5.7 proteine

Werbung
5.7
KOHLENHYDRATE UND PROTEINE ----------------------------------------------------------------------------------------- 116
5.7.1
CDG
116
5.7.2
5.7.2.1
5.7.2.2
5.7.2.3
Zucker = Kohlenhydrate
Kohlenhydrate
Aufbau von Zuckern: Monosaccharide
Funktion von Zuckern
Struktur von Zuckern: Monosaccharide
Glucose
D oder L, α oder β, (+) oder (-) ? Eine Übersicht
Überblick über die Familie der Aldosen
Vorkommen, Verwendung und Physiologie von Glucose
Verwendung von Glucose
Physiologie von Glucose
Stereoisomerie
Enantiomere = Spiegelbildisomere
Asymmetrie = Asymmetrisches C-Atom
Chiralität: D und L
D- und L-Glucose
Diastereomere
Enantiomere und optische Aktivität: (+) und (-)
Anomere: α und β und Mutarotation
120
120
120
122
122
123
123
124
124
124
125
125
125
126
127
127
129
130
5.7.3
5.7.3.1
Disaccharide
Glycosidische Bindung
Fructose
131
131
5.7.4
5.7.4.1
Polysaccharide: Stärke und Cellulose
Drill&Practice: Kohlenhydrate
134
5.7.5
5.7.5.1
Proteine
Funktionen von Proteinen im Organismus
136
5.7.6
5.7.6.1
5.7.6.2
5.7.6.3
5.7.6.4
Aminosäuren
Zwitterionen
Natürlich vorkommende Aminosäuren
Isoelektrischer Punkt
Isoelektrische Fokussierung
137
138
139
140
5.7.7
5.7.7.1
Peptide und Peptidbindung
Drill&Practice: Aminosäuren und Peptide
142
5.7.8
5.7.9
5.7.9.1
5.7.9.2
Polypeptide und Proteine
Proteinstrukturen
Primärstruktur
Sekundärstrukturen
α-Helix β-Faltblatt
Drill&Practice: Proteine
Tertiärstruktur
Quartärstruktur
144
144
144
145
146
147
Der genetische Defekt bei CDG
Vom Gen zum Protein
148
5.7.11
5.7.11.1
Enzyme: SchlüsselSchlüssel-Schloss
Katalytisches Zentrum
CDG: Abschliessende Betrachtung
151
152
5.7.12
5.7.12.1
5.7.12.2
5.7.12.3
5.7.12.4
5.7.12.5
5.7.12.6
5.7.12.7
5.7.12.8
5.7.12.9
NachweisNachweis-RK für Kohlenhydrate und Proteine
GOD-Test (Glucose-Oxidase-Test): Glucose
Nachweis von Glucose in Haushaltszucker
Nachweis von Stärke in Kartoffeln und Äpfeln
Fehlingprobe: Nachweis einer Aldehydgruppe
Seliwanow Reaktion: Glucose/Fructose
Xanthoprotein Reaktion: Proteine
Biuret Reaktion: Proteine
Drill&Practice CDG
Lösungen zu den Fragen im Skript
153
153
154
154
154
154
154
155
157
5.7.2.4
5.7.2.5
5.7.2.6
5.7.9.3
5.7.9.4
5.7.9.5
5.7.10
131
132
136
137
141
143
144
148
150
153
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.1
CDG
Die beiden Themen Proteine und Kohlenhydrate werden üblicherweise im Chemieunterricht thematisch getrennt behandelt. Für die Biochemie gehören Kohlenhydrate und Proteine aber untrennbar zusammen, da viele Proteine mit Molekülen
verknüpft sind, die zu der Stoffgruppe der Zucker gehören. Dadurch erhalten
Proteine eine ganz andere Eigenschaft. Fehlen diese Zuckerstrukturen an den
Proteinketten, kann es zu gewissen Krankheiten kommen. Viele, aber nicht alle
Proteine sind mit Zuckerstrukturen versehen, man sagt auch glycosyliert (glycos
(gr.) = süss).
Eine erst in den letzten Jahren entdeckte Krankheit, die vornehmlich bei Kindern
auftritt, ist CDG, eine Abkürzung für Congenital Disorders of Glycosylation (angeborene Glycosylierungsstörung). Vieles zu CDG wurde 1999 erst publiziert. Die für
den Unterricht verwendeten Dias und die in englischer Sprache gehaltenen Texte
wurden mir aus der Arbeitsgruppe "Cell Physiology and Glycobiology" von Prof. E.G.
Berger, Physiologisches Institut der Uni Zürich, zur Verfügung gestellt.
(CDG Homepage unter http://www.cdgs.com/cdg1.htm)
Aufgabe
Entnehmen Sie den folgenden 4 Dias die wichtigste Information und fassen Sie sie
in deutscher Sprache unter „Aussagen“ zusammen.
Vokabelliste
CDG
multisystemic
psychomotor
•
•
•
•
first described around 1980
inherited multisystemic disorder
abnormal glycosylation of glycoproteins
estimated frequency 1:50’000 - 1:80’000
Regional distribution of CDG
ataxia
hypoplasia
viele Organe betreffend
Mentaler Ursprung bewusster Bewegungen
Koordinationsschwierigkeiten
Anzahl der Zellen die ein
Organ bilden ist vermindert
dysmorphysm
veränderte Gestalt
cardiomyopathy
Herzmuskelerkrankung
enteropathy
Erkrankung des Darms
haemorrhages
Blutungen
hypotonia
zu niedriger Blutdruck
cerebellar
das Hirn betreffend
synthase
spezielles Enzym
North America: 51
South America: 3
1
6
47
isomerase
23
4
27
23
31
19
29
2
4
18
transferase
4
12
5
Asia: 3
ER
strukturveränderndes
Enzym
spezielles übertragendes
Enzym
endoplasmatisches Retikulum
mannose
Zucker Mannose
dolichol
membranständiger Anker
116
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Clinical features of CDG-I
Ia
(PMM2)
Ib
(PMI)
Ic
(ALG6)
Id/e
(ALG3)
(DPM1)
Psychomotor retardation, ataxia, cerebellar hypoplasia,
dysmorphysm, inverted nipples, fat pads, cardiomyopathy.
Protein losing enteropathy, haemorrhages.
No psychomotor or mental retardation.
Psychomotor retardation, hypotonia, epilepsy.
No inverted nipples or cerebellar hypoplasia.
Severe psychomotor retardation, dysmorphism, hypotonia,
epilepsy.
No inverted nipples or cerebellar hypoplasia.
117
CDG types
Type
Genetic defect
Enzyme localization
Ia
phosphomannomutase (PMM2)
cytosol
Ib
phosphomannose isomerase (PMI)
cytosol
Ic
α1,3 glucosyltransferase (ALG6)
ER
Id
α1,3 mannosyltransferase (ALG3)
ER
Ie
dolichol-phosphate-mannose synthase (DPM1)
ER
IIa
N-acetylglucosaminyltransferase II (HGAT2)
Golgi
IIb
GDP-Fuc transporter
Golgi
Aussagen
Aufgabe
Erarbeiten Sie aus dem folgenden Text den molekularen Mechanismus von CDG, in
dem Sie wichtige Stichpunkte an den Rand des Textes schreiben.
Die Frage stellt sich: "Wo genau liegt der Fehler auf molekularer Ebene? Wie
funktioniert das Zusammenspiel der Enzyme? Was passiert genau?" Diese Fragen
kann die Zellphysiologie beantworten, ein Zweig der Molekularen Medizin.
Die Glycosylierung von Proteinen findet in jeder Zelle statt. Dafür sind ein paar
dutzend Schritte notwendig, die alle durch Enzyme katalysiert werden. Dieses
Glycosylierungsnetzwerk kann mit einem System von Autobahnen, Strassen, Wegen und Zufahrten verglichen werden. Der Funktionsausfall mancher Enzyme ist
mit der Sperrung einer dieser Fahrbahnen vergleichbar. Die wissenschaftliche
Schwierigkeit liegt erstens in der Erstellung einer Strassenkarte, da nicht alle
Fahrbahnen von vorn herein bekannt sind und zweitens in der Beurteilung der
Wichtigkeit der Fahrbahn. Bleibt ein Auto auf einer kleinen Garagenzufahrt liegen, hat das natürlich viel weniger Auswirkungen als die Blockierung einer ganzen
Autobahn. Ausserdem müssen kritische Kreuzungen, Engpässe, Abkürzungen und
Umleitungen ausfindig gemacht werden. Die Betankung der Fahrzeuge spielt in
diesem System auch eine Rolle. Auch die Produktion und die Montage der Reifen
und der Autobatterie sind zu bedenken. Damit erhöht sich die Komplexität und
Anfälligkeit des Systems ungemein.
Zur Erforschung der Strassenkarte und der Fahrbahnbeurteilung wird die Hefe
Saccharomyces cerevisiae eingesetzt. Diese, wie die menschlichen Zellen zu den
Eucaryonten zählenden Zellen können leicht kultiviert werden. Von ihnen gibt es
eine Unmenge sogenannter Mutanten, Zellen mit einzelnen Strassensperrungen,
die es erlauben, einen neu gefundenen Strasse zu beurteilen.
Kohlenhydrate und Proteine
Wissenschaftlicher als das Strassenmodell hört sich die ganze Geschichte folgendermassen an.
Aufgabe
Lesen Sie den Text und versuchen Sie, das Wesentliche zu erarbeiten und die
folgenden Fragen zu beantworten.
In der Hefe wird im endoplasmatischen Retikulum (ER) ein Teil der Glycosylierung
durchgeführt. Der bereits aktivierte Zucker Mannose (M) wird noch im Cytosol
mit Hilfe des Enzyms DPM1 auf einen Anker, der in der ER Membran sitzt übertragen. Ein neues Produkt wird synthetisiert, daher gehört das Enzym DPM1 zur
Familie der Synthasen. Durch einen Flip-Mechanismus wird der Anker in der
Membran gewendet, die daran gebundene Mannose gerät in das Innere des ER
(Lumen) und ist somit für weitere Verwendungen verfügbar (das wäre der Treibstoff im Strassenmodell). An einem neuen Anker wird mit Hilfe der Enzyme ALG1
bis ALG10 (die Strassen selbst) ein regelmässiger Zuckerbaum aus den Zuckern
N-Acetyl-Glucosamin (GlcNAc), Mannose (M) und Glucose (G) aufgebaut. Auch die
Enzyme selbst sind, wie der Anker, an die ER Membran gebunden. Die Zucker werden in einer regelmässigen Abfolge, fast wie an einem Fliessband zusammengeknüpft bzw. transferiert. Daher gehören diese Enzyme zur Familie der Transferasen. Jeder Verknüpfungsschritt benötigt ein anderes Enzym, da das Edukt im-
N-linked glycosylation in yeast: the ER pathway
CTP CDP GDP-M GDP
Cytoplasm
G ALG5
P
P
M
SEC59
P
DPM1 P
P
M
dolichol
P
G
Lumen
M
M
M
M
M
P
ALG1
ALG2
M
UDP UMP GDP GDP M
M
M
M
M M
M M
M
M M
M M
M M
M
G
G oligosaccharyl- G
G
G
G
transferase
G
G
G
M M M
M M
M M M M M M M M M M M M
M M M
M M MM M M M M M M M M M M M
M M
M
M M
M M M M M M
M M
M
M
M
M
M
ALG3 ALG9 ALG12
ALG6
M
M
= dolichol
ALG8 ALG10
G = glucose
M = mannose
= GlcNAc
mer andersartig aussieht. Sobald der Zuckerbaum vollständig aufgebaut ist, wird
er vom Enzym Oligosaccharyltransferase auf das Protein übertragen. Als Verknüpfungspunkt kommt hier nur die Aminosäure Asparagin in Frage. Die Proteine werden an den Ribosomen, die sich an der ER Membran auf der cytosolischen Seite
befinden produziert und direkt in das Lumen des ER geschleust. Das so
glycosylierte Enzym tritt seine Reise durch den Golgi Apparat zu den einzelnen
Zellkompartimenten an. Dieser Verteilmechanismus ist teilweise auch abhängig von
den korrekten Zuckerstrukturen auf dem entsprechenden Protein.
SPF SCB_A KME
118
Kohlenhydrate und Proteine
Aufgabe: Beschreiben Sie in 3 Sätzen den molekularen Mechanismus der Defekte
für CDG Typ Ic, Id und Ie. Nehmen Sie das Dia CDG types zur Hilfe.
Die Glycosylierung ist ein Beispiel für eine Posttranslationale Modifikation. Es gibt
noch andere: Anhängen von Fettsäuren, Anhängen von Phosphatgruppen, Anhängen
von Sulfatgruppen etc.
Bisher ist erarbeitet worden, was CDG aus der Sicht der Kliniker bedeutet und
was aus der Sicht der Zellphysiologie. Äusseres Erscheinungsbild und Mechanismus auf der molekularen Ebene wurden verknüpft.
Es fehlt im Zusammenhang der Blick der Biochemie bzw. der Chemie.
Fragestellung und Ziele
•
Was haben Zucker generell für eine Funktion?
•
Wie verhalten sie sich z.B. in wässriger Umgebung?
•
Wie werden Zucker zu einem Zuckerbaum aneinandergeknüpft?
•
Was gibt es noch für weitere Zuckermoleküle?
•
Wo ausser an Proteinen sind sie sonst noch wichtig.
•
Aus was sind Proteine aufgebaut?
•
Was unterscheidet Proteine von Enzymen?
•
Wie ist die spezielle Faltung von Enzymen zu verstehen?
•
Wie reagieren Enzyme auf äussere Einflüsse?
•
Was ist die Grundlage für ein defektes Enzym wie ALG6 oder ALG3?
SPF SCB_A KME
119
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.2
Zucker = Kohlenhydrate
Welche Zucker spielen bei CDG eine Rolle?
5.7.2.1
Aufbau von Zuckern: Monosaccharide
Zucker gehören zu den Kohlenhydraten. Der Ausdruck "Kohlenhydrat" ist eine
Sammelbezeichnung für häufig vorkommende Naturstoffe. Es handelt sich hier
entweder um Polyhydroxy-aldehyde (Aldosen) oder Polyhydroxy-ketone (Ketosen).
Aldosen
Ketosen
Zucker sind niedermolekulare Kohlenhydrate, hauptsächlich bestehend aus Kohlenstoff und Wasser, bzw. Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff.
Monosaccharide (Einfachzucker) sind die Grundbausteine für die hochmolekularen
Kohlenhydrate.
Thermolyse von Glucose
5.7.2.2
Funktion von Zuckern
Löslichkeit von Glucose & Saccharose in diversen Lösungsmitteln
Da Mannose und GlcNAc relativ teure Substanzen sind, werden alternativ
Glucose und Saccharose (Haushaltszucker) betrachtet.
Beurteilen Sie die Löslichkeit der Zucker in den Lösungsmitteln.
Glucose
Wasser
Ethanol
Hexan
Saccharose
SPF SCB_A KME
120
Kohlenhydrate und Proteine
Auswertung
Betrachtet man ganz allgemein Aldosen oder Ketosen, so fallen die vielen
Hydroxy-gruppen auf, die mit polaren Lösungsmitteln sehr gut Wasserstoffbrücken ausbilden können (similia similibus solvuntur). Zucker sind daher in fast beliebigen Verhältnissen mit Wasser mischbar. Hochmolekulare Kohlenhydrate wie z.B.
Stärke (s.u.) lassen sich hingegen nur schlecht in Wasser lösen. Es tritt höchstens
ein Quellen ein.
Welche Bedeutung hat die Eigenschaft der Zucker für glycosylierte Proteine?
Welche Bedeutung hat eine Unterglycosylierung im Rahmen von CDG?
Bedeutung der Kohlenhydrate bei Antikörpermolekülen
Antikörpermoleküle, spezielle Y-förmige Moleküle des Immunsystems, sind ebenfalls glycosyliert. Ihre Funktion ist von der Glycosylierung abhängig. Eine defekte
Glycosylierung des Antikörpermoleküls IgA führt beispielsweise zu einem schweren Nierenleiden, da die Moleküle zwar in die Niere hineinkommen können, sie dann
aber nicht wieder verlassen, wie das normalerweise der Fall ist.
Erweiterte Funktionen von Zuckern:
Proteinfaltung, Entzündung, Tumormetastasierung, Eintrittspforten für Bakterien.
SPF SCB_A KME
121
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.2.3
122
Struktur von Zuckern: Monosaccharide
Glucose
Fischer Projektion
Ringschlussreaktion
Ringform (Sesselform, Wannenform)
Haworth Projektion
3 Regeln sind notwendig um die Struktur von Monosacchariden zu verstehen.
1.
Das C-Atom der Aldehyd- oder Keto-Gruppe der Aldosen oder Ketosen
ist partiell positiv geladen.
Eine OH-Gruppe kann mit einem freien Elektronenpaar am partiell positiven C-Atom angreifen, wobei es zu einem Ringschluss kommt.
Energetisch stabil sind 6er- und 5er-Ringe.
2.
3.
Emil Fischer
1852 - 1919
Sir Walter
Norman Haworth
1883 - 1950
CHO
1
H
HO
H
H
C
2
C
3
H
C
4
OH
C
OH
5
H OH
OH
6
HO
5
4
HO
3
H
H
H
2
6
CH2OH
5
O
O
H
OH
4
1
OH
OH
OH
3
1
2
OH
OH
CH2OH
6
Offenkettige Form
Fischer Projektion
Ringform Variante I
Sesselform
Ringform Variante II
Haworth Projektion
OH-Gruppen, die in der Fischer Projektion rechts stehen, werden in der Haworth Projektion nach unten gezeichnet. Es besteht ein Gleichgewicht zwischen der offenkettigen und der Ringform. Das GG liegt auf der
Seite der Ringform.
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.2.4
D oder L, α oder β , (+) oder (-) ? Eine Übersicht
Die Strukturen von Zuckern werden mit D oder L, α oder β, (+) oder (-) bezeichnet
z.B. α-D(+)-Glucose. Im Folgenden sehen Sie einen Überblick über wichtige Zucker
und es werden die Begriffe präsentiert aber noch nicht erläutert.
Überblick über die Familie der Aldosen
Vom Glycerinaldehyd zu den „Verwandten“ der Glucose.
Abkürzung
Bedeutung
D-Glucose
OH-Gruppe an C5-steht in der Fischerprojektion nach rechts
L-Glucose
OH-Gruppe an C5-steht in der Fischerprojektion nach links
α-Glucose
OH-Gruppe
Haworth/Sesselform
bei
β-Glucose
D-Zuckern nach unten bei L-Zuckern nach oben.
OH-Gruppe an C1-steht in der Haworth/Sesselform
bei
(+)
(-)
D-Zuckern nach oben bei L-Zuckern nach unten.
Licht wird durch eine Zuckerlösung nach rechts gedreht
Licht wird durch eine Zuckerlösung nach links gedreht
an
C1-steht
in
der
Aufgabe
Zeichnen Sie die Strukturen (Fischer, Ringform, Haworth) von α-D-Mannose
(C6H12O6) und vergleichen Sie sie mit der Struktur von α-D-Glucose
Offenkettige Form
Fischer Projektion
Ringform Variante I
Ringform Variante II
Haworth Projektion
123
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.2.5
Vorkommen, Verwendung und Physiologie von Glucose
Glucose kommt als D-Glucose in süssen Früchten, besonders in Trauben vor (daher
auch der Name Traubenzucker) und als Monosaccharidbaustein in Stärke, Cellulose
und Saccharose.
Durch Assimilation bilden die Pflanzen in einer endothermen Reaktion D-Glucose.
Reaktionsgleichung
Für technische Zwecke kann Glucose aus Cellulose und Stärke gewonnen werden.
Verwendung von Glucose
Physiologie von Glucose
In lebenden Zellen wird D-Glucose als schnell mobilisierbare Energiequelle genutzt. Der Verdauungsprozess ist eine Umkehrreaktion der Assimilation auch
Dissimilation genannt. D-Glucose und Sauerstoff werden in einem exothermen
Vorgang in CO2 und H2O umgewandelt.
Das menschliche Blut enthält normalerweise 0.8 - 1.1 ‰ D-Glucose. Vor allem das
Gehirn ist auf eine dauernde Zufuhr von D-Glucose angewiesen. Die etwa vom 45.
Lebensjahr an verminderte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke für D-Glucose
soll für einige typische Alterserscheinungen des Menschen verantwortlich sein.
Die Blut-Hirn Schranke ist eine Barriere aus Zellen, die für die meisten polaren
Substanzen ab einer gewissen Grösse unpassierbar ist. D-Glucose wird mit einem
speziellen Transporter durch die Zellmembran eingeschleust.
Die Konstanthaltung der Glucosekonzentration im Blut ist sehr wichtig, da eine
Über- oder Unterschreitung zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führt.
Das bekannteste Problem ist Diabetes mellitus, bei dem auf Grund einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin ins Blut gelangt. Insulin fördert
die Aufnahme von D-Glucose aus dem Blut in die Zellen. Insulinmangel führt zu
einer Konzentrationserhöhung von D-Glucose im Blut, starker D-Glucoseausscheidung im Harn und aussergewöhnlichem Durst. Damit wird der Wasser und Elektrolythaushalt stark gestört, was lebensbedrohlich werden kann.
Unter den vielen existierenden Zuckern ist D-Glucose das weitaus wichtigste
Monosaccharid. Die meisten "humanphysiologischen" Zucker lassen sich im Körper
daraus synthetisieren. Nicht zuletzt wird Glucose wie auch Mannose zur
Glycosylierung der Proteine benötigt.
Ein weiterer Zucker, der bei CDG Bedeutung erlangt hat, ist das N-Acetylglucosamin (GlcNAc).
Aufgabe
Zeichnen Sie ein α-D-GlcNAc. Es handelt sich dabei um
eine Glucose, die über eine Aminogruppe anstatt einer
Hydroxy-gruppe am C2 mit einem Acetylrest verknüpft ist.
Acetyl- O
H3C C O H
Acetat
Essigsäure
124
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.2.6
Stereoisomerie
Stereoisomere sind sog. Raumisomere. Die Teilchen besitzen
die gleiche Bruttoformel und
die gleiche Bindung der Atome
Trotzdem haben die Teilchen ein unterschiedliches Aussehen. Denn die einzelnen Substituenten können im Raum unterschiedlich angeordnet sein.
(Beispiele folgend)
Enantiomere = Spiegelbildisomere
Strukturen, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, werden Enantiomere1 genannt. Enantiomere gehören zur Gruppe der Stereoisomere. Enantiomere lassen
sich mit 2 Händen vergleichen. Die beiden Hände lassen sich zwar übereinanderlegen, sie lassen sich aber nicht zur Deckung bringen.
Aufgabe
Stecken Sie das Molekül Glycerinaldehyd zusammen, das eine grosse Ähnlichkeit
zur Glucose besitzt. Formel HOH2C-CH(OH)-CHO
Für die Zeichnung einer Fischer-Projektion sind folgende Regeln anzuwenden:
Die längste C-Kette senkrecht anordnen. Sie ist nach hinten gekrümmt.
Das am höchsten oxidierte C-Atome der Kette steht ganz oben:
Reihenfolge -COOH > -CHO > -CH2OH > -CH3
(Säure-Aldehyd-Alkohol-Alkan)
Die Substituenten links und rechts weisen zum Betrachter hin, also nach
vorn.
Es lassen sich zwei verschiedene Moleküle bauen, die sich wie Bild und Spiegelbild
zueinander verhalten. Die Moleküle lassen sich nicht durch Drehung ineinander
überführen. Steht die OH-Gruppe nach rechts2, spricht man von DGlycerinaldehyd, steht sie nach links3 von L-Glycerinaldehyd.
Asymmetrie = Asymmetrisches C-Atom
Das mittlere C-Atom des Glycerinaldeyhd ist ein sogenanntes asymmetrisches CAtom, d.h. es hat 4 verschiedene Substituenten und wird mit einem * bezeichnet.
Enantiomere treten zwingend nur dann auf, wenn asymmetrische C-Atome vorliegen, d.h. Asymmetrie ist eine Voraussetzung für das Auftreten von Enantiomeren.
1
enantios (gr.) = entgegengesetzt
dexter (lat.) = rechts
3
laevus (lat.) = links
2
SPF SCB_A KME
125
Kohlenhydrate und Proteine
Chiralität: D und L
Eine Schraube, die nicht mit ihrem Spiegelbild zur Deckung gebracht werden kann,
ist chiral. Chiralität4 bedeutet so viel wie Händigkeit eines Objekts. Chiralität ist
die notwendige und hinreichende Beziehung für das Auftreten von Enantiomeren =
Spiegelbildisomere.
Schrauben gespiegelt
gespiegelte Schraube gedreht um 90° gegen
rechts ist nicht identisch mit der ursprüglichen
Schraube. Die Schraube ist chiral.
Die Schrauben würden als D-Schraube und L-Schraube eindeutig bezeichnet.
Die Schrauben sind also chiral und damit sind sie auch Enantiomere.
Verknüpfung: Asymmetrisches C-Atom/Chiralität/Enantiomere
Das Beispiel der Milchsäure CH3-CH(OH)-COOH soll die Begriffsverknüpfung
verdeutlichen:
Gibt es ein asymmetrisches C-Atom (= Chiralitiätszentrum)?
Wenn ja, einzeichnen mit *
Ist das Molekül chiral?
Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?
Existieren Enantiomere?
Wenn ja, zeichnen Sie das Enantiomerenpaar in der Fischerprojektion.
COOH
H
C
HO
CH3
Die Frage, ob Moleküle Enantiomere sind oder nicht, lässt sich leicht beantworten:
Es müssen asymmetrische C-Atome vorliegen (4 verschiedene Substituenten),
dann ist das Molekül chiral und dann existieren Enantiomere.
4
cheir (gr.) = Hand
SPF SCB_A KME
126
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Aufgaben
Welche C-Atome der folgenden Moleküle sind asymmetrisch? (Stern einzeichnen)
Handelt es sich um chirale Moleküle und wenn ja, um die D- oder L-Form?
(rechtes Molekül erst nach Fischer umorientieren und dann D oder L bestimmen)
H
HOH2C
C
O
HO
C
C
HOOC
HOH2C
OH
CH3
H
CH3
HOH2C
C
COOH
H
D- und L-Glucose
Glucose besitzt mehrere asymmetrische C-Atome.
Welche?
Für die D/L Nomenklatur wird das asymmetrische C-Atom gewählt, was am weitesten vom höchst oxidiert C-Atom entfernt liegt. Bei Glucose ist das C5.
D- und L-Glucose sind Enantiomere, da nicht nur die OH-Gruppe an Position 5 verändert, sondern das ganze Molekül gespiegelt wurde.
Aufgabe
Zeichnen Sie zur abgedruckten D-Glucose
die L-Glucose und bestätigen Sie, dass sich
die Enantiomeren nicht durch Drehungen
ineinander überführen lassen.
Zeichnen Sie zur abgedruckten L-Threose
die D-Threose.
Welches C-Atom ist hier für die D/LNomenklatur zuständig?
CHO
1
H
HO
H
H
C
OH
C
H
C
OH
H
C
OH
HO
2
3
4
5
CHO
1
CH2OH
C
OH
C
H
2
3
CH2OH
6
4
D-Glucose
L-Glucose
D-Threose
L-Threose
Diastereomere
D-Glucose und D-Mannose bezeichnet man als Diastereomere. Nur die OHGruppe an Position 2 ist vertauscht. Diastereomere sind Stereoisomere aber keine
Enantiomere. Konkret: D-Glucose und D-Mannose sind keine Spiegelbilder.
D-Glucose
D-Mannose
CHO
CHO
1
H
HO
H
H
1
C
OH
HO
C
H
HO
C
OH
H
C
OH
H
2
3
4
5
CH2OH
6
C
H
C
H
C
OH
C
OH
2
3
4
5
CH2OH
6
In der Reihe der D-Hexosen (Zucker mit 6 C-Atomen) handelt es sich also um Diastereomere.
127
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Aufgabe
Sind D-Altrose und L-Galactose Enantiomere oder Diastereomere?
Überlegen Sie erst theoretisch, zeichnen Sie dann in der Fischer-Projektion.
Aufgabe
Zeichnen Sie β-D-Glucose und β-L-Glucose in der Haworth Schreibw.. Achten Sie
darauf, dass das Ring O-Atom immer hinten rechts und das C1 immer rechts steht.
Hier die Übersicht:
D
CH2OH
D
O
CH2OH
OH
O
α
OH
β
L
L
O
CH2OH
β
OH
OH
O
CH2OH
α
128
Kohlenhydrate und Proteine
SPF SCB_A KME
129
Enantiomere und optische Aktivität: (+) und (-)
Chirale Moleküle haben eine ganz erstaunliche Eigenschaft. Eine wässrige GlucoseLösung hat die Fähigkeit polarisiertes Licht (Licht in einer Ebene) zu drehen, was
optische Aktivität genannt wird.
Optische Aktivität von Glucose und Fructose
Lichtwellen, die sich ausbreiten, haben keine Vorzugsrichtung der Schwingungsebenen. Mit Hilfe eines Polarisationsfilters kann man leicht durch das Herausfiltern einer Schwingungsebene linear polarisiertes Licht herstellen. Durch einen
nachgeschalteten zweiten Polarisationsfilter lässt sich eine allfällige Drehung des
Lichts durch eine, in den Strahlengang gehaltene Lösung, analysieren.
Der Drehwinkel α lässt Rückschlüsse auf die Art des
Stoffes und auf die Dichte der Lösung zu. Wird das
Licht von einer Glucose-Lösung nach rechts gedreht,
so handelt es sich um eine (+)-Glucose Lösung, wird
es nach links gedreht um eine (-)-Glucose Lösung.
Die Enantiomeren D und L lassen sich nicht mit dem
Drehsinn (+) und (-) direkt kombinieren:
Für die Milchsäure ist die D-Form die Form, die das
Licht nach links dreht: [D(-)-Milchsäure].
Für Glycerinaldehyd ist die D-Form rechtsdrehend
[D(+)-Glycerinaldehyd]5.
Betrachtet man die physikalischen Eigenschaften
von Enantiomeren wie
Schmelztemperatur oder
Löslichkeit in Wasser, so sind sie völlig identisch,
ausser eben in ihrer optischen Aktivität.
Mit Hilfe der optischen Aktivität lässt sich die
Dichte einer Lösung und damit die Konzentration des
Stoffes bestimmen.
Drehwinkel α
Zusammenhang zwischen
Dichte und Konzentration
α = αSP • ρ • l
ρ=c•M
l = Länge des Polarimeterrohrs in dm
ρ = Dichte der Lösung in g . mL-1
αSP = stoffspezifische Konstante (spezifischer Drehwinkel)
c = Konzentration des Stoffes
M = molare Masse des Stoffes
Aufgabe
Eine Lösung von D(-)-Milchsäure zeigt einen Drehwinkel α von – 2°. Die Länge des
Polarimeterrohres beträgt 20 cm. Berechnen Sie die Konzentration der Milchsäurelösung, wenn der spezifische Drehwinkel – 3.82° . mL . g-1 . dm-1 beträgt.
5
D(+) ist eigentlich eine unnötige Doppelbezeichnung, denn D(-) gibt es nicht. Aus
Gründen der Klarheit wird aber diese Form der Bezeichnung gewählt.
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Anomere: α und β und Mutarotation
D(+)-Glucose besitzt einen spezifischen Drehwinkel von +112° . mL . g-1 . dm-1. Lässt
man eine wässrige Glucose Lösung etwas stehen, so verändert sich der spezifische
Drehwinkel bis 53° . mL . g-1 . dm-1. Dies lässt sich durch das Vorkommen von
Anomeren am C1-des Glucosemoleküls in der Haworthschreibweise erläutern.
In der Fischer Projektion der Glucose ist es nicht egal von welcher Seite aus, von
links oder von rechts, die OH-Gruppe der Position C5 den Ring zur Aldehydgruppe
bildet. Hier ist es jedoch möglich, dass die aus dem planaren Aldehyd hervorgegangene OH-Gruppe von Position C1 nach oben oder unten zeigt.
Steht die OH-Gruppe am C1 nach unten spricht man von α-D-Glucose, nach oben
von β-D-Glucose. Man bezeichnet das C1 auch als anomeres Kohlenstoffatom.
6
CH2OH H
5
O
4
OH
OH
3
3
4
2
OH
OH
OH
H
C
1 O
3
1
2
OH
6
CH2OH
5
O
O
C
1
2
OH
OH
OH
6
CH2OH H
5
O
4
6
CH2OH
5
O
4
H
OH
OH
3
OH
α−D -Glucose
OH
1
2
β−D-Glucose
OH
Die Anomeren α-D(+)-Glucose und β-D(+)-Glucose sind selbstverständlich rechtsdrehend aber interessanterweise unterschiedlich stark drehend.
α-D(+)-Glucose: spezifischer Drehwinkel +112° . mL . g-1 . dm-1
β-D(+)-Glucose: spezifischer Drehwinkel +19° . mL . g-1 . dm-1
Das α-Anomere öffnet den Ring und über die offenkettige Form wird das βAnomere gebildet, bis sich das Gleichgewicht dieser drei Moleküle eingestellt hat.
Dieser Vorgang wird Mutarotation6 genannt. Das Gleichgewicht liegt bei ca. 37%
α-D(+)-Glucose und 63% β-D(+)-Glucose (offenkettige Form <1%).
In der Haworth Projektion ist D und L an der Position der -CH2OH Gruppe am C5
gut zu erkennen. In der D-Glucose zeigt sie nach oben, in der L-Glucose nach unten, so wie auf S. 128 gezeichnet wurde. α und β sind relativ zu D und L zu sehen.
Hier noch einmal die Übersicht:
D
CH2OH
D
O
OH
O
α
OH
6
CH2OH
mutare (lat.) = ändern
β
L
L
O
CH2OH
β
OH
OH
O
CH2OH
α
130
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.3
Disaccharide
Struktur und Aufbau der Monosaccharide sind jetzt bekannt. Nun stellt sich die
Frage, wie man Monosaccharide zu Disacchariden und Polysacchariden miteinander
verknüpfen kann, was ja beim CDG Zuckerbaum zu erkennen ist.
5.7.3.1
Glycosidische Bindung
Zwei Zucker lassen sich miteinander verknüpfen, indem 2 OH-Gruppen benachbarter Zuckermoleküle eine sog. glycosidische Bindung unter Wasserabspaltung bilden. Dabei wird in Leserichtung angegeben an welchen C-Atomen sich die OHGruppen befinden, die eine Bindung eingehen. Im folgenden Beispiel handelt es
sich um eine α-1,4 glycosidische Bindung zwischen zwei α-D-Glucose Molekülen.
6
CH2OH
5
O
6
CH2OH
5
O
4
OH
OH
1 4
2
3
OH
OH
OH
OH
3
2
1
OH OH
6
CH2OH
5
O
6
CH2OH
5
O
4
OH
OH
3
1 4
OH
O
3
2
OH
1
2
OH
OH
Ein technisch und ernährungsphysiologisch interessantes Disaccharid ist die Saccharose. Sie findet sich hauptsächlich in Zuckerrohr, Zuckerrüben, Datteln und
Süssmais. Der normale Haushaltszucker, der nach einem mehrstufigen Reinigungsprozess aus Zuckerrüben "raffiniert" wird, besteht aus Saccharose.
Saccharose ist ein Disaccharid bestehend aus α-D-Glucose und β-D-Fructose
(Fruchtzucker).
Fructose
Aufgabe
Fructose (Formel C6H12O6) gehört nicht zu den Aldosen sondern zu den Ketosen.
Sie ist etwa 40% süsser als Saccharose selbst.
Zeichnen Sie in der Fischer Projektion in völliger Analogie zur D-Glucose die DFructose mit der Carbonylgruppe an C2 anstatt an C1. Stecken Sie mit Hilfe des
Baukastens in Analogie zur Glucose eine ringförmige Fructose mit einem Fünfring.
Für die α- und β-Nomenklatur wird hier nicht das C1 betrachtet sondern das C2.
Zeichnen Sie eine β-D-Fructose in der Haworth Projektion.
Fischer Projektion
Haworth Projektion
+ H2O
131
Kohlenhydrate und Proteine
Aufgabe
Zeichnen Sie das Disaccharid Saccharose. Beteiligt daran ist eine α-D-Glucose und
eine β-D-Fructose in einer 1,2 glycosidischen Bindung (alles in Leserichtung beschrieben). Nehmen Sie das Steckmodell zur Hilfe.
Aufgabe
Welche glycosidischen Bindungen sind bei CDG Typ Ic und Id betroffen?
Zeichnen Sie das Disaccharid des Typs Id (was nicht gebildet wird.)
Saccharose wird verwendet zum Süssen von Speisen und Getränken, zur Lebensmittelkonservierung (Konfi) aber auch zur Herstellung von Kunststoffen, Ethanol
und Glycerin. Obwohl Saccharose im Vergleich zu Proteinen und Fetten kalorienarm ist, ist es wenig ratsam, viel davon zu konsumieren, da der Stoffwechsel vom
essentiellen Vitamin B1 abhängig ist. Haushaltszucker selbst enthält aber keine
Vitamine. Auch Honig ist vom wissenschaftlichen Standpunkt als eine Mischung von
Mono- und Disacchariden einzustufen, ohne grosse Mengen an Vitaminen. Honig ist
wegen seiner Klebrigkeit und dem hohen Anteil an Monosacchariden, die im
Mundraum als Nahrungsquelle für Streptococcus mutans dienen, jedoch noch
leichter Karies auslösend als Saccharose.
Vollkornprodukte enthalten hingegen viele Kohlenhydrate und Vitamin B1 und gelten als die Lieferanten für Monosaccharide, insbesondere für Glucose. Im Körper
kann Glucose dann verstoffwechselt werden oder fungiert als Ausgangsstoff für
die enzymatische Synthese anderer Zucker wie Mannose oder GlcNAc.
5.7.4
Polysaccharide: Stärke und Cellulose
Vollkornprodukte als Lieferanten für Monosaccharide, enthalten die Zucker in
polymerer Form.
Stärke und Cellulose sind zwei der wichtigsten Polysaccharide.
Stärke besteht aus bis zu 10.000 α-D-Glucose Einheiten. Sie wird unterteilt in
Amylose, die in einem schraubenförmig gewundenen Riesenmolekül nur α-1,4
glycosidischen Verknüpfungen enthält und Amylopektin, das zusätzlich noch Seitenketten mit α-1,6 glycosidischen Verknüpfungen enthält. Auf Grund der vernetzten Struktur ist Amylopektin wasserunlöslich und quillt nur leicht in heissem
Wasser, während Amylose wasserlöslich ist. Amylose bildet aus geometrischen
Gründen die schraubenförmigen Gebilde, in denen sich Iod-Moleküle einlagern
können. Der so erzeugte Komplex ist blau.
SPF SCB_A KME
132
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Struktur der Amylose aus α-D-Glucose mit (α-)1,4 glycosidischen Verknüpfungen
6
CH2OH
5
O
4
1 4
OH
OH
6
CH2OH
5
O
OH
2
O
3
1 4
2
OH
O
3
OH
6
CH2OH
5
O
1 4
2
OH
O
3
OH
6
CH2OH
5
O
3
OH
1
2
OH
OH
Stärke kommt in Kartoffeln, Getreidekörnern, Teigwaren und Reis vor und dient
als Reserve und Nährstofflieferant. Im Mund wird durch das Enzym Amylase die
Amylose in das Disaccharid Maltose aufgespalten. Im Magen-Darm-Trakt kommt
es dann zum weiteren Abbau.
Aufgabe
Zeichnen Sie das Disaccharid Maltose
Stärke findet sich in Pflanzen als Stärkekörner. Beim Kochen von Lebensmitteln
wird die Stärke chemisch nicht gespalten. Welcher eher physikalische Vorgang
könnte dann beim Kochen ablaufen?
Da Cellulose für den Menschen unverdaulich ist und nicht als Lieferant für
Monosaccharide in Frage kommt, soll sie hier nur der Vollständigkeit halber gestreift werden. Cellulose ist aus β-D-Glucose in einer 1,4 Verknüpfung aufgebaut.
Im Gegensatz zur Amylose bilden sich hieraus keine schraubenförmige Strukturen, sondern gestreckte Riesenfäden. Interessant ist, dass sich 60-70 CellulosePolymere parallel zueinander legen können (Mikrofibrille). Die einzelnen Stränge
werden durch Wasserstoffbrücken stabilisiert (eingekreist), was dem Stoff Cellulose die makroskopische Festigkeit verleiht.
6
CH2OH
5
O
4
O
OH
3
O
1
4
2
OH
6 CH OH
2
5
O
4
O
OH
3
OH
5
H2C 6
O
H
2
O
OH
5
OH
OH
O
3
4
4
1
O
1
2
6
CH2OH
5
O
OH
3
3
4
4
1
O
OH
3
OH
3
OH
5
6
H2C
O
6 CH OH
2
5
O
2
6 CH2OH
1
2
OH
OH
O
O
H
O
1
2
OH
4
2
1
O
O
3
OH
OH
2
O
5
CH
OH
6
2
1
O
Cellulose findet sich in Baumwolle, Flachs und Hanf (ca. 100%), Holz (50%), Stroh
(30%) und pflanzlichen Zellwänden.
133
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.4.1
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Drill&Practice: Kohlenhydrate
Was heisst und was bedeutet CDG?
Nennen Sie 3 klinische Argumente, an denen man Kinder mit CDG erkennen
kann.
Der Mechanismus des Defekts bei CDG ist nicht gerade simpel. Beschreiben
Sie ganz prinzipiell den Defekt auf molekularer Ebene.
Löst sich Zucker besser in Wasser oder Benzin? Begründen Sie.
Zeichnen Sie den Zucker D-Gulose in der Haworth Schreibweise. Orientieren
Sie sich an der Tabelle der Aldosen.
Um welchen Zucker handelt es sich?
Im rechten Bild ist eine Hexose gezeigt, so wie sie üblicherweise in der Chemie gezeichnet wird. Um herauszufinden, um welchen Zucker es sich handelt,
müssen die Bindungen so gedreht werden, dass eine Fischer-Projektion entsteht. Das ist nicht ganz einfach, wenn kein Handmodell zur Verfügung steht.
Gehen Sie folgendermassen vor:
1) Die Bindungen sind nummeriert. Drehen Sie das Molekül zuerst um Bindung
2, in einem nächsten Schritt um Bindung 3 und dann um Bindung 4. Halten Sie
bei Bindung 2 zunächst virtuell die ganze Bindung mit der rechten Hand fest
und drehen Bindung 3 nach oben, da wo im Moment die OH-Gruppe steht. Hinweis: Drehen Sie die Bindungen,die jetzt in der Papierebene sind, auch wieder
in die Papierebene. Hinweis: Bedenken Sie, dass bei solchen Drehungen um
Bindungen, Substituenten, die nach hinten stehen nach vorn kommen und Substituenten, die nach vorn stehen nach hinten kommen.
2) Wenn Sie eine Art cyclisches Molekül (Rückgrat) erhalten haben, drehen
Sie das ganze Molekül mit der CHO-Gruppe nach oben und schauen auf das
Rückgrat, um eine Fischer-Projektion zu erhalten. Zeichen Sie dann nach Fischer und vergleichen Sie dann mit dem Aldosen-Stammbaum. Hinweis: Der
Aldosen-Stammbaum zeigt nur die D-Zucker. Sollte es sich bei dem Molekül
um einen L-Zucker handeln, müssen sie das ganze D-Molekül im AldosenStammbaum spiegeln.
Bei welchem der folgenden Molekülpaare handelt es sich um Enantiomere?
Begründen Sie mit Hilfe einer korrekten Zeichnung.
Welches Molekül hat ein chirales Zentrum?
Cl
OH
H
H
OHC
134
OH
OHC
Cl
8.
HO
Cl
H
OHC
OH
H
Cl
CHO
Sind die folgenden Moleküle chiral? Fertigen Sie Zeichnungen an. Für die
Aminosäuren Glycin und Alanin nutzen Sie das Internet.
a) Propan-1,2-diol b) Butansäure c) Glycin d) Alanin
9. Der Nobelpreis im Jahr 2001 für Chemie ist für die "enantioselektive Synthese" vergeben worden. Was ist das und für was lässt sich so etwas nutzen?
Spekulieren Sie etwas.
10. Mit Hilfe der Messung einer optischen Drehung kann man die molekulare Masse eines Stoffes bestimmen. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem
Drehwinkel α und der molaren Masse M?
11. Manche Naturfasern von Pflanzen sind aus langen und gleichlaufenden
Cellulosepolymeren aufgebaut. Durch welche Kräfte werden die Makromoleküle zusammengehalten? Zeichnen Sie einen vereinfachten Ausschnitt. Machen
Sie die Bindungen deutlich. Zeichnen Sie keine Details.
12. Weshalb fördert der Zuckerkonsum die Bildung von Karies?
Lösungen unter www.dinternet.ch.vu weiter zu Drill&Practice.
OH
5
HOH2C
4
OH
3
2
OH
1 CHO
OH
Kohlenhydrate und Proteine
Lernziele Zucker
Die Lernenden sollen wissen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
an welchen Stellen der menschlichen Physiologie Zuckerbausteine ihre Bedeutung haben.
welche Auswirkung ein Fehlen von Monosacchariden haben kann (CDG).
was CDG als Beispiel für einen Glycosylierungsdefekt ist (Übersicht).
welche Funktion Zuckern aus chemisch-physikalischer Sicht zukommt.
wie Monosaccharide aufgebaut sind.
wie Konzentrationen von Zuckern physikalisch gemessen werden können.
was Fischer und Haworth Schreibweisen sind.
wieso die Monosaccharide eine so grosse Vielfalt besitzen.
welche Bedeutung Glucose zukommt.
wie Monosaccharide verknüpft werden.
woraus sich für den Körper Monosaccharide gewinnen lassen.
was Saccharose ist.
wie Stärke und Cellulose aufgebaut sind und worin sie sich unterscheiden.
Der Übergang zu den Proteinen ist mit den bereits erwähnten Fragen verbunden:
Was ist die Grundlage für ein defektes Enzym wie ALG6 oder ALG3 bei CDG?
Wie sieht die Ursache auf Molekülebene aus?
Welche Funktion erfüllen Proteine und Enzyme im Körper?
Aus was sind Proteine aufgebaut?
Was heisst Schlüssel-Schloss-Modell?
Was unterscheidet Proteine von Enzymen?
Wie ist die spezielle Faltung von Enzymen zu verstehen?
Wie reagieren Enzyme auf äussere Einflüsse?
SPF SCB_A KME
135
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.5
Proteine
Proteine besitzen eine hervorragende Stellung in der belebten Welt (von proteios:
erstrangig). Nur sie können einen Organismus am Leben erhalten. Für den menschlichen Organismus schien nach Abschluss des Human Genome Projects (2001) klar,
dass er aus etwa 30’000 – 40’000 Genen besteht (nicht 100.000 wie zuvor angenommen). Die korrigierte Fassung von Ende 2004 lieferte eine Genzahl von nur
noch 20’000 - 25’000, nicht mehr als ein durchschnittlicher Wurm oder eine Hefe
besitzt. (Das Bakterium E. coli hat ca. 3500 Gene). Mit diesen Genen können jedoch 300.000 bis 400.000 verschiedene Proteine mit unterschiedlichen Funktionen erzeugt werden. Aus einem Gen können somit bis zu 10 verschiedene Proteine
entstehen z.B. durch unterschiedliche Verzuckerung.
Wie viele menschliche Proteine sind bereits bezüglich ihrer Funktion bekannt?
Die SWISS-PROT Protein Sequence Data Bank in Genf gibt die Antwort:
http://www.expasy.ch/cgi-bin/sprot-search-de. (Enter Search Keywords Zeile
"homo sapiens"; deaktivieren des Kästchens TrEMBL, submit. Dann noch show only
reviewed klicken). Sie erhalten eine Zahl der bekannten Humansequenzen und eine
Auflistung aller Proteine.
Anzahl bekannter humaner Proteine:
(Entwicklung siehe S. 157)
Die Eintragungen in SWISS-PROT bieten sehr viele Information. Es wimmelt dort
nur so von Abkürzungen. Vieles muss an dieser Stelle unweigerlich unverständlich
bleiben.
Welche Informationen bietet die Eintragung für ein Protein in SWISS-PROT?
5.7.5.1
Enzyme:
Transport:
Speicherung:
Bewegung:
Stützfunktion:
Immunabwehr:
Hirn:
Funktionen7 von Proteinen im Organismus
Biologische Katalysatoren, die als Werkzeuge eingesetzt
werden. Lipasen z.B. spalten Nahrungsfette enzymatisch im
Darm, in dem sie die Esterbindung lösen.
Sauerstoff wird am Protein Hämoglobin in roten Blutkörperchen transportiert
Eisenionen, die für das Hämoglobin benötigt werden, sind in
der Leber an Transferrin/Ferritin gebunden.
Koordination von Actin und Myosin im Muskel führt zur Bewegungsfähigkeit
Kollagen als Bestandteil der Knorpel, Haare bestehen aus
Keratin
Antikörper
Übertragung von Nervenimpulsen durch Proteine auf Zelloberflächen (z.B. Acetylcholinrezeptoren)
Um Defekte von Proteinen wie bei CDG zu verstehen, muss zuerst verstanden
werden, wie Proteine überhaupt funktionieren. Um die Funktion von Proteinen zu
verstehen ist es absolut unerlässlich zu wissen, wie Proteine aufgebaut sind. Um
den Aufbau von Proteinen zu verstehen ist es notwendig, sich die kleinsten Untereinheiten, die Aminosäuren und deren Bindungen zuerst anzuschauen.
7
Informationen zu Funktionen und Strukturen von Proteinen finden sich in der Protein-Daten-Bank PDB
unter http://www.rcsb.org/pdb/
SPF SCB_A KME
136
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.6
Aminosäuren
Aminosäuren (AS) heissen in vollem Wortlaut Aminocarbonsäuren. Insgesamt sind
etwas 200 AS bekannt. Meistens sind damit die 20 α-Aminocarbonsäuren gemeint,
die am Aufbau von Proteinen beteiligt sind. α beschreibt die Position, an der die
Amino-Gruppe (-NH2) zu finden ist. β- und γ-Aminosäuren kommen in der Natur
praktisch nicht vor.
beta
beta
O
C
alpha
C
C
OH
gamma
O
O
OH
OH
gamma
NH2
NH2
variabel
konstant
Die 20 in Proteinen verwendeten α-Aminosäuren bestehen immer aus einer konstanten Grundeinheit, und einem variablen Rest (A), der den unterschiedlichen
Aminosäuren ihre Funktion verleiht.
In den meisten Fällen existiert bei den AS eine L- und eine D-Form. Die L-Form
findet sich in der Natur, nicht aber die D-Form (was ja bei den Zuckern genau
anders war: die D-Zucker finden sich in der Natur.)
Für die Nomenklatur wird hier bei den AS das α-C-Atom benutzt und die Stellung
der -NH2 Gruppe beschrieben. Dabei wird das am höchsten oxidierte C-Atom
wieder nach oben geschrieben und der Rest „A“ nach unten.
Aufgabe (Lösung S. 157)
Zeichnen Sie die D- und L-Form der obigen Aminosäure als Strichformel und als
Fischer Projektion. Schreiben Sie für den variablen Teil einfach „A“.
D-Aminosäuren
L-Aminosäuren
Sind D- und L-Aminosäuren wirklich Enantiomere, (wie ja D/L bei Zuckern Spiegelbildisomere = Enantiomere sind)? Prüfen Sie.
5.7.6.1
Zwitterionen
Aminosäuren liegen bevorzugt als Zwitterionen vor, d.h. sie enthalten eine positive
als auch eine negative Ladung. Woran liegt das? (Lösung S. 157)
COOH
H2N
C
H
A
Durch die beiden Ionenladungen besitzen die im reinen Zustand farblosen, festen
Substanzen einen hohen Schmelzpunkt, da sie als Salze zu betrachten sind. Der
Schmelzpunktbereich dieser Salze liegt zwischen 220 und 300 °C.
Aufgabe (Lösung S. 157)
Vergleichen Sie die AS Glycin mit Essigsäure. Glycin hat einen Schmelzpunkt von
232 °C und Essigsäure von 16.5 °C. Was ist der Grund? (Es ist sinnvoll beide
Strukturen vergleichbar aufzuzeichnen.)
SPF SCB_A KME
137
5.7.6.2
138
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
Natürlich vorkommende Aminosäuren
20
20ααAminosäuren
Aminosäuren
geordnet nach ihrer Funktion in Proteinen
Hydrophile Aminosäuren
Neutrale AS
Basische AS
CH 2
C
OH
H2N
CH2
CH2
CH2
CH2
Serin (Ser, S)
C
C
CH
OH
C
HN
CH2
NH
CH2
CH2
HO
C
CH
OH
NH 2
Arginin (Arg, R)
Threonin (Thr, T)
C
CH
OH
CH2
CH2
CH2
CH2
C
C
CH
O
NH2
OH
H3C
C
CH
CH
NH2
HC
OH
HC
CH 3
H 3C
CH
CH
NH2
Phenylalanin (Phe, F)
O
CH
C
CH
CH2
C
C
CH
HC
C
CH
NH2
CH
NH
Tryptophan (Trp, W)
CH
CH3
NH2
OH
H3C
CH2
OH
CH2
Prolin (Pro, P)
O
O
CH
CH2
C
CH
H2C
Leucin (Leu, L)
CH3
OH
O
H
N
C
CH
OH
OH
NH 2
CH2
C
HC
Valin (Val, V)
OH
OH
O
CH
OH
C
C
CH
Alanin (Ala, A)
Asparaginsäure(Asp D)
CH2
O
C
Cystein (Cys, C)
NH2
O
C
O
NH 2
CH
OH
Tyrosin (Tyr, Y)
NH2
Glutamin (Gln, Q)
CH
CH
CH
CH
Histidin (His, H)
C
C
C
O
H3C
CH
CH 2
CH2
CH
Glycin (Gly, G)
NH2
HS
C
HO
O
C
HC
OH
NH2
C
HC
N
NH2
Asparagin (Asn, N)
O
C
HC
O
O
H
N
O
CH
O
C
OH
NH2
H
OH
CH
Glutaminsäure(Glu, E)
NH2
O
CH2
O
NH2
CH2
O
C
NH2
Lysin (Lys, K)
CH
C
HO
CH2
O
CH
H2N
O
NH2
NH2
HO
Unpolare AS
O
CH
CH3
Saure AS
O
O
HO
Hydrophobe Aminosäuren
S
C
CH
NH2
Isoleucin (Ile, I)
OH
H3C
CH2
CH2
C
CH
NH2
Methionin (Met, M)
Essentielle Aminosäuren
OH
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.6.3
Isoelektrischer Punkt
Zwitterionen können als Säuren wie auch als Basen reagieren. Teilchen mit solchen
Eigenschaften werden ganz allgemein amphotere Teilchen genannt (Ampholyte).
Aufgabe
Eine Aminosäure wie hier Tyrosin liegt im Gleichgewicht mit ihrer Zwitterionenstruktur vor. Verwirrenderweise haben wir es bei AS mit 2 Säuren und 2 Basen in
einem einzigen Molekül/Zwitterion zu tun. Aus den pKs- und pKb-Werten lässt sich
entnehmen, auf welcher Seite das Gleichgewicht liegt.
pKs = 2.2
pKb = 11.8
COO
COOH
H2N
pKb = 4.89
C
H3 N
pKs = 9.11
H
+
C
H
CH2
CH2
?
OH
OH
Aufgabe (Lösung S. 157)
Werden AS in stark sauren Lösungen gelöst (H3O+ vorhanden), so werden Sie
protoniert. Sie liegen dann als Kation vor. Werden sie in stark basischen Lösungen
gelöst (OH- vorhanden), so werden sie deprotoniert. Sie liegen dann als Anion vor.
Zeichnen Sie die Strukturen der protonierten und deprotonierten AS Tyrosin.
COO
H 3N
+
C
-
H
CH2
+ H3O+
+ OH-
OH
pH-Wert
Bei einem bestimmten pH-Wert ist die Aminosäure ohne Nettoladung, da sich die
Anzahl der positiven und negativen Ladungen im Teilchen gerade ausgleichen. Dieser sog. Isoelektrische Punkt (IEP, pI) ist abhängig vom Aminosäurerest8 und
charakteristisch für die Aminosäure (in den meisten Fällen nicht bei pH 7, wie
fälschlicherweise oft angenommen wird).
Beim Tyrosin z.B. liegt er bei 5.7, d.h. bei pH 5.7 ist die zwitterionische Struktur
erreicht. [Bedenken Sie noch einmal den Unterschied zwischen teilchenspezifisch
(hier der pI) und lösungsspezifisch (hier der pH).]
Löslichkeit von Tyrosin in einer wässrigen Lösung pH = 5.7
8
Eine Aminosäurenübersicht findet sich bei http://www.mcb.ucdavis.edu/courses/bis102/AAProp.html
SPF SCB_A KME
139
SPF SCB_A KME
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.6.4
Isoelektrische Fokussierung
Die pI-Werte lassen sich einfach aus tabellierten Angaben errechnen.
Rechenformeln und Angaben werden in allfälligen Prüfungen geliefert.
Alanin
Arginin
Asparagin
Asparaginsäure
Cystein
Glutamin
Glutaminsäure
Glycin
Histidin
Isoleucin
Leucin
Lysin
Methionin
Phenylalanin
Prolin
Serin
Threonin
Tryptophan
Tyrosin
Valin
Ala
Arg
Asn
Asp
Cys
Gln
Glu
Gly
His
Ile
Leu
Lys
Met
Phe
Pro
Ser
Thr
Trp
Tyr
Val
A
R
N
D
C
Q
E
G
H
I
L
K
M
F
P
S
T
W
Y
V
pKs1
-COOH
2.34
2.18
2.02
1.88
1.71
2.17
2.19
2.34
1.82
2.32
2.36
2.18
2.28
2.58
1.99
2.21
2.16
2.38
2.20
2.29
pKs2
-NH3+
9.69
9.09
8.8
9.6
10.78
9.13
9.67
9.6
9.17
9.76
9.60
8.95
9.21
9.24
10.60
9.15
9.12
9.39
9.11
9.72
pKR
R-Gruppe
Neutrale und unpolare AS pI =
13.2
Saure AS pI =
3.65
8.33
Basische AS pI =
4.25
6.0
10.53
Aufgabe (Lösung S. 157)
Berechnen Sie für die AS Asparaginsäure, Lysin und Threonin die pI Werte.
Die Bezeichnung saure-, basische- und neutrale- AS, hängt vom Rest R ab. Passt
diese Klassifizierung mit dem pI überein?
Aufgabe
Eine Mischung der oben behandelten AS wird in einer Lösung mit niedrigem pHWert gelöst (alle Stoffe liegen als Kationen vor) und auf ein Gel gegeben, das noch
zusätzlich einen pH-Gradienten von 0 bis 14 hat. Man legt eine Spannung an, so
dass die AS durch das Gel wandern.
Wo wird gestartet? Wanderungsrichtung? + Pol und - Pol? Wo stoppen sie?
Den Vorgang nennt man auch Isoelektrische Fokussierung.
pH 0
pH 14
pKs1 + pKs2
2
pKs1 + pKR
2
pKs2 + pKR
2
140
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.7
Peptide und Peptidbindung
Wie werden AS miteinander verknüpft?
Peptide sind Verbindungen von mindestens 2 und maximal 10 Aminosäuren, die
über eine Peptidbindung miteinander verknüpft sind. Die Bindung, die chemisch
gesehen eine Amidbindung ist, erfolgt unter Abspaltung von Wasser.
Nach Konvention werden Peptide so geschrieben, dass die freie Aminogruppe links
steht und die freie Carboxygruppe rechts.
Alle Moleküle sind um Einfachbindungen mehr oder weniger leicht drehbar. Die
Amidbindung ist, obwohl als Einfachbindung gezeichnet nicht frei drehbar, da eine
Mesomerie vorliegt. Dadurch wird die Struktur planar und unflexibel, was wiederum einen grossen Einfluss auf die Struktur von Proteinen hat.
Aufgabe
Zeichnen Sie beim folgenden Tetrapeptid die planaren, starren Amidbindungen ein,
sowie die sich gut drehenden Einfachbindungen. (Die geometrische Darstellung ist übrigens
nicht optimal. Man erkennt die Bindungswinkel nicht gut, da alles linear gezeichnet ist.)
SPF SCB_A KME
141
Kohlenhydrate und Proteine
Es gibt jedoch auch bei den sich drehenden Einfachbindungen eine Vorzugsrichtung. Die AS Kette lässt sich so drehen, dass alle Reste R1 bis R4 auf einer Seite
liegen oder dass sie abwechselnd liegen. Die Lage auf einer Seite ist energetisch
aber sehr ungünstig, da sich die Reste behindern, man spricht auch von sterischer
Hinderung. Daher ist eine Struktur, die die Reste abwechselnd platziert die energetisch günstigste.
5.7.7.1
1.
2.
3.
4.
5.
Drill&Practice: Aminosäuren und Peptide
Zeichnen Sie die Bildung eines Dipeptids aus Asparaginsäure und Phenylalanin.
Wie viele Kombinationsmöglichkeiten fallen Ihnen ein?
Wie viele Aminosäurekombinationen sehen Sie bei 3 AS?
Nehmen Sie von oben die Kombination Asp-Phe und verestern Sie die freie
Carboxy-gruppe mit Methanol. Sie haben den Süssstoff Aspartam (Canderel,
NutraSweet) hergestellt. Spekulieren Sie, welchen Einfluss die L- und DFormen der Aminosäuren haben. Was sagt http://www.zusatzstoffe-online.de zur
toxikologischen Beurteilung dieser Substanz?
Vergleichen Sie die Peptidbindung mit einer glycosidischen Bindung. Was ist
ähnlich, was ist unterschiedlich?
Nylon ist eine Kunstfaser. Stellen Sie Nylon her aus Adipinsäure HOOC(CH2)4-COOH und 1,6 Diaminohexan H2N-(CH2)6-NH2. Um welchen Bindungstyp handelt es sich hier?
Lösungen unter www.dinternet.ch.vu weiter zu Drill&Practice.
SPF SCB_A KME
142
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.8
Polypeptide und Proteine
Polypeptide bestehen aus etwa 10-100 Aminosäuren. Als Proteine bezeichnet
man natürlich vorkommende Polypeptidketten mit ca. 100-2000 Aminosäuren.
Alle Aminosäurekombinationen sind möglich.
Ist das Insulin, das bekanntlich in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und die
Aufnahme von Glucose aus dem Blutstrom in die Zellen fördert, ein Peptid, ein
Polypeptid oder schon ein Protein? Analysieren Sie. Fällt Ihnen etwas auf?
Als Beispiel für Proteine bietet sich ein Rückblick auf das CDG an. Das Enzym
ALG6 ist das zentrale Enzym bei CDG Typ 1c. Es überträgt Glucose auf den Zuckerbaum, oder wenn es defekt ist eben nicht.
Wie viele Aminosäuren hat ALG6? Gehört es wirklich zu den Proteinen?
Zur Beantwortung dieser Frage wird mal ein anderes Datenbanknetz probiert:
National Center for Biotechnology Information in
Bethesda, MD.
Wie in der Grafik zu erkennen ist, werden hier
Literaturdatenbanken
(PubMed, Medline), Proteindatenbanken,
DNADatenbanken
(GenBank),
Strukturdatenbanken
(PDB, RCSB) u.a. miteinander vernetzt.
Man steigt über www.ncbi.nlm.nih.gov ein und wählt im SEARCH Feld "PubMed" aus.
Nach "ALG6" suchen. Von Imbach T, Burda P, Kuhnert P, Wevers RA, Aebi M,
Berger EG, Hennet T. ist die Originalpublikation der Zürcher Forschungsgruppe.
Ein Klick präsentiert eine Zusammenfassung. Das Icon FREE PNAS gibt die Möglichkeit, den Originalartikel einzusehen, der bei den Proceedings of the National
Academy of Sciences erschienen ist.
Gehört ALG6 jetzt zu den Proteinen oder nicht?
SPF SCB_A KME
143
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.9
Proteinstrukturen
Die AS-Kette von ALG6 ist sicher nicht einfach nur langgestreckt, sondern besitzt eine bestimmte räumliche Struktur.
Proteinstrukturen werden eingeteilt in Primärstruktur, Sekundärstruktur,
Tertiärstruktur und Quartärstruktur.
5.7.9.1
Primärstruktur
Die Aminosäuresequenz, also die Abfolge der Aminosäuren wird als Primärstruktur
bezeichnet. (N-Terminus links, C-Terminus rechts) z.B.
+H
3N-His-Ser-Gln-Gly-COO
Die Primärstruktur hat wesentlichen Einfluss auf die Faltung des Proteins, die
Sekundärstruktur.
5.7.9.2
Sekundärstrukturen
Proteine sind nicht einfach verknäult, sondern bilden geordnete Strukturen aus.
Zu den wichtigsten Sekundärstrukturen gehören die α-Helix und die β-Faltblatt
Struktur.
Aufgabe (Lösung S. 158)
Analysieren Sie beide Strukturen. Was sind die Besonderheiten? Wie unterscheiden sie sich? Wie kommen die Bindungen zustande und damit die Strukturen?
α-Helix
β-Faltblatt
SPF SCB_A KME
144
Kohlenhydrate und Proteine
Definitionen
Die α-Helix besteht aus einer schraubenförmigen Struktur, die durch Wasserstoffbrückenbindungen von C=O und NH Gruppen stabilisiert wird. Die
Polypeptidkette ordnet sich so, dass sie alle Seitenketten nach aussen stellt.
Eine volle Umdrehung der α-Helix entspricht 3.6 Aminosäuren.
In der β -Faltblatt Struktur ist die Polypeptidkette gestreckt, aber nicht
flach, sondern wegen der Starrheit der Peptidbindung, wie in einer gefalteten
Blattstruktur angeordnet. Die Peptidbindungen befinden sich auf den Flächen,
die Seitenketten stehen abwechselnd nach oben und unten. β-Faltblatt Strukturen lassen sich aus parallel geführten und anti-parallel geführten
Peptidketten erzeugen.
5.7.9.3
Drill&Practice: Proteine
1.
Fertigen Sie eine Handzeichnung von einer α-Helix an, aus der die wesentlichen Punkte zu erkennen sind. Primärstruktur soll sein: Ala, Ala, Leu, Glu, Ala,
Met, Glu
2.
Fertigen Sie eine Handzeichnung von einer parallelen β-Faltblatt Struktur an,
aus der die wesentlichen Punkte zu erkennen sind. Primärstruktur soll sein:
Val, Tyr, Ile, Tyr, Val, Val (das Ganze 2 x nebeneinander für parallele Struktur)
Lösungen unter www.dinternet.ch.vu weiter zu Drill&Practice.
Die Primärstruktur beeinflusst massgeblich die Ausbildung von Sekundärstrukturen. Daher lässt sich in gewissen Grenzen eine Proteinstruktur vorhersagen. Proteine, die Glu, Ala, Leu oder Met enthalten, bilden gerne Helixstrukturen aus,
Proteine mit Tyr, Val, Ile gerne Faltblattstrukturen.
(nnPredict bei http://www.cmpharm.ucsf.edu/~nomi/nnpredict.html bietet eine Sekundärstrukturvorhersage online an. Man muss nur eine Proteinsequenz eingeben.)
SPF SCB_A KME
145
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.9.4
Tertiärstruktur
Auch die Strukturelemente α-Helix und β-Faltblatt haben im Proteingesamtgebilde eine gewisse Ordnung zueinander. Meist gehen weit entfernte Aminosäuren
Bindungen
miteinander
ein:
Wasserstoffbrückenbindungen
,
Disulfidbrücken , ionische Wechselwirkungen und van der Waals Wechselwirkungen .
Aufgabe (Lösung S. 158)
Notieren Sie, welche der 20 Aminosäuren sich für die Bindungen bis eignen.
Nehmen Sie die Aminosäuretabelle zur Hilfe.
Welche Tertiärstruktur kann man beim Insulin (S. 143) sehr gut erkennen?
Die Tertiärstrukturbildung über eine Disulfidbrücke kann sehr schön beim Antikörpermolekül IgG1 betrachtet werden. Dies ist das bereits vorgestellte Yförmige Antikörpermolekül. Hier erhält man einen Eindruck, was mit dem Protein
passiert, wenn die Disulfidbrücke fehlt.
Auch lässt sich folgendes Protein-Prinzip erläutert. Hydrophobe Bereiche versucht das Protein im inneren, wasserunzugänglichen Teil zu verbergen, während
geladene Aminosäuren gewöhnlich auf der Oberfläche zu finden sind, denn Gleiches löst Gleiches.
SPF SCB_A KME
146
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.9.5
Quartärstruktur
Proteine können aus mehreren gleichen aber auch verschiedenen
Polypeptidketten aufgebaut sein. Man spricht auch von Untereinheiten eines
Proteins, die sowohl kovalent über Disulfidbrücken, als auch nicht kovalent
gebunden sein können. Der ganze Prozess wird Oligomerisierung genannt.
Auch das lässt sich gut am Antikörpermolekül IgG1 betrachten. Es besteht aus
mehreren Untereinheiten, die über Disulfidbrücken gebunden sind.
Zusammenfassung
Hämoglobin Tutorial http://www.umass.edu/microbio/chime/hemoglob/2frmcont.htm
Das Thema Proteinstrukturen lässt sich noch einmal im Gesamtüberblick am Beispiel des Hämoglobins durchdenken. Das Hämoglobin besteht aus dem Protein
Globin mit 4 Untereinheiten (Quartärstruktur), 2 α- und 2 β-Ketten, und 4
Häm/Fe2+-Komplexen (Graphik links). Die 4 Untereinheiten sind nicht kovalent
gebunden. Das Globin besitzt keine β-Faltblatt Struktur, dafür aber eine ganze
Anzahl α-Helices (Graphik rechts, eine der 4 Untereinheiten). Sauerstoff kann in
der Lunge an den Eisen/Häm-Komplex gebunden werden und wird mit Hilfe der
roten Blutkörperchen zu den Geweben transportiert z.B. Muskeln, die für die Verrichtung ihrer Funktion Energie und somit Sauerstoff verbrauchen. Das dabei
entstehende Kohlenstoffdioxid wird vom gleichen, frei gewordenen Hämoglobin
wieder abtransportiert und in den Lungen erneut gegen Sauerstoff ausgetauscht9.
9
BSE ist auch so eine Proteinstrukturgeschichte. Sollten Sie noch Zeit und Lust haben, greifen Sie doch auf BSE, der
nackte Wahnsinn http://www.swisseduc.ch/chemie/schwerpunkte/bse/ zurück.
SPF SCB_A KME
147
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.10
Der genetische Defekt bei CDG
Sie mögen sich vielleicht fragen, was denn nun aus ALG6, ALG3 und DPM1 geworden ist. Betrachten wir der Einfachheit halber nur ALG6.
Vom Gen zum Protein
Kennen Sie sich aus mit DNA, mRNA, tRNA, Ribosomen, Basentripletts, Transkription und Translation, Restriktionsenzyme, DNA-Sequenzierung nach Sanger?
SPF SCB_A KME
148
Kohlenhydrate und Proteine
SPF SCB_A KME
149
Inwiefern unterscheidet sich das ALG6, was zu CDG 1c führt, vom ursprünglichen Protein?
Im Originalartikel in PNAS http://www.pnas.org/cgi/content/full/96/12/6982
lässt sich die Antwort finden. Es ist grundsätzlich so, dass bei Untersuchungen
von Proteinen, die DNA analysiert wird, denn DNA oder RNA lässt sich technisch
sehr viel leichter untersuchen als ein Protein, so dass man immer von der DNA
Ebene auf die Proteinebene schliesst.
Aufgabe (Lösung S. 158)
Finden Sie den Unterschied zwischen der Originalsequenz des Alg6 Gens und der
Sequenz eines CDG Patienten. Abgedruckt ist ein Strang der DNAOriginalsequenz. Das Protein beginnt bei Position 239 mit ATG. Notieren Sie die
ersten 10 Aminosäuren mit Hilfe der Codesonne. Bedenken Sie, dass ein T in der
DNA einem U in der mRNA entspricht. Der Einfachheit halber ist die Sequenz
unten noch mal grösser abgedruckt.
ORIGIN
1
61
121
181
241
301
361
421
481
541
601
661
721
781
841
901
961
1021
1081
1141
1201
1261
1321
1381
1441
1501
1561
1621
1681
1741
1801
1861
1921
tcggcacgag
tgactatttg
ataacatttc
ttaaaagtac
ggagaaatgg
gtctcttaat
gagacactgg
tgataacaat
cctatgtgca
tggatatgag
gctgatttac
gaaaaagatt
tggacatttt
atcttgtgac
gatggaactt
aggcctcaaa
cttcgttctc
aagactcttc
cttcaatgtc
cttttgtttt
ttccaaagga
ccaagtacat
aattcctttt
attgaaggat
tgtaacttcc
ttccatttct
tttgtttctt
tcctcctcag
cttcctgttc
aaatcagaag
aaatgtgaac
ttttgagaac
aataaatgta
cagcggccgg
gaaaccaagc
aagaagtgat
tctggcactg
tacttgatga
tcttattcag
caagaaataa
ttacagtatt
tatgtggcaa
agtcaggcac
atacctgcag
gctaatgcat
caatataatt
tgcgacctcc
taccacgcct
ggaaaggggt
tgctggctgc
ccggttgatc
tttctgaaga
acgtttttga
ttcaaattta
gaaaaatcca
atgtctactt
gaactcctaa
ttttcaatat
gtgaggaaat
atctcagtca
aaactaccgg
ttcttggtat
aaaatcagct
agtgctgaaa
catggaacca
tatggagacc
cgggcggcgg
atcattaaaa
aacatttctc
gtgctgtgtt
cagtagtggt
gtgctggtaa
cttttaattt
ggggattgga
agtttataaa
ataagctctt
tggttttgta
tatgcatctt
ctgtgagtct
tagggtcact
tgccattttt
ttgtgttgct
cattctttac
gtggattatt
ttaaggatat
gcctgcttcc
cactggttag
ttctcttggt
ggtttttact
tgccctctgt
ttgaaaagac
atcttccatg
tcactatggt
acttgttttc
actttaacat
agctgtattc
ggttttgtga
caggaaagga
aaaaaaaaaa
ggatacttct acatagacat
ttctctcaaa ctgctaattg
tgaacaagaa aagaagtgat
ttcttcccct ccctaaattt
tttaatagga ctaacagtac
accgcctatg tttggtgatt
accggtcaaa caatggtatt
ttacccacct cttacagctt
tccagactgg attgctctcc
catgcgtaca acagttttaa
ctgttgttgc ttaaaagaaa
gctgtatcca ggccttattc
tggctttgct ttgtggggtg
ggcattttgc ttagctataa
ttgcttttta cttggcaagt
agttaagcta gcttgtattg
agaaagggaa caaaccctgc
tgaggataaa gtagccaata
tttgccacgt cacatccaat
tgcatgcata aaattaatac
ctgtgcgcta tcattctttt
gtcactacca gtctgcttag
tgtgtcaaca tttagtatgc
tgtgacaaca atggcatttt
ttctgaagaa gaactgcagt
ttttacattt ctttccagaa
gcttctgacg ttgatgactg
tgtattggtg tgttttgtat
tattattatg tgggattcca
ctaaacaaat tgtttcctaa
actttttgct atgtataaat
aatggtgaaa agtcattgtt
aaaaaaaaaa//
aatcaagttt
cgaagaatcg
tgaccacgtt
gaagaactat
gatggacagt
atgaagctca
ttaacagcag
atcatagtct
atacatcacg
ttgctgatct
tctcaactaa
ttatagacta
ttcttggaat
attataaaca
gttttaaaaa
ttgtggcttc
aggttctaag
tttggtgcag
taataatgag
ttcagccctc
tattttcttt
ttttaagtga
tacctcttct
ttatagcttg
tgaaatcctt
ttatacaata
tcacactgga
cttgcttgaa
aaagtggaag
acaaatgtga
gaaattacca
gtctacacaa
Codesonne
von innen nach aussen lesen
GAC = Asp
Die ersten 10 AS im Alg6 (ab DNA# 239)
gaagaactatggagaaatggtacttgatgacagtagtg…
Irgendwo um Position 1200 stimmen Original (o) und Patienten (p) DNA nicht
überein. Finden Sie den Unterschied. Welche AS ist verändert? Translatieren Sie
die Sequenz startend ab ¦, beginnend mit AS Position 326.
o1201 ttccaaaggattc¦aaatttacactggttagctgtgcgctatcattctttttattttcttt
AS#325¦
p1201 ttccaaaggattc¦aaatttacactggttagctgtgtgctatcattctttttattttcttt
AS#325¦
Welche AS ist betroffen? Nummer? Veränderung?
Markieren Sie den Unterschied in der Aminsäuresequenz.
1
61
121
181
241
301
361
421
481
mekwylmtvv
sdnnlqywgl
lliyipavvl
iscdcdllgs
sfvlcwlpff
sfcftflsll
eipfmstwfl
fsisvrkylp
nflfflvyfn
vligltvrwt
dyppltayhs
yccclkeist
lafclainyk
tereqtlqvl
paciklilqp
lvstfsmlpl
cftflsriiq
iiimwdsksg
vslnsysgag
llcayvakfi
kkkianalci
qmelyhalpf
rrlfpvdrgl
sskgfkftlv
llkdellmps
ylflisvitm
rnqkkis
kppmfgdyea
npdwialhts
llypglilid
fcfllgkcfk
fedkvaniwc
scalsfflfs
vvttmaffia
vlltlmtvtl
qrhwqeitfn
rgyesqahkl
yghfqynsvs
kglkgkgfvl
sfnvflkikd
fqvheksill
cvtsfsifek
dppqklpdlf
lpvkqwyfns
fmrttvliad
lgfalwgvlg
lvklacivva
ilprhiqlim
vslpvclvls
tseeelqlks
svlvcfvscl
Kohlenhydrate und Proteine
Handelt es sich auf der DNA Ebene um eine Insertion einer Base, eine Deletion
oder eine Mutation?
Erachten Sie die Veränderung des Proteins als schwerwiegend? (siehe auch im
Originalartikel im Abschnitt DISCUSSION, 2. Absatz)
Warum spricht man bei Enzymen wie Alg6 von Schlüssel-Schloss-Prinzip?
5.7.11
Enzyme: Schlüssel-Schloss
Das Übersichtsbild zur Glycosylierung (S. 118) zeigte, dass sich ALG6 in der
Membran des ER befindet. Dort erfüllt es die Funktion, dass es am inneren Rand
der Membran eine Glucose mit dem Zuckerbaum (Mannose) glycosidisch verknüpft.
Daher wird das Protein als Transferase bezeichnet. Es ist kein Transportprotein
wie Hämoglobin, es ist ein sehr spezifisch wirkender biologischer Katalysator,
auch Enzym genannt, der aus der chemischen Reaktion der Verknüpfung wieder
unbeschadet hervorgeht. Für jede glycosidische Bindung mit unterschiedlichen
Edukten (Substraten) wird ein anderes Enzym benötigt. SwissProt zeigt ca. 150
Eintragungen mit dem Stichwort Glucosyltransferase wie Alg6 es ist, für alle Species von Mensch bis Hefe.
Enzyme sind substratspezifisch und wirkungsspezifisch: sie nutzen nur ganz bestimmte Substrate und ermöglichen nur eine ganz bestimmte Reaktion. Der abgebildete Enzym-Substrat-Komplex könnte nicht anders gebildet werden. Als Modellvorstellung wird häufig das Schlüssel-Schloss-Modell herangezogen. Der
Schlüssel (Substrat) passt nur bei einer ganz bestimmten Form ins Schloss (Enzym). Wird die Struktur des Enzyms verändert, so ergibt dies möglicherweise eine
veränderte physiologische Wirkung.
SPF SCB_A KME
150
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.11.1
Katalytisches Zentrum
Enzymatische Defekte beruhen nicht nur auf Veränderungen der Primär- bis
Quartärstruktur sondern auf der Störung der ablaufenden chemischen Reaktion
im katalytischen Zentrum. Dies könnte, rein spekulativ, der Grund für das Nichtfunktionieren von ALG6 sein. Da das katalytische Zentrum von ALG6 aber nicht
bekannt ist, muss der Reaktionsmechanismus auch im Dunkeln bleiben.
Der Reaktionsmechanismus des Proteins Lysozym, dessen Raumstruktur 1965 als erstes Enzym aufgeklärt
wurde, ist hingegen bekannt. Lysozym ist eine Hydrolase
und spaltet Polysaccharidketten des Mureins (bakterielle Zellwandkomponenten) zwischen GlcNAc und NAcetylmuraminsäure, die β-1,4 glycosidisch verknüpft
sind (Substratspezifität und Wirkungsspezifität). Der
genaue Ablauf ist nicht so wichtig, wohl aber die Prinzipien die dahinter stecken.
•
Bindung des Substrats über AS-Seitenketten: ionische Anziehungskräfte, Wasserstoffbrückenbindungen oder van-der-Waals Kräfte
•
Interaktion der Seitenketten mit dem Substrat:
vom Glu35 wird ein Proton abgegeben; die negativ geladene Carboxylatgruppe des Asp52 stabilisiert bzw.
bindet an die zwischenzeitlich auftretende positive
Ladung am C-Atom.
•
Enzym = Katalysator (verändert sich nicht)
Die Graphik zeigt auch, dass das katalytische Zentrum
durch weit entfernt liegende AS gebildet werden kann,
sie müssen nur räumlich zusammentreffen. Daher ist
einer Primärstruktur von aussen nicht anzusehen, wo das
aktive Zentrum liegt.
SPF SCB_A KME
151
Kohlenhydrate und Proteine
CDG: Abschliessende Betrachtung
CDG ist eine multisystemische Entwicklungsstörung bei Kindern, die 1980 entdeckt
und deren genetische Grundlagen teilweise aufgedeckt wurden. Abhängig vom
Typus ist die Glycosylierung aller Proteine gestört. Beispielhaft wurde ALG6 eine
Glc-Transferase betrachtet. Eine Mutation im Protein an Position 333 erzeugt
eine starke Transferleistungsreduzierung der Knüpfung der glycosidischen Bindung. Dies mag daran liegen, dass die Sekundär-, Tertiär- oder Quartärstruktur
gestört wurde, da alle Proteine für ihre Funktion eine bestimmte, korrekte Faltung besitzen müssen. Andererseits könnte aber auch das katalytische Zentrum
gestört sein, das nur ganz spezifische Substrate (in diesem Fall den Zuckerbaum
und der aktivierte Zucker der übertragen werden soll) gebunden werden. Der
Schlüssel passt nicht mehr ins Schloss. Eine abschliessende Beurteilung kann nur
die Struktur des Enzyms liefern, die im Moment noch nicht bekannt ist, da aus der
Primärstruktur nur äusserst schlecht (eigentlich gar nicht) auf die räumliche Anordnung geschlossen werden kann.
Eine Therapie für CDG Patienten ist zur Zeit nicht in Sicht. Die einzige Möglichkeit den Defekt zu beheben, ist eine Gentherapie, also der Austausch des defekten gegen das gesunde Gen, das in allen Körperzellen durchgeführt werden müsste.
So bleibt zur Zeit nur der schwache Trost, dass man durch die Analyse des
Transferrins (Eisenionen speicherndes Protein) im Serum die Krankheit wenigstens
als CDG diagnostizieren kann.
Eine vollständige Besprechung der sog. Isoelektrischen Fokussierung (IEF) würde
hier zu weit führen, wurde aber schon für Aminosäuren auf S. 140 im Prinzip besprochen. Prinzipiell wird die Gesamtladung des Transferrins analysiert. Bei korrekter Glycosylierung wird der Zuckerbaum mit einer Sialinsäure abgeschlossen.
Die Sialinsäuren tragen eine negative Carboxylatgruppe (-COO-). Unvollständig
glycosylierte Transferrin Proteine enthalten weniger negative Ladungen, man
könnte auch sagen, das ganze Protein ist gesamthaftig positiver geladen. Dies
zeigt sich in einer Isoelektrischen Fokussierung, wo Proteine u.a. nach ihrer Ladung aufgetrennt werden, durch eine zusätzliche schwarze Bande (Pfeil), die in
der Normalkontrolle nicht sichtbar ist.
Somit lässt sich an einer Blutprobe eindeutig bestimmen, ob ein Patient an CDG
leidet oder nicht.
SPF SCB_A KME
152
Kohlenhydrate und Proteine
Lernziele Proteine
Die Lernenden sollen wissen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
wie Aminosäuren aufgebaut sind und welche physikalischen Eigenschaften sie
haben.
wie und warum AS klassifiziert werden.
was eine Peptidbindung ist.
was der besondere geometrische Aufbau einer AS für Konsequenzen haben
kann.
wie Proteine aufgebaut sind.
was der Unterschied zwischen Proteinen und Enzymen ist.
welche Funktion Proteine und Enzyme im Körper erfüllen.
wie die Faltung von Proteinen (3D-Struktur) im Detail zu verstehen ist.
was unter katalytischem Zentrum und Schlüssel-Schloss-Modell zu verstehen
ist.
was die Ursache für eine Fehlfunktion von Enzymen sein kann.
wie Enzyme auf äussere Einflüsse reagieren.
Die Lernenden sollten
•
die Bedeutung der vernetzen Protein-DNA-Literatur-Struktur Datenbanken
erkannt haben.
5.7.12
5.7.12.1
Nachweis-RK für Kohlenhydrate und Proteine
GOD-Test (Glucose-Oxidase-Test): Glucose
Saccharose, Glucose oder Fructose werden in Wasser gelöst. Ein Glucose-Teststäbchen wird 10s in die Lösung getaucht und der Wert an
der Referenzskala abgelesen.
5.7.12.2
Nachweis von Glucose in Haushaltszucker
In 2 kleinen Erlenmeyerkolben werden je ½ Löffel Saccharose in 5 ml
Wasser gelöst. Zu dem einen Kolben wird 1 mL 5 mol/L HCl-Lösung
zugegeben. Beide Kolben werden einige Minuten auf einem Ceranfeld
mit dem Bunsenbrenner gekocht. Zur Neutralisierung der HCl-Lösung werden ca.
2-4 mL 1 mol/L NaOH-Lösung zugegeben, bis der pH = 7 ist. Dies ist mit pH-Papier
zu prüfen. Ein Glucose-Teststäbchen wird 10s in die Lösung getaucht und der
Wert an der Referenzskala abgelesen.
Unter welchen Umständen wird in Saccharose Glucose nachgewiesen? Was ist die
Aufgabe der HCl-Lösung?
SPF SCB_A KME
153
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.12.3
Nachweis von Stärke in Kartoffeln und Äpfeln
Einige Apfelschnitze und einige Kartoffelschnitze werden in 2 verschiedenen Bechergläsern separat in 50 mL Wasser 2 min lang ausgekocht, das Becherglas dann unter fliessendem Wasser etwas abgekühlt und der pH Wert überprüft. Notfalls wird mit wenig verd. Natronlauge auf
pH 7 eingestellt (pH-Papier). Je eine Probe wird mit 1 Tropfen der rot-braunen
Iod-Kaliumiodidlösung versetzt.
Blaufärbung zeigt das Vorhandensein von Stärke an, da sich die Iodmoleküle in die
schraubenförmig gewundene Stärke (Polysaccharid aus Glucose) einlagern können.
Enthalten Äpfel und/oder Kartoffeln Stärke?
5.7.12.4
Fehlingprobe: Nachweis einer Aldehydgruppe
Ein halber Spatel Glucose bzw. Fructose wird in einem Reagenzglas in
2 mL Wasser gelöst und 4 mL frisch hergestellte Fehling-Lösung (2
mL Fehling1 und 2 mL Fehling2) zugegeben. Das Gemisch wir im siedenden Wasserbad erwärmt (250 mL Becherglas).
Beobachtung? Gibt es Unterschiede zwischen Glucose und Fructose?
5.7.12.5
Seliwanow Reaktion: Glucose/Fructose
Ein halber Spatel Glucose und ein halber Spatel Fructose werden in
verschiedenen RG in 2 mL Wasser gelöst und 5 Tropfen Seliwanow
Reagenz zugegeben. Das Gemisch wir im siedenden Wasserbad erwärmt. Ist Seliwanow-Reagenz spezifisch für Fructose?
5.7.12.6
Xanthoprotein Reaktion: Proteine
In einem RG werden 2 mL Proteinlösung mit ca. 0.5 mL konz. Salpetersäure vermischt und über der Brennerflamme erhitzt. Durch welche
Beobachtung können Proteine nachgewiesen werden?
5.7.12.7
Biuret Reaktion: Proteine
2 mL Proteinlösung wird in einem RG mit 2 mL 1 mol/L Natronlauge
gemischt. Nach Zugabe von 5 - 10 Tropfen 0.25 mol/L CuSO4-Lösung
wird die Veränderung beobachtet.
SPF SCB_A KME
154
Kohlenhydrate und Proteine
5.7.12.8
Drill&Practice CDG
Bearbeiten Sie den allgemein gehaltenen Text zu CDG aus dem Unimagazin der
Universität Zürich, Heft4, 2006, S.16-17. Fügen Sie in der rechten, leeren Spalte
die Detailinformationen aus dem gesamten Kapitel ein. Verwenden Sie kurze Sätze
in Fachsprache und einfache Zeichnungen.
FORSCHUNG
WENN ZUCKERKETTEN KRANK MACHEN
Etwa die Hälfte der Proteine im menschlichen Körper sind Glykoproteine.
Wenn sie falsch zusammengebaut werden, verursacht das Krankheiten.
Der Biologe Thierry Hennet erforscht diese Vorgänge.
Von Susanne Haller-Brem
Thierry Hennet skizziert sein Forschungsobjekt auf ein Blatt
Papier und erklärt: «Als Rückgrat müssen Sie sich ein Protein
vorstellen. Daran sind Seitenketten aus Zuckermolekülen angeheftet, deren Struktur an einen verästelten Baum erinnert.» Der
Professor für Humanbiologie befasst sich seit 1996 mit der
Glykosylierung – so wird in der Fachsprache der Vorgang genannt, bei dem in der Zelle Zuckereinheiten an Proteinmoleküle
angehängt werden. Hennet und sein Team charakterisieren Gene
und Enzyme, die am Aufbau von Zucker-Protein-Strukturen
beteiligt sind, und untersuchen eine Gruppe von genetischen
Krankheiten, die durch eine gestörte Glykosylierung verursacht
werden.
RÄSELHAFTE KRANKHEIT
Vor 25 Jahren beschrieb der belgische Kinderarzt Jaak Jaeken
erstmals ein bisher unbekanntes Krankheitsbild bei Zwillingen.
Die beiden Mädchen zeigten eine verlangsamte körperliche und
geistige Entwicklung, schielten, hatten nach innen gewölbte
Brustwarzen und eigenartige Fettpolster am Gesäss. Ausserdem
waren zwei Proteinwerte abnorm. Jaeken fand heraus, dass es
sich dabei um Glykoproteine handelte, doch diese Verbindungen
waren damals noch wenig untersucht. Die Erforschung dieser
rätselhaften Erkrankung ging deshalb nur schleppend voran.
Dass Jaeken und andere Mediziner in den Jahren darauf weitere
Patienten mit abnormen Glykoprotein-Werten und etwas anderen Symptomen als bei den Zwillingsschwestern fand, machte
die Sache nicht einfacher. Schliesslich gab man dieser Gruppe
von Krankheiten den Namen CDG, eine Abkürzung von
«Congenital Disorders of Glycosylation », auf Deutsch «angeborene Störungen der Glykosylierung». Die genaue Natur der
Glykoproteine wurde erst in den letzten zwanzig Jahren entdeckt. Inzwischen sind rund 250 Gene respektive Enzyme bekannt, die bei der Herstellung von Glykoproteinen eine Rolle
spielen. Mittels dieser Enzyme wird an bestimmten Orten in der
Zelle Schritt für Schritt ein verästelter Baum aus Zuckermolekülen zusammengebaut. Heute weiss man, dass etwa die Hälfte der
Proteine im menschlichen Körper Glykoproteine sind. «Das
gleiche Protein kann unterschiedlich grosse Zuckeranteile und
auch ganz verschiedene Zucker-Bausteine enthalten. Dadurch
gewinnen die gleichen Proteine neue Eigenschaften, die ihre
Funktion in vivo beeinflussen», erklärt Thierry Hennet. Die
Zuckerketten bringen also eine zusätzliche funktionelle Vielfalt
in die Biologie. Bekannte Beispiele für Zuckerketten sind etwa
die menschlichen ABO-Blutgruppen. Nur ein winziger Zuckeranteil entscheidet, ob jemand die Blutgruppe A, B, AB oder Null
hat. «Zucker können also nicht nur Energiebausteine sein, sondern auch Informationsmoleküle », sagt Hennet. Bei der Erforschung des CDG-Syndroms arbeiten Ärzte und Grundlagenforscher aus verschiedenen Ländern eng zusammen. Heute weiss
man, dass Glykoproteine bei sehr vielen Lebensvorgängen eine
wichtige Rolle spielen, so zum Beispiel bei der Zelldifferenzierung, der Organentwicklung, der Signalübertragung, der Immunabwehr, bei Stress und Entzündungen oder der Entstehung von
Krebs. Dadurch wird auch verständlich, weshalb die Symptome
von CDG-Patienten so unterschiedlich sein können. Biochemisch gesehen liegt allen Formen des CDG-Syndroms eine
Störung der Glykosylierung von Proteinen zugrunde. Im Laufe
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Kohlenhydrate und Proteine
der letzten Jahre konnten viele neue Defekte identifiziert werden, und es kommen laufend neue dazu. «Der Zuckeranteil fehlt
bei den Patienten nie vollständig, die Zuckerketten an den Proteinen sind entweder nur leicht verändert, oder aber die Verzuckerung ist nur bei einem Teil der Moleküle gestört», sagt Thierry
Hennet. In der Regel wird das CDG-Syndrom mit Hilfe eines
einfachen Bluttests diagnostiziert. Als Leitprotein dient
Transferrin, das im Körper Eisen transportiert und dessen Zuckeranteil bei CDG-Patienten ebenfalls einen Defekt aufweist.
Dadurch verändert sich seine elektrische Ladung, was sich einfach nachweisen lässt. Allerdings ist es nicht möglich, mit dem
Transferrin- Test die genaue Art der Glykosylierungsstörung zu
bestimmen. Vor allem für jenen Typ, der sich durch die Einnahme des Zuckers Mannose therapieren lässt, ist eine genaue
Diagnose enorm wichtig.
UNVOLLSTÄNDIGE MEHRFACHZUCKER
Um die Art der Glykosylierungsstörung herauszufinden, führt
Hennets Arbeitsgruppe zusätzliche Tests mit Hautproben von
Patienten durch. Dafür verwenden sie Fibroblasten, das heisst
Bindegewebszellen, die sich im Labor gut vermehren lassen, und
füttern diese Zellen mit radioaktiv markierten Zuckern und
verfolgen dann die Synthese von Mehrfachzuckern in den Zellen. Stellt man eine Anhäufung von unvollständig ausgebildeten
Mehrfachzuckern in den Fibroblasten fest, deutet dies auf einen
Fehler im Glykosylierungs-Stoffwechsel hin. Indem die Aktivität
bestimmter Enzyme gemessen wird, können Reaktionen, die
unzureichend oder gar nicht ablaufen, identifiziert werden.
Aufgrund dieser Forschung wäre die Entwicklung einer Enzymersatztherapie denkbar, bei der dem Körper das fehlerhafte
Glykosylierungsenzym künstlich zugeführt wird. Doch solche
Therapien sind noch in weiter Ferne, unter anderem auch deshalb, weil die Glykosylierung in Zellkompartimenten stattfindet,
die nur schwer zugänglich sind. Die Synthese von ZuckerProtein-Komplexen ist ein sehr konservativer Prozess. Die
ersten paar Schritte der Glykosylierung laufen in der menschlichen Zelle und in den einzelligen Hefepilzen gleich ab. Deshalb
können bestimmte Erkenntnisse, die am Modell Hefe gewonnen
werden, direkt auf menschliche Zellen übertragen werden. Hefezellen bieten den Vorteil, dass sie ohne grossen Aufwand im
Labor gezüchtet werden können. Ausserdem lassen sie sich
einfach genetisch manipulieren. Zahlreiche verschiedene Hefemutanten mit unterschiedlichen Defekten im GlykosylierungsStoffwechsel dienen deshalb den Forschern und Forscherinnen
als eine Art Referenz. Hautproben von CDG-Patienten können
dann mit diesen Hefemutanten verglichen werden. Als Referenz
für die Glykosylierung arbeiten die Fachleute mit Mutanten der
Taufliege Drosophila oder mit Mäusen. Solche Untersuchungen
könnten konkrete Hinweise liefern, um neue Formen von CDG
zu identifizieren, hofft Hennet.
ENTLASTUNG FÜR BETROFFENE
Auch wenn bislang die Behandlungsmöglichkeiten von CDG in den
meisten Fällen sehr begrenzt sind, ist
die Diagnosestellung wichtig, darin
sind sich die Fachleute einig. Einerseits beendet sie eine häufig lange
Suche nach der Ursache und bringt
endlich Ruhe in das Leben der betroffenen Familie. Und erst die
Diagnose macht eine genetische
Beratung und eventuell eine pränatale Diagnostik bei einer weiteren
Schwangerschaft möglich. Die Erkenntnisse über die Glykosylierung zeigen, dass selbst auf molekularer Ebene Lebewesen mehr als eine Zusammensetzung von
Genen und Proteinen sind. Die Komplexität und Vielfalt der
Glykoproteine lässt vermuten, dass viel Arbeit nötig sein wird,
um den Bauplan des Menschen exakt zu kennen. Die Aufklärung
des menschlichen Genoms war nur ein Schritt in diese Richtung.
KONTAKT Prof. Thierry Hennet, Physiologisches Institut der
Universität Zürich, [email protected]
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Kohlenhydrate und Proteine
5.7.12.9
Lösungen zu den Fragen im Skript
Proteine mit bekannter Funktion
7025(25.05.2001)/8361(05.08.2002)/10691(29.03.2004)/11556(09.11.2004)/1374
9(18.04.2006)/14991(27.11.2006)/17483(25.10.2007)/25697(13.10.2009)
Aminosäurenzeichung
Zeichnen Sie die D- und L-Form der obigen Aminosäure als Keilstrichformel und
als Fischer Projektion. Schreiben Sie für den variablen Teil einfach „A“ (AS-Rest).
O
O
C
A
C
A
OH
H
NH2
COOH
C
OH
CH
NH2
NH2
COOH
H
C
COOH
H2N
NH2
C
H
A
A
L-Aminosäuren
D-Aminosäuren
Hält man einen Spiegel zwischen die beiden Zeichnungen, so sieht man, dass es
sich um Enantiomere handelt. Es handelt sich um chirale Moleküle wenn R ≠ H.
Zwitterionen
Die -COOH Gruppe ist eine Carbonsäure und die -NH2 Gruppe eine Aminogruppe.
Die Carbonsäuregruppe ist eine Säure, die Aminogruppe eine Base. Es kommt zu
einer Protonenübertragungsreaktion innerhalb des gleichen Teilchens. Somit wird
ein Zwitterion erzeugt.
Vergleich Glycin/Essigsäure
COO
H3 N
+
-
C
COOH
H
H
H
Glycin
C
H
H
Essigsäure
Glycin und Essigsäure unterscheiden sich nur in der Aminogruppe. Das hat aber
weitreichende Konsequenzen. Essigsäure ist kein Zwitterion, da keine Base (Aminogruppe) zur Verfügung steht. Essigsäure bleibt ein Molekül mit relativ geringem
Schmelzpunkt.
Zwitterionen
COOH
H3 N
+
C
COO
H3 N
H
CH2
+
-
C
COO
H2N
H
CH2
+ H3O+
C
-
H
CH2
+ OH-
OH
OH
OH
Kation
Zwitterion
Anion
pH-Wert
pI
pI(Asp) = 2.77, sauer
pI(Lys) = 9.74, basisch
pI(Thr) = 5.64, neutral
Die Klassifizierung sauer, basisch, neutral passt mit dem Isoelektrischen Punkt
überein. (Für „neutral“ pI 5.64 müssen wir ein Auge zudrücken. Der pI ist in der
Nähe von pH = 7. Das lassen wir als „neutral“ durchgehen.)
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Kohlenhydrate und Proteine
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Helix/Faltblatt-Gemeinsamkeiten
Beides sind Strukturen, die durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden. Sie untescheiden sich eigentlich gar nicht, ausser durch die unterschiedliche
Anordnung der AS-Reste.
Tertiärstrukturen
1.
alle, Grundgerüst
2.
Cys
3.
saure und basische AS
4.
unpolare AS
Beim Insulin lässt sich sehr gut die Disulfidbrücke über die Cysteine erkennen.
Alg6
Die ersten 10 AS im Alg6
gaagaactatggagaaatggtacttgatgacagtagtg…
MetGluLysTrpTyrLeuMetThrValVal
Translation:
o1201 ttccaaaggattc¦aaatttacactggttagctgtgcgctatcattctttttattttcttt
AS#325¦LysPheThrLeuValSerCysAlaLeuSerPhePheLeuPheSer
p1201 ttccaaaggattc¦aaatttacactggttagctgtgtgctatcattctttttattttcttt
AS#325¦LysPheThrLeuValSerCysValLeuSerPhePheLeuPheSer
Aminosäure #333 wurde von Ala nach Val verändert: Ala333Val
1
61
121
181
241
301
361
421
481
mekwylmtvv
sdnnlqywgl
lliyipavvl
iscdcdllgs
sfvlcwlpff
sfcftflsll
eipfmstwfl
fsisvrkylp
nflfflvyfn
vligltvrwt
dyppltayhs
yccclkeist
lafclainyk
tereqtlqvl
paciklilqp
lvstfsmlpl
cftflsriiq
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vslnsysgag
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kkkianalci
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llypglilid
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scalsfflfs
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rgyesqahkl
yghfqynsvs
kglkgkgfvl
sfnvflkikd
fqvheksill
cvtsfsifek
dppqklpdlf
lpvkqwyfns
fmrttvliad
lgfalwgvlg
lvklacivva
ilprhiqlim
vslpvclvls
tseeelqlks
svlvcfvscl
Eine Insertion ist eine neu eingefügtes Nukleotid, bei einer Deletion fehlt ein
Nukleotid. Hier handelt es sich um eine Mutation (Veränderung) von C T.
Erachten Sie die Veränderung des Proteins als schwerwiegend?
Die Veränderung von Ala zu Val ist eigentlich nichts Besonderes, denn beide gehören zu den unpolaren AS, Val ist nur etwas grösser als Ala. Es konnte aber an anderen Proteinen gezeigt werden, dass solch ein Austausch Einfluss haben kann auf
die Proteinfunktion. Die Nähe dieser AS zu einer über viele ähnliche Proteine
konservierten Region, legt nahe, dass die katalytische Domäne beeinflusst wird.
Konservierte ähnliche Proteinbereiche werden üblicherweise als wichtig für die
Funktion eingestuft.
Der Austausch einer einzigen Aminosäure kann, einen grossen Einfluss auf die
Funktionsfähigkeit von Proteinen haben. Die Interpretation liegt nahe, dass auch
fehlende oder eingefügte AS einen nicht abzuschätzenden Effekt haben könnten.
(Ganz sicher würde der Austausch eines Cysteins, das an einer Disulfidbrücke
beteiligt ist, verheerende Folgen haben.)
Warum spricht man bei Enzymen wie Alg6 von Schlüssel-Schloss-Prinzip?
Scheinbar wird durch den Austausch die Transferleistung nicht völlig abgeschaltet. Möglicherweise wird das katalytische Zentrum etwas „verdreht“, so dass nach
dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, der zu bindende Zucker nicht mehr optimal zum
wachsenden Zuckerbaum positioniert wird (Spekulation).
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