Vorlesungsmitschrift Theoretische Physik I bei Prof. A. Rosch von M. & O. Filla 20. Oktober 2016 1 1 Newtonsche Mechanik 1.1 Euklidischer Raum Das Ziel des Euklidischen Raums ist die Beschreibung von Bewegungen in einem Koordinatensystem. Die Raum–Zeit ist ein Produkt aus dem dreidimensionalen Raum, der durch den R3 beschrieben wird, und der Zeit, die durch R beschrieben wird. Ein Punkt in der Raum–Zeit ist wie folgt definiert: a = (t, ~x) ∈ R × R3 Eine Metrik ermöglicht die Einführung von Abständen und Winkeln im Raum und somit auch das Skalarprodukt. In kartesischen Koordinaten gelten folgende Definitionen: • Ein Vektor ~x wird durch seine Komponenten xi ∈ R und die Basisvektoren êi ∈ R3 dargestellt: x1 ~x = x2 = x1 ê1 + x2 ê2 + x3 ê3 x3 1 ê1 = 0 0 • Das Skalarprodukt ist wie folgt zu berechnen: ~x · ~x = 3 X xi · x0i i=1 • Der Abstand d zwischen zwei Punkten im Raum werden durch den Betrag des Verbindungsvektors |~x| definiert: d = |~x − ~x0 | √ mit |~x| = ~x · ~x • Der Winkel ]α zwischen den Vektoren ~x und ~y wird definiert durch cos(α) = 2 ~x0 · ~y |~x0 | · |~y | Die Geschwindigkeit ~v wird durch die zeitliche Änderung des Ortes ~r definiert, analog die Beschleunigung ~a: ~v (t) = dt~r = ~r˙ ~a(t) = dt~v = ~r¨ Außer dem kartesischen gibt es auch noch andere Koordinatensysteme. Allesamt werden sie durch Abbildungen vom kartesischen in das andere Koordinatensystem dargestellt: R × R3 → R × R3 ( t, ~x ) 7→ ( t0 , ~x 0 ) Es gibt z. B. die Kugelkoordinaten, bei denen der Ort durch den Radius r ∈ [0, ∞), den Azimutwinkel ϕ ∈ [0, 2π) und den Polarwinkel ϑ ∈ [0, π) dargestellt wird. Diese werden v. a. für kugelsymmetrische Systeme verwendet. t 7→ t ~r = (x, y, z) → 7 (r, ϑ, ϕ) sin(ϑ) cos(ϕ) x y = r · sin(ϑ) sin(ϕ) cos(ϑ) z Abbildung 1: Kugelkoordinaten (links) und Zylinderkoordinaten (rechts) 3 Zudem gibt es die Zylinderkoordinaten, die für achsensymmetrische Systeme verwendet werden. Hier wird statt dem Polarwinkel die Höhe durch die z–Koordinate angegeben: t → 7 t x r ~r = y 7→ ϕ z z x r · cos(ϕ) y = r · sin(ϕ) z z Es gibt auch bewegte Koordinatensysteme, wie z. B. die Erde. Hierbei sind die Winkelgeschwindigkeit ω und die Umlaufzeit T wichtig: t → 7 x ~r = y → 7 z x y = z t r ϕ z r · cos(ϕ + ω · t) r · sin(ϕ + ω · t) z 2π ω = T Berechnen wir die zeitliche Ableitung von ~r(t), wenn seine Variablen ϕ, r und z alle zeitlich konstant sind. −r · sin(ω · t + ϕ) ~r = ω · r cos(ω · t + ϕ) 0 −y = ω· x 0 = ω · ẑ × ~r ẑ ist dabei die ausgezeichnete Drehachse in den Zylinderkoordinaten. Anmerkung zu den Koordinatensystemen: 4 Nicht immer hat ein Dreieck einen Innenwinkel von 180◦ (siehe Abb. 2). Es ist eine experimentelle Aussage im euklidischen Raum, aber der euklidische Raum ist nicht selbstverständlich! Abbildung 2: Kugel mit Dreieck auf der Oberfläche Auf der Kugeloberfläche wird zunächst eine Strecke entlang des Äquators abgelaufen, dann um 90◦ gedreht und über einen Längenkreis der Pol erreicht. Hier findet ebenfalls eine 90◦ –Drehung statt und es wird über einen anderen Längenkreis, ebenfalls im 90◦ – Winkel, der Ausgangspunkt auf dem Äquator erreicht. Die Winkelsumme dieses Dreieck ist somit größer als 180◦ . 1.2 Newtonsche Axiome 1. Jeder Körper verharrt in seinem Zustand der Ruhe oder der gleichförmig geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch seinwirkende Kräfte gezwungen wird seinen Bewegungszustand zu ändern. Dies ist das Trägheitsgesetz. Es gibt Bezugssysteme, in denen kraftfreie Bewegungen durch ~r˙ = ~v = const beschrieben werden. Solche Bezugssysteme heißen Inertialsysteme. 2. Die Änderung der Bewegungsgleichung ist der Einwirkung der Kraft proportional, also ~v˙ ∝ F~ . Die Proportionalitätskonstante nennen wir Masse, p~ = m · ~v nennen wir Impuls. m · ~v˙ = p~˙ = F~ (1) 3. Die Wirkung zweier Körper aufeinander ist stets gleich und von entgegengesetzter Richtung. Dieses Gesetz nennt man auch actio = reactio. F~1,2 ist dabei die Kraft, die von Körper 1 auf Körper 2 wirkt. Dementsprechend ist F~2,1 die, welche von Körper 2 auf Körper 1 wirkt. F~1,2 = −F~2,1 5 (2) Abbildung 3: Gegenkräfte 4. Nach dem Superpositionsprinzip addieren sich die Kräfte vektoriell. Die Kräfte zwischen 2 Körpern (idealisierten Punktteilchen) sind parallel zu ihrer Verbindungslinie. Diese Kräfte nennt man daher Zentralkräfte. F~ = X F~i (3) i Axiome definieren Kraft und Masse. Es gilt m1 · r~¨1 = −m2 · r~¨2 m1 |r~¨2 | ⇒ = . m2 |r~¨2 | Die erste Gleichung ergibt sich aus den Axiomen 2 und 3. Durch sie können wir am m1 messen. Alle Massen sind über das „Urkilogramm“ Ende die Massenverhältnisse m 2 definiert. Die Einheit der Kraft lautet Newton. 1 kg · m s2 1N = 6