RINKENS/MARX ELEMENTE DER STOCHASTIK SOSE 08 Hausaufgabe 11 Aufgabe 1: kleine Beweise a. Sei (Ω,p) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Durch die Zufallsvariable X werde der Wahrscheinlichkeitsraum (Ωx,px) induziert. Beweise: Dann ist auch Z=X-E(X) eine Zufallsvariable und es gilt E(Z)=0. Die Zufallsvariable X ordnet jedem Ergebnis ω∈Ω eine reelle Zahl zu. Die Zufallsvariable Z ordnet demselben Ergebnis die um den Erwartungswert verminderte reelle Zahl zu. E(Z) = E(X – E(X)) = E(X) – E(E(X)) = E(X) – E(X) = 0 Das erste Gleichheitszeichen gilt aufgrund der Definition von Z. Das zweite Gleichheitszeichen gilt aufgrund der Linearität (hier speziell Additivität: „Der Erwartungswert einer Summe ist gleich der Summe der Erwartungswerte.“) des Erwartungswerts. Das dritte Gleichheitszeichen gilt, weil der Erwartungswert einer Konstanten die Konstante ist. Das vierte Gleichheitszeichen gilt, weil E(X) und –E(X) inverse Elemente sind. (Bemerkung: Möglicherweise habe ich hier die Begründungen etwas weit getrieben. Aber ein Beweis kennzeichnet sich dadurch aus, dass jedes Gleichheitszeichen, jeder Argumentationsschritt begründet wird. Andernfalls ist der Beweis lückenhaft! Es ist also immer das Ziel einer mathematischen Abhandlung, den Leser durch eine schlüssige Argumentationskette zu überzeugen!) b. Sei (Ω,p) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Durch die Zufallsvariable X werde der Wahrscheinlichkeitsraum (Ωx,px) induziert. Beweise: Dann gilt für die Varianz V(X+c)=V(X). V(X+c) = E(((X+c) – E(X+c))2) Definition der Varianz von X+c 2 2 binomische Formel = E((X+c) – 2·E(X+c)·(X+c) + (E(X+c)) ) 2 2 (Linearität des Erwartungswerts) = E((X+c) ) – E(2·E(X+c)·(X+c)) + E ((E(X+c)) ) = E(X2 + 2cX + c2) – 2E(X+c)E(X+c) + (E(X+c))2 (binomische Formel und Linearität des Erwartungswerts) = E(X2) +2cE(X) + c2 – (E(X+c))2 (Linearität des Erwartungswerts) 2 2 2 (Linearität des Erwartungswerts) = E(X ) + 2cE(X) + c – (E(X) + E(c)) 2 2 2 2 = E(X ) + 2cE(X) + c – (E(X)) – 2cE(X) – (E(c)) (binomische Formel) = E(X2) – (E(X))2 = V(X) (Definition der Varianz von X (Bemerkung: Sicherlich gibt es noch viele andere Wege, um den Anfang in das Ende zu überführen. Einige sind übersichtlicher als andere. Allen gemein ist aber, dass sie nur die Eigenschaften des Erwartungswerts und die binomischen Formeln ausnutzen!) Aufgabe 2: Binomialverteilung 40% der Mitteleuropäer haben die Blutgruppe A, 60% haben eine andere Blutgruppe. 100 Blutspender werden auf ihre Blutgruppe untersucht. Gehe zur Bearbeitung der Aufgabe in den folgenden Schritten vor. a. Skizziere einen Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,p), der die Untersuchung der 100 Blutspender modelliert, indem du exemplarisch ein mögliches Ergebnis ω angibst und an diesem Beispiel erläuterst, welche Wahrscheinlichkeit p({ω}) du dem Elementarereignis {ω} zuordnest. Jedes Ergebnis der Ergebnismenge ist ein 100-Tupel: (Blutgruppe der 1. Person, Blutgruppe der 2. Person, ..., Blutgruppe der 100. Person). Es gibt 2100 Ergebnisse. RINKENS/MARX ELEMENTE DER STOCHASTIK SOSE 08 Die Wahrscheinlichkeit für ein Elementarereignis hängt davon ab, wie viele Personen mit Blutgruppe A und wie viele mit der Blutgruppe nicht A – ab jetzt A vorkommen. Wenn das Ergebnis also n Personen der Blutgruppe A enthält, dann enthält es auch 100-n Personen der Blutgruppe A. Wenn ich also entlang eines Pfades des Wahrscheinlichkeitsbaums wandern würde, dann müsste ich n mal in Richtung A und 100-n mal in Richtung A abbiegen. Die Wahrscheinlichkeit entlang eines solchen Pfades lautet also pele = 0,6100-n · 0,4n. b. X sei die Zufallsvariable, die jedem Ergebnis ω die Anzahl der Personen mit Blutgruppe A zuordnet. Skizziere den durch die Zufallsvariable X induzierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ωx,px) indem du angibst, welche Werte die Zufallsvariable X annehmen kann und welche Wahrscheinlichkeit du dem Ereignis X=30 zuordnest. ΩX = {0,1,2, ..., 100} P(X=30) = 100 · 0,6 30 · 0,4 c. Beschreibe die folgenden Ereignisse als Teilmenge der Ergebnismenge Ωx und gib einen Term für ihre Wahrscheinlichkeit (Hier ist nach keiner Zahl gefragt!) an. Unter 100 Blutspendern befinden sich • genau 45 E1 = {45} P(E1) = P(X=45) = 100 · 0,6 45 · 0,4 • mehr als 35 E2 = {36, 37, 38, ..., 100} P(E2) = P(X>35) = P(X=36) + P(X=37) + ... + P(X=100) = 1 – (P(X=0)+P(X=1)+...+P(X=35)) 100 · 0,4 =1–∑ · 0,6 • höchstens 48 E3 = {0, 1, ..., 48} P(E3) = P(X≤48) = P(X=0) + P(X=1) + ... + P(X=48) = ∑ • mindestens 30 E4 = {30, 31, 32, ..., 100} P(E4) = P(X≥30) = 1- P(X≤29) = 1 - ∑ • 100 · 0,6 100 · 0,6 · 0,4 · 0,4 höchstens 50 Personen mit der Blutgruppe A. E5 = {0, 1, ..., 50} P(E3) = P(X≤50) = P(X=0) + P(X=1) + ... + P(X=50) = ∑50 0 100 · 0,6 · 0,4 Aufgabe 3: Erwartungswert einer Binomialverteilung Diese Aufgabe knüpft an die Präsenzübung 12 an. Ein Hersteller von Überraschungseiern wirbt damit, dass in jedem siebten Ei eine Figur enthalten sei, die unter Sammlern als besonders wertvoll gilt. Daher ist die Freude groß, wenn man in seinem Ei eine solche Figur entdeckt. a. Zur Prüfung der Angabe des Herstellers kaufst du dir 49 Überraschungseier. Wie viele Figuren erwartest du? Begründe. Der Erwartungswert berechnet sich zu E = n · p = 49 · = 7 (Das hätte man aber auch ohne den Begriff des Erwartungswert angenommen.) RINKENS/MARX ELEMENTE DER STOCHASTIK SOSE 08 b. Tatsächlich hast du 10 Figuren. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist ≈7%. Erläutere, wie du sie bestimmen kannst. X sei die Zufallsvariable, die einem Ergebnis (49-Tupel) die Anzahl der Figuren zuordnet. Die Wahrscheinlichkeit für eine Figur beträgt in jedem Schritt . Also: P(X=10) = 49 · 10 6 39 7 · 1 10 7 c. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass du 7 Figuren hast beträgt ≈16%. Erläutere, wie du sie bestimmen kannst. X sei die Zufallsvariable, die einem Ergebnis (49-Tupel) die Anzahl der Figuren zuordnet. Die Wahrscheinlichkeit für eine Figur beträgt in jedem Schritt . Also: P(X=7) = 49 · 7 6 42 7 · 1 7 7 d. Beurteile die Werbung des Herstellers, dass in jedem siebten Ei eine Figur zu finden sei. Begründe dein Urteil mit deiner Prüfung. Es können Zweifel an der Werbung des Herstellers aufkommen, wenn man bedenkt, dass die Wahrscheinlichkeit für das eingetretene Elementarereignis {10} nur die Hälfte der Wahrscheinlichkeit des Elementarereignisses {7} beträgt. Wenn die Angabe des Herstellers richtig sein sollte, so ist hier zumindest ein Ereignis mit einer ziemlich geringen Wahrscheinlichkeit eingetreten – das ist möglich, aber man würde es erstmal nicht erwarten. Es würde sich also anbieten, dieser Beobachtung weiter nachzugehen. In der Testtheorie wird dann systematisch die Wahrscheinlichkeit für Abweichungen vom Erwartungswert untersucht und für eine Wahrheitsabschätzung im Sinne eines Risikomanagements genutzt.