Clowns auf unendlichen Mengen

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Clowns auf unendlichen Mengen
von Michael Pinsker
Die einfachsten Gegenstände in der Algebra, einer mathematischen Disziplin, sind Mengen, die nichts weiter
sind als lose Ansammlungen mathematischer Objekte. Diese Objekte sind ursprünglich zusammenhanglos,
und man kann sie sich als Lebewesen der Menge vorstellen, die nicht miteinander sprechen. Algebraiker
studieren Mengen, die außerdem mit einer oder mehreren Operationen versehen sind; solche mit Operationen
angereicherte Mengen heißen Algebren. Ein Beispiel einer Algebra ist die unendliche Menge {0,1,2,...} der
natürlichen Zahlen zusammen mit der aus der Volksschule bekannten Operation +, die jedem Paar von
natürlichen Zahlen eine neue natürliche Zahl, nämlich ihre Summe, zuordnet. Eine weitere Algebra ist
ebenso die Menge {0,1,2,...}, doch dieses Mal mit der Multiplikation statt der Addition als Operation. Eine
weniger bekannte Operation auf den natürlichen Zahlen ist die Nachfolgeoperation, die jeder Zahl ihren
Nachfolger, also die nächstgrößere Zahl, zuweist.
Die Zahl der möglichen Operationen auf den natürlichen Zahlen ist enorm, und entsprechend groß ist die
Anzahl verschiedener Algebren auf dieser Menge. Man beachte, daß Operationen einer Menge Struktur
verleihen, und daß durch die Operationen Zusammenhänge zwischen den Objekten der Grundmenge einer
Algebra entstehen: So ist beispielsweise in der Algebra auf den natürlichen Zahlen mit der Operation + die 3
die Summe der 1 mit der 2, eine Eigenschaft, in der sie sich von der 4 unterscheidet. Eines der Ziele von
Algebraikern ist es, die durch die Operationen induzierte Struktur für bestimmte kompliziertere Algebren zu
verstehen.
Man betrachte nun die Algebra auf den natürlichen Zahlen, die sowohl die Addition als auch die
Multiplikation als Operationen hat. Diese Algebra nennt man größer als jene, die nur die Addition „kennt“,
aus dem einfachen Grund daß sie mehr Operationen besitzt. Manchmal allerdings ist eine Algebra größer als
eine andere ohne daß dies so offensichtlich wie im obigen Beispiel wäre: So ist beispielsweise die Algebra
mit Addition und Multiplikation größer als die Algebra mit der Operation x+y+z+xyz, die jedem Tripel
(x,y,z) von natürlichen Zahlen die natürliche Zahl x+y+z+xyz zuweist, weil letztere mit Hilfe von Addition
und Multiplikation ausgedrückt werden kann. Dies ist nicht immer möglich: Die Nachfolgeoperation, zum
Beispiel, ist nicht allein durch Addition und Multiplikation anschreibbar.
Der Klon einer Algebra ist jene größere Algebra, die all jene Operationen besitzt, die durch die Operationen
der ursprünglichen Algebra ausgedrückt werden können. Die Klone auf einer festen Menge ordnet man wie
oben beschrieben, sodaß folglich der Klon aller Operationen der größte Klon ist. Das Ziel von Klonforschern
ist es, Teile dieser Klonordnung auf einer unendlichen Menge (wie eben den natürlichen Zahlen) zu
verstehen. Eines meiner Resultate besagt beispielsweise, daß die Klonordnung die komplizierteste Ordnung
des mathematischen Universums ist: Man findet jede andere denkbare Ordnung irgendwo innerhalb der
Klonordnung wieder.
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