Ausgabe 4 | Dezember 2012 l Verbraucherforschung aktuell Artikel aus Zeitschriften Vermittlung von Finanzwissen und abgekoppeltes Verhalten: gegen Voreingenommenheit und schlechtes Produktdesign angehen (Financial literacy education and behaviour unhinged: combating bias and poor product design) Verbreitung und Komplexität von Finanzprodukten haben ständig zugenommen ebenso wie Umfang und Notwendigkeit privater Finanzentscheidungen. Finanzielle Bildung gilt dabei als Patentrezept, um hier einen Ausgleich zu schaffen. Dabei wird meist davon ausgegangen, dass eine gute finanzielle Bildung auch zu guten Entscheidungen in Gelddingen führt. Leider gibt es für diesen vermuteten Zusammenhang überhaupt keinen verlässlichen Beweis. Eine Untersuchung der Investitionsentscheidungen bei Schuldverschreibungen, die 2008 in Australien bei Personengruppen mit unterschiedlicher finanzieller Bildung durchgeführt wurde, brachte entsprechende Ergebnisse. Etliche Probanden, egal wie sie in Gelddingen beschlagen waren, hatten nur wenig Ahnung, was sie da gekauft hatten. Beide Gruppen tendierten dazu, ein eher geringes Risiko ihrer Anlage anzunehmen, obwohl sie bei einer anderen Frage ein eher hohes Risiko bei Obligationen angegeben hatten. Offensichtlich hatten beide Gruppen auch nicht den Verkaufsprospekt verstanden oder gar gelesen. Als Gründe für diese Verständnismängel führt der Autor die von der Verhaltensökonomik beschriebenen Barrieren gegenüber rationalem Verhalten an. Er plädiert für Finanzberatung, Produktregulierungen und für eine fehlerverzeihende „Wahlarchitektur“ bei Finanzentscheidungen, bei der durch geeignetes Design, nämlich durch „nudges“, die Verbraucher zu ihrem Eigeninteresse geleitet werden. Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 523-530 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autor: Jason West Finanzwissen unterrichten: eine Studie von Erziehern auf Gemeindeebene (Teaching financial literacy: a survey of community-based educators) Über 90 Organisationen in den USA bieten auf Gemeindeebene Kurse in Finanzbildung für Erwachsene an. Wenig bekannt ist aber über das Lehrpersonal, ihre Methoden und Inhalte der Curricula. Solche und andere Merkmale der Praxis von Finanzbildung untersuchte eine landesweite Studie 2009 mittels Online- und Tiefeninterviews. Die auf Gemeindebene tätigen Pädagogen sind überwiegend weiblich, haben mehrjährige Lehrerfahrungen und beziehen ihre Kenntnisse mehrheitlich aus einer akademischen Ausbildung. Sie sind überzeugt, dass ihre Hauptaufgabe in der Vermittlung von Informationen besteht, um den Teilnehmern informationsgestützte Entscheidungen zu ermöglichen. Jeder Zweite meint auch, dass Finanzwissen etwas für die Gesellschaft beitragen soll. Hauptthemen sind immer wieder das verfügbare Haushaltsbudget, Kreditwürdigkeit, Sparen, Senkung der Verschuldung. Als effektive Methoden gelten der Bezug auf Teilnehmererfahrungen, kleine Gruppen und Diskussionen; weniger wirksam sind offensichtlich Exkursionen, Online-Aktivitäten oder Hausaufgaben. Für die weitere Praxis sollte Folgendes berücksichtigt werden: Die Lehrkräfte sollten ihre eigenen Annahmen über richtiges Lehren bedenken und wie sich dieses praktisch auf die Teilnehmer auswirkt. Den Teilnehmern sollte geholfen werden, über ihre Einstellungen zu Geld nachzudenken im Vergleich zu anderen Werten. Die Curricula sollten lebensnah und abwechslungsreich sein und nicht nur Informationsablieferung. Die Kurse sind fortlaufend und nicht nur zum Schluss zu evaluieren. Schließlich wäre der Erwerb von Finanzkompetenz als mehrstufiger und langfristiger Prozess zu verstehen. Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 531-538 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autoren: Edward W. Taylor, Elizabeth J. Tisdell, Karin Sprow Forté Verbraucherforschung aktuell erscheint alle drei Monate. Dieser Informationsservice bietet einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse und wichtige Neuerscheinungen zu den Themen verbrauchergerechte Finanzmärkte, effiziente Verbraucherinformation, Verbraucherrechte, Internet, Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz, Verbraucherpolitik und Ernährung. Impressum Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstraße 66 10969 Berlin Ansprechpartner: Peter Gnielczyk 030/25 800-105 [email protected] Verfasser: Dr. Günther Rosenberger Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Anregungen zum Newsletter nehmen wir gerne entgegen. Ausgabe 4 | Dezember 2012 Aschenputtel ins Spiel bringen: Wie man Erziehung zum Herzstück der Finanzbildung macht (Getting Cinderella to the ball: putting education at the heart of financial education) Die Autoren wollen die Diskussion befeuern, ob Finanzbildung eher dem Finanzsystem dient oder eher der menschlichen Bildung. Sie bezweifeln den Nutzen finanzieller Bildung in der Definition der OECD, nämlich größeres Selbstvertrauen bei Geldentscheidungen und verbesserte Finanzsituation, und weisen nach, dass Überschuldung auch durch strukturelle und institutionelle Faktoren bewirkt wird, über die der Einzelne keinerlei Kontrolle hat. Auch Zentralbanken, die neuerdings enthusiastisch für Finanzbildung schwärmen, scheinen dabei doch nur den eigenen Vorteil im Blick zu haben. Zwar sei der Ansatz, der Verbraucher solle auch aktiver Akteur auf den Märkten sein, einerseits sinnvoll, doch ist der Hauptzweck dabei doch nur die Unterstützung der Wirtschaft, auch im Sinn der Geldinstitute und Regulierungsbehörden. Die Autoren schlagen ein alternatives Konzept vor: die finanziell gebildete Person. Daraus lassen sich Kriterien für Finanzbildung und -wissen ableiten: die Notwendigkeit einer Unterstützung lebenslangen Lernens; eine optimale Konfiguration zwischenmenschlicher und technischer Interaktion; Verständnis von Bildung als bereichsübergreifender Prozess; Erfahrungsaustausch zwischen Lehrern und Lernenden. Die Frage muss beantwortet werden: Trainieren wir für den Konsum? Oder erziehen wir fürs Leben? Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 508-514 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autoren: Carol Baumann, Tony Hall Nachhaltiges Finanzverhalten fördern: Folgerungen für Bildung und Forschung (Promoting sustainable financial behaviour: implications for education and research) Schlechte Spar- und Anlageentscheidungen haben ernste Konsequenzen für die langfristige Finanzsituation eines Haushalts. Daher wird allenthalben nach Regulierung, Standardisierung, Information und Empowerment der Verbraucher gerufen, deren oft mangelndes Wissen in Gelddingen kritisiert wird. Allerdings leiden viele Programme zur finanziellen Bildung an unklaren Zielen, zwiespältigen Inhalten und einer übermäßigen Zahlenorientierung und sie überschätzen die Wirksamkeit punktueller Maßnahmen angesichts eingewurzelter Gewohnheiten und unterschiedlichster Bedürfnisse der Teilnehmer. Zunächst müsse aber klar sein, ob man informierte und entscheidungsfähige Menschen haben will oder ob Unternehmer und Regierung entscheiden sollen, was zu tun ist. In Anlehnung an die Umweltbildung plädiert der Autor für das Konzept einer nachhaltigen finanziellen Bildung. Finanzielle Nachhaltigkeit wäre erreicht, wenn die Möglichkeiten eines Haushalts so gemanagt werden, dass genügend Geldmittel für Verbindlichkeiten während des Lebenszyklus und bei wechselnden finanziellen Bedingungen zur Verfügung stehen. Dies wäre für das Wohlergehen der Individuen wie für das der ganzen Gesellschaft bedeutsam. Dazu wäre aber eine Diskussion der für die Finanzbildung relevanten Einstellungen, Werte und Glaubensinhalte wichtig, ebenso kompetente Lehrer und eine laufende Evaluation der Ergebnisse. Notwendig sei letztlich eine Revolution im ökonomischen Denken und auch Lehren, welche das menschliche Wohlergehen in den Mittelpunkt stellen und dazu moralische, ethische und spirituelle Aspekte einbeziehen. Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 502-507 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autorin: Tahira K. Hira Nachhaltigkeit aus der Verbraucherperspektive gesehen (Sustainability seen from the perspective of consumers) Die Förderung nachhaltiger Lebensstile gilt als „Sesam, öffne dich!“ für globale Probleme wie Klimawandel. Doch was heißt eigentlich Nachhaltigkeit? Der Begriff ist komplex und die Forschung hat noch wenig untersucht, was die Verbraucher eigentlich darunter verstehen. Die Autoren selbst definieren fünf Dimensionen von Nachhaltigkeit: eine umweltbezogene, gesellschaftliche, ökonomische, generationenbezogene und entwicklungsbezogene Dimension. Eine mündliche Befragung norwegischer Verbraucher 2008 in Einkaufszonen und Wartebereichen (Bushaltestellen) zeigte, dass die Mehrheit der Leute von dem Begriff schon gehört hat, was im Widerspruch zu früheren Erhebungen steht, aber durch die intensive Medienberichterstattung über Klimawandel und Finanzkrise Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Ausgabe 4 | Dezember 2012 erklärt werden kann. Das Verständnis der Befragten umfasst vorrangig die Umwelt-, Gesellschafts- und Entwicklungsdimension, weniger die zeitliche und ökonomische Dimension. Bei nachhaltigen Produkten stehen Schutz und Verteilung der Rohstoffe im Vordergrund, weniger die ökonomischen Aspekte. Der politische Diskurs über Nachhaltigkeit hat sich offensichtlich so auf die Umwelt konzentriert, dass beispielsweise soziale Fairness ins Hintertreffen geriet. Sinnvoll scheint nach allem ein einheitliches Nachhaltigkeitslabel zu sein, das die verschiedenen Dimensionen integriert und so das Erkennen nachhaltiger Produkte erleichtert. Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 678-687 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autoren: Daniel Hanss, Gisela Böhm „Schieb es aufs Marketing“: die Sicht von Verbrauchern auf nicht-nachhaltigen Konsum (´Blame it on marketing´: consumers´view on unsustainable consumption) Hohes Konsumniveau in den westlichen Ländern und wachsender Konsum in den Schwellenländern sind Ursache vieler Umweltschäden. Motor dieser Probleme, so wird oft kritisiert, ist das betriebliche Marketing, das vor allem verkaufen will und nicht einen genügsameren Lebensstil propagiert. Entsprechend verstärkt auch die Marketinglehre überwiegend den Konsum und die Konsumideologie. Auf Basis einer Literaturdurchsicht zu diesen Zusammenhängen wurde eine mehrstufige Befragung von Lehrkräften einer portugiesischen Universität zu ihren diesbezüglichen Einstellungen durchgeführt. Diese Personengruppe zeichnet sich aus durch ein hohes Bildungsniveau, was normalerweise mit höherem Umweltengagement korreliert, und einen potentiell starken Einfluss auf Studierende und Politik. Übermäßiger, demonstrativer, umweltschädlicher Konsum wurde von den Befragten in moralischem Ton „den Leuten“ oder „der Gesellschaft“ zugeschrieben, von denen man sich distanziert. Schuld für Überkonsum sei das manipulative und verführerische Marketing, dem gegenüber feindliche Gefühle genannt werden; dies womöglich auch als Ausdruck einer entsprechenden politischen Haltung. Generell glaubt man, mit individuellem Entscheidungsverhalten nur wenig Einfluss auf die natürliche Umwelt nehmen zu können, auch wenn man einen solchen Einfluss theoretisch dem „Nor- malbürger“ zugesteht. Bei einer solchen Sicht besteht die Gefahr, die eigene Verantwortung nicht zu sehen und diese immer anderen zuzuschieben. Daraus erwachsen Aufgaben für ein „nachhaltiges Marketing“ und für die Politik, zunächst vor allem die bedeutsame Rolle des Konsums für die Umwelt zu verdeutlichen, beispielsweise durch Informationskampagnen. Auch die weitere Forschung hat hier noch Einiges beizutragen. Quelle: International Journal of Consumer Studies, Band 36, Heft 5, 2012, S. 656-667 http://www.blackwellpublishing.com/journal.as p?ref=1470-6423 Autoren: M. Teresa Pereira Heath, Andreas Chatzidakis Grünes Verbraucherverhalten in einer Entwicklungsökonomie: Verwirrung, Glaubwürdigkeit und Verträglichkeit (Green consumer behavior in an emerging economy: confusion, credibility, and compatibility) Die anthropozentrische Sichtweise zieht eine Linie zwischen Mensch und Natur, die den Schutz des Planeten erschwert. Um das ökozentrische Paradigma, das alle natürlichen Systeme im Gleichgewicht halten soll, zu stärken, bedarf es genauer Kenntnis dessen, was grünes Konsumverhalten fördert oder auch behindert. Da ökologisches Engagement in Entwicklungsländern noch wenig ausgeprägt ist, sollte eine ethnografische Studie unter 15 mexikanischen Familien in verschiedenen Regionen und aus unterschiedlichen sozialen Klassen neue Einblicke bringen. So zeigte sich auch hier, dass umweltfreundliches Verhalten noch gering ausgeprägt ist und sparsamer Strom- und Wasserverbrauch nur in Kombination mit finanziellen Einsparungen erfolgt. Generelles Misstrauen gegenüber Unternehmen und die Schwierigkeit, Bio-Lebensmittel von anderen zu unterscheiden, führen zu Verbraucherverwirrung und Skepsis gegenüber Umweltansprüchen. Misstrauen herrscht auch gegenüber behördlichen Institutionen. Das findet man in allen sozialen Schichten. Kinder sind öfters sachkundiger und umweltorientierter als ihre Eltern und könnten so ein Katalysator für ein stärkeres Umweltbewusstsein in der Familie sein. Überhaupt steht das Wohlergehen der Familie im Mittelpunkt, weniger abstrakte Gebilde wie „Gesellschaft“. Unternehmen, Handel und Regierung sollten kooperieren, um den Nutzen grüner Waren zu verdeutlichen und Verpackungen und Labels zu Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Ausgabe 4 | Dezember 2012 verbessern. Industriestandards und Zertifizierungen könnten für mehr Transparenz sorgen. Unterschiedliche Preisstrategien für arme und besser gestellte Verbraucher könnten die Kostenbarriere bei manchen grünen Produkten überwinden. Ökologische Verantwortung sollte gerade in Entwicklungsökonomien als „modern“ profiliert werden. Quelle: Journal of Consumer Marketing, Band 29, Heft 7, 2012, S. 470-481 www. emeraldinsight.com/0736-3761.htm Autoren: Lorena Carrete, Raquel Castaño, Reto Felix, Edgar Centeno, Eva Gonzáles Die Kaufabsichten von Verbrauchern bei energieeffizienten Waren prognostizieren (Predicting consumer intentions to purchase energy-efficient products) Ein Weg, die Lücke zwischen Umweltengagement und tatsächlichem Verhalten zu erklären, könnte in der Klärung der Frage bestehen, wie umweltbezogene Einstellungen zustande kommen. Denn Einstellungen sind bekanntermaßen wichtige Indikatoren für grüne Kaufentscheidungen. In Seoul wurden 200 Käufer von energiesparenden Geräten (Fernsehern, Klimaanlagen, Waschmaschinen, Kühlschränken, Glühbirnen) nach ihren Motiven und Einstellungen gefragt. Die Ergebnisse zeigten folgendes Bild: Sachwissen fördert Vertrauen in energiesparende Geräte; die Einstellung gegenüber solchen Geräten wird positiv beeinflusst vom Vertrauen und der konkreten Nutzenerwartung; positive Einstellungen fördern Verhaltensabsichten; Umweltbewusstsein korreliert mit subjektiven Normen wie Verantwortungsgefühl; diese Normen beeinflussen das Engagement und dieses wiederum die Verhaltensbereitschaft. Umweltbewusste Kaufentscheidungen brauchen aber auch die Überzeugung, dass sie einen wirklichen Einfluss auf die Umwelt haben. Quelle: Journal of Consumer Marketing, Band 29, Heft 7, 2012, S. 461-469 www. emeraldinsight.com/0736-3761.htm Autoren: Hong-Youl Ha, Swinder Janda Unternehmensverantwortung, Verantwortungslosigkeit und Korruption: Einführung in den Sonderteil (Corporate social responsibility, irresponsibility, and corruption: Introduction to the spezial section) In seiner Einführung in den Sonderteil des Heftes zu „Corporate Social Responsibility, Irresponsibility, and Corruption“ zeichnet der Autor die Entwicklung nach, wie der zunehmend kritische Blick von sozial- und umweltverantwortlichen Stakeholdern, Verbrauchern, Regierungen sowie der akademischen Welt auf Unternehmen dazu führte, dass Verantwortungslosigkeit und Korruption deutlicher zutage traten. Auch Forschungen zeigten die Tendenz mancher Manager, unverantwortliche und korrupte Praktiken gering zu achten. Dies führte oft zur Einführung von Kontrollmechanismen in Unternehmen. Vor allem sind es soziale Bindungen und ein gemeinschaftlicher Führungsstil, die vor unethischen Tendenzen schützen können. Das stark aufkommende Interesse der Verbraucher hat weiterhin dazu geführt, dass CSR zunehmend wichtiger wird. Dabei erwachsen aber etliche Fragen für die Forschung. Wie können Unternehmen erfolgreich Initiativen sozialer und ökologischer Verantwortung ergreifen und sind diese kurzoder langfristig erfolgreich? Welche Aktionen, welche Geschäftsbereiche und welche Stakeholdergruppen sind besonders bedeutsam? Welche Aktivitäten können interne Korruption aufdecken? Wie können Marktwächter und Informanten wirksam unterstützt werden? Dazu werden vier Aufsätze vorgestellt: „Does Media Attention Drive Corporate Social Responsibility“ (S. 1622-1627); „Corporate Social Responsibility and Shareholders´ Value: A Note“ (S. 1628-1635); „Does Going Green Pay Off in the Long-Run?“ (S. 1636-1642); „All in the Family? Social Performance and Corporate Governance in the Family Firm“ (S. 1643-1650). Der Tenor aller Beiträge unterstreicht nach Ansicht des Autors den strategischen Wert von CSR, der den Unternehmen auch zu wirtschaftlichem Erfolg verhilft, der je nach Mediendruck und jeweiligem Betrieb aber unterschiedlich ausfallen kann. Quelle: Journal of Business Research, Band 65, Heft 11, 2012, S. 1618-1621 www.sciencedirect.com/science/journal/014829 63 Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Ausgabe 4 | Dezember 2012 Autoren: Sanjay Putrevu, Jean McGuire, Donald S. Siegel, David M. Smith Ist die wahrgenommene Verbraucherpassung bei CSR-Aspekten von Bedeutung? (Does perceived consumer fit matter in corporate social responsibility issues?) CSR-Aktivitäten spielen eine wichtige Rolle im Beziehungsmanagement von Unternehmen. Trotz erheblicher Investitionen bleiben ihre Wirkungen aber häufig flau.Oft agieren Unternehmen nämlich aus der Perspektive eines Händlers: Für jeden etwas dabei! Ohne eine Zielgruppenorientierung bleiben aber auch die besten Aktionen unbemerkt und wirkungslos. Eine gute Passung zwischen den CSR-Aktivitäten und den Erwartungen und Werten der Verbaucher scheint Voraussetzung zu sein für den Erfolg von CSR. Eine Studie in Seoul prüfte derartige Zusammenhänge. So zeigte sich, dass Verbraucher CSR-Aktivitäten als aufrichtig und vorteilhaft emfinden, wenn diese ihrem eigenen Lebensstil und ihren Wertvorstellungen entsprechen. Solche Übereinstimmungen fördern dann auch die Identifikation mit einem Unternehmen und die Loyalität zu ihm. Unternehmen sollten also bei CSR-Aktivitäten stets den Verbraucher in den Blickpunkt nehmen und ihre Strategien auf ihn abstimmen. Dann erlangen sie über die als befriedigend wahrgenommene Passung ein positives Firmenimage und den erhofften Wettbewerbsvorteil. raussetzung für eine sinnvolle Nutzung einer ICS das Vertrauen in ihre Glaubwürdigkeit. Daran hapert es aber, wie verschiedene Erhebungen zeigten. Die Autorin beschreibt die Hintergründe für das mangelnde Vertrauen in dieses überwiegende Geschäftsmodell (two-sided business): beispielsweise widersprüchliche Ergebnisse auf unterschiedlichen ICS, mangelnder Datenschutz, mangelnde Marktabdeckung, die Refinanzierung kommt eher vom Händler als vom Verbraucher, was Einflüsse der Verkäufer auf die gezeigten Produkte befürchten lässt. Die Autorin plädiert daher für ein anderes Geschäftsmodell, bei dem das Geld von den Verbrauchern kommt. Das würde für eine ICS bedeuten, dass sie unabhängig vom Anbieter bleibt und sich mehr um ihre Kunden kümmern muss: durch Glaubwürdigkeit, verlässliche und vollständige Informationen, eigene Ratschläge, Überprüfung von Kundenbewertungen auf Korrektheit, unbeeinflusste Qualitätsurteile. Ein Modell für derartige ICS kann die Plattform der Verbraucherorganisation Which? sein, die man allerdings abonnieren muss. Bei allen Nachteilen, die auch ein solches “onesided model“ haben mag, wäre dies doch der Weg für wirklich vertrauenswürdige Vergleichsportale. Quelle: Journal of Consumer Policy, Band 35, Heft 3, 2012, S. 333-353 http://www.springerlink.com/link.asp?id=10028 3 Autorin: Harriet Claire Gamper Quelle: Journal of Business Research, Band 65, Heft 11, 2012, S. 1558-1564 www.sciencedirect.com/science/journal/014829 63 Autoren: Eun Mi Lee, Seong-Yeon Park, Molly I. Rapert, Christopher L. Newman Wie können Vergleichsseiten im Internet optimal für Verbraucher funktionieren? (How Can Internet Comparison Sites Work Optimally for Consumers?) In der Informationsgesellschaft kann ein Verbraucher angesichts der riesigen Menge verfügbarer Informationen über jedes beliebige Produkt kaum noch eine gut informierte Wahlentscheidung treffen. Dieses Problem könnte durch Vergleichsseiten im Internet (engl. ICS) gelöst werden, die es erleichtern, Alternativen hinsichtlich verschiedener Eigenschaften auf einfache Weise zu vergleichen, zumal die Verbraucher immer geschickter werden. Allerdings ist Vor- Herkunft und Regionalität: Orientierung für den Verbraucher Globalisierung heißt auch, dass Lebensmittel, sogar Bio-Produkte, unabhängig von Saison und Region verzehrt werden können. Würden allerdings auch die externen Kosten in der Umwelt für Transport, Verkehrsträger, benötigte Infrastrukturen etc. in die Preise einkalkuliert werden, könnten Produkte mit langen Transportwegen kaum noch konkurrenzfähig sein – dann zugunsten regionaler Produkte. Die Herausforderung liegt somit auch hier im „Einklang von Ökologie und Ökonomie mit Globalisierung und Regionalisierung“. Zu diesem Zweck sind aber beispielsweise Energie- und Klimabilanzen als Entscheidungshilfen für die Verbraucher wenig hilfreich. Auch lockende Bezeichnungen in der Werbung wie „aus unserer Heimat“ oder „aus der Region“ suggerieren etwas, was man nicht selber nachprüfen kann. Bei solchen Vertrauenseigenschaften ist die Gefahr der Irreführung hoch. Besser Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Ausgabe 4 | Dezember 2012 wäre eine eindeutige Lebensmittelkennzeichnung von Herkunft und Regionalität. Der Artikel beschreibt die Besonderheiten der geschützten Ursprungszeichen auf EU-Ebene, der staatlichen Qualitätszeichen der Bundesländer und des Lebensmittelgesetzes. Deutlich wird dabei die Problematik der Europäisierung des Lebensmittelrechts, das den Maßstab des „flüchtigen Verbrauchers“ verzerrt hat hin zum „mündigen“ und „aufmerksamen Verbraucher“, der in der Lage sein soll, die Überseinstimmung einer Istmit einer Sollbeschaffenheit zu überprüfen. Und das auch bei Vertrauenseigenschaften. Mit der im Herbst 2011 verabschiedeten Lebensmittelinformationsverordnung, die ab 2014 eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung beispielsweise für Schweine- und Geflügelfleisch vorsieht, könnte es deutliche Fortschritte geben. Eine gesetzliche Definition von „Region“ und „Herkunft“ ist dringend notwendig für die Kennzeichnung regionaler Lebensmittel. Vorbild könnten hierzu die gesetzlichen Regeln für BioLebensmittel sein. meinschaftsgefühle und den richtigen Medieneinsatz. Warum und wie die Verbraucher eine Marketingbotschaft auch richtig verstehen, basiert darauf, dass die Botschaft einfach ist, dass man leicht versteht, wie das Produkt zu verwenden ist, und dass rasch eine Gratifikation in Form positiver Wirkungen (beispielsweise Gewichtsabnahme) wahrnehmbar ist. Grundsätzlich sollten öffentliche Träger also die Wichtigkeit der Konsumentenverhaltensforschung nicht unterschätzen und gelegentlich auch Kooperationen mit dem „privaten Sektor“ stärker nutzen als bisher. Letztlich scheint aber nur die Kombination einer Vielzahl von Maßnahmen etwas in Richtung einer gesünderen Ernährung bewirken zu können. Quelle: Ernährungs Umschau: Forschung & Praxis, Band 58, Heft 9, 2012, S. 504-509 www.ernaehrungs-umschau.de Autoren: Jessica Aschemann-Witzel, Tino BechLarsen Quelle: Ernährungs Umschau: Forschung & Praxis, Band 58, Heft 9, 2012, S. 510-517 www.ernaehrungs-umschau.de Autoren: Frank Waskow, Sonja Pannenbecker Erfolgsfaktoren der Kommunikation von gesundheitsrelevanten Aspekten im Lebensmittelmarketing („Getting the message across“) Nicht leicht ist es bekanntlich, die Menschen zu eine ausgewogenen Ernährung zu bewegen und auf diese Weise lebensstilbedingte Krankheiten zurückzudrängen. In einer EU-geförderten europaweiten Fallstudie („EATWELL“) sollte untersucht werden, ob die Methoden des kommerziellen Marketings für Lebensmittel sich auch dazu eignen, die wenig erfolgreichen öffentlichen Kampagnen zugunsten gesunder Ernährung voranzubringen. Aus 27 Beispielen für Werbekampagnen, Marketingkonzepten und Produktentwicklungen für Lebensmittel oder Getränke während der letzten fünf Jahre wurden die identifizierten Erfolgsfaktoren extrahiert. Diese „key success factors“ bilden ein dreistufiges Modell aus „Daten und Wissen“, der „Umsetzung“ und des „Warum und Wie“. Zum ersteren gehören ein fundierter gesundheitsrelevanter Effekt, detaillierte Kenntnisse über die Zielgruppe sowie ein Gespür für Trends. Eine gekonnte Umsetzung des Marketings beinhaltet den Einsatz von Emotionen, eine Vertrauensfigur, den Appell an Ge- Das aktuelle Buch Walter Capellmann, Roger Peverelli, Reggy de Feniks: Wie sich die Finanzbranche neu erfindet: Was Kunden von Finanzdienstleistern wirklich erwarten FinanzBuch Verlag, München, 2012, 24,99 € Diese reich bebilderte Veröffentlichung setzt ihre Ziele hoch an. Sie will nichts Geringeres als die Lehren aus der großen Finanzkrise ziehen, als nicht nur Eigenkapital von Banken und Staatshaushalte dezimiert wurden, sondern vor allem das Vertrauen der Kunden und Verbraucher in das Finanzsystem zutiefst erschüttert wurde. Das Geschäftsmodell, mit intransparenten Nischen und über die Informationsasymmetrie Geld zu verdienen, ist obsolet geworden, die Verbraucher hingegen sind misstrauischer und fordernder geworden. Die Finanzbranche muss sich daher neu erfinden, indem sie den Begriff „Kundenzentrierung“ endlich mit Leben erfüllt. Da eine konsequente Orientierung am Kunden Einfluss auf das Geschäftsmodell und die gesamte Organisation hat, muss geklärt werden, wie sich Banken und Versicherungen ändern sollen, um mit den neuen Ideen eines kundenorientierten Modells Geld zu verdienen. Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Ausgabe 4 | Dezember 2012 Welche wichtigen Trends bei den Verbrauchern gilt es zu diesem Zweck zu beachten? Es sind sechs Entwicklungen, die als irreversibel gelten, und denen jeweils neue Konzepte für das Geschäftsmodell, für Positioning und Branding, das Angebot, für die „Customer Journey“ (alle Kontakte mit dem Unternehmen und einzelne Entscheidungsphasen bis zum Kauf) und für Unternehmenskultur und -organisation zugeordnet werden. So hat sich zunächst das Verhältnis der Verbraucher zu den Finanzinstituten verändert. Die Verbraucher wollen Transparenz und Einfachheit. Sie werden immer eigenständiger und verlassen sich auf die Schwarmintelligenz. Sie bewerten Werte neu und möchten Nähe spüren. Diese Verbrauchertrends stellen neue Anforderungen an Banken und Versicherungen, insbesondere an eine Verminderung der Informationsasymmetrie und an den Interessensausgleich mit den Stakeholdern. Der Service wird noch wichtiger werden, Technologien müssen geschickt eingesetzt werden und alle Mitarbeiter/innen müssen die Marke überzeugend mit Leben füllen. Wichtig nicht zuletzt: die Bereitschaft als Unternehmen verletzlich zu sein, Aufrichtigkeit, eine Kundenbeziehung auf Augenhöhe. Neue Wege sind also zu finden für die erforderliche Neujustierung der Finanzbranche: „Befähigung, allgemeine Anständigkeit, eine menschliche Dimension, Offenheit, persönlich und empathisch. Es geht um eine Kultur, die das „zuhören – lernen – einbinden“ verinnerlicht … Kundenorientierung bedeutet, für die Werte zu leben.“ Wer sich mit den Autoren über diese anspruchsvollen Kriterien auseinandersetzen möchte, kann sie kontaktieren unter: [email protected], [email protected] und [email protected]. Weitere Informationen über Best Practices sowie aktuelle Interviews finden sich unter www.reinventingfinancialservices.com. Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.