1 Speicherung und Kühlung geladener Teilchen Mit Ionenfallen

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Speicherung und Kühlung geladener Teilchen
(Kai Schatto, 16.05.2006, SoSe 2006)
Mit Ionenfallen kann man geladene Teilchen in einem kleinen Raumbereich
festhalten. Wolfgang Paul entwickelte die nach ihm benannte Paulfalle in den
50er Jahren und erhielt dafür 1989 den Nobelpreis [1]. Die Idee zur
Penningfalle stammt vom holländischen Physiker Frans Michel Penning [2].
Umgesetzt wurde sie im Wesentlichen von Hans Dehmelt (Nobelpreis 1989)
[3].
Beide Fallen haben drei wichtige Vorteile: Durch die lange Speicherzeit der
Teilchen in den Fallen ist man in der Lage auch seltene Prozesse auf langen
Zeitskalen zu beobachten; zweitens haben die Fallen eine lange
Kohärenzzeit, in der das System ungestört ist (Unschärferelation); drittens
erreicht man eine hohe Empfindlichkeit, wodurch Experimente mit sehr
wenigen oder sogar einzelnen Ionen möglich sind. Zudem können die Ionen
in der Falle gezielt manipuliert, z.B. sortiert oder gekühlt werden.
Für eine Speicherung in der Falle wird eine radiale Kraft benötigt, die hier
durch E- und B- Felder erzeugt wird. Im einfachsten Fall ergibt sich eine
elastische Kraft (harmonischer Oszillator). Außerdem benötigt man ein
Potentialminimum in allen drei Raumrichtungen, was alleine mit
elektrostatischen Feldern nicht möglich ist.
Die Penning- und die Paulfalle lösen dieses Problem und ermöglichen eine
Speicherung geladener Teilchen:
Abb. 1: Schematische Darstellung einer Penning – (links) und einer Paulfalle (rechts)
Die Paulfalle verwendet ein wechselndes Quadrupolpotential, wobei an Ring
und Endkappe eine Spannung U0+V0 cos(Ωt) angelegt wird.
Die Bewegungsgleichungen haben die Form von MathieuDifferentialgleichungen. Diese werden mittels adiabatischer Nährung gelöst
wobei der charakteristische Exponent β die Stabilität der Lösung indiziert.
Eine Speicherung von Ionen ist nur für reelle und nicht ganzzahlige β möglich,
da die Lösung dann beschränkt ist, d.h. reelle und ganzzahlige Werte stellen
die Grenze zwischen stabilen und instabilen Lösungen dar. Die Bewegung
des Teilchens in der Paulfalle setzt sich aus einer Mikro- und einer
Makrobewegung zusammen wie in Abb.2 dargestellt. Die Mikrobewegung ist
eine getriebene Schwingung mit fester Phasenbeziehung zum Führungsfeld.
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Die Makrobewegung sind freie Schwingungen der Ionen in dem zeitlich
gemittelten Potential.
Abb. 2: Mikro- und Makrobewegung eines geladenen Teilchens in der Paulfalle
In der Penningfalle dagegen wird ein Magnetfeld und ein schwaches
elektrisches Quadrupolpotential überlagert. Die Lösung der
Bewegungsgleichungen ergibt die Überlagerung von drei
Schwingungsbewegungen: Magnetronbewegung ( ω − =
modifizierte Zyklotronbewegung ( ω + =
Bewegung ω z =
ωc =
ωc
2
+
ωc 2
4
−
ωz2
2
ωc
2
−
ωc2
4
−
ωz2
2
),
) und axiale
qV0
, wobei d der charakteristische Fallenparameter ist.
md 2
q
B ist die freie Zyklotronfrequenz. Die Ionenbewegung in der
m
Penningfalle ist in Abb. 3 dargestellt.
Abb. 3: Bewegung in der Penningfalle; links sind die drei Einzelbewegungen zu sehen; rechts
deren Überlagerung
2
Man möchte die in der Falle gespeicherten Ionen natürlich auch nachweisen.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, und zwar den
destruktiven und den nichtdestruktiven Nachweis.
Mögliche Methoden sind z.B. Flugzeitnachweis (TOF),
Fouriertransformations- Ionenzyklotronresonanz (FT-ICR, nicht destruktiv,
induzierte Spiegelströme) oder der Fluoreszenz- Nachweis. Einen Überblick
dazu gibt [4].
Beim Flugzeitnachweis (destruktiv, in der Pennigfalle) wird die
Zyklotronfrequenz als Summe von ω+ und ω- mit einem äußeren
Hochfrequenzfeld angeregt. Dadurch werden die beiden Bewegungen
gekoppelt, was zu einer Erhöhung der radialen kinetischen Energie und damit
des magnetischen Momentes führt. Man schießt die Ionen nach der Anregung
aus der Falle, und lässt sie durch einen Magnetfeldgradienten fliegen. In dem
Feld werden die Ionen mit dem größten magnetischen Moment am stärksten
zum Detektor hin beschleunigt und haben die kürzeste Flugzeit. Ein typisches
Flugzeitspektrum zeigt Abb. 4.
Abb. 4: Flugzeitspektrum abhängig von der Anregungsfrequenz; die durchgezogene Linie ist
die Anpassung der theoretischen Linienform an die Datenpunkte; Das Minimum liefert die
Zyklotronfrequenz.
Des Weiteren kann man Ionen in der Falle kühlen. Es gibt verschiedene
Methoden, z.B. Puffergaskühlen, Laserkühlen, Elektronenkühlen,
Widerstandskühlen, Sympathetisches Kühlen oder Verdampfungskühlen
(Eine sehr anschauliche Seite zur Kühlung besonders bei BEC findet man
hier http://www.iap.uni-bonn.de/P2K/).
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Ionenfallen werden heute in zahlreichen Bereichen aktueller Forschung
angewendet. Beispiele sind:
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•
•
Untersuchung von Antimaterie
g-Faktor (z.B. Proton, hochgeladene Ionen) mit Genauigkeit von
δm/m=10-9
Test der QED
Präzisionsmassenmessung an Radionukliden mit Genauigkeit von
δm/m=10-8
o Kernstruktur
o Astrophysik
Präzisionsmassenmessung an Stabilen Ionen mit Genauigkeit von
δm/m=10-10
o Neudefinition kg
o Fundamentale Konstanten
Laserspektroskopie
o Lebensdauermessung
o Isotopieverschiebung, Hyperfeinstruktur
Im Folgenden soll ein Experiment zur Präzisionsmassenmessung an
Radionukliden etwas detaillierter vorgestellt werden:
Am ISOLTRAP- Experiment am CERN wird die hochpräzise Massenmessung
an Radionukliden durchgeführt. Kernstück ist eine hyperbolische Penningfalle,
In ihr wird die Zyklotronfrequenz und damit die Masse mittels der
Flugzeitmethode bestimmt. Da man Frequenzen genauer messen kann als
Magnetfelder, verwendet man Referenzionen bekannter Massen. Besonders
gut eignen sich hier Kohlenstoff- Cluster, da die Masse von Kohlenstoff nicht
fehlerbehaftet ist, da die Atomare Masseneinheit u auf der Kohlenstoffmasse
basiert. Mit dieser Methode ist es sogar möglich, angeregte Kernzustände
durch ihre zusätzliche Masse vom Grundzustand zu unterscheiden.
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Abb. 5: Das Dreifallen-Massenspektrometer ISOLTRAP an ISOLDE/CERN. Die Radionuklide
werden zuerst in einer Paulfalle eingefangen, abgebremst und mittels Puffergas gekühlt.
Anschließend geht es in eine erste Penningfalle zur Säuberung der Ionenensemble. Die
eigentliche Massenmessung findet über die Flugzeitmethode in der zweiten Penningfalle
statt. Zur Kalibration der Magnetfelder werden Kohlenstoffcluster eingesetzt.
Die Messung der Nuklidmassen ist notwendig, da man aufgrund des
Massendefekts die Masse nur abschätzen kann, und für viele Anwendungen
(z.B. Elementsynthese in Sternen) die Genauigkeit dieser Modelle nicht
ausreicht.
Literaturverzeichnis:
[1] W. Paul, Rev. Mod. Phys. 62 (1990)
[2] F.M. Penning, Rev. Mod. Phys. 12 (1936)
[3] H. Dehmelt, Rev. Mod. Phys. 62 (1990)
[4] K. Blaum, Phys. Rep. 425, 1-78 (2006)
K.Blaum, Habilitationsschrift (2005)
www.wikipedia.de
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