Montagvormittag_Vorlesung.

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TU München
Prof. Dr. P. Vogl, Dr. S. Schlicht
Mathematischer Vorkurs für Physiker WS 2009/10
Vorlesung 1, Montag vormittag
Vektoralgebra
Ein Vektor lässt sich geometrisch als eine gerichtete Strecke darstellen, d.h. durch eine Strecke,
der man einen Richtungssinn zuordnet.
Den Betrag (Länge) eines Vektors a schreibt man als |a| =: a.
In einem kartesischen Koordinatensystem sind die kartesischen Einheitsvektoren definiert, die in
Richtung der positiven x-, y- bzw. z-Achse zeigen. Sie werden mit
ex oder e1 oder i,
ey oder e2 oder j,
ez oder e3 oder k
bezeichnet. Mit ihrer Hilfe kann man jeden beliebigen Vektor a in der Form
a = ax ex + ay ey + az ez
schreiben (Komponentendarstellung). Abkürzende Schreibweise als Komponentenspalte:
 
ax
 
a = ay 
az
Addition von Vektoren: Die Addition von zwei Vektoren a und b ist definiert durch das
geometrische Aneinandersetzen“ der entsprechenden gerichteten Strecken. Das Ergebnis a + b
”
ist wieder eine gerichtete Strecke, also ein Vektor.
Komponentendarstellung der Vektoraddition:


ax + bx


a + b = ay + by 
az + bz
Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar: Unter dem Produkt λa eines Vektors a
mit einer reellen Zahl λ versteht man den Vektor mit Betrag |λ||a| und derselben Richtung wie
a, wenn λ > 0 bzw. der entgegengesetzten Richtung wie a, wenn λ < 0.
Komponentendarstellung der S-Multiplikation:


λax


λa = λay 
λaz
Skalarprodukt zweier Vektoren: Unter dem Skalarprodukt a · b zweier Vektoren versteht
man die reelle Zahl
a·b = |a||b| cos ϕ
wobei ϕ der von a und b eingeschlossene Winkel ist. Geometrische Interpretation: a·b ist die
Länge von a multipliziert mit der Länge der Projektion von b auf a. (Oder auch umgekehrt,
denn es gilt das Kommutativgesetz a·b = b·a.) Man beachte: Das Skalarprodukt zweier Vektoren
verschwindet genau dann, wenn die beiden Vektoren aufeinander senkrecht stehen ( orthogonale
”
Vektoren“). Das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst ist das Quadrat seines Betrages:
a·a = |a|2 .
Komponentendarstellung des Skalarprodukts:
a·b = ax bx + ay by + az bz =
3
X
ai bi
i=1
Komponentendarstellung des Betrages:
|a| =
q
a2x + a2y + a2z
Vektorprodukt zweier Vektoren: Unter dem Vektorprodukt a×b zweier Vektoren versteht
man den Vektor
a×b = |a||b| sin ϕ n
Dabei ist ϕ der von a und b eingeschlossene Winkel und n der Einheitsvektor, der auf der
von a und b aufgespannten Ebene senkrecht steht. Der Richtungssinn von n wird festgelegt
durch die Bedingung, dass a, b und n gemäß der Rechten-Hand-Regel“ zusammenhängen sollen.
”
Geometrische Interpretation: Der Betrag von a×b ist die Fläche des von a und b aufgespannten
Parallelogramms. Man beachte: Das Vektorprodukt zweier Vektoren verschwindet genau dann,
wenn die beiden Vektoren zueinander parallel oder antiparallel sind. Das Vektorprodukt ist nicht
kommutativ und nicht assoziativ. Es gilt:
a×b = −b×a
a×(b×c) = (a·c)b − (a·b)c
(a×b)×c = (a·c)b − (b·c)a
Komponentendarstellung des Vektorprodukts:


ay bz − az by


a×b = az bx − ax bz 
ax by − ay bx
Darstellung eines 2dimensionalen Vektors durch Betrag und Richtung: Wenn von einem 2dimensionalen Vektor a sein Betrag |a| = a und seine Richtung durch den Winkel ϕ zur x-Achse
bekannt sind, dann sind seine Komponenten
ax = a cos ϕ
,
ay = a sin ϕ
und der Vektor selbst also
a =
a cos ϕ
a sin ϕ
!
= a cos ϕ ex + a sin ϕ ey = a(cos ϕ ex + sin ϕ ey )
Komplexe Zahlen
Eine komplexe Zahl ist ein Gebilde der Form
z = a + ib
mit a, b ∈ R und i = imaginäre Einheit“. Komplexe Zahlen erfüllen die Rechenregeln
”
Addition : (a + ib) + (c + id) = (a + c) + i(b + d)
Multiplikation : (a + ib)(c + id) = (ac − bd) + i(ad + bc)
Diese Regeln folgen direkt aus den üblichen Regeln der Algebra (Kommutativität, Assoziativität, Distributivität) – mit dem einzigen und entscheidenden Zusatz, dass i2 = −1 ist.
Der Quotient zweier komplexer Zahlen ist
a + ib
ac + bd
bc − ad
= 2
+ i 2
2
c + id
c +d
c + d2
Beweis: Erweitern des Bruchs mit c − id ergibt:
ac − iad + ibc − i2 bd
ac + bd
bc − ad
(a + ib)(c − id)
=
= 2
+ i 2
2
2
2
(c + id)(c − id)
c +d
c +d
c + d2
Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + ib ist definiert als
|z| :=
p
a2 + b2
Zu jeder komplexen Zahl z = a + ib gibt es eine komplex-konjugierte Zahl“ z ∗ . Diese ist
”
definiert durch z ∗ = a − ib.
a heißt Realteil und b heißt Imaginärteil von z = a + ib. Man schreibt auch a = Re (z) bzw.
b = Im (z). Es gilt:
1
1
Re (z) = (z + z ∗ ) , Im (z) =
(z − z ∗ )
2
2i
Eine komplexe Zahl z = x + iy kann durch einen Punkt P mit den Koordinaten (x, y) dargestellt
werden. Es gilt
x = |z| cos ϕ , y = |z| sin ϕ
wobei ϕ der Winkel zwischen der positiven x-Achse und der Strecke OP ist.
Im z
P
y
|z|
ϕ
O
x
Re z
Man kann also z = x + iy auch in der Form
z = |z|(cos ϕ + i sin ϕ)
schreiben. Betrachten wir den Ausdruck
cos ϕ + i sin ϕ =: cis ϕ
mit ϕ ∈ R genauer. Mit Hilfe der Additionstheoreme für Winkelfunktionen folgt:
cis (ϕ1 + ϕ2 ) = cos(ϕ1 + ϕ2 ) + i sin(ϕ1 + ϕ2 )
= cos ϕ1 cos ϕ2 − sin ϕ1 sin ϕ2 + i(sin ϕ1 cos ϕ2 + cos ϕ1 sin ϕ2 )
= (cos ϕ1 + i sin ϕ1 ) (cos ϕ2 + i sin ϕ2 )
= cis ϕ1 cis ϕ2
also
cis (ϕ1 + ϕ2 ) = cis ϕ1 cis ϕ2
Das ist eine charakteristische Eigenschaft der Exponentialfunktion. Es liegt daher nahe, die Exponentialfunktion für imaginäre Exponenten per
eiϕ := cos ϕ + i sin ϕ
zu definieren. Dies ist die sog. Eulersche Formel. (Die Bezeichnung cis ϕ wird im folgenden
nicht mehr verwendet.) Es gilt also:
ei(ϕ1 +ϕ2 ) = eiϕ1 eiϕ2
Damit kann man eine beliebige komplexe Zahl nun in der Form
z = |z|eiϕ
schreiben ( Polarform“). Aus dieser Darstellung ergibt sich eine einfache geometrische Inter”
pretation der Multiplikation von komplexen Zahlen:
z1 = |z1 |eiϕ1 , z1 = |z2 |eiϕ2
⇒
z1 z2 = |z1 ||z2 |eiϕ1 eiϕ2 = |z1 ||z2 |ei(ϕ1 +ϕ2 )
Also: Der Betrag des Produktes ist das Produkt der Beträge und der Winkel des Produktes ist
die Summe der Winkel der Faktoren.
Darstellung der Winkelfunktionen mithilfe der e-Funktion:
eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ
e−iϕ = cos ϕ − i sin ϕ
)
⇒
(
cos ϕ =
sin ϕ =
1
2
1
2i
eiϕ + e−iϕ
eiϕ − e−iϕ
Komplexe Darstellung von harmonischen Schwingungen mithilfe der e-Funktion:
Eine harmonische Schwingung ist z.B.
x(t) = cos ωt
Gemäß der Eulerschen Formel kann man dies als Linearkombination von zwei komplexen Exponentialfunktionen schreiben:
1
1
x(t) = eiωt + e−iωt
2
2
Die allgemeinste reelle harmonische Schwingung ist
x(t) = A cos(ωt + ϕ)
(A = Amplitude, ϕ = Phasenverschiebung). Mit der Eulerschen Formel kann man den cos durch
die Exponentialfunktion ersetzen und erhält:
x(t) = A
1 i(ωt+ϕ)
1
1
e
+ e−i(ωt+ϕ) = Aeiϕ eiωt + Ae−iϕ e−iωt
2
2
2
Also: Die harmonische Schwingung
x(t) = A cos(ωt + ϕ)
hat die komplexe Darstellung
x(t) =
1 iωt 1 ∗ −iωt
αe + α e
2
2
mit der komplexen Zahl
α = Aeiϕ
Man kann also jede harmonische Schwingung als Linearkombination zweier komplexer Exponentialfunktionen schreiben. Diese komplexe Darstellung von Schwingungen wird sehr oft verwendet
und hat gegenüber der Darstellung mit Winkelfunktionen erhebliche rechentechnische Vorteile.
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