Grundlagen der Elektrotechnik III Inhaltsverzeichnis: 1 2 Einleitung............................................................................................................. 3 Periodische nichtsinusförmige Vorgänge ............................................................ 5 2.1 Fourier-Reihe in reeller Darstellung.............................................................. 5 2.2 Symmetrie-Eigenschaften .......................................................................... 13 2.3 Effektivwerte und Leistungsdefinitionen bei nichtsinusförmigen Spannungen und Strömen............................................................................................... 17 2.4 Fourierreihe in komplexer Darstellung........................................................ 25 3 Nichtperiodische Vorgänge ............................................................................... 31 3.1 Das komplexe Fourierintegral .................................................................... 31 3.2 Reelle Darstellung des Fourierintegrals ..................................................... 37 3.3 Zuordnungssatz und Symmetrieeigenschaften .......................................... 38 3.4 Berechnung von Spektralfunktionen und Herleitung von Rücktransformationsformeln....................................................................... 40 3.5 Elektrische Schaltvorgänge ........................................................................ 48 Einleitung 1 Einleitung Gegenstand der Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik 2 (Wechselstromlehre 1.Teil; 2.Trimester) war die Behandlung ausschließlich „sinusförmiger Vorgänge“ in der Elektrotechnik. Die Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik 3 (Wechselstromlehre 2.Teil; 3.Trimester) stellt nun die Erweiterung auf zunächst „periodische nichtsinusförmige Vorgänge“, anschließend auf „nichtperiodische Vorgänge“ (z.B. Schaltvorgänge) dar. Daraus ergibt sich die folgende kurze Inhaltsübersicht: Periodische nichtsinusförmige Vorgänge: o Fourier-Reihe in reeller und komplexer Form; o Mittelwerte und Leistungsdarstellung; Nichtperiodische Vorgänge (instationäre oder Ausgleichsvorgänge): o Fourier-Integral in komplexer und reeller Form; o Analyse von Schaltvorgängen mit Foruriermethode („Spektralbereich“); o Analyse von Schaltvorgängen mit Differentialgleichungen („Zeitbereich“); Zunächst einige einführende Bemerkungen zu nichtsinusförmigen Vorgängen in der Wechselstromlehre Im 2.Trimester wurden ausschließlich sinusförmige Vorgänge behandelt, z.B Sinusförmige Spannung in reeller Darstellung: u(t ) = Û ⋅ sin(ωt + ϕu ) Sinusförmige Spannung in komplexer Darstellung: u(t ) = ur (t ) + j ⋅ ui (t ) = = Û ⋅ (cos(ωt + ϕu ) + j ⋅ sin(ωt + ϕu )) = = Û ⋅ e j⋅(ωt + ϕu ) = jϕ u jω t = Û ⋅ e ⋅ e = Û ⋅ e jωt mit: Û = Û ⋅ e jϕu (komplexe Amplitude) Ein Schwerpunkt lag bei der Einführung der „komplexen Rechnung“ (komplexe Amplituden, Leitwerte, Widerstände, Übersetzungsverhältnisse), die gegenüber der „reellen Rechnung“ (Stichwort: Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen) große Vorteile besitzt (Betrag und Phase kommen „automatisch“ heraus). Nun spielen in der Technik aber nichtsinusförmige Vorgänge (z.B. Schaltvorgänge, Impulstechnik, usw.) eine wesentlich größere Rolle. Wir teilen sie ein in Periodische nichtsinusförmige Vorgänge, z.B. u(t ) i(t ) T t t T -3- Einleitung Nichtperiodische Vorgänge, z.B. f (t ) (einzelner Impuls) t i(t ) (Strom beim Einschalten einer Selbstinduktion t Die Aufgabenstellung lautet meist folgendermaßen: f1 (t ) Lineare Schaltung (R, L, C) Gegeben: f2 (t ) Gesucht: Schaltung, f1(t ) (→ „Erregung“) f2 (t ) (→ „Antwort“) Die Methoden zur Behandlung solcher Aufgabenstellungen sind, allerdings nur für sinusförmige Vorgänge, aus dem 2.Trimester bekannt. Bei nichtsinusförmigen Vorgängen sind die bisherigen Kenntnisse (insbesondere die komplexe Rechnung) nicht ohne weiteres anwendbar. Grundsätzlich existieren nun zwei Lösungswege: Weg über Differentialgleichungen: Aus den Beziehungen an den Schaltelementen zwischen Spannung und du(t ) di(t ) ) und den Kirchhoff’schen Strom ( u(t ) = R ⋅ i(t ) , u(t ) = L ⋅ , i(t ) = C ⋅ dt dt Gleichungen bauen wir eine Differentialgleichung (DGL) für die gesuchte Funktion f2 (t ) auf (wobei wir f1(t ) bzw. „Anfangsbedingungen“ brauchen). Die DGL wird dann nach den Regeln der Mathematik nach f2 (t ) aufgelöst. Zurückführung des „nichtsinusförmigen“ Problems auf ein „sinusförmiges“. Der zweite Weg ist (hauptsächlich) Gegenstand dieser Vorlesung. Man kann nämlich zeigen, daß nichtsinusförmige Funktionen in sinusförmige „Bestandteile“ zerlegt werden können (Fourierzerlegung, Fourieranalyse). Diese Fourierzerlegung führt bei periodischen Vorgängen auf eine Reihe (Fourier-Reihe), bei nichtperiodischen Vorgängen auf ein Integral (Fourier-Integral). Jeden „Bestandteil“ der Zerlegung (Reihenglied bzw. Integrand × Frequenzintervall im Integral) kann man dann mit den im 2.Trimester behandelten Methoden „verarbeiten“ und aus den „verarbeiteten“ Bestandteilen hinterher die Lösung wieder zusammensetzen. Anmerkung: Im Rahmen dieser Vorlesung werden natürlich hauptsächlich Zeitfunktionen (Zeit t als unabhängige Variable) behandelt. Die gezeigten Methoden lassen sich aber auch verallgemeinern (z.B. auf Ortsfunktionen → Mathematikvorlesung). -4- Periodische nichtsinusförmige Vorgänge 2 Periodische nichtsinusförmige Vorgänge (Fourier-Analyse periodischer Vorgänge). Jean Baptiste Fourier 1768-1830, französischer Physiker und Mathematiker (entwickelte auch die mathematische Theorie der Wärmeleitung, Kanonenrohre!). 2.1 Fourier-Reihe in reeller Darstellung Vorbemerkungen: Synthese: Die Summe von Sinus- (Kosinus-) Funktionen unterschiedlicher Periodendauer (bzw. Frequenz) ergibt wieder eine periodische Funktion, deren „Grundfrequenz“ der größte gemeinsame Teiler der Einzelfrequenzen ist. Oder umgekehrt: Wir beginnen mit einer Sinusfunktion der (Grund-) Kreisfrequenz 2π ωg = und überlagern Sinusfunktionen mit ganzzahligen Vielfachen ( κ ⋅ ωg , T mit κ = 2,3,...λ...n ) der Grundfrequenz ωg ( κ = 1 ). Wir erhalten als Summe eine periodische Funktion der Grundperiode T = 2π . ωg Es müssen noch Kosinusfunktionen herangezogen werden, da aus lauter (ungeraden) Sinusfunktionen natürlich auch wieder nur ungerade Summenfunktionen entstehen, was aber allgemein nicht gefordert werden darf. Analyse: (Aufgabenstellung in diesem Kapitel) Es sei nun eine beliebige periodische Funktion (Periodendauer T) gegeben (meistens stückweise analytisch im Periodenbereich vorgegeben). Diese periodische Funktion soll nun in die Sinus- und Kosinus-Funktionen zerlegt werden, aus denen sie aufgebaut ist. Es sind also die Amplituden der Sinus- und Kosinusteilschwingungen („Harmonischen“) mit ganzzahligem Vielfachen der 2π Grundfrequenz ωg = zu bestimmen. T Es sei nun eine periodische Funktion gegeben f (x ) = f (x ± k ⋅ 2π ) mit: k = 1,2,3... wobei x im Bogenmaß anzusetzen ist (→ Periodendauer: 2π ). Anmerkung: Von der mathematisch dimensionslosen Darstellung gelangt man zu den physikalischen (dimensionsbehafteten) Schreibweisen für 2π Zeitfunktionen mit der Substitution x = ωg t ( ωg = GrundT frequenz der in T periodischen Zeitfunktion) f ωg t = f ωg t ± k ⋅ ωg T ⇒ f (t ) = f (t ± k ⋅ T ) ( ) ( ) Ortsfunktionen mit der Substitution x = β0l ( β0 = periodischen Ortsfunktion) -5- 2π der in λ λ Periodische nichtsinusförmige Vorgänge f (β0l) = f (β0l ± k ⋅ β0 λ ) ⇒ f (l) = f (l ± k ⋅ λ ) f (x ) soll aus Sinus- und Kosinusfunktionen aufgebaut werden, wobei die Periodendauern der Teilschwingungen ganzzahlige Teiler der Periodendauer von f (x ) sind. Hierzu wird f (x ) angenähert durch ein Polynom S n (x ) mit (zunächst) 2 ⋅ n + 1 Gliedern: f (x ) ≅ S n (x ) = n n κ =1 κ =0 ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) Wie sind nun in dieser Reihendarstellung die Koeffizienten a κ und b κ zu wählen, damit die Näherung S n (x ) möglichst gut mit der gegebenen Orginalfunktion f (x ) übereinstimmt? Exakt macht man das folgendermaßen: a) Man bildet den Fehler ε n (x ) = f (x ) − S n (x ) . Dieser ist natürlich eine Funktion von x. b) Nun bildet man das „mittlere Fehlerquadrat“ M (Integration des quadratischen Fehlers über eine Periode der Orginalfunktion, um die Vorzeichenabhängigkeit und die x-Abhängigkeit des Fehlers zu eliminieren): 2π 2π 1 1 M= ⋅ ∫ (ε n (x ))2 ⋅ dx = ⋅ ∫ (f (x ) − S n (x ))2 ⋅ dx 2π x = 0 2π x =0 Beachte: M = M(a κ , b κ ) , weil S n = S n (x, a κ , b κ ) c) Nun soll M durch geeignete Wahl von a κ und b κ minimiert werden: ∂M =0 ∂a κ ∂M =0 ∂b κ Dies muß für jedes einzelne κ gefordert werden. Hieraus erhält man die Vorschriften für die Bildung der a κ und b κ . d) Nun kann man ferner noch zeigen, daß für n → ∞ ( ∞ viele Glieder, S n → S ∞ ) das mittlere Fehlerquadrat M verschwindet ( M = 0 ). In diesem Fall wird die Orginalfunktion f (x ) durch seine Reihendarstellung S ∞ (x ) exakt beschrieben ( f (x ) = S ∞ (x ) ). Auf die mathematische Durchführung des in a)-d) beschriebenen Rechenweges wird hier verzichtet (insbesondere der Beweis für d) ist mühsam). Stattdessen wird sofort eine unendliche Fourier-Reihe angesetzt, d.h. die gegebene (in 2π periodische) Funktion f (x ) wird durch ein Polynom S ∞ (x ) aus ∞ vielen Sinus- und Kosinusfunktionen nachgebildet. Die Periodendauern der Sinus- und Kosinusfunktionen sind ganzzahlige Teiler der Periodendauer 2π von f (x ) . f (x ) = S ∞ (x ) = ∞ ∞ κ =1 κ =0 ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) Ausgeschrieben lautet diese Reihendarstellung: f (x ) = a1 ⋅ sin(x ) + a 2 ⋅ sin(2x ) + a 3 ⋅ sin(3 x ) + ... + a κ ⋅ sin(κx ) + ... + b 0 + b1 ⋅ cos(x ) + b 2 ⋅ cos(2x ) + b 3 ⋅ cos(3 x ) + ... + b κ ⋅ cos(κx ) + ... -6- Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Jede in 2π periodische Funktion f (x ) lässt sich mit einem solchen Ansatz nachbilden. Es stellt sich nun die Frage, wie die Koeffizienten a κ und b κ vor den Sinus- und Kosinusfunktionen zu bestimmen sind. Diese Koeffizienten sind selbstverständlich abhängig von der gegebenen Funktion f (x ) . Um die Bildungsvorschriften für die Koeffizienten a κ und b κ herzuleiten werden die sog. Orthogonalitätssätze für die trigonometrischen Funktionen benötigt: 2π (1) (2) (3 ) 1 ⋅ sin(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = 0 π x ∫= 0 2π 0 1 ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx = 1 π x =0 0 2π 0 1 ⋅ ∫ cos(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = 1 π x =0 2 (immer! ) für : für : für : für : für : für : κ≠λ κ=λ≠0 κ=λ=0 κ≠λ κ=λ≠0 κ=λ=0 κ, λ: ganzzahlig! Mit Hilfe einiger Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen lässt sich die Gültigkeit dieser Orthogonalitätssätze sehr leicht zeigen: (1) sin(α + β ) = sin(α ) ⋅ cos(β) + cos(α ) ⋅ sin(β ) sin(α − β) = sin(α ) ⋅ cos(β ) − cos(α ) ⋅ sin(β) 1 sin(α ) ⋅ cos(β ) = ⋅ (sin(α + β) + sin(α − β)) ⇒ 2 2π ∫ sin(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = x =0 2π 2π 1 1 ⋅ ∫ sin((κ + λ ) ⋅ x ) ⋅ dx + ⋅ ∫ sin((κ − λ ) ⋅ x ) ⋅ dx = 0 2 x =0 2 x =0 (2),(3) cos(α + β ) = cos(α ) ⋅ cos(β ) − sin(α ) ⋅ sin(β ) cos(α − β ) = cos(α ) ⋅ cos(β ) + sin(α ) ⋅ sin(β ) 1 sin(α ) ⋅ sin(β) = ⋅ (cos(α − β ) − cos(α + β)) ⇒ 2 1 cos(α ) ⋅ cos(β ) = ⋅ (cos(α − β ) + cos(α + β)) ⇒ 2 2π ∫ sin(κx ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx x =0 2π 2π = 0 für : κ ≠ λ = π für : κ = λ ≠ 0 0 für : κ = λ = 0 ∫ cos(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = x =0 2π 1 1 ⋅ ∫ cos((κ − λ ) ⋅ x ) ⋅ dx − ⋅ ∫ cos((κ + λ ) ⋅ x ) ⋅ dx 2 x =0 2 x =0 2π 2π 1 1 ⋅ ∫ cos((κ − λ ) ⋅ x ) ⋅ dx + ⋅ ∫ cos((κ + λ ) ⋅ x ) ⋅ dx 2 x =0 2 x =0 für : κ ≠ λ 0 = π für : κ = λ ≠ 0 2π für : κ = λ = 0 -7- Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Mit Hilfe dieser Orthogonalitätssätze lassen sich die Bildungsvorschriften für die Koeffizienten a κ und b κ herleiten. Dazu geht man von dem bekannten Ansatz aus, um die in 2π periodische Funktion f (x ) durch eine unendliche Reihe auszudrücken: f (x ) = ∞ ∞ κ =1 κ =0 ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) gegeben! gesucht! 1 1 ⋅ sin(λx ) bzw. ⋅ cos(λx ) π π durchmultipliziert. Anschließend erfolgt die Integralbildung über eine Periode ( 2π ) der Orginalfunktion f (x ) . Mit Hilfe der vorher abgeleiteten Orthogonalitätssätze erhält man: λ≠0 2π 2 π ∞ 1 1 ⋅ ∫ f (x ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx = ∑ a κ ⋅ ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx + π x =0 π x =0 κ =1 0 für : κ ≠ λ = 1 für : κ = λ ≠ 0 0 für : κ = λ = 0 2π ∞ 1 + ∑ b κ ⋅ ⋅ ∫ cos(κx ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx = a λ π x =0 κ = 0 =0 2π 2π ∞ 1 1 ⋅ ∫ f (x ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = ∑ a κ ⋅ ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx + π x =0 π x =0 κ =1 =0 2 π ∞ 1 + ∑ b κ ⋅ ⋅ ∫ cos(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = b λ π x =0 κ = 0 0 für : κ ≠ λ = 1 für : κ = λ ≠ 0 2 für : κ = λ = 0 λ=0 Diese (Ansatz-) Gleichung wird nun auf beiden Seiten mit 2π 1 ⋅ f (x ) ⋅ dx = b0 2π x ∫= 0 Der Koeffizient b 0 ist, wie aus der Gleichung sofort ersichtlich, der lineare Mittelwert der gegebenen Funktion f (x ) . -8- Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Es bleibt also von der rechten Seite jeweils nur das entsprechende Glied mit κ = λ übrig. Der Form halber kann jetzt λ wieder durch κ ersetzt werden. Damit lauten die Formeln für die Gewinnung der Fourierkoeffizienten a κ und b κ der gegebenen, in 2π periodischen Funktion f (x ) : 2π aκ = 1 ⋅ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x ∫= 0 bκ = 1 ⋅ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x ∫= 0 κ = 1,2,3...∞ 2π κ = 1,2,3...∞ 2π 1 b0 = ⋅ f (x ) ⋅ dx 2π x ∫= 0 κ = 0 (linearer Mittelwert!) Mit diesen Fourierkoeffizienten lässt sich die in 2π periodische Funktion f (x ) als unendliche Reihe darstellen: ∞ ∞ κ =1 κ =1 f (x ) = b0 + ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) Dieser mathematische (dimensionslose) Formalismus lässt sich durch geeignete Substitution auf physikalische (dimensionsbehaftete) Größen übertragen. In der Elektrotechnik ist beispielsweise die Fourierreihenentwicklung von periodischen Zeitfunktionen von Bedeutung. Wie bereits erwähnt ist hierfür eine Substitution x = ωgt 2π Grundfrequenz der in T periodischen Zeitfunktion) nötig. Die BildungsT gesetze zur Berechnung der Fourierkoeffizienten lauten dann: (mit ωg = T aκ = ( ) κ = 1,2,3...∞ ( ) κ = 1,2,3...∞ 2 ⋅ f (t ) ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =∫0 T 2 b κ = ⋅ ∫ f (t ) ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =0 T 1 b 0 = ⋅ ∫ f (t ) ⋅ dt T t =0 κ = 0 (linearer Mittelwert!) Mit diesen Fourierkoeffizienten lässt sich die in T periodische Zeitfunktion f (t ) als unendliche Reihe darstellen: f (t ) = b 0 + ∞ ∞ κ =1 κ =1 ∑ (a κ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κ ⋅ ωgt )) -9- Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Anmerkung: Wie gezeigt lassen sich (auch bei endlicher Gliederzahl der Reihe S n (x ) ) die Koeffizienten a κ und b κ unabhängig von der Zahl n der Reihenglieder endgültig bestimmen. Es gibt keine Rekursionsformeln (man also beispielsweise a1 − a14 kennen müsste, um a15 zu berechnen). Dies ist sehr angenehm und eine Folge der Orthogonalitätssätze. Da die Koeffizienten a κ , b κ nicht von der Gliederzahl n in S n (x ) abhängen, kann man n → ∞ gehen lassen. Schwierige Konvergenzbetrachtungen zeigen, daß das oben erwähnte Fehlerquadrat M für n → ∞ beliebig klein wird und daß ferner die Koeffizienten a κ und b κ für große κ umso rascher gegen Null gehen, je glatter die Funktion f (x ) ist. (Schwierigkeiten an Unstetigkeitsstellen von f (x ) , Gibb’sches Phänomen). Wichtig jedenfalls ist, daß die Koeffizienten unabhängig voneinander bestimmt werden können. Zusammenfassung: „Mathematische Darstellung“: Eine periodische nichtsinusförmige Funktion f (x ) kann in eine Fourierreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen zerlegt werden. ∞ ∞ f (x ) = b 0 + ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) κ =1 κ =1 2π mit: b0 = 1 ⋅ f (x ) ⋅ dx 2π x ∫= 0 κ=0 (linearer Mittelwert!) 2π 1 a κ = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =0 κ = 1,2,3...∞ 2π 1 b κ = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x =0 κ = 1,2,3...∞ „Physikalische Darstellung“ (Zeitfunktion): Eine in T periodische nichtsinusförmige Zeitfunktion f (t ) kann in eine Fourierreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen zerlegt werden. f (t ) = b 0 + ∞ ∞ κ =1 κ =1 ∑ (a κ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κ ⋅ ωgt )) 2π : Grundfrequenz T ωg = T mit: 1 b 0 = ⋅ ∫ f (t ) ⋅ dt T t =0 T aκ = κ=0 ( ) κ = 1,2,3...∞ ( ) κ = 1,2,3...∞ 2 ⋅ f (t ) ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =∫0 T 2 b κ = ⋅ ∫ f (t ) ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =0 - 10 - (linearer Mittelwert!) Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Mit Hilfe der Additionstheoreme für trigonometrische Funktionen lassen sich Glieder gleicher Ordnung κ noch zusammenfassen. Man erhält f (x ) = b 0 + ∞ ∑ (c κ ⋅ sin(κx + ϕ κ )) κ =1 wobei gilt: c κ = aκ2 + bκ2 tan(ϕ κ ) = bκ aκ ⇔ a κ = c κ ⋅ cos(ϕ κ ) b κ = c κ ⋅ sin(ϕ κ ) Man kann die Amplituden der einzelnen Harmonischen (Fourierkoeffizienten) über der Frequenz auftragen und erhält dann ein sogenanntes Linienspektrum. b1 b0 b3 b2 b4 a κ , b κ können < 0 oder > 0 sein! a1 a3 0 ωg a2 2ωg 0 1 2 a5 a4 3ωg 4ωg 5ωg b5 3 4 5 b6 a6 6ωg ω 6 κ c1 c 0 = b0 cκ ≥ 0 immer! c2 c3 c4 c5 c6 0 ωg 2ωg 3ωg 4ωg 5ωg 6ωg ω 0 1 2 3 4 5 6 κ - 11 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Beispiel: Gegeben ist die Rechteckfunktion: f (x ) skizzierte A für : 0 ≤ x < π f (x ) = A − A für : π ≤ x < 2π 0 π 2π x −A Wie sieht die Fourierreihe aus, d.h. wie lauten die Fourierkoeffizienten? 2π b0 = 1 ⋅ f (x ) ⋅ dx = 0 2π x ∫= 0 kein linearer Mittelwert (trivial). 2π bκ = 1 ⋅ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x ∫= 0 = 1 1 ⋅ ∫ A ⋅ cos(κx ) ⋅ dx + ⋅ ∫ (− A ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x =0 π x=π π = 2π 2π π A ⋅ ∫ cos(κx ) ⋅ dx − ∫ cos(κx ) ⋅ dx π x = 0 x=π ( = A π 2π ⋅ sin(κx ) 0 − sin(κx ) π κπ = 1 ⋅ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x ∫= 0 ) = 0 2π aκ = π 2π A ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ dx − ∫ sin(κx ) ⋅ dx π x = 0 x=π ) ( A π 2π ⋅ − cos(κx ) 0 + cos(κx ) π κπ A 2A ⋅ (1 − cos(κπ)) = ⋅ (− cos(κπ) + 1 + 1 − cos(κπ)) = κπ κπ cos(κπ) = (− 1)κ 2A aκ = ⋅ 1 − (− 1)κ ⇒ κπ κ gerade: κ = 2,4,6... ⇒ aκ = 0 4A aκ = κ ungerade: κ = 1,3,5... ⇒ κπ = ( ) Die Reihendarstellung der gegebenen Rechteckfunktion lautet also ausgeschrieben: 4A 1 1 f (x ) = ⋅ sin(x ) + ⋅ sin(3 x ) + ⋅ sin(5 x ) + ... π 3 5 - 12 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Die nachfolgende grafische Darstellung lässt ahnen, wie mit wachsender Anzahl der Reihenglieder die Orginalfunktion (gegebene Rechteckfunktion) immer besser angenähert wird. Im Idealfall der unendlichen Reihe ( N = ∞ ) stimmen Orginalfunktion und Reihendarstellung überein. N f (x ) = ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) κ =1 N=1 N=3 N=5 N=7 A 0 −A π 0 2π x 2.2 Symmetrie-Eigenschaften Hat die gegebene periodische Funktion f (x ) gewisse Symmetrieeigenschaften, so vereinfacht sich die Berechnung der Fourierkoeffizienten („verkürzte“ Integration). Hierbei unterscheidet man zwischen 3 Arten von Symmetrie für f (x ) : a) f (x ) = f (− x ) „gerade“ Funktion b) f (x ) = − f (− x ) „ungerade“ Funktion c) f (x ) = − f (x + π ) „Halbwellen-Symmetrie“ Um die genannten 3 Symmetrietypen zu untersuchen, ist es sinnvoll, das Integrationsintervall bei den Bildungsgesetzen für die Fourierkoeffizienten zu verschieben. Dies ist erlaubt, weil in jedem Fall der Integrand periodisch in 2π ist. 2π π 1 1 a κ = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =0 π x = −π 2π bκ = π 1 1 ⋅ ∫ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x =0 π x = −π 2π π 1 1 b0 = ⋅ ∫ f (x ) ⋅ dx = ⋅ f (x ) ⋅ dx 2π x = 0 2π x =∫− π - 13 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge a) f (x ) gerade Funktion fg (x ) d.h f (x ) = fg (x ) , so dass fg (− x ) = fg (x ) − 2π 0 −π 2π π x 4π Für die Berechnung der Fourierkoeffizienten a κ (Amplituden der Sinusfunktionen in der Reihendarstellung) gilt bekanntlich: π 1 a κ = ⋅ ∫ fg (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx : π x = −π sin(κx ) ist eine ungerade Funktion, und folglich fg (x ) ⋅ sin(κx ) = U(x ) ebenfalls ungerade. Es gilt aber allgemein für ungerade Funktionen: a ∫ U(x ) ⋅ dx = 0 x = −a Folglich gilt a κ = 0 , wenn f (x ) = fg (x ) d.h. eine gerade Funktion besitzt keine Sinus-Anteile, sondern nur KosinusAnteile: Für die Berechnung der Fourierkoeffizienten b κ (Amplituden der Kosinusfunktionen in der Reihendarstellung) gilt: π 1 b κ = ⋅ ∫ fg (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x = −π cos(κx ) ist eine gerade Funktion, und folglich fg (x ) ⋅ cos(κx ) = G(x ) ebenfalls gerade. Es gilt aber allgemein für gerade Funktionen: a a x = −a x =0 ∫ G(x ) ⋅ dx = 2 ⋅ ∫ G(x ) ⋅ dx Folglich gilt: π bκ = 2 ⋅ fg (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx , wenn f (x ) = fg (x ) für alle κ = 1,2,3... π x ∫= 0 b) f (x ) ungerade Funktion fu (x ) d.h f (x ) = fu (x ) , so dass fu (− x ) = −fu (x ) − 2π −π 0 - 14 - π 2π 4π x Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Für die Berechnung der Fourierkoeffizienten b κ (Amplituden der Kosinusfunktionen in der Reihendarstellung) gilt: π bκ = 1 ⋅ fu (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx : π x =∫− π cos(κx ) ist eine gerade Funktion, folglich fu (x ) ⋅ cos(κx ) = U(x ) ungerade. Damit ergibt sich: b κ = 0 , wenn f (x ) = fu (x ) d.h. eine ungerade Funktion besitzt keine Kosinus-Anteile, sondern nur SinusAnteile: Für die Berechnung der Fourierkoeffizienten a κ (Amplituden der Sinusfunktionen in der Reihendarstellung) gilt: π 1 a κ = ⋅ ∫ fu (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x = −π sin(κx ) ist eine ungerade Funktion, folglich fu (x ) ⋅ sin(κx ) = G(x ) gerade. Damit ergibt sich: π aκ = 2 ⋅ fu (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx , wenn f (x ) = fu (x ) für alle κ = 1,2,3... π x ∫= 0 c) „Halbwellen-Symmetrie“ d.h f (x ) = fh (x ) , so dass fh (x ) = −fh (x + π ) = − fh (x − π ) Wenn man die Weder gerade noch ungerade untere Halbwelle aber halbwellensymmetrisch von fh (x ) nach oben „klappt“, fh (x ) sieht sie aus wie die obere Halbwelle oder anders ausgedrückt, die zweite Halbwelle x π 0 2π 4π ist gleich der ers- − 2π − π ten Halbwelle multipliziert mit ( − 1). Zunächst ist fh (x ) weder gerade noch ungerade. Es kommen also grundsätzlich a κ und b κ vor. Für die Berechnung der Fourierkoeffizienten a κ (Amplituden der Sinusfunktionen in der Reihendarstellung) gilt: π aκ = 1 ⋅ fh (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =∫− π = 1 1 ⋅ ∫ fh (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx + ⋅ ∫ fh (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx = Ι1 + Ι 2 π x = −π π x =0 0 π Ι1 Ι2 - 15 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Das Integral Ι1 kann aufgrund der Halbwellensymmetrie ( fh (x ) = −fh (x + π ) ) folgendermaßen umgeformt werden: 0 Ι1 = 1 ⋅ fh (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =∫− π 0 = − 1 ⋅ fh (x + π ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =∫− π Mit der Substitution y=x+π ⇒ x = y − π ; dx = dy ergibt sich für das Integral Ι1 : π Ι1 1 = − ⋅ ∫ fh (y ) ⋅ sin(κ ⋅ (y − π)) ⋅ dy π y =0 Mit Hilfe der Additionstheoreme für trigonometrische Funktionen lässt sich der Integrand folgendermaßen umformen: sin(κ ⋅ (y − π)) = sin(κy ) ⋅ cos(κπ) − cos(κy ) ⋅ sin(κπ) = (− 1)κ ⋅ sin(κy ) (−1)κ =0 Das Integral Ι1 lautet damit: π Ι1 = − 1 ⋅ (− 1)κ ⋅ ∫ fh (y ) ⋅ sin(κy ) ⋅ dy π y =0 = ... (x ⇔ y ) = − (− 1)κ ⋅ Ι 2 Für die Fourierkoeffizienten a κ ergibt sich damit bei Halbwellensymmetrie: aκ ( = Ι 2 ⋅ 1 − (− 1)κ = (1 − (− 1) ) κ ) π 1 ⋅ ⋅ ∫ fh (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx π x =0 für : κ = (0 ),2,4,6... (gerade) 0 π aκ = 2 (ungerade) ⋅ f (x ) ⋅ sin(κx ) ⋅ dx für : κ = 1,3,5... π ∫ h x =0 Ganz analog ergibt sich für die Berechnung der Fourierkoeffizienten b κ (Amplituden der Kosinusfunktionen in der Reihendarstellung): bκ = (1 − (− 1) ) κ π 1 ⋅ ⋅ ∫ fh (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx π x =0 für : κ = (0 ),2,4,6... (gerade) 0 π bκ = 2 (ungerade) ⋅ f (x ) ⋅ cos(κx ) ⋅ dx für : κ = 1,3,5... π ∫ h x =0 Funktionen mit Halbwellensymmetrie besitzen also nur Oberwellen mit ungerader π Ordnung κ . In die Formeln mit 2 ⋅ ... dürfen dabei nur ungerade κ eingesetzt werπ x ∫= 0 den (bei geraden κ kommt im allgemeinen nicht Null heraus). - 16 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Anmerkungen: Man verwechsle nicht Eigenschaft c) (Halbwellensymmetrie) mit Eigenschaft b) (ungerade Funktion). Aufpassen bei der verkürzten Integration! Wenn man zeigen will, wie die Koeffizienten verschwinden, muß man über die ganze Periode integrieren. Eigenschaft a) oder b) können mit c) kombiniert sein. f (x ) −π − 2π ungerade & halbwellensymmetrisch π 0 f (x ) −π − 2π 0 2π 4π x gerade & halbwellensymmetrisch π 2π 4π x 2.3 Effektivwerte und Leistungsdefinitionen bei nichtsinusförmigen Spannungen und Strömen Fragestellung: Spannung und Strom (periodisch, nichtsinusförmig) seien nach Fourier entwickelt. Wie stellen sich Effektivwerte bzw. Wirkleistung durch die Fourierkoeffizienten dar? Wie kann man „Scheinleistung“ und „Blindleistung“ definieren? Effektivwert und Wirkleistung für beliebige periodische Funktionen wurden bereits im 1.Trimester definiert. Diese Definition wird hier natürlich beibehalten. i(t ) u(t ) u(t ) Periodische Funktionen, darstellbar durch i(t ) Fourier’sche Reihen Schaltung Gegeben seien die periodischen Orginalfunktionen für Strom und Spannung (die natürlich Zeitfunktionen sind): - 17 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge u(t ) = u(t ± n ⋅ T ) i(t ) = i(t ± n ⋅ T ) Diese Zeitfunktionen (Periodendauer T, Grundfrequenz ωg = 2π ) werden nun in ihre T jeweiligen Fourierreihen entwickelt: u(t ) = U0 + = U0 + ∞ ∞ κ =1 ∞ κ =1 ∑ (a κ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κ ⋅ ωgt )) ∑ (Ûκ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt + ϕ κ )) κ =1 mit: a κ = Ûκ ⋅ cos(ϕ κ ) b κ = Ûκ ⋅ sin(ϕ κ ) T aκ = ( ) ( ) ⇔ Ûκ 2 = a κ 2 + b κ 2 tan(ϕ κ ) = bκ aκ Spannung 2 ⋅ u(t ) ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =∫0 T 2 b κ = ⋅ ∫ u(t ) ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =0 T 1 ⋅ u(t ) ⋅ dt T t =∫0 U0 = b0 = i(t ) = Ι 0 + = Ι0 + ∞ ∞ κ =1 ∞ κ =1 ∑ (a' κ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt )) + ∑ (b' κ ⋅ cos(κ ⋅ ωgt )) ∑ (Ιˆ κ ⋅ sin(κ ⋅ ωgt + ϕ' κ )) κ =1 mit: a' κ = Ιˆ κ ⋅ cos(ϕ' κ ) b' κ = Ιˆ κ ⋅ sin(ϕ' κ ) T a' κ = ( ) ( ) ⇔ Ιˆ κ 2 = a' κ 2 +b' κ 2 tan(ϕ' κ ) = 2 ⋅ i(t ) ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =∫0 T 2 b' κ = ⋅ ∫ i(t ) ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ dt T t =0 T Ι 0 = b'0 = 1 ⋅ i(t ) ⋅ dt T t =∫0 - 18 - b' κ a' κ Strom Periodische nichtsinusförmige Vorgänge 1) Effektivwerte: Nach der bekannten Definition (vgl. 2.Trimester) werden die Effektivwerte gebildet: a) für die Spannung Ueff 2 T 1 ⋅ ∫ u2 (t ) ⋅ dt T t =0 = T ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ U0 + ∑ a κ ⋅ sin κ ⋅ ωg t + ∑ b κ ⋅ cos κ ⋅ ωg t T t = 0 κ =1 κ =1 ( = ( )) ( ( )) ⋅ ∞ ∞ ⋅ U0 + ∑ a λ ⋅ sin λ ⋅ ωg t + ∑ b λ ⋅ cos λ ⋅ ωg t λ =1 λ =1 ( ( )) ( ( )) ⋅ dt = ... Das Ausmultiplizieren des Integranden führt zu folgenden 9 Termen, die u.a. mit Hilfe der Orthogonalitätssätze für trigonometrische Funktionen stark vereinfacht werden können: T 1 1. ⋅ ∫ U0 2 ⋅ dt = ... = U0 2 T t =0 T 2. ∞ 1 ⋅ ∫ U0 ⋅ ∑ a λ ⋅ sin λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = 0 T t =0 λ =1 ( ( )) (Integration über eine oder mehrere ganze Perioden einer Sinus-Funktion ergibt Null) T 3. ∞ 1 ⋅ ∫ U0 ⋅ ∑ b λ ⋅ cos λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = 0 T t =0 λ =1 ( ( )) (Integration über eine oder mehrere ganze Perioden einer Kosinus-Funktion ergibt Null) T ∞ 1 4. ⋅ ∫ ∑ a κ ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ U0 ⋅ dt = ... = 0 T t = 0 κ =1 ( ( )) (siehe 2.) T ( ) ∞ ∞ 1 1 ∞ ⋅ ∫ ∑ a κ ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ ∑ a λ ⋅ sin λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = ⋅ ∑ a κ 2 5. T t = 0 κ =1 2 κ =1 λ =1 ( ( )) ( ( )) 2π 0 für : κ ≠ λ 1 wegen Orthogonalitätssatz: ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ sin(λx ) ⋅ dx = 1 für : κ = λ ≠ 0 π x =0 0 für : κ = λ = 0 T 6. ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ ∑ a κ ⋅ sin κ ⋅ ωg t ⋅ ∑ b λ ⋅ cos λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = 0 T t = 0 κ =1 λ =1 ( ( )) ( ( 2π )) 1 wegen Orthogonalitätssatz: ⋅ ∫ sin(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = 0 π x =0 T 7. ∞ 1 ⋅ ∫ ∑ b κ ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ U0 ⋅ dt = ... = 0 T t = 0 κ =1 ( ( )) (siehe 3.) - 19 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge T 8. ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ ∑ b κ ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ ∑ a λ ⋅ sin λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = 0 T t = 0 κ =1 λ =1 ( ( )) ( ( )) (siehe 6.) T 9. ( ) ∞ ∞ 1 1 ∞ ⋅ ∫ ∑ b κ ⋅ cos κ ⋅ ωg t ⋅ ∑ b λ ⋅ cos λ ⋅ ωg t ⋅ dt = ... = ⋅ ∑ b κ 2 T t = 0 κ =1 2 κ =1 λ =1 ( ( )) ( ( )) 2π 0 für : κ ≠ λ 1 wegen Orthogonalitätssatz: ⋅ ∫ cos(κx ) ⋅ cos(λx ) ⋅ dx = 1 für : κ = λ ≠ 0 π x =0 2 für : κ = λ = 0 Damit ergibt sich: Ueff 2 ( 1 + ⋅ ∑ (Û ) 2 ) + ∑ (U = U0 2 + = U0 2 = U0 2 1 ∞ ⋅ ∑ aκ2 + bκ2 2 κ =1 ∞ ∞ κ κ =1 κ,eff κ =1 2 2 Uκ,eff = mit: Ûκ 2 (der Effektivwert einer Sinus- bzw. Kosinusfunktion ist deren Amplitude dividiert durch 2 ; vgl. 2.Trimester) b) für den Strom Nach analoger Rechnung erhält man: 1 ∞ Ι eff 2 = Ι 0 2 + ⋅ ∑ a' κ 2 +b' κ 2 2 κ =1 = Ι02 = Ι02 ( 1 + ⋅ ∑ (Ιˆ ) 2 ) + ∑ (Ι ∞ ∞ κ =1 κ =1 mit: ) κ κ,eff ) 2 2 Ι κ,eff = Ιˆ κ 2 Über das Verhältnis der Stromoberwellen zur Grundwelle ist bei einem periodischen Stromverlauf der „Klirrfaktor“ k folgendermaßen definiert: ∑ (Ιˆ κ 2 ) ∞ k2 = κ=2 Ιˆ12 - 20 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge 2) Wirkleistung PW : Nach der bekannten Definition (vgl. 2.Trimester) wird die Wirkleistung berechnet: T PW = = 1 ⋅ u(t ) ⋅ i(t ) ⋅ dt T t =∫0 T ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ U0 + ∑ a κ ⋅ sin κ ⋅ ωg t + ∑ b κ ⋅ cos κ ⋅ ωg t T t = 0 κ =1 κ =1 ( ( )) ( ( )) ⋅ ∞ ∞ ⋅ Ι 0 + ∑ a' λ ⋅ sin λ ⋅ ωg t + ∑ b' λ ⋅ cos λ ⋅ ωg t λ =1 λ =1 ( ( )) ( ( )) ⋅ dt = ... Wie im Abschnitt vorher führt das Ausmultiplizieren des Integranden zu 9 Termen, die sich u.a. mit den Orthogonalitätssätzen stark vereinfachen lassen. Nach analoger Rechnung (und Anwendung eines Additionstheorems für trigonometrische Funktionen) erhält man: 1 ∞ PW = U0 ⋅ Ι 0 + ⋅ ∑ (a κ ⋅ a' κ +b κ ⋅ b' κ ) 2 κ =1 ( ) 1 ∞ = U0 ⋅ Ι 0 + ⋅ ∑ Ûκ ⋅ Ιˆ κ ⋅ (cos(ϕ κ ) ⋅ cos(ϕ' κ ) + sin(ϕ κ ) ⋅ sin(ϕ' κ )) 2 κ =1 1 ∞ = U0 ⋅ Ι 0 + ⋅ ∑ Ûκ ⋅ Ιˆ κ ⋅ cos(ϕ κ − ϕ' κ ) 2 κ =1 ϕ UΙ,κ = U0 ⋅ Ι 0 + ∞ ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ cos(ϕUΙ,κ )) κ =1 ϕUΙ, κ ist dabei der Phasenwinkel zwischen Stromund Spannungsoberwelle gleicher Ordnung. Anmerkungen: Wenn u(t ) und i(t ) gegeben sind, so bildet man natürlich Ueff , Ι eff und PW unter Verwendung der Orginalfunktionen in der ursprünglichen Form, d.h. Ueff 2 T 1 = ⋅ ∫ u2 (t ) ⋅ dt T t =0 Ι eff 2 = T 1 ⋅ ∫ i2 (t ) ⋅ dt T t =0 T PW 1 = ⋅ ∫ u(t ) ⋅ i(t ) ⋅ dt T t =0 Es ist unnötiger Aufwand, zuerst nach Fourier zu entwickeln und dann die oben abgeleiteten Formeln zu verwenden. Hat man die Fourierentwicklung aber aus anderen Gründen bereits durchgeführt, so zeigen die obigen Beziehungen anschaulich: Der Effektivwert ist die Wurzel aus der Quadratsumme der Effektivwerte der einzelnen Harmonischen, inklusive U0 2 bzw. Ι 0 2 . - 21 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Die Wirkleistung setzt sich zusammen aus den Teilwirkleistungen der einzelnen Harmonischen Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ cos(ϕUΙ, κ ) , wie üblich gebildet, einschließlich U0 ⋅ Ι 0 . Nur Spannungs- und Stromoberwellen gleicher Ordnung tragen zu PW bei. 3) Scheinleistung PS : Nach der bekannten Definition (vgl. 2.Trimester) wird die Scheinleistung berechnet: PS = Ueff ⋅ Ι eff Unter Verwendung von 1) kann man PS auch durch die Fourierkoeffizienten von u(t ) und i(t ) ausdrücken: PS 2 = Ueff 2 ⋅ Ι eff 2 ∞ ∞ = ∑ Uκ,eff 2 ⋅ ∑ Ι λ,eff 2 κ =0 λ =0 2 1 ∞ 1 ∞ = U0 + ⋅ ∑ Ûκ 2 ⋅ Ι 0 2 + ⋅ ∑ Ιˆ λ 2 2 κ =1 2 λ =1 ( ) ( ( ) ( 1 ∞ = U0 2 + ⋅ ∑ a κ 2 + b κ 2 2 κ =1 ) ( ) 2 1 ∞ ⋅ Ι 0 + ⋅ ∑ a'λ 2 +b'λ 2 2 λ =1 ) ( ) 4) Blindleistung PB : Bei nichtsinusförmigen periodischen Signalen wird zwischen 2 Blindleistungsarten unterschieden, die „Feldblindleistung“ und die „Verzerrungsblindleistung“. 4a) „Feldblindleistung“ PBF : Zunächst wird, analog zur Wirkleistung, die sog. Feldblindleistung PBF gebildet. Die Phasenverschiebung ϕUΙ, κ zwischen 2 Harmonischen gleicher Ordnung von Spannung und Strom hängt von den im Verbraucher enthaltenen Blindwiderständen ab. Man definiert also (analog zur Blindleistungsdefinition im 2.Trimester; ohne U0 , Ι 0 , da in PW enthalten): - 22 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge PBF = = ∞ ∑ (PBF,κ ) κ =1 ∞ ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ sin(ϕUΙ,κ )) κ =1 = = = ( ) 1 ∞ ⋅ ∑ Ûκ ⋅ Ιˆ κ ⋅ sin(ϕ κ − ϕ' κ ) 2 κ =1 ( ) 1 ∞ ⋅ ∑ Ûκ ⋅ Ιˆ κ ⋅ (sin(ϕ κ ) ⋅ cos(ϕ' κ ) − cos(ϕ κ ) ⋅ sin(ϕ' κ )) 2 κ =1 1 ∞ ⋅ ∑ (b κ ⋅ a' κ −a κ ⋅ b' κ ) 2 κ =1 Man erkennt, daß PBF z.B. dann Null ist, wenn a κ und a' κ oder b κ und b' κ Null sind (für alle κ), d.h. wenn Spannung und Strom gerade oder ungerade Funktionen sind. 4b) „Verzerrungsblindleistung“ PBV : Wenn Spannung und Strom sinusförmig sind gilt bekanntlich: PW = Ueff ⋅ Ι eff ⋅ cos(ϕUΙ ) → Wirkleistung PB = Ueff ⋅ Ι eff ⋅ sin(ϕUΙ ) → Blindleistung PS = Ueff ⋅ Ι eff → Scheinleistung Folglich gilt folgender Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungen (der in nebenstehender Abbildung grafisch veranschaulicht ist): PS 2 = PW 2 + PB 2 PS PB ϕUΙ PW Bei nichtsinusförmigen Spannungen und Strömen gilt dagegen für die Wirkleistung für die „Feldblindleistung“ für die Scheinleistung PW = PBF = PS 2 ∞ ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ cos (ϕUΙ,κ )) κ =0 ∞ ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ sin(ϕUΙ,κ )) Nur Produkte von Harmonischen gleicher Ordnung κ =0 ( ∞ = ∑ Uκ,eff 2 κ =0 ) ( ∞ ⋅ ∑ Ι λ,eff 2 λ =0 ) Auch Produkte verschiedener Ordnung Um einen zu sinusförmigen Strömen und Spannungen analogen Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungen zu gewinnen, werden die Quadrate der Leistungen benötigt: ∞ ∞ PW 2 = ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ cos(ϕUΙ, κ )) ⋅ ∑ (Uλ,eff ⋅ Ι λ,eff ⋅ cos(ϕUΙ,λ )) λ =0 κ =0 ∞ ∞ PBF 2 = ∑ (Uκ,eff ⋅ Ι κ,eff ⋅ sin(ϕUΙ, κ )) ⋅ ∑ (Uλ,eff ⋅ Ι λ,eff ⋅ sin(ϕUΙ,λ )) λ =0 κ =0 - 23 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge ( ) ( ) ∞ ∞ PS 2 = ∑ Uκ,eff 2 ⋅ ∑ Ι κ,eff 2 κ=0 κ=0 Man kann zeigen (langweilige Rechnung), dass im allgemeinen für nichtsinusförmige periodische Ströme und Spannungen gilt: PW 2 + PBF 2 ≤ PS 2 Über diese Ungleichung wird nun die „Verzerrungsblindleistung“ PBV definiert: ( ) PBV 2 = PS 2 − PW 2 + PBF 2 Dieser Zusammenhang zwischen den einzelnen Leistungen bei nichtsinusförmigen periodischen Strömen und Spannungen lässt sich nun, analog zu vorher, wieder grafisch veranschaulichen. PBV PS PB PBF PW Beispiel: Es sei gegeben die periodische sinusförmige Spannung u(t ) = Û1 ⋅ sin(ωt ) = Û ⋅ sin(ωt ) , der periodische nichtsinusförmige (verzerrte) Strom i(t ) = Ι 0 + ∞ ∑ (Ιˆ κ ⋅ sin(ωt + ϕ' κ )) , κ =1 (bereits nach Fourier in seine sinusförmigen Bestandteile zerlegt) Damit erhält man: a) Scheinleistung: ( ∞ PS 2 = Ueff 2 ⋅ Ι eff 2 = U1,eff 2 ⋅ Ι 0 2 + ∑ Ι κ,eff 2 κ =1 b) Wirkleistung: PW 2 = U1,eff 2 ⋅ Ι1,eff 2 ⋅ cos 2 (ϕ'1 ) c) Feldblindleistung: PBF 2 = U1,eff 2 ⋅ Ι1,eff 2 ⋅ sin2 (ϕ'1 ) - 24 - ) Keine Spannungsoberwellen Periodische nichtsinusförmige Vorgänge d) gesamte Blindleistung: PB 2 = PS 2 − PW 2 ( ∞ ) = U1,eff 2 ⋅ Ι 0 2 + U1,eff 2 ⋅ ∑ Ι κ,eff 2 − U1,eff 2 ⋅ Ι1,eff 2 ⋅ cos 2 (ϕ'1 ) κ =1 PW 2 PS 2 e) Verzerrungsblindleistung: PBV 2 = PB 2 − PBF 2 = U1,eff 2 ⋅ Ι 0 2 + Ι 2,eff 2 + Ι 3,eff 2 + ... ( ) Ι 1,eff 2 fehlt! Wenn also die Spannung rein sinusförmig ist, dann gilt: Aus Spannung und Grundwelle des Stromes → PW , PBF Aus Spannung und den übrigen Harmonischen des Stromes → PBV Aus Spannung und allen Harmonischen des Stromes → PS Anmerkung: Wäre außerdem ϕ'1 = 0 , d.h. die Grundwellen von Strom und Spannung in Phase, so wäre PBF = 0 , d.h. PB = PBV (reine Verzerrungsblindleistung). 2.4 Fourierreihe in komplexer Darstellung Wie bei sinusförmigen Vorgängen ist es auch bei nichtsinusförmigen periodischen Vorgängen zweckmäßig, die reelle Rechnung durch die komplexe zu ersetzen. Hierdurch gewinnt die Fourier-Methode erst ihren wirklichen Wert. Man kann dann die komplexe Behandlung von Wechselstromschaltungen (vgl. 2.Trimester) auch auf nichtsinusförmige Vorgänge übertragen. Dafür müssen die reellen Zeitfunktionen sin κ ⋅ ωg t und cos κ ⋅ ωg t durch die kom- ( ) ( ) jκω t plexe Exponentialfunktion e g ausgedrückt werden, und zwar sowohl in der Fourierreihe selbst als auch in den Formeln zur Berechnung der Fourierkoeffizienten a κ und b κ . Hierzu benutzt man die bekannten Umrechnungsformeln (Euler!): e jα = cos(α ) + j ⋅ sin(α ) e − jα = cos(α ) − j ⋅ sin(α ) 1 cos(α ) = ⋅ e jα + e − jα ⇒ 2 1 sin(α ) = ⋅ e jα − e − jα 2j ( ( ) ) Wichtige Anmerkung: Im 2.Trimester wurde mit komplexen Zeitfunktionen gerechnet, d.h. statt mit cos(ωt ) bzw. sin(ωt ) wurde mit e jωt = cos(ωt ) + j ⋅ sin(ωt ) gerechnet. (Um zur - 25 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge reellen Darstellung zu gelangen musste der Realteil cos(ωt ) oder der Imaginärteil sin(ωt ) von e jωt betrachtet werden). Hier sollen die reellen Funktionen erhalten bleiben. Man ersetzt also nicht cos(ωt ) oder sin(ωt ) durch e jωt , sondern drückt cos(ωt ) und sin(ωt ) durch e jωt aus: ( ( ) ) 1 ⋅ e jα + e − jα 2 1 sin(α ) = ⋅ e jα − e − jα 2j Hierdurch bleibt alles reell. Man hätte dies übrigens im 2.Trimester auch so machen können. Beispiel am komplexen Widerstand: i(t ) i(t ) = A ⋅ cos(ωt ) A = ⋅ e j ωt + e − j ωt 2 Reelle Zeitfunktion i(t ) , aber komplex angeschrieben, u(t ) wobei e − jωt als e jωt mit „negativer“ Frequenz ω < 0 aufgefasst werden kann. cos(α ) = ( ) Z(ω) Zu bestimmen ist nun die Spannung u(t ) (reell): Wie bekannt ist der komplexe Widerstand : Z(ω) = R(ω) + j ⋅ X(ω) = Z(ω) ⋅ e jϕ Z (ω) Man kann leicht zeigen, daß R(ω) = R(− ω) gerade in ω X(ω) = − X(− ω) ungerade in ω Folglich gilt weil alles Funktionen von „ jω “ sind Z(ω) = R 2 (ω) + X 2 (ω) = Z(− ω) gerade in ω X(ω) tan(ϕ Z (ω)) = = − tan(− ϕ Z (ω)) R(ω) ϕ Z (ω) = −ϕ Z (− ω) ungerade in ω oder insgesamt: Z(− ω) = Z * (ω) konjugiert komplex Dann erhält man für die Spannung mit i(t ) = A ⋅ cos(ωt ) : A j ωt A u(t ) = ⋅ e ⋅ Z(ω) + ⋅ e − jωt ⋅ Z(− ω) 2 2 A j ωt A = ⋅ e ⋅ Z(ω) ⋅ e jϕ Z (ω) + ⋅ e − jωt ⋅ Z(ω) ⋅ e − jϕ Z (ω) 2 2 A j⋅ (ωt + ϕ Z (ω)) = ⋅ Z(ω) ⋅ e + e − j⋅(ωt + ϕ Z (ω)) 2 = A ⋅ Z(ω) ⋅ cos(ωt + ϕ Z (ω)) (reell! ) ( ) Analog zu diesem Beispiel wird nun bei der Fourierreihe vorgegangen. Zweckmäßig ist vorher eine kleine Umformung. Damit sin κ ⋅ ωg t und cos κ ⋅ ωg t nicht extra in der ( - 26 - ) ( ) Periodische nichtsinusförmige Vorgänge jκω t − jκω t g Reihe und in den Koeffizienten durch e g und e ausdrücken werden müssen, werden die Formeln für die Koeffizienten vorher in die Reihe eingesetzt. Es muß dann allerdings unterschieden werden zwischen der laufenden Variablen x = ωgt (in der Reihe) und der Integrationsvariablen ξ = ωg τ (in den Koeffizienten), also: f (x ) = b 0 + ∞ ∞ ∑ (a κ ⋅ sin(κx )) + ∑ (b κ ⋅ cos(κx )) κ =1 κ =1 2π mit: aκ = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ sin(κξ) ⋅ dξ π ξ =∫ 0 bκ = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ cos(κξ) ⋅ dξ π ξ =∫ 0 b0 = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ dξ 2π ξ =∫ 0 2π Dieselben Integrale wie bisher, nur x durch ξ formal ersetzt, wegen des folgenden Einsetzens! 2π Nun werden die Koeffizienten in die Reihe eingesetzt: f (x ) = f (x ) = = 2π 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ dξ + 2π ξ =∫ 0 2π 1 ∞ + ⋅ ∑ sin(κx ) ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ sin(κξ) ⋅ dξ + π κ =1 ξ =0 π 2 1 ∞ + ⋅ ∑ cos(κx ) ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ cos(κξ) ⋅ dξ π κ =1 ξ=0 2π 2π 1 1 ∞ ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ dξ + ⋅ ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ (sin(κx ) ⋅ sin(κξ) + cos(κx ) ⋅ cos(κξ)) ⋅ dξ π κ =1 ξ = 0 2π ξ = 0 2π ∞ 2π 1 1 ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ dξ + ⋅ ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ cos(κ ⋅ (x − ξ )) ⋅ dξ π κ =1 ξ = 0 2π ξ = 0 Man Beachte: x ist im Integral Parameter, d.h. wird von der Integration nicht betroffen, denn die Integrationsvariable heißt ξ . Nun erfolgt der Übergang zur komplexen Darstellung. Es ist 1 cos(κ ⋅ (x − ξ )) = ⋅ e jκ ⋅(x − ξ ) + e − jκ⋅(x − ξ ) 2 und damit: 2π ∞ 2π ∞ 2π 1 jκ ⋅ ( x − ξ ) − jκ ⋅ ( x − ξ ) ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ dξ + ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ e ⋅ dξ + ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ e ⋅ dξ f (x ) = 2π ξ = 0 κ =1 ξ = 0 κ =1 ξ = 0 Für das letzte Glied kann man auch schreiben: ∞ 2π −1 2 π f (ξ ) ⋅ e − jκ ⋅(x − ξ ) ⋅ dξ = f (ξ ) ⋅ e jκ ⋅(x − ξ ) ⋅ dξ ∑ ∫ ∑ ∫ κ =1 ξ = 0 κ = −∞ ξ = 0 So kann man alle drei Glieder der Reihe (auch b 0 für κ = 0 ) zusammenfassen: ( ) - 27 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge ∞ 2π 1 ⋅ ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ e jκ ⋅(x − ξ ) ⋅ dξ f (x ) = 2π κ = −∞ ξ = 0 Durch Herausziehen des von der Integration nicht betroffenen Faktors e jκx gelangt man zu folgender Form: ∞ 2π 1 ⋅ ∑ ∫ f (ξ ) ⋅ e − jκξ ⋅ dξ ⋅ e jκx f (x ) = 2π κ = −∞ ξ = 0 Aκ Das Integral unter dem Summenzeichen nennt man den komplexen Fourierkoeffizienten A κ . Auf diese Art erhält man die reelle Fourier-Reihe in komplexer Darstellung ( f (x ) ist nach wie vor reell!): ∑ (A κ ⋅ e jκx ) ∞ f (x ) = κ = −∞ 2π mit: Aκ = 1 ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ e − jκξ ⋅ dξ 2π ξ = 0 Für Zeitfunktionen ergibt sich mit x = ωg t und ξ = ωg τ (vgl. Fourierreihe in reeller Darstellung): f (t ) = ∞ A ⋅ e jκωg t κ κ = −∞ ∑ T mit: 1 − jκωg τ A κ = ⋅ ∫ f (τ ) ⋅ e ⋅ dτ T τ=0 (Man könnte jetzt natürlich, in der getrennten Darstellung, bei den Integralen ξ und τ wieder durch x und t ersetzen). Zusammenhang zwischen komplexen und reellen Fourierkoeffizienten: Die Formel zur Berechnung der komplexen Fourierkoeffizienten lässt sich folgendermaßen umformen 2π Aκ = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ e − jκξ ⋅ dξ 2π ξ =∫0 = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ (cos(κξ) − j ⋅ sin(κξ)) ⋅ dξ 2π ξ =∫0 2π 1 ⋅ (b κ − j ⋅ a κ ) 2 oder formal für negative κ : = 2π A−κ = 1 ⋅ f (ξ ) ⋅ (cos(κξ) + j ⋅ sin(κξ)) ⋅ dξ 2π ξ =∫0 = 1 ⋅ (b κ + j ⋅ a κ ) 2 - 28 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Daraus ergeben sich die folgenden Eigenschaften für komplexe bzw. reelle Fourierkoeffizienten: A − κ = A κ* (konjugiert komplex) b− κ = bκ (gerade in κ ) a − κ = −a κ (ungerade in κ ) Außerdem: A 0 = b0 Umgekehrt ergibt sich: bκ = A κ + A −κ a κ = j ⋅ (A κ − A − κ ) Man kann auch wieder die c κ einführen: a κ = c κ ⋅ cos(ϕ κ ) b κ = c κ ⋅ sin(ϕ κ ) 1 Aκ = ⇒ ⋅ (b κ − j ⋅ a κ ) 2 1 = ⋅ c κ ⋅ (sin(ϕ κ ) − j ⋅ cos(ϕ κ )) 2 1 = − j ⋅ ⋅ c κ ⋅ (cos(ϕ κ ) + j ⋅ sin(ϕ κ )) 2 1 = − j ⋅ ⋅ c κ ⋅ e jϕ κ 2 1 A − κ = A κ * = j ⋅ ⋅ c κ ⋅ e − jϕ κ 2 So kann man sich aus der komplexen Darstellung der Fourierreihe wieder die reelle Darstellung zusammensetzen: f (x ) = = = ∑ (A κ ⋅ e jκx ) ∞ κ = −∞ −1 ∑ (A κ = −∞ ∞ ) ∞ ( jκx + A 0 + ∑ A κ ⋅ e jκx κ ⋅e κ =1 ∞ ) ∑ (A − κ ⋅ e − jκx ) + A 0 + ∑ (A κ ⋅ e jκx ) κ =1 κ =1 ∞ = b0 + ∑ (A κ ⋅ (cos(κx ) + j ⋅ sin(κx )) + A − κ ⋅ (cos(κx ) − j ⋅ sin(κx ))) κ =1 ∞ = b0 + ∑ (A κ + A − κ ) ⋅ cos(κx ) + ∑ j ⋅ (A κ − A − κ ) ⋅ sin(κx ) κ =1 κ =1 bκ aκ ∞ Anmerkung: Auch beim komplexen Fourierkoeffizienten A κ darf das Integrationsintervall beliebig verschoben werden, also z.B.: π 1 Aκ = ⋅ ∫ f (ξ ) ⋅ e − jκξ ⋅ dξ 2π ξ = − π - 29 - Periodische nichtsinusförmige Vorgänge Verkürzte Integration aufgrund von Symmetrieeigenschaften ist nur bei den reellen Koeffizienten a κ und b κ möglich, nicht bei den komplexen Koeffizienten A κ . Veranschaulichung eines Linienspektrums in reeller und komplexer Darstellung: 1 b = 2 ⋅ Re{ A κ } gerade in κ A κ = ⋅ (b κ − j ⋅ a κ ) ⇔ κ 2 a κ = −2 ⋅ Im{ A κ } ungerade in κ b1 Re{ A κ } b2 A 0 = b0 b3 −4 −3 −2 −1 0 1 2 a2 Im{ A κ } 3 4 κ a3 a1 Anmerkung: Man hätte die komplexen Koeffizienten A κ auch ohne den Umweg über die reelle Darstellung der Reihe mit Hilfe der Orthogonalitätssätze für die komplexe e-Funktion gewinnen können: Ansatz: f (x ) = ∑ (A κ ⋅ e jκx ) ∞ κ = −∞ 2π 2π ∞ 1 1 − jλx ⋅ ∫ f (x ) ⋅ e ⋅ dx = ⋅ ∑ A κ ⋅ ∫ e − j⋅(κ − λ )⋅ x ⋅ dx = A λ 2π x = 0 2π κ = −∞ x =0 - 30 - Nichtperiodische Vorgänge 3 Nichtperiodische Vorgänge Im vorangegangenen Kapitel wurden periodische nichtsinusförmige Funktionen nach Fourier zerlegt. Das Resultat waren Reihendarstellungen, in reeller oder komplexer Schreibweise. Jede Oberwelle hat ihre Amplitude (und Phase), wobei reelle oder komplexe Darstellung möglich ist. Trägt man die Fourierkoeffizienten über der Frequenz auf, so erhält man ein „Linienspektrum“, diskrete Frequenzen bzw. diskrete Spektrallinien (diskontinuierliches Spektrum). Im anschließenden Kapitel wird nun die Analyse nichtperiodischer Vorgänge behandelt. Es wird sich zeigen, daß auch solche Vorgänge als Überlagerung periodischstationärer Schwingungen aufgefasst werden können. Man erhält dann anstatt der Reihe (Summe) ein Integral (das sog. Fourierintegral). Das Spektrum wird dann kontinuierlich (wobei dann allerdings anstatt der komplexen Amplituden im Spektrum die sogenannte „Spektralfunktion“ = Amplitude/Frequenzintervall eingeführt wird). Man gelangt zum Fourierintegral von der Reihe aus durch Grenzübergang. Sinnvollerweise wird bei diesem Grenzübergang gleich von der komplexen Fourierreihe ausgegangen; man gelangt so sofort zum Fourierintegral in komplexer Darstellung (die komplexe Schreibweise ist viel universeller und brauchbarer). Der Vollständigkeit halber wird in einem späteren Kapitel auch die reelle Darstellung des Fourierintegrals gezeigt. 3.1 Das komplexe Fourierintegral Für eine periodische (hier reell angenommene) Zeitfunktion fP (t ) (Periodendauer T) ist die Fourierreihe in komplexer Darstellung bekannt: fP (t ) = ∞ A ⋅ e jκωg t κ κ = −∞ ∑ mit: Aκ = 1 ⋅ T T 2 ∫ fP (τ) ⋅ e τ=− − jκωg τ ⋅ dτ T 2 T T ≤τ≤ verschoben; dies ist natürlich er2 2 laubt; es muß lediglich über eine Periodendauer der Zeitfunktion integriert werden). (Das Integrationsintervall wurde nach − Nun soll in ähnlicher Weise eine nichtperiodische Funktion f (t ) zerlegt werden. Das ist tatsächlich möglich. Auch nichtperiodische Vorgänge (instationäre Vorgänge, einzelne Impulse, Schaltvorgänge) können als Überlagerung von periodisch stationären Schwingungen aufgefaßt werden. Man muß dabei allerdings aufpassen. Zunächst primitiv gesagt: Man faßt einfach einen nichtperiodischen Vorgang als einen periodischen Vorgang mit unendlicher Periodendauer ( T → ∞ ) auf. Dann wird 2π aber natürlich die Grundfrequenz ωg = unendlich klein, und die FourierkoeffizienT 1 ten ⋅ ∫ ... ebenfalls. T In 7 Schritten wird im folgenden gezeigt, wie man vorgehen muß; jedenfalls ist ein Grenzübergang notwendig. - 31 - Nichtperiodische Vorgänge 1.Schritt Gegeben ist die (reelle) nichtperiodische Zeitfunktion f (t ) , definiert im ganzen Zeitbereich − ∞ < t < ∞ . ∞ Es soll ferner gelten: ∫ f (t ) ⋅ dt < ∞ (Konvergenz des Integrals; hinreichend!) t = −∞ 2.Schritt Man wählt willkürlich eine Periodendauer T und betrachtet nur denjenigen Teil von T T liegt. Durch periodische Fortsetzung dieses Teils f (t ) , der im Bereich − < t < 2 2 erhält man eine periodische Ersatzfunktion fP (t ) = fP (t ± n ⋅ T ) mit n = 1,2,3... . Im InterT T gilt also: vall − < t < 2 2 T T T T fP − < t < ≡ f − < t < 2 2 2 2 T fP (t ) f (t ) 0 − T 2 0 T 2 t 3.Schritt Es wird nun Grundfrequenz der Ersatzfunktion fP (t ) mit ωg bezeichnet, wie bisher: 2π T Dann kann fP (t ) in eine komplexe Fourierreihe entwickelt werden: ωg = fP (t ) = ∞ A ⋅ e jκωg t κ κ = −∞ ∑ - 32 - Nichtperiodische Vorgänge mit: = Aκ = Im Intervall − 1 ⋅ T 1 ⋅ T T 2 ∫ fP (τ) ⋅ e τ=− T 2 ⋅ dτ T 2 ∫ f (τ) ⋅ e τ=− − jκωg τ − jκωg τ ⋅ dτ T 2 T T <τ< braucht man ja nicht zwischen f (τ) und fP (τ) zu unterschei2 2 den. Diese Reihe stellt also die periodische Funktion fP (t ) dar, die im Grundintervall mit der gegebenen Funktion f (t ) übereinstimmt. 4.Schritt Die Reihe bzw. die Koeffizienten werden nun ein bißchen umgeschrieben: Es gilt: 2π ωg = (Grundfrequenz), und wir nennen T κ ⋅ ωg = ωκ (Frequenz der Harmonischen „Nr. κ “) Der Abstand der Frequenzen zweier benachbarter Harmonischen ist 2π ∆ω = ω κ +1 − ω κ = (κ + 1) ⋅ ωg − κ ⋅ ωg = ωg = T Die Gleichung zur Berechnung der komplexen Fourierkoeffizienten lässt sich damit folgendermaßen umschreiben: Aκ = 1 ⋅ T T 2 ∫ f (τ) ⋅ e τ=− = ∆ω ⋅ = ∆ω ⋅ T 2 1 ⋅ 2π − jκωg τ T 2 ∫ f (τ) ⋅ e τ=− ⋅ dτ − jω κ τ ⋅ dτ T 2 1 ⋅ F T (ω κ ) 2π mit: F T (ω κ ) = T 2 ∫ f (τ) ⋅ e − jω κ τ T τ=− 2 ⋅ dτ Außerdem gilt für die Fourierreihe der periodischen Ersatzfunktion fP (t ) in komplexer Darstellung: ∞ 1 jκωg t ⋅ ∑ F T (ω κ ) ⋅ ∆ω ⋅ e fP (t ) = 2π κ = −∞ = 2π⋅ A κ - 33 - Nichtperiodische Vorgänge Es werden nun die Werte F T (ωκ ) als spezielle Werte der in ω stetigen Funktion F T (ω) interpretiert: T 2 F T (ω κ ) = ∫ f (τ ) ⋅ e − jωτ ⋅ dτ = { F T (ω) }ω = ω κ T τ = − ω = ω 2 κ 5.Schritt Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird bei dieser Veranschaulichung von einer reellen und geraden Zeitfunktion ausgegangen. Das Spektrum ist dann nämlich auch reell und gerade (siehe Kap.3.3). Die Allgemeingültigkeit der Theorie wird hiervon nicht berührt. Es wird nun das Spektrum von fP (t ) betrachtet. Anstelle der diskreten Linien (Höhe Re{ A κ } bzw. Im{ A κ } ) werden Rechtecke (Breite ∆ω , Höhe Re{FT } bzw. Im{F T } ) gezeichnet: Re{ A κ } ∆ω − ω2 − ωg Re{FT (ω)} stetig 2π „Spektralfunktion“ 0 ωg ω2 ω κ +1 ω Re{FT (ωκ )} 2π Treppenfunktion Re{F T } 2π Re{ A 1} ωκ 0 ω1 ω2 ω3 ∆ω ∆ω ∆ω ∆ω ω (Die Rechtecke sind hier symmetrisch zu ω κ gezeichnet) Die gesamte (noch periodische) Zeitfunktion fP (t ) erhält man durch die gewohnte Reihenbildung nach Multiplikation der Glieder mit dem Zeitfaktor e - 34 - jκωg t = e jω κ t Nichtperiodische Vorgänge fP (t ) = ( { ∞ 1 ⋅ ∑ Re F T (ω) ⋅ e jωt 2π ω = −∞ } ω= ωκ ) ⋅ ∆ω = Re{ fP (t )} = fP (t ) κ wogegen natürlich hier gelten muß ( f ( t ) auch gerade!): gerade ∞ 1 ⋅ ∑ Im FT ( ω) ⋅ e jωt ⋅ ∆ω = Im { fP ( t )} = 0 2π ω =−∞ κ ω=ωκ Allgemein fRu ( t ) Wenn FT ( ω) ungerade in ω ist, dann gibt’s auch ein fRu ( t ) ! da ja von einer reellen und geraden Zeitfunktion f (t ) ausgegangen wurde. Es ist also: fP (t ) = ({ ∞ 1 ⋅ ∑ F T (ω) ⋅ e jωt 2π ω = −∞ } ω= ωκ ) ⋅ ∆ω κ 6.Schritt Bis jetzt noch nichts Neues. Es wurde die periodische Ersatzfunktion fP (t ) (die mit f (t ) im Grundintervall übereinstimmt) in eine komplexe Fourierreihe entwickelt. Um nun aber die gegebene Funktion f (t ) ganz zu erfassen, muß der Grenzübergang T → ∞ vorgenommen werden. Dabei passiert dreierlei: Die ganze Funktion f (t ) wird erfaßt ( − ∞ < t < ∞ ). Die stetige Funktion F T (ω) (Höhe der Rechtecke) ändert sich durch die Erweiterung des Integrationsbereichs nach Maßgabe des Verlaufs von f (t ) : lim { FP (ω)} = T →∞ ∞ ∫ f (τ) ⋅ e − jωτ ⋅ dτ = F(ω) τ = −∞ Für festes ω strebt F T (ω) für T → ∞ einem Grenzwert zu, wenn f (t ) für große t hinreichend verschwindet. Dies ist der Fall, wenn f (t ) die in Schritt 1 erwähnte Bedingung erfüllt: ∞ ∫ f (t ) ⋅ dt < ∞ (konvergent; hinreichend!) t = −∞ Die Summe für fP (t ) geht über in ein Integral für f (t ) . Für T → ∞ wird 2π aus ∆ω = → dω und es gilt: T ∞ 1 lim { fP (t )} = f (t ) = ⋅ lim ∑ F T (ω) ⋅ e jωt ω = ω ⋅ ∆ω κ T →∞ 2π ∆ω→ 0ω = −∞ κ ∞ 1 = ⋅ ∫ F(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω = −∞ ({ - 35 - } ) Nichtperiodische Vorgänge Letzteres ergibt sich aus der Definition des bestimmten Integrals: ( ) ( ( ) ) f x dx lim f x x ⋅ = ⋅ ∆ ∑ ν ∫ ∆x → 0 ( ) B (B ) 7.Schritt Damit lässt sich nun das Fourierintegral-Theorem zusammenfassen: Eine nichtperiodische Funktion f (t ) , die der Bedingung ∞ ∫ f (t ) ⋅ dt < ∞ (konvergent) t = −∞ genügt, kann dargestellt werden durch: ∞ 1 f (t ) = ⋅ ∫ F(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω = −∞ F(ω) = mit: ∞ ∫ f (τ) ⋅ e − jωτ ⋅ dτ τ = −∞ Zeitfunktion Spektralfunktion Symbol: f (t ) F(ω) Zusammenfassend angeschrieben in Form des Fourier’schen Doppelintegrals: f (t ) = ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ f (τ ) ⋅ e jω⋅(t − τ ) ⋅ dτ ⋅ dω ∫ 2π ω = −∞ τ = −∞ Veranschaulichung: f (t ) kann interpretiert werden als Überlagerung von ∞ vielen „Teilschwingungen“: 1 ( ∞ kleine) komplexe Amplituden ( F(ω) ⋅ dω ) ⋅ F(ω) ⋅ dω ⋅ e jωt 2π Zeitfaktor "dA " F(ω) ist also eine „Spektraldichte“. z.B.: Reelles F(ω) (das ist so, wenn f (t ) gerade und reell ist): F(ω) 2π „Amplitude“: 1 ⋅ F(ω) ⋅ dω 2π ω dω - 36 - Nichtperiodische Vorgänge Wenn beispielsweise f (t ) in [Volt] gegeben ist (Zeitverlauf einer Spannung), dann Volt erhält man für F(ω) die Einheit [Volt⋅sec] oder . Hz Anmerkung: f (t ) ist Parameter-Integral (t ist Parameter, ω ist Integrationsvariable). Daher ist auch eine geschlossene Darstellung unstetiger (stückweise zusammengesetzter) Funktionen möglich. 3.2 Reelle Darstellung des Fourierintegrals Ebenso wie bei der Fourierreihe ist natürlich auch beim Fourierintegral eine reelle Darstellung möglich. Bei der Reihe erfolgte der Übergang von der reellen zur komplexen Darstellung. Hier wird nun von der komplexen Darstellung des Integrals zur reellen Darstellung zurückgekehrt, indem man e jα durch cos(α ) und sin(α ) ausdrückt . „Komplexe Darstellung“: Entwicklung nach komplexen Funktionen ( e jα ) „Reelle Darstellung“: Entwicklung nach reellen Funktionen ( cos(α ) , sin(α ) ) Anmerkung: Es sollen hier nur reelle Zeitfunktionen betrachtet werden. f (τ) darf aber durchaus komplex sein. Dann erhält man auch in der „reellen“ Darstellung komplexe Spektralfunktionen bzw. Fourierkoeffizienten. Ausgangspunkt ist das Fourier’sche Doppelintegral in komplexer Darstellung: f (t ) = ∞ 1 ⋅ F(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω =∫−∞ = ∞ ∞ 1 ⋅ ∫ ∫ f (τ ) ⋅ e − jωτ ⋅ dτ ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω = −∞ τ = −∞ = 1 ⋅ ∫ f (τ ) ⋅ e jω⋅(t − τ ) ⋅ dτ ⋅ dω ∫ 2π ω = −∞ τ = −∞ ∞ ∞ Die komplexe Exponentialfunktion im Integranden wird nun durch Sinus- und Kosinusfunktion ausgedrückt: e jω⋅(t − τ ) = cos(ω ⋅ (t − τ )) + j ⋅ sin(ω ⋅ (t − τ )) Man erhält damit: ∞ ∞ ∞ 1 f (t ) = ⋅ ∫ ∫ f (τ) ⋅ cos(ω ⋅ (t − τ)) ⋅ dτ + j ⋅ ∫ f (τ) ⋅ sin(ω ⋅ (t − τ )) ⋅ dτ ⋅ dω 2π ω = −∞ τ = −∞ τ = −∞ gerade in ω ungerade in ω - 37 - Nichtperiodische Vorgänge Wegen der Symmetrieeigenschaften bzgl. ω verschwindet das 2.Integral bei der ∞ Integration über ω; das 1.Integral lässt sich zu 2 ⋅ ∫ … verkürzen. Man erhält also: ω= 0 1 ⋅ ∫ ∫ f (τ ) ⋅ cos(ω ⋅ (t − τ )) ⋅ dτ ⋅ dω π ω = 0 τ = −∞ = ... (mit Additionstheorem) ... ∞ ∞ 1 2 ⋅ ∫ f (τ) ⋅ cos(ωτ) ⋅ dτ ⋅ cos(ωt ) + = ⋅ ∫ 2π ω = 0 τ = −∞ ∞ + 2 ⋅ ∫ f (τ) ⋅ sin(ωτ) ⋅ dτ ⋅ sin(ωt ) ⋅ dω τ = −∞ ∞ f (t ) = ∞ ∞ ∞ 1 1 ⋅ ∫ a ( ω) ⋅ sin ( ωt ) ⋅ dω + ⋅ f (t) = b ( ω) ⋅ cos ( ωt ) ⋅ dω 2π ω= 0 2π ω=∫ 0 mit: ∞ a(ω) = 2 ⋅ b(ω) = 2 ⋅ ∫ f (τ) ⋅ sin(ωτ) ⋅ dτ τ = −∞ ∞ ∫ f (τ) ⋅ cos(ωτ) ⋅ dτ τ = −∞ Dies ist die reelle Darstellung des Fourierintegrals. Bei reellen Zeitfunktionen f (τ) sind a(ω) und b(ω) wieder reelle Spektralfunktionen. Der Zusammenhang mit der komplexen Spektralfunktion F(ω) = ∞ ∫ f (τ) ⋅ e − jωτ ∞ ⋅ dτ = τ = −∞ ∫ f (τ) ⋅ (cos(ωτ) − j ⋅ sin(ωτ)) ⋅ dτ τ = −∞ ist wieder (wie bei der Reihe): 1 F(ω) = ⋅ (b(ω) − j ⋅ a(ω)) 2 Anmerkung: Die komplexe Darstellung ist eleganter und brauchbarer als die reelle, da Methoden der komplexen Integration, z.B. Residuensätze direkt anwendbar sind. 3.3 Zuordnungssatz und Symmetrieeigenschaften „Zuordnungssatz“ Im allgemeinsten Fall können sowohl Zeitfunktion f (t ) als auch Spektralfunktion F(ω) komplex sein. Dabei können sowohl Real- als auch Imaginärteil einen in t bzw. in ω „geraden“ oder/und einen „ungeraden“ Anteil haben. G(− x ) = G(x ) „Gerade Funktion“: „Ungerade Funktion“: U(− x ) = −U(x ) - 38 - Nichtperiodische Vorgänge Es soll bedeuten: Rg: Ru: Ig: Iu: Dann gilt, wie man Zuordnungssatz: f (t ) Realteil, gerade Realteil, ungerade Imaginärteil, gerade Imaginärteil, ungerade sofort aus den Formeln für F(ω) , a(ω) , b(ω) sieht, der folgende = fRg (t ) + fRu (t ) + F(ω) = FRg (ω) + FRu (ω) + j ⋅ fIg (t ) + j ⋅ fIu (t ) j ⋅ FIg (ω) + j ⋅ FIu (ω) z.B. gilt also: Das Spektrum einer reellen Zeitfunktion hat immer einen in ω geraden Realteil und ungeraden Imaginärteil, d.h. F(− ω) = F * (ω) für reelles f (t ) oder f (t ) reell, gerade f (t ) reell, ungerade oder F(ω) reell, gerade F(ω) imaginär, ungerade f (t ) gerade f (t ) ungerade F(ω) gerade F(ω) ungerade Verkürzte Integration bei Symmetrieeigenschaften (1) f (t ) gerade, d.h. f (t ) = fg (t ) = fg (− t ) ⇒ F(ω) = 1 ⋅ b(ω) 2 a(ω) = 0 b(ω) = 4 ⋅ ∞ ∫ f (τ) ⋅ cos(ωτ) ⋅ dτ τ =0 (2) f (t ) ungerade, d.h. f (t ) = fu (t ) = −fu (− t ) 1 F(ω) = − j ⋅ ⋅ a(ω) ⇒ 2 b(ω) = 0 a(ω) = 4 ⋅ ∞ ∫ f (τ) ⋅ sin(ωτ) ⋅ dτ τ =0 Anmerkung: Symmetrieeigenschaften sind nicht nutzbar für F(ω) selbst. - 39 - allgemein Nichtperiodische Vorgänge 3.4 Berechnung von Spektralfunktionen und Herleitung von Rücktransformationsformeln Bei gegebenem f (t ) (auch stückweise zusammengesetzt) ist es grundsätzlich einfach, das zugehörige F(ω) zu berechnen. Umgekehrt aber bildet der Übergang F(ω) f (t ) („Rücktransformation“) zunächst Schwierigkeiten, da ja das Rücktransformationsintegral (Parameterintegral mit t als Parameter) ∞ 1 ⋅ ∫ F ( ω) ⋅ e jωt ⋅ dω f (t) = 2π ω=−∞ die geschlossene Darstellung einer stückweise zusammengesetzten Zeitfunktion sein kann, die dann wieder original herauskommen muß. Mangels Stoffkenntnissen in Funktionentheorie kann hier leider nicht die mathematische Herleitung gebracht werden. Es bietet sich demnach die folgende Vorgehensweise an: Man kennt ja das (gegebene) f (t ) , das nach Hin- und Rücktransformation wieder herauskommen muß. Auf diese Weise lassen sich für einige wesentliche Zeitfunktionen die wichtigsten Rücktransformationsformeln herleiten, die man bei Schaltvorgängen immer wieder braucht. 1.Beispiel (Einschaltvorgang) f (t ) Die folgende, in Tabellenform angeschriebene, Zeitfunktion f (t ) sei gegeben: Für die dazugehörige Spektralfunktion F(ω) erhält man dann: ∞ ∫ f (t ) ⋅ e t = −∞ ∞ = E⋅ − jωt t<0 −βt t>0 ∫e − ( jω + β )⋅ t Substitution: z = ( jω + β ) ⋅ t dz = jω + β dt t=0 → z=0 t=∞ → z=∞ ⋅ e − jωt ⋅ dt z t =0 0 ⋅ dt ∫e t =0 ∞ = E⋅ E ⋅ e −β t für : t < 0 für : t > 0 0 f (t ) = − βt E ⋅ e F(ω) = E ⋅ dt ∞ 1 = E⋅ ⋅ ∫ e − z ⋅ dz β + jω z = 0 ∞ 1 1 E 1 = E⋅ ⋅ − e− z 0 = E⋅ = ⋅ β + jω β + jω j ω − jβ [ ] oder - 40 - t Nichtperiodische Vorgänge ω β F(ω) = E ⋅ 2 − j⋅ 2 2 ω + β 2 ω +β Die „Hintransformation“ F(ω) f (t ) stellt, wie erwartet, kein Problem dar. Doch jetzt zur „Rücktransformation“: F(ω) f (t ) Diese Umkehrung muß natürlich wieder das ursprüngliche f (t ) ergeben. Man kann also (ohne irgendwas zu rechnen) sofort hinschreiben: ∞ ∞ 1 E e jωt 0 jωt f (t ) = ⋅ ∫ F(ω) ⋅ e ⋅ dω = ⋅ ∫ ⋅ dω = − βt 2π ω = −∞ 2πj ω = −∞ ω − jβ E ⋅ e für : t < 0 für : t > 0 Das Parameterintegral (t=Parameter) „zerplatzt“ in die Tabelle. Aus diesem Beispiel läßt sich folgende allgemeine Rechenregel (für die Rücktransformation) ableiten: Ist eine komplexe Zeitfunktion gegeben ( ων : fest) 0 f (t ) = jων t e für : t < 0 für : t > 0 ων = Ω + j β wobei Im{ ων } = β > 0 sein muß so ergibt sich für die zugehörige Spektralfunktion (entsprechend Beispiel 1: E = 1, ων = jβ , β = − jων ) mit: F(ω) = ∞ ∫e − j⋅(ω−ων )⋅t t =0 1 1 ⋅ dt = ⋅ j ω − ων und die Rücktransformation liefert die wichtige Formel: ∞ 1 e jωt 0 ⋅ ∫ ⋅ dω = jων t 2πj ω=−∞ ω − ων e für : t < 0 für : t > 0 mit: Im{ ων } > 0 (wegen Konvergenz!) 2.Beispiel (Abschaltvorgang) f (t ) Die folgende, in Tabellenform angeschriebene, Zeitfunktion f (t ) sei gegeben: βt f (t ) = E ⋅ e 0 E E ⋅ eβ t für : t < 0 für : t > 0 Für die dazugehörige Spektralfunktion F(ω) erhält man dann: t<0 - 41 - 0 t>0 t Nichtperiodische Vorgänge ∞ F(ω) = ∫ f (t ) ⋅ e t = −∞ 0 ∫e = E⋅ t = −∞ 0 = E⋅ ∫e βt − jωt ⋅ dt Substitution: z = (− jω + β ) ⋅ t dz = − jω + β dt t = −∞ → z = −∞ t=0 → z=0 ⋅ e − jωt ⋅ dt z (− jω+ β )⋅ t ⋅ dt t = −∞ 0 1 = E⋅ ⋅ ∫ e z ⋅ dz β − jω z = −∞ 0 1 1 E 1 = E⋅ ⋅ ez −∞ = E⋅ = − ⋅ β − jω β − jω j ω + jβ Analog zu Beispiel 1 muß die Umkehrung natürlich wieder das ursprüngliche f (t ) ergeben. Man kann also sofort hinschreiben (für β > 0 ): [ ] ∞ ∞ βt 1 E e jωt f (t ) = ⋅ ∫ F(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω = − ⋅ ∫ ⋅ dω = E ⋅ e 2π ω = −∞ 2πj ω = −∞ ω + jβ 0 für : t < 0 für : t > 0 Aus diesem Beispiel läßt sich folgende allgemeine Rechenregel (für die Rücktransformation) ableiten: Ist eine komplexe Zeitfunktion gegeben ( ων : fest) jων t f (t ) = − e 0 für : t < 0 für : t > 0 ων = Ω + j β wobei Im{ ων } = β < 0 sein muß so ergibt sich für die zugehörige Spektralfunktion (entsprechend Beispiel 2: E = −1 , ων = − jβ , β = jων ) mit: F(ω) = ∞ ∫e t =0 − j⋅(ω−ων )⋅t 1 1 ⋅ dt = ⋅ j ω − ων und die Rücktransformation liefert die wichtige Formel: ∞ 1 e jωt jων t ⋅ ∫ ⋅ dω = − e 2πj ω= −∞ ω − ων 0 mit: für : t < 0 für : t > 0 Im{ ων } < 0 (wegen Konvergenz!) Zusammenfassend gilt also: − e jων t für : t < 0 für : Im{ ων } < 0 0 für : t > 0 ∞ jωt 1 e ⋅ ∫ ⋅ dω = 2πj ω= −∞ ω − ων 0 für : t < 0 für : Im{ ων } > 0 e jων t für : t > 0 - 42 - Nichtperiodische Vorgänge Eine weitere wichtige Rücktransformationsformel erhält man hieraus durch Partialbruchzerlegung: ∞ ∞ ∞ e jωt ⋅ dω e jωt ⋅ dω e jωt ⋅ dω A B = ⋅ + ⋅ ∫ (ω − ω1) ⋅ (ω − ω2 ) ∫ (ω − ω1) ∫ (ω − ω2 ) ω= −∞ ω= −∞ ω= −∞ Wie man leicht zeigen kann, ist 1 A= ω1 − ω2 und −1 B = −A = ω1 − ω2 ψ ( ω) = → 1 A B = + ( ω − ω1 ) ⋅ ( ω − ω2 ) ( ω − ω1 ) ( ω − ω2 ) A = ( ω − ω1 ) ⋅ ψ ( ω) ω−ω1 B = ( ω − ω2 ) ⋅ ψ ( ω) ω−ω2 1 ω1 − ω2 1 = ω2 − ω1 = Damit ergibt sich eine weitere Rücktransformationsformel: ∞ 1 e j ωt ⋅ ⋅ dω = 2πj ω =∫−∞ (ω − ω1 ) ⋅ (ω − ω2 ) − e jω1t + e jω 2 t für : t < 0 für : Im{ ω1} < 0 Im{ ω } < 0 ω1 − ω2 2 0 für : t > 0 jω t − e 1 für : t < 0 ω − ω Im{ ω1} < 0 2 = 1 für : jω 2 t Im{ ω2 } > 0 − e für : t > 0 ω − ω 1 2 0 für : t < 0 Im{ ω1} > 0 e jω1t − e jω2 t für : für : t > 0 Im{ ω2 } > 0 ω1 − ω2 So erhält man, ausgehend von der ersten Formel die wichtigsten Rücktransformationsformeln, z.B. auch: ∞ 1 ω ⋅ e j ωt ⋅ d ω ⋅ = 2πj ω =∫−∞ (ω − ω1 ) ⋅ (ω − ω2 ) ⋅ (ω − ω3 ) für : t < 0 0 jω 3 t jω1t jω 2 t ω3 ⋅ e ω1 ⋅ e ω2 ⋅ e = für : t > 0 + + (ω − ω ) ⋅ (ω − ω ) (ω − ω ) ⋅ (ω − ω ) (ω − ω ) ⋅ (ω − ω ) 2 1 3 2 1 2 3 3 1 3 2 1 mit: Im{ ων } ≥ 0 - 43 - (wegen Konvergenz!) Nichtperiodische Vorgänge Anmerkung zu den Rücktransformationsformeln Der Integrand in den Formeln ( F(ω) ⋅ e jωt ) hat „Pole“ (Unendlichkeitsstellen, Nullstellen des Nenners). Diese Pole liegen bei den komplexen Frequenzen ων = Ω ν + jβ ν . Dabei musste bisher sein: Im{ ων } = βν > 0 oder Im{ ων } = β ν < 0 . Diese beiden Fälle sind unproblematisch. Was passiert aber bei dem Grenzfall βν = 0 ? Wird in den oben erwähnten Rücktransformationsformeln auch der Grenzfall βν = 0 zugelassen, dann stellt das eine Verletzung des Zuordnungssatzes dar. Dies ist aber nicht weiter störend, wie man an den Schaltungsbeispielen in Kap.3.5 sehen wird. Diese Problematik wird an Beipiel 1 (Einschalten einer abklingenden Exponentialfunktion) im folgenden veranschaulicht. Von der allgemeinen Rücktransformationsformel ∞ 1 e jωt 0 ⋅ ∫ ⋅ dω = jων t 2πj ω=−∞ ω − ων e für : t < 0 für : t > 0 mit: Im{ ων } > 0 kommt man zu erwähntem Beispiel 1, indem ων = jβ (rein imaginär, β > 0 ) gesetzt wird. Es ergibt sich dann f (t ) = ∞ 1 e jωt 0 ⋅ ∫ ⋅ dω = −βt 2πj ω= −∞ ω − jβ e mit: f (t ) F(ω) = ∞ für : t < 0 1 = ⋅ F(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω für : t > 0 2π ∫ ω= −∞ f (t ) 1 β ω = 2 − j⋅ 2 = Fg (ω) + j ⋅ Fu (ω) 2 β + jω ω + β ω + β2 Die Zeitfunktion ist reell. Für das Spektrum gilt: Re{ F(ω)} ist eine in ω gerade Funktion, Im{ F(ω)} ist eine in ω ungerade Funktion. Entsprechend dem Zuordnungssatz (Kap.3.4) gilt nun (für eine reelle Zeitfunktion f (t ) ) f (t ) = fg (t ) + F(ω) = Fg (ω) + fu (t ) j ⋅ Fu (ω) wobei fg (t ) = 1 ⋅ (f (t ) + f (− t )) 2 und 1 ⋅ (f (t ) − f (− t )) 2 ist. Eine grafische Veranschaulichung dieses Sachverhalts ist in nachfolgenden Abbildungen dargestellt. fu (t ) = - 44 - Nichtperiodische Vorgänge f (t ) 1 β↑ t Fg (ω) = Re{F(ω)} = fg (t ) β↑ 1 2 β 2 ω + β2 β↑ ω t Fu (ω) = Im{F(ω)} = fu (t ) 1 2 ω + β2 β↑ ω t 1 − 2 β↑ Bildet man das Integral über Re{ F(ω)} ∞ −ω 2 ∞ 1 1 1 ⋅ ∫ Fg (ω) ⋅ dω = ⋅ ∫ Fg (ω) ⋅ e jω⋅0 ⋅ dω = fg (t = 0 ) = , 2π ω = −∞ 2π ω = −∞ 2 =1 so zeigt sich, dass dieses unabhängig von β ist. - 45 - Nichtperiodische Vorgänge Nun zum Grenzfall β = 0 : 1 bildet, so erhält man ein rein β→0 jω imaginäres Spektrum, d.h. die Zeitfunktion f (t ) müßte ungerade sein (Zuordnungssatz). Das ist sie aber nicht. Wenn man achtlos den Grenzübergang lim {F(ω)} = f (t ) f (t ) β = 0 = 0 für : t < 0 1 für : t > 0 1 0 t Vielmehr sieht es jetzt so aus: f (t ) 1 t Re{ F(ω)} fg (t ) 1 2 t ω fu (t ) Im{F(ω)} 1 2 − 1 2 t ω - 46 - Nichtperiodische Vorgänge Der Grenzübergang liefert also folgendes Ergebnis: lim{ Re{ F(ω)}} = π ⋅ δ(ω) β =0 1 ω δ(ω) = „Delta-Funktion“ oder „Dirac-Funktion“: „Distribution“ δ(ω) = 0 für : ω ≠ 0 Definition: ∞ für : ω = 0 lim{Im{F(ω)}} = − β =0 ∞ mit: ∫ δ(ω) ⋅ dω = 1 ω = −∞ Es gilt also mathematisch exakt: f (t ) = 0 für : t < 0 1 für : t > 0 F(ω) = π ⋅ δ(ω) + „Einheitssprung“, „Treppenfunktion“ 1 jω „versteckte Dirac-Funktion“ Damit erhält man für den Fall β = 0 : 1 j ⋅ Fu (ω) = jω 1 − f (t ) = 2 1 2 für : t < 0 für : t > 0 Fg (ω) = π ⋅ δ(ω) 1 1 1 f (t ) = ⋅ ∫ δ(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω = ⋅ e j0 t = 2 ω = −∞ 2 2 ∞ (für : − ∞ < t < ∞) So eine Geschichte passiert immer, wenn bei den Rücktransformationsformeln ein Pol auf der reellen Achse liegt ( Im{ ων } = 0 ). Wenn man diesen Pol bei der Frequenzintegration (längs der reellen ω-Achse) entzweischneidet, befolgt man den Zuordnungssatz richtig, und man erhält Funktionen, die auch für t < 0 endlich sind. Die Korrektur erfolgt durch die Dirac-Funktion im Realteil des Spektrums. Normalerweise läßt man die δ-Funktion weg, d.h. man rechnet den Pol auf der reellen ω-Achse ganz zur oberen oder ganz zur unteren ω-Halbebene. Dann verletzt man zwar die Symmetrieregeln (Zuordnungssatz). Es kommt aber trotzdem alles richtig heraus, wenn man denselben „Fehler“ bei der Hin- und Rücktransformation macht, d.h. in unseren Rücktransformationsformeln auch Im{ ων } = 0 zuläßt. Am besten sieht man das an den folgenden Beispielen (Kap.3.5). - 47 - Nichtperiodische Vorgänge 3.5 Elektrische Schaltvorgänge Gegenstand dieses Kapitels ist die Diskussion von „instationären“ oder „Ausgleichsvorgängen“. Dazu werden Schaltungen mit linearen, konstanten Schaltelementen (passiv) untersucht. Die Zielsetzung besteht in der Anwendung des komplexen Fourierintegrals auf Schaltvorgänge und Lösung desselben Problems mittels Differentialgleichungen (zum Vergleich). Eine denkbare Aufgabenstellung sieht folgendermaßen aus: Am Eingang einer Serienschaltung aus R und L liegt die Spannung u(t ) , deren Zeitverlauf gegeben ist. Gesucht ist der Zeitverlauf des u(t ) Stromes i(t ) Gegeben: Gesucht: i(t ) R L u(t ) , „Erregung“ i(t ) , „Antwort“ a) Wenn u(t ) rein sinusförmig (eingeschwungen) ist, dann findet natürlich die komplexe Rechnung wie im 2.Trimester Anwendung: u(t ) = U ⋅ e jωt = U ⋅ e jϕU ⋅ e jωt i(t ) = Ι ⋅ e jωt = Ι ⋅ e jϕ Ι ⋅ e jωt U , Ι „komplexe Amplituden“ Es gilt dann mit dem komplexen Widerstand Z(ω) : U Ι= Z(ω) b) Wenn u(t ) und i(t ) nicht sinusförmig und instationär sind, setzt man nach Fourier u(t ) und i(t ) aus lauter eingeschwungenen „Bestandteilen“ 1 ⋅ U(ω) ⋅ dω ⋅ e jωt 2π " dU" 1 ⋅ Ι(ω) ⋅ dω ⋅ e jωt 2π " dΙ " zusammen: u(t ) = ∞ 1 ⋅ U(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω =∫−∞ ∞ 1 i(t ) = ⋅ ∫ Ι(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω = −∞ Für jeden „Bestandteil“ gilt (weil eingeschwungen) das komplexe ohmsche Gesetz: 1 1 ⋅ U(ω) ⋅ dω = ⋅ Ι(ω) ⋅ dω ⋅ Z(ω) 2π 2π - 48 - Nichtperiodische Vorgänge 1 1 U(ω) ⋅ Ι(ω) = ⋅ 2π 2π Z(ω) Für die Spektralfunktionen gilt also dasselbe wie für die komplexen Amplituden im 2.Trimester. gegeben u(t ) U(ω) → U(ω) = Ι(ω) Z(ω) i(t ) Schaltung Anmerkung: Die Erregung (hier u(t ) ) muß im gesamten Zeitbereich − ∞ < t < ∞ definiert sein Einschalten einer Gleichspannung an R-L-Serienschaltung: A Lösung mit Fourier-Methode S Gegeben ist u(t ) als Sprungfunktion: u(t ) = 0 für : t < 0 E für : t > 0 u(t ) R E u(t ) E b) c) L t 0 a) i(t ) Zunächst wird die Spektralfunktion der Spannung gebildet: E u(t ) U(ω) = (vgl. das über β → 0 in Kap.3.4 gejω zeigte; δ weglassen) U(ω) U(ω) E 1 Ι(ω) = = = ⋅ Z(ω) R + jωL j ω ⋅ (R + jωL ) Dieser Ausdruck muß (will man die Rücktransformationsformeln anwenden) 1 gebracht werden: auf die Form (ω − ω1 ) ⋅ (ω − ω2 ) E 1 1 Ι(ω) = ⋅ ⋅ R j jL ω⋅ ω − j ⋅ L Jetzt erfolgt die Rücktransformation: ∞ ∞ 1 E 1 i(t ) = ⋅ ∫ Ι(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω = ⋅ ⋅ 2π ω = −∞ 2πj jL ω =∫−∞ also: ω1 = 0 - 49 - e jωt ⋅ d ω R ω ⋅ ω − j ⋅ L Nichtperiodische Vorgänge ω2 = j ⋅ R L Die Rücktransformationsformel lautet: für : 0 ∞ 1 e j ωt e jω1t − e jω2t ⋅ ⋅ dω = für : 2πj ω=∫−∞ (ω − ω1 ) ⋅ (ω − ω2 ) ω1 − ω2 Damit erhält man als Ergebnis: für : t < 0 0 R 0 R 1 1 − e − L ⋅t E − ⋅t i(t ) = E ⋅ ⋅ = für : t > 0 ⋅ 1− e L jL R R 0 − j⋅ L t<0 t>0 für : t < 0 für : t > 0 i(t ) E R t L T= R („Zeitkonstante“) B Lösung mit Differentialgleichung S Zur Zeit t = 0 wird Schalter S geschlossen. A Für t > 0 gilt folgende DifferentialE gleichung: E = R ⋅ i(t ) + L ⋅ oder i(t ) R L di(t ) dt B di(t ) R E + ⋅ i(t ) = dt L L (inhomogene Differentialgleichung 1.Ordnung mit konstanten Koeffizienten, Lösung mit den bekannten Methoden der Mathematik) - 50 - Nichtperiodische Vorgänge 1) verkürzte Gleichung (homogen): „freier“ Vorgang, (Kurzschluß A-B) di f (t ) R + ⋅ i f (t ) = 0 dt L di f (t ) R = − ⋅ dt if (t ) L R ln(i f (t )) = − ⋅ t + konst. L R − ⋅t A ⋅e L 2) ⇒ i f (t ) = (allgemeine Lösung der verkürzten Gleichung) erweiterte Gleichung (inhomogen): partikuläre Lösung der erweiterten Gleichung durch „Probieren“: Man wählt hierzu die stationäre Lösung für t → ∞ : E ist = R sie befriedigt die erweiterte Differentialgleichung dist (t ) R E + ⋅ ist (t ) = dt L L =0 3) = E R Allgemeine Lösung der erweiterten Gleichung = Allgemeine Lösung der verkürzten Gleichung + partikuläre Lösung der erweiterten Gleichung E R Nun ist noch die Konstante A zu bestimmen: Man erhält sie aus den „Anfangsbedingungen“. Jetzt wird das Resultat der „Vorgeschichte“ benötigt (die in der Fouriermethode schon enthalten ist, da dort u(t ) von − ∞ < t < ∞ definiert war). Hier soll gefordert werden: Der Energiespeicher L ist vor dem Einschalten „leer“, d.h. 1 ⋅ L ⋅ i2 = 0 für t < 0 , d.h. i = 0 für t < 0 (Schalter offen). Dann muß auch sein: 2 i = 0 für t = 0 (Anfangsbedingung, denn der Strom durch eine Spule darf nicht di springen; uL = L ⋅ L < ∞ ). dt Also: E E i(t = 0 ) = 0 = A + ⇒ A=− R R Somit erhält man als Lösung: R − ⋅ t für t > 0, d.h. im Geltungsbe reich der E i(t ) = ⋅ 1 − e L Differentialgleichung R i(t ) = 0 für t < 0 (war gefordert) i(t ) = i f (t ) + ist = 4) R − ⋅t A ⋅e L + - 51 - Nichtperiodische Vorgänge Zusammenfassung Schaltvorgänge 1) Problem: Gegeben: Gesucht: lineares passives Netzwerk (R, L, C) „Erregung“ fE (t ) , (Ursache) „Antwort“ f A (t ) , (Folge) Netzwerk (R, L, C) fE (t ) f A (t ) 2) Behandlung mittels Fourier-Transformation fE (t ) FE (ω) FE (ω) ⋅ ü(ω) = F A (ω) fA (t ) ü(ω) = komplexer „Übertragungsfaktor“ des Netzwerks. 3) Behandlung mittels Differentialgleichung Lineare Schaltelemente: uR (t ) = R ⋅ iR (t ) di (t ) uL (t ) = L ⋅ L dt duC (t ) iC (t ) = C ⋅ dt Kirchhoffsche Gleichungen; Eliminieren aller übrigen Größen liefert: 1 Differentialgleichung für f A (t ) bei gegebenem fE (t ) für t > 0 . (Ordnung n = Anzahl der unabhängigen Energiespeicher). Lösung dieser Differentialgleichung unter Berücksichtigung der n Anfangsbedingungen (Speicherinhalte, Erregung) ⇒ f A (t ) . Beachte: iL (t ) , uC (t ) dürfen nicht „springen“! 4) Bemerkungen zum Vergleich beider Methoden a. Fourier: fE (t ) für − ∞ < t < ∞ definiert, f A (t ) kommt automatisch richtig (kausal) heraus b. Differentialgleichung: Gilt nur für t > 0 ; fE (t ) nur für t > 0 definiert, „Vorgeschichte“ extra zu berücksichtigen ⇒ Anfangsbedingungen Man beachte den Unterschied im Beispiel: Fourier: u(t ) = 0 erzwungen für t < 0 d.h. di(t ) R ⋅ i(t ) + L ⋅ = 0 für t < 0 dt und S i(t ) R E u(t ) - 52 - L Nichtperiodische Vorgänge R ⋅ i(t ) + L ⋅ di(t ) = E für t > 0 dt Differentialgleichung: i(t ) = 0 erzwungen für t < 0 und di(t ) R ⋅ i(t ) + L ⋅ = E für t > 0 dt S i(t ) R L E Einschalten einer Wechselspannung an R-L-Serienschaltung A Lösung mit Differentialgleichung S i(t ) t=0 R u(t ) L Gegeben: Erregung u(t ) für t > 0 Zur Zeit t = 0 wird u(t ) „angelegt“. Erregung für t > 0 definiert: u(t ) = Û ⋅ sin(Ωt + ϕ) u(t ) Û π ϕ − Û 2π 0 Gesucht: i(t ) für t > 0 Differentialgleichung: di(t ) = Û ⋅ sin(Ωt + ϕ) dt di(t ) R Û + ⋅ i(t ) = ⋅ sin(Ωt + ϕ) dt L L R ⋅ i(t ) + L ⋅ Lösung der verkürzten (homogenen) Gleichung: R − ⋅t di f (t ) R + ⋅ if (t ) = 0 ⇒ if (t ) = A ⋅ e L dt L Partikuläre Lösung der erweiterten Gleichung: - 53 - 3π Ωt Nichtperiodische Vorgänge Hierfür wird die stationäre Lösung ist (t ) = i(t ) für t → ∞ gewählt. Diese ist natürlich vom 2.Trimester her längst bekannt: Û ist (t ) = ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) Z Z = R 2 + (ΩL )2 ΩL tan(ϕ Z ) = R Damit ergibt sich als gesamte Lösung: mit: R − ⋅t A⋅e L Û ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) Z Zur Bestimmung der Konstanten A wird eine Anfangsbedingung benötigt: Û i(t = 0 ) = 0 = A + ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) Z Û A = − ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) ⇒ Z Das Endergebnis lautet also: R − ⋅t Û i(t ) = ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) − e L ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) für t > 0 Z i(t ) = i f (t ) + ist (t ) = + Diskussion des Ergebnisses: Das Ergebnis setzt sich aus 2 Anteilen zusammen: Û ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) = ist (t ) Z bleibt allein übrig für t → ∞ , stationärer Endzustand (2.Trimester). R Û − ⋅ t − ⋅ e L ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) = i f (t ) Z „Störung“ durch Einschalten, die mit L T = , abklingt. R - 54 - R − ⋅t e L =e − t T , d.h. mit „Zeitkonstante“ Nichtperiodische Vorgänge i(t ) Hier gezeichnet für: π ϕ − ϕZ = − 4 R − ⋅t e L Û Z Û Z Û Z 0 − Û Z i(t = 0 ) = 0 2π 0 − Ωt 4π 6π 8π 10 π Û ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) Z Wichtige Spezialfälle: (1) Bei ϕ − ϕ Z = ± π , d.h. sin(ϕ − ϕ Z ) = ±1, am Anfang hohe Amplituden, d.h. 2 × 2 Endamplitude i(t ) 2⋅ Û Z 0 0 2π Ωt (2) Bei ϕ = ϕ Z , d.h. sin(ϕ − ϕ Z ) = 0 (im richtigen Zeitpunkt einschalten) tritt die „Schaltstörung“ gar nicht auf, da ja dann die stationäre Stromschwingung Û ⋅ sin(Ωt ) allein schon die Anfangsbedingung i(t = 0 ) = 0 erfüllt: Z - 55 - Nichtperiodische Vorgänge i(t ) Û Z 0 Ωt 2π 0 Anmerkung: Vorsicht also beim Einschalten von Selbstinduktionen, Sicherung kann durchbrennen, wenn man einen dummen Einschaltzeitpunkt erwischt. B Lösung mit Fourier-Methode Dasselbe Beispiel soll nun nach Fourier behandelt werden. Hierzu ist aber vorher noch eine grundsätzliche Zwischenbetrachtung sinnvoll: Spektralfunktion modulierter Signale Verschiebungssätze: a) „Modulation“ im Zeitbereich Verschiebung im Spektrum f (t ) = fH (t ) ⋅ e jΩt ∞ FH (ω) = fH (t ) ∫ fH (t ) ⋅ e − jωt ⋅ dt t = −∞ ∞ F(ω) = f (t ) ∫ f (t ) ⋅ e − jωt ∞ ⋅ dt = t = −∞ ∫ fH (t ) ⋅ e − j⋅(ω−Ω )⋅t ⋅ dt = FH (ω − Ω ) t = −∞ b) analog umgekehrt: „Modulation“ im Spektralbereich Verschiebung in der Zeitfunktion F(ω) = FH (ω) ⋅ e − jωT ∞ FH (ω) 1 ⋅ ∫ FH ( ω) ⋅ e jωt ⋅ dω fH ( t ) = 2π ω=−∞ F ( ω) f (t) = ∞ ∞ 1 1 jω t − T ⋅ ∫ F ( ω) ⋅ e jωt ⋅ dω = ⋅ ∫ FH ( ω) ⋅ e ( ) ⋅ dω = fH ( t − T ) 2π ω=−∞ 2π ω=−∞ - 56 - Nichtperiodische Vorgänge Gegeben sei eine Sinusschwingung mit zeitabhängiger Amplitude: f (t ) fH (t ) (Hüllkurve) sin(Ωt + ϕ) 0 t f (t ) = fH (t ) ⋅ sin(Ωt + ϕ) Das Spektrum der Hüllkurve lässt sich nach bekanntem Muster berechnen: ∞ FH (ω) = fH (t ) ∫ fH (t ) ⋅ e − j ωt ⋅ dt t = −∞ Wie kann man nun das Spektrum der gesamten gegebenen Zeitfunktion F(ω) f (t ) durch das Spektrum der Hüllkurve fH (t ) FH (ω) ausdrücken? Für die gegebene Zeitfunktion gilt: 1 f (t ) = fH (t ) ⋅ ⋅ e j⋅(Ωt + ϕ) − e− j⋅(Ωt + ϕ) 2j ( F(ω) = ∞ ∫ f (t ) ⋅ e t = −∞ = = ∞ − j ωt ) ⋅ dt ( ) 1 ⋅ ∫ fH (t ) ⋅ e j⋅(Ωt +ϕ ) − e − j⋅(Ωt +ϕ ) ⋅ e − jωt ⋅ dt 2 j t = −∞ ∞ ∞ 1 jϕ ⋅ e ⋅ ∫ fH (t ) ⋅ e − j⋅(ω−Ω )⋅t ⋅ dt − e − jϕ ⋅ ∫ fH (t ) ⋅ e − j⋅(ω+ Ω )⋅t ⋅ dt 2j t = −∞ t = −∞ ( ) ( ) ω − Ω F F ω + Ω H H - 57 - Nichtperiodische Vorgänge f (t ) = fH (t ) ⋅ sin(Ωt + ϕ) „Verschiebungssatz“ F(ω) = ( ) 1 ⋅ e jϕ ⋅ FH (ω − Ω ) − e − jϕ ⋅ FH (ω + Ω ) 2j Anmerkung: Man hätte natürlich auch cos(Ωt + ϕ) oder e j⋅(Ωt + ϕ ) ansetzen können. Dieser Verschiebungssatz soll nun im Beispiel (Einschalten einer Wechselspannung an R-L-Serienschaltung) angewendet werden. S i(t ) R t=0 u(t ) Die Hüllkurve ist hier die schon behandelte Treppenfunktion. 0 für : t < 0 u(t ) = Û ⋅ sin Ω t + ϕ für : t>0 ( ) L uH (t ) Û π ϕ − Û 0 für : t < 0 uH (t ) = Û für : t > 0 2π 3π Ωt 0 u(t ) UH (ω) = Û jω (ohne δ(ω) ) Unter Berücksichtigung des Verschiebungssatzes ergibt sich damit für das Spektrum der „Erregung“: 1 Û e jϕ e − jϕ − U(ω) = ⋅ ⋅ 2 j j ω − Ω ω + Ω - 58 - Nichtperiodische Vorgänge Das Spektrum des Stromes („Antwort“) lautet: U(ω) U(ω) Ι(ω) = = Z(ω) R + jωL jϕ − jϕ e e 1 Û 1 = ⋅ ⋅ ⋅ − R R 2 j j jL (ω − Ω ) ⋅ ω − j (ω + Ω ) ⋅ ω − j L L Nun wird die Rücktransformation durchgeführt, um den Zeitverlauf der „Antwort“ zu erhalten: i(t ) = ∞ 1 ⋅ ∫ Ι(ω) ⋅ e jωt ⋅ dω 2π ω=−∞ = 1 ⋅ 2j = 1 ⋅ 2j mit: ∞ ∞ jω t j ωt e ⋅ dω e ⋅ dω 1 Û jϕ − jϕ ⋅ ⋅ e ⋅ ∫ −e ⋅ ∫ R R jL 2πj ω= −∞ (ω + Ω ) ⋅ ω − j ω= −∞ (ω − Ω ) ⋅ ω − j L L ∞ ∞ e j ωt ⋅ d ω e j ωt ⋅ d ω 1 Û jϕ ⋅ ⋅ e ⋅ ∫ − e − jϕ ⋅ ∫ ( ) ( ) ( ) ( ) ω − ω ⋅ ω − ω ω − ω ⋅ ω − ω jL 2πj a1 a2 b1 b2 ω= −∞ ω= −∞ ωa1 = Ω ωb1 = −Ω ωa2 = ωb2 = j R L Mit der bereits bekannten Rücktransformationsformel für : t < 0 0 ∞ 1 e jωt ⋅ dω e jω1t − e jω2t ⋅ = für : t > 0 2πj ω=∫−∞ (ω − ω1 ) ⋅ (ω − ω2 ) ω1 − ω2 erhält man i(t ) = 0 für: t<0 und für t > 0 : R R − t − t − jΩt jΩt L −e L 1 Û e −e e ⋅ ⋅ e jϕ ⋅ − e − jϕ ⋅ i(t ) = R R 2 j jL Ω−j −Ω− j L L R R − t − t − jΩt jΩt L −e L e −e e Û = ⋅ e jϕ ⋅ − e − jϕ ⋅ = ... 2j R + jΩL R − jΩL mit: R + jΩL = Z = Z ⋅ e jϕZ R − jΩL = Z* = Z ⋅ e − jϕZ - 59 - Nichtperiodische Vorgänge R R − t − t Û 1 j⋅(ϕ−ϕZ ) jΩt − j⋅(ϕ−ϕZ ) − jΩt L ⋅ ⋅ e ⋅ e −e −e ⋅ e − e L i(t ) = Z 2j R − t Û 1 j⋅(Ωt + ϕ−ϕZ ) = ⋅ ⋅ e − e − j⋅(Ωt + ϕ−ϕZ ) − e L ⋅ e j⋅(ϕ−ϕZ ) − e − j⋅(ϕ−ϕZ ) Z 2j R − t Û = ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) − e L ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) Z Man erhält selbstverständlich dasselbe Ergebnis wie mit der Lösung durch Differentialgleichung. ( ) ( ) Anmerkung: Die Differentialgleichung führt hier scheinbar rascher zum Ziel. Die Schwierigkeit bei der Fouriermethode liegt aber nicht an der Methode, sondern an der Umrechnung nach der Rücktransformation. Wenn man gute Tabellen hat, geht’s oft mit der Fouriermethode schneller. Das hängt auch sehr vom behandelten Fall ab. Der Vorteil der Fouriermethode ist die komplexe Berechnung des Übertragungsfaktors. Einschalten einer Wechselspannung am Serienresonanzkreis Dieses Beispiel soll im Rahmen dieser Vorlesung nur mit der Differentialgleichungsmethode untersucht werden. Gegeben: Gesucht: R, L, C und Erregung: u(t ) = Û ⋅ sin(Ωt + ϕ) für t > 0 Alle Speicher leer für t < 0 ! (bzw. Inhalte gegeben) i(t ) für t > 0 S i(t ) t=0 R L u(t ) C Zunächst muß die Differentialgleichung (für t > 0 ) für die gesuchte Größe aufgestellt werden: u(t ) = uR (t ) + uL (t ) + uC (t ) mit: uR (t ) = R ⋅ i(t ) di(t ) uL (t ) = L ⋅ dt - 60 - Nichtperiodische Vorgänge duC (t ) 1 bzw. uC (t ) = ⋅ ∫ i(t ) ⋅ dt C dt Um das Integral zu vermeiden wird als gesuchte Zeitfunktion anstelle von i(t ) die Ladung q(t ) auf C eingeführt: dq(t ) i(t ) = dt Für die Einzelspannungen an den Bauelementen erhält man damit: dq(t ) uR (t ) = R ⋅ dt 2 d q(t ) uL (t ) = L ⋅ dt 2 q(t ) uC (t ) = C Es ergibt sich somit eine inhomogene Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten für den Zeitverlauf der Ladung: d2 q(t ) dq(t ) 1 L⋅ +R⋅ + ⋅ q(t ) = u(t ) für t > 0 2 dt C dt i(t ) = C ⋅ d2 q(t ) 1 R dq(t ) 1 ⋅ + ⋅ q(t ) = ⋅ u(t ) L L dt LC dt Es ist sinnvoll, folgende Abkürzungen einzuführen: 1 = ω0 2 LC R R = 2α ) (α = 2L L Mit diesen Abkürzungen lautet die vorherige Differentialgleichung: d2 q(t ) dq(t ) 1 2 ( ) + 2 α ⋅ + ω ⋅ q t = ⋅ u(t ) 0 dt L dt 2 Zur Lösung dieser Differentialgleichung wird nun wieder das übliche Verfahren verwendet: q(t ) = qf (t ) + qst (t ) 2 + (1) Lösung der verkürzten Gleichung, freie Schwingung Zunächst wird die verkürzte Gleichung (homogene Differentialgleichung) betrachtet: d 2 q f (t ) dq (t ) + 2α ⋅ f + ω 0 2 ⋅ q f (t ) = 0 2 dt dt Dies bedeutet physikalisch: u(t ) = 0 i f (t ) R L C qf (t ) - 61 - Nichtperiodische Vorgänge Anmerkung: Damit dieser Kurzschlussfall betrachtet werden kann müssen natürlich 2 1 q 1 ⋅ L ⋅ i2 und W C = ⋅ f 2 2 C dingungen). WL = für t = 0 vorgegeben werden (2 Anfangsbe- Es wird der Lösungsansatz qf (t ) = Q f ⋅ e λt gewählt, der eingesetzt in die Differentialgleichung, zu der folgenden „charakteristischen Gleichung“ führt: λ2 ⋅ Q f ⋅ e λt + 2α ⋅ λ ⋅ Q f ⋅ e λt + ω0 2 ⋅ Q f ⋅ e λt = 0 λ2 + 2α ⋅ λ + ω0 2 = 0 ⇒ Es gibt 2 Lösungen für λ λ1,2 = −α ± α 2 − ω0 2 also auch 2 Lösungen, welche die homogene Differentialgleichung befriedigen: qf 1(t ) = Q f 1 ⋅ e λ 1t qf 2 (t ) = Q f 2 ⋅ e λ 2 t Wenn λ1 ≠ λ 2 ist, dann sind die beiden Lösungen linear unabhängig, d.h. qf 1(t ) nicht proportional zu qf 2 (t ) . Die Mathematik lehrt, dass dann die allgemeine Lösung der verkürzten Gleichung lautet: qf (t ) = qf 1(t ) + qf 2 (t ) = Q f 1 ⋅ e λ 1t + Q f 2 ⋅ e λ 2 t Die Konstanten Q f 1 und Q f 2 müssen nun aus den Anfangsbedingungen für t = 0 bestimmt werden. Es sei i(t = 0 ) = 0 ist und der Kondensator trage zur Zeit t = 0 (vor dem Kurzschluß) die Ladung Q 0 , also: 2 1 Q0 ⋅ ) 2 C if (t = 0 ) = 0 (d.h. WL (t = 0 ) = 0 ) Diese beiden Anfangsbedingungen eingesetzt in die allgemeine Lösung für die homogene Differentialgleichung liefert 2 Gleichungen, aus denen die beiden Konstanten Q f 1 und Q f 2 bestimmt werden können: Q 0 = qf (t = 0 ) = Q f 1 + Q f 2 (Gl.1) dq (t ) i f (t ) = f = λ1 ⋅ Q f 1 ⋅ e λ 1t + λ 2 ⋅ Q f 2 ⋅ e λ 2 t dt i f (t = 0 ) = λ1 ⋅ Q f 1 + λ 2 ⋅ Q f 2 (Gl.2) λ1 ⋅ Q f 1 + λ 2 ⋅ (Q 0 − Q f 1 ) = 0 qf (t = 0 ) = Q 0 t = 0: (d.h. WC (t = 0 ) = Q f 1 ⋅ (λ1 − λ 2 ) = −λ 2 ⋅ Q 0 ⇒ Q f1 = − λ 2 ⋅ Q0 λ1 − λ 2 λ1 λ1 ⋅ Q 0 = λ 2 λ1 − λ 2 Damit erhält man folgende Lösungen: Q f 2 = −Q f 1 ⋅ - 62 - Nichtperiodische Vorgänge Ladung: ( ) Q0 ⋅ − λ 2 ⋅ e λ 1t + λ1 ⋅ e λ 2 t λ1 − λ 2 dq (t ) Q ⋅ λ ⋅ λ i f (t ) = f = 0 1 2 ⋅ − e λ 1t + e λ 2 t dt λ1 − λ 2 qf (t ) = ( Strom: ) Nun können aber nach der charakteristischen Gleichung die λ entweder reell ( ... reell oder 0) oder komplex ( ... imaginär) sein. Es sollen hier beide Fälle (ohne den aperiodischen Grenzfall, ... = 0 ) untersucht werden. (a) „Aperiodischer Fall“: Die beiden Lösungen der charakteristischen Gleichung λ1,2 sind reell, d.h. ... reell. In diesem Fall gilt: α > ω0 R 1 → > 2L LC L 1 → Güte G = C < R 2 λ1 und λ 2 sind reell und < 0 ; die Lösung setzt sich zusammen aus 2 mit unterschiedlichen Zeitkonstanten abklingenden Exponentialfunktionen. Außerdem gilt: λ 2 > λ1 → → λ1 − λ 2 > 0 λ1 ⋅ λ 2 > 0 In nachfolgenden Darstellungen sind Ladungs- und Stromverlauf für λ2 = 5 dargeλ1 stellt. − − λ 2 ⋅ Q0 λ1 − λ 2 λ 2 ⋅ Q0 λ 1t ⋅e λ1 − λ 2 Q0 Ladungsverlauf qf (t ) 0 λ1 ⋅ Q 0 λ1 − λ 2 0 λ1 ⋅ Q 0 λ 2 t ⋅e λ1 − λ 2 - 63 - t Nichtperiodische Vorgänge Q 0 ⋅ λ1 ⋅ λ 2 λ1 − λ 2 Q 0 ⋅ λ1 ⋅ λ 2 λ 2 t ⋅e λ1 − λ 2 Stromverlauf 0 if (t ) − Q 0 ⋅ λ1 ⋅ λ 2 λ1 − λ 2 − 0 Q0 ⋅ λ1 ⋅ λ 2 λ1t ⋅e λ1 − λ 2 t (b) „Periodische Entladung“: Die beiden Lösungen der charakteristischen Gleichung λ1,2 sind komplex, d.h. imaginär. In diesem Fall gilt: 1 Güte G > 2 2 2 ω0 > α Für λ1,2 wird gesetzt: λ1,2 = −α ± j ⋅ ω0 2 − α 2 = −α ± j ⋅ ωE mit: ωE = ω0 2 − α 2 Damit erhält man: λ1 = −α + j ⋅ ωE λ 2 = −α − j ⋅ ωE λ1 − λ 2 = 2 jωE → → λ1 ⋅ λ 2 = α 2 + ωE 2 = ω0 2 Für den Zeitverlauf des Stroms i f (t ) ergibt sich also: i f (t ) ( Q 0 ω0 2 − αt = ⋅e ⋅ − e j ωE t + e − j ωE t 2 jωE Q 0 ω0 2 − αt = − ⋅e ⋅ sin(ωE t ) ωE ) - 64 - („Eigenfrequenz“) ... Nichtperiodische Vorgänge Q 0 ω0 ωE if (t ) 2 e − αt 0 − Q 0 ω0 2 ωE ωE = „Eigenfrequenz“ < ω0 α = „Dämpfung“ 0 t 2π T= ωE Der Zeitverlauf des Stroms ist eine gedämpfte Schwingung, wobei der Serienresonanzkreis mit seiner „Eigenfrequenz“ ωE ausschwingt. Bzgl. Eigenfrequenz und Resonanzfrequenz des Kreises gilt: ωE < ω0 . Nur im dämpfungsfreien Fall ( α = 0 , d.h. R = 0 ) ist ωE = ω0 . (Die „Resonanzfrequenz“ ω0 war auch dadurch definiert, daß im stationären Fall Strom und Spannung in Phase sind.) (2) Lösung der erweiterten Gleichung, erzwungene Schwingung Die Lösung der erweiterten Gleichung (inhomogene Differentialgleichung) setzt sich zusammen aus der freien Schwingung und der erzwungenen Schwingung q(t ) = qf (t ) + qst (t ) wobei der Lösungsansatz für die freie Schwingung qf (t ) = Q f 1 ⋅ e λ 1t + Q f 2 ⋅ e λ 2 t gültig bleibt. Selbstverständlich müssen jetzt die Konstanten Q f 1 und Q f 2 neu bestimmt werden. (Man muß immer erst die Differentialgleichung, die man braucht, ganz lösen und dann aus den Anfangsbedingungen die Konstanten bestimmen.) Es wird also zunächst die partikuläre Lösung der erweiterten Gleichung benötigt. Hierfür wird natürlich wieder die wohlbekannte Lösung für den stationären Fall benutzt: Û ist (t ) = ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) Z - 65 - Nichtperiodische Vorgänge mit (vgl. 2.Trimester): 1 Z = R + ΩL − ΩC 1 ΩL − ΩC tan(ϕ Z ) = R 2 2 dqst (t ) gilt: dt Û qst (t ) = − ⋅ cos(Ωt + ϕ − ϕ Z ) ΩZ Damit erhält man als gesamte Lösung (allgemeine Lösung der erweiterten Gleichung): Û q(t ) = Q f 1 ⋅ e λ 1t + Q f 2 ⋅ e λ 2 t − ⋅ cos(Ωt + ϕ − ϕ Z ) ΩZ Û i(t ) = λ1 ⋅ Q f 1 ⋅ e λ 1t + λ 2 ⋅ Q f 2 ⋅ e λ 2 t + ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) Z Wegen ist (t ) = Erst jetzt kommen die Anfangsbedingungen ins Spiel. Sie lauten hier z.B. (im Gegensatz zu vorher) q(t = 0 ) = 0 i(t = 0 ) = 0 d.h. beide Energiespeicher sind leer beim Einschalten. (Das ist nicht zwingend notwendig, aber es erleichtert die Rechnung.) Mit Hilfe dieser beiden Anfangsbedingungen lassen sich nun 2 Gleichungen aufstellen Û Q f1 + Q f 2 = ⋅ cos(ϕ − ϕ Z ) ΩZ Û λ1 ⋅ Q f 1 + λ 2 ⋅ Q f 2 = − ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) Z aus denen die beiden Konstanten Q f 1 und Q f 2 bestimmt werden: ⇒ Q f1 = λ −1 Û ⋅ ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) + 2 ⋅ cos(ϕ − ϕ Z ) λ1 − λ 2 Z Ω λ 1 Û ⋅ ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) + 1 ⋅ cos(ϕ − ϕ Z ) λ1 − λ 2 Z Ω Diese beiden Konstanten sind nun in die allgemeine Lösung der erweiterten Gleichung (Ladung oder Strom) einzusetzen. Qf 2 = Im weiteren soll nur die periodische Lösung für den Strom untersucht werden. In diesem Fall gilt (wie vorher): 1 Güte G > 2 λ1 − λ 2 = 2 jωE λ1 ⋅ λ 2 = ω0 2 - 66 - Nichtperiodische Vorgänge Der Zeitverlauf des Stromes lautet also: Û 1 λ i(t ) = ⋅ ⋅ − λ1 ⋅ e λ1t ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) + 2 ⋅ cos(ϕ − ϕZ ) + Z 2 jωE Ω λ + λ 2 ⋅ e λ 2t ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) + 1 ⋅ cos(ϕ − ϕ Z ) + Ω Û + ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕZ ) Z mit: λ1 = −α + jωE ist λ 2 = −α − jωE Nach geeigneter Umformung i(t ) = ( ) Û 1 1 ⋅ ⋅ ⋅ cos (ϕ − ϕ Z ) ⋅ ω0 2 ⋅ e λ 2t − e λ1t + Z 2 jωE Ω + ( ) Û 1 ⋅ ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) ⋅ λ 2 ⋅ e λ 2t − λ1 ⋅ e λ1t + Z 2 jωE + ist 2 Û − αt ω0 = ⋅e ⋅ ⋅ cos(ϕ − ϕ Z ) ⋅ (− 2 j ⋅ sin(ωE t )) + Z ⋅ 2 jωE Ω + sin(ϕ − ϕ Z ) ⋅ (− α − jωE ) ⋅ e − jωE t − (− α + jωE ) ⋅ e jωEt + ist gelangt man schließlich zu nachfolgender Darstellung: ( Û − αt i(t ) = ⋅ e ⋅ Z + ) α ω0 2 ⋅ sin(ϕ − ϕ Z ) − ⋅ cos (ϕ − ϕ Z ) ⋅ sin(ωE t ) − ωE Ω ⋅ ωE − sin(ϕ − ϕ Z ) ⋅ cos(ωE t ) + Û ⋅ sin(Ωt + ϕ − ϕ Z ) Z " erzwungen" Der zeitliche Verlauf des Stromes setzt sich also zusammen aus einer freien Schwingung mit der Frequenz ωE („Eigenfrequenz“ des Resonanzkreises), die mit e −αt abklingt ( α und ωE von der Schaltung her bestimmt) und einer stationären („erzwungenen“) Schwingung, deren Frequenz Ω von der angelegten Spannung herrührt (Phasenverschiebung ϕ Z zwischen ist (t ) und u(t ) von der Schaltung her bestimmt). - 67 - Nichtperiodische Vorgänge Für die nachfolgende grafische Diskussion des Ergebnisses wird der Einfachheit halber ϕ = ϕ Z (d.h. Einschalten im Nulldurchgang von ist ) gesetzt. Der zeitliche Verlauf des Stromes lautet für diesen Spezialfall: 2 Û − αt ω0 ⋅ ⋅ sin(ωE t ) + sin(Ωt ) i(t ) ϕ = ϕ = ⋅ − e Z ΩωE Z 1.Fall: ωE < Ω Skizze für: Ω = 10 ⋅ ωE ω0 2 =2 ΩωE 2 Û ω0 ⋅ ⋅ e − αt Z ΩωE if (t ) i(t ) = if (t ) + ist (t ) ist (t ) Û Z 0 − Û Z t 0 2π Ω 2π ωE - 68 - Nichtperiodische Vorgänge ωE > Ω 2.Fall: 1 ⋅ ωE 10 ω0 2 1 = ΩωE 2 Ω= Skizze für: ist (t ) i(t ) = if (t ) + ist (t ) if (t ) Û Z 2 Û ω0 ⋅ ⋅ e − αt Z ΩωE 0 − Û Z t 0 2π ωE 2π Ω Ein weiterer interessanter Spezialfall ist der „Resonanzfall“ Ω = ω0 = 1 . Hier gilt: LC Z=R ϕZ = 0 Damit ergibt sich für den Strom: α ω Û ⋅ sin(ϕ) − 0 ⋅ cos(ϕ) ⋅ sin(ωE t ) − sin(ϕ) ⋅ cos(ωE t ) + i(t ) = ⋅ e − αt ⋅ ωE R ωE + Û ⋅ sin(Ωt + ϕ) R Nun sei ferner α << ωE (kleine Dämpfung), also Ω = ω0 ≅ ωE , dann gilt: - 69 - Nichtperiodische Vorgänge ω Û − αt α 0 i(t ) = ⋅ e ⋅ ⋅ sin(ϕ) − ⋅ cos(ϕ) ⋅ sin(ωE t ) − sin(ϕ) ⋅ cos(ωE t ) + R ωE ωE ≅1 <<1 Û ⋅ sin(Ωt + ϕ) R Û Û − αt = ⋅ e ⋅ − cos(ϕ) ⋅ sin(ωE t ) − sin(ϕ) ⋅ cos(ωE t ) + ⋅ sin Ωt + ϕ R =ω t R − sin(ωE t + ϕ ) E Û = ⋅ 1 − e − αt ⋅ sin(ωE t + ϕ) R + i(t ) ( ) ( Û ⋅ 1 − e − αt R „Einschwingen“ ) Û R i(t ) 0 − Û R t 0 2π ωE Für diesen Spezialfall des Stromverlaufs ergeben sich die folgenden Kenndaten: 1 2L Zeitkonstante: T= = α R L Güte: G= C R 1 R Halbwertsverstimmung: v H = = G L C - 70 - Nichtperiodische Vorgänge b = ω(v = + v H ) − ω(v = −v H ) = ω0 v H R 2 1 R → b= ⋅ = = 2α = L T LC L C Absolute Bandbreite: ⇒ b ⋅ T = konstant („Gute“ Kreise haben lange Einschwingzeitkonstanten und umgekehrt.) Was passiert schließlich für R → 0 , d.h. α → 0 ? Berücksichtigt man aus der Reihenentwicklung der Exponentialfunktion e −αt = 1 − αt + ... nur die beiden ersten Glieder, so erhält man für den Zeitverlauf des Stroms: i(t ) = Û Û ⋅ αt ⋅ sin(ωE t + ϕ) = ⋅ t ⋅ sin(ωE t + ϕ) R 2L Im Anfang der e-Funktion, d.h solange αt noch klein! „Resonanzkatastrophe“ i(t ) 0 t 0 2π ωE - 71 - Nichtperiodische Vorgänge Abschaltvorgang Beispiel: Entladung eines Kondensators, behandelt mit 1. Differentialgleichung, 2. Fourier-Methode. Ein Kondensator sei für t ≤ 0 auf q = Q0 = C ⋅ U0 aufgeladen. Zur Zeit t = 0 wird über den Widerstand R kurzgeschlossen. Gesucht ist der Stromverlauf. 1. Lösung mit Differentialgleichung t ≥ 0 interessant S Anfangsbedingung: q(t = 0 ) = Q0 = C ⋅ U0 i(t ) t=0 U0 R (Strom durch Kondensator darf springen!) i(t = 0 ) = R C für t ≥ 0 gilt: − i(t ) ⋅ R + uC (t ) = 0 dq(t ) dt q uC (t ) = C dq(t ) 1 R⋅ + ⋅ q(t ) = 0 dt C dq(t ) 1 =− ⋅ q(t ) dt RC mit: → → i(t ) = − q(t ) = A ⋅ e − t RC Anfangsbedingung: q(t = 0 ) = Q0 = A → q(t ) = Q0 ⋅ e − t RC t t dq(t ) Q0 − RC U0 − RC i(t ) = − = ⋅e = ⋅e dt RC R oder auch uC (t ) = uR (t ) = q(t ) = R ⋅ i(t ) C t q(t ) U0 − RC i(t ) = = ⋅e → RC R „Vorgeschichte“ ist hier durch die Anfangsbedingung(en) berücksichtigt. - 72 - q(t ) uC (t ) Nichtperiodische Vorgänge 1. Lösung mit Fourier-Transformation (zweiseitig) Hier muß die Vorgeschichte durch die Form der Erregung (gesamter Zeitbereich − ∞ < t < ∞ ) berücksichtigt werden. Für negative Zeiten liegt U0 an, dann wird Kurzschluß aufgeprägt: S i(t ) R t=0 U0 u(t ) „Erregung“ C Schaltung (Man beachte: Der Zählpfeil für i(t ) ist gegenüber 1) in der Schaltung anders herum eingezeichnet!) u(t ) U u(t ) = 0 0 U0 0 t für : t < 0 für : t > 0 Wie lautet das Spektrum U(ω) dieser Erregung u(t ) ? Erinnerung an Sprungfunktionen: f (t ) 1 0 1 F(ω) = jω t f (t ) 0 t −1 Mit umgekehrtem Vorzeichen: 0 f (t ) −1 F(ω) = − 1 jω t f (t ) 1 0 - 73 - t Nichtperiodische Vorgänge Für die vorliegende Aufgabenstellung wird der 4.Fall benutzt, d.h. U U(ω) = − 0 (dieser Pol ist zur unteren Halbebene zu rechnen) jω Damit ergibt sich sofort: U U(ω) 1 =− 0 ⋅ Ι(ω) = Z(ω) jω R + 1 jωC Ι(ω) U jωC = ... = − 0 ⋅ jω 1 + jωCR 1 ω⋅ U0 R = − ⋅ jω ω − j ⋅ 1 RC U0 1 = − ⋅ jR ω − ων mit: i(t ) ων = jα = j ⋅ 1 RC ∞ = 1 ⋅ Ι ( ω ) ⋅ e jω t ⋅ d ω 2 π ω =∫−∞ = U 1 e jω t ⋅ d ω − 0 ⋅ ⋅ ∫ R 2 π j ω = −∞ ω − ω ν = 0 −t U U0 U0 jω ν t − αt 0 RC ⋅e =− ⋅e =− ⋅e − R R R ∞ für : t<0 für : t>0 Minuszeichen wegen Zählpfeil andersherum Wichtige Anmerkung: Hier hat sich der Pol bei ω = 0 herausgekürzt. Dann ist es offenbar egal, wie der Pol umfahren wird (vgl. oben). f (t ) 0 t −1 1 F(ω) = − f (t ) jω 1 0 t - 74 - Nichtperiodische Vorgänge Beide „Erregungen“ (sowohl das Abschalten einer positiven Gleichspannung U0 als auch das Einschalten einer negativen Gleichspannung − U0 ) müssen also zum gleichen Ergebnis führen. Überprüfung mit DGL.: i(t ) t=0 − U0 R S u(t ) „Erregung“ Schaltung u(t ) 0 u(t ) = 0 − U0 t → − U0 q(t ) = qf (t ) + qst = A ⋅ e q(t = 0 ) = 0 → ⇒ − 1 ⋅t RC C für : t < 0 für : t > 0 qst = q(t → ∞ ) = −C ⋅ U0 − C ⋅ U0 A = C ⋅ U0 − 1 ⋅t q(t ) = C ⋅ U0 ⋅ e RC − 1 1 → − ⋅t U dq(t ) i(t ) = = − 0 ⋅ e RC dt R - 75 - für t > 0