1. Konvergenz 1.1. Einführung in das Prinzip der Folge Eine Folge ist eine durchnummerierte (Index) Abfolge von Zahlen die eine Abbildung der natürlichen Zahlen auf eine andere Zahlenmenge darstellt. Beispiel: an := 1 1 kann auch als Abbildung: f : ℕ → ℚ mit f ( x ) = verstanden werden. x n Die Glieder der Folge sind die einzelnen Elemente, aus denen die Folge besteht. Beispiel: Die ersten vier Glieder der Folge an := 1 1 1 1 1 ; ; ; sind: 1 2 3 4 n Jedes Glied einer Folge hat eine sogenannte „Hausnummer“, die die Position des Gliedes in der Folge kennzeichnet. Diese Hausnummer wird in der Mathematik als „Index“ bezeichnet. Beispiel: Das Glied a4 der Folge an := 1 n ist 1 4 Die Bildung einer Folge obliegt also drei uns bekannten Gesetzen, die wir in der Vorlesung behandelt haben: 1 1. Durchnummerieren durch „Hausnummern“, den so genannten Indizes 2. Folge als Darstellung durch eine Funktion mit den natürlichen Zahlen als Definitionsbereich 3. rekursive Darstellung einer Folge 1.1.1. Rekursive Darstellung einer Folge eine Folge kann auch durch die Angabe einiger Startwerte ( ≥ 1 ) und einer sog. Rekursiven Bildungsvorschrift berechnet werden: Beispiel: a1 = 1, a2 = 1 und für n≥3 an = an−1 +an−2 Somit sind die ersten Glieder der Folge: 1,1,2,3,5,8,13,… Diese besondere rekursiv definierte Folge nennt sich auch Fibonacci - Folge 1.2. Grenzwert einer Folge Definition: Eine Folge reeller (oder komplexer) Zahlen an konvergiert gegen die Zahl a, falls ∀ε > 0 ∃nε ∀n ≥ nε an − a < ε Die Zahl a heisst Grenzwert der Folge, und man schreibt 2 a = lim an n →∞ Folgen, die einen Grenzwert haben, heißen konvergent, andernfalls divergent. Bemerkung. Der Grenzwert einer Folge ist eindeutig bestimmt, falls er existiert. Konvergenz einer Folge bedeutet, dass alle bis auf endlich viele Glieder der Folge mit wachsendem n in einer beliebig kleinen ε - Umgebung von dem Grenzwert der Folge a liegen. 1.2.1. Graphische Darstellung des Konvergenzverhaltens der Nullfolge an := 1 n 3 Die Folgenglieder liegen in der gewählten ε -Umgebung ( ε = 0,1) so dicht beieinander, dass sie in der oberen Graphik nicht mehr darstellbar sind. Nach der Definition des Grenzwerts einer Folge ist in diesem Beispiel also nε Das heißt, dass alle Folgenglieder die kleiner gleich gewählten ε -Umgebung liegen. Beispiel: 1) (Aufgabe 30) n + 1 2 n −1 1 lim • 1 − 2 n →∞ n n n + 1 2 n −1 1 1 • 1 − sei 2 ; bn = 1 − 2 n n n a bn n →1 noch zu betrachten sei also 4 = 10 1 sind, innerhalb der hier 10 n +1 an = n 2 n −1 2n n n +1 = • n +1 n 2n 1 1+ n 1 ⇒ • 1 1+ 1 n 1 1 1+ n →1 , also wird nun nur noch das Konvergenzverhalten von n n 1 1 1 + • 1 + betrachtet, und dass ist nach der Vorlesung n n e • e = e2 2) (Aufgabe 29 i) xn = n 2n 2 − n n 2n 2 − n = n n • n 2 n − 1 n da gilt lim n = 1 (Vorlesung!!) ist nun noch der Term n n →∞ 2n − 1 auf Konvergenz zu prüfen. n = 2n − n < 2 n − 1 < 2 n da gilt n n < n 2n kann nun auf lim n n ≤ a ≤ lim n 2n = n n • n 2 n →∞ n →∞ geschlossen werden da lim n n =1 und n 2 n →∞ 2 n n n =1 gilt nun: lim 2n − n = lim n • lim 2n − 1 n →∞ 5 =1 •1 •1 = 1 1.2.2. Konvergenz besonderer Folgen n 1) Die alternierende Folge an = (−1) nimmt bei geraden n den Wert 1 und bei ungeraden n den Wert -1 an. Es liegen daher unendlich viele Folgenglieder sowohl bei 1 (Teilfolge an* Als auch bei -1 (Teilfolge an** = ( −1) 2 n −1 = ( −1) 2 n ) ) somit besitzt die Folge zwei Häufungspunkte, die jeweils Grenzwert einer Teilfolge sind, divergiert jedoch. Häufungspunkte: Definition. Eine Zahl a heißt Häufungspunkt einer Folge ( an ), wenn jede noch so kleine Umgebung von a unendlich viele Folgenglieder an enthält . 2) Konstante Folgen konvergieren gegen sich selbst Bsp. : an = 3 ⇒ lim an = 3 n →∞ 3) Cauchy-Folgen: Definition. Eine Folge ( an ) heisst Cauchyfolge, wenn ∀ε > 0 ∃nε ∀m, n ≥ nε am − an < ε Anschaulich besagt dies, dass sich die Werte der Zahlenfolge nur noch in einem kleinen Spielraum bewegen können, der beliebig klein wird, wenn der Index genügend gross gewählt ist. 6 Satz. (Cauchy-Kriterium) Eine Folge ( an ) ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchyfolge ist. Beispielaufgabe zu Cauchy-Folgen 1.2.3. Beschränkte Folgen Definition. Eine Folge ( an ) heißt beschränkt, falls es eine Schranke M gibt, so dass an ≤ M für alle n gilt. Andernfalls heißt die Folge unbeschränkt. Bemerkung. Konvergente Folgen sind beschränkt. Jedoch sind nicht alle beschränkten Folgen konvergent, n Bsp.: an = (−1) mit an ≤ 1 ist beschränkt, jedoch nicht konvergent 1.2.4. Grenzwertsätze Satz. Seien ( an ) und ( bn ) konvergente Folgen mit den Grenzwerten a bzw. b. Dann gilt: 1. ( an + bn ) ist konvergent mit Grenzwert a + b. 2. ( an • bn ) ist konvergent mit Grenzwert a · b. an 3. ( ) ist konvergent mit Grenzwert a/b, falls b ≠ 0 bn Beispiele: 7 1 n + n dann kann diese Folge aufgrund des ersten Grenzwertsatzes n 1 n dargestellt werden, als an = bn + cn wegen lim = 0 und lim n = 1 n →∞ n n →∞ 1 n Gilt: lim + n = 1 n →∞ n an = 1. Sei 2. Sei (−1) n an = n , dann können die Grenzwertsätze nicht angewendet werden, da weder eine Zerlegung in an = bn n noch in an = bn • cn zulässig ist , da (−1) divergiert. cn Satz. Seien ( an ) und ( bn ) konvergente, reelle Zahlenfolgen mit den Grenzwerten a bzw. b. Gilt an ≤ bn für alle bis auf endlich viele n, dann folgt a ≤ b. Beweis: (Aufgabe 32 a) Annahme: es gilt a = lim( an ) > lim(bn ) = b n →∞ Zu ε := (a − b) / 2 gibt es Für jedes n →∞ n0 ; n1 ∈ ℕ 0 mit an − a < ε n > n0 und bn − b < ε für jedes n ≥ n1 Für m: = max {n0 , n1} gilt bm − am ≥ 0 und a – b = ( a − am ) + (bm − b) − (bm − am ) ≤ (a − am ) + (bm − b) ≤ (a − am ) + (bm − b) < ε + ε = a − b und das ist nicht wahr. q.e.d. 8 2. Stetigkeit Definition: Beim Zeichen von Graphen fällt auf, dass es Funktionen gibt, die sich ohne Absetzen zeichnen lassen. Solche Funktionen heißen stetig. Andere Funktionen besitzen undefinierte Stellen und man muss beim Zeichnen den Bleistift absetzen. Solche ,,Sprungstellen“ heißen Unstetigkeitsstellen der Funktion. An allen anderen Punkten ist die Funktion jedoch stetig. Formal lässt sich das so ausdrücken: Eine reellwertige Funktion f heißt in einem Punkt x0 ihres Definitionsbereichs D stetig, wenn für alle Folgen xn aus D mit xn → x0 stets lim f ( xn ) = f ( x0 ) n →∞ gilt. ε − δ − Definition von Stetigkeit: Eine reellwertige Funktion f ist genau dann stetig in einem Punkt ihres Definitionsbereichs, wenn Folgendes gilt Zu jedem ε > 0 gibt es ein δ > 0 , sodass für alle x ∈ D x − x0 < δ stets f ( x) − f ( x0 ) < ε gilt. 9 2.1. Sätze über Stetigkeit 1) Sind f : X → Y stetig (im Punkt x0 ) und g : Y → Z stetig (im Punkt y0 := f ( x0 ) ) so ist auch die zusammengesetzte Funktion g f stetig (im Punkt x0 ). 2) Polynomfunktionen sind stetig 3) rationale Funktionen sind stetig Die rationalen Funktionen sind definiert als Quotient zweier Polynomfunktionen p und q, wobei q nicht die Nullfunktion sein darf: r ( x) := p( x) q ( x) Die Funktion r ist überall definiert, außer bei den Nullstellen x von q, charakterisiert durch q(x) = 0. 4) seien f, g: X → Y Funktionen, die (im Punkt x) stetig sind, so gilt: 10 dass auch f + g , f • g , f , f , λ f , f (g ≠ 0) (im Punkt x) stetig sind g 2.1.1. Anwendungsaufgaben x3 1) Die Funktion f ( x) = 2 x − 3 ist als Polynom stetig 4 2) Die Funktion 1 für x ≤ 2 f ( x) = 4 x −2 für x > 2 ist auf Stetigkeit im Punkt x0 = 2 zu untersuchen 11 wegen lim f ( x) = n x →2 1 = f (2) ist die Funktion an der Stelle 2 stetig. 4 3) (Aufgabe 38) ε − δ − Definition der Stetigkeit Gegeben sei die Funktion f ( x) := x2 + 1 auf dem Intervall [−1, 1]. x2 − 2 (i) Finden Sie eine Konstante L > 0, so dass |f(x)−f(y)| ≤ L·|x−y| für alle x, y ∈ [−1, 1] gilt. (ii) Folgern Sie aus (i) mit Hilfe der ε −δ − Definition der Stetigkeit, dass f auf ganz [−1, 1] stetig ist. Zu i) x2 + 1 y2 + 1 f ( x) − f ( y ) = 2 − x − 2 y2 − 2 12 3( x + y ) ( x 2 + 1)( y 2 − 2) − ( y 2 + 1)( x 2 − 2) = − ( x − y) = = ( x 2 − 2)( y 2 − 2) ( x 2 − 2)( y 2 − 2) auf [-1,1] gilt nun x+ y ≤2 Des Weiteren gilt, dass ( x 2 also 3( x + y ) ≤ 6 − 2) ( y 2 − 2 ) ≥ 1 . Damit ist L= 6 geeignete Konstante. Zu ii) Sei x0 ∈ [1, −1] und ε > 0 , wähle δ = ε 6 . ε Dann gilt f ( x) − f ( y ) ≤ 6 x − y ≤ 6 • ≤ ε 6 was die Stetigkeit bei ≤δ 4) (Aufgabe 39) Setze g ( x) := x 3 − 3x + 2; h( x) := x 3 + x 2 + 4 13 x0 Zu jedem 1 1 y ∈ ℝ und n ∈ ℕ \ {0} gibt es im Intervall y − , y + sowohl rationale n n als auch irrationale Zahlen (siehe Skript). Sei an Und bn eine beliebige rationale Folge irrationaler Zahlen mit eine beliebige Folge irrationaler Zahlen mit an → y für bn → y Da g(x) und h(x) als Polynome stetig sind, gilt lim f ( an ) = lim g (an ) = g ( y ) n →∞ n →∞ lim f (bn ) = lim h(bn ) = h( y ) n →∞ n →∞ Nach dem Folgenkriterium für Stetigkeit im Fall der Stetigkeit g(y)=h(y) Es gilt g(x)=h(x) genau dann, wenn 0 = y 2 + 3 y + 2 = ( y + 1)( y + 2) Also ist f höchstens stetig bei y=-1 und y= -2 Wegen lim f ( an ) = lim g (−1) = h(−1) = 4 n →∞ n →∞ lim f (bn ) = lim g ( −2) = h( −2) = 0 n →∞ n →∞ Für beliebige reelle Folgen an → −1 und bn → −2 an , bn ist f bei y=-1 und y=-2 stetig 14 n→∞ 15