Zusatzmaterial Komplexe Zahlen

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Komplexe Zahlen und Allgemeines zu Gruppen
Die komplexen Zahlen sind von der Form
mit x, y ∈ R,
z = x + iy
√
wobei i = −1 als imaginäre Einheit bezeichnet wird. Wir nennen hierbei Re(z) = x
den Realteil von z, und Im(z) = y den Imaginärteil von z. Man beachte, daß Re(z) und
Im(z) gemäß ihrer Definition stets reelle Zahlen sind. Manchmal schreiben wir auch kürzer
Re z anstelle von Re(z) = x und Im z anstelle von Im(z) = y . Die Menge aller komplexen
Zahlen bezeichnet man mit
C = { z = x + iy : x, y ∈ R } .
Da wir jedes x ∈ R in der Form z = x + i · 0 schreiben können, ist die Menge der reellen
Zahlen R eine echte Teilmenge von C. Die komplexen Zahlen x + iy werden hierbei mit
den Punkten (x, y) in der x, y-Ebene identifiziert, oder aber mit den Ortsvektoren, die
vom Nullpunkt (0, 0) zum Punkt (x, y) hinweisen. In diesem Kontext bezeichnen wir die
x, y-Ebene auch als Gaußsche Zahlenebene, die x-Achse als Realachse und die y-Achse als
Imaginärachse.
Für z = x+iy ∈ C mit x = Re(z) und y = Im(z) definieren wir die zu z komplex konjugierte
Zahl z gemäß
z = x − iy
als Spiegelung von z an der Realachse. Der Betrag (=Länge) der komplexen Zahl z ist
erklärt durch
p
|z| = x2 + y 2 .
Besonders gut einprägen sollte man sich auch das folgende:
Der Euklidische Abstand zweier komplexer Zahlen z = x + iy und z 0 = x0 + iy 0 , interpretiert
als zwei Punkte in der Gaußschen Zahlenebene, ist gegeben durch
p
|z − z 0 | = (x − x0 )2 + (y − y 0 )2
x, x0 , y, y 0 ∈ R .
Beispiele:
(a) Re 1 = 1, Im 1 = 0, 1 = |1| = 1 .
(b) Re i = 0, Im i = 1, i = −i, |i| = 1 .
(c) Re(1 + 2i) = 1, Im(1 + 2i) = 2, 1 + 2i = 1 − 2i, |1 + 2i| =
√
12 + 22 =
√
5.
(d) Die beiden komplexen Zahlen z = 3 − 2i und z 0 = 2 + i haben in der Gaußschen
Zahlenebene den folgenden Abstand voneinander:
p
√
|z − z 0 | = (3 − 2)2 + (−2 − 1)2 = 10 .
1
Grundrechenarten in C
Es seien z = x + iy, z 0 = x0 + iy 0 komplexe Zahlen mit Realteilen x, x0 und Imaginärteilen
y, y 0 . Dann haben wir folgende Grundrechenarten:
(a) Addition bzw. Subtraktion:
z ± z 0 = (x ± x0 ) + i(y ± y 0 ) ,
(b) Multiplikation:
z · z 0 = (xx0 − yy 0 ) + i(xy 0 + x0 y) ,
(c) Kehrwertbildung und allgemeiner die Division durch z 6= 0:
1
z
x
y
= 2 = 2
−i 2
,
2
z
|z|
x +y
x + y2
xx0 + yy 0
xy 0 − x0 y
z0
= 2
+i 2
.
z
x + y2
x + y2
Die Eulersche Darstellung komplexer Zahlen
Wir führen die Exponentialfunktion sowie die trigonometrischen Funktionen cos und sin
durch die folgenden für alle z ∈ C konvergenten Potenzreihen ein gemäß
z
exp(z) = e =
∞
X
zn
n=0
cos z =
∞
X
sin z =
,
(−1)n
z 2n
,
(2n)!
(−1)n
z 2n+1
,
(2n + 1)!
n=0
∞
X
n!
n=0
und erhalten hieraus mühelos die wichtige Eulersche Identität
eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ ∀ ϕ ∈ R .
Jede komplexe Zahl z läßt sich damit in der Form
z = r · (cos ϕ + i sin ϕ) = reiϕ
darstellen, wobei r ≥ 0 und −π < ϕ ≤ π ist. Im Gegensatz zur sogenannten kartesischen
Darstellung z = x+iy sprechen wir hier von der Eulerschen Darstellung, die der Darstellung
der Punkte (x, y) ∈ R2 in ebenen Polarkoordinaten r und ϕ entspricht:
x = r cos ϕ ,
y = r sin ϕ .
2
Die Größen Radius r und Winkel ϕ (im Bogenmaß) lassen sich aus obigen Gleichungen
berechnen, und man erhält:

y
für x > 0
 arctan x ,
p
π
x
sgn(y)
−
arctan
,
für x ≤ 0, y 6= 0 ,
r = x2 + y 2 ,
ϕ=
y
 2
π,
y = 0 und x ≤ 0 .
Die Multiplikation und Division komplexer Zahlen wird besonders einfach mit der Eulerschen Zahldarstellung: Es seien
z = r eiα ,
z 0 = r0 eiβ ,
r, r0 ≥ 0, α, β ∈ R
gegeben. Dann ist
z · z 0 = rr0 · (cos(α + β) + i sin(α + β)) = rr0 ei(α+β) ,
z0
= r0 /r · (cos(β − α) + i sin(β − α)) = r0 /r ei(β−α) ,
z
z n = rn (cos(nα) + i sin(nα)) = rn einϕ
für n ∈ Z ,
und insbesonders für alle ganzen Zahlen n gilt die wichtige Beziehung
e2πni = 1 .
Beispiel:
Die komplexen Lösungen der Gleichung z 4 = 1 lauten
◦
z1 = 1 = e0·i = ei·0 ,
π
◦
z2 = i = e 2 i = ei·90 ,
◦
z3 = −1 = eπ i = ei·180 ,
3
◦
z4 = −i = e 2 π i = ei·270 .
Dabei ist die jeweilige Lösung in der Eulerschen Zahldarstellung sowohl durch Angabe des
Winkels im Bogenmaß (das ist die übliche, in der Mathematik verwendete Darstellung) als
auch in Gradzahlen möglich. Bei Verwendung von Gradzahlen beachte man nur
1◦ =
π
180
bzw. 2π = 360◦ .
Die folgende sehr allgemeine Definition ist nicht nur für das Rechnen mit reellen und komplexen Zahlen, mit Permutationen und in der linearen Algebra wichtig, sondern von großer
Bedeutung in der gesamten Mathematik:
3
Einführung des allgemeinen algebraischen Gruppenbegriffs
Auf einer nichtleeren Menge G sei eine zweistellige Verknüpfung ◦ erklärt, die Gruppenmultiplikation, die je zwei Elementen x, y ∈ G genau ein ”Produkt” x ◦ y ∈ G zuordnet,
so dass folgende drei Gruppenaxiome gelten:
(G1) Für alle x, y, z ∈ G gilt:
(x ◦ y) ◦ z = x ◦ (y ◦ z) .
(G2) Es gibt in G ein sogenanntes Einselement e, so dass für alle x ∈ G gilt: x ◦ e = x .
(G3) Für alle x ∈ G gibt es ein y ∈ G mit x ◦ y = e. Man nennt hier y zu x rechtsinvers.
Gilt zusätzlich noch das Kommutativgesetz für alle x, y ∈ G :
x ◦ y = y ◦ x,
so sprechen wir speziell von einer abelschen bzw. kommutativen Gruppe.
Wir folgern nun aus den Axiomen der Gruppentheorie (auch ohne Kommutativgesetz!)
den sogenannten
Satz über die Existenz des Linksinversen:
Für alle x ∈ G gibt es ein y ∈ G mit y ◦ x = e. Dabei ist jedes zu x rechtsinverse Element
auch linksinvers, und stimmt mit y überein.
Beweis: Es sei x ∈ G beliebig gewählt. Wegen (G3) gibt es ein y ∈ G mit
x ◦ y = e.
(1)
Für jedes solche y erhalten wir wiederum nach (G3) ein z ∈ G mit
y ◦ z = e.
(2)
Damit erhalten wir die folgende Gleichungskette:
y ◦ x = (y ◦ x) ◦ e
= (y ◦ x) ◦ (y ◦ z)
= y ◦ (x ◦ (y ◦ z))
= y ◦ ((x ◦ y) ◦ z)
= y ◦ (e ◦ z)
= (y ◦ e) ◦ z
=y◦z
=e
( aus Axiom (G2))
( aus (2))
( aus Axiom (G1))
( aus Axiom (G1))
( aus (1))
( aus Axiom (G1))
( aus Axiom (G2))
( aus (2))
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Da x ∈ G beliebig war, folgt: Für jedes x ∈ G gibt es ein y ∈ G mit y ◦ x = e, wobei
jedes zu x rechtsinverse Element y zugleich linksinvers ist. Die eindeutige Lösbarbeit der
Gleichungen a ◦ x = b bzw. x ◦ a = b in einer allgemeinen Gruppe behandeln wir in der
Übung.
Gruppen haben sehr vielfältige Anwendungen in der Mathematik, Physik und Informatik.
Für Gruppen ist folgende Strukturschreibweise gebräuchlich:
(G, ◦, e)
wobei G die Trägermenge der Gruppe, ◦ die Gruppenverknüpfung (d.h. ◦ : G × G → G
ist eine zweistellige Funktion) und e das Einselement bzw. neutrale Element der Gruppe
sind.
Beispiele für Gruppen:
a) (R, +, 0), die additive Gruppe der reellen Zahlen R mit der Null als Neutralelement.
Aber (R, ·, 1) mit der gewöhnlichen Multiplikation ”‘·”’ ist dagegen keine Gruppe, da
(G3) verletzt ist!
a b
b) Die Menge aller reellen 2 × 2 Matrizen
mit nicht verschwindender Deterc d
minante ad − bc 6= 0 bildet bezüglich der Matrizenmultiplikation
0 0 0
aa + bc0 ab0 + bd0
a b
a b
=
·
ca0 + dc0 cb0 + dd0
c0 d 0
c d
1 0
als Verknüpfung und mit der Einheitsmatrix
als Neutralelement eine Gruppe.
0 1
Es gilt z. B.
1 −1
1 3
−1 4
·
=
.
0 2
2 −1
4 −2
Aber Vorsicht:
1 3
2 −1
1 −1
1 5
·
=
,
0 2
2 −4
so dass die Matrizenmultiplikation nicht kommutativ ist!
c) Es sei Nn := {1, 2, . . . , n} für festes n ∈ N. Die Permutationsgruppe (Σ, ◦, Id) besteht
aus allen bijektiven Abbildungen f : Nn → Nn mit der Komposition f ◦ g zweier
Abbildungen als Verknüpfung und der Identität Id : Nn → Nn mit Id(k) := k∀k ∈ Nn
als Neutralelement.
Diese Beispiele zeigen folgende Stärke der axiomatischen Methode auf: In den Gruppenaxiomen wird noch nicht festgelegt, was die Gruppenelemente konkret sind und wie die
5
Verknüpfung explizit aussieht. Dadurch sind die Sätze der Gruppentheorie für alle Strukturen (G, ◦, e) gültig, die nur (G1) und (G3) erfüllen!
Eigenschaften der komplexen Grundrechenarten
1.) (C, +, 0) ist abelsche Gruppe mit Nullelement 0 = 0 + 0i und dem zu z = x + iy
entgegengesetztem Element −z = −x − iy .
2.) (C\{0}, ·, 1) ist abelsche Gruppe mit Einselement 1 = 1+0i und dem zu z = x+iy 6= 0
inversen Element 1/z .
3.) Es gilt für alle z1 , z2 , z3 ∈ C das Distributivgesetz
z1 · (z2 + z3 ) = z1 · z2 + z1 · z3 ,
wobei Punkt- vor Strichrechnung zu beachten ist.
4.) Für alle z ∈ C gilt
Re(z) =
z+z
,
2
Im(z) =
z−z
.
2i
5.) Rechnen mit Beträgen: Für alle komplexen Zahlen z, z1 , z2 gilt
(i) |z| = 0 ⇔ z = 0 ,
(ii) |z1 · z2 | = |z1 | · |z2 | ,
6
(iii) |z1 + z2 | ≤ |z1 | + |z2 | .
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