung sind alle Figuren im Stück in der Lage, wenn sie bereit sind, ihre Vernunft zu benutzen. Wären sie es nicht, wäre das eine Tragödie, und am Ende des Stückes stünde ein Scheiterhaufen. Der ‚Nathan‘ aber ist bei allem Realismus, der sich in ihm verbirgt, in gewisser Weise auch ein Stück Utopie. Es zeigt, wie die Welt eingerichtet sein möge, es aber nicht ist. Es gibt in dem Stück in der Figur des Patriarchen den Punkt, wo die Vernunft keine Rolle mehr spielt, wo nicht mehr diskutiert wird. Hier wird in Frage gestellt, was FOTO: DAVID BALTZER wir so gerne vorausgesetzt sähen, nämlich, dass Menschen durch Argumente und durch Diskussionen willens und in der Lage sind, ihre Positionen zu revidieren. Wenn einem aber jemand gegenüber steht, der das nicht tut, hat Diskutieren keinen Sinn mehr. Das Stück endet deswegen eben nicht als Märchen, denn der Patriarch bleibt als Gefahr präsent. Vielleicht entsteht dadurch dieser Moment von Melancholie, der in dem Stück steckt, auch wenn es – nach dem Willen des Autors – für einmal gut ausgeht. Wir bessern mit Theater keine Menschen. Aber wenn man seine eigene Schwäche und Unsicherheit bei anderen sieht, macht einen das stärker, das weiß ich spätestens seit 1989.“ Aus einem Gespräch mit Wolfgang Engel, aufgezeichnet von Felicitas Zürcher und Caroline Braungardt Zum Regisseur Wolfgang Engel wurde 1943 in Schwerin geboren. 1980 ging er als fester Regisseur an das Staatsschauspiel Dresden, wo ihn seine vielbeachteten Inszenierungen zu einem der wichtigsten Regisseure der DDR machten. 1991 wurde er fester Regisseur am Schauspiel Frankfurt am Main, von 1995 bis 2008 war Wolfgang Engel Intendant des Schauspiels Leipzig. Am Staatsschauspiel Dresden inszenierte er zuletzt „Amerika“ nach dem Roman von Franz Kafka. 2011 wurde Wolfgang Engel mit dem Theaterpreis „Der Faust“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Besetzung Mit: Christian Freund, Lieke Hoppe, Holger Hübner, Hannelore Koch, Lars Jung, Kilian Land, Philipp Lux, Matthias Reichwald, Nele Rosetz Regie: Wolfgang Engel Bühne: Ansgar Prüwer-LeMieux Kostüm: Nina Reichmann Dramaturgie: Felicitas Zürcher Staatsschauspiel Dresden 04 Ichglaubeaneineneinzigengott. Monolog von Stefano Massini Deutschsprachige Erstaufführung am 14. November um 20:00 Uhr im Kleinen Haus 3 weitere Termine: 17.11. sowie 18. und 29.12. Leben wie auf einem Vulkan Stefano Massini gehört zu den wichtigsten neuen Autoren des italienischen Gegenwartstheaters. Nach „LEHMAN BROTHERS. Aufstieg und Fall einer Dynastie“, das derzeit im Schauspielhaus zu sehen ist, kommt jetzt sein Monolog „Ichglaubeaneineneinzigengott.“ auf die Bühne des Kleinen Hauses. Es spielt Cathleen Baumann, Regie führt die junge Regisseurin Nora Otte. J ahrzehnte voller Gewalt und kein Ende in Sicht im israelisch-palästinensischen Konflikt. Das Land kommt nicht zur Ruhe: immer wieder kommt es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, immer wieder werden Waffenstillstandsvereinbarungen gebrochen – auf beiden Seiten. Es kommt weiter zu Terror und zu Selbstmordanschlägen. Genau darüber hat der italienische Autor Stefano Massini einen Theatertext geschrieben: „Ichglaubeaneineneinzigengott.“ (Originaltitel: Credoinunsolodio). Es geht um drei Frauen in Israel, drei Kulturen, drei Religionen, drei Lebenswege und: ein Schicksal, dass diese drei Frauen verbindet. Massinis Interesse gilt den einzelnen Menschen in diesem gesellschafts-politischem Wandel, der doch eher einer Stagnation gleicht. Er beschreibt die Leben der drei Frauen mit großer Dringlichkeit. Es treten auf: Eden Golan, Dozentin für hebräische Geschichte, Mina Wilkinson, eine amerikanische Soldatin, und schließlich Shirin Akhras, eine 20-jährige palästinensische Studentin. Die Perspektiven der drei Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein; es ist eben nicht erlaubt, auf der gleichen Seite zu kämpfen, im Spiel der Gegensätze. Ihre Geschichten laufen parallel, scheinbar unvereinbar und trotzdem miteinander verbunden im großen Labyrinth des Heiligen Landes, wo TNT mit der Leichtigkeit von Feuerwerkskörpern explodiert, und Ängste intravenös ins Blut kriechen. Diese drei Frauen sind die Hoffnung Israels und Palästinas – und ihre Zusammenkunft das Ergebnis einer endlosen Gewaltspirale, die das Land täglich weiter zerstört. Der gebürtiger Florentiner Stefano Massini, Jahrgang 1975, der derzeit zu den gefragtesten italienischen Dramatikern zählt, hat klassische Philologie studiert. Seine Texte zielen auf Internationalisierung. Das könnte auch daran liegen, dass er als Kind in eine 25-köpfige Schulklasse kam, von denen gerade einmal vier Schüler aus italienischen Familien kamen. Die anderen stammten Neues aus dem Staatsschauspiel Die Inszenierung von Wolfgang Engel „Amerika“ nach dem Roman von Franz Kafka in der Theaterfassung von Pavel Kohout und Ivan Klíma ist zum Prager Theaterfestival deutscher Sprache eingeladen, das vom 5. bis 29. November in Prag stattfindet. Das Festival feiert in diesem Jahr sein 20. Jubiläum. Die Einladung ist auch eine Hommage an Pavel Kohout, der das Festival mitbegründet hatte. Das Besondere an der Aufführung: sie findet in Dresden statt. Das riesengroße Bühnen- Cathleen Baumann spielt 3 Personen in Personalunion: Eden Golan, Professorin für jüdisch-israelische Geschichte, Shirin Akhras, muslimisch-palästinensische Studentin und Mina Wilkinson, amerikanische Soldatin. FOTO: MATTHIAS HORN aus dem Maghreb, aus China oder Osteuropa. Zudem besuchte er nachmittags noch eine private jüdische Schule, weil sein Vater, Arzt von Beruf, einst einem jüdischen Kollegen das Leben rettete und dieser dem Jungen aus Dankbarkeit den Schulbesuch ermöglichte. Daraus entstand eine enge Freundschaft und Verknüpfung mit dem Judentum. Die Leidenschaft für das Theater nahm auch in dieser Zeit ihren Ursprung, denn Stefano Massini begann, die Laienaufführungen in der jüdischen Gemeinde regelmäßig zu besuchen. Es verwundert daher nicht, dass das Judentum in Massinis Stück allgegenwärtig ist. Massini hat bisher 15 Stücke geschrieben, darunter „LEHMAN BROTHERS. Aufstieg und Fall einer Dynastie“, das in der letzten Spielzeit mit großem Erfolg seine Deutsche Erstaufführung am Staatsschauspiel Dresden erfuhr. Über sein eigenes aktuelles Umfeld zu schreiben habe ihn nie interessiert, so Massini. Vielmehr gehen seine Stücke zwar von konkreten, genau recherchierten Wirklichkeiten aus, sie beanspruchen indes aber paradigmatische Geltung. So geht es in einem seiner Stück beispielsweise um Anna Politkowskaja, in einem anderen um das Konzentrationslager von Maida- Besetzung Mit: Cathleen Baumann Regie: Nora Otte Bühne: Ansgar Prüwer-LeMieux Lisa Edelmann Dramaturgie: Julia Weinreich bild von Olaf Altmann ist nicht transportabel, deshalb kommt das Festival mit seinem Publikum nach Dresden. Für das anreisende Prager Publikum haben wir tschechische Übertitel eingerichtet. Seit Anfang Oktober steht Ines Marie Westernströer für eine der Hauptrollen für „Die Hannas“ vor der Kamera. Anna und Hans sind zusammen die „Hannas“: sie sind ein gemütliches Langzeitpaar in den eingeschlafenen Dreißigern, bis sie unabhängig voneinander auf die Schwestern Kim und Nicola treffen und beide, ohne vom Betrug des anderen zu ahnen, eine Affäre beginnen. Regie führt Julia C. Kaiser, der Film kommt 2016 in die Kinos. Und: Auch in dieser Spielzeit zeigen wir in der Reihe Theater zu Gast wichtige Inszenierungen führender deutschsprachiger Bühnen und Ensembles. Im März geht es los mit dem Burgtheater Wien und „Der Sturm“ sowie der Inszenierung des Regiekollektivs Rimini Protokoll „Adolf Hitler: Mein Kampf Band 1 & 2“. Im April geht es weiter mit den Münchner Kammerspielen und der Revue „Ekzem Homo“ von und mit dem Kabarettisten Gerhard Polt und das Deutsche Theater Berlin mit „Gift“, in den Hauptrollen Dagamar Manzel und Ulrich Matthes. Der Vorverkauf beginnt jetzt! nek und in „Ichglaubeaneineneinzigengott.“ eben um den scheinbar unauflöslichen Israel-Palästina-Konflikt. Regie führt Nora Otte, die von 2012 bis 2015 als Regieassistentin am Hause beschäftigt war und u.a. mit Tilmann Köhler, Jan Gehler, Wolfgang Engel und Sebastian Baumgarten zusammenarbeitete. In der letzten Spielzeit richtete sie u.a. die szenische Lesung „Medea.Stimmen“ von Christa Wolf ein. Die drei Frauen werden von einer Schauspielerin (Cathleen Baumann) gespielt. So hat es der Autor Stefano Massini zum einen vorgesehen, zum anderen verdeutlicht dieses Spielprinzip der schnellen Perspektivwechsel vielleicht am besten, dass die scheinbar klaren politischen, sozialen, wirtschaftlichen und persönlichen Trennlinien eben gar nicht so scharf zu ziehen sind. Julia Weinreich Kostüm: Die Theaterzeitung 11/2015 05 Das Ensemble von Morgenland vor Kulturschätzen aus dem Orient in der Türckischen Cammer. Morgenland Ein Abend mit Dresdnerinnen und Dresdnern aus dem Orient. In arabischer, englischer und deutscher Sprache, mit deutschen Untertiteln Premiere am 29. November um 19:00 Uhr im Kleinen Haus 3. Weitere Termine: 5. und 6.12. sowie 20.12. Höchste Zeit, sie kennen zu lernen urzeit probt Miriam Tscholl, Leiterin der Bürgerbühne, an einem neuen Projekt. Diesmal sind es „Dresdner aus dem Orient“. Während der Proben unterhielt sie sich mit der Dramaturgin Felicitas Zürcher über ihre Begegnung mit einer fremden Welt. Z Das Projekt „Morgenland“ wurde im Frühjahr 2014 geplant. Was war der Grund für die Idee, ein Theaterstück mit arabisch-sprachigen Dresdnern zu machen? Miriam Tscholl: Ich wähle meine Themen danach aus, was mich gerade beschäftigt. Im Frühjahr 2014 kam ich gerade von einer großen, berauschenden Reise zurück und hatte Pegida nur per Internet verfolgt. Pegida war für mich der Untergang des Abendlandes. Da lag es nahe zu schauen, was eigentlich das Morgenland zu bieten hat. Vielleicht war es eine Art emotionale Flucht aus der Dresden-Depression. Ein weiterer Grund ist, dass viele Menschen wenig wissen vom arabischen Raum und seiner Kultur, mich eingeschlossen. Da Menschen ganz simpel durch Kennenlernen Angst abbauen, dachte ich: Höchste Zeit, dass ich und ein Dresdner Publikum unsere arabischsprachigen Mitmenschen besser kennenlernen. FOTO: DAVID BALTZER Die erste Idee war, sich über die Literatur an die andere, arabische Kultur anzunähern. Ging die Idee auf? An manchen Stellen ist das aufgegangen, an anderen Stellen haben sich andere Themen als spannender oder naheliegender gezeigt. Wir stellen einige Dichter, Musiker, Comiczeichner und Autoren vor, die den Spielern aus unterschiedlichsten Gründen wichtig sind. Manchmal stehe ich aber auch etwas ratlos vor einem Roman oder Film, von dem mir berichtet wird. Wie bringe ich das in einen Zusammenhang? Interessiert das jemanden aus dem Publikum? Die Lebensgeschichten der Spieler „Morgenland“ ist ein halb ironischer Titel. Was sind natürlich sofort und ganz offensichtlich interessagen die Spieler dazu? Wie verhalten sie sich zum sant. Wir wollten uns ja mit der arabischen Literatur und europäischen Blick auf ihre Kultur? Kultur beschäftigen. Und Kultur ist zum Glück ein weiSchon im ersten Gespräch wurde klar, dass die Spieler ter Begriff. den Titel lesen, wie er auch gemeint war: als eine westliche Projektion auf ihren Kulturkreis. Den Darstellern Welche Texte sind von den Spielern mitgebracht ist auch klar, dass Europa ihre Länder für rückständig worden? Und welche anderen Themen werden im hält und sie verbinden mit dem Projekt die Möglichkeit, Stück zur Sprache kommen? auch Gegenteiliges zu zeigen. Am Anfang war dennoch Es ist wunderbar, was ich alles zu sehen bekomme: Youetwas Unsicherheit im Spiel. Das wurde in Fragen sicht- tube-Clips, wie sich ein Comedian in Syrien Deutsche bar wie: Müssen wir traditionelle arabische Kostüme beim Sex vorstellt, Romane von Nagib Machfus, Nobeltragen? preisträger für Literatur, der als der arabische Thomas Mann bezeichnet wird, Zeichentrickfilme oder Texte von Kommunikation, Austausch und Begegnung sind politischen Schriftstellern. Wichtig ist auch der Bereich ein wichtiger Aspekt und ein Anliegen von Musik, denn vier der Mitwirkenden sind vor allem als „Morgenland“. Inwiefern prägt das die Gestalt des Musiker dabei. Außerdem widmen wir uns dem Bereich Abends? Liebe und Ehe, der Rolle der Frau, dem Mythos Mutter, Sichtbar wird dieses Anliegen schon am Raum. Die Zu- der Religion und dem Blick auf unsere deutsche Kultur. schauer sitzen an Tischen mit auf der Bühne, in einer Art Das ist eigentlich schon viel zu viel. Café-Situation. Es gibt auch die frontale Erzählung im Stück, wichtiger sind aber die direkten Begegnungen Besetzung zwischen Spieler und Publikum, die an den Tischen Mit: Tarek Alsalloum, Ashraf Ayash, Rouni Mustafa, Ibrahim Qadi, Sami Ramadan, Elai Rostom, Diaa Soliman, Yesmine Trigui sowie Anwar stattfinden. Es ist eine Gruppe von Menschen im Alter zwischen 19 und 50 Jahren aus Syrien, Tunesien, Palästina und Ägypten. Eine Frau, elf Männer. Manche von ihnen leben bereits seit einigen Jahren in Deutschland, da sie beispielsweise ihre Doktorarbeit hier schreiben, andere sind erst wenige Wochen vor Projektbeginn nach Deutschland geflohen. Es sind Muslime, Christen und Atheisten unter ihnen, manche sprechen sehr gut Deutsch und manche keine drei Sätze. In ihren Heimatländern waren sie Schüler, Studenten, Doktoranden, Hilfsarbeiter, Lehrer, Tierarzt, Grafiker, Musiklehrer. Es hat sich ein Dutzend Mitspieler gefunden. Was sind das für Leute? Aus welchen Ländern kommen Welche sprachlichen Barrieren gibt es, und wie geht Sie und was machen sie in Dresden? ihr mit den Problemen in der Arbeit damit um? Neues von der Bürgerbühne Am 15. November stürzen sich die Teilnehmer des Clubs der anders begabten Bürger hinein in die Arbeitswelt zwischen Kisten, Kabeln und Fließband, Wäsche, Kochschürzen und Poststempeln. In Verpackung und Montage oder Was ich immer schon mal werden wollte fragen sie nach dem Sinn ihrer Tätigkeit und ob das, was sie tun, auch das ist, was sie tun wollen. 15:00 Uhr und 19:00 Uhr im Kleinen Haus 3. Die Idealvorstellung ist natürlich, dass man für die Übersetzungsvorgänge interessante künstlerische Formate findet und dass gerade die Mehrsprachigkeit einen Reiz auf der Bühne hat. In der Praxis ist es nicht einfach für mich, mit vielen der Darsteller nur mittels eines Übersetzers oder mit Händen und Füßen kommunizieren zu können. Witze und schlagfertige Bemerkungen, die eine gute Arbeitsatmosphäre schaffen, bleiben dabei oft auf der Strecke. Zum Glück haben wir einen tollen Übersetzer auf den Proben dabei. Aber manchmal diskutieren alle wild auf Arabisch, und ich wünschte, ich könnte es verstehen und – schwupps – eine Szene daraus entwickeln. Manchmal stehen auch lebenspraktische Dinge an. Von einem Spieler bekomme ich zum Beispiel regelmäßig Formulare von Ämtern unter die Nase gehalten und komme mir dabei vor wie in einer Kafka-Geschichte: Wie soll bitte jemand, der noch kein Deutsch spricht, weil er noch keinen Platz in einem Kurs bekommen hat, mit diesem komplizierten Vorgang umgehen, den ich als Deutsche kaum verstehe. Aldiban, Thabet Azzawi, Abed Sarraf, Abdel Semmoudi (Musiker) Regie: Miriam Tscholl Bühne und Kostüm: Belén Montoliú Garcia Musik: Michael Emanuel Bauer Übersetzer: Bashar Alwan Dramaturgie: Felicitas Zürcher Staatsschauspiel Dresden Impressum Adressen: Schauspielhaus Theaterstraße 2, 01067 Dresden Kleines Haus Glacisstraße 28, 01099 Dresden Herausgeber: Staatsschauspiel Dresden Intendant: Wilfried Schulz Redaktion: Dramaturgie / Öffentlichkeitsarbeit Layout: Anett Hahn, Dresdner Magazin Verlag GmbH Redaktionsschluss: 27.10.2015 Karten: per Telefon: 0351.49 13 – 555 per Fax: 0351.49 13 – 967 per E-Mail: [email protected] im Internet: www.staatsschauspiel-dresden.de Staatsschauspiel Dresden 06 Das Goldene Garn (Reckless III) Kinder- und Familienstück für alle ab 8 Jahren frei nach dem Roman von Cornelia Funke für die Bühne eingerichtet von Robert Koall Uraufführung am 1. November um 17:00 Uhr im Schauspielhaus und zuletzt „Alle meine Söhne“ von Arthur Miller in Szene gesetzt hat. Besetzung Mit: Marius Ahrendt, Henriette Hölzel, Thomas Kitsche, Valentin Kleinschmidt, Jonas Friedrich Leonhardi, Ina Piontek, Karina Plachetka, Rainer Philippi, Atef Vogel sowie Florian Busch und Cindy Hammer Regie: Sandra Strunz Bühne und Kostüm: Sabine Kohlstedt Musik: Rainer Süßmilch, Karsten Süßmilch Choreografie: Ted Stoffer Dramaturgie: Julia Weinreich ie Autorin Cornelia Funke hat dem Staatsschauspiel Dresden erneut ihr Vertrauen geschenkt und Für folgende Vorstellungen von Das Goldene Garn lässt auch den dritten Teil ihrer „Reckless“-Romanserie (Reckless III) gibt es noch Karten: 1.11. (17:00), 8.11. im Schauspielhaus zur Uraufführung kommen. In ihrem (10:30), 9.11. (10:00) 3.12. (16:00), 21.12. (10:30), 22.12. dritten Buch „Das Goldene Garn“ führt die Reise für (10:30), 27.12. (15:00 + 19:00) Will und Jacob Reckless weit in den Osten, bis nach MoskWir spielen das Kinder- und Familienstück Das va. Dabei schwelgt Nerron, der steinhäutige Schatzjäger Gespenst von Canterville von Oscar Wilde für alle und Doppelagent, in Allmachtsfantasien und lehrt Will ab 10 Jahren auch in dieser Spielzeit weiter. Für diese und Jacob das Fürchten. Aber Jacob kann der Tod nicht Termine sind noch Karten erhältlich: 18.11. (19:00), schrecken; er kommt zurück und nimmt allerlei Aben29.11. (15:00 + 19:00), 13.12. (19:00), 23.12. (19:00), 26.12. teuer in Kauf, die ihm beinahe das Leben kosten. Und er (10:30) schließt ein Abkommen mit einer besonders zwielichtiNur die Weberin kann das Goldene Garn der Liebe durchUnsere Kinder- und Familiengen Gestalt, nämlich dem Erlkönig. Der hat den Pakt schneiden. Deshalb reist die Dunkle Fee zur Weberin, befreit stücke werden unterstützt nicht vergessen, den er mit Jacob im Labyrinth des Blau- sich ein für allemal vom Band der Liebe und opfert dafür sogar durch die Ostsächsische Sparkasse Dresden. FOTO: DAVID BALTZER barts mit ihm geschlossen hat: Jacob soll sein künftig ihre Unsterblichkeit. erstgeborenes Kind an ihn abtreten. In der Welt der Märchen muss nämlich für alles bezahlt werden. Der spendierte Platz 2015 am 10. Dezember 2015 um 16:00 Uhr D Wieder folgen wir dem Brüderpaar Will und Jacob durch die verzauberte Spiegelwelt. Diesmal aus dem New York unserer Gegenwart in eine Welt auf der anderen Seite des Spiegels mit verwunschenen Märchenmotiven. In dieser Welt gibt es Feen und Unholde, Wassermänner und Baumwesen, Menschen aus Stein – die Goyl und verwundbare Menschen aus Fleisch und Blut. Regie führt Sandra Strunz, die bereits „Reckless II – Lebendige Schatten“ am Staatsschauspiel inszeniert hat Drei Männer im Schnee Komödie von Erich Kästner Premiere am 5. Dezember um 19:30 Uhr im Kleinen Haus 1 weitere Termine: 11.12., 29.12. (19:30 Uhr) und 31.12. (17:00 und 21:00 Uhr) Einmal möchte‘ ich keine Sorgen haben Peter Jordan und Leonhard Koppelmann inszenieren Erich Kästners Komödie „Drei Männer im Schnee“ D as Grandhotel Bruckbeuren ist die erste Adresse für Reiche und Sorglose, für gelangweilte Gattinnen und begeisterte Wintersportler. Als die Gewinner eines Preisausschreibens in dem exklusiven Skihotel eintreffen, geht es hoch her in der Gerüchteküche: Dr. Fritz Hagedorn, in Wahrheit ein arbeitsloser Akademiker aus Berlin, wird für einen inkognito reisenden Millionär gehalten und dementsprechend vom Personal umsorgt und von den Salonlöwinnen belauert. Er schließt Freundschaft mit Herrn Schulze, der tatsächlich unter falschem Namen eingecheckt hat. Im Kostüm des armen Schluckers Schulze steckt der schwerreiche Geheimrat Tobler, dessen Mission es ist, „endlich zu erfahren, wie die Menschen wirklich sind“. Sein Butler Johann muss indes den Millionär spielen; er trifft als wohlhabender Reeder Kesselhuth ein. Die drei gegensätzlichen Männer schließen Freundschaft, und als plötzlich auch noch Toblers Tochter Hilde im Hotel auftaucht, ist es um Hagedorns Herz geschehen. Was in „Drei Männer im Schnee“ mit einem Preisausschreiben, einem philantropischen Millionär und einem in- Über 750 Kinder und Jugendliche aus Kinderheimen, Behindertenwerkstätten und Förderschulen können am 10. Dezember 2015 um 16:00 Uhr kostenlos eine Vorstellung „Das Goldene Garn (Reckless III)“ im Schauspielhaus besuchen. Für viele von ihnen ist dies aus finanziellen Gründen die einzige Gelegenheit für einen Theaterbesuch. Möglich wird dieses Erlebnis durch Ihre Spenden. Für 5,00 € pro Karte können Sie an unseren Vorverkaufskassen symbolisch Tickets für diese Vorstellung erwerben, die dann einem Kind oder mehreren Kindern zugutekommen. Alternativ können Sie auch einen Betrag in beliebiger Höhe auf folgendes Konto bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden überweisen: Kontonummer 31 20 10 52 27, Bankleitzahl 850 503 00 oder IBAN DE69850503003120105227, BIC OSDDDE81XXX. Für Spenden über 100,00 € erhalten Sie eine Spendenquittung, andernfalls genügt der Zahlungsbeleg eines Kreditinstituts für das Finanzamt. szenierten Verwechslungsspiel beginnt, löst sich zum Schluss in ein Happy End und allgemeines Wohlgefallen auf. Dass es aber auch ganz anders kommen kann, war Erich Kästner nur zu bewusst. Er selbst musste als junger Redakteur, obwohl längst gekündigt, noch kurz vor dem Ausscheiden bei der Neuen Leipziger Zeitung Tausende von Einsendungen zu einem Preisausschreiben sichten und sortieren. Dabei wird Kästner beobachtet haben, dass die Gewinner dieser Spiele oftmals den Erwartungen derer so gar nicht entsprechen, die die Preise ausschreiben. Denn nur wenige Wochen danach, im August 1927, erschien im Berliner Tageblatt seine Geschichte „Inferno im Hotel“, die genau dies zum Thema hat und die die angespannte Atmosphäre der Weimarer Republik jener Jahre widerspiegelt. „Inferno im Hotel“ gilt als Keimzelle der „Drei Männer im Schnee“ – doch bis sich die Geschichte um einen gedemütigten Preisträger zu einer schwungvollen Komödie mit gesellschaftssatirischem Unterton fortentwickelt hat, war es ein weiter Weg. Kästner arbeitet den „Inferno“-Stoff zunächst zu einem Filmexposé und einem Singspielkonzept um, die beide nicht überliefert sind. „Das lebenslängliche Kind“ lautete schließlich der Titel, unter dem die Bühnenkomödie 1934 von einem Autor namens Robert Neuner veröffentlicht wurde. Erich Kästner war inzwischen gezwungen, unter Pseudonym zu publizieren, da er schon 1933 nach der Bücherverbrennung durch die Nationalso- zialisten mit einem Arbeitsverbot belegt worden war. Zahlreiche deutsche Theater nahmen das Stück sofort auf den Spielplan, diverse Verfilmungen folgten und bereits im September 1934 feierte die Komödie auch am Dresdner Staatsschauspiel Premiere. Nun bringen die Regisseure Peter Jordan und Leonhard Koppelmann, die seit einigen Jahren sehr erfolgreich gemeinsam inszenieren, die charmante Verwechslungskomödie in einer sehr musikalischen Version auf die Bühne des Kleinen Hauses. Dazu haben sie einige der schönsten und beliebtesten deutschen Schlager aus den 1930er Jahren ausgewählt, die die Atmosphäre dieser Zeit auf der Bühne des Kleinen Hauses lebendig werden lassen. Und wenn dann das Grandhotel Bruckbeuren am 5. Dezember seine Türen öffnet, ist man zu Gast in einer Welt, deren von Pulverschnee überzuckerte Idylle immer ein bisschen vorgestrig wirkt. Kästners Komödie lädt für die Dauer eines Theaterbesuchs dazu ein, in diesen Kosmos einzutauchen, in dem nur nach und nach zu ahnen ist, in welchem Zustand der Wirrnis, Kälte und Unruhe sich die Welt tatsächlich befindet. Besetzung Thomas Eisen, Sascha Göpel, Matthias Luckey, Ahmad Mesgarha, AnnaKatharina Muck, Alexandra Sinelnikova, Ines Marie Westernströer sowie die Musiker Hans-Richard Ludwig/Georg Schumann und Christoph Herrmann/Micha Seifert Regie: Peter Jordan, Leonhard Koppelmann Bühne: Christoph Schubiger Kostüm: Irène Favre de Lucascaz Musik: Thomas Mahn Dramaturgie: Beret Evensen