UVS Wien Kapitalmarktrecht Werbung für Unternehmensanleihen mit dem Slogan „sicher, einfach und ertragreich sparen!“; Irreführungseignung der Werbeaussage; Erfordernis von Risikohinweisen in der Werbung; Zulässigkeit der Bezeichnung „Sparanlage“; Konsistenzgebot Rechtliche Beurteilung Zur Entscheidung über Spruchpunkt 1. der angefochtenen Straferkenntnisse In den Straferkenntnissen wurde den Beschuldigten unter Spruchpunkt 1. eine Verletzung des § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG mit der Begründung angelastet, dass durch die Aufmachung der Homepage mit Sparschweinen aufsteigender Größe und der sich darüber befindlichen Werbeaussage „sicher, einfach und ertragreich sparen“ eine „sichere“ Sparform suggeriert werde und damit in einer Werbung irreführende Angaben gemacht würden. Nach der Aktenlage und den Parteienvorbringen ist es unstrittig, dass es sich bei den ■ ZFR 2010/144, 227 KMG: § 4 Abs 3, § 16 Z 3 UVS Wien 1. 3. 2010, UVS-06/FM/40/4789/2009-5 Spar-Anleihen um Unternehmensanleihen handelt, die durch ein prospektpflichtiges, öffentliches Angebot auf den Markt gebracht wurden. Da es sich um eine Daueremission handelt (während der gesamten Laufzeit vom 1. 9. 2008 bis zum 1. 9. 2017 können Spar-Anleihen erworben werden) und die Homepage nach Beginn der Angebotsfrist (relevant ist nach der Anlastung ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:227 Judikatur Zu den Anforderungen an die Werbung für Kapitalanlageprodukte nach § 4 Abs 3 KMG 227 10/5/2010 3:14:36 PM Judikatur 228 im Straferkenntnis nur der Zeitraum 6. 10. 2008 bis 22. 4. 2009) im Internet abrufbar war, kommt das KMG zur Anwendung (zum zeitlichen Anwendungsbereich des KMG siehe auch UVS Wien vom 24. 4. 2008, UVS-06/FM/27/10559/2007-13 ua). Dass es sich bei der oben dargestellten Homepage um eine Werbung für die SparAnleihen handelt, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Erscheinungsbild der Homepage. Gegenteiliges wurde von den Beschuldigten in keinem Stadium des Verfahrens behauptet. Unstrittig ist auch, dass sich diese Werbung auf ein öffentliches Angebot iSd § 1 Abs 1 Ziffer 1 KMG für Wertpapiere bezieht, die der Prospektpflicht unterliegen. Die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 KMG sind daher verwirklicht und hatte die Homepage als Werbung den Kriterien des § 4 Abs 2 bis 5 leg cit zu entsprechen. Nach § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG dürfen Angaben in einer Werbeanzeige nicht unrichtig oder irreführend sein. Dass die Werbung unrichtige Angaben enthielte, wurde den Beschuldigten nicht zur Last gelegt. Der verwaltungsstrafrechtliche Vorwurf liegt in der Irreführung durch die spezifische Aufmachung der Homepage […]. Wie vom UVS Wien bereits mehrfach dargelegt (vgl zB Berufungsbescheid vom 19. 5. 2009, UVS-06/FM/40/6644/2008-9) stellt der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 4 KMG eine spezielle Vorschrift für korrekte Werbung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot für Wertpapiere und Veranlagungen auf. § 4 KMG ist eine Schutzbestimmung zugunsten potenzieller Anleger vor Beeinflussung durch unkorrekte Werbung für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert der Werbeanzeige, wie er von einem durchschnittlichen Anleger von Wertpapieren (hier konkret von Unternehmensanleihen) verstanden wird. Maßfigur ist der vernunftbegabte, durchschnittlich gebildete und informierte Anlegerinteressent. Die Wortfolge „sicher, einfach und ertragreich sparen“ kann im Zusammenhang mit mehreren Sparschweinen aufsteigender Größe nach allgemeinem Verständnis der hier heranzuziehenden Maßfigur (ein interessierter Anleger in Unternehmensanleihen kann grundsätzlich aus jeder Bevölkerungsund Bildungsschicht kommen), mit einer sicheren Sparform assoziiert werden. Soweit kann der FMA gefolgt werden. Aus der Begründung des Straferkenntnisses ist erschließbar, dass der Vorwurf gegen die Beschuldigten darin besteht, mit dieser Werbeaussage „eine Sicherheit wie bei einem Sparbuch zu suggerieren, obwohl die mit einem Sparbuch verbundene Einlagensicherung nicht gewährleistet wäre“. Zudem würde durch die Verwendung der Wörter „sicher“ und „ertragreich“ der Eindruck erweckt, ein Wertverlust sei nicht möglich […]. Bei der Beurteilung dieser Aspekte ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Homepage eben (und notgedrungen, da anderenfalls § 4 KMG nicht einschlägig wäre) um eine Werbung handelt. Nach der Rechtsprechung des VwGH sind als Werbung Anpreisungen von Waren und Dienstleistungen, mit welchen ein Güteurteil verbunden ist, nicht aber Angaben rein beschreibender Natur zu verstehen. Wird eine Betriebsbezeichnung oder ein Markenname genannt, so kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, dass damit bestimmte Dienstleistungen oder Waren angepriesen (= beworben) werden (VwGH 19. 10. 2001, 2001/02/0152; 26. 4. 2002, 2002/02/0020). Der Begriff der Werbung umfasst jedoch nicht bloß wirtschaftliche Werbung in dem Sinn, dass damit Güter, Dienstleistungen, etc angepriesen werden sollen, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen; vielmehr sind auch Maßnahmen, die nicht darauf abzielen, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, sondern Menschen in einem anderen Sinn zu beeinflussen, als Werbung zu bezeichnen (VwGH 8. 7. 2005, 2004/02/0402; 23. 11. 2001, 99/02/0287). Es liegt im Selbstzweck einer Werbeanzeige begründet, dass in ihr die Vorteile eines Produktes anpriesen werden. Für Werbeanzeigen die dem § 4 KMG unterliegen gilt zwar ein „objektivierter“ Maßstab, § 4 leg cit geht aber nicht so weit, dass es zu einer de facto Umkehr der Werbeaussage kommen muss. Auch im Anwendungsbereich des § 4 KMG darf Werbung eine positive Anpreisung des Produktes beinhalten. Bei der Beurteilung einer Werbeanzeige auf ihre Kompatibilität mit den Vorgaben des § 4 KMG ist auf das Gesamtbild der Werbung abzustellen. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Homepage in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist. Die Einstiegsseite (= die inkriminierte Seite) der Homepage ist nicht nur mit Sparschweinen und der Überschrift „sicher, einfach und ertragreich sparen!“ gestaltet, sondern enthält auch das Spar-Logo (Schriftzug SPAR verbunden mit einem Nadelbaum in einem Kreis), spricht von „SPAR Anleihen“ und stellt den „aktuellen Zinssatz“ dar. Für einen Durchschnittsanleger ist daher unzweifelhaft erkennbar, dass es sich um eine Homepage der Spar AG handelt und wird er diese in Österreich sehr bekannte Marke als „Supermarktkette“ identifizieren. Ein Konnex zu einer Bank oder Sparkasse wird durch diese Aufmachung nicht hergestellt. Für den Durchschnittsanleger ist auch ohne Weiteres erkennbar, dass das angebotene Produkt eine Anleihe und kein Sparbuch ist. Dies zum einem aus der Bezeichnung „Anleihe“ und zum anderen aus dem Allgemeinwissen, dass „Lebensmittelhändler“ keine Sparbücher vertreiben. Wird das Produkt nicht als Sparbuch beworben, kommt auch dem Argument der Einlagensicherung keine Bedeutung zu, da ein Durchschnittsanleger eine solche staatliche Finanzabsicherung mit Anleihen nicht in Verbindung setzt. Das Wort „sicher“ bedeutet schon im allgemeinen Sprachgebrauch keine absolute Sicherheit, sondern ist auch für die Maßfigur erkennbar, dass auch in „sicheren“ Bereichen Risiken bestehen bleiben. Für den vorliegenden Fall bleibt als Restrisiko eine Zahlungsunfähigkeit der Spar AG. Diese für jede natürliche und juristische Person denkbare Zahlungsunfähigkeit verbietet aber nicht die Verwendung des Wortes „sicher“ in einer Werbung für Anleihen. Zur Verwendung das Wortes „sparen“ ist auf § 31 BWG hinzuweisen, der in Abs 1 Sparurkunden bzw Spareinlagen („sind Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von besonderen Urkunden (Sparurkunden) entgegengenommen werden dürfen“) definiert und in Abs 2 diese Sparurkunden einem besonderen Schutz unterstellt […]. Durch diese Regelung stellt der Gesetzgeber Spareinlagen, nicht aber sonstige Finanzprodukte unter Schutz. Die Vorbehaltsregel für das Wort „spar“ in § 31 Abs 2 BWG ist eng gefasst und normiert nach dem klaren Wortlaut lediglich einen besonderen Schutz von Sparurkunden. Es besteht keine Veranlassung, diesen Schutz auf andere Wortkombinationen, die das Wort „spar“ enthalten, auszudehnen. Die Wortkombination „Sparanlage“ ist daher frei verwendbar. Im konkreten Fall gilt es überdies zu berücksichtigen, dass das Wort „Spar“ nicht nur ein Teil des Firmennamens der Spar AG, sondern auch ein maßgebliches Element des Firmenlogos ist. Der UVS teilt im Ergebnis die Ansicht nicht, dass mit der Homepage der Gesamteindruck einer mit einem Sparbuch verbundenen Sicherheit suggeriert und damit eine irreführende Angabe in einer Werbung gemacht wurde. Da die Beschuldigten die ihnen angelastete Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG nicht begangen haben, waren die Straferkenntnisse in ihrem Spruchpunkt 1. zu beheben und die Verfahren in diesem Umfang einzustellen. Zur Entscheidung über Spruchpunkt 2. und 3. der angefochtenen Straferkenntnisse Der UVS Wien vertritt die Ansicht, dass in Spruchpunkt 2. de facto dieselbe Verwaltungsübertretung wie in Spruchpunkt 1. ein zweites Mal angelastet wurde. Grundsätzlich liegt eine Übertretung des § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG schon dann vor, wenn in einer Werbung auch nur eine Passage irreführend ist. Einer weiteren Bestrafung für jede weitere irreführende Aussage in derselben Werbung stünde das Verbot der Doppelbestrafung entgegen. Wäre Spruchpunkt 1. in Rechtskraft erwachsen, hätte Spruchpunkt 2. schon aus diesem Grund behoben werden müssen. Da jedoch Spruchpunkt 1. aufgehoben wurde, gilt es auch Spruchpunkt 2. zu prüfen, wobei auf die Ausführungen über die Bewertung der Sicherheit auf Spruchpunkt 1. zu verweisen ist. Die im Spruch getroffene Wertung, dass die Spar-Anleihe „nicht die Sicherheit einer wertbeständigen Sparform bietet“ trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Die Spar AG bietet Unternehmensanleihen mit einem fixen Zinssatz (gestaffelt nach der Laufzeit) an und haftet dafür mit ihrem gesamten Firmenvermögen. Weshalb diese Sparform nicht wertbeständig sein soll, bleibt unbegründet. Wertbeständig bedeutet nicht, dass das Finanzinstrument einer Einlagensicherung unterliegen muss. Aus dem Hinweis auf die Haftung mit dem gesamten Vermögen […] ergibt sich die Grenze der Sicherheit bzw Wertbeständigkeit. Gerät die Spar AG in Zahlungsunfähigkeit ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:228 10/5/2010 3:14:36 PM denen Liquiditätskosten dargestellt. Ein Widerspruch zwischen der Werbung und dem Prospekt liegt daher nicht vor. Ob im Sachverhaltselement des Spruchpunktes 3. eine irreführende Aussage zu sehen ist, hatte der UVS nicht zu prüfen, da damit die „Sache“ des Berufungsverfahrens überschritten worden wäre. Da die Beschuldigten die ihnen angelastete Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 3 dritter Satz KMG nicht begangen haben, waren die Straferkenntnisse in ihrem Spruchpunkt 3. zu beheben und die Verfahren in diesem Umfang einzustellen. Anmerkung der Bearbeiter 1. Der hier zu besprechenden Entscheidung lagen Straferkenntnisse der FMA zugrunde, die sich gegen die Werbung für Unternehmensanleihen auf der Homepage der Emittentin richteten. Die Anleihen werden von einem großen österreichischen Lebensmittelkonzern begeben und – unter Verwendung des Firmennamens bzw der Wortbildmarke der Emittentin – als „Sparanlage“ beworben. Die FMA sah § 4 Abs 3 KMG zunächst durch die Aufmachung der Homepage verletzt; es werde eine sichere Sparform suggeriert, zumal die Homepage von Sparschweinen in aufsteigender Größe dominiert sei und außerdem mit dem Slogan „sicher, einfach und ertragreich sparen!“ geworben werde. Weiters erblickte die FMA eine Irreführung darin, dass Vorteile hervorgehoben würden, ohne dass auf mögliche Risikofaktoren hingewiesen würde, da nach Ansicht der Behörde die beworbenen Unternehmensanleihen nicht die Sicherheit einer wertbeständigen Sparform böten. Zuletzt sah die FMA auch einen Widerspruch zwischen den Angaben auf der Homepage und dem Prospekt, da im Falle der vorzeitigen Kündigung der Anleihen Liquiditätskosten abgezogen würden, auf der Homepage jedoch die Information abrufbar sei, dass keinerlei Spesen und Gebühren anfielen. Der UVS Wien hob über Berufung die Straferkenntnisse in allen drei Punkten auf und stellte das Verfahren ein. 2. Die E ist zunächst schon deswegen beachtlich, weil sie Rechtsausführungen zum Irreführungsverbot des § 4 Abs 3 KMG1) enthält. Dieses Irreführungsverbot ist Teil der kapitalmarktrechtlichen Informationsmaxime, die ihren Ursprung primär darin hat, dass es dem einzelnen Anleger oft nicht möglich sein wird, die für seine Anlageentscheidung relevanten Informationen selbst zu beschaffen.2) Auch wenn die E vor dem Hintergrund des § 4 KMG getroffen wurde, können ihre wesentlichen Aussagen mutatis mutandis für andere Tatbestände der Irreführung wie § 2 UWG3) oder § 41 Abs 1 1) 2) 3) Zu diesem siehe Knauder, Zu Fragen irreführender Werbung beim Vertrieb von Kapitalanlagen und daraus resultierender Schadenersatzansprüche (I), ZFR 2009/58, 97 ff; Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 4 Rz 1 ff. Vgl Kalss, Anlegerinteressen (2001) 165 f. Siehe dazu Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG § 2 Rz 1 ff; Knauder, Zu Fragen irreführender Werbung beim Vertrieb von Kapitalanlagen und daraus resultierender Schadenersatzansprüche (II), ZFR 2009/90, 137 ff. Zum Verhältnis des allgemeinen Lauterkeitsrechts zu den kapitalmarktrechtlichen Spezialvorschriften vgl auch Knauder, WAG4) herangezogen werden, zumal insofern eine teleologische Verwandtschaft dieser Bestimmungen mit jener des § 4 Abs 3 KMG besteht, als sie eine Irreführung des (Anleger-)Publikums verhindern wollen. Im Fokus steht dabei jeweils das Ziel, dem Anleger eine eigenverantwortliche Entscheidung auf wohl informierter Grundlage zu ermöglichen.5) 3. Die erste Instanz stützte die Straferkenntnisse auf einen behaupteten Verstoß gegen § 16 Z 3 iVm § 4 Abs 3 zweiter bzw dritter Satz KMG. Nach § 16 Z 3 KMG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu € 50.000,- zu bestrafen, wer im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder Veranlagungen, das nach KMG prospektpflichtig ist, entgegen § 4 KMG wirbt.6) Nach Ansicht des UVS bildet § 16 iVm § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG insofern ein einheitliches Delikt, als eine Übertretung schon dann vorliegt, wenn in der Werbung auch nur eine Passage irreführend ist. Einer weiteren Bestrafung für jede einzelne irreführende Aussage stünde das Doppelbestrafungsverbot im Wege. Für die Sichtweise des UVS spricht Folgendes: Die Tathandlung der betreffenden Verwaltungsübertretung besteht darin, dass in einer gegen die Vorgaben des § 4 KMG verstoßenden Weise – nämlich im Fall der Verwaltungsübertretung nach § 16 iVm § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG in irreführender Weise – geworben wird.7) Schon der Tatbestand stellt somit auf die Werbung als Ganzes ab, woraus folgt, dass nicht jede einzelne irreführende Passage einer einheitlichen Werbeaussage für sich den Tatbestand erfüllt. Ist eine einheitliche Werbung (zB eine Werbebroschüre oder eine Homepage) in mehreren Punkten irreführend, liegt demnach nur eine Verwaltungsübertretung vor, die nur einmal zu ahnden ist. Es werden in diesem Fall nämlich gerade nicht durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, sondern es wird nur eine einheitliche Tathandlung gesetzt, die nur unter eine Strafdrohung fällt und daher auch bloß einmal sanktioniert werden darf.8) 4. Unstrittig war, dass es sich bei der gegenständlichen Homepage um eine Werbung iSd § 4 KMG handelt. Diese Norm bezieht sich – wie schon der Wortlaut des § 4 Abs 1 KMG zeigt – auf jegliche Art von 4) 5) 6) 7) 8) ZFR 2009/58, 97, 99; Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 4 Rz 12, 27 ff; sowie OGH 20. 1. 2009, 4 Ob 188/08p ZFR 2009/63, 108. Siehe dazu Brandl/Klausberger in Brandl/Saria, WAG2 § 41 Rz 10 ff; Graf in Gruber/N. Raschauer, WAG § 41 Rz 6. Brandl/Klausberger in Brandl/Saria, WAG2 § 40 Rz 10 ff; Graf in Gruber/N. Raschauer, WAG § 40 Rz 2; Knauder, ZFR 2009/58, 97; Oppitz, Zum zeitlichen Anwendungsbereich der Werbevorschriften des KMG, GesRZ 2008, 93; Weber, Kapitalmarktrecht (1999) 363 ff; Winternitz/ Aigner, WAG 26 f. Vgl Gruber, Das öffentliche Angebot im Kapitalmarktgesetz, ZFR 2007/5, 32 f; Zib in Zib/Russ/ Lorenz, KMG § 4 Rz 47 f. Zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung siehe N. Raschauer/Wessely, Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil (2005) 49 ff. Vgl N. Raschauer in N. Raschauer/Wessely, VStG § 22 Rz 5. ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:229 Judikatur (zB in Form eines Konkursverfahrens), kommt es zu einem Anspruchsverlust. Dies ist für einen Durchschnittsanleger erkennbar gewesen. Diesbezüglich enthält die Werbung keine irreführenden Angaben. Der Begründung zu Spruchpunkt 2. ist aber zu entnehmen, dass der Vorwurf darin liegt, keinen Risikohinweis in die Werbung aufgenommen zu haben. In der Werbung wird zur Frage „Wie sicher ist meine Anlage?“ neuerlich auf die Haftung mit dem gesamten Vermögen und auf § 12 der Anleihenbedingungen verwiesen. Zur Frage der Verschweigung von Risikohinweisen in einer Werbung hat sich der OGH für den Anwendungsbereich des § 4 KMG in seinem Beschluss vom 20. 1. 2009, 40b 188/08p, […] geäußert […]. Diese Rechtsauffassung, die der OGH ausdrücklich auch auf § 4 Abs 3 KMG stützt, wird vom UVS Wien geteilt. Insb der Rechtssatz „Stellt ein Unternehmer eine bestimmte Eigenschaft eines Produkts ausdrücklich als besonderen Vorteil heraus, so wird er zur Vermeidung eines unrichtigen Gesamteindrucks auch auf die mit dieser Eigenschaft zwangsläufig verbundenen Nachteile hinweisen müssen.“ trifft auf den vorliegenden Fall zu. Hätte die Spar AG in ihrer Werbung den Eindruck vermittelt, dass bei ihrer Unternehmensanleihe keinerlei Risiko eines Verlustes bestünde (so hat der UVS Wien bspw die Werbeaussage für Zertifikate „Keine Korrelation mit der Kursentwicklung der Aktienmärkte. In volatilen Zeiten DER Sicherheitsfaktor in jedem Depot“ als irreführend iSd § 4 Abs 3 KMG beurteilt; vgl UVS-06/FM/40/6644/2008-9 vom 19. 5. 2009), hätte ein Hinweis auf den Prospekt nicht ausgereicht, sondern hätte es eines klar formulierten Warnhinweises auf die denkbare Zahlungsunfähigkeit bedurft. Da diese „absolute“ Sicherheit nicht in der Werbeanzeige zum Ausdruck gebracht wird, sondern jeweils auf den Haftungsumfang (gesamtes Vermögen der Spar AG) abgestellt wird, bedurfte es keines Risikohinweises auf den zumindest denkbaren Fall der Zahlungsunfähigkeit der Spar AG. Der UVS vertritt im Ergebnis die Ansicht, dass durch das Unterlassen eines Hinweises auf die denkbare Zahlungsunfähigkeit keine irreführende Angabe in einer Werbung gemacht wurde. Da die Beschuldigten die ihnen angelastete Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 3 zweiter Satz KMG nicht begangen haben, waren die Straferkenntnisse in ihrem Spruchpunkt 2. zu beheben und die Verfahren in diesem Umfang einzustellen. In den Spruchpunkten 3. wurde jeweils ein Widerspruch der Werbung (in concreto der Verrechnung von Liquiditätskosten) zum Prospekt angelastet. Auch für die Bestimmung des § 4 Abs 3 dritter Satz KMG gilt, dass die gesamte Werbung (hier die Homepage) dem Prospekt gegenüber gestellt werden muss. Es trifft zwar zu, dass in der Werbung mit den Worten „spesenfrei“ und „es fallen keinerlei Spesen oder Gebühren an“ geworben wird, es werden aber auch […] die Liquiditätskosten für den Fall einer vorzeitigen Kündigung dargestellt und mit einem Beispiel erörtert. Im Prospekt werden unter dem Titel „vorzeitige Rücklösung“ ebenfalls die damit verbun- 229 10/5/2010 3:14:36 PM Absatzförderung unabhängig vom gewählten Medium.9) 5. Der UVS sieht in § 4 KMG eine Schutzbestimmung zugunsten potenzieller Anleger, womit eine negative Einflussnahme unkorrekter Werbung auf die Entscheidung des Anlegers verhindert werden soll. Dabei ist zu klären, wie man die Irreführung potenzieller Anleger konkret festzustellen hat. Nach der E ist dazu der „vernunftbegabte, durchschnittlich gebildete und informierte Anlegerinteressent“ als Maßfigur heranzuziehen. Wie aus dem Bereich des UWG bekannt ist also auch bei der Prüfung der Irreführung nach § 4 KMG ein normatives Leitbild der Marktgegenseite in Form eines durchschnittlichen Anlegers zugrunde zu legen.10) Ausschlaggebend ist somit nicht der durchschnittliche Verbraucher schlechthin, sondern der durchschnittlich verständige Anleger,11) wobei es wiederum nicht auf den Anleger schlechthin, sondern auf den durchschnittlichen Interessenten des in Rede stehenden Produkts – hier eben Unternehmensanleihen – ankommt. Der UVS orientiert sich dabei insofern an der lauterkeitsrechtlichen Judikatur, als nicht auf einen flüchtigen Anleger, sondern vielmehr auf einen informierten und verständigen Durchschnittsanleger abgestellt wird.12) Dies ist auch sachgerecht, weil bei der Kapitalanlage die Entscheidungsfindung im Regelfall länger und intensiver überlegt wird als bspw beim Erwerb von Gütern des täglichen Bedarfs.13) Beim Durchschnittsanleger als normativer Maßfigur ergibt sich freilich weiterer Konkretisierungsbedarf. Der OGH ist dabei im Bereich des UWG jüngst vom gruppenübergreifenden Durchschnittsverbraucher zu einer differenzierteren Betrachtungsweise übergegangen: Richtet sich eine Werbung an verschiedene, nach objektiven Merkmalen identifizierbare Gruppen, so hat eine gruppenspezifische Prüfung stattzufinden. Der Tatbestand der Irreführung ist dabei schon dann erfüllt, wenn die in Rede stehende Geschäftspraktik dazu geeignet ist, das durchschnittliche Mitglied einer dieser Gruppen in die Irre zu führen.14) Diese Segmentierung des Durchschnittsverbrauchers in verschiedene Untergruppen hat im Schrifttum teils Zustimmung gefunden,15) ist aber auch auf Kritik gestoßen.16) Der UVS nimmt eine 9) 10) 11) 12) Judikatur 13) 230 14) 15) 16) Knauder, ZFR 2009/58, 97; Zib in Zib/Russ/ Lorenz, KMG § 4 Rz 3; Zivny, KMG § 4 Rz 8. Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG § 2 Rz 52. Ebenso für den Bereich des UWG Krejci, Zur Anfechtung von Wertpapierkäufen wegen irreführender Werbung und Beratung, ÖJZ 2010/10, 61; Koppensteiner, Zum lauterkeitsrechtlichen Adressatenbild bei der Bewerbung von Kapitalanlagen, RdW 2010/138, 134. Zum Lauterkeitsrecht siehe Anderl/Appl in Wiebe/ Kodek, UWG § 2 Rz 60 ff. Vgl auch Krejci, ÖJZ 2010/10, 62 und Knauder, ZFR 2009/90, 139, der ausführt, bei Kapitalanlagen dürfe wegen ihrer Bedeutung eine höhere situationsbedingte Aufmerksamkeit erwartet werden. OGH 20. 1. 2009, 4 Ob 188/08p ZFR 2009/63, 108 = MR 2009, 92 mit krit Anm R. Heidinger = ecolex 2009/274, 694 mit Anm Horak. Eilmansberger/Rüffler, Zum bei der Bewerbung von Kapitalanlagen maßgeblichen Verbraucherleitbild, RdW 2010/347, 319. Krejci, ÖJZ 2010/10, 58; Koppensteiner, RdW 2010/138, 132. derartige Segmentierung nicht vor, obwohl er die betreffende E des OGH in anderen Punkten sehr wohl argumentativ heranzieht. Für den UVS ist offenbar der Durchschnitt des für die jeweilige Anlageform infrage kommenden Anlegerpublikums in seiner Gesamtheit heranzuziehen,17) zumal der UVS explizit anführt, ein interessierter Anleger in Unternehmensanleihen könne grundsätzlich aus jeder Bevölkerungs- und Bildungsschicht stammen. Der UVS führt zudem aus, dass für die Beurteilung der objektive Erklärungswert der Werbeanzeige heranzuziehen sei, wie er von einem durchschnittlichen Anleger von Wertpapieren verstanden werde. Mit diesem Satz ist wohl gemeint, dass die Irreführung objektiv zu prüfen ist: Schon die objektive Eignung zur Irreführung des Publikums reicht aus, es ist darüber hinaus nicht erforderlich, dass die Werbung von einzelnen Personen tatsächlich missverstanden worden ist.18) 6. Der UVS hat ferner ausgesprochen, dass als Prüfgegenstand die gesamte Werbung heranzuziehen ist. Insb im Hinblick auf das in § 4 Abs 3 KMG enthaltene Konsistenzgebot, wonach die Werbeaussagen nicht im Widerspruch zu den Angaben im Prospekt und allfälligen Nachträgen stehen dürfen,19) ist die Werbung in ihrer Gesamtheit dem Prospekt gegenüberzustellen. Dies entspricht im Ergebnis der parallelen Situation im Bereich des Irreführungsverbots, wo die Irreführungseignung am Gesamteindruck der Werbeankündigung zu beurteilen ist.20) Der Beurteilung eines Werbetextes sind nach der Rsp nicht einzelne Teile für sich, sondern ist der Text in seiner Gesamtheit zu unterziehen.21) Der Gesamteindruck der Werbeankündigung darf dabei nicht in subtiler und spitzfindiger Weise zergliedert werden.22) Im konkreten Fall wurde zwar mit den Worten „spesenfrei“ und „es fallen keine Spesen und Gebühren an“ geworben, an anderer Stelle wurde freilich darauf hingewiesen, dass für den Fall vorzeitiger Rücklösung Liquiditätskosten anfallen können. Da die Liquiditätskosten bei vorzeitiger Kündigung auch im Prospekt ausgewiesen waren, lag letztlich keine Diskrepanz zwischen Werbung und Prospekt vor. In der ersten Instanz wurde demgegenüber offenbar eine isolierte Prüfung vorgenommen und die Aussagen „spesenfrei“ bzw „es fallen keine Spesen und Gebühren an“ dem Prospekt gegenübergestellt, der freilich bei vorzeitiger Rücklösung die Berechnung von Liquiditätskosten vorsieht. Gegen diese Vorgehensweise hat sich der UVS mit Recht 17) Dafür auch Krejci, ÖJZ 2010/10, 61. 18) Krejci, ÖJZ 2010/10, 59 f; Knauder, ZFR 2009/90, 139; vgl zum WAG Brandl/Klausberger in Brandl/ Saria, WAG2 § 41 Rz 20; Graf in Gruber/ N. Raschauer, WAG § 41 Rz 6. 19) Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 4 Rz 13. 20) Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG § 2 Rz 153 mwN Vgl auch für den Bereich des Kapitalmarktrechts Weber, Kapitalmarktrecht 277. 21) StRsp seit OGH 29. 2. 1956, 3 Ob 94/56; siehe nur OGH 5. 3. 1974, 3 Ob 30/74 ÖBl 1974,119; 15. 11. 1976, 4 Ob 379/76 ÖBl 1977, 37; 26. 8. 2008, 4 Ob 109/08w; 18. 11. 2008, 4 Ob 178/08t; 20. 1. 2009, 4 Ob 188/08p; 23. 2. 2010, 4 Ob 99/09a. 22) OGH 19. 12. 2006, 4 Ob 171/06k. gewandt, zumal es sonst möglich wäre, einzelne Passagen der Werbung aus ihrem Zusammenhang zu reißen und dem Prospekt gegenüber zu stellen, dabei aber andere Passagen aus derselben Werbung nicht in die Beurteilung einzubeziehen. Eine einheitliche Betrachtung im Sinne des Konsistenzgebots erfordert es vielmehr, das Werbemittel als Ganzes im Vergleich mit dem (gesamten) Prospekt zu beurteilen und nicht einzelne Passagen isoliert dem Prospekt gegenüberzustellen. Eine allfällige Irreführung hat der UVS in diesem Punkt nicht geprüft, weil damit die Sache des Berufungsverfahrens überschritten worden wäre. Eine Irreführung liegt hier freilich nicht vor. Dies folgt schon aus dem formalen Aspekt, dass die bei vorzeitiger Beendigung anfallenden Liquiditätskosten nicht zu den Spesen und Gebühren zu rechnen sind. Spesen und Gebühren haben nämlich Entgeltscharakter und werden für bestimmte Dienstleistungen geschuldet, die der Dienstleister dem Kunden gegenüber erbringt – unabhängig davon, ob der betreffende Vertrag vorzeitig beendet wird oder nicht. Die Berechnung von Liquiditätskosten folgt demgegenüber aus der vorzeitigen Beendigung der befristeten Kapitalbereitstellung durch den Anleger und schlägt sich in einer entsprechenden Reduktion des Zinssatzes nieder. Da den Liquiditätskosten der Entgeltcharakter von Spesen oder Gebühren fehlt, ist die Aussage „spesenfrei“ bzw „es fallen keine Spesen und Gebühren an“ trotz der Berechnung von Liquiditätskosten bei vorzeitiger Auflösung formal korrekt. Im Übrigen ist diese Aussage auch nicht geeignet, den vernunftbegabten, durchschnittlich gebildeten und informierten Anlegerinteressenten – auf den es letztlich ankommt23) – über die Ausgestaltung der Kapitalanlage zu täuschen. Dieser muss die Wendungen „spesenfrei“ bzw „es fallen keine Spesen und Gebühren an“ nämlich so verstehen, dass beim Erwerb der Kapitalanlage keine eigenen Spesen oder Gebühren anfallen. Er darf die Wendung aber nicht so verstehen, dass er bei der vorzeitigen Beendigung der befristeten Kapitalanlage dennoch den für die volle Laufzeit vereinbarten Zinssatz lukrieren kann. Derartiges muss sogar einem durchschnittlichen Sparbuchkunden einleuchten, kommen doch in aller Regel bei einer vorzeitigen Behebung gebundener Spareinlagen Vorschusszinsen zur Berechnung. 7. Im Hinblick auf die Erforderlichkeit von Risikohinweisen hat der UVS den Umstand in die Beurteilung miteinbezogen, dass es sich bei der Homepage eben um eine Werbung gehandelt hat. Bereits bisher war in der Literatur anerkannt, dass die Werbung schon von ihrer Natur her kein vollständiges Bild über die Kapitalanlage bieten muss, zumal diesen Zweck der Prospekt sowie der nach § 4 Abs 2 KMG erforderliche Prospekthinweis in den Werbeanzeigen erfüllen soll.24) Ebenso hat die hM bislang schon 23) Siehe oben 5. 24) Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 4 Rz 12; vgl auch Oppitz, GesRZ 2008, 94, der ausführt, es solle „dem Anleger durch den offenzulegenden Bezug von Werbeaussagen auf ein öffentliches Angebot ein geschlossenes Bild des Informa- ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:230 10/5/2010 3:14:36 PM 25) 26) 27) 28) 29) 30) 31) tionsangebotes zu einer Kapitalanlage vermittelt werden“, gleichzeitig aber auch anerkennt, dass der Bedarf nach regulatorischen Rahmenbedingungen für Werbemaßnahmen desto geringer sei, „je mehr sich die Informationslage anlässlich der Ingangsetzung des öffentlichen Angebots verdichtet“. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I Rz 10.75. Vgl OGH 16. 10. 2001, 4 Ob 233/01w: Werbemittel, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild dem Interessentenkreis nur einen ersten überblicksartigen Eindruck von ihrem Produkt vermitteln sollen, müssen zur Vermeidung einer Irreführungseignung inhaltlich nicht so umfassend gestaltet sein, dass darin alle nur denkbaren Fragen behandelt und beantwortet werden; s aber Horak, ecolex 2009/274, 696. Vgl Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG § 2 Rz 489 ff. Siehe auch Horak, ecolex 2009/274, 696. Zib in Zib/Russ/Lorenz, KMG § 4 Rz 12; vgl auch Oppitz, GesRZ 2008, 94. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I Rz 10.75. OGH 20. 1. 2009, 4 Ob 188/08p ZFR 2009/63, 108. daher nicht jeder erdenkliche Risikohinweis des Prospekts in die Werbung aufgenommen werden, sondern es muss auf jene Risiken hingewiesen werden, die mit den ausdrücklich beworbenen Vorteilen in Widerspruch stehen. Da im vorliegenden Fall die Emittentin den Sicherheitsfaktor nicht blickfangartig in den Vordergrund gestellt hat,32) war daher selbst nach der Rsp des OGH ein eigener Risikohinweis in der Werbung entbehrlich. Ebenso darf die Werbung Risikohinweise, die für das Publikum von kaufentscheidender Bedeutung sind, nicht verschweigen, selbst wenn diese im Prospekt enthalten sind.33) Dies war im vorliegenden Fall freilich auszuschließen, weil selbst bei Hinweis auf das Risiko eines Verlustes durch Insolvenz der Emittentin den zum Kauf entschlossenen Durchschnittsanleger nicht davon abgehalten hätte, die Anleihe zu zeichnen. 8. Mit dem eben erörterten Punkt der Erforderlichkeit von Risikohinweisen ist in gewisser Weise auch die Frage nach der Sicherheit von Unternehmensanleihen verknüpft. Die erste Instanz hat dabei insofern eine Irreführung gesehen, als die mit den Worten „sicher, einfach und ertragreich sparen“ beworbenen Unternehmensanleihen nicht die Sicherheit einer wertbeständigen Sparform böten. Dieser Vorwurf war für den UVS freilich nicht nachvollziehbar. Wertbeständig bedeute nicht, dass die Sparform einer Einlagensicherung unterliegen müsse, zumal das Produkt nicht als Sparbuch beworben werde und der Durchschnittsanleger die Einlagensicherung nur bei Spareinlagen, nicht aber auch bei Anleihen erwarten dürfe. Außerdem sei für die Maßfigur erkennbar, dass auch in sicheren Bereichen Risiken bestehen blieben. Selbst wenn im vorliegenden Fall die Insolvenz der Emittentin als Restrisiko übrig bleibe, verbiete dies nicht die Verwendung des Wortes „sicher“ in einer Werbung für Anleihen. Würde man nur solche Veranlagungsprodukte als „sicher“ einstufen, die von Kreditinstituten angeboten werden bzw die der Einlagensicherung unterliegen, so würde dies letztlich zu kurz greifen. Bei keinem Veranlagungsprodukt kann es naturgemäß eine „absolute Sicherheit“ im Sinne einer unter allen Umständen und Eventualitäten gesicherten Rückzahlung geben. Dies trifft in letzter Konsequenz nicht einmal auf von Kreditinstituten entgegengenommene Spareinlagen zu, was insb die in jüngerer Vergangenheit im Zuge der Finanzmarktkrise durch den Gesetzgeber vorgenommene Aufstockung der Einlagensicherung gezeigt hat. Ob ein bestimmtes Produkt als „sicher“ bezeichnet werden kann, ist vielmehr in einer Gesamtwürdigung der jeweiligen Anlageform zu entscheiden, wobei die konkrete Ausgestaltung des Produktes sowie die Person und insb die Bonität des Emittenten von entscheidender Bedeutung sind. Im vorliegenden Fall hat sich die Emittentin gegenüber den Anlegern verpflichtet, 100 % des durch den Investor eingesetzten Anleihenkapitals zzgl der fix vereinbarten 32) Vgl dazu Horak, ecolex 2009/274, 696; Knauder, ZFR 2009/90, 139 f. 33) Knauder, ZFR 2009/59, 99. Zinsen am Ende der Laufzeit an den Investor zurückzuzahlen. Den Investor trifft damit weder ein Kurs- noch ein Zinsrisiko in Bezug auf seine Veranlagung. Dies hebt die gegenständlichen Unternehmensanleihen von anderen Anlageformen wie etwa Aktien oder Zertifikaten ab, bei denen weder eine Kapitalrückzahlung noch eine Verzinsung in rechtlich verbindlicher Weise durch die jeweiligen Emittenten zugesichert wird. Im vorliegenden Fall bestand zudem aufgrund der soliden wirtschaftlichen Basis der Emittentin ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit, dass jedem Investor das eingesetzte Kapital samt Zinsen zurückgezahlt wird. Somit sprechen sowohl die konkrete Ausgestaltung der Anlageform als auch die Bonität der Emittentin dafür, die Anleihe zulässigerweise im Rahmen der Werbung als „sicher“ zu bezeichnen. Darüber hinaus ist zu bemerken, dass man das Attribut „sicher“ nicht nur auf die gesicherte Rückzahlung des Kapitals beziehen kann, sondern auch auf den Sparvorgang an sich. Der Anleger muss im vorliegenden Fall den zu veranlagenden Betrag nicht bar beheben und einzahlen, sondern kann seine Investition im Wege des gesicherten elektronischen Zahlungsverkehrs vornehmen. Verfügungen über die Anleihen können über einen geschützten Bereich der Website unter Verwendung eines individuellen Passworts und einer unverwechselbaren Kundennummer erfolgen. Auch der Aspekt der Datensicherheit vermag daher die Werbung mit dem Attribut „sicher“ zu rechtfertigen. 9. Im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „sparen“ und aufgrund des Umstandes, dass die Emittentin aufgrund ihres Firmennamens die Anleihen als „Sparanlage“ bezeichnet, hat der UVS dies anhand des § 31 Abs 2 BWG geprüft und für zulässig befunden. Die darin enthaltene Vorbehaltsregel beziehe sich nach dem klaren Wortlaut lediglich auf Sparurkunden und sei dementsprechend eng zu interpretieren; es bestehe keine Veranlassung, diesen Schutz auch auf andere Wortkombinationen, die das Wort „spar“ enthalten, auszudehnen. Dem ist insofern beizupflichten, als sich der Bezeichnungsschutz des § 31 Abs 2 BWG bloß auf die Ausgabe von besonderen Urkunden iSd § 31 Abs 1 BWG bezieht, denen Wertpapiereigenschaft zukommt und die nach den Regeln des Spareinlagengeschäftes ausgestaltet sind.34) Bei den hier in Rede stehenden Unternehmensanleihen werden freilich weder besondere Urkunden iSd § 31 Abs 1 BWG ausgegeben noch sind die Anleihen nach den Regeln des Spareinlagengeschäftes ausgestaltet. Dem UVS ist daher beizupflichten, dass die Bezeichnung der Anleihen als „Sparanlage“ § 31 Abs 2 BWG nicht verletzt. Auch sonst kann der durchschnittliche Anleger durch diese Bezeichnung nicht in die Irre geführt werden, zumal ihm die Emittentin als Lebensmittelunternehmen bekannt ist. Auf der Homepage wird zudem mit der Wortbildmarke der Emittentin geworben, was beim relevanten Durchschnittskunden den Eindruck erwecken muss, dass das Pro34) Zawischa/Krichbaumer in Dellinger § 31 BWG Rz 25. ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:231 Judikatur deswegen keine eigenständigen Risikohinweise für das beworbene Wertpapier bzw die beworbene Veranlagung gefordert, weil das Gesetz – abgesehen vom Irreführungsverbot – keine weiter gehenden inhaltlichen Anforderungen an die Werbung stellt.25) Dies folgt nicht zuletzt auch aus der Natur der Sache: Werbung unterliegt im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Raum oder die Besonderheiten des jeweiligen Mediums allerlei Beschränkungen, die eine umfassende und vollständige Information über eine Kapitalanlage in vielen Fällen schlicht verunmöglichen.26) Dementsprechend sieht etwa die verwandte Bestimmung des § 2 UWG vor, dass der Beurteilung einer allfälligen Irreführung durch Unterlassung erforderlicher Informationen die Beschränkungen des Kommunikationsmediums zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs 4 UWG).27) Der UVS anerkennt auch eine Beschränkung des vorgeschriebenen Inhalts von Werbeaussagen, die sich aus dem Selbstzweck der Werbung ergibt und eine grundsätzliche Zulässigkeit von Anpreisungen der beworbenen Waren oder Dienstleistungen bewirkt. § 4 KMG soll nicht so weit gehen, dass es de facto zu einer Umkehr der Werbeaussage kommen muss. Im Ergebnis bedeutet dies, dass für den UVS keine umfassende Risikodarstellung in der Werbung nötig ist.28) Der UVS hat damit die bislang in der Literatur geäußerte Meinung bestätigt, dass die Werbung kein vollständiges Bild der Kapitalanlage bieten muss29) und § 4 KMG insb keine Aufnahme von Risikohinweisen in die Werbung verlangt.30) Damit ist freilich nicht gesagt, dass der UVS Wien einer Irreführung potenzieller Anleger hinsichtlich des mit beworbenen Wertpapieren oder Veranlagungen verbundenen Risikos die Tür öffnen würde. Der E kann insb nicht entnommen werden, dass eine aktive Irreführung über das Risiko oder ein Verschleiern bestehender Risiken zulässig wäre. So muss nach der jüngeren Rsp des OGH,31) auf die sich der UVS ausdrücklich bezieht, zur Vermeidung eines unrichtigen Gesamteindrucks beim Hervorheben bestimmter Eigenschaften als besondere Vorteile auch auf die damit verbundenen Nachteile hingewiesen werden. Es muss 231 10/5/2010 3:14:36 PM dukt von einem Unternehmen und keiner Bank angeboten wird. Der durchschnittliche Anleger weiß allerdings, dass Unternehmen keine Sparbücher anbieten. Weiters wird auf der Homepage klargestellt, dass Anleihen und nicht Sparbücher erworben werden, zumal im Text regelmäßig von „Anleihe“ die Rede ist. 10. Abschließend sei noch bemerkt, dass die vorliegende E auch insofern beachtenswert ist, als sie Schweine als Werbesujets für Geldanlagen rehabilitiert hat. Die erste Instanz hat für die Bestrafung ua noch die grafische Gestaltung der Website ins Treffen geführt, die von „Sparschweinen aufsteigender Größe“ und der Werbeaussage „sicher, einfach und ertragreich sparen“ dominiert wird. In diesem Zusammenhang kann man freilich bezweifeln, inwiefern die auf der Website dargestellten Schweine Sicherheit suggerieren sollen. Genauso gut suggerieren Schweine etwa auch Glück und Erfolg. Selbst dann, wenn es sich bei den dargestellten Schweinen erkennbar um „Sparschweine“ gehandelt hätte – dies war nämlich entgegen der Auffassung der ersten Instanz gar nicht der Fall35) – würden solche „Sparschweine“ nicht unbedingt Sicherheit unterstellen: Jeder, der jemals ein Sparschwein besessen hat, weiß, dass durch das Hinweinwerfen von Geld in ein Sparschwein dieses noch lange nicht sicher verwahrt ist. Sicher wird es erst, wenn man das Sparschwein mit dem gesammelten Geld sicher verwahrt. Wenn Sparschweine etwas suggerieren, dann ist dies allenfalls ein typi- sches Sparverhalten, nämlich das sukzessive und geplante Ansammeln von Geldmitteln, indem man regelmäßig Geld in das Sparschwein wirft. Da dies jedoch mit den hier gegenständlichen Unternehmensanleihen, bei denen auch schon kleine Beträge investiert werden können, in einem direkten und zutreffenden Zusammenhang steht und keinen irreführenden oder unrichtigen Charakter aufweist, war kaum anzunehmen, dass die abgebildeten Schweine zur Irreführung der Anleger geeignet sind. In diesem Fall ist daher die Werbung mit Schweinen auch im Zusammenhang mit Geldanlage zulässig. Die FMA hat gegen den Bescheid des UVS Amtsbeschwerde an den VwGH erhoben. 35) Die abgebildeten Schweine wiesen zB nicht den für Sparschweine charakteristischen Einwurfschlitz auf. RA Dr. Ernst Brandl, LL.M., M.B.A. (am Verfahren beteiligt) Univ.-Ass. Dr. Philipp Klausberger Barbist/Ahammer (Hrsg) Barbist / Ahammer (Hrsg) Compliance in der Unternehmenspraxis Mi zahlr t e Praxi ichen s-Tip ps! Compliance in der Unternehmenspraxis p Gesellschafts- & Steuerrecht Das Thema „Compliance“ – verstanden als Gesamtkonzept aktiver Maßnahmen in der Unternehmensorganisation zwecks Gewährleistung der Einhaltung gesetzlicher und unternehmensinterner Vorgaben – ist auch in Österreich angekommen. Massive Verstöße gegen das Kartell- und Strafrecht, den Datenschutz, das Arbeitsrecht etc. belasten Unternehmer nicht nur in finanzieller Hinsicht, auch der Imageschaden ist beträchtlich. Maßnahmen zur Gegensteuerung sind zwingend erforderlich. Aufgrund der Nähe des Themas zum Risikomanagement und dem Internen Kontrollsystem ist Compliance sinnvollerweise nur interdisziplinär, also in Kooperation zwischen Juristen und Ökonomen darstellbar. Das vorliegende Werk nimmt diesen Gedanken auf und stellt die wesentlichen Rechtsbereiche in der Unternehmerpraxis unter Compliance-Gesichtspunkten dar. Datenschutz- & Arbeitsrecht Judikatur Öffentliches Wirtschafts- und Umweltrecht 232 Banking & Finance IP- & IT-Recht sowie Kapitalmarkt- & Kartellrecht Orac Rechtspraxis Wien 2009, 192 Seiten Best.-Nr. 97.48.01 ISBN 978-3-7007-4467-2 Preis € 39,– Bestellen Sie jetzt: Tel.: (01) 534 52-5555, Fax: (01) 534 52-141 E-Mail: [email protected] ZFR 5/2010 • Artikel-Nr. 144 ZFR_05_2010_v5.indd Sec2:232 10/5/2010 3:14:36 PM