8. Kap. aus J.Weinzirl, K. Bauer: Mathematik - Repetitorium für Studienanfänger, 2. Auflage, Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik Universität Erlangen - Nürnberg 7 Kurven in der Ebene Aufgabe 7.11 In den Sc~nittpunkten der Ellipse x2 + 4y2 = 100 mit der Gerade y = -0, 5x werden die Tangenten gezogen. Welchen Winkel schließen sie ein? +7 8 Komplexe Zahlen Aufgabe 7.12 Man bestimme Mittelpunkt, Asymptotengleichungen folgender Hyperbelgleichung: 4x2 + 8x - 3y2 - 12y - 4 und Länge der Achsen aus = Während die Gleichung x2 - 2 = 0 durch die zwei reellen Zahlen V2 und -V2 gelöst wird, gibt es keine reelle Zahl, welche die Gleichung x 2 + 2 = 0 als Lösung hat. Derartige Schwierigkeiten führten bereits im 18. Jahrhundert zur Einführung der "imaginären Einheit" j mit der Eigenschaft j 2 = -1. Lösungen der Gleichung x2 + 2 = 0 sind dann j V2 und - j V2. Bald darauf wurden allgemein sogenannte komplexe Zahlen der Art a+ jb (a, b reell) eingeführt, deren Theorie aufC. F. Gauß (1777 -1855) zurück geht. O. Aufgabe 7.13 Wie heißt die Gleichung der Hyperbel mit den Asymptoten y = ~x, y = -~x, die durch den Punkt (4,2) geht? 8.1 Definition der komplexen' Zahlen Aufgabe 7.14 b Wie heißt die Gleichung jener Kurve, deren Ordinaten das --fache der gleichseitigen Hyperbel x2 - y2 = a2 der Ordinate a sind? Definition 8.1 Eine komplexe Zahl z wird durch ein Paar reeller Zahlen a und b festgelegt. Man schreibt Aufgabe 7.15 Man gebe die Gleichung eines Kreises um den Punkt (1,2) mit Radius r = 3 an. ~elche der Punkte A = (2,3), B = (4,2), C = (-2,3) liegen auf, welche mnerhalb bzw. außerhalb des Kreises? Schneidet dieser Kreis die Kurve 2x 22 3 + 2y - 5x - 6y - 8 und um welche Kurve handelt es sich? =0 I /" z = a + jb . (8.1) 16:bei heißt aRealteiI, b Imaginärteil von z, und man benutzt die Schreibweise a = Re{z}, b = Im{z}. Im Fall a = b = 0 schreibt man z = O. Es werden die folgenden Vereinbarungen getroffen: 1. Zwei komplexe Zahlen dann gleich, wenn gilt Zl = al + jb 1 und Z2 = a2 + jb 2 sind genau (8.2) 186 187 8.2 Die Gaußsehe Zahlenebene 8 Komplexe Zahlen 2. Alle Regeln für die Arithmetik reeller Zahlen werden bei Beachtung von j2 = -1 übernommen, soweit sie nicht Gesetze für Ungleichungen betreffen. Für zwei Zahlen Zl = a1 + jb1 und Z2 = a2 + jb2 erhält man also 1. dieSumme Komplexe Zahlen mit verschwindendem Imaginärteil können als reelle Zahlen interpretiert werden. Insofern darf der Bereich der komplexen Zahlen als eine Erweiterung des Bereichs der reellen Zahlen betrachtet werden. Beispiel 8.1 Mit Zl = 1 + 2j und Zl + Z2 = 4 - Zl - 2. die Differenz Z2 ZlZ2 Z2 = 3 - 4j erhält man 2j, = -2 + 6j, = (1 + 2j)(3 - 4j) Zl 1 + 2j 3 + 4j Z2 3 - 4j 3 + 4j -=-_.--= = (3 + 8) + (6 - + 10j -5 25 4)j 1 =--+-J. 5 = 11 + 2j, 2. 5 3. das Produkt Definition 8.2 4. den Quotienten + jb1 + j b2 Zl a1 Z2 a2 a1a2+b1b2 a2 + b2 2 a1 a2 2 + jb1 + j b2 a2 - j b2 .a2b1-a1b2 + J a2 + b2 (Z2 =F 2 Das aus Z = a + jb hervorgehende z* = a - jb heißt die zu Z konjugiert komplexe Zahl. Damit lässt sich das bisherige Vorgehen bei der Division in a2 - jb2 2 (8.6) der Form Zl 0) . _ Z2 - ZlZ2 Z2z2 (8.10) ausdrücken. Man kann leicht die folgenden Beziehungen verifizieren: 3. In Bezug auf Addition und Multiplikation sind die komplexen Zahlen wie die reellen Zahlen kommutativ: assoziativ: + Z2 = Z2 + Zl bzw. ZlZ2 = Z2Z1 + (Z2 + Z3) = (Zl + Z2) + Z3 ; Zl(Z2Z3) (8.7) Zl Zl = (Z*)* = Z, Z+Z* (ZlZ2)Z3 = zi zi (z-lr = (z*)-l (8.11) z-z* (8.13) (ZlZ2)* = 2 Re{z}, =j2Im{z}. (8.12) (8.8) distributiv: Zl (Z2 + Z3) = ZlZ2 + ZlZ3. Entsprechendes gilt damit auch für die Subtraktion und die Division. (8.9) 8.2 Die Gaußsehe Zahlenebene Man veranschaulicht die komplexen Zahlen in einer Ebene. Dazu wird ein kartesisches xy- Koordinatensystem eingeführt. Man ordnet den Realteil a einer komplexen Zahl der Abszisse, den Imaginärteil b der Ordinate eines Punktes P ••zu. Auf 188 189 8 Komplexe Zahlen 8.2 Die Gaußsehe Zahlenebene Im: imaginäre Achse Definition 8.3 p b :z = a I I I I I I I + jb Man kann auch die Polarkoordinaten r, ip zur Beschreibung der komplexen Zahl z verwenden (Bild 8.1). Es gilt offensichtlich (man vergleiche Abschnitt 4.3.4) der Zusammenhang a a = rcoscp, b Re: reelle Achse Abbildung 8.1: Eine komplexe Zahl in der Gaußsehen Zahlenebene diese Weise kann man die komplexe Zahl z durch einen Punkt P geometrisch ver- oP anschaulichen. Die gerichtete Strecke ist der Zeiger und wird als Pfeil dargestellt. Im Bild 8.2 sind die komplexen Zahlen z,z ", -z, -z* dargestellt. Neben der cp= -z*.--: b (8.14) ip aretan Qfür a > 0 a { aretan ~ + rr.für a (8.15) <0 Die Koordinate r heißt Betrag der komplexen Zahl z und wird Izl geschrieben. Die Winkelkoordinate sp, die im Gegenuhrzeigersinn gewählt wird, heißt Argument von z, geschrieben arg z. Dabei kann cp im Intervall [0,2'1r) oder (-'Ir, 'Ir] gemessen werden. Damit lässt sich schreiben z imaginäre Achse = r sin = a + jb = r( cos sp + j sin (8.16) cp) . Hieraus erkennt man unmittelbar die Gültigkeit der Beziehung ,Z (8.17) I I I I I I I I I I I :-a reelle Achse a, I I I I I I I I -b Im Im -z· ---- -------- - -- ------- --- "z * I I Abbildung 8.2: z, z*, -z, -z* in der Gaußsehen Zahlen ebene Darstellung durch die Gaußsehe Zahlenebene mit den kartesischen Koordinaten a b gibt es noch eine weitere Möglichkeit der Darstellung von komplexen Zahlen. ' 190 ..... Re Abbildung 8.3: Vektorielle Darstellung von Summe und Differenz komplexer Zahlen 191 8 Komplexe Zahlen 8.3 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Anhand der Darstellung komplexer Zahlen in der Zahlenebene lassen sich die arithmetischen Operationen einfach deuten. So kann man jetzt Addition und Subtraktion zweier komplexer Zahlen als entsprechende Vektoroperationen interpretieren (Bild 8.3). Zur Veranschaulichung der Multiplikation (Bild 8.4) und Division empfiehlt es sich, die Polarkoordinatendarstellung heranzuziehen: rl (cos CPl+ jsincpl), Zl = Z2 = r2 Der Quotient Zl / Z2 mit Zl = 1+j und Z2 = 1-j kann dadurch gebildet werdei dass zunächst Zl = v'2 ( cos ~ + j sin ~) und Z2 geschrieben wird. Damit ergibt sich (8.18) ( cos CP2 + j sin CP2) . Man erhält bei Anwendung von Additionstheoremen schnitt 4.3.4) Beispiel 8.2 :: = ~ (cos (~ + ~) + j = v'2 ( cos sin (~ (- ~) + ~)) = j +j sin ( -"4) ) . (8.19) aus der Trigonometrie (Ab- 8.3 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen (8.20) Definition 8.4 und Das n-fache Produkt Z· Z ... Z von Z = r( cos cp+ j sin cp) ist nach Abschnitt 8.2 (8.21) (8.22) Diese Ergebnisse lassen sich in der folgenden Weise interpretieren: Man multipliziert zwei komplexe Zahlen, 'indem man ihre Beträge multipliziert und ihre Argumente addiert. Den Quotienten erhält man entsprechend, indem man die Beträge dividiert und die Argumente subtrahiert. und heißt n-te Potenz der komplexen Zahl z. Hieraus lässt sich für r wichtige Beziehung (cos sp Tm Im 1,5z] ......... ~ + j sin cp) n = cos tup + j entnehmen. Unter der n-ten Wurzel der komplexen Gleichung wn = Z mit w = R(costJ Zahl Z sin ncp = 1 die (8.23) versteht man die Lösung der + jsintJ) (8.24) Re Abbildung 8.4: Vektorielle Darstellung der Multiplikation von komplexen Zahlen und der skalaren Multiplikation Aufgrund obiger Darstellung der n-ten Potenz einer komplexen Zahl erkennt man den Zusammenhang (8.25) und ntJ = cp +k . 27f (k = 0, ±1, ±2, ... ) , (8.26) 192 193 8 Komplexe Zahlen 8.4 Die Eulersche Formel wenn man noch die 21f-Periodizität der Kosinus- und Sinus-Funktionen berücksichtigt. 8.4 Die Eulersche Formel Damit können die insgesamt n n-ten Wurzeln von z folgendermaßen geschrieben werden: Man kann die Exponentialfunktion y = e x mit reellen Werten x und y auf den Bereich der komplexen Zahlen erweitern. Durch diese Erweiterung werden die bekannten Regeln für das Rechnen mit Potenzen nicht geändert. Spezielle Bedeutung hat hierbei die Eulersche Formell, Wk+ 1 = y'r + k ~) (cos ( ~ +j = 0 heißt + k ~) = 0, 1, ... , n - (k Die Wurzel für k sin ( ~ ) (8.27) 1) . ej<p = coeip + j sin e . (8.28) Hauptwert. Damit lässt sich eine komplexe Zahl in der Form Beispiel 8.3 Es sollen die vier 4-ten Wurzeln von j berechnet werden. Für z r = 1 und <p = 1f/2. Daraus folgt mit n = 4 1f + J"sm "81f = cos 22,5 ° Wl = COS "8 W2 = COS 8+ J 51f . sin +j sin 22,5 , 51f 91f W3 = COS 8 + j sin 8 = cos 202, 5° + j W4 = COS 8 +j 131f 131f 8 sin (8.29) erhält man ° 8 = cos 112, 5° + j 91f =j ausdrücken. Diese Darstellung komplexer Zahlen ermöglicht eine einfache Formulierung der Multiplikation und Division von zwei komplexen Zahlen: sin 112, 5°, (8.30) sin 202,5°, = cos 292,5° + j sin 292,5° . Im Bild 8.5 ist die Lage der vier Wurzeln in der komplexen Ebene dargestellt. Wk ,11 ,, I I I I = y'r y'r Im W2 - = rej<p auf folgende 0,1,2, ... ,n- 1). (8.31) Weiterhin kann man die n-te Wurzel einer komplexen Zahl z Weise ausdrücken: ej(~+k2:) (k ej~ . (ej2:)k = Dabei sind \ \ j 21f) k e -:;;: \ \ We,k \ \ \ I \ I \ Re I \ , , I \ \ ..•.w = (8.32) ( / für k = 0,1, ... , n - 1 die n sogenannten n-ten Einheitswurzeln '. Damit lässt sich 4 (k Abbildung 8.5: Die vier 4-ten Wurzeln von der imaginären Einheit j 1Man sieht leicht, dass lej<p 12 = ej<p (ej<p)* chende Punkt auf dem Einheitskreis 1 Wurzeln der Zahl 1 = ej27T). 194 = ej<Pe- j<p = = 0,1, ... , n - 1) eO der Gaußsehen Zahlenebene = 1 gilt, so dass der liegt. (8.33) ej<p entspre- 195 8.5 Aufgaben 8 Komplexe Zahlen schreiben. Dies besagt, dass die n n-ten Wurzeln einer komplexen Zahl durch Multiplikation des Hauptwerts mit den n n-ten Einheitswurzeln entstehen. Die n-ten Einheitswurzeln selbst können durch Potenzieren von ej27f"/n erzeugt werden. In der komplexen Ebene lassen sich damit die n-ten Wurzeln als Eckpunkte eines regelmäßigen n-Ecks mit den Eckpunkten auf dem Kreis um den Ursprung mit Radius f/i deuten. Man vergleiche dazu das Bild 8.5. Beispiel 8.4 8.5 Aufgaben Aufgabe 8.1 Man gebe Real- und Imaginärteil der folgenden Ausdrücke an: 2. Die Lösungen der Gleichung + 3j)(1 1. (-2 - 5j) 5 -1 + 2j 3. (1 _ j)8 4. (1 + j)2(1 erhält man, indem man sämtliche dritten Wurzeln der komplexen Zahl 5. ..fij 6. V5 -12j. _ j)3 ermittelt. Es ergibt sich (k = 0,1,2), Aufgabe 8.2 Man gebe den Betrag und den Winkel der folgenden komplexen Zahlen an: also Zl Z2 Z3 = = = + j sin 20°), 02(cos 140° + j sin 140°), 02( cos 260° + j sin 260°) . 02(cos 20° Die komplexen Zahlen bilden nicht nur eine interessante mathematische Erweiterung der reellen Zahlen, sie sind auch ein wichtiges methodisches Hilfsmittel zur Lösung vieler praktischer Probleme. Fast überall, wo in der Technik sinusförmig sich ändernde Größen vorkommen, hat sich deren Darstellung durch komplexe Zeiger bewährt. Gerade in der Elektrotechnik ist die Verwendung komplexer Größen bei der Beschreibung technischer Vorgänge überaus weit verbreitet. 196 1. 1 + jV3 2. l+j I-j ~abe8.3 Man stelle die folgenden komplexen Zahlen in der Form a + jb dar: 1. e-j37r 7f j- 2. e 3. 197