Verbraucherforschung aktuell Dezember 2012

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Ausgabe 4 | Dezember 2012
l Verbraucherforschung aktuell
Artikel aus Zeitschriften
Vermittlung von Finanzwissen und abgekoppeltes Verhalten: gegen Voreingenommenheit und
schlechtes Produktdesign angehen
(Financial literacy education and behaviour
unhinged: combating bias and poor product
design)
Verbreitung und Komplexität von Finanzprodukten haben ständig zugenommen ebenso wie
Umfang und Notwendigkeit privater Finanzentscheidungen. Finanzielle Bildung gilt dabei als
Patentrezept, um hier einen Ausgleich zu schaffen. Dabei wird meist davon ausgegangen, dass
eine gute finanzielle Bildung auch zu guten Entscheidungen in Gelddingen führt. Leider gibt es
für diesen vermuteten Zusammenhang überhaupt keinen verlässlichen Beweis. Eine Untersuchung der Investitionsentscheidungen bei
Schuldverschreibungen, die 2008 in Australien
bei Personengruppen mit unterschiedlicher
finanzieller Bildung durchgeführt wurde, brachte
entsprechende Ergebnisse. Etliche Probanden,
egal wie sie in Gelddingen beschlagen waren,
hatten nur wenig Ahnung, was sie da gekauft
hatten. Beide Gruppen tendierten dazu, ein eher
geringes Risiko ihrer Anlage anzunehmen, obwohl sie bei einer anderen Frage ein eher hohes
Risiko bei Obligationen angegeben hatten. Offensichtlich hatten beide Gruppen auch nicht
den Verkaufsprospekt verstanden oder gar gelesen. Als Gründe für diese Verständnismängel
führt der Autor die von der Verhaltensökonomik
beschriebenen Barrieren gegenüber rationalem
Verhalten an. Er plädiert für Finanzberatung,
Produktregulierungen und für eine fehlerverzeihende „Wahlarchitektur“ bei Finanzentscheidungen, bei der durch geeignetes Design,
nämlich durch „nudges“, die Verbraucher zu
ihrem Eigeninteresse geleitet werden.
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 523-530
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autor: Jason West
Finanzwissen unterrichten: eine Studie von
Erziehern auf Gemeindeebene
(Teaching financial literacy: a survey of community-based educators)
Über 90 Organisationen in den USA bieten auf
Gemeindeebene Kurse in Finanzbildung für
Erwachsene an. Wenig bekannt ist aber über das
Lehrpersonal, ihre Methoden und Inhalte der
Curricula. Solche und andere Merkmale der
Praxis von Finanzbildung untersuchte eine landesweite Studie 2009 mittels Online- und Tiefeninterviews. Die auf Gemeindebene tätigen Pädagogen sind überwiegend weiblich, haben mehrjährige Lehrerfahrungen und beziehen ihre
Kenntnisse mehrheitlich aus einer akademischen Ausbildung. Sie sind überzeugt, dass ihre
Hauptaufgabe in der Vermittlung von Informationen besteht, um den Teilnehmern informationsgestützte Entscheidungen zu ermöglichen. Jeder
Zweite meint auch, dass Finanzwissen etwas für
die Gesellschaft beitragen soll. Hauptthemen
sind immer wieder das verfügbare Haushaltsbudget, Kreditwürdigkeit, Sparen, Senkung der
Verschuldung. Als effektive Methoden gelten der
Bezug auf Teilnehmererfahrungen, kleine Gruppen und Diskussionen; weniger wirksam sind
offensichtlich Exkursionen, Online-Aktivitäten
oder Hausaufgaben. Für die weitere Praxis sollte
Folgendes berücksichtigt werden: Die Lehrkräfte
sollten ihre eigenen Annahmen über richtiges
Lehren bedenken und wie sich dieses praktisch
auf die Teilnehmer auswirkt. Den Teilnehmern
sollte geholfen werden, über ihre Einstellungen
zu Geld nachzudenken im Vergleich zu anderen
Werten. Die Curricula sollten lebensnah und abwechslungsreich sein und nicht nur Informationsablieferung. Die Kurse sind fortlaufend und
nicht nur zum Schluss zu evaluieren. Schließlich
wäre der Erwerb von Finanzkompetenz als mehrstufiger und langfristiger Prozess zu verstehen.
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 531-538
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autoren: Edward W. Taylor, Elizabeth J. Tisdell,
Karin Sprow Forté
Verbraucherforschung aktuell
erscheint alle drei Monate.
Dieser Informationsservice
bietet einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse und
wichtige Neuerscheinungen zu
den Themen verbrauchergerechte
Finanzmärkte, effiziente Verbraucherinformation, Verbraucherrechte, Internet, Nachhaltigkeit,
Energie und Klimaschutz, Verbraucherpolitik und Ernährung.
Impressum
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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10969 Berlin
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030/25 800-105
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Verfasser:
Dr. Günther Rosenberger
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Anregungen zum Newsletter nehmen wir gerne entgegen.
Ausgabe 4 | Dezember 2012
Aschenputtel ins Spiel bringen: Wie man
Erziehung zum Herzstück der Finanzbildung
macht
(Getting Cinderella to the ball: putting education at the heart of financial education)
Die Autoren wollen die Diskussion befeuern, ob
Finanzbildung eher dem Finanzsystem dient
oder eher der menschlichen Bildung. Sie bezweifeln den Nutzen finanzieller Bildung in der Definition der OECD, nämlich größeres Selbstvertrauen bei Geldentscheidungen und verbesserte
Finanzsituation, und weisen nach, dass Überschuldung auch durch strukturelle und institutionelle Faktoren bewirkt wird, über die der Einzelne keinerlei Kontrolle hat. Auch Zentralbanken, die neuerdings enthusiastisch für Finanzbildung schwärmen, scheinen dabei doch nur
den eigenen Vorteil im Blick zu haben. Zwar sei
der Ansatz, der Verbraucher solle auch aktiver
Akteur auf den Märkten sein, einerseits sinnvoll,
doch ist der Hauptzweck dabei doch nur die
Unterstützung der Wirtschaft, auch im Sinn der
Geldinstitute und Regulierungsbehörden. Die
Autoren schlagen ein alternatives Konzept vor:
die finanziell gebildete Person. Daraus lassen
sich Kriterien für Finanzbildung und -wissen
ableiten: die Notwendigkeit einer Unterstützung
lebenslangen Lernens; eine optimale Konfiguration zwischenmenschlicher und technischer
Interaktion; Verständnis von Bildung als bereichsübergreifender Prozess; Erfahrungsaustausch zwischen Lehrern und Lernenden. Die
Frage muss beantwortet werden: Trainieren wir
für den Konsum? Oder erziehen wir fürs Leben?
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 508-514
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autoren: Carol Baumann, Tony Hall
Nachhaltiges Finanzverhalten fördern:
Folgerungen für Bildung und Forschung
(Promoting sustainable financial behaviour:
implications for education and research)
Schlechte Spar- und Anlageentscheidungen
haben ernste Konsequenzen für die langfristige
Finanzsituation eines Haushalts. Daher wird
allenthalben nach Regulierung, Standardisierung, Information und Empowerment der
Verbraucher gerufen, deren oft mangelndes
Wissen in Gelddingen kritisiert wird. Allerdings
leiden viele Programme zur finanziellen Bildung
an unklaren Zielen, zwiespältigen Inhalten und
einer übermäßigen Zahlenorientierung und sie
überschätzen die Wirksamkeit punktueller Maßnahmen angesichts eingewurzelter Gewohnheiten und unterschiedlichster Bedürfnisse der
Teilnehmer. Zunächst müsse aber klar sein, ob
man informierte und entscheidungsfähige Menschen haben will oder ob Unternehmer und
Regierung entscheiden sollen, was zu tun ist. In
Anlehnung an die Umweltbildung plädiert der
Autor für das Konzept einer nachhaltigen finanziellen Bildung. Finanzielle Nachhaltigkeit wäre
erreicht, wenn die Möglichkeiten eines Haushalts so gemanagt werden, dass genügend
Geldmittel für Verbindlichkeiten während des
Lebenszyklus und bei wechselnden finanziellen
Bedingungen zur Verfügung stehen. Dies wäre
für das Wohlergehen der Individuen wie für das
der ganzen Gesellschaft bedeutsam. Dazu wäre
aber eine Diskussion der für die Finanzbildung
relevanten Einstellungen, Werte und Glaubensinhalte wichtig, ebenso kompetente Lehrer und
eine laufende Evaluation der Ergebnisse. Notwendig sei letztlich eine Revolution im ökonomischen Denken und auch Lehren, welche das
menschliche Wohlergehen in den Mittelpunkt
stellen und dazu moralische, ethische und spirituelle Aspekte einbeziehen.
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 502-507
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autorin: Tahira K. Hira
Nachhaltigkeit aus der Verbraucherperspektive
gesehen
(Sustainability seen from the perspective of
consumers)
Die Förderung nachhaltiger Lebensstile gilt als
„Sesam, öffne dich!“ für globale Probleme wie
Klimawandel. Doch was heißt eigentlich Nachhaltigkeit? Der Begriff ist komplex und die Forschung hat noch wenig untersucht, was die
Verbraucher eigentlich darunter verstehen. Die
Autoren selbst definieren fünf Dimensionen von
Nachhaltigkeit: eine umweltbezogene, gesellschaftliche, ökonomische, generationenbezogene und entwicklungsbezogene Dimension.
Eine mündliche Befragung norwegischer Verbraucher 2008 in Einkaufszonen und Wartebereichen (Bushaltestellen) zeigte, dass die Mehrheit der Leute von dem Begriff schon gehört hat,
was im Widerspruch zu früheren Erhebungen
steht, aber durch die intensive Medienberichterstattung über Klimawandel und Finanzkrise
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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erklärt werden kann. Das Verständnis der Befragten umfasst vorrangig die Umwelt-, Gesellschafts- und Entwicklungsdimension, weniger
die zeitliche und ökonomische Dimension. Bei
nachhaltigen Produkten stehen Schutz und
Verteilung der Rohstoffe im Vordergrund, weniger die ökonomischen Aspekte. Der politische
Diskurs über Nachhaltigkeit hat sich offensichtlich so auf die Umwelt konzentriert, dass beispielsweise soziale Fairness ins Hintertreffen
geriet. Sinnvoll scheint nach allem ein einheitliches Nachhaltigkeitslabel zu sein, das die verschiedenen Dimensionen integriert und so das
Erkennen nachhaltiger Produkte erleichtert.
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 678-687
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autoren: Daniel Hanss, Gisela Böhm
„Schieb es aufs Marketing“: die Sicht von Verbrauchern auf nicht-nachhaltigen Konsum
(´Blame it on marketing´: consumers´view on
unsustainable consumption)
Hohes Konsumniveau in den westlichen Ländern
und wachsender Konsum in den Schwellenländern sind Ursache vieler Umweltschäden.
Motor dieser Probleme, so wird oft kritisiert, ist
das betriebliche Marketing, das vor allem verkaufen will und nicht einen genügsameren Lebensstil propagiert. Entsprechend verstärkt auch
die Marketinglehre überwiegend den Konsum
und die Konsumideologie. Auf Basis einer Literaturdurchsicht zu diesen Zusammenhängen wurde eine mehrstufige Befragung von Lehrkräften
einer portugiesischen Universität zu ihren diesbezüglichen Einstellungen durchgeführt. Diese
Personengruppe zeichnet sich aus durch ein
hohes Bildungsniveau, was normalerweise mit
höherem Umweltengagement korreliert, und
einen potentiell starken Einfluss auf Studierende
und Politik. Übermäßiger, demonstrativer, umweltschädlicher Konsum wurde von den Befragten in moralischem Ton „den Leuten“ oder „der
Gesellschaft“ zugeschrieben, von denen man
sich distanziert. Schuld für Überkonsum sei das
manipulative und verführerische Marketing, dem
gegenüber feindliche Gefühle genannt werden;
dies womöglich auch als Ausdruck einer entsprechenden politischen Haltung. Generell
glaubt man, mit individuellem Entscheidungsverhalten nur wenig Einfluss auf die natürliche
Umwelt nehmen zu können, auch wenn man
einen solchen Einfluss theoretisch dem „Nor-
malbürger“ zugesteht. Bei einer solchen Sicht
besteht die Gefahr, die eigene Verantwortung
nicht zu sehen und diese immer anderen zuzuschieben. Daraus erwachsen Aufgaben für ein
„nachhaltiges Marketing“ und für die Politik,
zunächst vor allem die bedeutsame Rolle des
Konsums für die Umwelt zu verdeutlichen, beispielsweise durch Informationskampagnen.
Auch die weitere Forschung hat hier noch Einiges
beizutragen.
Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 656-667
http://www.blackwellpublishing.com/journal.as
p?ref=1470-6423
Autoren: M. Teresa Pereira Heath, Andreas
Chatzidakis
Grünes Verbraucherverhalten in einer Entwicklungsökonomie: Verwirrung, Glaubwürdigkeit
und Verträglichkeit
(Green consumer behavior in an emerging economy: confusion, credibility, and compatibility)
Die anthropozentrische Sichtweise zieht eine
Linie zwischen Mensch und Natur, die den
Schutz des Planeten erschwert. Um das ökozentrische Paradigma, das alle natürlichen Systeme im Gleichgewicht halten soll, zu stärken,
bedarf es genauer Kenntnis dessen, was grünes
Konsumverhalten fördert oder auch behindert.
Da ökologisches Engagement in Entwicklungsländern noch wenig ausgeprägt ist, sollte eine
ethnografische Studie unter 15 mexikanischen
Familien in verschiedenen Regionen und aus
unterschiedlichen sozialen Klassen neue Einblicke bringen. So zeigte sich auch hier, dass
umweltfreundliches Verhalten noch gering ausgeprägt ist und sparsamer Strom- und Wasserverbrauch nur in Kombination mit finanziellen
Einsparungen erfolgt. Generelles Misstrauen
gegenüber Unternehmen und die Schwierigkeit,
Bio-Lebensmittel von anderen zu unterscheiden,
führen zu Verbraucherverwirrung und Skepsis
gegenüber Umweltansprüchen. Misstrauen
herrscht auch gegenüber behördlichen Institutionen. Das findet man in allen sozialen Schichten. Kinder sind öfters sachkundiger und umweltorientierter als ihre Eltern und könnten so
ein Katalysator für ein stärkeres Umweltbewusstsein in der Familie sein. Überhaupt steht
das Wohlergehen der Familie im Mittelpunkt,
weniger abstrakte Gebilde wie „Gesellschaft“.
Unternehmen, Handel und Regierung sollten
kooperieren, um den Nutzen grüner Waren zu
verdeutlichen und Verpackungen und Labels zu
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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verbessern. Industriestandards und Zertifizierungen könnten für mehr Transparenz sorgen.
Unterschiedliche Preisstrategien für arme und
besser gestellte Verbraucher könnten die Kostenbarriere bei manchen grünen Produkten
überwinden. Ökologische Verantwortung sollte
gerade in Entwicklungsökonomien als „modern“
profiliert werden.
Quelle: Journal of Consumer Marketing, Band 29,
Heft 7, 2012, S. 470-481
www. emeraldinsight.com/0736-3761.htm
Autoren: Lorena Carrete, Raquel Castaño, Reto
Felix, Edgar Centeno, Eva Gonzáles
Die Kaufabsichten von Verbrauchern bei energieeffizienten Waren prognostizieren
(Predicting consumer intentions to purchase
energy-efficient products)
Ein Weg, die Lücke zwischen Umweltengagement
und tatsächlichem Verhalten zu erklären, könnte
in der Klärung der Frage bestehen, wie umweltbezogene Einstellungen zustande kommen.
Denn Einstellungen sind bekanntermaßen wichtige Indikatoren für grüne Kaufentscheidungen.
In Seoul wurden 200 Käufer von energiesparenden Geräten (Fernsehern, Klimaanlagen, Waschmaschinen, Kühlschränken, Glühbirnen) nach
ihren Motiven und Einstellungen gefragt. Die
Ergebnisse zeigten folgendes Bild: Sachwissen
fördert Vertrauen in energiesparende Geräte; die
Einstellung gegenüber solchen Geräten wird
positiv beeinflusst vom Vertrauen und der konkreten Nutzenerwartung; positive Einstellungen
fördern Verhaltensabsichten; Umweltbewusstsein korreliert mit subjektiven Normen wie Verantwortungsgefühl; diese Normen beeinflussen
das Engagement und dieses wiederum die Verhaltensbereitschaft. Umweltbewusste Kaufentscheidungen brauchen aber auch die Überzeugung, dass sie einen wirklichen Einfluss auf die
Umwelt haben.
Quelle: Journal of Consumer Marketing, Band 29,
Heft 7, 2012, S. 461-469
www. emeraldinsight.com/0736-3761.htm
Autoren: Hong-Youl Ha, Swinder Janda
Unternehmensverantwortung, Verantwortungslosigkeit und Korruption:
Einführung in den Sonderteil
(Corporate social responsibility, irresponsibility, and corruption: Introduction to the
spezial section)
In seiner Einführung in den Sonderteil des Heftes
zu „Corporate Social Responsibility, Irresponsibility, and Corruption“ zeichnet der Autor die
Entwicklung nach, wie der zunehmend kritische
Blick von sozial- und umweltverantwortlichen
Stakeholdern, Verbrauchern, Regierungen sowie
der akademischen Welt auf Unternehmen dazu
führte, dass Verantwortungslosigkeit und Korruption deutlicher zutage traten. Auch Forschungen zeigten die Tendenz mancher Manager, unverantwortliche und korrupte Praktiken gering zu
achten. Dies führte oft zur Einführung von Kontrollmechanismen in Unternehmen. Vor allem
sind es soziale Bindungen und ein gemeinschaftlicher Führungsstil, die vor unethischen
Tendenzen schützen können. Das stark aufkommende Interesse der Verbraucher hat weiterhin dazu geführt, dass CSR zunehmend wichtiger wird. Dabei erwachsen aber etliche Fragen
für die Forschung. Wie können Unternehmen
erfolgreich Initiativen sozialer und ökologischer
Verantwortung ergreifen und sind diese kurzoder langfristig erfolgreich? Welche Aktionen,
welche Geschäftsbereiche und welche Stakeholdergruppen sind besonders bedeutsam?
Welche Aktivitäten können interne Korruption
aufdecken? Wie können Marktwächter und Informanten wirksam unterstützt werden? Dazu
werden vier Aufsätze vorgestellt:
„Does Media Attention Drive Corporate Social
Responsibility“ (S. 1622-1627);
„Corporate Social Responsibility and Shareholders´ Value: A Note“ (S. 1628-1635);
„Does Going Green Pay Off in the Long-Run?“
(S. 1636-1642);
„All in the Family? Social Performance and Corporate Governance in the Family Firm“
(S. 1643-1650).
Der Tenor aller Beiträge unterstreicht nach Ansicht des Autors den strategischen Wert von CSR,
der den Unternehmen auch zu wirtschaftlichem
Erfolg verhilft, der je nach Mediendruck und jeweiligem Betrieb aber unterschiedlich ausfallen
kann.
Quelle: Journal of Business Research, Band 65,
Heft 11, 2012, S. 1618-1621
www.sciencedirect.com/science/journal/014829
63
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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Autoren: Sanjay Putrevu, Jean McGuire, Donald
S. Siegel, David M. Smith
Ist die wahrgenommene Verbraucherpassung
bei CSR-Aspekten von Bedeutung?
(Does perceived consumer fit matter in corporate social responsibility issues?)
CSR-Aktivitäten spielen eine wichtige Rolle im
Beziehungsmanagement von Unternehmen.
Trotz erheblicher Investitionen bleiben ihre
Wirkungen aber häufig flau.Oft agieren Unternehmen nämlich aus der Perspektive eines
Händlers: Für jeden etwas dabei! Ohne eine
Zielgruppenorientierung bleiben aber auch die
besten Aktionen unbemerkt und wirkungslos.
Eine gute Passung zwischen den CSR-Aktivitäten
und den Erwartungen und Werten der Verbaucher scheint Voraussetzung zu sein für den
Erfolg von CSR. Eine Studie in Seoul prüfte
derartige Zusammenhänge. So zeigte sich, dass
Verbraucher CSR-Aktivitäten als aufrichtig und
vorteilhaft emfinden, wenn diese ihrem eigenen
Lebensstil und ihren Wertvorstellungen entsprechen. Solche Übereinstimmungen fördern
dann auch die Identifikation mit einem Unternehmen und die Loyalität zu ihm. Unternehmen
sollten also bei CSR-Aktivitäten stets den Verbraucher in den Blickpunkt nehmen und ihre
Strategien auf ihn abstimmen. Dann erlangen sie
über die als befriedigend wahrgenommene
Passung ein positives Firmenimage und den
erhofften Wettbewerbsvorteil.
raussetzung für eine sinnvolle Nutzung einer ICS
das Vertrauen in ihre Glaubwürdigkeit. Daran
hapert es aber, wie verschiedene Erhebungen
zeigten. Die Autorin beschreibt die Hintergründe
für das mangelnde Vertrauen in dieses überwiegende Geschäftsmodell (two-sided business):
beispielsweise widersprüchliche Ergebnisse auf
unterschiedlichen ICS, mangelnder Datenschutz,
mangelnde Marktabdeckung, die Refinanzierung
kommt eher vom Händler als vom Verbraucher,
was Einflüsse der Verkäufer auf die gezeigten
Produkte befürchten lässt. Die Autorin plädiert
daher für ein anderes Geschäftsmodell, bei dem
das Geld von den Verbrauchern kommt. Das
würde für eine ICS bedeuten, dass sie unabhängig vom Anbieter bleibt und sich mehr um ihre
Kunden kümmern muss: durch Glaubwürdigkeit,
verlässliche und vollständige Informationen,
eigene Ratschläge, Überprüfung von Kundenbewertungen auf Korrektheit, unbeeinflusste Qualitätsurteile. Ein Modell für derartige ICS kann die
Plattform der Verbraucherorganisation Which?
sein, die man allerdings abonnieren muss. Bei
allen Nachteilen, die auch ein solches “onesided model“ haben mag, wäre dies doch der
Weg für wirklich vertrauenswürdige Vergleichsportale.
Quelle: Journal of Consumer Policy, Band 35,
Heft 3, 2012, S. 333-353
http://www.springerlink.com/link.asp?id=10028
3
Autorin: Harriet Claire Gamper
Quelle: Journal of Business Research, Band 65,
Heft 11, 2012, S. 1558-1564
www.sciencedirect.com/science/journal/014829
63
Autoren: Eun Mi Lee, Seong-Yeon Park, Molly I.
Rapert, Christopher L. Newman
Wie können Vergleichsseiten im Internet optimal für Verbraucher funktionieren?
(How Can Internet Comparison Sites Work
Optimally for Consumers?)
In der Informationsgesellschaft kann ein Verbraucher angesichts der riesigen Menge verfügbarer Informationen über jedes beliebige Produkt kaum noch eine gut informierte Wahlentscheidung treffen. Dieses Problem könnte durch
Vergleichsseiten im Internet (engl. ICS) gelöst
werden, die es erleichtern, Alternativen hinsichtlich verschiedener Eigenschaften auf einfache
Weise zu vergleichen, zumal die Verbraucher
immer geschickter werden. Allerdings ist Vor-
Herkunft und Regionalität:
Orientierung für den Verbraucher
Globalisierung heißt auch, dass Lebensmittel,
sogar Bio-Produkte, unabhängig von Saison und
Region verzehrt werden können. Würden allerdings auch die externen Kosten in der Umwelt für
Transport, Verkehrsträger, benötigte Infrastrukturen etc. in die Preise einkalkuliert werden,
könnten Produkte mit langen Transportwegen
kaum noch konkurrenzfähig sein – dann zugunsten regionaler Produkte. Die Herausforderung
liegt somit auch hier im „Einklang von Ökologie
und Ökonomie mit Globalisierung und Regionalisierung“. Zu diesem Zweck sind aber beispielsweise Energie- und Klimabilanzen als Entscheidungshilfen für die Verbraucher wenig hilfreich.
Auch lockende Bezeichnungen in der Werbung
wie „aus unserer Heimat“ oder „aus der Region“
suggerieren etwas, was man nicht selber nachprüfen kann. Bei solchen Vertrauenseigenschaften ist die Gefahr der Irreführung hoch. Besser
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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wäre eine eindeutige Lebensmittelkennzeichnung von Herkunft und Regionalität. Der Artikel
beschreibt die Besonderheiten der geschützten
Ursprungszeichen auf EU-Ebene, der staatlichen
Qualitätszeichen der Bundesländer und des
Lebensmittelgesetzes. Deutlich wird dabei die
Problematik der Europäisierung des Lebensmittelrechts, das den Maßstab des „flüchtigen
Verbrauchers“ verzerrt hat hin zum „mündigen“
und „aufmerksamen Verbraucher“, der in der
Lage sein soll, die Überseinstimmung einer Istmit einer Sollbeschaffenheit zu überprüfen. Und
das auch bei Vertrauenseigenschaften. Mit der
im Herbst 2011 verabschiedeten Lebensmittelinformationsverordnung, die ab 2014 eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung beispielsweise für Schweine- und Geflügelfleisch vorsieht, könnte es deutliche Fortschritte geben.
Eine gesetzliche Definition von „Region“ und
„Herkunft“ ist dringend notwendig für die Kennzeichnung regionaler Lebensmittel. Vorbild
könnten hierzu die gesetzlichen Regeln für BioLebensmittel sein.
meinschaftsgefühle und den richtigen Medieneinsatz. Warum und wie die Verbraucher eine
Marketingbotschaft auch richtig verstehen,
basiert darauf, dass die Botschaft einfach ist,
dass man leicht versteht, wie das Produkt zu
verwenden ist, und dass rasch eine Gratifikation
in Form positiver Wirkungen (beispielsweise
Gewichtsabnahme) wahrnehmbar ist. Grundsätzlich sollten öffentliche Träger also die Wichtigkeit der Konsumentenverhaltensforschung nicht
unterschätzen und gelegentlich auch Kooperationen mit dem „privaten Sektor“ stärker nutzen
als bisher. Letztlich scheint aber nur die Kombination einer Vielzahl von Maßnahmen etwas in
Richtung einer gesünderen Ernährung bewirken
zu können.
Quelle: Ernährungs Umschau: Forschung & Praxis, Band 58, Heft 9, 2012, S. 504-509
www.ernaehrungs-umschau.de
Autoren: Jessica Aschemann-Witzel, Tino BechLarsen
Quelle: Ernährungs Umschau: Forschung & Praxis, Band 58, Heft 9, 2012, S. 510-517
www.ernaehrungs-umschau.de
Autoren: Frank Waskow, Sonja Pannenbecker
Erfolgsfaktoren der Kommunikation von
gesundheitsrelevanten Aspekten im Lebensmittelmarketing
(„Getting the message across“)
Nicht leicht ist es bekanntlich, die Menschen zu
eine ausgewogenen Ernährung zu bewegen und
auf diese Weise lebensstilbedingte Krankheiten
zurückzudrängen. In einer EU-geförderten europaweiten Fallstudie („EATWELL“) sollte untersucht werden, ob die Methoden des kommerziellen Marketings für Lebensmittel sich auch dazu
eignen, die wenig erfolgreichen öffentlichen
Kampagnen zugunsten gesunder Ernährung
voranzubringen. Aus 27 Beispielen für Werbekampagnen, Marketingkonzepten und Produktentwicklungen für Lebensmittel oder Getränke
während der letzten fünf Jahre wurden die identifizierten Erfolgsfaktoren extrahiert. Diese „key
success factors“ bilden ein dreistufiges Modell
aus „Daten und Wissen“, der „Umsetzung“ und
des „Warum und Wie“. Zum ersteren gehören ein
fundierter gesundheitsrelevanter Effekt, detaillierte Kenntnisse über die Zielgruppe sowie ein
Gespür für Trends. Eine gekonnte Umsetzung
des Marketings beinhaltet den Einsatz von Emotionen, eine Vertrauensfigur, den Appell an Ge-
Das aktuelle Buch
Walter Capellmann, Roger Peverelli, Reggy de
Feniks:
Wie sich die Finanzbranche neu erfindet:
Was Kunden von Finanzdienstleistern wirklich
erwarten
FinanzBuch Verlag, München, 2012,
24,99 €
Diese reich bebilderte Veröffentlichung setzt ihre
Ziele hoch an. Sie will nichts Geringeres als die
Lehren aus der großen Finanzkrise ziehen, als
nicht nur Eigenkapital von Banken und Staatshaushalte dezimiert wurden, sondern vor allem
das Vertrauen der Kunden und Verbraucher in
das Finanzsystem zutiefst erschüttert wurde. Das
Geschäftsmodell, mit intransparenten Nischen
und über die Informationsasymmetrie Geld zu
verdienen, ist obsolet geworden, die Verbraucher hingegen sind misstrauischer und fordernder geworden. Die Finanzbranche muss sich
daher neu erfinden, indem sie den Begriff „Kundenzentrierung“ endlich mit Leben erfüllt. Da
eine konsequente Orientierung am Kunden Einfluss auf das Geschäftsmodell und die gesamte
Organisation hat, muss geklärt werden, wie sich
Banken und Versicherungen ändern sollen, um
mit den neuen Ideen eines kundenorientierten
Modells Geld zu verdienen.
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Ausgabe 4 | Dezember 2012
Welche wichtigen Trends bei den Verbrauchern
gilt es zu diesem Zweck zu beachten? Es sind
sechs Entwicklungen, die als irreversibel gelten,
und denen jeweils neue Konzepte für das Geschäftsmodell, für Positioning und Branding, das
Angebot, für die „Customer Journey“ (alle Kontakte mit dem Unternehmen und einzelne Entscheidungsphasen bis zum Kauf) und für Unternehmenskultur und -organisation zugeordnet
werden. So hat sich zunächst das Verhältnis der
Verbraucher zu den Finanzinstituten verändert.
Die Verbraucher wollen Transparenz und Einfachheit. Sie werden immer eigenständiger und
verlassen sich auf die Schwarmintelligenz. Sie
bewerten Werte neu und möchten Nähe spüren.
Diese Verbrauchertrends stellen neue Anforderungen an Banken und Versicherungen, insbesondere an eine Verminderung der Informationsasymmetrie und an den Interessensausgleich
mit den Stakeholdern. Der Service wird noch
wichtiger werden, Technologien müssen geschickt eingesetzt werden und alle Mitarbeiter/innen müssen die Marke überzeugend mit Leben
füllen. Wichtig nicht zuletzt: die Bereitschaft als
Unternehmen verletzlich zu sein, Aufrichtigkeit,
eine Kundenbeziehung auf Augenhöhe.
Neue Wege sind also zu finden für die erforderliche Neujustierung der Finanzbranche: „Befähigung, allgemeine Anständigkeit, eine menschliche Dimension, Offenheit, persönlich und empathisch. Es geht um eine Kultur, die das „zuhören
– lernen – einbinden“ verinnerlicht … Kundenorientierung bedeutet, für die Werte zu leben.“
Wer sich mit den Autoren über diese anspruchsvollen Kriterien auseinandersetzen möchte, kann
sie kontaktieren unter: [email protected],
[email protected] und
[email protected]. Weitere Informationen über Best Practices sowie aktuelle Interviews finden sich unter
www.reinventingfinancialservices.com.
Bundesverband der Verbraucherzentralen
und Verbraucherverbände
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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