KAP 0. MATHEMATISCHES GRUNDWISSEN § 1. Mengen und

Werbung
-1KAP 0. MATHEMATISCHES GRUNDWISSEN
§ 1. Mengen und logische Symbole
(1.1) Begriffe der Mengenlehre.
Die Mengenlehre gehört zu den Fundamenten der modernen Mathematik. Ihre Begriffe kommen heutzutage in jedem Teilgebiet der Mathematik vor. Die wichtigsten dieser Begriffe sind sicher noch von der
Schule her bekannt. Sie werden im Folgenden kurz wiederholt und um den einen oder anderen, für
manche Hörerinnen und Hörer dieser Vorlesung vielleicht neuen Begriff ergänzt.
Eine Menge ist nach G. Cantor 1), dem Begründer der Mengenlehre, eine Gesamtheit von voneinander
verschiedenen Dingen. Diese Dinge nennt man die Elemente der Menge. Mengen werden durch Eigenschaften definiert. Für die Menge aller Dinge, die eine ganz bestimmte Eigenschaft haben, schreibt man
{x * x . . .}, wobei an der Stelle . . . diese Eigenschaft beschrieben wird. Der Buchstabe x steht dabei für
ein beliebiges Element der Menge. Seine Wahl ist nicht zwingend; er kann auch durch einen anderen, für
die gerade zu betrachtende Menge vielleicht passenderen Buchstaben ersetzt werden. So mag es als passend erscheinen, wenn man zum Beispiel ein beliebiges Element der Menge aller Studentinnen und
Studenten der UniBw München mit s bezeichnet und diese Menge dann als {s * s ist Studentin / Student
der UniBw M} schreibt.
Zur abkürzenden Bezeichnung von Mengen benutzt man oft große lateinische oder griechische Buchstaben. Für die eben definierte Menge unserer Studentinnen und Studenten bietet sich dazu der Buchstabe
S an. Nimmt man ihn, so schreibt man S :' {s * s ist Studentin / Student der UniBw M}. Das Zeichen :'
symbolisiert die definierende Gleichheit. Man liest es wie “ist definiert als” oder “ist definitionsgemäß
gleich”. Dem Symbol auf der Seite des Doppelpunkts wird damit die auf der anderen Seite stehende
Bedeutung zugewiesen.
Zur Bezeichnung von einigen in der Mathematik immer wieder vorkommenden Mengen verwendet man
Sondersymbole, wie zum Beispiel ú für die Menge aller reellen, für die Menge aller rationalen, für
die Menge aller ganzen und schließlich ù für die Menge aller natürlichen Zahlen.
Ist ein Ding x Element einer Menge A, wozu man auch sagt, x gehöre zu oder liege in A, schreibt man dafür x 0 A. Gehört x dagegen nicht zu A, notiert man das mit x ó A. Die Menge, die keine Elemente enthält,
die so genannte leere Menge, wird mit dem Symbol i bezeichnet.
Ist eine Menge endlich, d. h., hat sie nur endlich viele Elemente, so kann man sie, wenigstens im Prinzip,
dadurch beschreiben, dass man ihre Elemente innerhalb der geschweiften Mengenklammern vollständig
auflistet. So lässt sich etwa die Menge aller ganzen Zahlen k mit der Eigenschaft, dass k > &1 und k < 4
ist, direkt auch in der Form {0, 1, 2, 3} darstellen. Es kommt vor, dass eine Menge nur ein Element
enthält. Ist dieses zum Beispiel mit a bezeichnet, so wird für die nur aus a bestehende Menge {a}
geschrieben. Dass die Elemente einer Menge verschieden sein müssen, bedeutet, dass in einer vollständigen Elementeliste einer Menge jedes Element nur einmal aufgeführt werden darf.
(1.1.1) Definition: Zwei Mengen A und B heißen gleich, in Zeichen A ' B, wenn für jedes x 0 A auch x
0 B und für jedes x 0 B auch x 0 A gilt.
1
) Georg Cantor: dtsch. Mathematiker, 1845 - 1918.
-2Das heißt einfach, dass genau dann A ' B gilt, wenn A und B dieselben Elemente besitzen. Für eine durch
eine vollständige Liste ihrer Elemente beschreibbare Menge folgt daraus, dass die Reihenfolge der Elemente in dieser Liste keine Rolle spielt; sie dürfen beliebig umgeordnet oder, wie es auch heißt, beliebig
permutiert werden. So ist zum Beispiel {0, 1, 2, 3} ' {1, 0, 2, 3} ' . . . ' {3, 2, 1, 0} (es gibt insgesamt
1 · 2 · 3 · 4 ' 24 Reihenfolgen für die vier Elemente dieser Menge). Das Gegenteil der Relation A ' B, dass
also zwei Mengen A und B nicht gleich sind, wird mit A … B bezeichnet.
(1.1.2) Definition: Seien A und B Mengen. Dann heißt A eine
a) Teilmenge von B, in Zeichen: A d B, wenn für jedes x 0 A auch x 0 B gilt;
b) echte Teilmenge von B, in Zeichen: A B, wenn A d B, aber nicht A ' B gilt.
Anstelle von A d B schreibt man auch B e A, anstatt A B auch B ¡ A. Die Relation A d B ist genau dann
erfüllt, wenn jedes Element von A auch zu B gehört. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sogar A ' B
gilt. A B bedeutet daher, dass zwar jedes Element von A zu B, aber umgekehrt nicht jedes Element von
B zu A gehört. So gilt zum Beispiel, dass {1, 3} {0, 1, 2, 3}. Richtig ist aber auch, dass {1, 3} d {0, 1,
2, 3}. Allerdings wird damit auf die Feststellung, dass {1, 3} … {0, 1, 2, 3} ist, ohne erkennbare Not verzichtet.
Die Mengen, die in dieser Vorlesung vorkommen, sind fast immer Teilmengen einer gewissen Grundmenge. Sehr oft ist diese Grundmenge die Menge ú der reellen Zahlen. Diese Mengen werden dann in
der Form {x 0 ú * . . .} geschrieben, wobei an der Stelle . . . eine zusätzliche, die Elemente der Menge
charakterisierende Eigenschaft steht. Als Beispiel diene etwa die Lösungsmenge der Gleichung
2 x 3 % 3x 2 & 2x ' 0 ,
wobei x 0 ú vorausgesetzt sei. Will man sie kurz, sagen wir, mit A bezeichnen, schreibt man dafür
A :' {x 0 ú * 2 x 3 % 3x 2 & 2x ' 0},
und stellt dann sehr schnell fest, dass A ' {&2, 0, 1 } ist. Interessiert man sich aus irgendeinem Grund
2
nur für die ganzzahligen Lösungen der obigen Gleichung und möchte man die entsprechende Lösungsmenge etwa mit B bezeichnen, so kann man dafür zum Beispiel
B :' {k 0
* 2 k 3 % 3k 2 & 2k ' 0}
schreiben (k ist eine beliebte, aber keineswegs zwingende Bezeichnung für eine ganze Zahl). Offensichtlich ist B ' {&2, 0}.
(1.2) Logische Symbole.
In der Mathematik werden ständig Aussagen gemacht und diese Aussagen nach den Grundgesetzen des
logischen Denkens miteinander verknüpft und zueinander in Beziehung gesetzt. Zur schriftlichen Darstellung solcher Verknüpfungen und Beziehungen hat man eine Reihe von Symbolen eingeführt, deren
wichtigste hier kurz erklärt werden. Mit A und B sind dabei (mathematische) Aussagen gemeint.
v: bezeichnet die logische Verknüpfung „und“ im Sinne von „sowohl . . . als auch . . .“. Die Aussage
A v B ist wahr, wenn sowohl die Aussage A als auch die Aussage B wahr ist, und sie ist falsch, wenn
(mindestens) eine der beiden Aussagen A, B falsch ist.
w: bezeichnet die logische Verknüpfung „oder“ im nicht ausschließenden Sinne. Die Aussage A w B ist
wahr, wenn (mindestens) eine der beiden Aussagen A, B wahr ist, und sie ist falsch, wenn sowohl A
-3als auch B falsch ist. Für „oder“ im ausschließenden Sinne sagt man in der Mathematik ganz deutlich
„ entweder . . . oder“.
Y: Folgt aus der Aussage A die Aussage B, schreibt man A Y B oder B Z A und sagt: „aus A folgt B“
oder „A impliziert B“ oder „A ist hinreichend für B“ oder „ B ist notwendig für A“.
]: Gilt sowohl A Y B als auch B Y A, schreibt man A ] B und sagt: „A ist äquivalent (gleichbedeutend)
mit B“ oder „A gilt genau dann, wenn B gilt“ oder „A ist notwendig und hinreichend für B“.
œ: bedeutet „für alle“ oder „für jede(n, s)“.
›: bedeutet „es existiert ein(e)“, was immer im Sinne von „es existiert mindestens ein(e)“ zu verstehen
ist.
Beispiele:
& x ' 3; sondern: x 2 ' 9 Y x ' ± 3 (d. h.:
1. Sei x 0 ú. Dann: x ' 3 Y x2 ' 9; aber: x2 ' 9 Y
x ' %3 w x ' & 3); auch richtig: x ' ± 3 Y x2 ' 9; daher: x2 ' 9 ] x ' ± 3.
2. œ a 0 ú: › x 0 ú: x2 ' a bedeutet (wörtlich übersetzt, und damit etwas holprig):
„für jedes a 0 ú gilt: es existiert (mindestens) ein x 0 ú, so dass gilt: x2 ' a “,
d. h., es wird behauptet, dass für jede reelle Zahl a die Gleichung x2 ' a eine reelle Zahl x als Lösung hat.
Das ist falsch. Richtig ist dagegen: œ a 0 ú mit a $ 0: › x 0 ú: x2 ' a ($ : größer oder gleich). 
(Das Symbol  bezeichnet den Abschluss eines etwas längeren Beispiels oder einer Gruppe von Beispielen).
(1.3) Begriffe der Mengenlehre: Fortsetzung.
Mit Hilfe der in (1.2) erklärten logischen Verknüpfungen v und w werden aus zwei oder mehreren
Mengen oft neue Mengen gebildet.
(1.3.1) Definition: Für zwei Mengen A und B heißt die Menge
a) A 1 B :' {x * x 0 A v x 0 B} der Durchschnitt von A und B;
b) A c B :' {x * x 0 A w x 0 B} die Vereinigung von A und B;
c) A\ B :' {x * x 0 A v x ó B} die (mengentheoretische) Differenz “A minus B” oder das Komplement von
B in A.
Beispiele:
1. Sind A und B die Zahlenmengen A :' {0, 1, 2, 3} und B :' {2, 3, 4}, so ist
A c B ' {0, 1, 2, 3, 4}, A 1 B ' {2, 3}, A\ B ' {0,1} und B\ A ' {4}.
Zur Bildung der Vereinigung A c B fasst man die Elemente von A und B zunächst zusammen und führt
dann aber jedes Element nur einmal in der Liste auf (weil die Elemente einer Menge voneinander
verschieden sein müssen).
2. ú\{0} ' {x * x 0 ú v x ó {0}} ' {x 0 ú * x … 0}: Menge aller von 0 verschiedenen reellen Zahlen.
Diese Menge wird im Folgenden oft gebraucht.

Viele Begriffe der Mengenlehre können gut mit einem so genannten Mengen - oder Venndiagramm 2)
2
) John Venn: engl. Mathematiker und Philosoph, 1834 - 1923.
-4veranschaulicht werden. Dabei werden Mengen in der Zeichenebene verwendet, die aus allen Punkten
innerhalb oder auf einer geschlossenen Kurve, etwa eines Kreises oder einer Ellipse bestehen.
Oft ist auch der Durchschnitt oder die Vereinigung von mehr als zwei Mengen zu betrachten.
(1.3.2) Definition: Für n Mengen A1, A2, . . ., An, wobei n 0 ù vorgegeben, heißt die Menge
a) A1 1 . . . 1 An :' {x * x 0 A1 v x 0 A2 v . . . v x 0 An} der Durchschnitt von A1, A2, . . ., An ;
b) A1 c . . . c An :' {x * x 0 A1 w x 0 A2 w . . . w x 0 An} die Vereinigung von A1, A2, . . ., An .
Da
x 0 A1 v . . . v x 0 An ] x 0 Ai für alle i 0 {1, 2, . . ., n} ] œ i 0 {1, 2, . . ., n}: x 0 Ai,
und weil
x 0 A1 w . . . w x 0 An ] x 0 Ai für ein i 0 {1, 2, . . ., n} ] › i 0 {1, 2, . . ., n}: x 0 Ai,
können die obigen Definitionen auch auf die Form
A1 1 . . . 1 An :' {x * œ i 0 {1, 2, . . ., n}: x 0 Ai} und A1 c . . . c An :' {x *› i 0 {1, 2, . . ., n}: x 0 Ai}
gebracht werden. Etwas kürzer wird für den Durchschnitt und die Vereinigung von A1, A2, . . ., An
n
n
auch 1 Ai bzw. c Ai geschrieben.
i'1
i'1
(1.3.3) Definition:
a) Zwei Mengen A und B heißen disjunkt, wenn A 1 B '
i.
b) n Mengen A1, A2, . . ., An, wobei n > 1, heißen paarweise disjunkt, wenn Ai 1 Aj '
dizes i, j 0 {1, 2, . . ., n} mit i … j.
i für je zwei In-
-5§ 2. Reelle Zahlen
Zunächst sei kurz skizziert, wie man ausgehend von den natürlichen Zahlen durch wiederholte Erweiterung des Zahlenbegriffs zu den reellen Zahlen gelangt ist.
(2.1) Natürliche und ganze Zahlen.
Die Zahlen, die man in der Schule als erste kennenlernt, sind die natürlichen Zahlen
1, 2, 3, . . ., n, n%1, . . . .
(1)
Die Menge der natürlichen Zahlen wird mit ù bezeichnet. In der Liste (1) sind die natürlichen Zahlen der
Größe nach geordnet. Von zwei verschiedenen Zahlen m, n 0 ù ist diejenige die kleinere, die in (1) vor
der anderen steht. Ist dies zum Beispiel m, so schreibt man dafür m < n oder, damit gleichbedeutend, n >
m. Die Symbole < und > bezeichnen also die Relationen “kleiner als” und “größer als”. Zu jeder Zahl n
0 ù gibt es eine nächstgrößere natürliche Zahl, nämlich n%1. Daraus folgt, dass es unendlich viele natürliche Zahlen gibt. ù ist daher eine unendliche Menge.
Die natürlichen Zahlen werden zum Abzählen und zum Indizieren (Durchnummerieren) verwendet. So
wurde etwa in (1.3.2) eine beliebig vorgegebene Anzahl n von Mengen betrachtet. Um sie voneinander
zu unterscheiden, wurden sie mit den natürlichen Zahlen 1, 2, . . ., n indiziert und so dann mit A1, A2, . .
., An bezeichnet.
Zum Rechnen ist die Zahlenmenge ù nur wenig geeignet. Von den vier Grundrechnungsarten ist ù nur
gegenüber der Addition und der Multiplikation abgeschlossen, nicht aber gegenüber der Subtraktion und
der Division. Damit ist gemeint, dass für zwei beliebige Zahlen m, n 0 ù zwar stets die Summe m%n und
das Produkt mn wieder in ù liegen, nicht aber unbedingt auch die Differenz m&n oder der Quotient m/n.
Auf der Suche nach einer Zahlenmenge, die frei von diesen Defiziten ist, hat man ù zunächst um die Zahl
0 und die so genannten negativen Zahlen &1, &2, &3, . . . zur Menge der ganzen Zahlen
. . ., &n&1, &n, . . ., &3, &2, &1, 0, 1, 2, 3, . . ., n, n%1, . . .
(2)
erweitert. In dieser Reihenfolge sind auch die ganzen Zahlen der Größe nach geordnet. Für zwei verschiedene Zahlen k, R 0 gilt k < R genau dann, wenn k in der Liste (2) vor R steht. Die natürlichen
Zahlen 1, 2, 3, . . , die in (2) nach der Zahl 0 kommen, sind daher die Zahlen k 0 mit k > 0. Man nennt
sie nun die positiven ganzen Zahlen. Die in (2) vor der 0 stehenden negativen ganzen Zahlen sind
dagegen die Zahlen k 0 mit k < 0. Die allgemeine Form einer negativen ganzen Zahl ist &n, wobei n 0
ù. Für eine positive ganze, also eine natürliche Zahl n schreibt man manchmal deutlicher auch %n. Zu
jeder Zahl k 0 gibt es eine nächstgrößere und eine nächstkleinere ganze Zahl, nämlich k%1 und k&1.
Die Zahlenmenge ù ist eine echte Teilmenge von , kurz: ù . Natürlich ist auch unendlich.
Die Zahlenmenge ist abgeschlossen gegenüber der Addition, der Multiplikation und der Subtraktion.
Bei der Ausführung dieser drei Grundrechnungsarten sind u. a. die so genannten Vorzeichenregeln zu beachten. Diese sind:
% (&n) ' & (%n) ' & n, % (%n) ' & (&n) ' n,
(&m) (&n) ' (%m) (%n) ' m n und (%m) (&n) ' (&m) (%n) ' & m n,
Beispiel: 3 & (&5) (&7) & 4 (&9) ' 3 & (%35) & (&36) ' 3 & 35 % 36 ' 4.
Wie ù ist auch gegenüber der Division nicht abgeschlossen. Um auch diesen Mangel zu beheben, hat
man neben den ganzen Zahlen einfach auch noch die Brüche k/R, wobei k, R 0 und R … 0, zu Zahlen
-6erklärt. Das sind dann die so genannten rationalen Zahlen. Bevor wir uns ihnen zuwenden, noch einige
speziell für ganze Zahlen konzipierte Begriffe.
(2.1.1) Definition: Seien k, R 0 . Dann heißt R ein Teiler oder Faktor von k, in Zeichen: R*k, wenn es eine
Zahl q 0 mit k ' Rq gibt.
Für R*k sagt man auch, k sei durch R teilbar. Ist k nicht durch R teilbar, schreibt man dafür Rðk. Für jedes
k 0 gilt 1*k und k*k. Aus R*k folgt, dass auch R*&k, &R*k und &R*&k gilt. Bei vielen mathematischen
Problemen spielt es eine Rolle, ob eine darin vorkommende ganze Zahl durch 2 teilbar ist oder nicht.
(2.1.2) Definition: Sei k 0 . Dann heißt k gerade, wenn 2*k gilt, ungerade sonst.
Die geraden ganzen Zahlen sind 0, ±2, ±4, . . ., die ungeraden sind ±1, ±3, ±5, . . . . Die allgemeine Form
einer geraden ganzen Zahl ist 2R, die einer ungeraden 2R%1 oder 2R&1, wobei R 0 . Beispiele: 10 ' 2R mit
R ' 5; &11 ' 2R%1 mit R ' &6; aber auch: &11 ' 2R&1 mit R ' &5.
(2.1.3) Definition: Seien k, R 0 \{0}. Dann heißt
a) die größte Zahl d 0 ù mit d*k und d*R der größte gemeinsame Teiler von k und R, in Zeichen: d '
ggT(k, R);
b) die kleinste Zahl m 0 ù mit k*m und R*m das kleinste gemeinsame Vielfache von k und R, in Zeichen:
m ' kgV(k, R).
Beispiel: Weil &6 ' &2 · 3 und 21 ' 3 · 7, ist ggT(&6, 21) ' 3 und kgV(&6, 21) ' 2 · 3 · 7 ' 42.
In diesem Beispiel wurde die Zerlegung der Zahlen &6 und 21 in Primfaktoren verwendet. Dazu:
(2.1.4) Definition: Eine Zahl p 0 ù mit p > 1 heißt Primzahl, wenn gilt: n 0 ù v n*p Y n ' 1 w n ' p.
Das heißt einfach, dass eine Primzahl nur die Zahl 1 und sich selbst als positive Teiler hat. Die ersten
zehn Primzahlen, der Größe nach geordnet, sind 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23. Man kann zeigen, dass es
unendlich viele Primzahlen gibt.
(2.1.5) Fundamentalsatz der Arithmetik: Jede Zahl n 0 ù mit n > 1 kann eindeutig in Primfaktoren zerlegt
werden, d. h., es gibt eine eindeutig bestimmte Anzahl m von eindeutig bestimmten Primzahlen p1, p2, .
. ., pm mit p1 < p2 < . . . < pm und eindeutig bestimmten Zahlen ν1, ν2, . . ., νm 0 ù, so dass
ν
ν
ν
n ' p1 1 · p2 2 · . . . · p m m .
Beispiele: 312 ' 2 · 156 ' 22 · 78 ' 23 · 39 ' 23 · 3 · 13. Oder: 195 ' 5 · 39 ' 3 · 5 · 13. Daraus folgt z.
B. sofort, dass ggT(195, 312) ' 3 · 13 ' 39 und kgV(195, 312) ' 23 · 3 · 5 · 13 ' 1560.
(2.1.6) Definition: Seien k, R 0 \{0}. Dann heißen k und R teilerfremd, wenn ggT(k, R) ' 1.
Zwei Zahlen k, R 0 \{0} sind genau dann teilerfremd, wenn sie keinen gemeinsamen Primfaktor haben.
Zum Schluss dieses Abschnitts sollen noch zwei sehr einfache Aussagen über ganze Zahlen bewiesen
und bei dieser Gelegenheit gleich auch zwei wichtige Beweisprinzipien der Mathematik erklärt werden:
der direkte und der indirekte Beweis. Einen indirekten Beweis nennt man auch einen Widerspruchsbeweis.
Der Beweis des folgenden Satzes ist ein Beispiel für einen direkten Beweis. Dabei wird aus der Satz-
-7voraussetzung direkt auf die Satzbehauptung geschlossen. Der meistens aus mehreren Schritten bestehende Schluss erfolgt mit bereits bekannten mathematischen Aussagen.
(2.1.7 a) Satz: Sei k 0 . Dann gilt: k gerade Y k2 gerade.
Beweis: In der Einleitung steht, dass k eine ganze Zahl ist. Die Satzvoraussetzung lautet: „k ist gerade“
und die Satzbehauptung: „k2 ist gerade“. Aus der Satzvoraussetzung wird (unter Beachtung der Einleitung) direkt auf die Satzbehauptung geschlossen, nämlich so:
k gerade Y k ' 2R mit einem R 0
weil bekanntlich gilt: R 0
Y k2 ' 4R2 ' 2 · 2R2 Y k2 gerade,
Y 2R2 0 .
m
Das Zeichen m zeigt das Ende eines Beweises an. Der Beweis des nächsten Satzes ist ein indirekter Beweis. Dabei nimmt man an, die Satzbehauptung sei falsch. Folgt daraus ein Widerspruch, etwa zur Satzvoraussetzung oder einer anderen als richtig bekannten mathematischen Aussage, muss die Annahme, die
Satzbehauptung sei falsch, falsch sein. Also muss die Satzbehauptung wahr sein.
(2.1.7 b) Satz: Sei k 0 . Dann gilt: k2 gerade Y k gerade.
Beweis: Angenommen, die Satzbehauptung sei falsch. Dann wäre k ungerade Y
k ' 2R%1 mit einem R 0
Y k2 ' (2R%1) 2 ' 4R2 % 4R % 1 ' 2 · (2R2 % 2R) % 1 Y k2 ungerade,
Y 2R2 % 2R 0 . Die aus der Annahme, die Satzbehauptung sei falsch, sich ergebende Foldenn: R 0
gerung „k2 ungerade“ steht im Widerspruch zur Satzvoraussetzung. Also ist die Annahme falsch und die
Satzbehauptung daher wahr.
m
(2.2) Rationale Zahlen.
Die rationalen Zahlen sind die Brüche k/R mit k, R 0 und R … 0. Die Menge der rationalen Zahlen wird
mit bezeichnet. Die Bruchdarstellung einer rationalen Zahl ist nicht eindeutig. Vielmehr gilt:
(2.2.1)
k ' k q für alle q 0
R
Rq
mit q … 0.
Das ist die Regel für das Erweitern bzw. Kürzen eines Bruchs. Danach ist insbesondere k ' k (&1) ' &k .
R
R (&1)
&R
Weil &R 0 ù, wenn R < 0, folgt daraus, dass jede rationale Zahl in der Form k/n mit einem k 0 und
einem n 0 ù dargestellt werden kann. Im Folgenden wird fast immer diese Darstellung einer rationalen
Zahl verwendet.
Da k ' k/1, ist jede ganze Zahl k auch eine rationale Zahl, so dass eine Teilmenge von ist. Weil es
offensichtlich auch nicht ganze rationale Zahlen gibt, ist genauer eine echte Teilmenge von . Insgesamt hat man jetzt, dass ù .
Die Zahlenmenge ist abgeschlossen gegenüber der Addition, der Multiplikation, der Subtraktion und,
sieht man davon ab, dass nie durch 0 dividiert werden darf, auch gegenüber der Division. Die Ausführung der vier Grundrechnungsarten geschieht nach den folgenden Regeln der Bruchrechnung, bei denen
m und n natürliche, k und R ganze Zahlen bezeichnen sollen:
(2.2.2)
k ± R ' k±R,
m m
m
k R ' k R und
m·n
mn
k : R ' kn .
m n
mR
Bei der dritten Regel, die aussagt, dass durch einen Bruch R/n dividiert wird, indem man mit seinem
Kehrwert n/R multipliziert, muss R … 0 vorausgesetzt werden. In der ersten Regel für das Addieren oder
-8Subtrahieren werden nur Brüche mit demselben Nenner berücksichtigt. Haben sie verschiedene Nenner,
etwa m und n, bringt man sie zuerst durch Erweitern auf einen gemeinsamen Nenner und wendet dann die
erste Regel an. Als gemeinsamer Nenner kann das Produkt mn oder, rechnerisch oft bequemer, das
kleinste gemeinsame Vielfache von m und n gewählt werden.
Beispiel:
10 & 5 : 1 & 4 ' 10 · 2 & 5 · 3 : 1 · 3 & 4 ' 20 & 15 : 3 & 4 ' 5 · 3 ' & 5 .
9
6
3
18
18
3
3
18
3
18 &1
6
Die positiven rationalen Zahlen sind die der Form m , die negativen rationalen Zahlen haben die Form
n
&m ' & m , wobei m, n 0 ù. Sind r, s zwei verschiedene
rationale Zahlen, so ist r kleiner als s, wenn
n
n
man zu r eine positive Zahl x 0 addieren muss, um s zu erhalten. Weil diese Zahl x die Differenz s & r
sein muss, heißt das:
r < s ] s & r > 0 (] r & s < 0).
100
Beispiel: Seien r, s die Zahlen r ' 1 und s ' 10101 % 1 . Weil sehr viel kleiner als die Zehnerpotenzen
10
10 % 2
im Zähler und Nenner von s können dort die Zahlen 1 und 2 ohne weiteres vernachlässigt werden, so dass
s praktisch gleich
10100 ' 10100 & 101 ' 10&1 ' r
10101
ist. Um trotzdem feststellen zu können, ob die beiden Zahlen verschieden sind und welche dann die
kleinere ist, berechnet man einfach die Differenz r & s. Es gilt:
100
101
· (10100 % 1) ' (10101 % 2) & (10101 % 10) '
&8
,
r & s ' 1 & 10101 % 1 ' (10 % 2) & 10
101
101
10 10 % 2
10 · (10 % 2)
10 · (10 % 2)
10 · (10101 % 2)
so dass r & s < 0 und daher r < s ist.

Sind r, s zwei rationale Zahlen mit r < s, so ist zum Beispiel auch das arithmetische Mittel t ' r % s eine
2
rationale Zahl, die wegen
t & r ' r % s & 2r ' s & r > 0 und t & s ' r % s & 2s ' r & s < 0
2
2
2
2
zwischen r und s liegt. Daraus folgt sofort, dass es zu keiner rationalen Zahl eine nächstgrößere oder eine
nächstkleinere rationale Zahl gibt. Daher ist es nicht möglich, die rationalen Zahlen auch nur andeutungsweise der Größe nach geordnet hinzuschreiben, so wie das in Abschnitt (2.1) für die natürlichen und
die ganzen Zahlen gemacht wurde.
Die rationalen Zahlen werden durch Punkte auf der so genannten Zahlengeraden veranschaulicht. Dazu
zeichnet man eine Gerade und wählt auf ihr zuerst einen Punkt, den sog. Nullpunkt aus, der als Bild der
Zahl 0 dienen soll. Zeichnet man diese Gerade waagrecht, stellt man dann jede andere rationale Zahl r
durch den Punkt auf der Geraden dar, der sich im Abstand r rechts bzw. im Abstand &r links vom
Nullpunkt befindet, je nachdem, ob r positiv oder r negativ ist. Dieser Punkt wird genauso wie die Zahl
mit r bezeichnet. Unter dem Abstand des Punktes r vom Nullpunkt 0 versteht man dabei die Länge der
Strecke von 0 nach r, gemessen bezüglich einer vorher festgelegten Längeneinheit, etwa 1 cm. Ist r negativ, d. h. r ' &m/n mit m, n 0 ù, so ist dieser Abstand daher nicht gleich r, sondern gleich m/n ' &r.
-9Aufgrund dieser Veranschaulichung werden Zahlen gedanklich oft mit den sie darstellenden Punkten auf
der Zahlengeraden gleichgesetzt. So sagt man etwa, eine Zahl t liege zwischen zwei anderen Zahlen r und
s und meint damit, dass der t darstellende Punkt auf der Zahlengeraden zwischen den r und s darstellenden Punkten liegt. Ist r < s, so bedeutet das für die drei Zahlen, dass r < t < s, d. h. r < t und t < s gilt.
Die rationalen Zahlen liegen dicht auf der Zahlengeraden. Das heißt, dass es zu je zwei verschiedenen
Punkten a und b auf dieser Geraden unendlich viele rationale Zahlen gibt, die zwischen a und b liegen,
ganz gleich, wie klein dabei der Abstand δ zwischen a und b ist. Das macht man sich sehr schnell klar,
wenn man etwa die rationalen Zahlen der Form k/10m, wobei k 0 und m 0 ù, die sog. Dezimalbrüche
betrachtet. Mag auch der Abstand δ noch so klein sein, so ist doch δ > 0, Also gibt es ein m0 0 ù mit
m
m
1/10 0 < δ, woraus zunächst folgt, dass zwischen a und b eine Zahl der Form k0/10 0 , k0 0 , liegen
muss, und daraus sofort weiter, dass es unendlich viele zwischen a und b liegende Zahlen der Form
k/10m, k 0 und m $ m0, gibt.
Zu jeder rationalen Zahl gehört (genau) ein Punkt auf der Zahlengeraden, der sie bildlich darstellt. Weil
die rationalen Zahlen auf der Zahlengeraden dicht liegen, könnte man nun meinen, dass umgekehrt auch
zu jedem Punkt auf dieser Geraden eine rationale Zahl gehört, deren Bild er ist. Daraus würde dann folgen, dass man die Länge jeder Strecke durch eine positive rationale Zahl exakt ausdrücken kann. Das ist
aber falsch. Es war schon den altgriechischen Mathematikern bekannt, dass z. B. die Länge der Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten beide die Länge 1 haben, nicht durch eine rationale
Zahl exakt ausgedrückt werden kann. Dies folgt aus dem Satz von Pythagoras und dem folgenden
(2.2.3) Satz: Es gibt keine Zahl r 0
mit r2 ' 2.
Nach dem Satz von Pythagoras gilt:
c2 ' 12 % 12 Y c2 ' 2;
wegen (2.2.3) kann c nicht rational sein.
Der Beweis des Satzes (2.2.3) ist ein klassisches Beispiel für einen Widerspruchsbeweis. Sehr wahrscheinlich wurde er noch vor 400 v. Chr. gefunden. Jedenfalls war er schon Aristoteles 3) bekannt, der ihn
in einer seiner Schriften überliefert hat. Wir bringen ihn am Ende dieses Abschnitts.
Die rationalen Zahlen lassen also “Lücken” auf der Zahlengeraden übrig. Diese Lücken entsprechen den
sog. irrationalen Zahlen. Die in dem obigen Bild konstruierte Lücke entspricht offensichtlich der irrationalen Zahl 2 . Weitere Beispiele für irrationale Zahlen sind die Wurzeln p , wobei p eine beliebige
Primzahl sein kann, die Kreiszahl π ' 3, 14159 . . . und die Eulersche Zahl e ' 2, 71828 . . . . Es gibt übrigens “mindestens so viele” irrationale wie rationale Zahlen, und auch die irrationalen Zahlen liegen dicht
3
) Aristoteles: grch. Philosoph, 384 - 322 v. Chr.
-10auf der Zahlengeraden. Das folgt sofort aus dem folgenden
(2.2.4) Satz: Sei a eine irrationale Zahl. Dann ist für jede Zahl r 0
irrationale Zahl.
mit r … 0 auch das Produkt ar eine
Beweis: Angenommen, ar wäre für ein r 0 \{0} rational. Dann gäbe es eine Zahl s 0 mit ar ' s, so
dass a ' s/r wäre. Weil der Quotient zweier rationaler Zahlen (mit einem von 0 verschiedenen Divisor)
wieder rational ist, widerspricht dies aber der vorausgesetzten Irrationalität von a. Also ist die Annahme
falsch und die Satzbehauptung somit richtig.
m
Die rationalen zusammen mit den irrationalen Zahlen sind die sog. reellen Zahlen. Verwischt man wieder
den Unterschied zwischen einer Zahl und dem sie darstellenden Punkt, so ist nun jeder Punkt der Zahlengeraden eine reelle Zahl.
Eine reelle Zahl a heißt positiv, in Zeichen: a > 0, wenn sie auf der Zahlengeraden rechts von 0 liegt, und
sie heißt negativ, in Zeichen: a < 0, wenn sie sich dort links von 0 befindet. Für den Fall, dass a rational
ist, steht dies im Einklang mit den für rationale Zahlen vereinbarten Definitionen der Relationen a > 0
und a < 0. Mit den positiven reellen Zahlen kann nun die Länge jeder Strecke exakt wiedergegeben
werden.
Die Menge der reellen Zahlen wird mit ú bezeichnet. Für die Menge der irrationalen Zahlen ist kein extra
Symbol allgemein üblich. Man kann sie als die mengentheoretische Differenz ú\ schreiben.
Rationale und irrationale Zahlen unterscheiden sich u. a. sehr deutlich hinsichtlich ihrer Darstellungen als
Dezimalbrüche.
Dezimalbruchdarstellungen
Jede Zahl a 0 ú\ mit a > 0, also jede positive nicht ganze reelle Zahl a kann durch einen Dezimalbruch
der Form
(1) Ν, α1 α2 . . . αm oder (2) Ν, α1 α2 . . . αm αm%1 . . .,
wobei Ν 0 , Ν $ 0, m 0 ù und α1 α2 . . . αm . . . 0 {0, 1, . . ., 9}, dargestellt oder, wie man dazu auch sagt,
in einen solchen Dezimalbruch entwickelt werden. Die Zahlen 0, 1, . . ., 9 nennt man in diesem Zusammenhang die Ziffern des Dezimalsystems. Ein Dezimalbruch der Form (1) heißt endlich oder abbrechend,
einer der Form (2) unendlich oder nicht abbrechend. Bei Form (1) ist αm … 0, bei Form (2) αi … 0 für unendlich viele i vorausgesetzt.
Beispiele: 5 ' 1, 25 , oder: 1 ' 0, 333 . . . 3 . . , oder: 2 ' 1, 414213 . . . .
4
3
Ist a 0 ú\ negativ, muss zur Darstellung von a durch einen Dezimalbruch vor diesen noch ein Minuszeichen gesetzt werden. Beispiel: & 2 ' & 1, 414213 . . . .
Die Dezimalbruchentwicklung einer rationalen Zahl erhält man sehr schnell mit dem von der Schule her
-11bekannten Divisionsalgorithmus 4) für ganze Zahlen. Dazu die folgenden
(2.2.5) Beispiele:
1. Sei r ' 19/8. Dann gilt:
r ' 19: 8 ' 2, 375 (endlicher Dezimalbruch).
30
60
40 7 die Division bricht hier ab.
2. Sei r ' 25/22. Dann gilt:
r ' 25: 22 ' 1, 1 36 36 36 . . . ' 1, 1 36 (unendlicher periodischer Dezimalbruch).
30
80
140
80 7 ab da wiederholt sich alles; die Division bricht nie ab.
.
.
.

Allgemein gilt:
(2.2.6) Satz: Eine Zahl a 0 ú\ ist genau dann rational, wenn der sie darstellende Dezimalbruch endlich
oder periodisch unendlich ist.
Ein periodisch unendlicher Dezimalbruch ist einer der Form
Ν, β1 . . . βm γ1 . . . γp γ1 . . . γp . . . ': Ν, β1 . . . βm γ1 . . . γp ,
bei dem sich ab einer Stelle nach dem Komma ein bestimmter Ziffernblock γ1 . . . γp ständig wiederholt.
Die Ziffern β1, . . ., βm können auch fehlen. Die Wiederholung des Blocks γ1 . . . γp setzt dann unmittelbar
nach dem Komma ein. Die Anzahl p der Ziffern dieses Blocks nennt man die Periodenlänge des Dezimalbruchs.
Die nächsten Beispiele zeigen, wie man von der Darstellung einer rationalen Zahl r durch einen endlichen oder periodisch unendlichen Dezimalbruch zur Darstellung von r durch einen Bruch k/n, k 0 und
n 0 ù, gelangt.
(2.2.7) Beispiele:
4
1. Sei r :' 2, 7368. Dann gilt: r ' 2, 73684· 10 ' 27368 : Bruch mit einer Zehnerpotenz im Nenner;
10000
10
daher der Name “Dezimalbruch”. In diesem Beispiel kann noch gekürzt werden:
r ' 27368 ' 8 · 3421 ' 3421 .
10000
8 · 1250
1250
2. Sei r ' 0, 2 185 (' 0, 2 185 185 . . .). Man multipliziert r mit 103 (' 10Periodenlänge) und zieht r von dem
Produkt 103 r ab: 103 r & r ' 218, 5 185 185 . . . & 0, 2 185 185 . . . ' 218, 5 & 0, 2 ' 218, 3 Y
3 ' 2183 ' 37 · 59 ' 59 .
r ' 218,
3
9990
37 · 270
270
10 & 1
9 ' 1.

3. Sei r ' 0, 9 (' 0, 9 9 9 . . .) Y 10 r & r ' 9, 9 9 9 . . . & 0, 9 9 9 . . . ' 9 Y r '
10 & 1
Aus dem obigen Satz (2.2.6) folgt, dass die Dezimalbruchentwicklung einer irrationalen Zahl nichtperiodisch unendlich sein muss. Zu ihrer Auffindung bis hin zu einer vorgegebenen Stelle nach dem
4
) Algorithmus: ein aus mehreren genau definierten Schritten bestehendes Rechenverfahren.
-12Komma gibt es unterschiedliche Verfahren. Bei einer irrationalen Zahl der Form p , p eine Primzahl,
gelingt dies mit einem einfachen Probierverfahren, das am Beispiel der Zahl 5 erläutert sei:
12 < 5, 22 < 5, 32 > 5 Y
2
2
5 ' 2, . . .,
2
2, 1 < 5, 2, 2 < 5, 2, 3 > 5 Y
2
2
2
5 ' 2, 2 . . .,
2
2, 21 < 5, 2, 22 < 5, 2, 23 < 5, 2, 24 > 5 Y
usw. ; man erhält so:
5 ' 2, 23 . . .,
5 ' 2, 236067 . . . .
Die immer beschränkte Rechenkapazität, die einem zur Verfügung steht, setzt diesem und jedem anderen
Verfahren natürlich Grenzen.

Anhang
Beweis von (2.2.3): Angenommen, der Satz sei falsch, d. h., angenommen:
es gibt eine rationale Zahl r ' k , k 0 und n 0 ù, mit r2 ' 2.
n
Sicher muss dann k … 0 sein. Falls k > 0, setzen wir m :' k, sonst, wenn k < 0, m :' &k. In jedem Fall ist
dann ( m )2 ' ( ± k )2 ' r 2 ' 2 . Also folgt aus unserer Annahme, dass es Zahlen m, n 0 ù gibt mit ( m )2
n
n
n
' 2. Kürzen wir den Bruch m weitestgehend, sehen wir, dass aus unserer Annahme sogar folgt:
n
es gibt teilerfremde Zahlen m, n 0 ù mit ( m )2 ' 2 .
n
Das kann aber nicht sein, denn:
2
( m )2 ' 2 Y m 2 ' 2 Y m2 ' 2n2 (1) Y m2 gerade Y m gerade (2),
n
n
wobei die letzte Implikation nach (2.1.7 b) richtig ist. Weil m 0 ù und m als gerade erkannt ist, gibt es ein
R 0 ù mit m ' 2R. Dies in (1) eingesetzt, ergibt:
(2R)2 ' 2n2 Y 4R2 ' 2n2 Y n2 ' 2R2 Y n2 gerade Y n gerade (3),
letzteres dabei wieder wegen (2.1.7 b). (2) und (3) stehen aber im Widerspruch zur Teilerfremdheit von
m und n. Damit ist die Annahme, der Satz sei falsch, widerlegt. Also ist er richtig.
m
(2.3) Die vier Grundrechnungsarten in der Zahlenmenge ú.
Alle Gesetze, die das Rechnen mit den vier Grundrechnungsarten in ú regeln, folgen aus nur neun sehr
einfachen Gesetzen. Weil diese nicht auf noch weniger oder noch einfachere Gesetze zurückgeführt
werden können, haben sie den Charakter von Axiomen; man nennt sie die Körperaxiome. Sie enthalten
nur Aussagen zur Addition und Multiplikation, was sich daraus erklärt, dass die Subtraktion und die
Division durch die Addition und die Multiplikation als deren resp. inverse Operationen definiert sind,
nämlich so:
(2.3.1) Definition: Für zwei Zahlen a, b 0 ú ist definiert
a) die Differenz b & a als die Lösung x 0 ú der Gleichung a % x ' b,
b) der Quotient b/a als die Lösung x 0 ú der Gleichung a x ' b.
Die Differenz b & a ist also definitionsgemäß die reelle Zahl, die man zu a addieren und der Quotient b/a
diejenige, mit der man a multiplizieren muss, um b zu erhalten. Weil die Gleichung a x ' b nur für a … 0
eine eindeutig bestimmte Lösung x hat (s. u.), ist b/a nur für a … 0 definiert.
(2.3.2) Körperaxiome: Seien a, b, c 0 ú. Dann gilt:
(A 1) a % b ' b % a
(Kommutativgesetz).
-13(A 2) (a % b) % c ' a % (b % c)
(A 3) a % 0 ' a
(A 4) Es gibt genau ein x 0 ú mit a % x ' 0
(Assoziativgesetz).
(Gesetz vom neutralen Element).
(Gesetz vom inversen Element).
(M 1)
(M 2)
(M 3)
(M 4)
ab ' ba
(a b) c ' a (b c)
a1 ' a
Sofern a … 0, gibt es genau ein x 0 ú mit a x ' 1
(Kommutativgesetz).
(Assoziativgesetz).
(Gesetz vom neutralen Element).
(Gesetz vom inversen Element).
(D)
a (b % c) ' a b % a c
(Distributivgesetz).
Bemerkungen zu den Körperaxiomen:
1. Aus den Assoziativgesetzen (A 2) und (M 2) folgt, dass bei einer Summe oder einem Produkt mit drei
oder mehreren Summanden bzw. Faktoren die durch Klammern festgelegte Reihenfolge, in der addiert
bzw. multipliziert wird, keine Rolle spielt, Klammern daher überflüssig sind. So gilt zum Beispiel:
a % (b %(c % d)) ' (a % b) % (c % d) ' ((a % b) % c) % d ' . . . ': a % b % c % d bzw.
a (b (c d)) ' (a b) (c d) ' ((a b) c) d ' . . . ': a b c d .
Aufgrund der Kommutativgesetze (A 1) und (M 1) dürfen auch noch die Summanden bzw. Faktoren beliebig vertauscht werden, d. h.:
a % b % c % d ' b % a % c % d ' b % c % a % d ' . . . bzw.
abcd ' bacd ' bcad ' . . . .
2. Die Axiome (A 3) und (M 3) legen die besondere Rolle fest, die den Zahlen 0 und 1 bei der Addition
bzw. Multiplikation zukommt: das Addieren von 0 und das Multiplizieren mit 1 lässt jede Zahl a 0 ú
unverändert.
3. Die nach (A 4) für jedes a 0 ú eindeutig bestimmte Lösung x der Gleichung a % x ' 0 nennt man bekanntlich das Negative von a, die laut (M 4) für jedes a 0 ú mit a … 0 eindeutig bestimmte Lösung x der
Gleichung a x ' 1 den Kehrwert oder das Reziproke von a. Das Negative von a wird mit &a bezeichnet,
der Kehrwert von a, dabei a … 0 vorausgesetzt, mit 1 oder 1/a. Für a ' 0 hat die Gleichung a x ' 1 keine
a
Lösung, weil dann a x ' 0 für alle x 0 ú (s. u.: (2.3.7, 1)). Für a ' 0 ist daher 1/a nicht definiert.
Man beachte, dass &a auch positiv sein kann, nämlich genau dann, wenn a negativ ist. Ganz gleich, ob
a positiv oder negativ ist, auf der Zahlengeraden liegen a und &a immer spiegelbildlich bezüglich der
Zahl 0 zueinander, d. h. die Abstände, die a und &a zu 0 haben, sind immer gleich.
(2.3.3) Definition: Für jedes a 0 ú heißt der Abstand, den a auf der Zahlengeraden von der Zahl 0 hat,
der Betrag von a; man bezeichnet ihn mit *a*.
Diese Definition gilt auch für die Zahl 0: weil 0 von sich selbst den Abstand 0 hat, ist einfach *0* ' 0. Da
*a* eine Länge ist, nämlich die der Strecke von 0 nach a, ist *a* $ 0 für alle a 0 ú. Weiter ist *&a* ' *a*
für alle a 0 ú, und es gilt die folgende
(2.3.4) Formel: *a* '
a ; a $ 0,
für alle a 0 ú.
&a ; a < 0
-14Die geschweifte Klammer in dieser Formel bezeichnet eine Fallunterscheidung; ein Semikolon ist dabei
zu lesen wie “falls” oder “für den Fall, dass”.
4. Eine Menge , in der für je zwei Elemente a, b 0 eindeutig eine Summe a % b 0 und ein Produkt
a b 0 definiert sind derart, dass mit zwei ausgezeichneten, mit 0 und 1 bezeichneten Elementen von
die neun Gesetze (A 1) - (A 4), (M 1) - (M 2) und (D) erfüllt sind, nennt man in der Mathematik einen
Körper. Die Menge ú ist somit ein Beispiel für einen Körper. Weil die neun Gesetze bestehen bleiben,
wenn man in (2.3.2) überall ú durch ersetzt, ist auch die Menge der rationalen Zahlen ein Körper.
Weil sie nur noch teilweise erfüllt werden, wenn man dort ú gegen oder ù austauscht, sind dagegen die
Mengen ù und , deren Elemente ja auch addiert und multipliziert werden mit Ergebnissen, die wieder
in ù bzw. liegen, keine Körper.
Wie schon zu Beginn dieses Abschnitts erwähnt, folgen aus den Körperaxiomen alle Gesetze, die beim
Rechnen mit den vier Grundrechnungsarten zu beachten sind. Mit den obigen Bemerkungen wurden
bereits einige dieser Gesetze formuliert. Von den übrigen sind die folgenden die wichtigsten:
(2.3.5) Satz: Seien a1, a2, . . ., am, b1, b2, . . ., bn 0 ú, wobei m > 1 oder n > 1. Dann gilt:
(a1 % a2 % . . . % a m) (b1 % b2 % . . . % b n) '
a1 b1 % a1 b2 % . . . % a1 b n % a2 b1 % a2 b2 % . . . % a2 b n % . . . % a m b1 % a m b2 % . . . % a m b n ,
in Worten: zwei Summen werden multipliziert, indem man jeden Summanden der ersten Summe mit
jedem der zweiten multipliziert und die Produkte dann aufsummiert.
Beispiel: Seien a, b 0 ú. Dann gilt zum Beispiel:
(a % b)2 ' (a % b) (a % b) ' a a % a b % b a % b b ' a 2 % 2a b % b 2 ;
(a % b)3 ' (a % b) (a % b)2 ' (a % b) (a 2 % 2a b % b 2) ' a a 2 % a 2a b % a b 2 % b a 2 % b 2a b % b b 2 '
' a 3 % 2a 2 b % a b 2 % b a 2 % 2a b 2 % b 3 ' a 3 % 3a 2 b % 3a b 2 % b 3 .
Dabei wurde wiederholt das Kommutativgesetz (M 1) angewandt.

(2.3.6) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt:
1) a & b ' a % (&b) .
2) a ' a 1 (Vorauss.: b … 0).
b
b
3) (&a) b ' a (&b) ' & a b , (&a) (&b) ' a b .
4) &a ' a ' & a , &a ' a (Vorauss.: b … 0).
b
&b
b &b
b
Die Gesetze 3) und 4) sind die bekannten Vorzeichenregeln. Die Gesetze 1) und 2) zeigen, dass und wie
man eine Differenz als Summe und einen Quotienten als Produkt darstellen kann. Damit kann man aus
einem Rechengesetz für eine Summe oder ein Produkt immer das entsprechende für eine Differenz bzw.
einen Quotienten herleiten. Dazu ein
Beispiel: Oben wurde ausgerechnet, dass für a, b 0 ú gilt:
(a % b)3 ' a 3 % 3a 2 b % 3a b 2 % b 3 .
Mit Hilfe von (2.3.6, 1) folgt daraus sofort die Formel für (a & b)3, und zwar so:
(a & b)3 ' (a % (&b))3 ' a 3 % 3a 2 (&b) % 3a (&b)2 % (&b)3 ' a 3 & 3a 2 b % 3a b 2 & b 3 .
Man beachte hierzu noch, dass (&b)2 ' (&b) (&b) ' b2 und (&b)3 ' (&b)2 (&b) ' b2 (&b) ' &b3.

-15(2.3.7) Satz: Seien a, b, a1, a2, . . ., an 0 ú, wobei n > 1. Dann gilt:
1) a 0 ' 0 .
2) a b ' 0 ] a ' 0 w b ' 0 , allgemeiner:
a1 a2 . . . a n ' 0 ] a1 ' 0 w a2 ' 0 w . . . w a n ' 0 , in Worten:
ein Produkt ist genau dann gleich 0, wenn (mindestens) einer seiner Faktoren gleich 0 ist.
Beispiel: Sei x 0 ú. Weil 2 x 3 % 3 x 2 & 2 x ' x (2 x 2 % 3 x & 2), gilt:
2 x 3 % 3 x 2 & 2 x ' 0 ] x (2 x 2 % 3 x & 2) ' 0 ] x ' 0 w 2 x 2 % 3 x & 2 ' 0 ]
x ' 0 w x ' &3 ± 9 % 16 ' &3 ± 5 ] x ' 0 w x ' 1 w x ' &2 .
2
4
4
3
2
Damit sind alle Lösungen x 0 ú der Gleichung 2 x % 3 x &2 x ' 0 gefunden. Für die zweite Äquivalenz
wurde (2.3.7, 2) mit a ' x und b ' 2 x2 % 3 x & 2 angewandt. Ferner wurde die Formel
2
x ' x1, 2 ' &b ± b & 4a c
2a
für die Lösungen der quadratischen Gleichung a x2 % b x % c ' 0, wobei a … 0, benutzt.

Addition und Multiplikation von reellen Zahlen lassen sich geometrisch wie folgt veranschaulichen:
Um von a nach a % b zu gelangen, geht man von a aus um eine Strecke der Länge *b* nach rechts bzw.
nach links, je nachdem b > 0 oder b < 0 ist. Die nur für Zahlen a, b 0 ú mit a > 0 und b > 0 durchgeführte
Konstruktion von a b folgt aus dem sog. Strahlensatz der Geometrie.
(2.4) Potenzen mit einem ganzzahligen Exponenten.
Zu den Gesetzen, in denen nur die vier Grundrechnungsarten vorkommen, gehören auch die für das Potenzieren mit einem ganzzahligen Exponenten. Das ist so, weil eine Potenz ak, wobei a 0 ú und k 0 , im
Fall k > 0 nur ein Produkt, im Fall k < 0 nur der Kehrwert eines Produkts ist.
(2.4.1) Definition: Sei a 0 ú, sei n 0 ù. Dann ist definiert:
-
für jedes a 0 ú:
an :' a für n ' 1, an :' a a . . . a (n - mal) für n > 1;
- für jedes a 0 ú mit a … 0: a0 :' 1, a &n :' 1n .
a
k
Damit ist a für jedes k 0 definiert. Für a ' 0 hat a&n keinen Sinn, weil dann an ' 0n ' 0 · . . . · 0 ' 0 und
so 1/an nicht definiert ist. Der für a ' 0 aus a0 sich ergebene Ausdruck 00 ist ein sog. unbestimmter Ausdruck, dem sich eindeutig keine Zahl als Wert zuordnen lässt. Er dient nur zur Bezeichnung eines bestimmten Grenzwerttyps. Das wird später noch genau erklärt. Die Zahl a 0 ú heißt die Basis, die Zahl k
0 der Exponent der Potenz ak .
(2.4.2) Satz (Potenzgesetze): Seien a, b 0 ú, seien k, R 0 . Sofern alle in einer Gleichung vorkommenden
Potenzen und gegebenenfalls Quotienten definiert sind, gilt:
1) a k a R ' a k % R .
2) a k / a R ' a k & R .
-163) a k b k ' (a b)k .
4) a k / b k ' (a /b)k .
5) 1 / a k ' (1 /a)k
6) (a k) ' a k R .
R
1; k gerade,
(k 0 ).
&1; k ungerade
(2.4.3 a) Formel: (&1)k '
Weil (&a)k ' ((&1) a)k ' (&1)k a k für alle a 0 ú und alle k 0 , für die ak definiert ist, folgt daraus:
a k ; k gerade,
(a 0 ú, k 0 , a … 0 für k # 0).
&a k ; k ungerade
(2.4.3 b) Formel: (&a)k '
Beispiel: Die ganze Zahl 7 ist ungerade. Also gilt zum Beispiel für alle a 0 ú:
(&a)7 % 2 a 7 & (&2 a)7 ' & a 7 % 2 a 7 & (& (2 a)7) ' & a 7 % 2 a 7 % 27 a 7 ' (&1 % 2 % 27) a 7 ' 129 a 7.
(2.4.4) Satz (binomische Formeln): Seien a, b 0 ú. Dann gilt:
1) (a ± b)2 ' a 2 ± 2 ab % b 2.
2) a 2 & b 2 ' (a & b) (a % b).
3) (a ± b)3 ' a 3 ± 3 a 2 b % 3 a b 2 ± b 3.
4) a 3 & b 3 ' (a & b) (a 2 % a b % b 2).
(2.5) Summen- und Produktzeichen.
Summen mit vielen Summanden stellt man am übersichtlichsten mit dem Summenzeichen dar.
(2.5.1) Definition: Seien K, L 0
mit K # L und seien aK, aK%1, . . ., aL&1, aL 0 ú. Dann ist definiert:
L
3 a i :' aK % aK%1 % . . . % aL&1 % a L .
i'K
Die (ganzen) Zahlen K und L nennt man die untere bzw. obere Summationsgrenze. Der mit i bezeichnete
sog. Summationsindex durchläuft alle ganzen Zahlen von K bis einschließlich L in der natürlichen Reihenfolge K, K%1, . . ., L&1, L. Wie eine mit dem Summenzeichen dargestellte Summe aussieht, hängt
davon ab, wie man die Summationsgrenzen wählt und wie man den Summationsindex bezeichnet.
Beispiele: Sei n 0 ù. Dann gilt z. B.:
n
n&1
n&2
n&2
i'1
j'0
n
k ' &1
i ' &1
1. 1 % 2 % 3 % . . . % n ' 3 i ' 3 (j%1) ' 3 (k%2) ' 3 (i%2) ' . . . .
2. 1 % a % a 2 % a 3 % . . . % a n ' 3 a i , wobei a 0 ú.

i'0
Die Summe aus dem zweiten Beispiel kommt in der Mathematik sehr oft vor. Man nennt sie die geometrische Summe mit der Basis a. Damit die Darstellung mit dem 3 - Zeichen auch für den Fall a ' 0 unmissverständlich ist, muss in diesem Fall a0 :' 1 gesetzt werden.
(2.5.2) Einige Summenformeln:
n
2
3
1) 3 a ( ' 1 % a % a % a % . . . % a ) '
i
i'0
n
n
1& a n%1 a … 1,
;
(n 0 ù, a 0 ú).
1& a
n%1 ; a ' 1
2) 3 i ( ' 1 % 2 % 3 % . . . % n) ' n (n%1) (n 0 ù).
2
i'1
n
3) 3 i 2 ( ' 1 % 4 % 9 % . . . % n 2) ' n (n%1) (2n%1) (n 0 ù).
6
i'1
-17Die erste dieser Formeln (für die geometrische Summe) braucht man immer wieder. Man sollte sie auswendig lernen. Bei den anderen zwei Formeln reicht es, wenn man weiß, dass es sie gibt und wo man sie
bei Bedarf finden kann.
Zur knappen Darstellung eines Produkts mit mehreren Faktoren verwendet man das Produktzeichen.
Seine Definition ist der des Summenzeichens völlig analog.
(2.5.3) Definition: Seien K, L 0
mit K # L und seien aK, aK%1, . . ., aL&1, aL 0 ú. Dann ist definiert:
L
J a i :' a K aK%1 . . . aL&1 a L .
i'K
Beispiele:
10
1. J i ' 1 · 2 · . . . · 9 · 10 ' 1 · 2 · . . . · 9 · 10 ' 1 .
2 3
10 11
2 · 3 · . . . · 10 · 11
11
i'1 i % 1
n
2. Sei n 0 ù. Dann: J i ' 1 · 2 · . . . · (n&1) · n ' n! . Dazu:
i'1
(2.5.4) Definition: Sei n 0
mit n $ 0. Dann ist n! (gelesen: n - Fakultät) definiert durch
n
n! :' 1, wenn n ' 0, n! :' J i ' 1 · 2 · . . . · (n&1) · n , wenn n $ 1.
i'1
Für jedes n 0 mit n $ 0 ist n! eine natürliche Zahl. Die folgende Tabelle enthält die Fakultäten der
Zahlen n ' 0, 1, . . ., 9. Wie man sieht, wachsen sie mit größer werdendem n extrem schnell an.
n
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
n!
1
1
2
6
24
120
720
5 040
40 320
362 880
(2.6) Ungleichungen.
Je zwei Zahlen a, b 0 ú können der Größe nach verglichen werden: entweder ist a < b oder a > b oder a
' b. Relationen der Form a < b oder a > b nennt man auch Ungleichungen. Genau dann gilt a < b, wenn
b & a > 0 oder auch, gleichbedeutend damit, wenn a & b < 0 ist. Auf der Zahlengeraden liegt dann a links
von b. Für mehrere Zahlen a1, a2, . . ., an 0 ú bedeutet die sog. Ungleichungskette
a1 < a2 < . . . < an,
dass a1 < a2, a2 < a3, . . ., an&2 < an&1 und an&1 < an ist. Die Zahlen sind dann der Größe nach geordnet.
Für das Rechnen mit Ungleichungen sind die in den nächsten zwei Sätzen zusammengefassten Regeln zu
beachten. Weil a > b dasselbe bedeutet wie b < a, genügt es, diese Regeln nur für Ungleichungen mit
dem Zeichen < zu formulieren.
(2.6.1) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt:
1) a < b Y a % c < b % c für jedes c 0 ú.
2) a < b Y a c < b c für jedes c 0 ú mit c > 0. Aber:
3) a < b Y a c > b c für jedes c 0 ú mit c < 0.
-18(2.6.2) Satz: Seien a, b 0 ú mit a, b > 0 5). Dann gilt:
1) a < b Y 1 > 1 .
a b
2) a < b Y a n < b n für jedes n 0 ù.
Beispiel: Zu lösen sei die Ungleichung 5 & 2 x < x & 8, wobei x 0 ú. Dazu wird sie mit Hilfe der Regeln (2.6.1) schrittweise äquivalent umgeformt. Die Kommentare über den einzelnen Äquivalenzzeichen
beziehen sich dabei auf die Schlussrichtung Y, die darunter stehenden auf die Schlussrichtung Z.
%2 x
%8
:3
&8
·3
13 < x .
3
13
Die Ungleichung wird von allen x 0 ú mit x >
erfüllt; ihre Lösungsmenge ist das Intervall + 13 , 4, :'
3
3
{x 0 ú * x > 13 } (s. u.: (2.6.6)). Bei der letzten Äquivalenz wird durch die Zahl 3 dividiert bzw. mit ihr
3
multipliziert; weil sie positiv ist, bleibt dabei die Relation < erhalten.

5 & 2x < x & 8
]
&2 x
5 < 3 x & 8 ] 13 < 3 x ]
(2.6.3) Definition: Seien a, b 0 ú. Dann bedeutet
a) a # b, dass a < b oder a ' b ist;
b) a $ b, dass a > b oder a ' b ist.
Das Zeichen # wird gelesen wie “kleiner oder gleich”, das Zeichen $ wie “größer oder gleich”.
Eine Zahl a 0 ú mit a # 0 ist eine, für die das Gegenteil der Aussage, dass a > 0 ist, zutrifft. Also wird sie
konsequenterweise als nichtpositiv bezeichnet. Entsprechend bezeichnet man eine Zahl a 0 ú mit a $ 0
als nichtnegativ.
Für Ungleichungen mit dem Zeichen # gelten die gleichen Regeln wie für die mit dem Zeichen <, d. h.:
(2.6.4) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt:
1) a # b Y a % c # b % c für jedes c 0 ú.
2) a # b Y a c # b c für jedes c 0 ú mit c > 0. Aber:
3) a # b Y a c $ b c für jedes c 0 ú mit c < 0.
(2.6.5) Satz: Seien a, b 0 ú mit a, b > 0. Dann gilt:
1) a # b Y 1 $ 1 .
a
b
2) a # b Y a n # b n für jedes n 0 ù.
Die Lösungsmenge einer Ungleichung ist oft ein Intervall. Anschaulich ist das eine in der Zahlengeraden
liegende Strecke oder Halbgerade. Manchmal gehören die Endpunkte eines Intervalls zum Intervall,
manchmal sind sie davon ausgeschlossen. Das ergibt verschiedene Typen von Intervallen, die alle in der
folgenden Definition aufgeführt sind.
(2.6.6) Definition:
a) Intervalle mit zwei Endpunkten a, b 0 ú, wobei a < b (sog. beschränkte Intervalle):
+a, b, :' {x 0 ú * a < x < b}: offenes Intervall.
[a, b] :' {x 0 ú * a # x # b}: abgeschlossenes Intervall.
+a, b] :' {x 0 ú * a < x # b}: links offenes, rechts abgeschlossenes Intervall.
5
) d. h.: a > 0 und b > 0.
-19[a, b, :' {x 0 ú * a # x < b}: links abgeschlossenes, rechts offenes Intervall.
b) Intervalle mit nur einem Endpunkt a bzw. b 0 ú (sog. unbeschränkte Intervalle):
+a, 4, :' {x 0 ú * x > a}: offenes Intervall.
[a, 4, :' {x 0 ú * x $ a}: abgeschlossenes Intervall.
+&4, b, :' {x 0 ú * x < b}: offenes Intervall.
+&4, b] :' {x 0 ú * x # b}: abgeschlossenes Intervall.
Ferner: +&4, 4 , :' ú.
Eine eckige Klammer bei einem Endpunkt eines Intervalls zeigt an, dass er zum Intervall gehört. Gehört
er nicht dazu, wird dies durch eine spitze Klammer zum Ausdruck gebracht. Anstelle der spitzen Klammern werden in der Literatur manchmal auch umgedrehte eckige oder runde Klammern verwendet. Die
Endpunkte eines Intervalls werden auch als seine Randpunkte bezeichnet.
(2.7) Wurzeln.
n
Sei n 0 ù. Die n - te Wurzel einer Zahl a 0 ú, bezeichnet mit a , ist, wenn es sie überhaupt gibt, eine
Zahl x 0 ú mit xn ' a. Für eine einwandfreie Definition der n - ten Wurzel von a muss daher zuvor die
Gleichung xn ' a genauer untersucht werden.
(2.7.1) Satz: Sei n 0 ù. Dann gilt für die Gleichung xn ' a, wobei a 0 ú gegeben und x 0 ú gesucht:
1) Ist n ungerade, so hat sie
- für jedes a 0 ú genau eine Lösung x 0 ú.
2) Ist n gerade, so hat sie
- für jedes a 0 ú mit a < 0 keine Lösung,
- für a ' 0 nur die Lösung x ' 0,
- für jedes a 0 ú mit a > 0 genau zwei Lösungen x1, x2 0 ú, wobei x2 ' &x1 ist
Die Aussagen dieses Satzes lassen sich leicht mit Hilfe des Graphen der Potenzfunktion y ' xn veranschaulichen:
Für den Fall, dass n gerade und a > 0 ist, muss nun aufgrund der Aussage 2) dieses Satzes entschieden
-20werden, welche der zwei Lösungen x1 und x2 man als die n - te Wurzel von a akzeptieren will. Diese Entscheidung ist notwendig, um der quer durch die gesamte Mathematik erhobenen Forderung nach Eindeutigkeit der Begriffe zu genügen. Weil jede der zwei Lösungen das Negative der anderen ist, muss eine
von ihnen positiv, die andere dann negativ sein. Natürlicherweise hat man sich für die positive Lösung
entschieden.
(2.7.2) Definition: Sei n 0 ù.
a) Ist n ungerade, ist
n
a für jedes a 0 ú definiert, und zwar so:
n
b) Ist n gerade, ist
n
a :' x, wobei x 0 ú und xn ' a.
a nur für jedes a 0 ú mit a $ 0 definiert, nämlich so:
n
a :' x, wobei x 0 ú und xn ' a und x $ 0.
Bemerkungen:
1. Die natürliche Zahl n heißt die Ordnung, die reelle Zahl a der Radikand der n - ten Wurzel von a. Die
Rechenoperation des Ziehens der n - ten Wurzel bezeichnet man auch als Radizieren zur Ordnung n.
2. Für jedes n 0 ù hat die Gleichung xn ' 0 nach (2.7.1) nur die Lösung x ' 0. Also ist
n
0 ' 0 für jedes n 0 ù.
3. Weil x ' 1 im Fall eines ungeraden n die einzige reelle und im Fall eines geraden n die einzige positive reelle Lösung der Gleichung xn ' 1 ist, gilt:
n
1 ' 1 für jedes n 0 ù.
4. Der Fall n ' 1 ist trivial: nach (2.7.2 a) ist
1
folgt, dass a ' a für alle a 0 ú.
1
a die Lösung der Gleichung x1 ' a, woraus natürlich
2
5. Die wohl bekannteste Wurzelordnung ist n ' 2. In diesem Fall schreibt man anstatt a in der Regel
nur a und anstelle von “zweite Wurzel von a” sagt man gewöhnlich bloß “Wurzel von a”.
Beispiele: 1. Die Gleichung x2 ' &3 hat keine Lösung x 0 ú. Also ist &3 nicht definiert. 2. Die Gleichung x2 ' 4 hat die zwei Lösungen x1 ' 2 und x2 ' &2. Die Wurzel von 4 ist die positive Lösung. Also
ist eindeutig 4 ' 2 (und nicht: 4 ' ±2, wie das manchmal behauptet wird).

Für jedes a 0 ú ist a2 $ 0. Also ist a 2 definiert. Es ist aber nicht, wie man vielleicht meinen könnte,
a 2 immer gleich a. Vielmehr gilt:
(2.7.3) Satz:
a 2 ' *a* für alle a 0 ú.
Beweis: Die Gleichung x2 ' a2, die der Definition von a 2 zugrunde liegt, hat die Lösungen x1 ' a und
x2 ' &a (die für a ' 0 zusammenfallen). Die Wurzel von a2 ist die nichtnegative Lösung, d. h.:
a2 '
Beispiel:
a; a $ 0,
' *a* für alle a 0 ú (s. (2.3.4)).
&a ; a < 0
m
(&2)2 ' *&2* ' 2 , wovon man sich auch so überzeugen kann: (&2)2 ' 4 ' 2 .
n
Bei einer geraden Wurzelordnung n ist a nur für a $ 0 definiert, bei einer ungeraden sogar für alle a 0
n
ú. Zur Berechnung von a kann man sich aber auch in diesem Fall auf a $ 0 beschränken, denn:
(2.7.4) Satz: Sei n 0 ù ungerade. Dann ist
n
n
&a ' & a für alle a 0 ú.
-21Beweis: Sei a 0 ú beliebig und sei x :'
n
&a , so dass xn ' &a. Weil n ungerade ist, folgt daraus:
(&x)n ' & x n ' & (&a) ' a Y
n
n
a ' &x ' & &a Y Behauptung.
m
Wegen dieses Satzes kann man bei der Formulierung der für das Wurzelziehen geltenden Gesetze nichtnegative Radikanden voraussetzen.
(2.7.5) Satz (Wurzelgesetze): Seien m, n 0 ù, sei k 0
1)
n
3)
n
5)
ab '
n
a
n
b.
2)
n
1 / b '1 / b .
m n
a '
mn
4)
und seien a, b 0 ú mit a, b $ 0. Dann gilt:
n
n
a/b '
n
n
a/ b.
n
k
a k ' ( a) .
a.
Bei den Gesetzen 2) und 3) muss natürlich b > 0, bei dem Gesetz 4) für den Fall, dass k < 0 ist, a > 0
vorausgesetzt werden. Auch der folgende Satz beinhaltet ein Wurzelgesetz. Es sagt aus, dass die n - te
Wurzel für jedes n 0 ù eine streng monoton wachsende Funktion des Radikanden ist.
(2.7.6) Satz: Sei n 0 ù, seien a, b 0 ú mit a, b $ 0. Dann gilt: a < b Y
n
a<
n
b.
(2.8) Potenzen mit einem rationalzahligen Exponenten.
Für ein a 0 ú soll die Potenz ar für jede rationale Zahl r ' k , k 0 und n 0 ù, definiert werden. Die Den
finition von ar sollte so sein, dass die bisher nur für Potenzen mit einem ganzzahligen Exponenten als
gültig erwiesenen Potenzgesetze (s. (2.4.2)) erhalten bleiben. Insbesondere sollte dann auch (ar )n ' ar n
sein. Weil r n ' k n ' k , folgt daraus, dass (ar )n ' ak und damit ar eine Lösung x der Gleichung xn ' ak
n
sein muss. Damit diese Gleichung für alle r ' k 0 lösbar und damit ar ' ak/n für alle r ' k 0 wie gen
n
wünscht definierbar ist, muss a > 0 sein. Ist dies der Fall, hat die Gleichung xn ' ak für ein ungerades n
n
n
nur die Lösung x ' a k , für ein gerades n die zwei Lösungen x1, 2 ' ± a k . Weil die angestrebte Definition von ar ' ak/n für alle r ' k 0 gleich lauten sollte, unabhängig davon, ob n ungerade oder gerade
n
ist, bleibt für sie nur noch diese Möglichkeit:
(2.8.1) Definition: Sei a 0 ú mit a > 0, seien k 0
a
k/n
und n 0 ù. Dann ist definiert:
:'
n
a k.
Bemerkungen: 1. Speziell für k ' 1 ergibt diese Definition, dass
a 1/n '
n
a für alle a 0 ú mit a > 0 und alle n 0 ù.
2. Aufgrund des Wurzelgesetzes (2.7.5, 4) gilt auch
n
k
a k/n ' ( a ) für alle a 0 ú mit a > 0, alle k 0
was manchmal rechnerisch von Vorteil ist. Beispiel: 32
5
&3
(2.8.1) rechnet. Einfacher: 32&3/5 ' ( 32 ) ' 2&3 ' 1/8.
3. Weil aus a > 0 folgt, dass ak > 0 für jedes k 0
jedes n 0 ù, ist
&3/5
und alle n 0 ù.
5
' 32&3 ' . . ., wenn man direkt nach
und daraus weiter, dass
n
a k > 0 für jedes k 0
und
ar > 0 für alle a 0 ú mit a > 0 und alle r 0 .
In der Definition (2.8.1) wird ausdrücklich a > 0 vorausgesetzt. Missachtet man diese Voraussetzung,
können sich schnell Widersprüche einstellen, wie das die folgenden Beispiele zeigen, in denen die For-
-22derung, dass die Basis a einer Potenz ar, r 0 \ , positiv sein muss, einfach ignoriert wird.
Beispiele: 1. Einerseits: (&2)3/2 ' (&2)3 ' &8 : nicht definiert.
Andererseits: (&2)3/2 ' (&2)6/4 '
4
4
(&2)6 '
4
64 : definiert. Widerspruch! (Der Taschenrechner gibt aus:
64 ' 2, 828 . . .).
6
2. Einerseits:
64 ' 2 . Das ist richtig, weil x ' 2 die positive Lösung der Gleichung x6 ' 64 ist.
6
6
3
Andererseits: 64 ' (&8)2 ' (&8)2/6 ' (&8)1/3 ' &8 ' &2 . Das ist falsch. Der Grund für den Feh6
ler ist die Darstellung von 64 als Potenz mit der negativen Basis a ' &8.

Dass Potenzen mit einem beliebigen rationalen Exponenten nur für positive Basen widerspruchsfrei definiert werden können, zeigen auch die Beweise der für sie gültigen Potenzgesetze. Diese lauten genauso
wie die für Potenzen mit einer ganzen Zahl als Exponenten (vgl. (2.4.2)).
(2.8.2) Satz (Potenzgesetze): Seien a, b 0 ú mit a, b > 0, seien r, s 0 . Dann gilt:
1) a r a s ' a r % s .
2) a r / a s ' a r & s .
3) a r b r ' (a b)r .
4) a r / b r ' (a /b)r .
5) 1 / a r ' (1 /a)r
6) (a r) ' a r s .
s
Durch die Darstellung von Wurzeln in der Form ar, a > 0 und r 0 , vereinfacht sich das Rechnen mit
ihnen erheblich. Dazu noch zwei
Beispiele:
1.
3
3
&9 · 3 · 3 ' ?
3
Lösung: Weil &9 < 0, darf &9 nicht als Potenz (&9)1/3 geschrieben werden. Nach (2.7.4) gilt aber:
3
3
&9 ' & 9 ' & 91/3 , wobei die Potenzdarstellung nun wegen 9 > 0 zulässig ist. Damit:
3
3
1/3
&9 · 3 · 3 ' & 91/3 31/2 31/3 ' & (32) 31/2 31/3 ' & 32/3 % 1/2 % 1/3 ' & 31 % 1/2 ' & 3 3 .
a
2. Sei a 0 ú mit a > 0. 4
' ?
3
a3 · a5
Lösung: Weil a > 0 vorausgesetzt ist, dürfen die Wurzeln als Potenzen geschrieben werden. Damit:
a
4
3
a3 · a5
12
'
a 1/2
a.
' a 1/2 & 3/4 & 5/3 ' a (6 & 9 & 20)/12 ' a & 23/12 ' a &2 % 1/12 '
3/4
a2
a · a 5/3

(2.9) Betrag einer reellen Zahl.
Der Betrag einer reellen Zahl ist nach (2.3.3) definiert als der Abstand, den diese Zahl auf der Zahlengeraden von der Zahl 0 hat. Zur Bezeichnung von Abständen benutzt man in der Mathematik gerne den
Buchstaben d. Speziell den Abstand, den eine Zahl b 0 ú auf der Zahlengeraden von einer Zahl a 0 ú hat,
bezeichnet man mit d(a, b). Er ist gleich der Länge der (gerichteten) Strecke von a nach b. Weil diese
Strecke natürlich diesselbe Länge hat wie die von b nach a, ist
d(a, b) ' d(b, a) für alle a, b 0 ú.
Daher ist es egal, auf welche der beiden Zahlen a und b man den Abstand d(a, b) bezieht, und man kann
so auch vom Abstand zwischen a und b oder vom Abstand, den a und b voneinander haben, sprechen,
Formulierungen, in den a und b gleichberechtigt erscheinen.
-23-
Die Definition (2.3.3) des Betrags einer reellen Zahl kann nun kurz so wiedergegeben werden:
*a* :' d(0, a) für alle a 0 ú.
Die folgenden Formeln für *a* wurden schon gebracht (s. (2.3.4) und (2.7.3)):
(2.9.1) Satz: Sei a 0 ú. Dann gilt:
a ; a $ 0,
1) *a* '
&a ; a < 0.
2) *a* ' a 2 .
Löst man 1) nach a auf und quadriert man 2), erhält man:
(2.9.1N) Folgerung: Sei a 0 ú. Dann gilt:
*a* ; a $ 0,
1) a '
&*a* ; a < 0.
2) *a*2 ' a2.
Die Gleichung 2) ist manchmal hilfreich bei der Auflösung einer Gleichung für eine gesuchte Zahl x 0 ú,
in der Beträge vorkommen. Dazu ein
Beispiel: Zu lösen sei die Gleichung *x % 1* ' 2 *x & 5*, x 0 ú. Dazu werden die beiden Seiten der Gleichung quadriert. Aufgrund von (2.9.1N, 2) können dann die Betragsstriche weggelassen werden:
*x % 1* ' 2 *x & 5* ] *x % 1*2 ' 4 *x & 5*2
(2.9.1N, 2)
]
(x % 1)2 ' 4 (x & 5)2 ]
x 2 % 2 x % 1 ' 4 (x 2 & 10 x % 25) ] 3 x 2 & 42 x % 99 ' 0 ] x 2 & 14 x % 33 ' 0 ]
2
x ' 14 ± 14 & 4 · 33 ' 14 ± 64 ' 14 ± 8 ] x ' 11 w x ' 3 .
2
2
2

Die wichtigsten Regeln für das Rechnen mit Beträgen, das im Folgenden noch sehr oft notwendig sein
wird, sind zu dem nächsten Satz zusammengefasst.
(2.9.2) Satz: Seien a, b 0 ú, sei k 0 . Dann gilt:
1) *a b* '
3) * a * '
b
5) *a k* '
*a**b*.
a.
b
*a*k.
2) *& a* ' *a*.
4) * 1 * ' 1 .
b
b
Für die Regeln 3) und 4) muss b … 0, für die Regel 5) im Fall, dass k # 0, a … 0 vorausgesetzt werden. Die
Regeln 1) und 2) sagen aus, dass der Betrag eines Produkts gleich dem Produkt der Beträge der Faktoren
und der Betrag eines Quotienten gleich dem Quotient der Beträge von Zähler und Nenner ist. Vermutet
man nun, dass der Betrag einer Summe gleich der Summe der Beträge der Summanden ist, so ist das
falsch. Richtig ist vielmehr:
-24(2.9.3) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt:
1) *a % b* # *a* % *b* (Dreiecksungleichung).
2) *a & b* # *a* % *b*.
Der Abstand d(a, b), den zwei Zahlen a, b 0 ú auf der Zahlengeraden voneinander haben, kann sehr
bequem als ein Betrag dargestellt werden, denn:
d(a, b) '
b & a ; a # b,
'
a&b; a > b
b & a ; b & a $ 0,
' *b & a*, also:
& (b & a) ; b & a < 0
(2.9.4) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt: d(a, b) ' *b & a* (' *a & b*).
Die in Klammern gesetzte Identität ist richtig, weil *b & a* ' *& (a & b)* ' *a & b*. Die Formel (2.9.4)
ist so wichtig, dass sie noch einmal in Worten wiederholt sei: der Betrag der Differenz zweier Zahlen a,
b 0 ú ist gleich dem Abstand, den a und b auf der Zahlengeraden voneinander haben. Damit ist zum
Beispiel der folgende Satz unmittelbar einsichtig:
(2.9.5) Satz: Seien a 0 ú und p 0 ú mit p > 0 gegeben, sei x 0 ú gesucht. Dann gilt:
1) *x & a* ' p ] x ' a ± p.
2) *x & a* < p ] a & p < x < a % p (] x 0 +a & p, a % p,).
Speziell für a ' 0 bedeutet das:
(2.9.5N) Folgerung: Sei p 0 ú mit p > 0 gegeben, sei x 0 ú gesucht. Dann gilt:
1) *x* ' p ] x ' ± p.
2) *x* < p ] & p < x < p (] x 0 +& p, p,).
(2.9.6) Satz: Seien a, b 0 ú. Dann gilt: *a* ' *b* ] a2 ' b2 ] a ' ± b.
Als abschließendes Beispiel noch die folgende
Aufgabe: Zu bestimmen sind alle Lösungen x 0 ú
a) der Gleichung *2x & 5* ' 3x & 1,
b) der Ungleichung *2x & 5* < 3x & 1.
Lösung:
a) Weil *2x & 5* $ 0 für alle x 0 ú, muss 3x & 1 $ 0 für jede Lösung x 0 ú der Gleichung sein. Daher:
(()
*2x & 5* ' 3x & 1 ] *2x & 5* ' 3x & 1 v 3x & 1 $ 0 ] 2x & 5 ' ± (3x & 1) v x $ 1 .
3
(((): aufgrund von (2.9.5N, 1) mit 2x & 5 und 3x & 1 anstelle von x und p)
Fall 1 (%): 2x & 5 ' 3x & 1 v x $ 1 ] x ' &4 v x $ 1 : Widerspruch!
3
3
Fall 2 (&): 2x & 5 ' & (3x & 1) v x $ 1 ] 5x ' 6 v x $ 1 ] x ' 6 .
3
3
5
Die Gleichung hat somit nur die Lösung x ' 6/5.
b) Wieder weil *2x & 5* $ 0 für alle x 0 ú, muss 3x & 1 > 0 für jede Lösung x 0 ú der Ungleichung sein.
Daher:
(()
*2x & 5* < 3x & 1 ] *2x & 5* < 3x & 1 v 3x & 1 > 0 ] & (3x & 1) < 2x & 5 < 3x & 1 v x > 1 ]
3
-25(((): aufgrund von (2.9.5N, 2) mit 2x & 5 und 3x & 1 anstelle von x und p)
] & (3x & 1) < 2x & 5 v 2x & 5 < 3x & 1 v x > 1 ] 6 < 5x v &4 < x v x > 1 ]
3
3
] x > 6 v x > &4 v x > 1 ] x > 6 .
5
3
5
Die Ungleichung hat demnach das Intervall + 6 , 4, als Lösungsmenge.
5
Graphische Lösung: Die Gleichung a) und die Ungleichung b) können eleganter auch graphisch gelöst
werden. Dazu zeichnet man in einem kartesischen x, y - Koordinatensystem die Kurven y ' *2x & 5* und
y ' 3x & 1 und bestimmt deren Schnittpunkte. Die Kurve y ' 3x & 1 ist eine Gerade. Weil
*2x & 5* '
2x & 5 ; 2x & 5 $ 0,
'
& (2x & 5) ; 2x & 5 < 0
2x & 5 ; x $ 5/2,
5 & 2x ; x < 5/2,
stimmt die Kurve y ' *2x & 5* für x $ 5/2 mit der Geraden y ' 2x & 5 und für x < 5/2 mit der Geraden y '
5 & 2x überein. Das ergibt dann das folgende Bild. Wie man daraus ablesen kann, schneiden sich die zwei
Kurven nur in einem Punkt S. Weil dessen erste Koordinate x offensichtlich links von 5/2 liegt, ist sie die
Lösung der Gleichung 5 & 2x ' 3x & 1, woraus x ' 6/5 folgt. Das ist dann schon die Lösung der Gleichung a). Die Ungleichung b) wird von genau denjenigen x 0 ú erfüllt, für die y ' *2x & 5* unterhalb von
y ' 3x & 1 liegt. Wie man sieht, sind das die x aus dem Intervall +6/5, 4,.
-26§ 3. Kartesische Produkte und Abzählaufgaben
(3.1) Kartesisches Produkt von Mengen.
In der Mathematik begegnet man immer wieder Objekten, zu deren vollständigen Beschreibung man eine
bestimmte Anzahl n von Zahlen a1, a2, . . ., an 0 ú angeben muss, wobei die Reihenfolge, in der man
diese Zahlen auflistet, für das zu beschreibende Objekt wesentlich ist. Man macht das üblicherweise in
der Form
(a1, a2, . . ., an)
und nennt diesen Ausdruck das n - Tupel mit den Elementen a1, a2, . . ., an. Dass die Reihenfolge, in der
sich die Elemente a1, a2, . . ., an zu dem n - Tupel (a1, a2, . . ., an) zusammensetzen, ein wesentliches Merkmal desselben ist, wird mit der folgenden Definition der Gleichheit von zwei n - Tupeln berücksichtigt.
(3.1.1) Definition: Zwei n - Tupel (a1, a2, . . ., an) und (b1, b2, . . ., bn) von je n reellen Zahlen sind definitionsgemäß gleich, wenn a1 ' b1 v a2 ' b2 v . . . v an ' bn.
Daraus folgt, dass zum Beispiel die 3 - Tupel (2, 1, 1), (1, 2, 1) und (1, 1, 2), die durch Abändern der Reihenfolge ihrer Elemente, d. h. der Zahlen 2, 1, 1 ineinander übergehen, paarweise verschieden sind.
Ein 2 - Tupel nennt man auch ein Paar, ein 3 - Tupel auch ein Tripel und ein 4 - Tupel auch ein Quadrupel. Ab n ' 5 bleibt man gewöhnlich bei dem Terminus n - Tupel.
Die n Elemente eines n - Tupels (a1, a2, . . ., an) brauchen nicht paarweise verschieden zu sein. Insbesondere kann auch a1 ' a2 ' . . . ' an sein.
Das bekannteste Beispiel für die Darstellung eines mathematischen Objekts durch ein n - Tupel ist die
eines Punktes A in der Ebene oder im Raum durch das Paar (a1, a2) bzw. das Tripel (a1, a2, a3) seiner zwei
bzw. drei Koordinaten bezüglich eines ebenen bzw. räumlichen kartesischen Koordinatensystems. Der
Zusammenhang zwischen dem Punkt A und dem Paar (a1, a2) bzw. dem Tripel (a1, a2, a3) seiner Koordinaten wird durch die in der folgenden Skizze eingezeichneten Orthogonalprojektionen hergestellt. Im
räumlichen Fall bezeichnet AN die Orthogonalprojektion von A auf die (1), (2) - Koordinatenebene oder,
was dasselbe bedeutet, den Fußpunkt des Lots von A auf diese Ebene. Dafür, dass A durch (a1, a2) bzw.
(a1, a2, a3) dargestellt wird, schreiben wir A ' A(a1, a2) bzw. A ' A(a1, a2, a3) oder auch nur A ' (a1, a2)
bzw. A ' (a1, a2, a3).
Ein ebenes kartesisches Koordinatensystem 6) besteht aus zwei, ein räumliches kartesisches Koordinatensystem aus drei zueinander senkrechten Achsen, die sich im räumlichen Fall in einem Punkt schneiden
6
) nach René Descartes (latinisiert: Renatus Cartesius): frz. Philosoph und Mathematiker, 1596 - 1650.
-27müssen. Den Schnittpunkt der zwei bzw. drei Achsen nennt man den Ursprung des Koordinatensystems;
wir bezeichnen ihn mit O. Eine Achse ist einfach eine Kopie der Zahlengeraden. Jede der zwei bzw. drei
Achsen ist so skaliert, dass ihr Nullpunkt mit dem Koordinatenursprung O zusammenfällt. Wir beschriften sie oft mit (1) und (2) im ebenen, mit (1), (2) und (3) im räumlichen Fall, manchmal auch mit zwei
bzw. drei verschiedenen Buchstaben wie etwa x und y bzw. x, y und z, je nachdem, welches Problem wir
gerade behandeln.
Die von uns betrachteten kartesischen Koordinatensysteme sind immer sog. Rechtssysteme. Im ebenen
Fall heißt das, die zwei Achsen sind so gerichtet, dass die (1) - Achse bei einer Drehung um den Koordinatenursprung O mit dem Winkel %90E (entgegen dem Uhrzeigersinn) in die (2) - Achse übergeht, im
räumlichen Fall liegt ein Rechtssystem vor, wenn die (3) - Achse in die Richtung weist, in die sich eine
rechtsgängige Schraube bei der Drehung um O, welche die (1) - Achse auf dem kürzesten Weg in die (2) Achse überführt, bewegen würde.
Die Elemente eines n - Tupels brauchen nicht immer nur reelle Zahlen zu sein. Manchmal sind auch n Tupel (x1, x2, . . ., xn) zu betrachten derart, dass xi 0 Si für alle i ' 1, 2, . . ., n, wobei S1, S2, . . ., Sn
irgendwelche nichtleere Mengen sind. Die Menge dieser n - Tupel hat einen besonderen Namen.
(3.1.2) Definition: Seien S1, S2, . . ., Sn, wobei n 0 ù, beliebige nichtleere Mengen. Dann heißt
S1 × S2 × . . . × Sn :' {(x1, x2, . . ., xn) * x1 0 S1, x2 0 S2, . . ., xn 0 Sn},
also die Menge aller n - Tupel mit Elementen aus resp. S1, S2, . . ., Sn, das kartesische Produkt der Mengen
S1, S2, . . ., Sn.
Ein wichtiger Spezialfall liegt vor, wenn die Mengen S1, . . ., Sn alle gleich einer vorgegebenen nichtleeren Menge S sind, wenn also S1 × . . . × Sn ' S × . . . × S (n - mal), das n - fache kartesische Produkt der
Menge S mit sich selbst, ist. Naheliegender Weise schreibt man dafür auch kürzer Sn, d. h.:
Sn :' {(x1, x2, . . ., xn) * x1, x2, . . ., xn 0 S}, wobei S … i.
Speziell für S ' ú wird daraus
ún ' {(x1, x2, . . ., xn) * x1, x2, . . ., xn 0 ú},
das n - fache kartesische Produkt der Menge ú mit sich selbst. Es besteht aus allen reellen n - Tupeln, d.
h. n - Tupeln, deren n Elemente alle reelle Zahlen sind. Sie wurden schon zu Beginn dieses Abschnitts
betrachtet. Im Fall n ' 2 ist ún gleich der Menge
ú2 ' {(x1, x2) * x1, x2 0 ú}
aller reellen Zahlenpaare und für n ' 3 gleich der Menge
ú3 ' {(x1, x2, x3) * x1, x2, x3 0 ú}
aller reellen Zahlentripel. Führt man in der Ebene und im Raum ein zwei - bzw. dreidimensionales kartesisches Koordinatensystem ein, entspricht ú2 der Menge aller Punkte in der Ebene und ú3 der Menge
aller Punkte im Raum, d. h. anschaulich ist ú2 dann die ganze Ebene und ú3 der ganze Raum.
Die in (3.1.1) vereinbarte Definition für die Gleichheit zweier n - Tupel aus ún wird auf den allgemeinen
Fall von zwei n - Tupeln aus einem beliebigen kartesischen Produkt S1 × . . . × Sn erweitert, also:
(3.1.3) Definition: Zwei n - Tupel (x1, . . ., xn) und (y1, . . ., yn) aus dem kartesischen Produkt S1 × . . . × Sn,
-28wobei S1, . . ., Sn beliebige nichtleere Mengen sein können, sind definitionsgemäß gleich, wenn
x1 ' y1 v x2 ' y2 v . . . v xn ' yn.
Beispiele:
1. Das kartesische Produkt der abgeschlossenen Intervalle [a1, b1], . . ., [an, bn], wobei a1, b1, . . ., an, bn
vorgegebene reelle Zahlen sind derart, dass ai < bi für alle i ' 1, . . ., n, ist gegeben durch
[a1, b1] × . . . × [an, bn] ' {(x1, . . ., xn) 0 ún * ai # xi # bi für alle i ' 1, . . ., n}.
(()
Im Fall n ' 2 wird daraus:
[a1, b1] × [a2, b2] ' {(x1, x2) 0 ú2 * a1 # x1 # b1, a2 # x2 # b2}.
Das ist ein Rechteck in der Ebene. Die Intervalle [a1, b1] und [a2, b2] sind die Orthogonalprojektionen von
je zwei gegenüberliegenden Rechteckseiten auf die (1) - bzw. (2) - Koordinatenachse. Daher etwas ungenau nennt man es das Rechteck mit den Seiten [a1, b1] und [a2, b2].
Für n ' 3 erhalten wir:
[a1, b1] × [a2, b2] × [a3, b3] ' {(x1, x2, x3 ) 0 ú3 * a1 # x1 # b1, a2 # x2 # b2, a3 # x3 # b3}.
Das ist ein Quader im Raum. Seine Orthogonalprojektion auf die (1), (2) - Koordinatenebene ist das
Rechteck [a1, b1] × [a2, b2], seine Orthogonalprojektion auf die (3) - Koordinatenachse das Intervall [a3, b3].
Man nennt ihn den Quader mit den Seiten [a1, b1], [a2, b2] und [a3, b3].
Aufgrund seiner anschaulichen Bedeutung in den Fällen n ' 2 und n ' 3 bezeichnet man das kartesische
Produkt (() als das n - dimensionale Rechteck oder den n - dimensionalen Quader mit den Seiten [a1, b1],
. . ., [an, bn], je nachdem, ob man dabei an den zwei- oder dreidimensionalen Spezialfall denkt.
2. In der Wahrscheinlichkeitsrechnung untersucht man so genannte Zufallsexperimente. Sehr einfache
Beispiele dafür sind das Werfen einer Münze oder eines Würfels. Welches Ergebnis ein Zufallsexperiment haben wird, kann man nie sagen; das hängt eben ganz vom Zufall ab. Man kann aber in der Regel
sehr leicht sagen, welche Ergebnisse für das Zufallsexperiment überhaupt möglich sind. Die Menge aller
möglichen Ergebnisse nennt man die Ergebnismenge des Zufallsexperiments; sie wird oft mit dem griechischen Buchstaben Ω bezeichnet. Beim Werfen einer Münze sind die möglichen Ergebnisse die zwei
Seiten der Münze, die man gerne als “Wappen” und “Zahl” bezeichnet, was wir mit w und z abkürzen,
beim Werfen eines Würfels sind es die sechs Augenzahlen, die wir durch die römischen Ziffern I, II, . .
., VI darstellen wollen. Also ist Ω ' {w, z} die Ergebnismenge des Münzwurfs und Ω ' {I, II, . . ., VI}
die des Werfen eines Würfels.
Bei anspruchsvolleren Zufallsexperimenten ist die Ergebnismenge oft ein kartesisches Produkt. Das
wichtigste Beispiel dafür ist die n - malige Wiederholung eines einfachen Zufallsexperiments, wobei n 0
-29ù vorgegeben ist. Konkret könnte dies das n - malige Werfen einer Münze oder eines Würfels sein. Bezeichnen wir das einfache Zufallsexperiment kurz mit ZE und dessen Ergebnismenge, sagen wir, mit S,
so werden die möglichen Ergebnisse des aus der n - maligen Wiederholung von ZE bestehenden Zufallsexperiments am besten durch die n - Tupel
(ω1, ω2, . . ., ωn), wobei ω1, ω2, . . ., ωn 0 S,
beschrieben, so dass die Ergebnismenge Ω der n - maligen Wiederholung von ZE einfach die Menge all
dieser n - Tupel, d. h. gleich dem n - fachen kartesischen Produkt von S mit sich selbst ist, in Zeichen:
Ω ' Sn.
Bei einem vorgelegten Zufallsexperiment mit der Ergebnismenge Ω interessiert man sich für die Wahrscheinlichkeit, dass das Zufallsexperiment zu einem Ergebnis ω 0 Ω führt, das eine bestimmte vorgegebene Bedingung A erfüllt. Weiß man, dass alle möglichen Ergebnisse gleichwahrscheinlich sind, so ist
diese Wahrscheinlichkeit nach einer von Laplace 7) stammenden Formel gegeben durch
Anzahl der günstigen Fälle ,
Anzahl der möglichen Fälle
(()
wobei mit den möglichen Fällen die möglichen Ergebnisse und mit den günstigen Fällen die der Bedingung A genügenden möglichen Ergebnisse des Zufallsexperiments gemeint sind.
Mit den Begriffen der Mengenlehre, die es zu Lebzeiten von Laplace noch nicht gab, lässt sich diese
Formel etwas “mathematischer” formulieren. Dazu führt man die Menge
A :' {ω 0 Ω * ω erfüllt die Bedingung A},
ein. A ist eine Teilmenge der Ergebnismenge Ω, in Zeichen: A d Ω. Wie jede andere Teilmenge von Ω,
die durch eine (vernünftige) Bedingung an die möglichen Ergebnisse definiert ist, nennt man A ein Ereignis zu dem vorgelegten Zufallsexperiment. Dass ein mögliches Ergebnis ω die Bedingung A erfüllt, ist
nach Definition von A gleichbedeutend mit ω 0 A. Liefert das Zufallsexperiment ein Ergebnis ω 0 A, so
sagt man, das Ereignis A sei eingetreten. Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist somit die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Ereignisses A. Sie wird daher mit P(A) bezeichnet, wobei P als Abkürzung für
“probabilité”, das französische Wort für “Wahrscheinlichkeit” steht. Die Anzahl der Elemente einer beliebigen endlichen Menge X wird häufig mit *X* bezeichnet. Schließen wir uns dem an, so wird der Zähler von (() durch *A*, der Nenner durch *Ω* ausgedrückt, und die Laplacesche Formel nimmt dann die
einfache Form
(3.1.4)
P(A) ' *A* (Formel von Laplace)
*Ω*
an. Sie gilt nur für Zufallsexperimente mit endlich vielen möglichen Ergebnissen, die alle dieselbe Wahrscheinlichkeit haben. Solche Zufallsexperimente nennt man Laplaceexperimente. Insbesondere folgt aus
(3.1.4), dass bei einem Laplaceexperiment
(3.1.5)
P({ω}) ' *{ω}* ' 1
*Ω*
*Ω*
für alle ω 0 Ω. Dabei ist P({ω}) für jedes ω 0 Ω, wobei ω als vorgegeben anzusehen ist, die Wahrscheinlichkeit, dass das Laplaceexperiment genau zu diesem Ergebnis ω führen wird. (In P( . ) darf nur ein Ereignis, also eine Teilmenge von Ω eingesetzt werden. Formal korrekt schreibt man daher P({ω}) und
7
) Pierre Simon (Marquis de) Laplace: frz. Mathematiker, Physiker und Astronom, 1749 - 1827.
-30nicht etwa P(ω)).
Sehr einfache Beispiele für ein Laplaceexperiment sind das (einmalige) Werfen einer unverfälschten
Münze oder eines unverfälschten Würfels. Dass eine Münze oder ein Würfel unverfälscht oder fair ist,
bedeutet gerade, dass die möglichen Ergebnisse des Werfens der Münze bzw. des Würfels alle gleichwahrscheinlich sind. Für die unverfälschte Münze folgt daher aus (3.1.5), dass
1
P({ω}) ' 1 '
' 1 für ω ' w und ω ' z,
*Ω*
*{w, z}*
2
und für den unverfälschten Würfel, dass
1
' 1 für alle ω 0 {I, II, . . ., VI}.
P({ω}) ' 1 '
*Ω*
*{I, II, . . ., VI}*
6
Es ist intuitiv klar, und es kann dies auch mit Argumenten der Wahrscheinlichkeitsrechnung einwandfrei
begründet werden, dass die n - malige Wiederholung eines Laplaceexperiments (unter identischen äußeren Bedingungen), also zum Beispiel das n - malige Werfen einer unverfälschten Münze oder eines unverfälschten Würfels (ohne dass sich dabei die physikalischen Eigenschaften von Münze oder Würfel ändern, etwa deswegen, weil sie aus leicht verformbaren Material bestehen), wieder ein Laplaceexperiment
ist. Aufgrund der Formel (3.1.4) wird dann die Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses zu
diesem Experiment zu einer reinen Abzählaufgabe.
(3.2) Abzählaufgaben.
Die Formulierung und systematische Lösung von Abzählaufgaben ist Gegenstand der so genannten Kombinatorik, eines Teilgebiets der Mathematik, über das schon dicke Bücher geschrieben wurden. In diesem
Abschnitt betrachten wir lediglich ein paar relativ einfache Abzählaufgaben. Zu ihrer Lösung brauchen
wir im Wesentlichen nur das so genannte fundamentale Abzählprinzip.
(3.2.1) Fundamentales Abzählprinzip (FAP): Sei V ein aus k hintereinander auszuführenden Teilvorgängen V1, V2, . . ., Vk bestehender Gesamtvorgang. Kann der Vorgang V1 auf n1 verschiedene Arten ausgeführt werden und für jedes i ' 2, 3, . . ., k der Vorgang Vi, unabhängig davon, wie V1, V2, . . ., Vi&1 ausgeführt wurden, auf ni verschiedene Arten, so ist die Anzahl der verschiedenen Möglichkeiten zur Ausführung des Gesamtvorgangs V gleich dem Produkt n1 · n2 · . . . · nk.
Als erstes Beispiel dazu die folgende
Aufgabe: Für das Kennzeichen eines Autos wird eine Buchstaben - Ziffern - Kombination der Form
x y - α β γ,
wobei x, y 0 {A, B, . . ., Z} und α, β, γ 0 {0, 1, . . ., 9}, gesucht.
a) Wie viele solcher Buchstaben - Ziffern - Kombinationen gibt es insgesamt?
b) Bei wie vielen dieser Buchstaben - Ziffern - Kombinationen sind x und y verschieden, α, β und γ paarweise verschieden 8) und ist noch α $ 1?
Lösung: Um eine Buchstaben - Ziffern - Kombination der jeweils gewünschten Form zu erhalten, müssen
in beiden Teilaufgaben für x und y je ein Element aus der Buchstabenmenge {A, B, . . ., Z} und für α, β
und γ je ein Element aus der Ziffernmenge {0, 1, . . ., 9} ausgewählt werden, wobei in Teilaufgabe b)
noch Nebenbedingungen zu erfüllen sind. Das ist jedes Mal ein aus fünf Teilvorgängen bestehender Ge8
) Mehr als zwei Objekte heißen paarweise verschieden, wenn je zwei von ihnen verschieden sind.
-31samtvorgang. Die Menge {A, B, . . ., Z} besitzt 26, die Menge {0, 1, . . ., 9} hat 10 Elemente. Daraus
folgt:
a) Weil x, y beliebige Elemente aus {A, B, . . ., Z} und α, β, γ beliebige Elemente aus {0, 1, . . ., 9} sein
können, gibt es zur Auswahl von x und y je 26, zu der von α, β und γ je 10 Möglichkeiten. Nach dem
FAP hat man daher insgesamt
26 · 26 · 10 ·10 · 10 ' 676 000
Möglichkeiten für x y - α β γ.
b) Weil nun y … x, α 0 {1, 2, . . ., 9}, β … α und γ ó {α, β} sein soll, kann x auf 26, dann y auf 25, α auf
9, dann β auf 9 und darauf γ auf 8 verschiedene Arten ausgewählt werden, so dass es nach dem FAP
26 · 25 · 9 · 9 · 8 ' 421 200
Buchstaben - Ziffern - Kombinationen mit den geforderten Eigenschaften gibt.
m
Die Ergebnisse der folgenden Abzählaufgaben sind so wichtig, dass wir sie weiter unten in zwei Sätzen
festhalten. Jeder dieser Aufgaben liegt eine n - elementige Menge S ' {s1, s2, . . ., sn} zugrunde, wobei n
0 ù vorgegeben.
Aufgabe 1: Sei n 0 ù, sei S eine n - elementige Menge, sei k 0 ù. Wie viele Elemente hat dann das
kartesische Produkt Sk?
Lösung: Die Elemente des kartesischen Produkts Sk sind die k - Tupel (x1, . . ., xk), wobei x1, . . ., xk
beliebige Elemente aus S sein können. Weil sie keinerlei Nebenbedingungen zu erfüllen brauchen, insbesondere nicht paarweise verschieden sein müssen, hat man je n Möglichkeiten, um für x1, . . ., xk je ein
Element aus S auszuwählen und so ein k - Tupel aus Sk zu bekommen. Nach dem FAP besitzt Sk deshalb
n · . . . ·n ' nk Elemente.
m
Bezeichnen wir wie schon im vorhergehenden Abschnitt die Anzahl der Elemente einer endlichen Menge
A mit *A*, so können wir die Lösung dieser Aufgabe wie folgt notieren:
(3.2.2) Satz: Sei n 0 ù, sei S eine n - elementige Menge und sei k 0 ù. Dann gilt:
*Sk* ' nk (' *S*k).
Beispiel: Sei n ' 2 und seien die zwei Elemente von S mit a, b bezeichnet, so dass S ' {a, b}. Dann besteht etwa das kartesische Produkt S2 aus den *S*2 ' 22 ' 4 Paaren
(a, a), (a, b), (b, a), (b, b)
3
und das kartesische Produkt S aus den *S*3 ' 23 ' 8 Tripeln
(a, a, a), (a, a, b), (a, b, a), (a, b, b), (b, a, a), (b, a, b), (b, b, a), (b, b, b).

Um die nächste Aufgabe flüssig formulieren zu können, führen wir vorher noch zwei Begriffe ein:
(3.2.3) Definition: Sei n 0 ù, sei S eine n - elementige Menge und sei k 0 ù mit k # n. Dann heißt
a) jedes k - Tupel (x1, . . ., xk) 0 S mit paarweise verschiedenen Elementen x1, . . ., xk 0 S eine k - Permutation der Elemente von S;
b) jede k - elementige Teilmenge {x1, . . ., xk} von S eine k - Kombination der Elemente von S.
Beispiel: Sei n ' 4, sei S ' {a, b, c, d}. Dann sind etwa
-32-
(a, b, c), (a, b, d), (b, c, d), (c, b, d), (d, b, c), . . . 3 - Permutationen,
-
{a, b, c}, {a, b, d}, {a, c, d} und {b, c, d} alle 3 - Kombinationen,
-
(a, b), (b, a), (a, c), (c, a), (a, d), (d, a), . . . 2 - Permutationen und
-
{a, b}, {a, c}, {a, d}, {b, c}, {b, d} und {c, d} alle 2 - Kombinationen

der vier Elemente a, b, c, d von S.
Bemerkungen: 1. Nach Definition des Begriffs einer Menge sind die Elemente x1, . . ., xk einer k - Kombination {x1, . . ., xk} der Elemente von S paarweise verschieden.
2. Der Unterschied zwischen einer k - Permutation (x1, . . ., xk) und der k - Kombination {x1, . . ., xk} ist,
dass bei der k - Kombination die Reihenfolge, in der die Elemente x1, . . ., xk aufgelistet sind, keine Rolle
spielt, diese Reihenfolge dagegen ein wesentlicher Bestandteil der k - Permutation ist. Ändert man sie ab,
bleibt die k - Kombination davon unberührt, während aus der k - Permutation dadurch eine andere k Permutation entsteht. Das obige Beispiel zeigt dies deutlich.
3. In dem wichtigen Spezialfall k ' n spricht man anstatt von einer n - Permutation meistens einfacher nur
von einer Permutation der Elemente von S. Die einzige n - Kombination der Elemente von S, die es gibt,
ist die Menge S selbst.
4. Für k > n gibt es offensichtlich weder k - Permutationen noch k - Kombinationen der n Elemente von S.
Deswegen wird in der obigen Definition k # n vorausgesetzt.
Aufgabe 2: Sei n 0 ù, sei S eine n - elementige Menge und sei k 0 ù mit k # n. Wie viele k - Permutationen und wie viele k - Kombinationen der Elemente von S gibt es dann?
Lösung: 1. Jede k - Permutation der Elemente von S ergibt sich, wenn man der Menge S k - mal hintereinander je ein Element entnimmt. Weil diese Elemente paarweise verschieden sein müssen, hat man zu
ihrer Entnahme aus S für das erste Element n, für das zweite noch n&1, für das dritte noch n&2, . . . und
schließlich für das letzte und k - te Element noch n&(k&1) Möglichkeiten. Nach dem FAP gibt es daher
n · (n&1) · . . . ·(n&(k&1))
k - Permutationen der Elemente von S. Insbesondere folgt daraus (Fall k ' n), dass es
n · (n&1) · . . . ·(n&(n&1)) ' n · (n&1) · . . . · 1 ' n! (n - Fakultät)
Permutationen der n Elemente von S gibt.
2. Bezeichnen wir die gesuchte Anzahl der k - Kombinationen (der n Elemente) von S mit α. Aus jeder k Kombination {x1, . . ., xk} entstehen durch Abändern der Reihenfolge der Elemente x1, . . ., xk nach Teil
1 unserer Lösung insgesamt k! Permutationen dieser k Elemente und damit k! k - Permutationen von S.
Weil jede k - Permutation von S auf diese Weise aus einer k - Kombination von S erzeugt werden kann,
und weil je zwei k - Permutationen von S, die von zwei verschiedenen k - Kombinationen von S so erzeugt
werden, verschieden voneinander sind, muss das Produkt α · k! gleich der Anzahl aller k - Permutationen
von S sein, d.h., es muss gelten:
α · k! ' n · (n&1) · . . . ·(n&(k&1)),
so dass folgt:
α ' n · (n&1) · . . . . · (n&(k&1)) .
m
k!
Anzahlen, wie sie bei Abzählaufgaben gesucht sind, sind immer nichtnegative ganze Zahlen. Es lohnt
sich, für sie ein extra Symbol einzuführen:
-33(3.2.4) Definition: ù0 :' {0} c ù (' {0, 1, 2, . . .}): Menge der nichtnegativen ganzen Zahlen.
Die in Aufgabe 2 ermittelten Anzahlen haben besondere Namen:
(3.2.5) Definition: Seien n, k 0 ù0. Dann heißt
a) die (nichtnegative ganze) Zahl (n)k, definiert durch
(n)k :' 1 für k ' 0, (n)k :' n · (n&1) · . . . ·(n&(k&1)) für k > 0
die k - te Faktorielle von n;
n
b) die (nichtnegative ganze) Zahl k , definiert durch
(n)k
n
k :' k! ,
der Binomialkoeffizient “n über k”.
Mit diesen Begriffen lautet nun die Lösung von Aufgabe 2:
(3.2.6) Satz: Sei n 0 ù, sei S eine n - elementige Menge und sei k 0 ù mit k # n. Dann ist
1) die Anzahl aller k - Permutationen der Elemente von S gleich (n)k;
n
2) die Anzahl aller k - Kombinationen der Elemente von S gleich k .
Für k ' 1 schrumpft das (n)k definierende Produkt auf den einen Faktor n zusammen, so dass (n)1 ' n für
alle n 0 ù0 ist. Im Fall k > 1 hat dieses Produkt genau k Faktoren; der erste Faktor ist n, die übrigen Faktoren sind die k&1 unmittelbar vor n kommenden ganzen Zahlen.
Beispiele: (9)4 ' 9 · 8 · 7 · 6 ' 3024; (2)4 ' 2 · 1 · 0 · (&1) ' 0; (2)1 ' 2. Daraus folgt dann:
(9)4
(2)4
(2)1
9
2
2
9·8·7·6
2
4 ' 4! ' 2 · 3 · 4 ' 9 · 1 · 7 · 2 ' 126 ; 4 ' 4! ' 0 ; 1 ' 1! ' 1 ' 2 .

Die wichtigsten Eigenschaften von Faktoriellen und Binomialkoeffizienten sind in den folgenden zwei
Sätzen zusammengestellt.
(3.2.7) Satz: Seien n, k 0 ù0. Dann gilt:
1) (n)k ' 0 für k > n.
3) (n)1 ' n.
n! für k # n.
(n&k)!
4) (n)n ' n! .
2) (n)k '
Beweis: 1) Aus k > n folgt k&1 $ n und daraus n&n $ n&(k&1), so dass n&n ' 0 unter den Faktoren des
(n)k definierenden Produkts vorkommt und dieses deshalb den Wert 0 hat.
2) Aus k # n folgt n&k $ 0, so dass (n&k)! definiert ist, und es gilt dann:
(n)k ' n · (n&1) · . . . (n&(k&1)) · (n&k) · . . . · 1 ' n! .
(n&k) · . . . · 1
(n&k)!
3) Wurde schon weiter oben begründet.
4) (n)n ' n · (n&1) · . . . · (n&(n&1)) ' n · (n&1) · . . . · 1 ' n! .
(3.2.8) Satz: Seien n, k 0 ù0. Dann gilt:
1)
3)
5)
n
k ' 0 für k > n.
n
n
k ' n & k für k # n.
n
n
0 ' n ' 1.
2)
4)
6)
n
n!
k ' k! (n&k)! für k # n.
n &1
n &1
n
k ' k&1 % k für n $ 1 und k $ 1.
n
n
1 ' n & 1 ' n für n $ 1.
m
-34(n)k
n
' 0.
Beweis: 1) Für k > n ist (n)k ' 0 und daher auch k '
k!
(n)k
n
n!
.
'
2) Falls k # n, ist (n)k ' n! , so dass k '
(n&k)!
k! (n&k)!
k!
n
3) Ist k # n, sind (n&k)! und n & k definiert, und man hat dann:
n
n
n!
n!
k ' k! (n&k)! ' (n&k)! (n&(n&k))! ' n & k .
4) Wenn n $ 1 und k $ 1, sind alle in der behaupteten Gleichung vorkommenden Binomialkoeffizienten
definiert, und es gilt dann:
n &1
n &1
(n&1)k&1
(n&1)k
(n&1)k&1
(n&1)k&1 · (n&k)
(n&1)k&1
'
%
1 % n&k '
'
k&1 % k ' (k&1)! % k!
k
(k&1)!
(k&1)!
(k&1)! · k
(n&1)k&1 n
(n)k
n
'
' k .
'
(k&1)! k
k!
n
n
n
n
n
5, 6) Nach Aussage 3) ist 0 ' n&0 ' n und 1 ' n&1 ; ferner:
n
n
n!
n!
n!
n!
0 ' 0! (n&0)! ' n! ' 1 und 1 ' 1! (n&1)! ' (n&1)! ' n .
m
Die Eigenschaft 4) braucht man für den Aufbau des so genannten Pascalschen Dreiecks 9), bei dem die
n
Binomialkoeffizienten k mit 0 # k # n in der Form
0
0
1
0
2
0
3
0
1
1
2
1
3
1
2
2
3
2
3
3
n
1
n
2
n
3
!
n
0
n
n
...
!
angeordnet werden:
(3.2.9) Pascalsches Dreieck:
n
Binomialkoeffizienten k , 0 # k # n
k
n
9
0
1
2
3
4
0
1
1
1
1
2
1
2
1
3
1
3
3
1
4
1
4
6
4
1
5
1
5
10
10
5
5
6
7
8
1
) Blaise Pascal: frz. Mathematiker, Physiker, Schriftsteller und Philosoph, 1623 - 1662.
9
10
-356
1
6
15
20
15
6
1
7
1
7
21
35
35
21
7
1
8
1
8
28
56
70
56
28
8
1
9
1
9
36
84
126
126
84
36
9
1
10
1
10
45
120
210
252
210
120
45
10
1
Dieses Dreieckschema kann nach unten, d. h. in Richtung wachsender Werte für n beliebig fortgesetzt
werden. Aufgrund von (3.2.8, 4) ist ein Binomialkoffizient in der Zeile für ein n die Summe des Binomialkoeffizienten, der in der Zeile für n&1 direkt über ihm steht, und des Binomialkoeffizienten, der sich
9
8
8
in derselben Zeile links von diesem befindet. So ist etwa 4 ' 4 % 3 ' 70 % 56 ' 126.
Die Binomialkoeffizienten haben ihren Namen von einer wichtigen Formel für die n - te Potenz eines
Binoms, d. h. der Summe von zwei Zahlen a, b 0 ú. Diese Formel ist der so genannte
(3.2.10) Binomialsatz: Seien a, b 0 ú, sei n 0 ù. Dann gilt:
(a % b)n ' j k a n&k b k .
n
n
k'0
Beweis: Es ist (a % b) ' (a % b) · (a % b) · . . . · (a % b) (n - mal). Multipliziert man der Reihe nach aus,
entsteht eine Summe mit Summanden der Form
n
c1 · c2 · . . . · cn,
wobei ci ' a oder ci ' b für alle i ' 1, 2, . . ., n, so dass jeder dieser Summanden den Wert an&k bk mit einer
Zahl k 0 {0, 1, . . ., n} hat. Für jede dieser Zahlen k ist c1 · c2 · . . . · cn genau dann gleich an&k bk, wenn ci '
b für alle i aus einer k - Kombination {i1, i2, . . ., ik} der Indizes 1, 2, . . ., n und ci ' a für alle i, die nicht
n
zu dieser k - Kombination gehören, gilt. Weil es genau k solcher k - Kombinationen gibt, hat für jedes
k 0 {0, 1, . . ., n} die Teilsumme mit den Summanden c1 · c2 · . . . · cn, die alle gleich an&k bk sind, den Wert
n n&k k
n n&k k
n
k a b , so dass die (a % b) darstellende Gesamtsumme gleich der Summe von k a b , wobei k
die Zahlen 0, 1, . . ., n durchläuft, ist.
m
Speziell gilt nach dem Binomialsatz:
(a % b)2 ' j k a 2&k b k ' 0 a 2 b 0 % 1 a 1 b 1 % 2 a 0 b 2 ' a 2 % 2 a b % b 2,
2
k'0
3
2
2
2
2
(a % b)3 ' j k a 3&k b k ' 0 a 3 b 0 % 1 a 2 b 1 % 2 a 1 b 2 % 3 a 0 b 3 ' a 3 % 3 a 2 b % 3 a b 2 % b 3,
k'0
4
3
3
3
3
3
(a % b) ' j k a 4&k b k ' 0 a 4 b 0 % 1 a 3 b 1 % 2 a 2 b 2 % 3 a 1 b 3 % 4 a 0 b 4 '
4
4
4
4
4
4
4
k'0
' a 4 % 4 a 3 b % 6 a 2 b 2 % 4 a b 3 % b 4.
Die Werte der Binomialkoeffizienten entnimmt man dem Pascalschen Dreieck.
Als Anwendungsbeispiel für die Begriffe und Aussagen dieses Abschnitts betrachten wir zum Schluss
noch eine Aufgabe aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Aufgabe: Ein unverfälschter Würfel wird n - mal geworfen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dabei genau k - mal, wobei k mit 0 # k # n vorgegeben, die Augenzahl VI erscheint?
-36Lösung: Die möglichen Ergebnisse dieses aus den n Würfen bestehenden Zufallsexperiments sind die n Tupel (ω1, . . ., ωn), wobei ω1, . . ., ωn beliebige Elemente der Menge S :' {I, II, . . ., VI} aller Augenzahlen des Würfels sein können. Die Ergebnismenge des Zufallsexperiments, also die Menge aller möglichen
Ergebnisse ist somit das kartesische Produkt Sn. Nach (3.2.2) ist die Anzahl *Sn* der Elemente von Sn
gleich *S*n ' 6n. Das Zufallsexperiment ist ein Laplaceexperiment, d. h. alle Ergebnisse sind gleichwahrscheinlich, so dass die gesuchte Wahrscheinlichkeit mit der Formel (3.1.4) von Laplace berechnet werden kann.
Das interessierende Ereignis, dass genau k - mal VI erscheint, sei mit Ak bezeichnet. Es besteht aus allen
n - Tupeln (ω1, ω2, . . ., ωn) 0 Sn, bei denen auf genau k Stellen VI und auf jeder der übrigen n&k Stellen
eine Augenzahl aus der Menge S0 :' S\{VI} ' {I, II, . . ., V} steht. Die k mit VI besetzten Stellen bilden
n
eine k - Kombination der n Stellen eines n - Tupels. Nach (3.2.6) gibt es
solcher k - Kombinationen.
k
Die Anzahl der Möglichkeiten, auf jede von n&k Stellen eine Augenzahl aus S0 zu setzen, ist offensichtlich gleich der Anzahl aller (n&k) - Tupel mit Elementen aus S0, d. h., wieder nach (3.2.2), gleich *S0*n&k
n n&k
' 5n&k. Nach dem FAP ist daher *Ak*, die Anzahl aller Elemente von Ak, gleich
5 . Mit der Formel
k
von Laplace folgt dann:
*Ak*
n 5n&k
n 5n&k
n 1 k 5 n&k
'
'
'
P(Ak) '
.
n
k n&k
n
k
k
k 6 6
6
6 6
*S *
Speziell hat das Ereignis A0, dass bei den n Würfen niemals die VI erscheint, die Wahrscheinlichkeit
P(A0) '
n
0
1
6
0
5
6
n&0
n
' 5 .
6
m
(3.3) Beweis durch vollständige Induktion.
Gegeben sind eine von n 0 ù abhängige mathematische Aussage A(n) und eine Zahl n0 0 ù. Behauptet
wird, dass A(n) für alle n 0 ù mit n $ n0 richtig ist. Der Beweis wird durch vollständige Induktion über
n geführt. Er besteht aus zwei Schritten, dem Induktionsanfang und dem Induktionsschluss.
1. Induktionsanfang: Man beweist, dass A(n0) richtig ist.
2. Induktionsschluss: Man beweist, dass für ein beliebiges n 0 ù mit n $ n0 aus der Annahme, A(n) sei
richtig, folgt, dass auch A(n%1) richtig ist.
Für ein erstes Beispiel wählen wir eine der Summenformeln unter (2.5.2) aus.
(3.3.1) Behauptung:
n
3 i 2 ' n (n%1) (2n%1) für alle n 0 ù.
6
i'1
Die Aussage A(n) ist hier die von n abhängige Gleichung, der Anfangswert für n ist n0 ' 1. Speziell sind
A(1), A(2) und A(3) die Aussagen, dass
12 ' 1 · 2 · 3 , 12 % 22 ' 2 · 3 · 5 und 12 % 22 % 32 ' 3 · 4 · 7 ,
6
6
6
was ja alles richtig ist. Nun zum Beweis der Behauptung mit einer vollständigen Induktion über n:
Induktionsanfang: Wie soeben durch Einsetzen von n ' 1 überprüft, ist A(1) richtig.
Induktionsschluss: Sei n 0 ù beliebig. Angenommen, A(n) sei richtig, d. h., es gelte
n
3 i 2 ' n (n%1) (2n%1)
6
i'1
(sog. Induktionsannahme). Zu zeigen ist, dass dann auch A(n%1) richtig ist, also dann auch
n%1
3 i 2 ' (n%1) ((n%1)%1) (2(n%1) % 1) ' (n%1) (n%2) (2n%3)
6
6
i'1
(IA)
-37gilt. Dazu die folgende Rechnung:
n%1
n
(IA)
2
3 i 2 ' 3 i 2 % (n%1)2 ' n (n%1) (2n%1) % (n%1)2 ' n (n%1) (2n%1) % 6(n%1) '
6
6
i'1
i'1
2
2
(n%1)
(2n
%
n)
%
6
(n%1)
(n%1)
(2n
%
7n
%
6)
(n%1)
(n%2)
(2n % 3) ,
'
'
'
6
6
6
so dass also tatsächlich mit A(n), wobei n 0 ù beliebig, auch A(n%1) richtig ist.
m
Der Induktionsbeweis ist damit fertig, d. h., es ist nun bewiesen, dass A(n) für alle n 0 ù gilt. Warum
eigentlich? Nun: A(1) ist richtig aufgrund des Induktionsanfangs Y A(2) ' A(1%1) ist richtig wegen
des Induktionsschlusses für n ' 1 Y A(3) ' A(2%1) ist richtig wegen des Induktionsschlusses für n '
2 Y . . ., und so weiter. Fährt man auf diese Weise fort, erfasst man schließlich jede Zahl n 0 ù, so dass
A(n) für jedes n 0 ù richtig sein muss. Ein zweites Beispiel:
(3.3.2) Satz: Sei δ 0 ú mit δ > &1 und δ … 0. Dann gilt:
(1 % δ)n > 1 % n δ für alle n 0 ù mit n $ 2.
Dieser Satz ist die so genannte Bernoullische Ungleichung 10), die wir an späterer Stelle noch einmal
brauchen werden. Die Aussage A(n) ist die von n abhängige Ungleichung (1 % δ)n > 1 % n δ, der Anfangswert für n ist n0 ' 2.
Beweis (durch vollständige Induktion über n):
Induktionsanfang: (1 % δ)2 ' 1 % 2δ % δ2 > 1 % 2δ, weil δ2 > 0 aufgrund von δ … 0. Also ist A(2) richtig.
Induktionsschluss: Sei n 0 ù mit n $ 2 beliebig und sei A(n) richtig, d. h. sei
(1 % δ)n > 1 % n δ .
(IA)
Da δ > &1, ist 1% δ > 0, so dass nach Multiplikation mit 1% δ auf beiden Seiten dieser Ungleichung folgt:
(1% δ) (1% δ)n > (1% δ) (1% n δ) ' 1 % (n%1) δ % n δ2 > 1 % (n%1) δ,
letzteres wieder wegen δ2 > 0. Weil (1% δ) (1% δ)n ' (1% δ)n%1, folgt somit aus (IA), der Annahme, dass
A(n) richtig ist, dass (1% δ)n%1 > 1 % (n%1) δ, d. h. die Gültigkeit von A(n%1), wobei n eine beliebige Zahl
aus ù sein kann. Damit ist der Induktionsschluss gezogen und mit ihm der Induktionsbeweis komplett.m
10
) Jakob I. Bernoulli: schweiz. Mathematiker, 1655 - 1705.
-38§ 4. Funktionen
(4.1) Abbildungen.
Eine Idee allgemeiner als der Begriff einer Funktion ist der einer Abbildung.
(4.1.1) Definition: Eine Abbildung f von A in Z, wobei A und Z nichtleere Mengen sind, ist eine Vorschrift, die jedem Element x 0 A genau ein Element y 0 Z, das mit f(x) bezeichnet wird, zuordnet.
Die Menge A nennt man die Definitionsmenge, die Menge Z die Zielmenge der Abbildung f. Für jedes x
0 A heißt das x durch f eindeutig zugeordnete Element y ' f(x) 0 Z das Bild von x bei f.
Das Symbol f : A 6 Z bedeutet, dass f eine Abbildung von A in Z, also eine Abbildung mit der Definitionsmenge A und der Zielmenge Z ist. Dass einem x 0 A durch f das Element y ' f(x) 0 Z zugeordnet ist,
wird durch das Symbol x 6 y ' f(x) zum Ausdruck gebracht. Man sagt dazu auch, x werde durch f auf y
' f(x) abgebildet.
Die Definitions- und die Zielmenge gelten als Bestandteile einer Abbildung. Dementsprechend sind zwei
Abbildungen f : A 6 Z und g : AN 6 ZN definitionsgemäß genau dann gleich, wenn sie in Definitions- und
Zielmenge und in der Zuordnungsvorschrift übereinstimmen, d. h. wenn gilt:
A ' AN v Z ' ZN v f(x) ' g(x) für alle x 0 A (' AN).
(4.1.2) Beispiel: Sei S die Menge aller an der UniBw M immatrikulierten Studentinnen und Studenten, sei
N die Menge aller siebenstelligen Dezimalzahlen, kurz:
S :' {s * s Studentin / Student UniBw M} und N :' {α6 α5 . . . α0 * α6, α5, . . ., α0 0 {0, 1, . . ., 9}}.
Nach einer vom Prüfungsamt der UniBw M aufgestellten Vorschrift, wird jedem s 0 S eindeutig eine Matrikelnummer n 0 N zugewiesen, so dass durch die Zuordnung
s 6 n ' matr(s) :' Matrikelnummer von s
eine Abbildung matr : S 6 N definiert wird.

Ist A d ú oder A d ún, wobei n 0 ù, und Z ' ú oder Z ' ÷, die Menge der komplexen Zahlen, so spricht
man anstatt von einer Abbildung von A in Z meistens von einer Funktion von A in Z. Eine Funktion ist
also eine spezielle Abbildung. Bei einer Funktion f : A 6 Z bezeichnet man das Bild y ' f(x) eines Elements x 0 A bevorzugt als den Wert der Funktion f im Punkt oder an der Stelle x. Weil x unabhängig, d.
h. völlig frei von irgendwelchen Einschränkungen innerhalb der Definitionsmenge A verändert werden
kann, y ' f(x) sich dagegen innerhalb der Zielmenge Z nur in Abhängigkeit von x verändert, nennt man
x auch die unabhängige und y die abhängige Veränderliche oder Variable der Funktion f : A 6 Z, x 6 y
' f(x).
Im Mathematikunterricht der Schule werden in der Regel nur reellwertige Funktionen mit einer reellen
unabhängigen Veränderlichen behandelt. Das sind die Funktionen des Typs f : A 6 Z mit A d ú und Z '
ú. Die Zuordnungsvorschrift ist meistens eine einfache Formel für f(x).
Beispiel: Sei A d ú das Intervall [0, 4,. Dann wird durch
-392
1% x
eine Funktion f : [0, 4, 6 ú definiert, die etwa an den Stellen (oder: in den Punkten) x1 ' 1, x2 ' 4 und x3
' 5 die (reellen) Funktionswerte
y1 ' f(x1) ' 2 ' 1, y2 ' f(x2) ' 2 ' 2 und y3 ' f(x3) ' 2 ' 0, 618 . . .
3
1% 1
1% 4
1% 5
annimmt.

f(x) :'
Gelegentlich ist die Formel für f(x) etwas komplizierter und erfordert eine Fallunterscheidung für x. Man
sagt dann, die Funktion f sei stückweise definiert.
Beispiele: 1. Sei f : ú 6 ú die durch
f(x) :'
&1; x < 0,
x & 1; x $ 0
für alle x 0 ú definierte Funktion. Zur Berechnung des Funktionswerts f(x) an einer Stelle x 0 ú muss danach unterschieden werden, ob x < 0 oder x $ 0 ist. Weil zum Beispiel &2 < 0 und 3 $ 0 ist, hat f an den
Stellen x1 ' &2 und x2 ' 3 die Funktionswerte f(&2) ' &1 und f(3) ' 3 & 1 ' 2.
2. Sei f : ú 6 ú die durch
f(x) :' *x* % *x & 2* für alle x 0 ú
definierte Funktion. Weil der Wert von *x* davon abhängt, ob x < 0 oder x $ 0 ist, und der von *x & 2*
davon, ob x < 2 oder x $ 2, müssen zur Berechnung eines Funktionswerts f(x) nun die Fälle x < 0, 0 # x
< 2 und x $ 2 unterschieden werden. Es gilt:
&x % (2&x) ' 2 & 2x; x < 0,
f(x) '
x % (2&x) ' 2; 0 # x < 2,
x % (x&2) ' 2x & 2; x $ 2,
so dass zum Beispiel
f(&1,5) ' 2 & 2 · (&1,5) ' 5, f(0,5) ' 2, f(0,6) ' 2 und f(3) ' 2 · 3 & 2 ' 4.

In einem späteren Kapitel werden wir reellwertige Funktionen mit mehreren, sagen wir, n reellen unabhängigen Veränderlichen systematisch untersuchen. Das sind Funktionen, die jedem n - Tupel (x1, . . ., xn)
aus einer Teilmenge A von ún, der Menge aller reellen n - Tupel, eine Zahl y 0 ú zuordnen, also Funktionen des Typs
f : A (d ún) 6 ú, (x1, . . ., xn) 6 y ' f(x1, . . ., xn).
In den Fällen n ' 2 und n ' 3 stellen die Paare (x1, x2) bzw. die Tripel (x1, x2, x3) die Punkte in der Ebene
ú2 bzw. im Raum ú3 mit den kartesischen Koordinaten x1, x2 bzw. x1, x2, x3 dar, so dass eine Funktion f :
A (d ú2) 6 ú jedem Punkt aus einer Teilmenge A der Ebene ú2 und eine Funktion f : A (d ú3) 6 ú jedem
Punkt aus einer Teilmenge A des Raums ú3 eine reelle Zahl y zuordnet. Im allgemeinen Fall einer beliebigen Anzahl n von unabhängigen Variablen bezeichnet man ein n - Tupel (x1, . . ., xn) auch als den Punkt
im (n - dimensionalen) Raum ún mit den kartesischen Koordinaten x1, . . ., xn, so dass dann durch eine
Funktion f : A (d ún) 6 ú jedem Punkt aus einer Teilmenge A von ún eine reelle Zahl y zugeordnet wird.
Mit den n reellen unabhängigen Veränderlichen sind die kartesischen Koordinaten x1, . . ., xn des Punktes
(x1, . . ., xn) gemeint. Sie heißen so, weil sie, abgesehen davon, dass (x1, . . ., xn) 0 A sein muss, völlig frei
verändert werden können.
Beispiele:
1. Durch
-40f(x1, x2) :' x1 % x1 x2 für alle (x1, x2) 0 ú2
wird eine Funktion f : ú2 6 ú mit den zwei unabhängigen Variablen x1 und x2 definiert. Die Definitionsmenge A von f ist ganz ú2. Für die Funktionswerte von f etwa in den Punkten (oder: an den Stellen) X1
' (1, &1) und X2 ' (&1, 2) gilt:
y1 ' f(X1) ' f(1, &1) ' 1 % 1 · (&1) ' 0 und y2 ' f(X2) ' f(&1, 2) ' &1 % (&1) · 2 ' &3.
2. Sei A d ú3 die Menge {(x1, x2, x3) 0 ú3 * x3 $ 0}, d. h., A sei der aus allen Punkten (x1, x2, x3) im Raum
ú3 mit einer nichtnegativen dritten Koordinate bestehende Halbraum. Dann wird etwa durch
x %x x
f(x1, x2, x3) :' 1 2 3 für alle (x1, x2, x3) 0 A
1 % x3
3
eine Funktion f : A (d ú ) 6 ú mit den reellen unabhängigen Variablen x1, x2 und x3 definiert. In den
Punkten (an den Stellen) X1 ' (1, 1, 1) und X2 ' (1, 2, 3), zum Beispiel, hat sie die Funktionswerte
7 . 2, 56 .
y1 ' f(X1) ' f(1, 1, 1) ' 1 % 1 · 1 ' 1 und y2 ' f(X2) ' f(1, 2, 3) ' 1 % 2 · 3 '
1% 1
1% 3
1% 3
(4.1.3) Definition: Sei f : A 6 Z (also: sei f eine Abbildung von A in Z). Dann heißt für jede Teilmenge B
von A die durch
f(B) :' {y 0 Z * f(x) ' y für (mindestens) ein x 0 B}
definierte Teilmenge von Z das Bild von B bei f.
Die Menge f(B) besteht aus allen Elementen y 0 Z, zu denen es ein in B liegendes Element x 0 A gibt, das
durch f auf y abgebildet wird. Im Spezialfall B ' A, wird aus f(B) die Menge
(4.1.3N)
f(A) ' {y 0 Z * f(x) ' y für (mindestens) ein x 0 A},
welche man die Bildmenge oder, wenn f eine Funktion ist, auch die Wertemenge von f nennt. Sie besteht
aus allen Elementen oder, im Falle einer Funktion, allen Zahlen y aus der Zielmenge Z, die Bild bzw.
Wert von einem x aus der Definitionsmenge A sind.
-41-
(4.1.4) Beispiele:
1. Sei f : [0, 4, 6 ú die weiter oben schon betrachtete durch
2 für alle x 0 [0, 4,
1% x
definierte Funktion. Eine Zahl y 0 ú (' Z: Zielmenge) liegt genau dann in der Wertemenge f([0, 4,),
wenn es ein x 0 [0, 4, (' A: Definitionsmenge) mit f(x) ' y gibt, d. h. aber nur, wenn die Gleichung f(x)
' y, wobei y gegeben und x gesucht, eine in [0, 4, liegende Lösung x besitzt. Nun gilt:
f(x) :'
2
' y ] y … 0 v 1 % x ' 2 ] y … 0 v x ' 2 & 1.
y
y
1% x
Weil x $ 0 für alle x 0 [0, 4,, folgt daraus:
f(x) ' y ]
y 0 f([0, 4,) ] y … 0 v 2 & 1 $ 0 ]
y
(()
y … 0 v 2 $ 1 ] 0 < y # 2,
y
so dass f([0, 4,) ' +0, 2] ist. Wie man aus (() noch entnehmen kann, hat die Gleichung f(x) ' y für jedes
2
y aus der Wertemenge +0, 2] genau eine Lösung x 0 [0, 4,, nämlich x ' 2 & 1 .
y
2
2. Sei f : ú 6 ú die durch f(x) :' x % x & 2 für alle x 0 ú definierte Funktion. Ein y 0 ú (' Z) liegt genau
dann in der Wertemenge f(ú), wenn es ein x 0 ú (' A) gibt derart, dass
f(x) ' y ] x 2 % x & 2 ' y ] x 2 % x & (2 % y) ' 0,
wenn also die quadratische Gleichung x 2 % x & (2 % y) ' 0 , wobei y gegeben und x gesucht, mindestens
eine Lösung x 0 ú besitzt. Das trifft genau dann zu, wenn die Diskriminante 11) dieser Gleichung nichtnegativ ist, d. h., wenn
1 % 4 (2 % y) $ 0 ] 9 % 4y $ 0 ] y $ & 9 ] y 0 [& 9 , 4, .
4
4
9
Folglich ist f(ú), die Wertemenge von f, gleich dem Intervall [& , 4,. Mit der bekannten Formel für die
4
Lösungen einer quadratischen Gleichung können für jedes y 0 f(ú) ' [& 9 , 4, die x 0 ú mit f(x) ' y leicht
4
berechnet werden; für sie gilt:
x ' x1, 2 ' &1 ± 9 % 4y ,
2
woraus noch folgt, dass für y' &9/4 genau ein x 0 ú und für jedes y > &9/4 genau zwei x 0 ú mit f(x) '
y existieren.

(4.1.5) Definition: Eine Abbildung f : A 6 Z heißt
a) injektiv, wenn zu jedem y 0 Z höchstens ein x 0 A mit f(x) ' y existiert,
b) surjektiv, wenn zu jedem y 0 Z mindestens ein x 0 A mit f(x) ' y existiert,
c) bijektiv, wenn zu jedem y 0 Z genau ein x 0 A mit f(x) ' y existiert.
Eine Abbildung f : A 6 Z ist genau dann bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist. Sie ist genau dann
surjektiv, wenn ihre Bildmenge f(A) gleich der Zielmenge Z ist, und sie ist genau dann injektiv, wenn je
11
) Die Diskriminante einer quadratischen Gleichung a x2 % b x % c ' 0 ist der Ausdruck b2 & 4ac.
-42zwei verschiedene Elemente aus A auf verschiedene Elemente aus Z abgebildet werden, d. h., wenn f(x1)
… f(x2) für je zwei Elemente x1, x2 0 A mit x1 … x2.
Beispiele: 1. Die in (4.1.2) definierte Abbildung matr : S 6 N muss injektiv sein. Ansonsten gäbe es zwei
Studentinnen oder Studenten s1, s2 0 S mit matr(s1) ' matr(s1), d. h. mit derselben Matrikelnummer, was
zum Beispiel bei der Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen mit Hilfe der Matrikelnummer zu allerlei Konfusionen führen würde. Die Bildmenge matr(S) ist die Menge aller an Studentinnen und Studenten, die zur Zeit an der UniBw M immatrikuliert sind, vergebenen Matrikelnummern. Weil matr injektiv
ist, hat matr(S) genauso viele Elemente wie S und damit deutlich weniger als die Zielmenge N aller möglichen Matrikelnummern, so dass matr(S) eine echte Teilmenge von N ist. Die Abbildung matr ist daher
nicht surjektiv und somit auch nicht bijektiv.
2. Die in (4.1.4) eingeführte Funktion
2 ,
1% x
welche die Wertemenge f([0, 4,) ' +0, 2] besitzt, ist injektiv, weil die Gleichung f(x) ' y, wobei y gegeben
und x gesucht, für jedes y 0 f([0, 4,) genau eine, für jedes y 0 ú\ f([0, 4,) keine, für jedes y 0 ú (' Z:
Zielmenge) deshalb höchstens eine Lösung x 0 [0, 4, (' A: Definitionsmenge) hat. Sie ist nicht surjektiv,
weil die Wertemenge f([0, 4,) eine echte Teilmenge der Zielmenge ú ist.

f : [0, 4, 6 ú, x 6 y '
Bei einer bijektiven Abbildung f : A 6 Z gibt es zu jedem y 0 Z genau ein x 0 A mit f(x) ' y. Ordnet man
nun jedem y 0 Z dieses x 0 A zu, so wird dadurch eine Abbildung von Z in A, also eine Vorschrift, die
jedem Element aus Z eindeutig ein Element aus A zuordnet, definiert. Diese Abbildung nennt man die
Umkehrabbildung von f und bezeichnet sie mit f&1. Kurz:
(4.1.6) Definition: Sei f : A 6 Z eine bijektive Abbildung. Dann heißt die durch
f&1(y) :' x, wobei x 0 A und f(x) ' y,
definierte Abbildung f&1 : Z 6 A die Umkehrabbildung von f.
Mit der Abbildung f ist auch die Umkehrabbildung f&1 bijektiv. Zwischen f und f&1 besteht der folgende
wichtige Zusammenhang:
(4.1.6N)
f&1(f(x)) ' x für alle x 0 A und f(f&1(y)) ' y für alle y 0 Z.
Ist f eine Funktion, nennt man f&1 natürlich auch die Umkehrfunktion von f.
Beispiel: Verkleinert man die Zielmenge der Funktion
-432
1% x
aus Beispiel (4.1.4) von ú auf ihre Wertemenge f([0, 4,) ' +0, 2], entsteht aus f die Funktion
f0 : [0, 4, 6 +0, 2], x 6 y ' 2 ,
1% x
die zwar mit f in der Definitionsmenge und der Zuordnungsvorschrift, nicht aber in der Zielmenge übereinstimmt und so streng genommen eine von f verschiedene Funktion ist. Da f injektiv ist, und weil für
jedes y 0 f([0, 4,) ' +0, 2] das deshalb eindeutig bestimmte x 0 [0, 4, mit f(x) ' y gegeben ist durch
f : [0, 4, 6 ú, x 6 y '
2
x ' 2 &1 ,
y
ist die Funktion f0 bijektiv mit der Umkehrfunktion
2
f0&1 : +0, 2] 6 [0, 4,, y 6 x ' 2 & 1 .
y

Erfüllen zwei Abbildungen f und g noch eine bestimmte Bedingung, so können sie zu einer weiteren Abbildung zusammengesetzt werden. Genauer:
(4.1.7) Definition: Seien f : A 6 Z und g : AN 6 ZN zwei Abbildungen mit der Eigenschaft, dass f(A) d AN.
Dann heißt die durch
gBf (x) :' g(f(x)) für alle x 0 A
definierte Abbildung gBf : A 6 ZN die Komposition von g mit f.
Die Reihenfolge, in der zwei Abbildungen g und f komponiert (zusammengesetzt) werden, ist wichtig,
das heißt, ist sowohl gBf als auch fBg definiert, so ist im Allgemeinen gBf … fBg. Dazu dieses
Beispiel: Seien f : ú 6 ú und g : ú 6 ú die durch
f(x) :' x2 und g(x) :' x % 1
für alle x 0 ú definierten Funktionen. Dann sind offensichtlich die beiden Kompositionen gBf : ú 6 ú und
fBg : ú 6 ú definiert, wobei gilt:
gBf (x) ' g(f(x)) ' g(x2) ' x2 % 1 und fBg (x) ' f(g(x)) ' f(x% 1) ' (x% 1)2 ' x2 % 2x % 1
für alle x 0 ú, so dass gBf … fBg.

(4.2) Reellwertige Funktionen mit einer reellen unabhängigen Veränderlichen.
Wie schon im vorigen Abschnitt erklärt, sind das die Funktionen des Typs f : A 6 ú, wobei A d ú. Sie
werden am besten durch ihren Graphen veranschaulicht.
(4.2.1) Definition: Für eine Funktion f : A 6 ú, wobei A d ú, heißt die durch
G(f) :' {(x, y) 0 ú2 * x 0 A, y ' f(x)}
definierte Teilmenge von ú2 der Graph von f.
-44ú2 ist die mit einem kartesischen Koordinatensystem ausgestattete Ebene, (x, y) bezeichnet den Punkt in
dieser Ebene mit den kartesischen Koordinaten x und y. Die erste Koordinate x nennt man auch die
Abszisse, die zweite Koordinate y auch die Ordinate des Punktes (x, y). Der Graph einer Funktion f : A 6
ú besteht aus allen Punkten (x, y) aus ú2, deren Abszisse x in der Definitionsmenge A liegt, und deren
Ordinate y gleich dem Funktionswert von f an der Stelle x ist, d. h. aus allen Punkten der Form (x, f(x)),
wobei x 0 A. Für eine Skizze des Graphen G(f) werden die Koordinatenachsen mit x und y, der Graph
selbst mit der Funktionsgleichung y ' f(x) oder auch nur dem Funktionssymbol f beschriftet.
Wichtige Eigenschaften und Kenndaten einer Funktion f : A (d ú) 6 ú sind leicht an ihrem Graphen erkennbar. So gilt zum Beispiel:
(1) f ist genau dann injektiv, wenn jede zur x - Achse parallele Gerade den Graphen G(f) in höchstens
einem Punkt schneidet;
(2) f(A), die Wertemenge von f, ist die Orthogonalprojektion von G(f) auf die y - Achse;
(3) A, die Definitionsmenge von f, ist die Orthogonalprojektion von G(f) auf die x - Achse;
(4) die Nullstellen von f sind die Abszissen der Schnittpunkte von G(f) mit der x - Achse.
y
y
f
b
y
x0
f
y
x
a
A ' ú; Nullstelle: x0;
f injektiv; f(A) ' +a, b,
x1
x2
x
a
A ' +0, 4,; Nullstellen: x1, x2;
f nicht injektiv; f(A) ' [a, 4,
Zum Begriff der Nullstelle einer Funktion f:
(4.2.2) Definition: Sei f : A (d ú) 6 ú (gelesen: sei f eine Funktion von A in ú, wobei A d ú). Dann heißt
jedes x 0 A mit f(x) ' 0 eine Nullstelle von f.
Die Lösungen einer Gleichung der Form f(x) ' g(x) oder einer Ungleichung vom Typ f(x) < g(x) oder f(x)
# g(x), wobei f : A (d ú) 6 ú und g : B (d ú) 6 ú zwei Funktionen mit A 1 B … i sind, können mit Hilfe
der Graphen G(f) und G(g) sehr schön veranschaulicht werden:
-45-
In diesem Bild haben f und g die Definitionsmengen A ' +0, 4, und B ' ú. Weil für sie f(x) und g(x) definiert sein müssen, liegen die Lösungen x einer Gleichung oder Ungleichung, in der f(x) und g(x) vorkommen, in A 1 B, hier also in +0, 4, 1 ú ' +0, 4,. Die Lösungen der Gleichung f(x) ' g(x) sind die Abszissen
x1, x2 der Schnittpunkte von G(f) und G(g). Die Ungleichung f(x) < g(x), zum Beispiel, wird von allen x
0 A 1 B erfüllt, für die der zu G(f) gehörende Punkt (x, f(x)) sich unterhalb des auf G(g) liegenden Punktes (x, g(x)) befindet. Offensichtlich sind dies die x im offenen Intervall +x1, x2,, so dass dieses Intervall
die Lösungsmenge der Ungleichung ist.
Für viele Probleme spielt es eine Rolle, ob eine darin vorkommende Funktion f : A (d ú) 6 ú injektiv ist
oder nicht. Sie ist es insbesondere dann, wenn sie auf ihrer Definitionsmenge A streng monoton wächst
oder streng monoton fällt. Dazu:
(4.2.3) Definition: Sei f : A (d ú) 6 ú, sei I d A. Dann heißt f
a) streng monoton wachsend (streng monoton fallend) auf I, wenn
f(x1) < f(x2) (bzw. f(x1) > f(x2))
für je zwei beliebige Punkte x1, x2 0 I mit x1 < x2 ;
b) monoton wachsend (monoton fallend) auf I, wenn
f(x1) # f(x2) (bzw. f(x1) $ f(x2))
für je zwei beliebige Punkte x1, x2 0 I mit x1 < x2 .
Diese Definitionen sind nur dann sinnvoll, wenn I mindestens zwei Punkte enthält. Bei allen praktisch
bedeutsamen Funktionen f ist I ein Intervall oder die Vereinigung von endlich vielen Intervallen, so dass
diese Bedingung dann auch erfüllt ist.
Umkehrfunktion
Sei f : A (d ú) 6 ú eine injektive Funktion. Wie schon erwähnt, ist dies zum Beispiel der Fall, wenn f auf
seiner Definitionsmenge A streng monoton wächst oder streng monoton fällt. Verkleinert man die Zielmenge ú auf die Wertemenge W :' f(A), so ist die dadurch aus f entstehende Funktion f : A 6 W bijektiv
und somit umkehrbar, d. h., zu f : A 6 W ist die Umkehrfunktion f&1 : W 6 A eindeutig definiert. Weil A d
-46ú, kann f&1 auch als Funktion f&1 : W 6 ú, d. h. als Funktion mit der Zielmenge ú (und der Definitionsmenge W) aufgefasst werden. Diese Funktion versteht man dann als die Umkehrfunktion der (nur) injektiven Funktion f. Der Zusammenhang (4.1.6N) zwischen f und f&1 lautet nun:
(4.2.4)
f&1(f(x)) ' x für alle x 0 A und f(f&1(y)) ' y für alle y 0 W, wobei W :' f(A).
Die Umkehrfunktion f&1 ist zunächst eine Funktion von y. Schreibt man sie wie f als Funktion von x, so
liegen die Graphen von f und f&1 spiegelbildlich zu der Geraden y ' x. Dazu die folgenden vier Bilder:
In Bild 1 ist der Graph von f (als Funktion von x) skizziert. Der dort eingezeichnete Betrachter befinde
sich etwas hinter der Zeichenebene, und diese sei als durchsichtig angenommen. Weil die y - Achse für
ihn waagrecht und rechtshändig orientiert ist (r. H.: rechte Hand) , sieht er schon den Graphen von f&1 (als
Funktion von y). Das bleibt für ihn so auch im Bild 2, das aus Bild 1 durch eine Drehung um den Koordinatenursprung mit dem Drehwinkel 90E (entgegen dem Uhrzeigersinn) hervorgeht. Für einen vor der
Zeichenebene stehenden Normalbetrachter, das ist jeder von uns, ist nun die y - Achse waagrecht, so dass
ein solcher fast schon den Graphen von f&1 (als Funktion von y) sieht. Nur die y - Achse ist für einen
Normalbetrachter noch nicht, wie es sein sollte, nach rechts orientiert. Um dem abzuhelfen, wird Bild 2
samt dem eingezeichneten Betrachter um 180E um die (senkrechte) x - Achse gedreht, was das Bild 3
ergibt. Der eingezeichnete Betrachter nimmt dann die Position von uns Normalbetrachtern ein, und wir
-47sehen mit ihm nun den Graphen der Umkehrfunktion f&1, diese allerdings immer noch als Funktion von
y. Vertauscht man jetzt noch x mit y, so dass, wie wir das gewohnt sind, die x - Achse waagrecht und die
y - Achse senkrecht verläuft (Bild 4), so sehen wir, die Normalbetrachter, schließlich den Graphen von f&1
(als Funktion von x). Wie man sich unschwer überlegen kann, ist die Hintereinanderausführung der zwei
beschriebenen Drehungen um 90E bzw. 180E gleichbedeutend mit einer Spiegelung an der Geraden y '
x. Die Graphen von f und f&1, beide als Funktionen von x geschrieben, liegen daher spiegelbildlich zu der
Geraden y ' x.
Beispiel: Sei f : ú 6 ú die durch
f(x) ' 2x & 1 œ x 0 ú
definierte Funktion. Der Graph von f ist die Gerade (mit der Gleichung) y ' 2x & 1 . Die Funktion f ist
injektiv (sogar bijektiv), und es gilt:
f(x) ' y ] 2x & 1 ' y ] x ' 1 y % 1 ,
2
2
so dass die Gleichung f(x) ' y, wobei y gegeben und x gesucht, für jedes y 0 ú genau eine Lösung x 0 ú
hat. Diese Lösung x ist der Wert der Umkehrfunktion f&1 : ú 6 ú an der Stelle y. Also:
f &1(y) ' 1 y % 1 œ y 0 ú.
2
2
Will man f&1 als Funktion von x darstellen, braucht man nur y durch x zu ersetzen, und man erhält:
f &1(x) ' 1 x % 1 œ x 0 ú.
2
2
Wie es sein muss, liegen die Graphen der Funktionen f und f&1, d. h. die Geraden
y ' f(x) ' 2x & 1
spiegelbildlich zu der Geraden y ' x.
und y ' f &1(x) ' 1 x % 1
2
2
-48§ 5. Elementare Funktionen
(5.1) Konstante, lineare und quadratische Funktionen.
(5.1.1) Konstante Funktionen: Das sind die Funktionenf::IR
fix)
wobei a E:IRvorgegeben. Man sagt dann,fsei
=
a \f x
-+
:IRder Form
E :IR,
die Funktion konstant gleich a oder die Konstante a. Der
Graph vonf ist die Gerade (mit der Gleichung) y
sie mit dieser zusammen.
=
a, die parallel zur x - Achse verläuft. Falls a
=
0, fällt
y
y=a
>
y=O
x
a>O
a=O
(5.1.2) Lineare Funktionen: Das sind die Funktionenf:
fix)
wobei a, b
E
x
ax
=
+
:IR-+ :IRder Form
b \f x
E :IR,
:IRvorgegeben. Die Zahlen a und b nennt man die Koeffizienten der linearen Funktion!
Graph vonf ist die Gerade y
=
ax
+
Der
b. Der Koeffizient a ist die Steigung, der Koeffizient b der y - Ach-
senabschnitt dieser Geraden. Die Steigung a ist definiert als
a : = tan
wobei
(X
den Steigungswinkel
der Geraden bezeichnet. Darunter wiederum versteht man den Winkel der
Drehung um den Koordinatenursprung
Geraden y
Winkel
(X
=
ax
+
(x,
0 = (0,0),
welche die x - Achse auf kürzestem Wege in die zu der
b parallele, durch den Koordinatenursprung
liegt immer zwischen -rrJ2 und rrJ2. Falls a
=
0 gehende
Gerade y
=
ax überführt. Der
0, istf die Konstante b.
y
x
a > 0 (0 < Cl. < 1[./2)
a
<0
(- 1t/2
< < 0)
Cl.
Die quadratischen Funktionen diskutieren wir mit Hilfe einer Koordinatentransformation
(5.1.3) Koordinatentransformation:
in der Ebene.
Zu dem bereits eingeführten kartesischen x, y - Koordinatensystem,
das wir kurz mit KS bezeichnen wollen, wird ein weiteres kartesisches x', y' - Koordinatensystem
be-
trachtet, das kurz mit KS' bezeichnet sei. Die Achsen von KS' seien parallel zu denen von KS, der Koordinatenursprung von KS' sei der Punkt S, der bezüglich KS die Kordinaten
Xo
und
Yo
habe. Die Koordi-
naten eines beliebigen Punktes R der Ebene bezüglich KS seien wie bisher mit x und y bezeichnet, seine
Koordinaten bezüglich KS' mitx' undy'. So hat zum Beispiel Sbezüglich KS die Koordinaten
y
=
Yo, bezüglich KS' aber die Koordinaten x'
=
0 und y'
=
x
= Xo
und
O.Allgemein, d. h. für einen beliebigen Punkt
R wird der Zusammenhang zwischen seinen Koordinaten x, y und x', y' bezüglich KS bzw. KS' durch die
-49folgenden
(5.1.3 a) Transformationsformeln:
x ' x0 % xN,
bzw.
y ' y0 % yN
xN ' x & x0,
yN ' y & y0
beschrieben, wie man aus der linken der folgenden zwei Skizzen leicht ablesen kann:
Aufgabe: Sei G die Gerade durch den Punkt (x0, y0) (bez. KS) mit der Steigung a, wobei (x0, y0) 0 ú2 und
a 0 ú vorgegeben. Gesucht ist die Gleichung von G.
Lösung: Man betrachtet einfach das zu KS parallele Koordinatensystem KSN, das den Punkt S ' (x0, y0)
als Koordinatenursprung hat (s. Skizze oben rechts). Bezüglich KSN ist G die Gerade durch den Koordinatenursprung mit der Steigung a und hat somit bez. KSN die Gleichung yN ' a xN. Drückt man xN und yN
mit Hilfe von (5.1.3 a) durch x und y aus, folgt sofort die gesuchte Gleichung, nämlich:
y & y0 ' a (x & x0) ] y ' y0 % a (x & x0).
m
Dieses Ergebnis ist so wichtig, dass wir es in einem Satz festhalten wollen:
(5.1.3 b) Satz: Sei G die Gerade durch den Punkt (x0, y0) mit der Steigung a, wobei (x0, y0) 0 ú2 und a 0 ú
vorgegeben. Dann hat G die Gleichung y ' y0 % a (x & x0).
(5.1.4) Quadratische Funktionen: Das sind die Funktionen f : ú 6 ú der Form
f(x) ' a x2 % b x % c œ x 0 ú,
wobei a, b, c 0 ú vorgegebene Zahlen sind, die man wieder die Koeffizienten der quadratischen Funktion
f nennt. Für a ' 0 ist f die lineare Funktion f(x) ' b x % c, so dass wir uns im Folgenden auf den Fall a …
0 beschränken können. Wir betrachten zunächst den
1) Spezialfall a … 0, b ' c ' 0: f ist dann die Funktion f(x) ' a x2 und der Graph von f folglich die Parabel (mit der Gleichung) y ' a x2. Der Scheitel dieser Parabel liegt im Koordinatenursprung O ' (0, 0).
Für a > 0 ist sie nach oben, für a < 0 nach unten geöffnet. Die Öffnung der Parabel ist umso schmäler, je
größer *a* ist.
2) Allgemeiner Fall a … 0, b, c 0 ú beliebig: Der f(x) definierende quadratische Ausdruck
a x2 % b x % c
wird durch eine so genannte quadratische Ergänzung auf die Form
a (x & x0)2 % y0
gebracht. Das macht man so:
2
% 4ac & b '
a
a
2a
2a
2a
4a
2
4
a
c
&
b
b
2
a (x & x0) % y0 , wobei x0 :' &
und y0 :'
.
(()
2a
4a
ax 2 % bx % c ' a x 2 % b x % c ' a x 2 % b x % b
2
%c&a b
2
' a x% b
2
-50Der Graph von f hat somit die Gleichung
y ' a (x & x0)2 % y0 ] y & y0 ' a (x & x0)2 ] yN ' a xN2 ,
wobei xN und yN die Koordinaten eines beliebigen Punktes auf dem Graphen von f bezüglich des in (5.1.3)
betrachteten Koordinatensystems KSN mit dem Koordinatenursprung S ' (x0, y0) bedeuten, x0 und y0 dabei
wie in ((). Der Graph von f ist daher die Parabel mit dem Scheitel S ' (x0, y0), die aus der Parabel y '
a x2 (mit Scheitel O ' (0, 0)) hervorgeht, wenn man diese derart verschiebt, dass ihr Scheitel in den Punkt
S ' (x0, y0) gelangt.
Beispiel: Sei f : ú 6 ú die durch f(x) ' 2x2 % 3x & 1 definierte
quadratische Funktion. Quadratische Ergänzung:
2 x 2 % 3 x & 1 ' 2 (x 2 % 3 x) & 1 '
2
2
2
3
3
3
2 x % x % ( ) & 1 & 2 @ ( ) ' 2 (x % 3 )2 & 17
2
4
4
4
8
3
17
x0 ' & , y0 ' & .
4
8
2
Y
Der Graph von f ist eine Parabel mit dem Scheitel
S ' (x0, y0) ' (& 3 , & 17 ).
4
8
Weil a ' 2 > 0, ist sie nach oben geöffnet.
(5.2) Allgemeine Begriffe.
Genauso wie die Aufgabe des vorigen Abschnitts können wir mit Hilfe der Koordinatentransformation
(5.1.3 a) leicht das folgende allgemeine Problem lösen.
(5.2.1) Problem: Zu einer vorgegebenen Funktion f : A (d ú) 6 ú und zwei vorgegebenen Zahlen x0, y0 0
ú wird die durch
A0 :' A % x0 :' {x % x0 * x 0 A} und f0(x) :' f(x&x0) % y0 œ x 0 A0
definierte Funktion f0 : A0 6 ú betrachtet. Die Frage lautet, wie G(f0), der Graph von f0, mit G(f), dem
Graphen von f, zusammenhängt.
Beispiel: Sei A das Intervall [0, 4,, sei f(x) ' x für alle x 0 A ' [0, 4, und seien x0, y0 0 ú etwa die
Zahlen x0 ' 2 und y0 ' 0. Dann ist
A0 ' [0, 4, % 2 ' {x % 2 * x $ 0} ' [2, 4, und f0(x) ' x & 2 für alle x 0 [2, 4,.
Lösung von (5.2.1): Zu dem zugrundeliegenden x, y - Koordinatensystem wird wieder das dazu parallele
xN, y N - Koordinatensystem, das den Punkt S ' (x0, y0) als Koordinatenursprung hat, eingeführt. Dieses sei
-51wieder kurz mit KSN, jenes mit KS bezeichnet. Bezüglich KS hat G(f0) die Gleichung y ' f0(x), wobei x 0
A0. Da aufgrund der Definition von f0 und der Transformationsformeln (5.1.3 a)
y ' f0(x) v x 0 A0 ] y & y0 ' f(x & x0) v x & x0 0 A ] yN ' f(xN) v xN 0 A,
hat G(f0) bezüglich KSN dieselbe Gleichung wie G(f) bezüglich KS, so dass G(f0) einfach durch die VerP aus G(f) entsteht. Diese Verschiebung ist eine
schiebung um die gerichtete Strecke (den Vektor) OS
Abbildung, die jeden Punkt R ' (x, y) der Ebene in den Punkt RN ' (x% x0, y% y0) überführt.
m
Also:
(5.2.2) Satz: Seien f : A 6 ú, x0, y0 und f0 : A0 6 ú wie in (5.2.1). Dann entsteht der Graph G(f0) aus dem
P wobei S den Punkt (x0, y0) beGraphen G(f) durch Verschieben von G(f) um die gerichtete Strecke OS,
zeichnet.
Wichtige Spezialfälle liegen vor, wenn y0 ' 0 oder x0 ' 0 und damit der Punkt S ' (x0, y0) ' (x0, 0) bzw.
P ist dann eine längs der x - bzw. y ' (0, y0) auf der x - bzw. y - Achse liegt. Eine Verschiebung um OS
Achse. Genauer:
(5.2.3) Folgerung: Seien f : A 6 ú, x0, y0 und A0 wie in (5.2.1), seien f0 : A0 6 ú und g0 : A 6 ú die durch
f0(x) :' f(x & x0) œ x 0 A0 und g0(x) :' f(x) % y0 œ x 0 A
definierten Funktionen. Dann entsteht
1) der Graph G(f0) aus dem Graphen G(f) durch Verschieben von G(f) längs der x - Achse um *x0* Längeneinheiten in oder entgegen der x - Richtung, je nachdem, ob x0 > 0 oder x0 < 0 ist;
2) der Graph G(g0) aus dem Graphen G(f) durch Verschieben von G(f) längs der y - Achse um *y0* Längeneinheiten in oder entgegen der y - Richtung, je nachdem, ob y0 > 0 oder y0 < 0 ist.
Viele wichtige Funktionen haben Symmetrieeigenschaften. Dazu diese zwei Definitionen:
(5.2.4) Definition: Eine Menge A d ú heißt symmetrisch bezüglich x ' 0, wenn sie mit einem x 0 ú auch
&x enthält, wenn also gilt: x 0 A Y &x 0 A.
(5.2.5) Definition: Eine Funktion f : A (d ú) 6 ú mit einer bezüglich x ' 0 symmetrischen Definitions-
-52menge A heißt
a) gerade, wenn f(&x) ' f(x) für alle x 0 A;
b) ungerade, wenn f(&x) ' &f(x) für alle x 0 A.
Der Graph G(f) einer geraden Funktion f enthält mit jedem Punkt (x, y) auch den dazu bezüglich der
Geraden x ' 0, das ist die y - Achse, spiegelbildlich liegenden Punkt (&x, y), so dass G(f) symmetrisch zur
Geraden x ' 0 ist. Der Graph einer ungeraden Funktion f ist dagegen symmetrisch zum Koordinatenursprung O, d. h., er enthält mit jedem Punkt (x, y) auch den zu ihm bezüglich O spiegelbildlich liegenden
Punkt (&x, &y).
Beispiele: 1. Von der Schulmathematik her weiß man vielleicht noch, dass
cos (&x) ' cos x œ x 0 ú und sin (&x) ' & sin x œ x 0 ú,
d. h., die Cosinusfunktion y ' cos x; x 0 ú ist eine gerade, die Sinusfunktion y ' sin x; x 0 ú dagegen eine
ungerade Funktion.
2. Sei n 0 ù. Weil
(&x)n ' (&1)n xn œ x 0 ú und (&1)n ' 1, wenn n gerade, ' &1, wenn n ungerade,
ist die Potenzfunktion y ' xn; x 0 ú für einen geraden Exponenten n eine gerade und für einen ungeraden
Exponenten n eine ungerade Funktion.

Bemerkung: Wie in diesen Beispielen praktiziert, wird eine Funktion f : A (d ú) 6 ú auch durch ihre
Funktionsgleichung y ' f(x) beschrieben, wobei nach einem Semikolon noch eine Angabe über die Definitionsmenge A folgt. Fehlt diese, so ist mit A die größte Teilmenge von ú gemeint, für deren Elemente
x der Formelausdruck für f(x) definiert ist.
(5.3) Potenzfunktionen mit einem ganzzahligen Exponenten.
Unter der Potenzfunktion mit dem Exponenten k, wobei k fest vorgegeben, versteht man die Funktion y '
xk. Wir betrachten in diesem Abschnitt nur den Fall, dass k 0 und k … 0. Für k > 0 ist sie für alle x 0 ú,
für k < 0 für alle x 0 ú mit x … 0 definiert. Für die folgende Diskussion der Funktion y ' xk ist es bequem,
wenn wir für sie ein Funktionssymbol einführen. Wir wählen dafür das Symbol pk. Also:
pk(x) :' xk für alle x 0 A,
wobei A ' ú für k > 0 und A ' ú\{0} für k < 0.
Der Fall k > 0: In diesem Fall ist k ' n mit einem n 0 ù. Die Potenzfunktion pk ' pn ist dann für alle x 0
ú definiert. Der Fall n ' 1 ist uninteressant, weil p1 nur die simple lineare Funktion y ' p1(x) ' x ist. Zwei
Potenzfunktionen pm und pn mit m, n $ 2 zeigen qualitativ nur dann deutliche Unterschiede, wenn einer
-53der beiden Exponenten m, n gerade und der andere ungerade ist. Sind beide Exponenten gerade oder
beide ungerade, so sind die Unterschiede zwischen pm und pn nur quantitativer Natur.
(5.3.1) Satz: Sei n 0 ù mit n $ 2 und bezeichne pn die Potenzfunktion mit dem Exponenten n. Dann gilt:
1) Ist n ungerade, so
- ist pn eine ungerade Funktion,
- ist pn streng monoton wachsend auf ganz ú (und damit injektiv),
- ist pn abwärts konvex auf +&4, 0] und aufwärts konvex auf [0, 4,,
- ist pn(ú), die Wertemenge von pn, gleich ú.
2) Ist n gerade, so
- ist pn eine gerade Funktion,
- ist pn streng monoton fallend auf +&4, 0] und streng monoton wachsend auf [0, 4,,
- ist pn aufwärts konvex auf ganz ú,
- ist pn(ú), die Wertemenge von pn, gleich [0, 4,.
Eine Funktion heißt aufwärts konvex bzw. abwärts konvex auf einem Intervall I d ú, wenn ihr Graph in
dem Bereich x 0 I nach oben bzw. nach unten gekrümmt ist. Eine präzise Definition dieser Begriffe wird
in dem Kapitel über Differentialrechnung gebracht.
Der Fall k < 0: Dann ist k ' &n mit einem n 0 ù. Hinsichtlich der qualitativen Eigenschaften der durch
pk(x) ' p&n(x) :' x&n ' 1n für alle x 0 ú\{0}
x
definierten Potenzfunktion pk ' p&n muss wieder der Fall eines geraden n von dem eines ungeraden unterschieden werden. Der Fall n ' 1 ist nun nicht weniger bedeutend als der eines n mit n $ 2.
(5.3.2) Satz: Sei n 0 ù und bezeichne p&n die Potenzfunktion mit dem Exponenten &n. Dann gilt:
1) Ist n ungerade, so
- ist p&n eine ungerade Funktion,
- ist p&n streng monoton fallend sowohl auf +&4, 0, als auch auf +0, 4,,
- ist p&n abwärts konvex auf +&4, 0, und aufwärts konvex auf +0, 4,,
- ist p&n injektiv mit der Wertemenge p&n(ú\{0}) ' ú\{0}.
2) Ist n gerade, so
- ist p&n eine gerade Funktion,
- ist p&n streng monoton wachsend auf +&4, 0, und streng monoton fallend auf +0, 4,,
- ist p&n aufwärts konvex sowohl auf +&4, 0, als auch auf +0, 4,,
-54- hat p&n die Wertemenge p&n(ú\{0}) ' +0, 4,, ist aber nicht injektiv.
Zum Fall eines ungeraden n ist noch anzumerken, dass p&n zwar auf jedem der Intervalle +&4, 0, und +0,
4,, nicht aber auf der Definitionsmenge ú\{0} ' +&4, 0, c +0, 4, streng monoton fällt.
Bemerkenswert sind auch die Grenzwerte der Potenzfunktion p&n für x 6 0%, x 6 0&, x 6 4 und x 6 &4.
Die Symbole x 6 0% und x 6 0& bedeuten, dass x auf der x - Achse von rechts bzw. links auf den Nullpunkt 0 zustrebt und ihm dabei beliebig nahe kommt, die Symbole x 6 4 und x 6 &4, dass x sich auf der
x - Achse unbeschränkt nach rechts bzw. links bewegt.
Es gilt für den Fall,
-
dass n ungerade ist:
-
dass n gerade ist:
lim x &n ' 4, lim x &n ' &4 und lim x &n ' lim x &n ' 0,
x 6 0%
x 6 0&
x64
x 6 &4
lim x &n ' lim x &n ' 4 und lim x &n ' lim x &n ' 0.
x 6 0%
x 6 0&
x64
x 6 &4
Die (injektive) Potenzfunktion p&1 hat noch eine besondere Eigenschaft: weil die Gleichung p&1(x) ' y,
wobei y gegeben und x gesucht, für jedes y 0 ú\{0} (' p&1(ú\{0})) wegen
p&1(x) ' y ] 1 ' y ] x ' 1 ' p&1(y)
x
y
die Lösung x ' p&1(y) hat, diese Lösung andererseits aber auch der Wert der Umkehrfunktion von p&1 an
der Stelle y ist, stimmt p&1 mit seiner Umkehrfunktion p&1&1 überein. Der Graph von p&1 ist daher symmetrisch zur Geraden y ' x.
Quantitativer Vergleich: Aufgrund der Symmetrieeigenschaften der Potenzfunktionen pk, k 0 \{0},
kann man sich beim quantitativen Vergleich verschiedener Potenzfunktionen auf die x 0 ú mit x > 0 beschränken. Seien m, n 0 ù mit m < n. Weil
@x
@x
@x
@x
@x
@x
0 < x < 1 Y x 2 < x Y x 3 < x 2 Y . . . und x > 1 Y x 2 > x Y x 3 > x 2 Y . . . ,
ist dann
xm > xn œ x 0 +0, 1, und xm < xn œ x 0 +1, 4,,
woraus, wenn man zu den Kehrwerten 1/xm ' x&m und 1/xn ' x&n übergeht, weiter folgt, dass
x&m < x&n œ x 0 +0, 1, und x&m > x&n œ x 0 +1, 4,,
d. h. anschaulich, dass für m < n der Graph von pm im Bereich 0 < x < 1 oberhalb und im Bereich x >1
unterhalb des Graphen von pn verläuft. Für die Graphen von p&m und p&n sind die Verhältnisse gerade
-55umgekehrt.
(5.4) Wurzelfunktionen.
n
Die Funktion y ' x , wobei n 0 ù fest vorgegeben, nennt man die Wurzelfunktion mit der Ordnung n
oder, einfacher, auch nur die n - te Wurzel. Für eine ungerade Wurzelordnung n ist sie für alle x 0 ú defi1
niert, für eine gerade Wurzelordnung n nur für alle x 0 [0, 4,. Weil x ' x für alle x 0 ú, ist der Fall n '
n
1 uninteressant, so dass wir die Diskussion der Funktion y ' x auf den Fall n $ 2 beschränken kön-nen.
Wir bezeichnen sie dabei mit dem Funktionssymbol wn, setzen also
wn(x) :'
n
x für alle x 0 A,
wobei A ' ú für ein ungerades und A ' [0, 4, für ein gerades n.
Die n - te Wurzel wn ist injektiv und damit umkehrbar. Um dies zu zeigen und um ihre Umkehrfunktion
zu bestimmen, betrachten wir die Gleichung wn(x) ' y, wobei y 0 ú gegeben und x 0 A gesucht. Da
wn(x) ' y v x 0 A ]
n
x ' y v x 0 A,
n
hat diese Gleichung im Fall eines ungeraden n für alle y 0 ú, im Fall eines geraden n, weil x $ 0 für alle
x 0 [0, 4,, nur für alle y 0 [0, 4, eine Lösung x 0 A, und in jedem der zwei Fälle besitzt sie dann, wenn y
0 ú bzw. y 0 [0, 4,, genau eine Lösung x 0 A, nämlich x ' yn. Daraus folgt
1. für die Wertemenge W :' wn(A), dass W ' ú für ein ungerades und W ' [0, 4, für ein gerades n ist,
2. dass die n - te Wurzel wn : A 6 ú für jedes n injektiv ist,
3. dass die Umkehrfunktion wn&1 : W 6 ú (als Funktion von x dargestellt) für ein ungerades n gleich der
(vollständigen) Potenzfunktion y ' xn; x 0 ú und für ein gerades n gleich der auf das Intervall [0, 4, eingeschränkten Potenzfunktion y ' xn; x 0 [0, 4, ist.
Der Graph der n - ten Wurzel wn ergibt sich daher einfach durch Spiegelung des Graphen der vollständigen bzw. der auf [0, 4, eingeschränkten Potenzfunktion y ' xn an der Geraden y ' x. An ihm liest man
leicht weitere Eigenschaften von wn ab, die wir mit einigen der bereits aufgedeckten zu dem folgenden
Satz zusammenfassen:
Satz: Sei n 0 ù mit n $ 2 und bezeichne wn die n - te Wurzel. Dann gilt:
1) Ist n ungerade, so
- hat wn die Definitionsmenge A ' ú und die Wertemenge W ' ú,
- ist wn auf seiner Definitionsmenge A ' ú streng monoton wachsend,
- ist wn auf +&4, 0] aufwärts und auf [0, 4, abwärts konvex,
-56- ist wn eine ungerade Funktion.
2) Ist n gerade, so
- hat wn die Definitionsmenge A ' [0, 4, und die Wertemenge W ' [0, 4,,
- ist wn auf seiner Definitionsmenge A ' [0, 4, streng monoton wachsend,
- ist wn auf seiner Definitionsmenge A ' [0, 4, abwärts konvex.
Für ein gerades n ist die Definitionsmenge von wn nicht symmetrisch bezüglich x ' 0, so dass dann die
Frage, ob wn eine gerade oder eine ungerade Funktion ist, keinen Sinn hat.
y'
n
x
y'
Für jede Wurzelordnung n ist wn(0) '
n
0 ' 0 und wn(1) '
n
n
x
1 ' 1, und es ist
n
lim wn(x) ' lim x ' 4 für jedes n.
x64
x64
So wie die Potenzfunktion y ' x ein eindrucksvolles Beispiel für eine für x 6 4 sehr schnell anwachsende
n
Funktion ist, gibt die Wurzelfunktion y ' x ein ebenso eindrucksvolles Beispiel einer für x 6 4 sehr
langsam anwachsenden Funktion ab. So nimmt sie etwa den Funktionswert y ' 2 erst an der Stelle x ' 2n
an, also zum Beispiel erst bei x ' 210 ' 1024, wenn n ' 10, und erst bei x ' 2100 ' 102410 > 1030, wenn n '
100 ist. Sowohl das für x 6 4 sehr schnelle Anwachsen der Potenzfunktion y ' xn als auch das für x 6 4
n
sehr langsame der Wurzelfunktion y ' x ist umso stärker ausgeprägt, je größer der Exponent bzw. die
Wurzelordnung n ist.
n
Aus dem im vorhergehenden Abschnitt angestellten Vergleich von zwei Potenzfunktionen mit einem
positiven ganzzahligen Exponenten folgt (wieder durch Spiegelung ihrer Graphen an der Geraden y ' x),
dass für je zwei Wurzelordnungen m, n mit m < n gilt:
m
x <
n
x œ x 0 +0, 1, und
m
x >
n
x œ x 0 +1, 4,,
so dass, wenn m < n ist, der Graph der m - ten Wurzel im Bereich 0 < x < 1 unter und im Bereich x > 1 über
dem Graphen der n - ten Wurzel liegt.
-57-
y'
m
x
y'
n
x
(5.5) Polynome.
Die konstanten, linearen und quadratischen Funktionen sowie die Potenzfunktionen mit einem positiven
ganzzahligen Exponenten sind spezielle Polynome. Dazu die folgende Definition. Das darin vorkommende Symbol ù0 bezeichnet dabei, wie schon einmal erklärt, die Menge {0, 1, 2, . . .} der nichtnegativen
ganzen Zahlen.
(5.5.1) Definition: Ein Polynom n - ten Grades, wobei n 0 ù0, ist eine Funktion Pn : ú 6 ú der Form
Pn(x) ' an xn % an&1 x n&1 % . . . % a1 x % a0 œ x 0 ú,
wobei an, an&1, . . ., a0 0 ú vorgegebene Zahlen mit an … 0 sind, die man die Koeffizienten des Polynoms Pn
nennt.
Für n ' 0, 1, 2 nimmt Pn(x) die Formen
P0(x) ' a0, P1(x) ' a1 x % a0 und P2(x) ' a2 x2 % a1 x % a0
an, d. h., Pn ist dann eine konstante bzw. lineare bzw. quadratische Funktion. Für jedes n 0 ù ist die Potenzfunktion y ' xn das Polynom n - ten Grades mit den Koeffizienten an ' 1 und an&1 ' an&2 ' . . . ' a0 '
0. Ein konkretes Beispiel ist etwa die Funktion y ' 2 x4 & 9 x3 % 5 x % 3, ein Polynom mit dem Grad n '
4 und den Koeffizienten a4 ' 2, a3 ' &9, a2 ' 0, a1 ' 5 und a0 ' 3.
In vielen Teilgebieten der Mathematik stellt sich immer wieder die Aufgabe, die Nullstellen eines Polynoms mit einem Grad n $ 1 zu bestimmen. Dazu muss man eine Gleichung n - ten Grades lösen.
(5.5.2) Definition: Eine Gleichung n - ten Grades, wobei n 0 ù, ist eine Gleichung der Form
an xn % an&1 x n&1 % . . . % a1 x % a0 ' 0
mit vorgegebenen Zahlen an, an&1, . . ., a0 0 ú, den sog. Koeffizienten der Gleichung, von denen an … 0 sein
muss.
Für n ' 1 geht die Gleichung n - ten Grades in die lineare Gleichung a1 x % a0 ' 0 über, für n ' 2 in die
quadratische Gleichung a2 x2 % a1 x % a0 ' 0 und für n ' 3 in die so genannte kubische Gleichung a3 x3 %
a2 x2 % a1 x % a0 ' 0.
Ein wichtiges Hilfsmittel zur Auflösung einer Gleichung n - ten Grades oder, was dasselbe bedeutet, zur
Bestimmung der Nullstellen des durch die linke Seite der Gleichung definierten Polynoms n - ten Grades
ist der folgende
-58(5.5.3) Satz: Sei n $ 1, sei Pn ein Polynom n - ten Grades und sei x0 0 ú. Dann gibt es genau ein Polynom
Pn&1 mit dem Grad n&1 und genau eine Zahl r 0 ú derart, dass
Pn (x) ' (x & x0) Pn&1(x) % r œ x 0 ú.
(()
Die Koeffizienten bn&1, bn&2, . . ., b0 des Polynoms Pn&1 und die Zahl r berechnen sich dabei folgendermaßen der Reihe nach aus den Koeffizienten an, an&1, . . ., a0 von Pn und der Zahl x0:
bn&1 ' an, bn&2 ' an&1 % x0 bn&1, bn&3 ' an&2 % x0 bn&2, . . ., b0 ' a1 % x0 b1 und r ' a0 % x0 b0.
Beweis: Wie in der Satzaussage werden die Koeffizienten des gegebenen Polynoms Pn mit an, an&1, . . .,
a0 und die des gesuchten Polynoms Pn&1 mit bn&1, bn&2, . . ., b0 bezeichnet. Weil
(x & x0) Pn&1(x) % r ' (x & x0) (bn&1 x n&1 % bn&2 x n&2 % . . . % b1 x % b0) % r '
(bn&1 x n % bn&2 x n&1 % . . . % b1 x 2 % b0 x) & (x0 bn&1 x n&1 % x0 bn&2 x n&2 % . . . % x0 b1 x % x0 b0) % r '
bn&1 x n % (bn&2 & x0 bn&1) x n&1 % (bn&3 & x0 bn&2) x n&2 % . . . % (b0 & x0 b1) x % (r & x0 b0) ,
ist die rechte Seite der Gleichung (() ein Polynom n - ten Grades, das mit Pn für alle x 0 ú genau dann
übereinstimmt, wenn es dieselben Koeffizienten wie Pn hat, wenn also gilt:
bn&1 ' an, bn&2 & x0 bn&1 ' an&1, bn&3 & x0 bn&2 ' an&2, . . ., b0 & x0 b1 ' a1 und r & x0 b0 ' a0,
woraus, wenn man diese Gleichungen nach bn&2, bn&3, . . ., b0 und r auflöst, sofort die Existenz und die
Eindeutigkeit des Polynoms Pn&1 und der Zahl r sowie die behaupteten Formeln für bn&1, bn&2, . . ., b0 und
r folgen.
m
Bemerkungen: 1. Der Term x & x0, der in der Darstellung (() von Pn als Faktor auftritt, ist als Funktion
von x betrachtet eine lineare Funktion. Im Zusammenhang mit (() bezeichnet man ihn daher als einen
Linearfaktor.
2. Aus (() folgt, dass
Pn(x) : (x & x0) ' Pn&1(x) % r : (x & x0) œ x 0 ú\{x0},
was zeigt, dass man das Polynom Pn&1 und die Zahl r auch erhalten kann, wenn man Pn(x) durch den
Linearfaktor x & x0 dividiert. Die Zahl r ist dann der Rest, der bei dieser Division übrig bleibt. Verschwindet er, d. h. ist r ' 0, so ist x0 eine Nullstelle von Pn (s. u.: (5.5.5)).
3. Die Darstellung (() von Pn in der Form Pn (x) ' (x & x0) Pn&1(x) % r gilt für alle x 0 ú, speziell also
auch für x ' x0. Setzt man darin x ' x0, so folgt
Pn(x0) ' (x0 & x0) Pn&1(x0) % r ' 0 @ Pn&1(x0) % r ' 0 % r Y r ' Pn(x0),
womit geklärt ist, wie der Rest r mit dem Polynom Pn und der Zahl x0 zusammenhängt: r ist einfach der
Funktionswert von Pn an der Stelle x0.
4. Rechnet man von Hand, wertet man die Formeln für die Berechnung der Koeffizienten bn&1, bn&2, . .
., b0 des Polynoms Pn&1 und des Restes r am besten mit dem so genannten Horner - Schema 12) aus.
(5.5.4) Horner - Schema:
12
) William George Horner: engl. Mathematiker, 1786 - 1837.
-59In die erste Zeile des Schemas schreibt man die Koeffizienten an, an&1, . . ., a0 des Polynoms Pn. Sind
einige dieser Koeffizienten gleich 0, so dürfen sie deshalb nicht weggelassen werden. Vor Beginn der
Rechnung trägt man auf der ersten Stelle der zweiten Zeile die Zahl 0 ein. Die Koeffizienten bn&1, bn&2, .
. ., b0 des Polynoms Pn&1 und der Rest r werden in der dritten Zeile berechnet, indem man immer die zwei
in der ersten und zweiten Zeile über ihnen stehenden Zahlen addiert. Ist ein Koeffizient bi berechnet,
wobei i ' n&1, n&2, . . ., 0, wird er mit x0 multipliziert und das Ergebnis x0 bi in die zweite Zeile eine
Stelle rechts von bi geschrieben. Darauf erhält man den nächsten Koeffizienten bi&1 bzw., im letzten
Schritt, den Rest r genauso wie bi durch Addition der zwei darüber stehenden Zahlen.
Beispiele: 1. Sei P4(x) ' 2 x4 % 2 x3 & 3 x2 % x & 2, sei x0 ' 2. Nach (5.5.3) kann P4 in der Form P4(x) '
(x & 2) P3(x) % r dargestellt werden. Das Polynom P3 und den Rest r findet man mit dem Horner - Schema:
2
2
&3
1
&2
%
0
4
12
18
38
2@
2
6
9
19
36
Y P3(x) ' 2 x3 % 6 x2 % 9 x % 19, r ' 36.
Insbesondere: P4(2) ' 36.
2. Sei P4 wie in Beispiel 1, sei x0 ' 0, 2. Zu berechnen sei P4(0, 2), der Funktionswert von P4 an der Stelle
x0 ' 0, 2. Weil er gleich dem Rest r in der Darstellung P4(x) ' (x & 0, 2) P3(x) % r ist, kann er auch mit dem
Horner - Schema berechnet werden:
2
2
&3
1
&2
%
0
0, 4
0, 48
&0, 504
0, 0992
0, 2 @
2
2, 4
&2, 52
0, 496
&1, 9008
Y P4(0, 2) ' r ' &1, 9008. 
Ist in der Darstellung (5.5.3) (() eines Polynoms Pn die Zahl x0 0 ú eine Nullstelle von Pn, so verschwindet dort der Rest r, weil ja dann r ' Pn(x0) ' 0 ist, und man erhält:
(5.5.5) Satz: Sei n $ 1, sei Pn ein Polynom n - ten Grades und sei x0 0 ú eine Nullstelle von Pn. Dann gibt
es genau ein Polynom Pn&1 mit dem Grad n&1, so dass
Pn (x) ' (x & x0) Pn&1(x) œ x 0 ú.
Stellt man ein Polynom Pn in dieser Produktform dar, sagt man dazu auch, man habe von Pn die Nullstelle
x0 abgespalten. Das Polynom Pn&1 kann wieder mit dem Horner - Schema bestimmt werden.
Beispiele: 1. Sei P4 das schon oben betrachtete Polynom P4(x) ' 2 x4 % 2 x3 & 3 x2 % x & 2. Man erkennt
sehr schnell, dass x0 ' 1 eine Nullstelle von P4 ist. Also gibt es genau ein Polynom P3, so dass P4(x) '
(x & 1) P3(x) für alle x 0 ú. P3 wird mit dem Horner - Schema berechnet:
2
2
&3
1
&2
%
0
2
4
1
2
1@
2
4
1
2
0
Y P3(x) ' 2 x3 % 4 x2 % x % 2 (und r ' 0).
2. Das soeben berechnete Polynom P3 hat, wie man mit ein wenig Probieren schnell feststellt, die Nullstelle x0 ' &2. Also kann man es auf die Form P3(x) ' (x % 2) P2(x) mit einem eindeutig bestimmten Polynom P2 vom Grad 2 bringen, welches wieder mit dem Horner - Schema aufgefunden wird:
-602
4
1
2
%
0
&4
0
&2
&2 @
2
0
1
0
Y P2(x) ' 2 x2 % 1 (und r ' 0).
3. Kombiniert man die Ergebnisse der zwei Beispiele, erhält man für das Polynom P4, von dem ausgegangen wurde, die Produktdarstellung
P4(x) ' (x & 1) P3(x) ' (x & 1) (x % 2) P2(x) œ x 0 ú.
2
Weil P2(x) ' 2 x % 1 $ 1 > 0 für jedes x 0 ú, hat P2 keine Nullstelle, so dass folgt:
P4(x) ' 0 ] x & 1 ' 0 w x % 2 ' 0 ] x ' 1 w x ' &2,

womit dann alle Nullstellen von P4 gefunden sind, nämlich x1 ' 1 und x2 ' &2.
Diese Beispiele zeigen, wie man durch die wiederholte Abspaltung von Nullstellen schließlich alle Nullstellen eines Polynoms Pn finden kann, vorausgesetzt, Pn hat überhaupt Nullstellen. Das obige Polynom
P2 ist ein Beispiel für ein Polynom ohne Nullstellen. Weiter braucht man dazu noch ein Verfahren, mit
dem man zu jedem Polynom, das Nullstellen besitzt, wenigstens eine davon berechnen kann. Ein solches
Verfahren wird in einem der nächsten Paragraphen vorgestellt.
Zum Schluss dieses Abschnitts noch zwei Beispiele zum Horner - Schema. Das zweite dieser Beispiele hat
eine nützliche Formel zum Ergebnis.
Beispiele: 1. Sei P3(x) ' x3 & b3 mit einer Zahl b 0 ú. Weil P3(b) ' b3 & b3 ' 0, ist b eine Nullstelle von
P3, so dass P3(x) ' (x & b) P2(x) für alle x 0 ú mit einem Polynom P2 vom Grad 2. P2 wird mit dem Horner-Schema berechnet:
1
0
0
&b3
%
0
b
b2
b3
b@
1
b
b2
0
Y
x3 & b3 ' (x & b) P2(x) ' (x & b) ( x2 % b x % b2) œ x 0 ú.
2. Sei jetzt Pn(x) ' xn& bn mit Zahlen b 0 ú und n 0 ù, wobei n $ 2 sei. Die Zahl b ist auch eine Nullstelle von Pn, so dass nun Pn(x) ' (x & b) Pn&1(x) für alle x 0 ú mit einem Polynom Pn&1 vom Grad n&1, das
wieder mit dem Horner - Schema ermittelt wird:
xn
xn&1
xn&2
. . .
x2
x1
x0
1
0
0
. . .
0
0
&bn
%
0
b
b2
. . .
bn&2
bn&1
bn
b@
1
b
b2
. . .
bn&2
bn&1
0
Y
xn& bn ' (x & b) Pn&1(x) ' (x & b) (xn&1 % b xn&2 % b2 xn&3 % . . . % bn&2 x % b n&1) œ x 0 ú.
Schreiben wir noch a anstelle von x, ergibt sich:
(5.5.6) Formel: Seien a, b 0 ú, sei n 0 ù mit n $ 2. Dann gilt:
n&1
an& bn ' (a & b) (an&1 % an&2 b % an&3 b2 % . . . % a bn&2 % b n&1) ' (a & b) 3 a n&1&i b i.
i'0
Speziell für n ' 2, 3, 4 bedeutet das:

-61a 2 & b 2 ' (a & b) (a % b), a 3 & b 3 ' (a & b) (a 2 % a b % b 2) und
a 4 & b 4 ' (a & b) (a 3 % a 2 b % a b 2 % b 3).
(5.6) Rationale Funktionen.
Das sind die Funktionen R : A (d ú) 6 ú der speziellen Form
R(x) '
Pm(x)
œ x 0 A,
Pn(x)
wobei Pm und Pn Polynome vom Grad m bzw. n mit n $ 1 sind und die Definitionsmenge A aus allen x 0
ú mit Pn(x) … 0 besteht, kurz: A :' {x 0 ú * Pn(x) … 0} ' ú \ {x 0 ú * Pn(x) ' 0}.
Jede Potenzfunktion y ' x&n ' 1/xn; x 0 ú\{0} mit einem negativen ganzzahligen Exponenten &n ist ein
Beispiel für eine rationale Funktion. Dabei ist Pm ' P0 die Konstante P0(x) ' 1 und Pn das Polynom Pn(x)
' xn. Ein anderes Beispiel wäre etwa die Funktion y ' (2 x % 3) / (x & 1)3; x 0 ú\{1}, bei der Pm(x) ' P1(x)
' 2 x % 3 und Pn(x) ' P3(x) ' (x & 1)3 ' x3 & 3 x2 % 3 x & 1 ist.
Über den Graphen einer rationalen Funktion wie auch über den eines Polynoms können nur wenige
allgemein gültige Aussagen gemacht werden. Die Frage, wie er aussieht, kann in einem konkreten Fall in
der Regel nur mit einer Kurvendiskussion, die mit den Methoden der Differentialrechnung geführt
werden muss, entschieden werden.
(5.7) Stückweise definierte Funktionen.
Wie schon einmal erwähnt, sind das Funktionen f : A (d ú) 6 ú, bei denen zur Berechnung eines Funktionswerts f(x) eine Fallunterscheidung für x gemacht werden muss. Die wichtigsten Beispiele dafür sind
die Betrags- die Signum- und die Entirefunktion.
(5.7.1) Betragsfunktion: y ' *x*; x 0 ú.
Bei der Berechnung eines Funktionswertes *x* müssen bekanntlich die Fälle x $ 0 und x < 0 unterschieden werden.
(5.7.2) Signumfunktion: y ' sgn(x); x 0 ú, wobei
sgn(x) :' 1 für x > 0, :' 0 für x ' 0, :' &1 für x < 0.
Mit der sgn - Funktion wird das sonst mit % oder & bezeichnete Vorzeichen (signum) einer von 0 verschiedenen Zahl x 0 ú durch den Zahlenwert 1 bzw. &1 ersetzt. Der Zahl 0, die sonst kein Vorzeichen hat,
ordnet sie den Zahlenwert 0 zu.
Die folgenden diese zwei Funktionen betreffenden Formeln sind zuweilen sehr nützlich.
(5.7.3) Formeln: Für jedes x 0 ú ist
-621) *x* ' x sgn(x);
2) x ' *x* sgn(x).
Beweis: 1) Für jedes x 0 ú gilt:
x sgn(x) '
x · 1; x > 0,
0 · 0; x ' 0, '
x · (&1); x < 0
x; x > 0,
0; x ' 0, '
&x; x < 0
x; x $ 0,
' *x*.
&x; x < 0
2) Analog 1) mit der Fallunterscheidung x > 0, x ' 0 und x < 0.
m
(5.7.4) Entirefunktion. y ' [x]; x 0 ú, wobei
[x] :' max {k 0
* k # x}.
Mit max A, wobei A d ú, ist die größte aller Zahlen x 0 A gemeint. Verwandt damit ist min A, das Symbol
für die kleinste aller Zahlen aus A.
Für jedes x 0 ú ist [x] somit die größte ganze Zahl, die kleiner oder gleich x ist. Die Wertemenge der
Funktion y ' [x] ist die Menge der ganzen Zahlen. Für jede Zahl K 0 ist [x] auf dem Intervall [K,
K%1, konstant gleich K. Daraus folgt: ist x 0 , gilt [x] ' x, ist dagegen x ó und hat x die Dezimalbruchentwicklung x ' ± Ν, α1 α2 . . ., wobei Ν 0 ù0 und α1, α2 . . . 0 {0, 1, . . ., 9}, so ist [x] ' Ν im Fall x
> 0 und [x] ' &Ν&1, wenn x < 0. Für ein positives nicht ganzzahliges x ist [x] also der vor dem Dezimalkomma stehende ganzzahlige Anteil von x.
Beispiele: x ' 3 Y [x] ' 3 ' x; x ' 3, 21 Y [x] ' 3; x ' &3, 21 Y [x] ' &3&1 ' &4.
Die Funktion y ' [x] wird manchmal auch als Gaußklammerfunktion bezeichnet.
Die folgende mit der Betragsfunktion zusammenhängende Aufgabe stellt sich oft:
(5.7.5) Aufgabe: Zu einer vorgegebenen Funktion f : A (d ú) 6 ú wird die durch
*f*(x) :' *f(x)* œ x 0 A
definierte Funktion *f* : A 6 ú betrachtet. Wie entsteht G(*f*), der Graph von *f*, aus G(f), dem Graphen
von f ?
Lösung: G(*f*) besteht aus den Punkten (x, *f(x)*), G(f) aus den Punkten (x, f(x)), wobei x 0 A. Da
(x, *f(x)*) ' (x, f(x)), wenn f(x) $ 0, (x, *f(x)*) ' (x, &f(x)), wenn f(x) < 0,
und weil der Punkt (x, &f(x)) zu dem Punkt (x, f(x)) spiegelbildlich bezüglich der x - Achse ist, erhält man
G(*f*) einfach dadurch aus G(f), dass man die unter der x - Achse liegenden Teilstücke von G(f) an dieser
spiegelt, die übrigen, also die über und auf der x - Achse sich befindlichen Teilstücke von G(f) aber unverändert lässt.
m
-63Y
(5.8) Trigonometrische
Yfr..
Funktionen.
Die trigonometrischen Funktionen Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens sind ursprünglich Funktionen,
die jedem Winkel zwischen 0° und 90° eine reelle Zahl zuordnen. Erst wenn man Winkel außerhalb des
Bereichs von 0° bis 90° zulässt und diese im Bogenmaß ausdrückt, werden sie zu Funktionen des Typs
f:
A (c R)
-+
.IR.
Zuerst ein paar Bemerkungen über Winkel.
Winkel
Man unterscheidet Winkel ohne Richtung von solchen mit einer Richtung. Diese nennt man auch gerichtete, jene auch ungerichtete Winkel. Der Winkel zwischen zwei in einem Punkt sich schneidenden Geraden sowie jeder Innen- und jeder Außenwinkel eines Dreiecks ist ein Beispiel für einen ungerichteten
Winkel. Stellt man ihn im Gradmaß dar, liegt ein ungerichteter Winkel immer zwischen 0° und 360°.
Der Winkel a einer Drehung um einen festen Punkt 0 in der Ebene ist das Beispiel für einen gerichteten
Winkel. Die Richtung des Winkels a wird dabei durch ein Vorzeichen ausgedrückt: erfolgt die Drehung
mathematisch positiv, d. h. entgegen dem Uhrzeigersinn, bekommt a das Vorzeichen +, wird dagegen
mathematisch negativ gedreht, d. h. im Uhrzeigersinn, gibt man a das Vorzeichen - . Weil eine Drehung
auch mehrere volle Umdrehungen umjeweils
+360° oder jeweils -360° enthalten kann, ist für die Größe
eines Drehwinkels a jedes beliebige reelle Vielfache der Maßeinheit 1° möglich, kann also a
einer beliebigen Zahl
&. E
=
&.
° mit
R sein.
o~(2) a
a, a': Innen- und Außenwinkel
(ungerichtet)
>
R
a: Winkel einer Drehung um
(gerichtet)
(1)
0
Die Ergebnisse der Drehung um den Punkt 0 mit dem Drehwinkel a (s. Bild rechts), dass sie nämlich die
Halbachse (1) in die Halbachse (2) und den Punkt R in den Punkt R' überführt, werden offensichtlich
auch von jeder anderen Drehung um 0 mit einem Drehwinkel der Form a'
erreicht.
Ungerichtete Winkel lassen sich als gerichtete Winkel a mit 0°
s a s 360°
=
a + k· 360°, wobei k
E
Z,
auffassen. Aus diesem Grund
können wir uns für das Folgende auf gerichtete Winkel beschränken. Das Attribut "gerichtet" lassen wir
dabei meistens weg und sprechen dann einfach nur von Winkeln.
In der Mathematik werden Winkel bevorzugt im Bogenmaß angegeben. Die Definition des Bogenmaßes
eines Winkels erfolgt mit Hilfe des sog. Einheitskreises, d. h. des Kreises mit Radius]
und Mittelpunkt
in einem festen Punkt 0 der Ebene, den man dann später, wenn man die trigonometrischen
Funktionen
-64definiert, zum Ursprung eines kartesischen Koordinatensystems
(5.8.1) Definition:
macht.
Das Bogenmaß x eines (gerichteten) Winkels
bogens, den die Achse (1) bei einer Drehung um
zuzüglich des Vorzeichens von
ist definiert als die Länge des Kreis-
(X
0 um den Winkel
(X
auf dem Einheitskreis überstreicht,
(x.
(1)
(1)
Die Länge lxi des von der Achse (1) überstrichenen Kreisbogens verhält sich offensichtlich zum Umfang
2n' 1
=
2n des Einheitskreises wie
I
zum Vollwinke1360°. Weilx und
(XI
folgt daraus
(5.8.2) Umrechnungsformeln:
x
=
dasselbe Vorzeichen haben,
x _ (X
2 n - 360°'
und daraus, wenn man nach x bzw.
1)
(X
3:002n
auflöst:
(X
Sei x das Bogenmaß eines Winkels
1:00 n).
(=
2)
(X
Dann gilt:
(X.
2xn 360° (= ~ 180°).
=
Bei der Herleitung der Beziehung (*) wurde benutzt, dass der Umfang eines Kreises mit dem Radius r
gleich 2nr ist. Mit der ersten der zwei Formeln erhält man sofort die folgende Tabelle mit den Bogenmaßen wichtiger Winkel.
(X
0 n/6
0°
30°
120°
45°
60°
135°
2n/3
n/2
n/3
n/4
5n/6
3n/4
180°
150°
n2,36
'"90°
2,09
'"
"'1,57
0,79
2,62
3,14
1,05
Das Bogenmaß eines Winkels hat keine Einheit, ist also einfach nur eine reelle Zahl. Jede reelle Zahl
kann als das Bogenmaß eines Winkels aufgefasst werden, nämlich des Winkels
mit dem Bogenmaß x = 1 ist demnach
Beispiele:
(X
(X
= ~n 180° . Der Winkel
= 1-180°
'" 57,3°.
n
1. Sei x = 16,5. Mit dem Taschenrechner erhält man:
x - 16,5 - 2 62
2n -
21t - , ... -- 2 +, 0 62 ...
(X
=
{n 360°
=>
= (2 + 0,62 ... ). 360° = 2· 360° + 0,62 ... ' 360° .
Eine Drehung der Achse (1) aus Definition (5.8.1) um den Winkel
(X
besteht aus zwei vollen Umdre-
hungen in mathematisch positiver Richtung und einer anschließenden Drehung um den Winkel
(x' =+0,62 ... ,360° '" +225,4°.
2. Seix=-7,2.Dann:
(X
2xn =
-i;
= -1,14 ...
= -(1+0,14
= 2xn360° = -(1 + 0,14''')'360°
Eine Drehung der Achse (1) aus (5.8.1) um den Winkel
... )
=>
= -360° - 0,14 ... ·360°.
(X
ist eine volle Umdrehung in mathematisch ne-
-
-
------- ---..
-65gativer Richtung, gefolgt von einer Drehung um den Winkel
a' =-0,14
... ·360°'"
-52,5°,
d. h. um a'l '" 52,5° in mathematisch negativer Richtung.
I
Trigonometrische Funktionen
Die üblichen Funktionssymbole
für die vier trigonometrischen Funktionen sind sin, cos, tan und cot. Zu-
erst wurden sie nur als Funktionen eines Winkels a mit 0° < a < 90° definiert, und zwar als Verhältnisse
der Längen von jeweils zwei Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks.
Sei a ein Winkel mit 0° < a < 90°. Mit Hilfe eines rechtwinkligen Dreiecks, das aals
(5.8.3) Definition:
einen seiner spitzen Innenwinkel hat, ist definiert:
sina :=
!:!...
c
a
tana
c
:=
b
Länge Gegenkathete .
Länge Hypotenuse '
cos a : =
.Q
Länge Gegenkathete .
Länge Ankathete '
cot a
.Q
:=
L. Ankathete .
L. Hypotenuse'
c
L. Ankathete
L. Gegenkathete
a
Aus diesen Definitionen folgt, dass
tana
für jeden Winkel
(X
=
!:!...
b
=
sina
alc
blc
cosa
cosa
sma
blc
alc
b
cota
und
a
mit 0° < a < 90°.
(2)
".-
L....
sina
____________
.nn'. '~.'
a
=
sina, b
=
a\
~ ':R
cos a
-1
cosa
(1)
Nimmt man für das rechtwinklige Dreieck in (5.8.3) eines mit der Hypotenusenlänge
. a = -a = a un d
Sln
I
cos a = -b = b
I
c =1, bekommt man
'
so dass dann sin a und cos a einfach die Längen der Gegen- und der Ankathete des Winkels a sind.
Bringt man dieses Dreieck in die im obigen rechten Bild skizzierte Lage bezüglich eines kartesischen (1),
(2) - Koordinatensystems,
so bekommen sin a und cos a noch eine zusätzliche Bedeutung, nämlich die der
zweiten und ersten Koordinate des eingezeichneten Punktes
- Koordinatensystems
Rfi.'
welcher auf dem Einheitskreis des (1), (2)
liegt und aus dem auf der (1) - Achse liegenden Punkt
hung der (1) - Achse um den Koordinatenursprung
0
=
Ra
= (1,0) durch eine Dre-
(0,0) mit aals Drehwinkel hervorgeht. Diese Be-
deutung von sin a und cos a kann nun auch auf Winkel außerhalb des Bereichs von 0° bis 90° übertragen
werden, wodurch dann sin a und cos a für beliebige (gerichtete) Winkel a definiert sind. Da jede Zahl x
E JR
als das Bogenmaß eines Winkels betrachtet werden kann, lassen sich damit auch sinx und cosx für
jedes
xE
JR
definieren. Weil man in der Mathematik vorrangig an sin und cos als Funktionen von
XE
JR
interessiert ist, wird in der folgenden Definition x in den Vordergrund gerückt.
(5.8.4) Definition:
Rx
Seix
E
JRbeliebig, sei aderWinkel
mit dem Bogenmaß x (also: a = ~1t 180°) und sei
der Punkt auf dem Einheitskreis eines kartesischen (1), (2) - Koordinatensystems
Punkt
Ra
= (1,0) bei der Drehung der (1) - Achse um den Koordinatenursprung
der Ebene, in den der
0 = (0,0), die aals Dreh-
-66winkel hat, übergeführt wird. Dann ist definiert:
cos x : = erste Koordinate von
tanx := smx, sofern cos x
cosx
Rx;
sinx := zweite Koordinate von
cotx : = c?sx, sofern sinx
Rx;
t=
t=
smx
O'
'
O.
Ferner definiert man für einen im GradmaB gegebenen Winkel ce
cosa:=
sina:=
cosx,
sinx,
tana:=
tanx
und
cota:=
cotx,
wobei x das Bogenmaß von a bedeutet. (tan a und cot a dabei unter der Voraussetzung,
bzw. sin a
t=
dass cos a
t=
0
0).
(2)
(2)
(2)
R
(1)
-1
o <x < n/2
-n < x< -n/2
n/2 <x < n
Die Funktionen sin und cos
Die Graphen der auf ganz JRdefinierten Funktionen sin und cos in einem x, y - Koordinatensystem
kann
man leicht aus der Definition (5.8.4) dieser Funktionen am Einheitskreis herleiten. Für die sin - Funktion
zeigt die folgende Skizze, wie das gemacht wird. Dabei beachte man, dass I x I im (1), (2) - System die Bedeutung einer Kreisbogenlänge,
der x - Achse hat.
im x, y - System dagegen die des Abstands der Zahl x von der Zahl 0 auf
y
(2)
__
SR~::::·.:::·.:·.·.:·.::·.·.::·.::·.::·.:::·.::·.·.:::::::::::~;~.~
(1)
x
-n/2
.t'
Definitions- und Wertemenge einer Funktionfwerden
3n/2
im Folgenden mit Dj und Wj bezeichnet.
(5.8.5) Satz (Eigenschaften von sin und cos):
1) Definitionsmengen:
sin und cos sind auf ganz JRdefiniert, also:
Dsin=
2)
Periodizität:
sin und cos sind mit der Periode 2n periodische Funktionen, d. h.:
sin (x
3)
Deos = JR.
+ 2n)
Symmetrieeigenschaften:
= sinx \f XE JR und cos (x
+ 2n)
= cosx \f XE JR.
sin ist eine ungerade, cos eine gerade Funktion, also:
sin (-x) = - sinx \f xE JR und cos (-x) = cosx \f XE JR.
4)
Nullstellen:
sinx = 0
cosx = 0
<=>
<=>
x = kn mit einem k
x = (2k+l) ~ mit einemkE
E
Z
Z
<=>
x
<=>
_
x -
=
0, ±n, ±2n, ... ;
n
3n
Sn
±2' ±T' ±T" ...
-675) Wertemengen:
Wsin ' Wcos ' [&1, 1], so dass gilt:
&1 # sin x # 1 œ x 0 ú und &1 # cos x # 1 œ x 0 ú, was gleichbedeutend ist mit:
*sin x* # 1 œ x 0 ú und *cos x* # 1 œ x 0 ú.
6) Wichtige Funktionswerte: Für alle k 0 gilt:
sin (kπ) ' 0, sin (2k%1) π ' (&1)k , cos (kπ) ' (&1)k und cos (2k%1) π ' 0 .
2
2
sin2 x % cos2 x ' 1 œ x 0 ú.
7) Zusammenhang zwischen sin und cos:
8) Wertetabelle:
x
0
π/6
π/4
π/3
π/2
sin x
0
1/2
2/2
3/2
1
cos x
1
3/2
2/2
1/2
0
2/2 ' 1/ 2 . 0, 71
3/2 . 0, 87
Bemerkungen:
1. In der Satzaussage 7) werden die folgenden allgemein üblichen Schreibweisen verwendet:
sin2 x :' (sin x)2, sin3 x :' (sin x)3, . . ., usw.; genauso für cos, tan und cot.
2. Aus der Periodizität der sin - Funktion folgt:
sin x ' sin (x% 2π) ' sin ((x% 2π) % 2π) ' sin (x% 4π) ' sin ((x% 4π) % 2π) ' sin (x% 6π) ' . . ., und:
sin x ' sin ((x& 2π) % 2π) ' sin (x & 2π) ' sin ((x& 4π) % 2π) ' sin (x& 4π) ' . . ., so dass
sin (x% 2kπ) ' sin x œ x 0 ú, œ k 0 .
Die gleiche Aussage kann man auf diese Weise für die cos - Funktion herleiten. Also:
(5.8.5N) Folgerung: Sei k 0 . Dann ist
sin (x% 2kπ) ' sin x œ x 0 ú und cos (x% 2kπ) ' cos x œ x 0 ú.
Die folgenden Formeln muss man unbedingt auswendig lernen, so wichtig sind sie.
(5.8.6) Satz (Additionstheoreme): Seien x1, x2 0 ú. Dann gilt:
1) sin (x1 % x2) ' sin x1 · cos x2 % cos x1 · sin x2
(Additionstheorem für sin);
2) cos (x1 % x2) ' cos x1 · cos x2 & sin x1 · sin x2
(Additionstheorem für cos).
Mit Hilfe der Symmetrieeigenschaften der zwei Funktionen folgen daraus sofort auch Formeln für den
Sinus und Cosinus einer Differenz:
(5.8.6N) Folgerung: Seien x1, x2 0 ú. Dann gilt:
1) sin (x1 & x2) ' sin x1 · cos x2 & cos x1 · sin x2;
2) cos (x1 & x2) ' cos x1 · cos x2 % sin x1 · sin x2.
-68Die Funktionen tan und cot
Aus der Definition (5.8.4) der tan - und der cot - Funktion folgt sehr schnell:
(5.8.7) Satz (Eigenschaften von tan und cot):
1) Definitionsmengen:
Dtan ' {x 0 ú * cos x … 0} ' ú\{(2k%1) π * k 0 } ' ú\{ ± π , ± 3π , ± 5π , . . .},
2
2
2
2
Dcot ' {x 0 ú * sin x … 0} ' ú\{kπ * k 0 } ' ú\{0, ±π, ±2π, . . .}.
2) Periodizität: tan und cot sind mit der Periode π periodische Funktionen, d. h.:
tan (x % π) ' tan x œ x 0 Dtan und cot (x % π) ' cot x œ x 0 Dcot.
3) Symmetrieeigenschaften: tan und cot sind ungerade Funktionen, also:
tan (&x) ' & tan x œ x 0 Dtan und cot (&x) ' & cot x œ x 0 Dcot.
tan x ' 0 ] sin x ' 0 ] x ' 0, ±π, ±2π, . . .;
cot x ' 0 ] cos x ' 0 ] x ' ± π , ± 3π , ± 5π , . . . .
4) Nullstellen:
2
2
2
Wtan ' Wcot ' ú.
5) Wertemengen:
tan x · cot x ' 1 œ x 0 Dtan 1 Dcot .
6) Zusammenhang zwischen tan und cot:
7) Wertetabelle:
x
0
π/6
π/4
π/3
π/2
tan x
0
1/ 3
1
3
/
cot x
/
3
1
1/ 3
0
/ : nicht definiert
1/ 3 . 0, 58
3 . 1, 73
(5.8.8) Wichtige Formeln für sin, cos und tan:
1) sin (2 x) ' 2 sin x cos x œ x 0 ú.
2) cos (2 x) ' cos2 x & sin2 x ' 1 & 2 sin2 x ' 2 cos2 x & 1 œ x 0 ú.
3) tan (2 x) ' 2 tan x2 œ x 0 Dtan \ {(2k%1) π * k 0 }.
4
1 & tan x
2
1
4) sin2 x ' tan x2 œ x 0 Dtan und cos2 x '
œ x 0 Dtan .
1 % tan x
1 % tan2 x
Die Formeln 1) bis 3) folgen direkt aus den Additionstheoremen für sin und cos, die Formeln 4) aus der
Darstellung des Tangens durch Sinus und Cosinus.
-69(5.9) Arcusfunktionen.
Die Arcusfunktionen sind so eine Art - aber nur so eine Art - von Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen. Praktische Bedeutung haben nur die den Funktionen sin, cos und tan zugeordneten
Arcusfunktionen. Man nennt sie den Arcussinus, Arcuscosinus und Arcustangens und bezeichnet sie mit
den Funktionssymbolen arcsin, arccos und arctan. Sehen wir uns als Erstes die arcsin - Funktion an.
Die Funktion sin : ú 6 ú hat die Wertemenge W ' [&1, 1]. Ganz offensichtlich ist sie nicht injektiv und
damit auch nicht umkehrbar, gibt es doch zu jedem y 0 W sogar unendlich viele x 0 ú mit sin x ' y. Dagegen gibt es zu jedem y 0 W in jedem Intervall Ik der Form [(2k&1) π , (2k%1) π ], k 0 , nur ein x 0 Ik mit
2
2
sin x ' y. Das heißt aber nichts anderes, als dass die Einschränkung der Funktion sin auf das Intervall Ik
injektiv ist und deshalb eine eindeutig bestimmte Umkehrfunktion hat. Die natürlichste Wahl so eines
Intervalls ist wohl die des Intervalls mit k ' 0, d. h. von I0 ' [ & π , π ]. Weil die Definitionsmenge als
2 2
Bestandteil einer Funktion angesehen wird, ist die Einschränkung des Sinus auf I0 streng genommen eine
von sin verschiedene Funktion und sollte daher auch mit einem anderen Funktionssymbol bezeichnet
werden. Wir bezeichnen sie mit sin0. Sie hat wie sin die Wertemenge [&1, 1] und stimmt mit sin in der
Zuordnungsvorschrift überein. Der Unterschied liegt nur in den Definitionsmengen: sin ist auf ganz ú
definiert, sin0 nur auf [ & π , π ]. Der Arcussinus ist nun einfach die Umkehrfunktion von sin0. Also:
2 2
(5.9.1) Definition: Die Arcussinus genannte Funktion arcsin : [&1, 1] 6 ú ist definiert als die Umkehrfunktion der durch
sin0(x) :' sin x œ x 0 [ & π , π ]
2 2
definierten (injektiven) Funktion sin0 : [ & π , π ] 6 ú, der sog. Einschränkung des Sinus auf das Intervall
2 2
[ & π , π ].
2 2
Schreibt man den Sinus als Funktion von x, so ist der Arcussinus zunächst eine Funktion von y. Für den
Funktionswert an einer Stelle y 0 [&1, 1] schreibt man meistens arcsin y anstelle von arcsin (y), obwohl
natürlich auch diese Schreibweise zulässig ist. Der Zusammenhang zwischen sin und arcsin ist dann
durch die Beziehungen
arcsin (sin x) ' x œ x 0 [ & π , π ] und sin (arcsin y) ' y œ y 0 [&1, 1]
2 2
gegeben. Weiter gilt dann für jedes y 0 [&1, 1]:
arcsin y ' x, wobei sin x ' y und x 0 [ & π , π ],
2 2
π
π
d.. h., arcsin y ist die im Intervall [ & , ] liegende Lösung x der Gleichung sin x ' y, wobei y als vor2 2
gegeben anzusehen ist. Die Wertemenge von arcsin ist gleich der Definitionsmenge von sin0, also:
Warcsin ' [ & π , π ].
2 2
-70Beispiele: 1. arcsin (&2,5) ist nicht definiert, weil &2,5 ó [&1, 1].
2. arcsin 1 ' ? Lösung: sin x ' 1 v x 0 [ & π , π ] Y x ' π Y arcsin 1 ' x ' π .
2
2
2 2
6
2
6
3. arcsin (&1) ' ? Lösung: sin x ' &1 v x 0 [ & π , π ] Y x ' & π Y arcsin (&1) ' x ' & π .
2 2
2
2
Die Definitionen der Funktionen arccos und arctan laufen analog zu der von arcsin ab: die Funktionen
cos : ú 6 ú und tan : Dtan 6 ú haben die Wertemengen Wcos ' [&1, 1] und Wtan ' ú. Keine dieser Funktionen ist injektiv, so dass keine von ihnen eine Umkehrfunktion hat. Injektiv und deshalb umkehrbar
sind jedoch die Einschränkungen von cos und tan auf die Intervalle [0, π] bzw. + & π , π ,, und jede dieser
2 2
Einschränkungen hat noch dieselbe Wertemenge [&1, 1] bzw. ú wie die entsprechende nicht eingeschränkte Funktion cos bzw. tan. Also hat die folgende Definition einen Sinn.
(5.9.2) Definition: Die Arcuscosinus und Arcustangens genannten Funktionen
arccos : [&1, 1] 6 ú und arctan : ú 6 ú
sind definiert als die Umkehrfunktionen der durch
cos0(x) :' cos x œ x 0 [0, π] und tan0(x) :' tan x œ x 0 + & π , π ,
2 2
definierten Einschränkungen cos0 : [0, π] 6 ú und tan0 : + & π , π , 6 ú des Cosinus und des Tangens auf
2 2
das Intervall [0, π] bzw. + & π , π ,.
2 2
Schreibt man ihn als Funktion von y, folgt aus der Definition des Arcuscosinus:
-
Wertemenge: Warccos ' Dcos ' [0, π] .
-
Berechnung von Funktionswerten:
für jedes y 0 [&1, 1] gilt: arccos y ' x, wobei cos x ' y und x 0 [0, π], d. h., arccos y ist die im Intervall [0, π] liegende Lösung x der Gleichung cos x ' y.
-
Zusammenhang mit dem Cosinus:
arccos (cos x) ' x œ x 0 [0, π] und cos (arccos y) ' y œ y 0 [&1, 1].
0
Stellt man ihn als Funktion von y dar, folgt aus der Definition des Arcustangens:
-
Wertemenge: Warctan ' Dtan ' +&π/2, π/2, .
-
Berechnung von Funktionswerten:
für jedes y 0 ú gilt: arctan y ' x, wobei tan x ' y und x 0 +&π/2, π/2,, d. h., arctan y ist die im Intervall +&π/2, π/2, liegende Lösung x der Gleichung tan x ' y.
-
Zusammenhang mit dem Tangens:
arctan (tan x) ' x œ x 0 +&π/2, π/2, und tan (arctan y) ' y œ y 0 ú.
0
-71-
Beispiele: 1. arccos 1 ' π , weil x ' π die einzige in [0, π] liegende Lösung der Gleichung cos x ' 1
2
3
3
2
ist. 2. arctan 1 ' π , weil x ' π die einzige in +&π/2, π/2, liegende Lösung der Gleichung tan x ' 1 ist.
4
4
In den folgenden zwei Sätzen werden die Arcusfunktionen als Funktionen von x geschrieben.
(5.9.3) Satz (Eigenschaften von arcsin und arctan):
1) Die Funktionen arcsin und arctan sind ungerade, also:
arcsin (&x) ' & arcsin x œ x 0 [&1, 1] und arctan (&x) ' & arctan x œ x 0 ú.
2) lim arctan x ' π , lim arctan x ' & π .
2 x 6 &4
2
x64
(5.9.4) Satz (Zusammenhang zwischen arcsin und arccos):
arcsin x % arccos x ' π œ x 0 [&1, 1].
2
Herunterladen