Postille Nummer 185 · Februar 2014 Postfach: 2754 · 32717 Detmold Telefon: 0 52 31 | 911 9 Telefax: 0 52 31 | 911 503 E-Mail: [email protected] Internet: www.cvua-owl.de Liebe Leserin, Leserin, lieber Leser, die Einführung neuer Untersuchungsverfahren ist für ein Untersuchungsamt schlichtweg lebensnotwendig. Verharren auf dem alten Stand ist gleichbedeutend mit Rückschritt. Neue Begebenheiten, neue Fragestellungen, neue Sichtweisen, neue Krankheiten, neue Kontaminanten, neue Herstellungsverfahren, neue Zusatzstoffe, neu gefundene Inhaltsstoffe bedingen neue Anforderungen und erfordern in der Regel die Einführung neuer Untersuchungsverfahren. Auch die Etablierung neuer Untersuchungstechniken bedingt häufig eine Veränderung des Untersuchungsspektrums, da hierdurch Antworten auf Fragestellungen ermöglicht werden, die bislang gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand bearbeitet werden konnten. Eine dieser neuen Untersuchungstechniken ist die PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion), die, inzwischen technisiert und automatisiert, aus dem Laboralltag nicht mehr wegzudenken ist. Bei all den neuen analytischen Möglichkeit muss jedoch nach wie vor die Richtigkeit des Ergebnisses sichergestellt werden. Dieses ist ein aufwändiger Prozess, der eine große Herausforderung darstellt und nicht unerhebliche Resourcen bindet. Durch Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems gewährleisten wir größtmögliche Sicherheit der erzeugten Ergebnisse. Dieses wurde uns Ende letzten Jahres auch von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) bestätigt (Die Akkreditierungsurkunde finden sie auf unserer Homepage www.cvua-owl.de). Die Flexibilisierung wurde ebenfalls ausgesprochen, was unsere Kompetenz darstellt, schnell und sicher Nachweisverfahren auch selbst zu entwickeln und einzuführen. Dadurch ist es uns möglich, dass wir, auf einem hohen Sicherheitsniveau, den sich stetig ändernden Anforderungen nachkommen können. Welche Möglichkeiten wir durch den weiteren Ausbau der PCR-Untersuchungen etabliert haben, soll ihnen der folgende Beitrag zeigen. Ihr (Dr. Wilfried Hackmann) Postille Nr. 185· Februar 2014 Seite 2 von 4 Neue PCRs zur verbesserten Diagnostik meldemelde- und anzeigepflichtiger Tierseuchen Ab sofort stehen am CVUA-OWL in Detmold folgende neue PCR-Tests zur Verfügung: - real-time-PCR zum Nachweis von pathogenem Bacillus anthracis (Erreger des Milzbrandes) real-time-PCR zum Nachweis von Burkholderia mallei (Erreger des Rotzes) real-time-PCR zum Nachweis von pathogenen Brucella spp. (Erreger der Brucellose) real-time-PCR zum Nachweis von Francisella tularensis (Erreger der Tularämie) real-time-PCR zum Nachweis von Mycoplasma hyopneumoniae (Erreger der enzootischen Pneumonie) real-time-PCR zum Nachweis von Ortho- und Parapockenviren Die ersten vier und die letzte PCR wurden im Rahmen eines vom BfR organisierten Ringversuches im Dezember 2013/ Januar 2014 im Labor der Diagnostischen Mikrobiologie des CVUA OWL etabliert und validiert, die letzte im Rahmen eines Ringversuchs innerhalb der Untersuchungsämter in NRW. Milzbrand ist eine anzeigepflichtige Infektionskrankheit mit meist septikämischem Charakter und endet oft tödlich. Empfänglich sind vor allem Wiederkäuer, doch auch Schweine, Fleischfresser und Menschen können betroffen sein. Als Krankheitserscheinungen beim lebenden Tier können hohes Fieber, unregelmäßiger Puls, beschleunigte Atmung und evtl. Kolikerscheinungen auftreten; bei verendeten Tieren kann dunkles, schlecht geronnenes Blut aus den Körperöffnungen treten. Zur Untersuchung sollte nur frisch entnommenes Material verwendet werden (beim lebenden Tier Blut aus der Ohrvene, beim toten Tier Sektionsmaterial, Blutausstriche oder tierische Produkte. Nach kultureller Anzucht kann die PCR aus verdächtigem Koloniematerial durchgeführt werden. Rotz ist eine anzeigepflichtige Infektionskrankheit, die primär bei Einhufern und in Form knotiger und geschwüriger Entzündungen in der Haut, der Nasenschleimhaut und den Lungen auftritt (man unterscheidet Nasenrotz und Hautrotz). Zur Untersuchung gelangen beim lebenden, akut erkrankten Tier Nasensekret, Lungenauswurf oder Hauteiter, bei frisch verendeten Tieren pathologisch veränderte Organe, insbesondere eitrige Geschwüre etc.. Nach kultureller Anzucht kann die PCR aus verdächtigem Koloniematerial durchgeführt werden oder auch schon direkt aus Gewebeproben ohne vorherige Anzucht. Brucellose ist eine anzeigepflichtige Infektionskrankheit bei Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen, die zu Fieber, Arthritis, Bursitis, Orchitis, Aborten und Puerpalerkrankungen führen kann und als Zoonoseerreger (B. abortus, melitensis und suis) auch beim Menschen nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder direktem Kontakt zu kranken Tieren oder tierischem Material akute bis chronische, schwere Erkrankungen auslösen kann. Zur Untersuchung gelangen pathologisch veränderte Organe, insbesondere abortierte Feten, Eihautteile und Sekrete. Postille Nr. 185· Februar 2014 Seite 3 von 4 Nach kultureller Anzucht kann die PCR aus verdächtigem Koloniematerial durchgeführt werden. Tularämie ist eine meldepflichtige Infektionskrankheit bei Hasen und Kaninchen, die häufig als akute Sepsis verläuft und in wenigen Tagen zum Tod führt. Chronische Infektionen sind die Ausnahme, diese Tiere können aber die Erreger ausscheiden und eine Infektionsquelle sein. Typische pathologische Befunde sind eine deutliche Milzvergrößerung, ausgeprägte Lymphknotenschwellungen und Verkäsungen und Abszesse. Als Zoonoseerreger ist Francisella tularensis vor allem für Jäger von Bedeutung, die nach Hautkontakt mit erkrankten Wildtieren an einer mitunter schwer verlaufenden, zyklischen Infektion mit Bakteriämie und Toxämie erkranken können. Auch über Arthropoden und sogar aerogen kann der Erreger übertragen werden. Zur Untersuchung gelangen pathologisch veränderte Organe (v.a. Milz, aber auch Leber, Lunge, Niere), aus denen direkt die PCR durchgeführt werden kann. Enzootische Pneumonie: Mycoplasma hyopneumoniae ist zwar weder melde- noch anzeigepflichtig, gehört aber zu den häufigsten bakteriellen Infektionserregern beim Schwein und verursacht als Primärerreger die porcine enzootische Pneumonie. Häufig kommt es zu Sekundärinfektionen mit Bakterien wie Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, Actinobacillus pleuropneumonie oder Viren. Diese respiratorische Erkrankung hat hohe wirtschaftliche Verluste durch verminderte Zunahmen und verlängerte Mastdauer bis hin zu vermehrter Mortalität zur Folge. (Differentialdiagnostisch kommen andere Pneumonieerreger, zum Beispiel Virusinfektionen wie die Aujeszkysche Krankheit, Schweineinfluenza oder PRRS in Betracht.) Als Untersuchungsmaterial für die PCR kann Tracheobronchialsekret (TBS), bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (BALF) Lungengewebe oder Lungengewebe eingesetzt werden. OrthopockenOrthopocken-Infektionen erregten vor einigen Jahren große Aufmerksamkeit, als infizierte Heimtierratten die Infektion an den Menschen weitergaben. Häufig sind Pockeninfektionen bei Kühen, aber auch Katzen, Heim- oder Zootieren zu finden. An die Entwicklung der Primärpocke, häufig im Kopfbereich nach Hautläsion entstanden, schließt sich eine unterschiedlich starke Ausbildung von Sekundärpocken (Pusteln) an. Der Nachweis erfolgt über die Untersuchung von Pockenmaterial. Parapocken verursachen den ansteckenden Lippengrind der Schafe und Ziegen sowie die Stomatitis papulosa und die Euterpocken („Melkerknoten“) beim Rind. Der ansteckende Lippengrind führt zu Veränderungen im Bereich des Maules, aber auch der Klauen und unter Umständen der inneren Organe (maligne Form) und stellt deshalb auch eine Differentialdiagnose zur MKS dar. Die Euterpocken sind durch kleine Verletzungen auch auf den Menschen übertragbar. Pockenmaterial - oder im Falle der inneren Form des Lippengrindes auch Organmaterial - eignet sich zur Untersuchung in der PCR. Sowohl Ortho- als auch Parapockeninfektionen sind meldepflichtig; die Lumpy skin disease der Rinder (Orthopox) ist anzeigepflichtig. Postille Nr. 185· Februar 2014 Seite 4 von 4 Der Vorteil der PCR gegenüber den herkömmlichen Nachweisverfahren (mikroskopisch und/ oder kulturell) liegt zum einen darin, dass ein Ergebnis wesentlich schneller verfügbar ist, da die mitunter zeitaufwendige kulturelle Anzüchtung wegfällt. Zum anderen kann mit den neuen PCR-Verfahren bei einigen Erregern zwischen pathogenen und apathogenen Vertretern dieser Spezies unterschieden werden. Der Preis für die Untersuchung liegt bei 25,-Euro für die erste Probe aus einer Einsendung und je 15,-Euro für jede weitere Probe aus der gleichen Einsendung. Dr. Sylvia Klees, Dr. Birgit Stührenberg, Dr. Silvia Blahak