Bericht Biopharmaceuticals 2014

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Bericht
4. Kooperationsforum
Biopharmaceuticals
21. Mai 2014, Benediktbeuern
Biopharmazeutika gewinnen bei der Behandlung von schweren Erkrankungen immer mehr an
Bedeutung und haben sich zu einem essenziellen Bestandteil neuer Therapien entwickelt.
Schon heute liegt ihr Anteil an den neu zugelassenen Wirkstoffen bei über 25%.
Vor 250 Teilnehmern aus Industrie und Wissenschaft präsentierten hochkarätige Referenten
im Zentrum für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern am 21. Mai 2014
Zukunftsperspektiven bei der Entwicklung neuer Biopharmazeutika, beleuchteten den Medical
Need, stellten neue Ansätze in der frühen und späten Phase der Entwicklung vor und
diskutierten über Innovationen und Herausforderung bei der Herstellung und Zulassung von
Biopharmazeutika.
Im Rahmen einer Besichtigung der Biologics-Produktion am Roche Standort Penzberg
konnten sich die Teilnehmer am Vortag bei zwei Breakout Sessions zu den Themen
Entwicklung biotechnologischer Produktionsverfahren und über Risikomanagement
informieren.
Der Bericht ist in folgende Abschnitte gegliedert:

Entwicklung von Biopharmazeutika für die Zukunft

Medical Need

Neue Ansätze bei der Therapieentwicklung

Early Stage Entwicklungen – Spotlights

Manufacturing und Regulatory Support
Entwicklungen von Biopharmazeutika für die Zukunft
Ein Schwerpunkt bei der Entwicklung von Biopharmazeutika ist die Verbesserung und
Optimierung von therapeutischen Antiköpern. Dabei ist eine Strategie, mehrere Funktionen in
einem Antikörper zu vereinen. So besitzt beispielsweise ein Antikörper mit zwei
unterschiedlichen Spezifitäten deutliche Vorteile gegenüber zwei einzelnen Antikörpern mit
jeweils einer Spezifität. Es können so verschiedene Zelltypen aneinander gekoppelt oder
verschiedene Wirkmechanismen in einem Antikörper kombiniert werden, z.B. die Bindung an
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eine Tumorzelle mit einer zytotoxischen Wirkung.
CrossMab-Technologie für bispezifische Antikörper
Dr. Ralf Schumacher, Head of Large Molecule Research bei Roche, betonte in seinem
Eröffnungsvortrag, dass hier insbesondere die Herstellung der Wirkstoffe eine
Herausforderung darstellt. Roche setzt hier die sogenannte „CrossMab-Technologie“ ein, um
bispezifische Antikörper zu produzieren.
Natürliche Antikörper sind aus jeweils zwei identischen schweren und zwei identischen
leichten Ketten zusammengesetzt. Dabei weisen beide Antigenbindungsstellen die gleiche
Spezifität auf. Bei der Herstellung bispezifischer Antikörper ist es allerdings das Ziel, jeweils
verschiedene Ketten zu kombinieren, um unterschiedliche Spezifitäten in einem Antikörper zu
vereinen. Um zu verhindern, dass sich gleiche Ketten paaren und sich sogenannte HomoDimere mit identischen Spezifitäten bilden, kommt die „Knobs-into-hole“-Technologie mit
einem speziell designten Fc-Teil zum Einsatz. Damit wird erreicht, dass im Gegensatz zur
zufälligen Paarung von Antikörperketten, bei der die Antikörper nur etwa zu 12 % in der
gewünschten Form produziert werden, eine Paarung unterschiedlicher Ketten erzwungen wird
und so fast ausschließlich die gewünschten Hetero-Dimere entstehen.
Weitere Möglichkeiten des Engineering, z.B. durch Integration von Bindungsstellen am CTerminus des Fc-Fragments, erweitern die Kombinationsmöglichkeiten zusätzlich.
Anwendungen bei AMD und Alzheimer-Erkrankung
Beispiele für bispezifische Antikörper, die mit dieser Technologie entwickelt wurden, sind z.B.
Wirkstoffe, die durch Bindung an zwei unterschiedliche Targets (VEGF und ANG2) die für
AMD (Altersabhängige Makuladegeneration) verantwortliche Neovaskularisation blockieren.
Auch der Anti-Alzheimer-Antikörper Gantenerumab gegen Beta-Amyloid beruht auf dieser
Technik. Mit einer zusätzlichen Transferrin-Bindungsstelle kann die Überwindung der BlutHirn-Schranke durch Nutzung des sogenannten Transferrin-Rezeptor-Pathways um den
Faktor 50 gesteigert werden.
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Medical Need
Die biopharmazeutische Industrie 2013
Die biopharmazeutische Industrie konnte 2013 ihren Aufwärtstrend fortsetzen – sowohl die
Zahl der Unternehmen und der Beschäftigen als auch der Umsatz konnten im Vergleich zu
2012 gesteigert werden. Gleichzeitig waren knapp ein Drittel aller neuen Wirkstoffzulassungen
in Deutschland und der EU Biopharmazeutika. Und auch die Investitionen in die
Biopharmazeutika Pipeline bewegen sich auf einem unverändert hohen Niveau. Dennoch, so
Dr. Frank Mathias, Vorsitzender vfa bio und Vorstandsvorsitzender Medigene AG, der den
neuen Biotech-Report von vfa bio und Boston Consulting Group vorstellte, sollten die
Rahmenbedingungen für Innovationen verbessert werden. Dies reicht von steuerlicher
Forschungsförderung, wie in zahlreichen anderen OECD-Ländern üblich, über eine
Verbesserung von steuerlichen Rahmenbedingungen für KMU und Wagniskapitalfirmen bis
hin zu einer aufeinander abgestimmten Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik.
Orphan Drugs
Eine spezielle Form von Arzneimitteln stellen die sogenannten Orphan Drugs dar. Seit dem
Jahr 2000 kann der Orphan-Status in der EU beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist,
dass die Erkrankung selten ist, d.h. eine Prävalenz von unter 5 von 10.000 aufweist, die
Erkrankung schwer ist und das Medikament einen Zusatznutzen verspricht. Bislang konnten
101 Orphan Drugs in der EU zugelassen werden, zwei Drittel richten sich gegen seltene
Krebsformen oder Stoffwechselerkrankungen. So konnte beispielsweise bei der Castleman
Krankheit, einer Hypertrophie der Lymphknoten, die zu Krebs führen kann, mit dem Antikörper
Siltuximab bei 25% der Patienten die Symptome vollständig eliminiert werden. Bei
Immunthrombozytopenie (ITP) Patienten hingegen kann mit der Gabe von Romiplostim die
Thrombozytenkonzentration über mehrere Jahre konstant gehalten werden.
Auch wenn Orphan Drugs wegen des kleinen Marktes für die pharmazeutische Industrie
vermeintlich nicht interessant sind, so zeigen diese Beispiele doch, dass inzwischen an
Krankheiten, die nur wenige Patienten betreffen, geforscht wird. Dennoch besteht bei rund
6.000 - 8.000 seltenen Erkrankungen und schätzungsweise 4 Millionen Patienten in
Deutschland, nach wie vor ein hoher Bedarf nach konsequenter Förderung von neuen
Therapien. Der vfa fordert daher eine konsequente Umsetzung des Nationalen Aktionsplans
für Menschen mit Seltenen Erkrankungen und eine Anpassung von AMNOG und früher
Nutzenbewertung an die Besonderheiten von Orphan Drugs.
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Sepsis – eine große Herausforderung
In gänzlich anderen Dimensionen hinsichtlich der Patientenzahl bewegt man sich im Bereich
der Sepsis. Rund 170.000 Patienten erkranken pro Jahr allein in Deutschland an einer Sepsis,
davon sterben zwischen 30 und 50%. Damit ist Sepsis nach Herzinfarkt die dritthäufigste
Todesursache in Deutschland. Obwohl ein großer Medical Need besteht, haben
Pharmafirmen offensichtlich nach vielen Rückschlägen in der Forschung kein Interesse mehr
an der Entwicklung eines Wirkstoffs gegen Sepsis, so Prof. Dr. med. Niels Riedemann,
Leitender Oberarzt Intensivtherapie, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin,
Universitätsklinikum Jena und CEO, InflaRx GmbH, Jena. Dabei sind in der Vergangenheit
einige der getesteten Wirkstoffe zwar bei der Behandlung von Sepsis gescheitert, konnten
aber durchaus bei anderen Therapien eingesetzt werden. Im Fall des Targets TNFα hat sich
beispielsweise gezeigt, dass Ratten bei einer Sepsis im Gegensatz zum Menschen einen sehr
hohen Level an TNFα aufweisen. Weitere Fehlermöglichkeiten können bei der Gabe
unwirksamer Medikamente, inhomogenen Patientengruppen, falsch konzipierten Studien,
einer falschen Definition von Sepsis – gerade in der Abgrenzung zum Systemischen
Inflammatorischen Response Syndrome (SIRS) – oder auch einfach einem schlechten Timing
liegen. Gerade das Timinig ist laut Prof. Riedemann bei der Behandlung von Sepsis
entscheidend – am erfolgsversprechensten ist eine antiinflammatorische Behandlung am
ersten Tag; tatsächlich starten die meisten Behandlungen jedoch später.
Ein gutes Beispiel dafür, dass mittlerweile Forschung an Sepsismedikamenten außerhalb der
„Big Pharma“ durchgeführt wird, ist das Jenaer Unternehmen InflaRx. InflaRx geht einen
neuen Weg mit seinem Wirkstoff IFX-1, der gegenwärtig in Phase 2 der klinischen Prüfung ist.
Dieser monoklonale Antikörper soll im Rahmen einer frühen Intervention über eine präventive
Gabe, z.B. direkt nach einer Operation, einen sepsisbedingten Organschaden verhindern.
IFX-1 bindet spezifisch an das Fragment C5a, das durch Spaltung des Komplements C5
entsteht und blockiert damit diesen Amplifikator vieler Entzündungsprozesse. Gleichzeitig
inhibiert IFX-1 aber nicht das andere C5-Spaltprodukt C5b, eine Komponente des
sogenannten Membran Attack Komplexes MAC, der eine wichtige Rolle bei der bakteriellen
Lyse spielt.
Für seine Arbeit bekam InflaRx im Mai 2014 den Gründerpreis 2014 durch Bildungsministerin
Prof. Johanna Wanka verliehen.
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Neue Ansätze bei der Therapieentwicklung
Zytolytische Fusionsproteine
Um die Wirksamkeit von Antikörper-Therapeutika zu verbessern, können diese mit
zytotoxischen Substanzen gekoppelt werden. Zur Zeit werden etwa 70 Entwicklungsprojekte
auf dem Gebiet der Antikörper-Drug-Konjugate (ADCs) weltweit durchgeführt. Ein Beispiel für
ein bereits zugelassenes Präparat ist Kadcyla von Roche, das auf Herceptin basiert und beim
metastasierenden Mammakarzinom eine stärkere Wirksamkeit im Vergleich zu bisherigen
Therapien zeigt. Allerdings zeigen ADCs häufig nicht die gewünschte Wirkung in der
klinischen Prüfung. Eine Ursache ist vermutlich die Auswahl der zytotoxischen Komponenten
in ADCs, die nur proliferierende Zellen adressieren.
Einen neuen Ansatz stellen zytolytische Fusionsproteine dar, die Dr. Klaus Bosslet, Head
Discovery Oncology, Roche vorstellte. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie in der Lage sind, neben
proliferierenden Zellen auch ruhende Tumorzellen abzutöten. Es wird dabei ein Proteintoxin
als Effektor an einen Antikörper gekoppelt, der die target-spezifische Komponente darstellt.
Die Herstellung erfolgt als Fusionsprotein über rekombinante Synthese. Im Vergleich zum
klassischen ADC-Konzept wird die Proteinsynthese über das Immunotoxin blockiert – eine
weitaus umfassendere Wirkung auf die Tumorzelle im Vergleich zur zytotoxischen Wirkung,
die vor allem auf Inhibierung des Zellteilungsapparates zielt. Allerdings besitzen
Immunotoxine, die auf zytotoxischen Proteinen wie beispielsweise dem Pseudomonas
Exotoxin basieren, den Nachteil, dass ihr Einsatz aufgrund ihres Immunogenitätsprofil in der
Klinik nur eingeschränkt realisierbar ist. Mit der Substanz RG7787 ist es Roche in
Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Ira Pastan vom NIH gelungen, ein Fusionsprotein
zu entwickeln, das durch verschiedene Veränderungen, wie z.B. Entfernung einer Domäne
des Toxins und Hinzufügen eines optimierten Linkers, günstigere immunologische
Eigenschaften und eine wesentlich bessere Tolerabilität bei hoher Zytotoxizität aufweist.
Gerade auch durch ein ergänzendes Wirkspektrum zu klassischen zytotoxischen Substanzen
können synergistische Effekte erzielt werden, wie sie im Tiermodell in Kombination mit Taxol
gezeigt werden konnten.
Biopharmazeutika-Strategie bei Bayer
Bayer traf 2008 die Entscheidung, den Sektor Biopharmazeutika aufzubauen. Mit der
Akquisition der Kölner Direvo erhielt Bayer Zugang zu einer Plattform für humane Antikörper.
Weitere Stationen waren der Aufbau einer „Global Biologics“-Organisation, der Bau einer
Zellkultur-Pilotanlage sowie die Etablierung symmetrischer Organisations-Strukturen an den
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Bayer-Standorten Berkley und Wuppertal. Aktuelle Projekte umfassen u.a. bi- und
multispezifische Antikörper in Kooperation mit AMGEN (ex-Micromet) sowie Anti-MesothelinADC, das in Kooperation mit Morphosys und ImmunoGen entwickelt wird. Weiterhin wird am
Standort Wuppertal - zusätzlich zur bereits bestehenden Produktionsanlage in Berkley - ein
neues Werk zur Produktion von rekombinantem Faktor VIII errichtet, wie Dr. Alexander
Jockwer, Head of Upstream Development bei Bayern Healthcare berichtete. Das
Investitionsvolumen liegt hier bei 340 Mio. Euro.
Einen großen Vorteile sieht Bayer in der Zukunft in der breiten Aufstellung mit den drei Säulen
„Human Health“, „Animal Health“ und „Plant Health“. Hier erwartet man Synergien in der
Nutzung gemeinsamer, übergreifender Technologieplattformen. Dabei wurden 11 Felder
identifiziert, die u.a. Protein Engineering, Screening-Technologien und Omics-Plattformen
umfassen. Als großes Zukunftsfeld wird der Einsatz von Digitalisierungs-Technologien mit der
Realisierung entsprechender integrierter Lösungen gewertet. Die Nutzung von Patientendaten
im Bereich Gesundheit ist noch lange nicht so weit fortgeschritten wie sie im privaten Bereich
in sozialen Netzwerken bereits gängig ist. Die Digitalisierung wird hier ein wichtiger Treiber
sein, um Informationen zu erhalten, die dem besseren Verständnis von Erkrankungen und
insbesondere die Entwicklungen von zielgerichteter Therapien im Rahmen einer „Precision
Medicine“ dienen.
Erfolge von Spiegelmeren in der klinischen Testung
Das Berliner Biotech-Unternehmen Noxxon berichtete kürzlich über erste Erfolge in der
klinischen Prüfung von Spiegelmeren. Darunter versteht man spiegelbildliche
Oligonukleotidstrukturen, die vergleichbar mit Proteinen dreidimensionale Strukturen
annehmen und somit an krankheitsrelevanteTargets binden können. Im Gegensatz zu
natürlich vorkommenden, konventionellen RNA-Oligonukleotiden (D-RNA) sind sie als
spiegelbildliche L-RNA biologisch stabil. Sie werden im Körper nicht von Enzymen (RNAsen)
abgebaut.
Dr. Axel Vater, Vice President Drug Discovery bei Noxxon, stellte ein Spiegelmer als C5aInhibitor für den Einsatz bei Sepsis-Patienten vor sowie ein Molekül, das in der Lage ist die
Mikroumgebung von Tumorzellen so zu verändern, dass diese gegenüber einer Bekämpfung
durch Chemotherapeutika zugänglich sind. Gerade bei hämatologischen Tumoren werden
durch eine entsprechende Spiegelmer-Therapie Tumorstammzellen im Knochenmark
mobilisiert und sind damit empfänglich für entsprechende zytotoxische Wirkstoffe.
Bei den Indikationen Diabetische Nephropatie, Chronische Lymphatische Leukämie, Mutiples
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Myelom und Anämie befindet sich Noxxon bereits in der Klinischen Phase 2.
Early Stage Entwicklungen – Spotlights
Early Stage und Discovery Deals
Morphosys hat sich seit seiner Gründung 1992 zu einem der erfolgreichsten deutschen
Biotechunternehmen entwickelt. Seine Pipeline ist mit 20 klinischen, 24 präklinischen und 39
Discovery Programmen gut gefüllt. Diese Vielzahl an Projekten ist allerdings nur mit
Kooperationspartnern zu stemmen. Die Verträge mit Partnern sind dabei technologie-,
produkt- oder technologie- und targetgetrieben, wie Dr. Arndt Schottelius, Chief Development
Officer bei Morphosys erläuterte. Bei den Early-Stage verpartnerten Discovery Allianzen
liefern die Pharmapartner das Target. Morphosys entwickelt mit Hilfe seiner HuCAL Antikörper
Technologie mögliche Wirkstoffkandidaten und erhält dafür eine Finanzierung seiner
Forschung & Entwicklung, Meilenstein- bzw. Lizenzzahlungen oder Royalties. Eine besonders
wichtige Rolle spielt für Morphosys die Allianz mit Novartis. Diese wurde 2004 gestartet und
läuft noch bis mindestens 2017. Im Rahmen dieser Vereinbarung erhält Novartis Zugang zur
HuCAL Technologie in über 100 Forschungsprogrammen. Dafür erhält Morphosys
Lizenzzahlungen von ca. 20 Mio. Euro pro Jahr, den gleiche Betrag für die Finanzierung der
Forschung, über 250 Mio Eur an Meilensteinzahlungen und Royalties für alle aus dem
Programm resultierende Medikamente. Weitere Partnerschaften gibt es z.B. mit Astellas,
Bayer (ein Antibody-Drug-Conjugate befindet sich in der klinischen Erprobung), Daiichi
Sankyo, Heptares, Janssen, Roche – um nur einige zu nennen. Als Erfolgsfaktoren für eine
erfolgreiche Early Stage Forschungsallianz sieht Dr. Schottelius eine robuste TechnologiePlattform, ein aktives Allianz Mangement, gemeinsame Programm Teams, genau definierte
Ziele, eine eindeutige Exklusivität des Targets und eine sehr gute Erfolgsbilanz. Neben
Partner Programmen verfolgt Morphosys auch sogenannte MOR Programme. Dabei wählt
Morphosys das Target selber (oder lizensiert es ein), ist für die präklinische Forschung und
klinische Entwicklung verantwortlich und verfolgt unterschiedliche Partnering Strategien.
Besonders ist hier die Lizenzvereinbarung mit GSK im Bereich Rheumatoide Arthritis (RA)
und MS (MOR103), sowie die Co-Development Vereinbarung mit Celgene bei mutiplem
Myelom (MOR202) zu nennen, die zu den produktgetriebenen Vereinbarungen zählen. Um
solche Allianzen zu schließen, benötigt Morphosys eine mit entsprechenden Daten belegte
und überzeugende Story, ein robustes CMC Paket (Chemistry, Manufacturing and Controls)
sowie entsprechende Schutzrechte. Basierend auf Phase 1b/2a Daten bei RA wurde MOR103
komplett an GSK auslizensiert. MOR202 entwickelt Morphosys gemeinsam mit Celgene unter
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einer Kosten/Gewinn – Aufteilung. Für Produkt- und Target getriebenen Deals sind seitens
Morphosys ausreichende Forschungs- und Entwicklungs Ressourcen notwendig, ebenso
genügend finanzielle Mittel und die Bereitschaft die eigenen Interessen und die des Partners
auszubalancieren. Infolge der durch entsprechende Deals komfortablen Finanzsituation ist
Morphosys in der Lage einen eigenen Venture Funds aufzulegen. Ziel ist Fremdunternehmen
mit Venture Kapital auszustatten und damit Zugang zu neuen Technologien zu erhalten. Das
erste Unternehmen, das davon profitiert, ist die holländische LanthioPharma mit ihren
therapeutischen Lantipeptides.
Wie innovativ Forschung an Universitäten und bei kleineren Unternehmen sein kann,
beweisen fünf Beispiele im Rahmen der Early-Stage Session.
Melanom
Frau Prof. Anja Bosserhoff vom Institut für Pathologie der Universität Regensburg berichtete
über einen neuen Ansatz um Metastasen beim Melanom zu adressieren. Das Protein MIA
(Melanoma Inhibitory Activity) induziert beim malignen Melanom, dem schwarzen Hautkrebs,
eine Immunsuppression und fördert die Metastasierung. Es bildet im Primärtumor und
Metastasen ein Dimer und ist nur in dieser Form biologisch aktiv. Der entwickelte peptidische
Wirkstoff AR71 inhibiert die MIA Dimerisierung und dessen Aktivität. Im Melanom Mausmodell
inhibiert AR71 Lebermetastasen und induziert eine Immunantwort gegen Tumorzellen. Es
wäre denkbar, dass AR71 auch zur Prävention von Metastasen bei Melanom eingesetzt
werden könnte. Das Team von Frau Prof. Anja Bosserhoff und Prof. Claus Hellerbrand, Innere
Medizin I, Universitätsklinikum Regensburg war mit diesem Ansatz einer der Preisträger des
Businessplan-Wettbewerbs Nordbayern 2013 und wurde 2014 mit dem 2. Platz des
Innovationspreises der BioRegionen Deutschlands ausgezeichnet.
Zelltherapie
Prof. Alexander Steinkasserer, Leiter der Immunmodulatorischen Abteilung der Hautklinik am
Universitätsklinikum Erlangen stellte die Next Generation Vakzinierung mittels Dendritischer
Zellen (DC) vor. Bisher werden im Rahmen einer DC Zelltherapie mittels Apharese
patienteneigene Monozyten isoliert. Diese werden ex vivo in unreife Dendritische Zellen
überführt, aus denen sich nach Zugabe von entsprechenden Stimuli und Tumor-RNA reife
beladene DCs bilden. Diese werden dem Patienten re-injiziert und führen schließlich zur
Erkennung tumorspezifischer Peptide auf der Oberfläche dieser DCs durch zytotoxische THerausgeber:
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Zellen, die aktiviert werden und den Tumor angreifen. Diese Therapieform ist zeit- und
personalintensiv und mit hohen Kosten verbunden. Das Team um Prof. Steinkasserer
entwickelt eine Verfahren, mit dem sich in vivo, ohne Isolierung von Monozyten, Dendritische
Zellen aktivieren und tumor-assoziierte Antigene sowie immunstimulierende Cytokine unter
Kontrolle des sogenannten CD38 Promotor Komplexes exprimieren lassen.
Das langfristige Ziel ist es, eine neue in vivo Tumor DC-Therapie zu entwickeln, die im
Vergleich zur bisherigen DC Therapie zeit- und personalsparender sowie kostengünstiger
wäre. Hierbei kämen nanopartikuläre oder virale Vektoren zum Einsatz.
Mammakarzinom
Der sogenannte HER2 Rezeptor spielt beim Mammakarzinom eine wichtige Rolle. HER2 ist in
der Zellmembarn verankert und bildet mit anderen Rezeptoren Homo- bzw. Hetero-Dimere.
Diese Dimerisierung führt zu einer Aktivierung von Signaltransduktionskaskaden und damit
zur Zellteilung und zum Überleben der Zellen. Verschiedene Medikamente wie beispielsweise
Herceptin, Perjeta, Kadcyla oder Tyverb werden bei Patientinnen mit HER2/neu positivem
Brustkrebs eingesetzt. Dabei können sich jedoch Resistenzen ausbilden und Nebenwirkungen
auftreten. Dr. Christian Jost aus der Arbeitsgruppe von Prof. Plückthun, am Institut für
Biochemie der Universität Zürich forscht an einem alternativen Wirkstoff, der auf HER2abhängige Zellen zytotoxisch wirkt, in dem er an den extrazellulären Teil des HER2 Rezeptors
bindet. Dabei handelt es sich um ein DARPIN (Designed Ankyrin Repeat Protein). Dieses
besteht aus zwei Domänen, die mit einem flexiblen Linker verbunden sind. Dieses bispezifische DARPIN bindet intermolekular an zwei Rezeptoren und verhindert dadurch deren
Dimerisierung. Die HER2 Moleküle werden dabei inaktiviert und führen zur Apoptose HER2abhängiger Tumorzellen. Im Mausmodell zeigt sich dies in einer deutlichen Inhibition des
Tumorwachstums. Für diese Arbeiten erhielt Christian Jost den 2. Preis des Roche pRED
Oncology Awards 2013.
Sepsis Therapie
Sepsis stellt ein ungelöstes globales Problem dar, ist eine der häufigsten Todesursachen und
weist eine Sterblichkeitsrate von 30 – 50 % dar. Ein Unternehmen, das sich der Bekämpfung
der Sepsis verschrieben hat, ist die Adrenomed aus Henningsdorf. Deren Chief Business
Officer, Dr. Frauke Hein stellte das Sepsis Target Adrenomedullin (ADM) vor. Dabei handelt
es sich um ein kleines, die Vasodilatation (Gefäßerweiterung) kontrollierendes Peptid
Hormon, das einen wichtigen Regulator des Blutdrucks und der Organdurchblutung darstellt
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und an einen G-Protein gekoppelten Rezeptor bindet. Während einer Sepsis steigt die ADM
Menge bis auf das 20-fache des Normalwertes. Dies führt zu einer systemischen
Vasodilatation, Organversagen und schließlich zum Tod. Anhaltend hohe Adrenomedullin
Werte sind mit einer sehr hohen Mortalitätsrate verbunden. Adrenomed entwickelt den antiADM Antikörper Adrecizumab. Die wichtigste Eigenschaft diese Antikörpers ist, das es sich
nicht um einen neutralisierenden Antikörper handelt, der Adrenomedullin komplett blockiert,
sondern bei einer Sepsis die Vasodilatation ausbalanciert, indem er ein Teil des
überschießenden ADMs abfängt. Hierzu liegen bereits sehr vielversprechende präklinische
Daten vor.
Metabolische Erkrankungen
Das Hormon Leptin ist ein Schlüsselregulator des Energiehaushaltes und zeigt beispielsweise
bei einer genetischen Leptin Defizienz therapeutisches Potential. Patienten, die daran leiden
sind hochgradig übergewichtig. Allerdings weist Leptin eine sehr kurze Bioaktivität auf, was
gegen einen direkten Einsatz als supplementierendes Therapeutikum spricht. Lösung bietet
hier die Modifizierung von Leptin mit dem PAS Polypeptid, wie Volker Morath aus der
Arbeitsgruppe von Prof. Arne Skerra, Lehrstuhl für Biologische Cheme der TU München
erklärte. Pasyliertes Leptin weist eine deutlich erhöhte Plasma-Halbwertszeit und eine hohe in
vivo Wirksamkeit in einem relevanten Mausmodell auf. Nach einer vierwöchigen Behandlung
erreichten die leptin-defizienten Mäuse ein normales Körpervolumen, die physiologischen
Parameter normalisierten sich. Die Arbeiten laufen in Kooperation mit dem Unternehmen XLprotein. Bei der Herstellung pasylierter Proteine besteht eine Kooperation mit Wacker Biotech.
Manufacturing and Regulatory Support
Co-Development von zwei oder mehr Wirkstoffen
Für die Zulassung von Arzneimitteln ist die Kenntnis der regulatorischen Anforderungen schon
bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe von besonderer Bedeutung. Dr. Robert Zoubek, Granzer
Regulatory Consulting & Services, stellte die besonderen regulatorischen Anforderungen beim
Co-Development von zwei oder mehr Wirkstoffen vor. Von Co-Development spricht man,
wenn zwei Wirkstoffe gemeinsam durch die klinische Prüfung gehen. Hierzu hat die FDA im
Juni 2013 entsprechende regulatorische Anforderungen veröffentlicht. Das Co-Development
mehrerer Wirkstoffe ist heute durch ein detaillierteres Verständnis der molekularen
Grundlagen von Erkrankungen möglich und erlaubt die Entwicklung von verbesserten
Kombinationstherapien. Mehrere Epitope zu adressieren, verschieden Stoffwechselwege zu
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beeinflussen oder die Wirksamkeit einer Einzelsubstanz zu erhöhen, können Gründe für die
gemeinsame Entwicklung zweier Einzelwirkstoffe sein.
Die Voraussetzungen für ein Co-Development laut FDA Richtlinien sind erfüllt, wenn es zur
Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen entwickelt wird, eine starke biologische
Rationale vorliegt und die Einzelsubstanzen keine Biologics sind. Von der europäischen
Zulassungsbehörde EMA wurden bisher keine Richtlinien erstellt. Sie ist prinzipiell jedoch
gegenüber dem Co-Development positiv eingestellt. Dies erlaubt mehr Freiheiten bei der
Entwicklung neuer Arzneimittel. Allerdings setzt die EMA voraus, dass Entwickler und
Hersteller die Anforderungen mit den Behörden vorab diskutieren und es eine starke
Rationale für die Kombination der Wirkstoffe gibt.
Expression in E. coli
Heute werden bereits über zwei Drittel der Biopharmazeutika in Säugerzellen produziert.
Erste biopharmazeutische Medikamente, wie rekombinantes Insulin, wurden aber in E. coli
entwickelt. Dass E. coli auch heute noch ein interessanter Produktionsorganismus für
Biologics sein kann, zeigte Dr. Thomas Maier, Geschäftsführer der Wacker Biotech. Vor allem
die Rahmenbedingungen erfordern, sich Gedanken über den geeigneten
Produktionsorganismus zu machen, denn der Kostendruck auf das Gesundheitssystem
verlangt kostengünstigere Wirkstoffe und ein schnellerer Marktzugang neuer Medikamente ist
gewünscht. Wacker Biotech bietet Contract Manufacturing Dienstleistungen auf Basis der
proprietären ESETEC® Technologie an. ESETEC® verbindet durch ein fein abgestimmtes
Expressionssystem die Vorteile der E. coli Expression. Durch Modifikationen im bakteriellen
Sekretionssystem (Chaperonen, Disulfidisomerasen, Signalsequenzen etc.) werden hohe
Ausbeuten von richtig gefalteten Proteinen erreicht. So ist es möglich funktionale Fab
Antikörperfragmente in E. coli herzustellen. Die Kooperation zwischen Wacker Biotech und
Bayer HealthCare ergab, dass diese Technologie die Produktion von korrekt gefalteten,
funktionalen Fab Fragmente in hoher Ausbeute ermöglicht. In Zusammenarbeit mit dem
Unternehmen XL-protein konnte gezeigt werden, dass das E. coli System auch für die
PASylierung von Fab Fragmenten zur Erhöhung der Plasma-Halbwertszeit eingesetzt werden
kann.
Herausforderungen und Trends bei der Produktion von Biopharmazeutika
Antibody-Drug-Conjugates (ADC) sind eine relativ neue Klasse von Biopharmazeutika, die vor
allem für die Behandlung von onkologischen Indikationen entwickelt werden. Nur wenige
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ADCs haben bis heute eine Marktzulassung erhalten. Aber „aktuell sind mehr als 30 ADCs in
der Entwicklung“, erläuterte Dr. Stefan Schmidt von Rentschler Biotechnolgie in seinem
Überblick über aktuelle Herausforderungen und Trends bei der Herstellung von
Biopharmazeutika. Das Unternehmen ist ein unabhängiger Auftragshersteller, der Entwicklung
und Produktion von Biopharmazeutika anbietet und ein breites Know-how im Bereich
Manufacturing rekombinanter Moleküle einschließlich Scaffolds, Biosimilars und AntibodyDrug-Conjugates (ADC) besitzt. Die Herstellung von ADCs ist komplex und bringt einige
Herausforderungen mit sich, u. a. die Heterogenität der Kopplung, ein geringe Ausbeute
sowie Toxizität und Pharmakokinetik. Weitere Trends sind kontinuierliche
Produktionsprozesse, die für spezifische Anwendungen zukünftig wieder vermehrt eingesetzt
werden sowie die Verwendung von Disposables für klinische Anwendungen. Ein Problem
beim Einsatz von Disposables in der Produktion stellt allerdings die fehlende Standardisierung
der Produkte dar, sowie Diskussionen über Extractables and Leachables (extrahierbare und
herauslösbare Substanzen), die möglicherweise zu einer Kontamination des Wirkstoffes
führen können. Großes Entwicklungspotential sieht Rentschler im Bereich der VBBs (Virus
Based Biologics) und der zellbasierten Therapie.
Neuer Endotoxin Test
Die Maskierung von Lipopolysaccharid (LPS) durch Detergentien im Formulierungspuffer
kann zu falschen Meßergebnissen bei der Endotoxin Bestimmung von Biopharmazeutika
führen. Dr. Bernd Buchberger, Geschäftsführer der MicroCoat GmbH stellte den mit der
Hyglos GmbH gemeinsam entwickelten alternativen Endotoxin Test vor, der mittels eines
Demaskierungschrittes dieses Problem löst.
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