Kardiolo Hausarzt Medizin Die chronische Herzinsuffizienz ist der häufigste Grund für eine stationäre Behandlung. In der Praxis ist eine stringente leitliniengerechte Therapie erforderlich, um die Prognose dieser Patienten zu verbessern. Auch gesunde Ernährung und Bewegung zählen bei der Therapie der Herzinsuffizienz. 50 Ursachen der Herzinsuffizienz Die globale Herzinsuffizienz kann sich als Linksherzinsuffizienz und/oder als Rechtsherzinsuffizienz manifestieren. Die Linksherzinsuffizienz wiederum kann eine systolische oder diastolische Herzinsuffizienz sein. Eine chronische Herzinsuffizienz kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden: ▪▪ Ischämische Ursachen: Koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt, hypertensive Herzerkrankung ▪▪ Nicht ischämische Ursachen: Dila­ tative Kardiomyopathie (infektiös, z. B. viral; toxisch, z. B. kardiotoxische Chemotherapien; Immunerkran­ kungen, z.B. Lupus erythematodes), hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, restriktive Kardiomyopathie (Sarkoidose, Hämochromatose, Amyloidose) ▪▪ Herzrhythmusstörungen: Vorhof­ flimmern, Bradykardie-TachykardieSyndrom usw. ▪▪ Erworbene und angeborene Herzerkrankungen: Herzklappenerkrankungen, Septumdefekte, Missbildungen ▪▪ Perikarderkrankungen: Klinische Syndrome wie akute und chronische Perikarditis, Perikarderguss und Pericarditis constrictiva ▪▪ High Output Failure Der Hausarzt 07/2014 Illustration: fotolia Stadiengerechte Therapie für schwache Herzen Nach den Daten des statistischen Bundesamts stieg die absolute Fallzahl der Herzinsuffizienz-Diagnosen von 2000 bis 2006 um 32 %. Angesichts der demografischen Entwicklung ist mit einer weiteren Steigerung dieser Zahlen zu rechnen. Das zum Teil recht hohe Alter von Patienten mit Herzinsuffizienz bedingt das Auftreten einer Vielzahl von Komorbiditäten, die oft auch eine Polypharmazie nach sich zieht. Mit zunehmender Zahl der eingenommenen Medikamente steigt die Anzahl potenzieller Interaktionen. gie Hausarzt Medizin Stadien der chronischen Herzinsuffizienz NYHA I (asymptomatisch) Herzinsuffizienz ohne körperliche Limitation, alltägliche Belastungen ohne Beschwerden NYHA II (leicht) Herzinsuffizienz mit nur geringgradiger Einschränkung der Leistungsfähigkeit, keine Einschränkung in Ruhe und bei geringer Belas­tung; nur stärkere körperliche Belastungen verursachen eine schnellere Ermüdung, Luftnot oder pektanginöse Beschwerden NYHA III (mittelschwer) Herzinsuffizienz mit höhergradiger körperlicher Einschränkung, keine Ruhebeschwerden, geringe körperliche Belastungstoleranz NYHA IV (schwer) Patienten mit chronischer Herzinsuffi­zienz berichten über Symptome wie Luftnot, Müdigkeit, Leistungsminde­ rung und Flüssigkeitsreten­ tion. Da diese Patienten häu­ fig auch an Erkrankungen wie Bluthochdruck, korona­ rer Herzkrankheit und Dia­ betes leiden, übergewichtig sind und rauchen, gestaltet sich die Diagnostik schwie­ rig, weil diese Erkrankungen ähnliche Symptome wie ei­ ne Herzinsuffizienz zur Fol­ ge haben. Es gilt, möglichst rasch und mit geringem Auf­ wand andere Ursachen der Beschwerden abzugrenzen. Neben der Anamneseerhe­ bung gehört die Durchfüh­ rung einer Farbdoppler­ echokardiografie zur Basisdiagnostik. Dabei kön­ nen sehr leicht die Pump­ funktion, die Klappenfunk­ tion, ein Perikarderguss oder entzündliche Veränderun­ gen an den Herzklappen Der Hausarzt 07/2014 usw. nachgewiesen werden. Außerdem sollten Labor­ untersuchungen (Blutbild, Elektro­lyte, Kreatinin, Leber­ enzyme und Urin­status) so­ wie ein EKG und eine Blut­ druckmessung erfolgen. Therapie Die Therapie der chronischen Herzinsuffi­zienz sollte fol­ gende Ziele anstreben: ▪▪ Senkung der Sterblichkeit, ▪▪ Senkung der Hospitalisie­ rungsrate, ▪▪ Verbesserung der Belas­ tungstoleranz, ▪▪ Verbesserung der Sympto­ matik und Lebensqualität, ▪▪ Hemmung der Krankheits­ progression, ▪▪ Günstige Beeinflussung/ Verminderung nachteiliger Effekte durch Komorbidi­ täten. Die Therapie der chroni­ schen Herzinsuffi­zienz ist, unabhängig vom klinischen Zustand der Patienten, sehr PRAXISHILFEN Praktische Geriatrie Diagnose Band 2 Meyer/Knorr: Sinnesstörungen Herzerkrankung auch mit Beschwerden in Ruhe, Bettlägerigkeit Dr. med. Simone Heinemann-Meerz Niedergelassene Kardiologin, Halle/Saale, Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt 51 Hausarzt Medizin komplex. Gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie Chronische Herzinsuffizienz orientiert sich die medikamentöse Stufentherapie bei systolischer Herzinsuffizienz an den NYHA-Klassen (Tab. 1). Wesentliche Faktoren einer erfolgreichen Therapie sind die Akzeptanz der Erkrankung durch die Patienten und ihre aktive Mitwirkung. Die Indikationsstellung zur apparativen Therapie oder einer Operation obliegt dem Spezialisten. Sie kann insbesondere bei höheren Schweregraden sehr hilfreich sein, z. B. zur Überbrückung der Zeit bis zu einer möglichen Herztransplantation. Nicht jede Op­ tion ist jedoch für jeden Patienten geeignet. Beispielsweise bleibt die Implantation eines Systems für die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) nur Patienten vorbehalten, die im EKG eine QRS-Komplex-Breite von mindestens 120–150 ms aufweisen. Weitere Maßnahmen Was auf Reisen zu beachten ist Patienten mit eindeutigen Ruhebeschwerden sollten nicht fliegen. Ansonsten können Patienten mit Herzinsuffizienz fast uneingeschränkt reisen. Empfehlenswert ist eine Überprüfung des Impfstatus. Die Patienten sollten folgende Regeln beachten: ▪▪ Ausreichende Trinkmenge, auch im Flugzeug ▪▪ Mitführen wichtiger Befunde und einer Medikamentenliste ▪▪ Alkoholkonsum nur in geringen Mengen ▪▪ Jährliche Grippeschutzimpfung empfohlen Ein wichtiges Ziel der Herzinsuffizienztherapie ist, die Progredienz der Erkrankung zu verhindern, zeitlich zu verzögern oder gering zu halten. Dazu gehört auch der Schutz vor weiteren, fortschreitenden sekundären Organschäden. Entsprechende Maßnahmen umfassen regelmäßige Kontrollen des Blutdrucks und des Körpergewichts sowie eine gesunde Ernährung. Unsicherheit besteht häufig bei Empfehlungen zu sportlicher Tätigkeit und Bewegung. Diesbezüglich gilt, dass alles, was zum Wohlbefinden beiträgt und gut vertragen wird, richtig ist. Dabei sind alle Aktivitäten, die konditionsverbessernd wirken und mehrmals in der Woche über jeweils mindestens 30 Minuten stattfinden, hilfreich. Literatur bei der Verfasserin. Mögliche Interessenkonflikte: keine Tab. 1: Medikamentöse Stufentherapie nach NYHA-Klassen bei systolischer Herzinsuffizienz 1 Pharmakotherapie bei systolischer Herzinsuffizienz NYHA-Klassen NYHA I (Asymptomatische LV-Dysfunktion) ACE-Hemmer Beta-Rezeptorenblocker Schleifendiuretika Thiazide Aldosteron-Antagonisten Indiziert ▪ Nach Myokardinfarkt** ▪ Bei Hypertonie** Diuretika: AT1-Rezeptorblocker Herzglykoside Antikoagulanzien Amlodipin und Felodipin Bei Hypertonie NYHA II NYHA III NYHA IV (Verordnung nur Indiziert Indiziert* Indiziert Indiziert* Indiziert Indiziert* Bei Flüssigkeitsretention Bei Flüssigkeitsretention Nach Myokardinfarkt Indiziert Indiziert*** Indiziert (bei persistie- Indiziert Indiziert*** Indiziert (bei persistieren- render Symptomatik) Bei ACE-HemmerBei ACE-HemmerBei ACE-HemmerIntoleranz Intoleranz Intoleranz ▪ Bei chronischem, tachyarrhythmischen Vorhofflimmern ▪ Bei Sinusrhythmus nur als Reservemittel**** Bei Vorhofflimmern oder spezifischen Bedingungen***** Bei therapiefraktärer arterieller Hypertonie oder Angina pectoris *)Nur bei stabilen Patienten, langsam einschleichend unter engmaschiger Kontrolle; Kontraindikation nur bei dekompensierter Herzinsuffizienz **) Gemäß Leitlinien zu Hypertonie und KHK ***) Zur Potenzierung der Schleifendiuretikawirkung ****) Mit niedrigem Zielserumspiegel *****)siehe Statement 6 – 15 zur antikoagulativen Therapie (vgl. Bundesärztekammer (BÄK), Kassen­ärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz – Langfassung, 1. Auflage. Version 7. 2009, zuletzt geändert: August 2013. S. 40) 52 in Kooperation mit einem Facharzt für Kardiologie) der Symptomatik) Bei ACE-HemmerIntoleranz 1) Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz – Langfassung, 1. Auflage. Version 7. 2009, zuletzt geändert: August 2013. Available from: http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/herzinsuffizienz [cited: 12.02.2014]; DOI: 10.6101/AZQ/000166, S. 37 [mod. nach: Hoppe UC, Bohm M, Dietz R, Hanrath P, Kroemer HK, Osterspey A, Schmaltz AA, Erdmann E. Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz. Z Kardiol 2005;94(8):488-509. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16049651]. Der Hausarzt 07/2014 Illustration: fotolia Arzneimittel