11. September Die Lüge aus Staatsräson und ihre verhängnisvollen Konsequenzen Inhalt EINLEITUNG UND ÜBERBLICK Der 1 1 . September oder die „Lüge aus Staatsräson" ................................ 5 Michael Liebig Operative Planung Der Ablauf der Ereignisse Die Schlüsselfragen Huntington und die „amerikanische OAS" Die „professionelle" Militärkaste „Wenn wir nicht hassen, was wir nicht sind..." Die „professionelle" Militärkaste und die „Krise der Demokratie" Die verhängnisvolle Lüge Ein Deutscher tanzt aus der Reihe Ein prominenter Kampfflieger äußert sich Unabhängige Untersuchung gefordert Brisante Enthüllungen aus dem französischen Geheimdienstmilieu Sie wollen es einfach nicht glauben Die Folgen der „Lüge aus Staatsräson" Eine Chronologie der Ereignisse des 1 1 . September................................. 1 8 Aus dem Nachrichtenbrief Reseau Voltaire Eine „Autopsie" des 1 1 . September ......................................................... 20 Dr. Mahmoud Khalaf Das „Planungsorgan" Ausschalten von NORAD Das „Targetting" Schock im Weißen Haus „Ein völliges Mißverhältnis" Kommentar zu den Ausführungen von Dr. Mahmoud Khalaf................... 23 Ralf Schauerhammer Israelische Spione in Putsch vom 1 1 . September verwickelt? .................. 26 Roger Moore „Mutmaßliche israelische Spione in den USA festgehalten" Weitergehende Ermittlungen Amdocs und Comverse Infosys Die Ecstasy-Mafia Comverse Infosys, Bill Clinton & Monica Lewinsky Wer schützt den Spionagering? l. HAUPTSTÜCK Zbigniew Brzezinski und der 11. September............................................ 30 Lyndon H. LaRouche Die Untersuchung planen Eine Reihe grundlegender Fakten 1 . Menschen machen Geschichte, aber... Entwurf einer Wissenschaft der Strategie Das historische Umfeld Aufstieg und Niedergang der amerikanischen Macht Brzezinski und Hitler 2. Kabale und Strategie Auch Kissinger wird übel enden Hitler mußte es erfahren Die wirtschaftlichen Konsequenzen 3. Heines zweiter Grenadier Kant, Hannah Arendt und der Faschismus Die Debatte über die Wahrheit „Ist das nicht die menschliche Natur?" III. PERSONENPROFILE William Yandell Elliott, der geistige Ziehvater der Putschisten .............. 61 Mark Burdman und Stanley Ezrol Das britische Empire und die Konföderierten Staaten Lord Lindsay und die „Tafelrunden" „Das Finstere Zeitalter könnte erneut heraufziehen" Kissingers Schuldigkeit Robert Strausz-Hupe und das „Amerikanische Weltimperium"............. 64 Mark Burdman Isaiah Bowman Geopolitische Ceschichtsverdrehung Novis Orbis Terrarum FPRI und die Putschdrohungen der 60er Jahre FPRI und die Freunde Ariel Scharons Kurzprofil: Bernard Lewis...................................................................... 68 Die imperiale Strategie der US-Geopolitiker Samuel Huntington und Zbigniew Brzezinski........................................ 71 Elisabeth Hellenbroich Huntingtons „Clash of Civilizations" Die Ära nach dem Kalten Krieg Huntingtons Kampf der Kulturen Zbigniew Brzezinski Brzezinskis geopolitische Doktrin „Die einzige Weltmacht" Die Lehren des römischen Imperiums und der Geopolitik Mackinders „Eurasisches Schachbrett" und „eurasischer Balkan" „Protektorat Europa" und die zukünftige Rolle Rußlands Wie soll der Westen mit Rußland politisch umgehen? „Leben mit China" Amerika als Kulturmodell IV. ORGANISATIONEN UND STIFTUNGEN American Enterprise Institute (AEI)........................................................ 83 Washington Institute for Near East Policy (WINEP)............................... 85 Smith Richardson Foundation, Inc......................................................... 87 John M. Olin Institute for Strategie Studies ........................................... 88 V. HISTORISCHER HINTERGRUND H.G. Wells und die britische Geopolitik................................................ 90 Muriel Mirak-Weißbach Das Ziel der Weltdiktatur Das angestrebte Atommonopol Das Sechs-Punkte-Programm Die tiefere Bedeutung des Fulbright-Memorandums...............................94 Edward Spannaus Das Fulbright-Memorandum Eisenhowers Abschiedsrede Der U-2-Zwischenfall und der Pariser Gipfel Der Übergang zu Kennedy Eisenhowers Abschied Kennedy, der belagerte Präsident „Operation Northwoods" „Politische Kriegsführung" Was wußte Fulbright? Namenregister..................................................................................... 1 0 5 I. EINLEITUNG UND ÜBERBLICK Der 11. September 2001 war ein versuchter Militärputsch in den Vereinigten Staaten, organisiert von einer Clique im amerikanischen Militär, die man am ehesten mit den OASPutschisten in Frankreich Anfang der sechziger Jahre vergleichen kann. Der Putschversuch hätte beinahe zu einer nuklearen Konfrontation zwischen den USA und Rußland geführt. Diese unheilvolle Wahrheit wollte die Bush-Administration ihrer Bevölkerung nicht „zumuten" und verlegte sich daher auf die abstruse Verschwörungstheorie „Es war Osama Bin Laden" — eine Notlüge mit verheerenden Konsequenzen. Der 11. September oder die „Lüge aus Staatsräson" VON MICHAEL LIEBIG A m Abend des 11. September präsentierte Präsident George W. Bush der Welt eine ziemlich abstruse Verschwörungstheorie: Osama Bin Laden und das terroristische Al-Qaida-Netzwerk seien für die Anschläge in New York und Washington verantwortlich. Man mag Präsident Bush zugute halten, daß er diese Verschwörungstheorie als „Lüge aus Staatsräson" betrachtet. Wäre die Wahrheit über das, was am 11. September geschah, der Öffentlichkeit mitgeteilt worden, so wäre diese wohl als noch ungeheuerlicher empfunden worden als das, was an diesem Tag auf den Fernsehschirmen zu sehen war. Tatsächlich hatte ein Putschversuch stattgefunden, für den Elemente aus dem amerikanischen Militär- und Nachrichtenmilieu verantwortlich sind. Tatsächlich waren Bin Laden und islamistische Terroristengruppen an der Planung der Anschläge unbeteiligt, bei deren Durchführung könnten Einzelfiguren aus dem islamistischen Milieu als Komparsen benutzt worden sein, um falsche Fährten zu legen. Wer da meint, daß in einer modernen Demokratie, zumal in den Vereinigten Staaten, ein versuchter Staatsstreich unter bewußter Inkaufnahme großer Menschenverluste „unmöglich" sei, der sollte bedenken, daß 1963 Präsident John F. Kennedy und 1968 der Präsidentschaftskandidat Robert Kennedy ermordet wurden. Präsident Ronald Reagan überlebte 1 9 8 1 nur ganz knapp einen Mordanschlag. Und in Oklahoma City wurde 1995 ein Behördengebäude in die Luft gesprengt, wobei 1 6 8 Personen getötet wurden. Bei all diesen Anschlägen, die jeweils verwirrten „Einzeltätern" in die Schuhe geschoben wurden, ging es tatsächlich um politische Weichenstellungen von nationaler bzw. internationaler Bedeutung. Um weltpolitische Weichenstellungen ging es auch bei den Anschlägen am 1 1 . September. Lyndon LaRouche, der von Anfang an den tatsächlichen Charakter der Ereignisse des 1 1 . September erkannte, kam zu dieser Erkenntnis nicht mit Hilfe einer quasi kriminalistischen Methodik. Die verdeckte Planung und Durchführung eines Staatsstreichversuchs in einem der Öffentlichkeit unzugänglichen Milieu von Militär- und Geheimdiensten kann man nicht auf dem Weg der „Amateur-Kriminalistik" enthüllen. Und deshalb können wir hier auch keine Namen, Adressen oder Dienstränge der für die Untaten des 1 1 . September Verantwortlichen nennen. Aber wir kennen aus der jüngeren Geschichte Beispiele, wie inmitten entwickelter Demokratien Militärcoups organisiert wurden. So sei hier an die „Organisation d'Armee Secret" (OAS) in Frankreich erinnert. Anfang der 60er Jahre versuchte der Coup-d'Etat-Apparat der OAS, der innerhalb der französischen Armee, innerhalb der Regierung und innerhalb der Geheimdienste operierte, die Regierung gewaltsam zu stürzen und Präsident Charles de Gaulle zu töten. Operative Planung Wenn man sich den zeitlichen Ablauf der Ereignisse am 1 1 . September genauer ansieht, muß man feststellen, daß nach einer genau durchdachten „Choreographie", d.h. im wörtlichen Sinne „generalstabsmäßig", vorgegangen wurde. Der Zeitrahmen der Planungen, Vorbereitungen und ihrer Verschleierung dürfte rund zwei Jahre betragen haben. Die Anschläge wurden nach den Grundsätzen der militärischen Operationsplanung als integriertes Ganzes konzipiert. Die Interaktion der einzelnen Komponenten der Operation — Zielauswahl, zeitliche Angriffssequenz, endogene und exogene Anpassungsmaßnahmen bei Störungen — ist so konzi- piert, daß die Gesamtwirkung der Operation maximiert wird. Die beabsichtigte Gesamtwirkung der Anschläge war aber nicht die Zerstörung von „Symbolen der Vereinigten Staaten" — die beiden Türme des World Trade Centers in New York sowie des Pentagons und des Weißen Hauses in Washington. Es ging auch nicht darum, möglichst viele Menschen zu töten, was man auf andere Weise weit „wirksamer" hätte tun können. Vielmehr sollte die Zerstörung der Ziele die Voraussetzungen zur erfolgreichen Durchführung eines Rutsches schaffen — das war der eigentliche Auftrag. Nach der offiziellen Version dessen, was am 1 1 . September geschah, hätte der Ablauf der Ereignisse ganz anders aussehen müssen, als es tatsächlich der Fall war. Nach den Vorgaben der offiziellen „Cover-Story" — Zerstörung „amerikanischer Symbole" mit maximaler personeller und materieller Schadenswirkung — hätten die Angriffsziele bereits gegen 9 Uhr am Morgen des 1 1 . September erreicht sein müssen. Die vier „islamischen Terroristen-Kommandos" hätten versuchen müssen, in der kürzestmöglichen Frist ihre Zielorte zu erreichen und ihre Ziele zu zerstören, denn jede Minute Flugzeit barg unkalkulierbare Gefahren für den Erfolg der Operation: Widerstand von Besatzung und Passagieren, technische Störungen, Entdeckung durch die Flugüberwachung und Abfangen durch Jagdflugzeuge oder andere Abwehrmaßnahmen. Der Ablauf der Ereignisse Statt dessen betrug der Zeitraum zwischen dem Rammen des Nordturms des World Trade Centers und dem Einschlag im Pentagon knapp eine Stunde. Wäre Flug (JA 93 nicht um 1 1 . 0 3 Uhr abgestürzt (bzw. abgeschossen worden) und hätte sein Ziel — das Weiße Haus — erreicht, dann wären fast zwei Stunden seit dem ersten Angriff in New York vergangen gewesen. Warum die merkwürdig in die Länge gezogene Zeitsequenz? Die 1 7minütige Zeitdifferenz zwischen dem Rammen des Nord- und Südturms des World Trade Centers ist recht einfach zu erklären: Einerseits konnte so der personelle Schaden (Rettungskräfte und Schaulustige) erhöht werden, andererseits — und das ist entscheidend — war nun eine erhöhte Medienpräsenz vorhanden. Der zweite Einschlag der „Flugzeugbombe" erzielte eine massive Wirkung in den Massenmedien, die nun vor Ort präsent waren und es als Echtzeitereignis weltweit verbreiteten. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wurden im amerikanischen Regierungsapparat Notstandsmaßnahmen eingeleitet. Im Weißen Haus, im Pentagon und anderen Bundesbehörden fanden Krisensitzungen statt, um die Lage zu beurteilen und Notmaßnahmen zu ergreifen. Seltsamerweise wurden die Mittel und Maßnahmen, die zum Schutz des Luftraums über der Bundeshauptstadt Washington mit all ihren für die nationale Sicherheit essentiellen Einrichtungen selbstverständlich vorhanden waren, nicht aktiviert. So konnte — mitten in die hektischen Krisensitzungen der Regierung hinein — um 9.38 Uhr im Pentagon der Einschlag (auf Baumwipfelhöhe) von Flug AA 77 erfolgen. Zielsetzung dieses Angriffs war offensichtlich die möglichst weitgehende Zerstörung bzw. Lahmlegung der personellen und technischen Führungssysteme im Pentagon. Wie weit dies tatsächlich der Fall war, wissen wir nicht, aber Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat erklärt, daß er nach dem Einschlag von AA 77 zunächst versucht habe, bei der Bergung von Opfern im Pentagon zu helfen. Man kann also davon ausgehen, daß die Führungssysteme im Pentagon zumindest für einige Zeit stark beeinträchtigt waren. Der Angriff auf das Pentagon löste nun eine weitere Kettenreaktion aus, die der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist: Die strategischen Nuklearstreitkräfte der Vereinigten Staaten wurden in den höchsten Alarmzustand unterhalb des „echten" Angriffsbefehls — „DefCon3" — versetzt. Alle amerikanischen Militäreinrichtungen wurden weltweit in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Unmittelbar darauf erfolgte die Aktivierung des korrespondierenden Alarmzustandes bei den russischen Nuklearstreitkräften. Zum ersten Mal seit dem JomKippur-Krieg im Oktober 1 9 7 3 bestand ein Zustand nuklearer Konfrontation zwischen den beiden großen Nuklearmächten. Das Alptraum-Szenario einer neuen „Kubakrise" war Realität geworden — aber unter chaotischen Bedingungen in Washington. Die „roten Telefone" zwischen der russischen und der amerikanischen politischen und militärischen Führung wurden aktiviert. Die Russen versuchten zu klären, was in den Vereinigten Staaten vorging und was es mit der Angriffsalarmierung der amerikanischen Nuklearstreitkräfte auf sich hatte. Man kann sich vorstellen, welche Anspannung, Erregung und Hektik im Weißen Haus nach dem Angriff auf das Pentagon herrschte. Präsident George W. Bush hat mehrfach öffentlich erklärt, daß das Weiße Haus das vierte Angriffsziel am 1 1 . September gewesen ist. Wäre der Angriff des vierten Flugzeuges UA 93 nach Plan verlaufen, so wäre das Weiße Haus gegen 10.30 Uhr getroffen worden — mitten in den verzweifelten Versuch, eine nukleare Konfrontation zwischen Rußland und den USA wieder unter Kontrolle zu bringen. Das Führungschaos und die mögliche Ausschaltung der wichtigsten Berater des Präsidenten im Präsidialamt und dem Nationalen Sicherheitsrat nach einem Angriff auf das Weiße Haus und die daraus folgenden Konsequenzen möchte man sich gar nicht vorstellen. Der Präsident selbst befand sich in Florida, und es gab glaubwürdige Hinweise, daß auch das Präsidentenflugzeug Air Force One ein Angriffsziel war. Vizepräsident Cheney, Justizminister Ashcroft, Verteidigungsminister Rumsfeld und Bushs innenpolitischer Berater Karl Rove haben alle öffentlich erklärt, daß die Urheber der Anschläge in einem Telefonanruf gegen 1 0 Uhr morgens glaubwürdig mitgeteilt hätten, daß ihnen geheime Sicherheitscodes und -prozeduren für des Weiße Haus und das Präsidentenflugzeug bekannt wären. Außenmi- Titelseite von Bild am 1 2 . September 2001: Warum Präsident Bush die meiste Zeit des 1 1 . September Tausende Kilometer von Washington entfernt in der Air Force One und auf der nuklearstrategischen Kommandozentrale Offutt Air Force Base verbrachte, verrät die Bildzeitung nicht. nister Powell befand sich zu diesem Zeitpunkt in Peru. Der Generalstabschef Gen. Hugh Shelton befand sich über dem Atlantik auf dem Flug nach Europa. Schlimmer noch, nach den morgendlichen Ereignissen des 1 1 . September und bei zumindest beeinträchtigter Führungsfähigkeit in Washington war nicht mehr mit Sicherheit gewährleistet, daß alle Segmente der Kommandostruktur der amerikanischen Nuklearstreitkräfte unter der Kontrolle des Präsidenten und Oberkommandierenden der US-Streitkräfte waren. Hatten möglicherweise die verdeckt agierenden Putschisten dezentrale Segmente der nuklearen Kommandostruktur unter ihre Kontrolle gebracht? Denn für den Fall der Ausschaltung der regulären Befehlskette gab es alternative, sogenannte „pre-designated" Kommandostrukturen. Für wie gefährlich die Lage eingeschätzt wurde, belegt die Tatsache, daß Präsident Bush am 1 1 . September zu der nuklearstrategischen Kommandozentrale Offutt Air Force Base im Bundesstaat Nebraska — mehr als 2000 km von Washington entfernt — fliegen mußte, um definitiv sicherzustellen, daß alle Segmente der nuklearen Kommandostruktur unter seiner Kontrolle standen. Auf dem Flug nach Offutt telefonierten Präsident Bush und der russische Präsident Wladimir Putin miteinander, wodurch eine eskalierende amerikanisch-russische Nuklearkonfrontation verhindert wurde. Die russische Führung hatte zuvor bereits am gleichen Tag stattfindende Raketenübungen der russischen Streitkräfte abgebrochen. Putin teilte Bush mit, angesichts der Lage in den Vereinigten Staaten werde er den Alarmzustand seiner Nuklearstreitkräfte wieder herunterfahren. Das hat Bush später — im Beisein Putins — dreimal öffentlich bestätigt (siehe auch LaRouches Aufsatz „Brzezinski und der 1 1 . September"). Am frühen Nachmittag des 1 1 . September befand sich Präsident Bush im Kommandozentrum der strategischen Nuklearstreitkräfte in Offutt. Die Kontrolle über die Nuklearstreitkräfte war durch die persönliche Präsenz des Oberkommandierenden sichergestellt. Man könnte wohl sagen, daß zu diesem Zeitpunkt die Lage in den Vereinigten Staaten wieder von den Verfassungsorganen — mit dem Präsidenten an der Spitze — kontrolliert wurde. Die unmittelbaren Ziele der Putschisten waren durchkreuzt. In einer ersten ausführlichen Videokonferenz besprach sich Präsident Bush mit seinen engsten Beratern und einigen Kabinettsmitgliedern. Jetzt kann man vielleicht besser verstehen, daß am Morgen des 1 1 . September die Umstände und die Ingredienzien vorhanden waren, mit denen ein Putsch von Elementen aus dem Militär- und Geheimdienstmilieu Aussicht auf Erfolg hätten haben können. Der Putschversuch hatte keinen unmittelbaren Erfolg, weil der Angriff auf das Weiße Haus scheiterte und schließlich das direkte Telefongespräch zwischen den Präsidenten Bush und Putin die nukleare Konfrontation zwischen Amerika und Rußland beendete. Doch leider ist nun kein „Happy End" zu vermelden, denn mit der „politischen Aufarbeitung" der Ereignisse dieses Tages begann eine Serie vielleicht verständlicher, aber verhängnisvoller Fehlentscheidungen. Statt der Wahrheit wurde dem amerikanischen Volk und der Welt die „Lüge aus Staatsräson" — „Es war Bin Laden und AI Qaida" — präsentiert, die ihrerseits in den folgenden Monaten eine strategische Kettenreaktion in Gang setzte und zunehmend in Richtung eines globalen „Clash of Civilizations" abdriftete, so wie es im Plan der Putschisten vorgesehen war. Die Schlüsselfragen Nachdem nun die „Choreographie" der Ereignisse des 1 1 . September deutlicher geworden ist, müssen folgende Fragen gestellt werden: • Wer hat die Fähigkeit, eine hochkomplexe Operation wie die vom 1 1 . September unerkannt zu planen und verdeckt durchzuführen? • Aus welcher ideologischen, mentalen und soziologischen Konstellation heraus können solch ungeheuerliche Taten ausgeheckt und geplant werden — und zwar von Personengruppen, die dazu objektiv befähigt sind? • Welche finanziell-ökonomischen, politischen und militärstrategischen Faktoren bilden den Hintergrund und die bewegenden Kräfte, um Ereignisse wie die am 1 1 . September auszulösen? • Was war die vorauskalkulierte Wirkung, die mit den Anschlägen vom 1 1 . September ausgelöst werden sollte? Die Beantwortung der ersten und der vierten Frage ist so einfach wie schwerwiegend. Lyndon LaRouche hat dies frühzeitig in einem Live-Radiointerview getan, das parallel mit den Anschlägen stattfand. Und er hat dies erneut in dem in dieser £/RN/\-Studie veröffentlichten Aufsatz „Zbigniew Brzezinski und der 1 1 . September" getan. Die dritte Frage haben wir bereits in dem Aufsatz Der wirtschaftlich-strategische Rahmen der Anschläge vom 7 7 . September im Oktober 2001 beantwortet, der in dem E/RN/4-Bericht Systemkrise überwinden veröffentlicht wurde. Die zweite Frage ist weit schwieriger, und gerade deshalb haben wir sie ins Zentrum dieser 7£/7?N/\-Studie gestellt. Wenn Elemente aus dem Milieu von Militär und Nachrichtendiensten in der Lage waren, die Anschläge vom 1 1 . September verdeckt zu planen und durchzuführen, wie sieht es dann in den Köpfen dieser Elemente aus? Welche „Weltanschauung" haben sie? Aus welcher Mentalität heraus haben sie die Anschläge ausgeheckt? Wo liegen ihre geistigen Inspirationsquellen und persönlichen Vorbilder? In welchen soziologischen Konstellationen agieren sie? Huntington und die „amerikanische OAS" Bei dem Versuch, diese Fragen zu beantworten, ist es außerordentlich hilfreich, sich mit der Person und dem Werk Samuel P. Huntingtons zu beschäftigen, worauf LaRouche in seinem Beitrag in dieser E//?/V/4-Studie hinweist. Huntington ist nicht nur, was allgemein bekannt ist, einer der wichtigsten ideologischen Urheber der Doktrin des „Clash of Civilizations" — also der strategischen Stoßrichtung, die dem Putschversuch vom 1 1 . September zugrundeliegt. Huntington ist auch der ideologische „Guru" der „reaktionär-utopischen" Schule im amerikanischen Militär und den Nachrichtendiensten. Huntingtons Buch The Soldier and the State (Der Soldat und der Staat] ist zu einer Art „Bibel" einer amerikanischen Militärkaste geworden, die sich als „Staat im Staate" versteht. Huntingtons The Soldier and the State erschien bereits 1 9 5 7 und hat seither 1 8 Auflagen durchlaufen! 1 9 2 7 in New York geboren, studierte Huntington an den Universitäten Yale und Chicago politische Wissenschaften. 1 9 5 3 wurde er Assistent Professor of Government an der Universität Harvard. Nach der Veröffentlichung von The Soldier and the State schied er 1 9 5 8 unter ungeklärten Umständen plötzlich aus Harvard aus. 1 9 6 2 kehrte er als Professor of Government nach Harvard zurück, wo er bis heute lehrt. Wie Henry Kissinger, Zbigniew Brzezinski und McGeorge Bundy war Huntington ein Schützling des Harvard-Professors William Yandell Elliott. Huntingtons The Soldier and the State ist kein akademisches Werk im üblichen Sinne. Huntington hat vielleicht viele Bücher gelesen, Quellen und Akten studiert, aber primär beruht sein Buch auf Mitteilungen und offensichtlichen „Instruktionen" in Sinne eines „Auftragswerkes" genau solcher „professionellen", hochrangigen Militärs, die er in Soldier and the State verherrlicht. Die „professionelle" Militärkaste „Professionell" ist Huntingtons Lieblingsbegriff in diesem Buch, den er neben Militärs und Nachrichtendienstlern nur noch Bankiers und Juristen zubilligt. Daß er dies tut, hat tiefgreifende Ursachen, denn Huntington hält die Teile der amerikanischen Verfassung, die sich mit Militär- und Sicherheitsfragen befassen, für fehlgeleitet, überholt und überflüssig. Besonders zuwider ist ihm die in der US-Verfassung niedergelegte Konzeption des Bürgersoldaten [citizen-soldier], die der allgemeinen Wehrpflicht und der Reservistenarmee zugrundeliegt. Die Vorgaben der US-Verfassung seien ein „latentes Hindernis für das Entstehen militärischen Professionalismus". Der Bürgersoidat, der Wehrpflichtige und der Reservist sei zwangsläufig ein „Amateur," der für die nationale Sicherheit weder geistig noch militär- technisch tauge. Zur Gewährleistung dieser bedarf es, so Huntington, einer „professionellen" Militärkaste mit einer eigenen, von der Gesellschaft abgegrenzten „Weltanschauung", einem eigenen „professionellen Ethos". Der „professionelle" Militär wisse und könne, was die Bürger und Politiker nicht wissen und nicht können. Das in sich geschlossene Weltbild des „professionellen" Militärs und die daraus abgeleiteten Handlungsmaximen basieren auf Härte und unbedingtem Gehorsam. Der Mensch ist biologisch und psychisch gewaltbereit, machthungrig und besitzgierig. Das Menschenbild des „professionellen" Militärs ist deshalb „pessimistisch" und sozialdarwinistisch. Staaten verhalten sich wie die Einzelmenschen, so wie dies Thomas Hobbes in seinem Leviathan postuliert, weshalb Kriege unvermeidbar seien. Geschichtlichen Wandel gibt es, aber es gibt keinen Fortschritt in der Geschichte. Der Geschichtsverlauf ist zyklisch. Hinzu kommen die „unveränderlichen Fakten der Geographie" — sprich Geopolitik — als Denk- und Handlungsfundament der „professionellen" Militärs. Für den deutschen Leser ist besonders festzuhalten, daß Huntington seine Konzeption der „professionellen" Militärkaste dadurch zu legitimieren versucht, indem er Scharnhorst, Clausewitz und Moltke als ihre angeblichen Urheber präsentiert. Dabei geht er wohl davon aus, daß seine englischsprachigen Leser die Schriften Scharnhorsts nicht kennen und er deshalb die abstruse- sten Behauptungen aufstellen kann. Absurder kann man kaum argumentieren, wenn man den Schöpfer der Armee der „Bürgersoldaten" in Preußen und Deutschland mit ihrem im Sinne der Klassik und des Humanismus hochgebildeten Offizierskorps als geistigen Urheber einer „professionellen" Militärkaste und einer Berufsarmee in Anspruch nimmt. Voller Verachtung läßt sich Huntington über die Bundeswehr und die „Innere Führung" aus. Letztere bezeichnet er als „Regression" in „primitivere Formen zivil-militärischer Beziehungen", die „zwangsläufig" die Bundeswehr verpolitisiert und „ihre Kampfkraft reduziert". Daß Huntington dem militärischen Widerstand gegen Hitler vorwirft, die Offiziere des 20. Juli 1944 hätten ihren militärischen „Professionalismus zugunsten der Politik aufgegeben", kann dann kaum noch verwundern. „Wenn wir nicht hassen, was wir nicht sind..." Gleich auf den ersten Seiten von Der Soldat und der Staat findet sich ein Zitat aus dem Roman Tote Lagune der von feudalem Großgrundbesitz, Sklaverei und Ras- von Michael Dibdin: „Es kann keine wahren Freunde ohne wahre Feinde geben. Wenn wir nicht das hassen, was wir nicht sind, können wir nicht das lieben, was wir sind. Dies sind die alten Wahrheiten, die wir nach über einem Jahrhundert sentimentaler Heuchelei schmerzhaft wiederentdecken. Jene, die sie verneinen, verneinen ihre Familie, ihre Erbschaft, ihre Kultur, ihr Geburtsrecht, ihr wahres Selbst." Genau diese Weltanschauung finden wir vier Jahrzehnte später in Huntingtons Traktat Clash of Civilizations, wo es heißt: „Die fundamentalere Trennung der Menschheit durch Ethnizität, Religionen und Zivilisationen bleibt und verursacht neue Konflikte... Zivilisationen sind die letzten menschlichen Stämme, und der Zusammenstoß der Zivilisationen ist ein Stammeskonflikt im globalen Maßstab... Die Beziehungen zwischen Gruppen verschiedener Zivilisationen... werden fast nie eng, normalerweise kühl und oft feindselig sein." Huntingtons besondere Zuneigung gilt dem amerikanischen Süden des 1 9 . Jahrhunderts. Dies war der Süden, Romantizismus", die Nachahmung der „mittelalterlichen Ritterlichkeit", die Bewunderung für „das englische Ideal des Gentleman", die Beschränkung auf die Landwirtschaft und das „kriegerische Ideal" im Süden. „In der Zeit vor dem Bürgerkrieg war es allein der Süden, der dem militärischen Professionalismus bedeutende Unterstützung gab... Die Wurzeln des amerikanischen militärischen Professionalismus gehen auf den Konservatismus des Südens im 1 9 . Jahrhundert zurück", schreibt Huntington. Zu dieser Zeit seien beispielsweise in dem Southern Literary Messenger wegweisende Aufsätze zu militärischen Fragen erschienen. Im Schöße des Südens seien in der ersten Hälfte des 1 9 . Jahrhunderts die geistigen Grundlagen der amerikanischen Militärkaste gelegt worden — und sie blieben bis in die Gegenwart ihr „langfristiges intellektuelles Erbe." Der amerikanische Bürgerkrieg wird als tragisches Ereignis dargestellt, aber eine klare Verurteilung des Hochverrats und der Rebellion der Konföderierten gegen die Verfassung und Staatsordnung der Vereinigten Staaten sucht man vergebens. sismus geprägt war. Huntington aber liebt den „feudalen Die „professionelle" Militärkaste und die „Krise der Demokratie" „Professionelle" Militärs sind „unpolitisch", die widerspruchslos jeden Befehl ausführen — für Huntington idealtypisch vom amerikanischen Marine Corps oder der französischen Fremdenlegion repräsentiert. Aber, schreibt Huntington, wenn Politik und Gesellschaft zusehends verweichlichen und degenerieren, dann kommt der „professionellen" Militärkaste zwangsläufig die ultimative Verantwortung für den Staat zu. Im Zweiten Weltkrieg, behauptet Huntington, habe der Generalstab in den Vereinigten Staaten nicht nur die Militärpolitik bestimmt, sondern faktisch die gesamte Außenpoli- tik und weite Teile der Wirtschaftspolitik kontrolliert. „Die Vereinigten Generalstabschefs unterstehen gegenwärtig keiner irgendwie gearteten zivilen Kontrolle", zitiert Huntington zustimmend eine Äußerung Admiral Leahys aus dem jähre 1 9 4 5 . Während der Präsidentschaft Harry Trumans habe sich die staatspolitische Dominanz der „professionellen" Militärführung weiter konsolidiert. In der Nachkriegszeit erlangten „militärische Persönlichkeiten und Institutionen eine Autorität und einen Einfluß, die weit über das hinausgehen, was militärische Professionelle auf der amerikanischen Bühne jemals zuvor besessen hatten". Dazu komme, daß wie nie zuvor ehemalige Offiziere in die Politik und die Wirtschaft gegangen seien. Aber selbst dann noch habe das Problem darin bestanden, daß es „bei der amerikanischen Festlegung politischer Zielsetzungen nicht zuviel militärisches Denken, sondern zuwenig davon" gegeben habe. Der „professionelle" Militär haßt den „Idealismus", der in der „Hobbesschen Welt" lebensuntüchtig macht. Besondere Abneigung empfindet Huntington gegen Militärs, die sich einer geistig-politischen Mission verpflichtet fühlen und den kulturellen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fortschritt befördern wollen. Seinen tiefsten Widerwillen richtet Huntington gegen General Douglas MacArthur. Zweifelsohne war MacArthur der überragende Militär des 20. Jahrhundert, niemand hat wie er mit relativ begrenzten Mitteln (und geringeren Verlusten) so große militärische Erfolge erzielt. Huntington haßt das „Genialische" bei Militärführern, deren Geist and Handeln weit über das mediokre ideologische Korsett des „professionellen" Militärs hinausreicht. Zunächst vielleicht überraschend hat Huntington zugleich eine tiefe Aversion gegen General Dwight D. Eisenhower, dem er vorwirft, dem „professionellen militärischen Ethos" untreu geworden sein. Huntingtons The Soldier and the State wurde drei Jahre vor Präsident Eisenhowers düsterer Warnung vor dem „militärisch-industriellen Komplex" in den Vereinigten Staaten veröffentlicht. Aber Huntington und seine Auftraggeber im Militär und den Nachrichtendiensten wußten wohl schon damals, daß Eisenhower sie sozusagen durchschaut hatte, und er wußte, welche Gefahr Amerika von dieser Seite droht. Huntington beschreibt den Gegensatz zwischen dem Geist der „professionellen" Militärkaste einerseits und der zivilen, politischen und „liberalistischen" Welt andererseits in den letzten Seiten von The Soldier and the State, indem er in einer geradezu mythischen Vision die amerikanische Militärakademie West Point mit der nahegelegenen Kleinstadt Highland Falls vergleicht: „Die Gebäude [von Highland Falls] sind nicht Teil eines Ganzen: sie sind einfach nur eine bunte Ansammlung unzusammenhängender Konstruktionen, die zufällig nebeneinander stehen, weil ihnen der gemeinsame, einigende Zweck fehlt. Im militärischen Sperrgebiet [von West Point] hingegen, auf der anderen Seite des Südtores, existiert eine andere Welt. Dort herrscht geordnete Ruhe. Die Teile existieren nicht für sich alleine, sondern akzeptieren ihre Unterordnung unter das Ganze. Schönheit und Nützlichkeit verschmelzen in grauem Stein. Hübsche Rasenflächen umgeben kompakte, ordentliche Häuser, die alle mit dem Namen und Dienstgrad ihrer Bewohner gekennzeichnet sind. Die Gebäude stehen zu allen übrigen als Teil eines Gesamtplans in fester Beziehung, und ihr Charakter und ihre Lage symbolisieren ihren Beitrag — Steine und Ziegel für die höheren Offiziere, Holz für die niedrigeren Ränge. Der Standort ist durchströmt vom Rhythmus und der Harmonie, die sich ergibt, wenn der kollektive Wille die individuelle Willkür ersetzt. West Point ist eine Gemeinschaft des strukturierten Zwecks, eine, in der das Verhalten der Menschen durch einen Kodex geregelt ist, das Produkt von Generationen. Es gibt wenig Raum für Vermessenheit und Individualismus. Die Einheit der 10 Gemeinschaft führt niemanden dazu, sich für mehr zu halten, als er ist. Im Befehl findet man Frieden; in der Disziplin Erfüllung; in der Gemeinschaft Sicherheit. Den Geist von West Point findet man in der großartigen, grauen, gotischen Kapelle; er geht vom Hügel aus und beherrscht die Ebene und erinnert an Henry Adams' Bemerkungen auf dem Berg St. Michel über die Einheit des militärischen und des religiösen Geistes. Aber die Einheit der Kapelle ist noch größer. In ihr verbinden sich die vier großen Säulen der Gesellschaft: Die Armee, die Regierung, das College und die Kirche... West Point verkörpert das militärische Ideal im besten Sinne; Highland Falls den amerikanischen Geist in seinem gewöhnlichsten. West Point ist eine graue Insel in einer vielfarbigen See, ein Stückchen Sparta inmitten von Babylon. Aber kann man bestreiten, daß die militärischen Werte — Loyalität, Pflichterfüllung, Zurückhaltung, Hingabe — diejenigen sind, die Amerika heute am dringendsten braucht? Daß die disziplinierte Ordnung von West Point mehr zu bieten hat als der grelle Individualismus der Hauptstraßen? Auf den Soldaten, den Schützern der Ordnung, lastet eine schwere Verantwortung..." Zbigniew Brzezinski, der Nationale Sicherheitsberater Jimmy Carters, Mentor von Clintons Außenministerin Madeleine Albright und Verkünder des amerikanischen „Neoimperialismus", holte Huntington in den 70er Jahren zu Beratungen der Trilateralen Kommission. Hier arbeitete Huntington an der 1 9 7 5 von der Trilateralen Kommission veröffentlichten Studie Krise der Demokratie mit. Schon damals schrieb Huntington, den Vereinigten Staaten drohe ein „Übermaß an Demokratie": „Das effektive Operieren eines demokratischen politischen Systems erfordert normalerweise ein gewisses Maß an Apathie und Nichtbeteiligung von seiten einiger gesellschaftlicher Gruppen und Individuen... Marginale Gruppen der Gesellschaft, wie die Schwarzen, werden jetzt voll am politisen System beteiligt. Doch es besteht die Gefahr, das politische System mit Forderungen zu überlasten, die seine Funktionen ausweiten und seine Autorität unterminieren... Wir haben erkannt, daß es möglicherweise wünschenswerte Grenzen des Wirtschaftswachstums gibt. Es gibt möglicherweise auch wünschenswerte Grenzen für die unbegrenzte Ausweitung der Demokratie." Huntingtons Sprache ist absichtsvoll verwickelt, aber die Botschaft ist klar: Angesichts der „Krise der Demokratie" — und man müßte hinzufügen, angesichts der systemischen Wirtschafts- und Finanzkrise — lastet eine „schwere Verantwortung" auf der „professionellen" Militärkaste. Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 18. Januar 2002. Interessanterweise hat jüngst in Deutschland auch Prof. Wilfried von Bredow auf die Gefahr des militärischen „Neoprofessionalismus" in den Vereinigten Staaten aufmerksam gemacht. In einem Aufsatz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 1 8 . Januar 2002 weist er darauf hin, daß das „neoprofessionelle" Modell „auf den Politikwissenschaftler Samuel Huntington zurückgeht]". Von Bredow sieht die Gefahr, daß die amerikanischen Streitkräfte immer mehr zu einer Art „Black Box" würden. Die Politik habe den Willen und die Fähigkeit zur Kontrolle der Streitkräfte zunehmend verloren und überlasse dem Militär „seinen eigenen Raum". So „in Ruhe gelassen" wachse die Distanz der „professionellen" Militärs zur Gesellschaft immer mehr. Die US-Streitkräfte seien dabei, zu einer „liberal-freien Organisation" zu werden, die mit Verachtung und Verbitterung auf die degenerierende Zivilgesellschaft blicke, schreibt von Bredow. Während der militärische „Professionalismus" behauptet, unpolitisch und unparteilich zu sein, „hat sich der Neoprofessionalismus der neunziger Jahre deutlich politisiert. Das heißt, es besteht die für eine Demokratie nicht besonders günstige Aussicht, daß sich in den Streitkräften ein die Werte und Normen der zivilen Gesellschaft verachtendes Bild von ihrer eigenen Rolle verfestigt. Hat die soziale Distanz erst einmal eine gewisse Breite erreicht, wird die Reintegration von Streitkräften in die Gesellschaft immer schwieriger." In von Bredows Artikel gibt es keinen Bezug auf die Ereignisse des 1 1 . September. Aber seine Warnung vor den Gefahren des militärischen „Neoprofessionalismus" in den Vereinigten Staaten kommt zum rechten Zeitpunkt. Auf dieses von Huntington propagierte ideologische und soziologische Milieu hat LaRouche verwiesen, wenn es darum geht, die tatsächlichen Urheber der Ereignisse des 1 1 . September zu suchen. Die verhängnisvolle Lüge Kommen wir zurück zum Nachmittag des 1 1 . September, als Präsident Bush während seines Aufenthaltes in Offutt per Videokonferenz ausführlich mit Kabinettsmitgliedern und seinen engsten Beratern sprach. Bei dieser Konferenz muß wohl die Entscheidung gefallen sein, daß man dem amerikanischen Volk und der Welt die Wahrheit über das, was an diesem Tag tatsächlich geschehen war, nicht zumuten könne. Wenn die Wahrheit zu schrecklich oder zu wichtig ist, dann, so hatte es Winston Churchill formuliert, muß sie von einer „Leibwache aus Lügen" gedeckt und verdeckt werden. LaRouche hat ein gewisses Verständnis dafür zum Ausdruck gebracht, warum Präsident Bush und seine Berater sich auf die Lüge aus Staatsräson — „Es war Bin Laden" — festgelegt haben und Bush dies in einer Fernsehansprache am Abend des 1 1 . September sozusagen offiziell verkündete. Auch die russische Führung unter Präsident Putin und andere Regierungen, die über die wirklichen Ereignisse Bescheid wissen, haben dies — bislang — akzeptiert. Dennoch beharrt LaRouche darauf, daß die offizielle „Cover-Story" zum 1 1 . September zu verhängnisvollen Konsequenzen führen müsse und letztlich mehr und schwerere Probleme schaffe, als sie angeblich verhindert. LaRouche hat konsequent und gegen massivsten Widerstand darauf beharrt, daß es zur Wahrheit keine Alternative gibt und dies in seinem Aufsatz in dieser EIRN/A-Studie ausgeführt. Auch wenn LaRouche mit dieser Position ziemlich einsam auf weiter Flur stand (und bis heute steht), so haben sich doch auf der internationalen Bühne immer mehr Stimmen erhoben, die die „Bin-Laden-war-es"Verschwörungstheorie in Frage stellen. Man muß hier hinzufügen, daß diese Verschwörungstheorie in der nichtöffentlichen Diskussion unter Kennern der Weltpolitik zusehends nicht nur angezweifelt, sondern als Unsinn betrachtet wird. Wir wollen im folgenden skizzieren, wie seit dem 1 1 . September auch öffentlich die offizielle „Cover-Story" angezweifelt und demontiert worden ist, und dies, obgleich die amerikanische Regierung und weitgehend gleichgeschaltete Medien immer neue „endgültige Beweise" — abstruse Selbstbezichtigungsvideos, angebliche Täter und ihre Helfershelfer sowie dubiose Dokumente — präsentiert haben. Ja, man könnte sagen, daß je hektischer die „Leibwache von Lügen" in Aktion tritt, desto deutlicher offenbaren sich Widersprüche und Ungereimtheiten in der offiziellen Version der Ereignisse des 1 1 . September. 11 Ein Deutscher tanzt aus der Reihe Rund vier Monate nach dem 1 1 . September und nach drei Monaten Krieg in Afghanistan wurden auch in Deutschland in der „Mauer der Desinformation", die von Regierungen und Medien aufgebaut wurde, um die tatsächlichen Hintergründe der Anschläge von Washington und New York zu vertuschen, Risse sichtbar. In einem ganzseitigen Interview mit dem Berliner Tagesspiegel, das am 1 3 . Januar 2002 veröffentlicht wurde, warf Andreas von Bülow Fragen zum 1 1 . September auf, die zuvor nur von LaRouche thematisiert worden waren. Von Bülow gab keine definitiven Antworten, aber er machte in aller Schärfe klar, daß die offizielle „Es-WarBin-Laden"-Verschwörungstheorie unhaltbar sei. Der 64jährige von Bülow weiß, wovon er spricht. Er war Staatssekretär im Verteidigungsministerium (19761980) und Forschungsminister (1980-1982). Er saß 25 Jahre im Bundestag, wo er der Parlamentarischen Kontrollkommission für die Geheimdienste angehörte und den „Schalck-Golodkowski-Untersuchungsausschuß" leitete. Gleich zu Beginn des Interviews sagte von Bülow, ihn rege vor allem auf, daß bezüglich des 1 1 . September „viele Fragen nicht gestellt werden," aber die politische Öffentlichkeit gezielt in eine Sicht der Ereignisse gedrängt werde, die er für völlig falsch halte. Zunächst einmal seien viele Fragen zum 1 1 . September offen: Warum wurden die 26 amerikanischen Geheimdienste mit ihren immensen Budgets von den Anschlägen völlig überrascht? Warum blieben die Abfangjäger der amerikanischen Luftwaffe die entscheidenden 60 Minuten am Boden? Wie konnte das FBI dann aber eine Liste mit den angeblichen Selbstmordattentätern nach nur 48 Stunden präsentieren? „Wenn dieser Atta der entscheidende Mann bei der Aktion war, so ist es doch seltsam, daß er das Risiko eingegangen ist, äußerst knapp vorher erst mit einem anderen Flugzeug nach Boston zu fliegen. Hätte diese Maschine nur ein paar Minuten Verspätung gehabt, wäre er nicht im Flugzeug gewesen, das entführt worden ist. Warum sollte ein raffinierter Attentäter das tun? Man kann bei CNN übrigens nachlesen, daß keiner dieser Namen [der angeblichen islamischen SelbstmordTerroristen] auf der offiziellen Passagierlisten stand. Keiner hat eines der vier Check-in-Verfahren durchlaufen." Zu all den Fragen und Widersprüchen über den 1 1 . September erfahre man weder von offizieller Seite noch über die Medien etwas, monierte von Bülow, statt dessen sei viel Propaganda in Gang gesetzt worden: „Mit Hilfe der entsetzlichen Massenanschläge sind die westlichen Massendemokratien einer Gehirnwäsche unterzogen worden." Von Bülow weiter: „Die Planung der Attentate war eine technische wie organisatorische Meisterleistung... Das ist ohne langjährigen Rückhalt aus den geheimen Apparaten von Staat und Industrie undenkbar." Vor diesem Hintergrund habe er bezüglich des 1 1 . September große Schwierigkeiten damit zu glauben, „daß das alles ein einzelner böser Mann in seiner Höhle ausgeheckt hat". Wieso wurden in einer ansonsten hochprofessionell geplanten und durchgeführten Operation von den angeblichen Attentätern „Spuren wie eine trampelnde Elefantenherde hinterlassen?", fragt von Bülow. Die Spurenlegung „wie bei einer Schnitzeljagd" verfolge einen offensichtlichen Zweck: Den Islam als Feindbild aufzubauen. An die Stelle des früheren Feindbildes Kommunismus seien die „Selbstmordattentäter des Islam" gesetzt worden. Die Idee mit dem neuen Feindbild Islam komme „von Zbigniew Brzezinski und Samuel Huntington, zwei Vordenkern amerikanischer Geheimdienst- und Außenpolitik", sagte von Bülow. „Schon Mitte der neunziger Jahre meinte Huntington, die Menschen in Europa und den USA brauchten jemanden, den sie hassen könnten — das stärke die Identifikation mit der eigenen Gesellschaft. Und Brzezinski, der verrückte Hund, warb schon als Berater von Präsident jimmy Carter für das alleinige Zugriffsrecht der USA auf alle Rohstoffe der Welt, vor allem Öl und Gas." Auf den Einwurf, er klinge ja wie ein „Verschwörungstheoretiker", antwortete von Bülow: „Ja, ja. Das ist der Spott derer, die gerne der amtlich verlautbarten Linie folgen." Wenn man ihm Antiamerikanismus unterstelle, so sage er: „Ich bin ein großer Verehrer dieser großen, freien Gesellschaft und war das schon immer. Ich habe in den USA studiert." Von Bülow sagte, durch seine Arbeit im Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zum Komplex Schalck-Golodkowski habe er Anfang der 90er Jahre viel über Arbeitsmethoden von Geheimdiensten dazugelernt. Geheimdienste seien zwar sinnvoll zur Nachrichtenbeschaffung, aber da habe sich ein großes Problem mit den verdeckten Operationen von Geheimdiensten in Ost wie West entwickelt, wobei „abseits jedes Völkerrechtes" Aufstände und terroristische Anschläge inszeniert, Drogen- und Waffenhandel und Geldwäsche betrieben würden. „Da aber auf keinen Fall herauskommen darf, daß ein Geheimdienst dahintersteckt, werden mit großem Aufwand Spuren verwischt. Ich habe den Eindruck, daß derartige Geheimdienste 90 Prozent ihrer Zeit damit verbringen, falsche Fährten zu legen. Damit, wenn irgendeiner die Mittäterschaft der Dienste behauptet, die Krankheit des Verschwörungswahns unterstellt werden kann. Die Wahrheit kommt oft erst Jahrzehnte später raus. Der CIA-Chef Allen Dulles hat mal gesagt: Im Zweifel belüge ich sogar den Kongreß!" Ein prominenter Kampfflieger äußert sich Bereits am 1 5 . September 2001 stellte der ägyptische Präsident Hosni Mubarak in einem Interview mit CNN wichtige Fragen zu den Angriffen in New York und Wa- 12 shington. Mubarak ist ein ehemaliger Kampfflieger und machte auf das große fliegerische Können der Selbstmordpiloten aufmerksam, das nicht durch das Fliegen iner kleiner Sportmaschine oder ein paar Stunden an einem Flugsimulator für Passagierjets erworben werden könne. Das gelte besonders für den Angriff auf das Pentagon, meinte Mubarak. „Die Leute, die das taten, müssen lange Flugerfahrung in dieser Region gehabt haben. Das Pentagon ist nicht sehr hoch. Wenn ein Pilot direkt auf das Pentagon zufliegt, um es zu treffen, muß er in dem Gebiet oft geflogen sein, um zu wissen, auf welche Hindernisse er treffen könnte, wenn er mit einer großen Zivilmaschine an bestimmten Orten sehr tief fliegt... Einige [mutmaßliche Selbstmord-]Piloten haben in Florida trainiert. Viele Leute lernen fliegen und haben einen Pilotenschein, und das soll nun bedeuten, daß sie auch zu einer solchen Terroraktion in der Lage wären? Ich spreche als ehemaliger Pilot, ich kenne diese Dinge sehr gut, ich habe schwere Maschinen geflogen und Kampfflugzeuge. Ich weiß sehr gut, daß etwas derartiges nicht so einfach ist. Deshalb sollten wir jetzt nicht vorschnell Schlüsse ziehen... Erinnern Sie sich an Oklahoma, da hieß es sofort, die Araber seien es gewesen, und es waren nicht die Araber. Wer weiß?" Während des September 2001 sprachen Mitarbeiter von EIRNA mit mehreren Berufspiloten, die darauf hinwiesen, es sei wenig glaubwürdig, daß die Entführer alle Flugzeugbesatzungen überwältigten, ohne daß auch nur ein einziger Pilot die vier Ziffern zur verdeckten Notfallmeldung an die Bundesluftfahrtbehörde (FAA) eintippen konnte. In ein oder zwei Fällen sei dies denkbar, nicht aber in allen vier Fällen. Der ehemalige Kommandeur der israelischen Luftwaffe General Ben Eliahu sagte im israelischen Radio, er glaube, die Piloten seien „Amerikaner und keine Ausländer" gewesen. Dies meinte auch Andrej Kosjakow, ehemaliger Assistent des Vorsitzenden des Geheimdienst-Unterausschusses des Russischen Obersten Sowjets ( 1 9 9 1 - 9 3 ) . Am 1 4 . September sagte Kosjakow gegenüber dem halbamtlichen Online-Dienst strana.ru in Moskau, daß verschiedene Passagiere der entführten Maschinen — darunter ein Berufsjournalist — mit ihren Handys über die Flugzeugentführungen berichteten, aber „kein einziger beschrieb, wie die Entführer aussehen, ihre Akzente, ihre Aussprache; die Anrufer sahen keinen Anlaß, sie in irgendeiner Weise zu charakterisieren... Es drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß sich die Entführer äußerlich in keiner Weise von anderen Passagieren unterschieden... Das stützt die Vermutung, daß die Entführer ,kaukasisch' [wie Amerikaner oder Europäer] aussahen." Der Militärkommentator der israelischen Tageszeitung Ha'aretz wies darauf hin, daß das Versagen der eingespielten Luftsicherheitsprozeduren mehr als merkwürdig sei. Alle vier Flugzeuge wichen stark von ihrer vorgeschriebenen Flugroute ab. Nach den gängigen Vorschriften versucht die FAA, sobald bei einem Flugzeug eine Kursabweichung bemerkt wird, den Piloten zu kontaktieren. Dies gilt um so mehr, wenn auch noch die Transponder abgeschaltet wurden. Gelingt die Kontaktaufnahme nicht, wird für den Luftraum der betroffenen Region der Notfall aktiviert. Mit genauen Prozeduren wird festgestellt, ob das Flugzeug entführt wurde oder außer Kontrolle geraten ist. Weil der Zeitfaktor entscheidend ist, sind diese Prozeduren klar definiert und eingeübt, damit sie schnellstmöglich ausgeführt werden. Neben der Luftraumüberwachung und Flugleitung durch die FAA wird der amerikanische Luftraum auch durch das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando (NORAD) kontrolliert. NORAD behauptete, es habe keine Zeit mehr gehabt zu reagieren — aber das ist unglaubwürdig. Im Korridor Boston-New YorkWashington und seinem Umfeld gibt es Luftwaffenstützpunkte mit Abfangjägern in Alarmstart-Bereitschaft — vor allem im Umkreis Washingtons. Die Frage der verspäteten Reaktion von NORAD ist so schwerwiegend, daß sie am 1 3 . September bei einer Senatsanhörung auch Generalstabschef Myers, der ein Luftwaffengeneral ist, gestellt wurde. Myers antwortete jedoch nur ausweichend. Das Versagen von NORAD ist unmöglich auf Verwirrung in einer unerwarteten Situation zurückzuführen. Es deutet vielmehr viel auf eine gezielte interne SaboDer Spiegel an vorderster Front, wenn es um die Verbreitung der Cover-Story geht: So wie das FBi möchte, daß der 1 1 . September tage der Reaktionsprozeduren bei FAA und von der Welt wahrgenommen wird. NORAD hin. 13 Unabhängige Untersuchung gefordert Die Möglichkeit, daß hinter den Anschlägen vom 1 1 . September eine „inneramerikanische Verschwörung" steht, wurde in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift Israel and Palestine ausführlich behandelt, die von dem israelischen Friedensaktivisten Maxim Ghilan herausgegeben wird. I&P zählte drei mögliche Verschwörungen als Ursache der Angriffe auf: 1 . Arabische Terroristen, vielleicht mit Unterstützung eines antiamerikanischen arabischen Staates wie Irak oder auch Afghanistan. 2. Ein amerikafreundlicher Provokateurstaat wie Israel, der dadurch Amerika und die ganze Welt in einen Kreuzzug gegen den Islam ziehen will. 3. Eine inländische amerikanische rechtsgerichtete Kabale von Militärs und Politikern, die möglicherweise Fanatiker für ihre Zwecke benutzen — ob weiße „Militias" oder Araber. Zur dritten Möglichkeit schrieb I&P: „Eine solche hypothetische Gruppe einflußreicher amerikanischer Verschwörer fände sich möglicherweise unter den christlichen Fundamentalisten in den Südstaaten. Ihr protestantischer Flügel ist jetzt ein fester Bestandteil der Regierung Bush. Ihr Einfluß im Repräsentantenhaus und Senat ist erheblich. Ihr katholisches fundamentalistisches Gegenstück ist nicht weniger einflußreich in und um Washington, in CIA, FBI und [der Drogenbekämpfungsbehörde] DEA oder in der Finanzwelt. Auch der äußerste Rand der reichen und extremen Zionisten, darunter jene jüdischen Geldleute, die Ariel Scharon unterstützen, sollte als verdächtig gelten. Tatsächlich müßte eine solche Verschwörung, falls sie existiert, beinahe obligatorisch Verbindungen zur extremsten fanatischen Minderheit in Israels Armee- und Geheimdienstestablishment haben, die freundschaftliche Beziehungen zu ihrem christlichen Gegenstück in den USA unterhält." Es gebe Kreise in den USA, heißt es weiter, die an einem dramatischen Kurswechsel der Regierung — mit oder ohne Präsident Bush — interessiert seien: „Eine relativ kleine Anzahl von Personen im militärisch-industriellen Komplex oder an dessen Rande mußte feststellen, daß sie immer mehr an Einfluß auf die Präsidentschaft verloren. Sie sind auch wütend über Bushs ,Schwäche'. Der neue Krieg gegen den Terrorismus wird diesen Netzwerken unerwarteten Einfluß und saftige Budgets bescheren. Die stockende US-Wirtschaft wird profitieren, die Arbeitslosigkeit sinken." Insbesondere die Rüstungsindustrie werde ihre Produktion steigern. Weiter heißt es: „Man wird an die Geheimdienste und das Pentagon generös Gelder verteilen, rasende ,HauDrauf-Berater' und kriegslüsterne Offizielle wie Paul Wolfowitz werden an Einfluß gewinnen, ultrakonservative und fundamentalistische Denkfabriken und andere Nebenschauplätze der Rechten werden florieren." Notwendig sei „eine unabhängige Untersuchung der Möglichkeit eines inländischen Terrorismus", schrieb I&P. „Unabhängige und offizielle Ermittler täten gut daran, sich als erstes die Frage zu stellen, welche amerikanischen Piloten an den Flugzeugentführungen beteiligt gewesen sein könnten. Listen von Golfkriegsveteranen mit Verbindungen zu den ,Milizen' sollten besonders unter die Lupe genommen werden." Natürlich beginne alles mit der klassischen Frage: „Wer profitiert von dem Verbrechen?" Man solle in Kreisen von Regierung, Politik, Wirtschaft, Bankenwelt und Geheimdiensten nach Spuren einer möglichen Verschwörung suchen, ebenso im Umfeld der „Milizen" und arabischer Terroristen. Auch die „fanatischsten Ultrazionisten" sollten untersucht werden. Am Schluß heißt es: „Niemand darf von den Ermittlungen ausgenommen werden." Brisante Enthüllungen aus dem französischen Geheimdienstmilieu Am 3 1 . Oktober veröffentlichte die französische Zeitung Le Figaro auf der Titelseite einen Artikel, der besagte, daß Osama Bin Laden noch im Juli 2001 im Amerikanischen Krankenhaus in Dubai behandelt und dort von einem US-Geheimdienstler besucht worden sei. Es besteht kein Zweifel daran, daß Le Figaro die dem Artikel zugrundeliegenden Informationen von hochrangigen politischen und nachrichtendienstlichen Kreisen in Frankreich zugespielt wurden. Diese Enthüllungen sind sicherlich nicht die „letzte Wahrheit", vor allem angesichts der Tatsache, daß Elemente von AI Qaida oder ähnlichen Gruppen, soweit sie überhaupt beteiligt waren, nur dekorative Randfiguren des Putschversuchs vom 1 1 . September waren. Das mindert aber nicht die Bedeutung der Tatsache, daß die eklatanten Widersprüche der offiziellen „Bin-LadenWar-Es"-Cover-Story aufgezeigt wurden. Unter der Überschrift Juli 2 0 0 1 : Bin Laden trifft CIA in Dubai" heißt es im Figaro, Bin Laden sei am 4. Juli vom pakistanischen Quetta aus in Dubai eingetroffen und direkt in das Amerikanische Krankenhaus Rebracht 14 worden, begleitet „von seinem Leibarzt und treuen Gefolgsmann — möglicherweise dem Ägypter Ayman Zawahiri —, vier Leibwächtern sowie einer algerischen Krankenschwester". Dort hätten ihn nicht nur Familienangehörige besucht, sondern auch der „örtliche CIAMann". Letzterer wurde am nächsten Tag vom regierungskontrollierten französischen Radiosender Radio France International als Larry Mitchell identifiziert. Laut RFI besuchte Mitchell Bin Laden am 1 2 . Juli und flog am 1 5. Juli, einen Tag nach Bin Ladens Abreise, in die USA zurück. Nicht gerade überraschend dementierte das CIA-Hauptquartier die Berichte von Le Figaro und RFI kategorisch, was sie keineswegs weniger glaubwürdig macht. Le Figaro berichtete weiter: „ 1 5 Tage später verhaftete der Grenzschutz der Vereinigten Arabischen Emirate am Flughafen Dubai einen franko-algerischen islamischen Aktivisten namens Dschamel Beghal. Die französischen und amerikanischen Behörden wurden alarmiert. In Dubai verhört, sagte Beghal aus, er sei Ende 2000 von Abu Zoubeida — einer Führungsfigur in Bin Ladens AI-Qaida-Organisation — nach Afghanistan gerufen worden. Beghals Mission: die amerikanische Botschaft in Paris in die Luft zu sprengen." Unter Berufung auf arabische Diplomaten und französische Nachrichtendienste heißt es weiter, Frankreich habe sehr präzise Informationen über terroristische Anschlagspläne an die CIA weitergegeben. „Im August wurde in der US-Botschaft in Paris eine Krisensitzung mit dem [französischen Auslandsgeheimdienst] DSGE und den höchsten Vertretern amerikanischer Geheimdienste einberufen. Äußerst beunruhigt forderten letztere von ihren französischen Kollegen sehr präzise Informationen über den algerischen Aktivisten, ohne jedoch den Zweck ihres fordernden Interesses zu erklären. Als man fragte: ,Was befürchten Sie in den kommenden Tagen?', antworteten sie [die US-Geheimdienstler] mit einem unverständlichen Schweigen." Weit brisanter als die Enthüllungen in Le Figaro und RFI sind die, die seit September in dem französischen Nachrichtenbrief Reseau Voltaire veröffentlicht wurden, denn sie stoßen zum Kern der Ereignisse: Hinter den Angriffen vom 1 1 . September steht eine „Dissidentenfraktion im amerikanischen Militär". Reseau Voltaire ist „linksliberal" ausgerichtet und steht vermutlich der in französischen Regierungskreisen sehr einflußreichen „Grand-Orient"-Loge nahe. Reseau Voltaire, der zweimal in Monat erscheint, wird häufig von französischen Geheimdiensten und Polizeibehörden benutzt, um sensitive Informationen „durchsickern" zu lassen. In seinen September-Ausgaben schrieb Reseau Voltaire: „Am 11.9.2001 zögerte George W. Bush den ganzen Tag lang, ob er die Ereignisse als militärischen Putschversuch oder als Angriff ausländischer Terroristen interpretieren sollte... Es erscheint horrend, daß der Präsident der USA sich vorstellen konnte, amerikanische Militärs könnten solche mörderischen Angriffe organisiert haben. Aber 1962 mußte Präsident John F. Kennedy sich einer größeren Verschwörung des Generalstabes stellen, der auf die Rechtfertigung einer Invasion Kubas abzielte." Bis zum Abend des 1 1 . September „dachte kein Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats an terroristische Angriffe, alle dachten, es gehe ein ,Militärputsch' vor sich." Weiter heißt es in Reseau Voltaire: „Zwischen 1 0 Uhr morgens und 20 Uhr abends dachten die amerikanischen Offiziellen nicht, daß die Angriffe die Frucht terroristischer Gruppierungen aus dem Mittleren Osten seien, sondern daß es sich um einen versuchten Militärputsch amerikanischer Extremisten handelte, die fähig wären, einen Nuklearkrieg auszulösen." In seiner Ausgabe vom 27. September veröffentlichte Reseau Voltaire eine detaillierte Chronologie der Ereignisse am 1 1 . September, die von den Recherchen von EIRNA weitestgehend bestätigt sind. Sie wollen es einfach nicht glauben Einer der wenigen Briten, die von Anfang an öffentlich Zweifel an der offiziellen Linie zum 1 1 . September anmeldeten, ist der Nahostexperte Fred Halliday, Professor für Internationale Beziehungen an der London School of Economics. Am Abend des 1 1 . September erklärte er gegenüber der BBC, er suche nach einem inländischen Ursprung der Tat in den USA, ähnlich wie beim Bombenanschlag von Oklahoma City 1 9 9 5 . Halliday betonte damals, es wäre ein Fehler, sich zu stark auf die Bin Laden/lslamisten-Spur zu fixieren. Am 25. November 2001 schrieb Halliday im Londoner Observer, die Welt erlebe nun die „Nachbeben" des 1 1 . September. Trotz des scheinbar reibungslosen Funktionierens der amerikanisch geführten „Koalition gegen den Terrorismus" sei „in einem latenten, aber bisher noch nicht dagewesenen Ausmaß die Konsolidierung einer weltweiten Koalition antiamerikanischer Gefühle" feststellbar. Dies beziehe sich auf die offizielle Version der Geschehnisse am 1 1 . September und die daraus gezogenen Konsequenzen der amerikanischen Regierung — den „Krieg gegen den Terrorismus." Wenn Regierungen „auf den Zug aufspringen, folgt die allgemeine Meinung dem nicht notwendigerweise. Auf der Ebene des Volksempfindens bildet sich ein Gegengewicht heraus, und das nicht nur in der moslemischen Welt. Man denke an die Opposition in großen Teilen Lateinamerikas gegen eine Unterstützung der US-Kampagne, die weitverbreitete Opposition in Ostasien und in dem normalerweise antimuslimischen Indien." Am 23. November 2001 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein ganzseitiger Artikel, der sich darüber beschwerte, daß die „arabische Öffentlichkeit" sich weigere, die offizielle Erklärung der USA und anderer westlicher Regierungen und Medien zum 1 1 . September zu akzeptieren. Der Verfasser, ein gewisser Amr Hamzawy von der Freien Universität Berlin, behauptete, die arabischen Medien und die arabische Öffentlichkeit stürzten sich auf „Verschwörungstheorien", um „vom eigenen Versagen abzulenken". Hamzawy beschreibt einige wirklich groteske (und nicht auf Arabien beschränkte) Verschwörungstheorien und fährt dann fort, in der arabischen Welt sei die Annahme weit verbreitet, „die amerikanischen Geheimdienste hätten die Anschläge vom 1 1 . September selbst geplant und verübt, um ihren längst vorbereiteten Generalangriff auf die arabische und islamische Nation zu rechtfertigen". Als Beispiel für eine solche „Verschwörungstheorie" präsentierte Hamzawy das Editorial der halbamtlichen ägyptischen Zeitung AI Ahram vom 3. November 2001. Der Verfasser Dr. Mustafa Mahmud schrieb dort: „Allmählich wird die Wahrheit sichtbar. Es waren amerikanische Gruppen, welche die Anschläge vom 1 1 . September geplant und verübt haben. Die Milzbrandfälle in den Vereinigten Staaten stellen einen weiteren Beleg dafür dar." Was der Autor dieses Artikels wohlweislich verschweigt, ist die Tatsache, daß die Analyse Lyndon LaRouches über den Putschversuch von Elementen aus dem amerikanischen Militär- und Nachrichtendienstmilieu am 1 1 . September eine massive Resonanz in den — meist regierungskontrollierten — Medien der arabischen und islamischen Welt gefunden hat. Die Berichte 15 Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. November 2001. über LaRouches Analyse und Interviews mit ihm in Radio- und Fernsehsendungen und in den Printmedien sind so zahlreich, daß man sie unmöglich hier aufzählen kann. Die Ablehnung der offiziellen „Bin-Laden-war-es"Version ist ein internationales Phänomen, das in dem Maße zunimmt, wie immer neue „endgültige Beweise" von der amerikanischen Regierung vorgelegt werden — seien es immer neue „Bin-Laden-Videos" oder „Dokumente" aus Höhlen oder zerbombten Hütten in Afghanistan. Gleiches gilt für angebliche „terroristische Planungszentren" in Hamburg, Frankfurt, Kuala Lumpur, Mailand, Paris oder Singapur, von denen die amerikanischen Behörden behaupten, daß dort die Anschläge vom 1 1 . September von „islamistischen Terror-Schläfern" ausgeheckt worden seien. Gerade in Europa gilt, daß das, was an Lippenbe- kenntnissen zum 1 1 . September in der Öffentlichkeit gesagt wird, in eklatantem Gegensatz zu dem steht, was privat gedacht und gesagt wird. Wer in den letzten Monaten mit politischen Persönlichkeiten in Westeuropa über den 1 1 . September gesprochen hat, wird immer wieder und in steigendem Maße feststellen, daß „hinter vorgehaltener Hand" der Analyse LaRouches zugestimmt wird. Der frühere italienische Staatsanwalt Ferdinande Imposimato war auf Terrorismusfälle und ihre Hintergründe spezialisiert, darunter der Fall Moro und das Attentat auf den Papst. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er sagt, „es wäre absurd, LaRouches Hypothese einer Beteiligung inneramerikanischer Kräfte an den Anschlägen des 1 1 . September und die Recherchen von EIRNA zu ignorieren, denn sie beruht auf Tatsachen." Die Folgen der „Lüge aus Staatsräson" Über das, was am 1 1 . September tatsächlich geschah, die Wahrheit zu sagen, ist auch deshalb eine zwingende Notwendigkeit, weil aus der „Lüge aus Staatsräson", die Bin Laden und seine Netzwerke bezichtigt, die Anschläge verübt zu haben, eine Kettenreaktion verheerender weltpolitischer Konsequenzen gefolgt ist. Der „Krieg gegen den Terror" droht mit jedem Tag mehr genau zu jenem „Krieg der Zivilisationen" zu degenerieren, den auszulösen das Ziel der Putschisten des 1 1 . September war. Zugleich droht der „Krieg gegen den Terror" in ein bitteres Zerwürfnis oder Schlimmeres mit Rußland und China zu münden; was ebenfalls das Ziel der Putschisten des 1 1 . September war. Die europäischen Alliierten der Vereinigten Staaten werden zunehmend gezwungen, gegen die amerikanische Regierung Stellung zu beziehen. Dies um so mehr, seit zu Beginn des Jahres 2002 die militärische Kampagne gegen die 16 „Weltoberbösewichter" Bin Laden/AI Qaida/Taliban von den Kriegsdrohungen und -Vorbereitungen gegen die „Achse des Bösen" — Irak, Iran und Nordkorea — abgelöst worden ist. Über die Notwendigkeit des Sturzes des Taliban-Regimes in Afghanistan bestand auch schon vor dem 1 1 . September ein weitgehender Konsens unter den größeren Mächten der Region — Rußland, Indien, China, Iran und die zentralasiatischen Länder. Gestützt wurden die Taliban sowieso nur von Pakistan und Saudi-Arabien — und mindestens bis 1998 von den USA. Die Art und Weise, wie die Bush-Regierung dann den Krieg in Afghanistan geführt hat— und dieser Krieg ist noch nicht vorbei —, hat aber die gesamte Region West-, Zentralund Südasien destabilisiert. Pakistans innere Stabilität ist gegenwärtig mehr gefährdet als jemals zuvor in der 54jährigen Geschich- te seiner staatlichen Existenz. Die Spannungen zwischen Pakistan und Indien sind bis zum Rande eines Finanz- und Sicherheits-Establishment, für die Samuel Huntington, Zbigniew Brzezinski oder Paul Wolfowitz neuen Krieges eskaliert. Die Schaffung langfristig ange- das Sprachrohr bilden. legter amerikanischer Militärbasen in Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan kollidieren mit den Sicherheitsinteressen Rußlands, Chinas und des Irans in Zentralasien. Iran, der konsistenteste Gegner des TalibanRegimes, ist — neben dem Irak — ins Zentrum amerikanischer und israelischer Drohgebärden gerückt. Die offen angedrohten Militäroperationen gegen den Irak Dabei besteht ein eklatanter Gegensatz zwischen der sich täglich verschärfenden systemischen Finanz- und Wirtschaftskrise einerseits und einem tolldreisten, militärisch-politischen Triumphalismus, der ein unipola- dürften zu einer Kettenreaktion in den arabischen Staaten führen, der die meisten arabischen Regierungen zum Opfer fallen dürften. Am gefährlichsten aber ist die Tatsache, daß das Scharon-Regime in Israel den amerikanischen „Krieg gegen den Terror" systematisch für eine dramatische Eskalation seiner Unterdrückungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten ausbeuten kann. Die Bush-Administration verfolgt zunehmend eine Politik des „Ge- währenlassens" gegenüber dem Scharon-Regime, dessen strategisches Ziel nicht nur die Zerschlagung des Osloer Abkommens von 1 9 9 3 und der PalästinenserBehörde unter Jassir Arafat ist, sondern die Vertreibung der Palästinenser und die Schaffung eines „palästinensischen Staates" außerhalb der palästinensischen Gebiete — beispielsweise in Jordanien. Präsident George W. Bushs Bericht zur Lage der Nation am 29. Januar markiert einen weiteren unheilvollen Wandel in der amerikanischen Politik. Der von Bush proklamierte politisch-militärische Feldzug gegen die „Achse des Bösen" bedeutet ein weiteres Abdriften in Richtung auf einen „Krieg der Zivilisationen" — das strategische Ziel der Fraktion im amerikanischen res amerikanisches „Weltimperium" in greifbarer Nähe sieht. Tatsächlich ist das „neue anglo-amerikanische Imperium", während es vermeintlich zum allseits gefürchteten Herren der Welt aufsteigt, finanziell-wirtschaftlich und militärisch hoffnungslos überdehnt. Die Kosten der angedrohten weltweiten Kriege gegen Terroristen, „Achsenmächte" und „Schurkenstaaten" würden selbst einen massiv erhöhten US-Verteidigungshaushalt völlig überfordern. Die US-Wirtschaft verfügt längst nicht mehr über die Reserven an brachliegenden produktiven Kapazitäten und qualifizierten Arbeitskräften, die für solche weltweiten Kriegsaktionen notwendig wären. Nicht zuletzt diese innere Schwäche steckt hinter der strategischen „Flucht nach vorne", deren Ausdruck Huntingtons „Clash of Civilizations" ist. Der Putschversuch am 1 1 . September war von seinen Urhebern als „Auslöser" für einen Weltkrieg der Zivilisationen gedacht. Der Putschversuch scheiterte zunächst, aber seine Vertuschung durch die „Lüge aus Staatsräson" setzte eine Kettenreaktion in Gang, die doch noch dazu führen könnte, daß die Ziele der Putschisten des 1 1 . September erreicht werden. Deshalb müssen wir zum Ausgangspunkt der Kausalkette zurückgehen und die Wahrheit über den 1 1 . September ans Tageslicht bringen. Dazu soll dieser EIRNA-Bericht beitragen. Cheney macht unfreiwillig Enthüllungen über den 1 1 . September. Am 1 5 . Februar hielt US-Vizepräsident Cheney in Washington (D.C.) eine Rede anläßlich der Eröffnung des „Maurice R. Greenberg-Zentrums für Geoökonomische Studien" des Council of Foreign Relations (CFR) — so benannt nach dem Vorstandsvorsitzenden des Versicherungsgiganten American International Group (AIG), gegen den pikanterweise derzeit wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten ermittelt wird. Bei dieser Gelegenheit stieß Cheney nicht nur neue Drohungen gegen die „Achse des Bösen" aus, ihm entfuhren auch gewisse Äußerungen über das, was am 1 1 . September wirklich geschah: ein versuchter Staatsstreich von Elementen innerhalb des USMilitärs und der amerikanischen Geheimdienste. Cheneys Angst vor den wirklichen Tätern der Anschläge vom 1 1 . September zeigte sich in seiner Antwort auf eine Frage von Georgie Anne Geyer vom Universal Press Syndicate. Cheney gab zu, daß die amerikanische Regierung immer noch äußerst besorgt ist über mögliche weitere Anschläge: „Mit der Hauptgrund dafür, daß ich mich oft an nicht genannten Orten aufhalte, ist offenkundig die Notwendigkeit, ein Beisammensein der führenden Mitglieder der US-Regierung bei einer vorhersehbaren Gelegenheit zu vermeiden... Das oberste Gebot für uns lautet dabei, die Kontinuität der Regierung und die Nachfolge des Präsidenten zu sichern, und deshalb... bin ich oft fort und nicht im Weißen Haus, wenn der Präsident dort ist, und umgekehrt." Anders als bisher, sagte Cheney, „mußten wir nun über eine völlig andere Bedrohung nachdenken, wo wir es mit Verschwörungen, wohlorganisierten Gruppen zu tun haben, die möglicherweise auch aus dem Ausland unterstützt werden" — eine Formulierung, die wohl kaum auf AI Qaida oder Osama Bin Laden paßt — „und die beispielsweise so etwas wie die Anschläge vom 1 1 . September organisieren können." Dann fuhr Cheney fort: „Und ich persönlich glaube auch — und ich denke, dies tun viele Leute — daß die Angreifer vom 1 1 . September offensichtlich vorhatten, in Washington viel mehr Schaden anzurichten, als es ihnen gelungen ist, und daß die Leute, die das Flugzeug in Pennsylvania zum Absturz brachten, sehr viel dazu beigetragen haben, einen Anschlag abzuwenden, der weit tödlicher gewesen wäre, wenn die Angreifer ihn hätten zu Ende führen können." Dies ist ein deutlicher Hinweis auf den geplanten Anschlag auf das Weiße Haus, der ungefähr 45 Minuten nach dem Anschlag auf das Pentagon erfolgen sollte. 17 Leicht gekürzte Version einer Chronologie aus dem geheimdienstnahen französischen OnlineNachrichtenbrief Reseau Voltaire vom 27. September 2001. Eine Chronologie der Ereignisse des 1 1 . September Informationsbemerkung von Reseau Voltaire No. 235236, 27.9.01. Zweimal monatlich erscheinender vertraulicher politischer Nachrichtenbrief. Die Darstellung beginnt mit dem Start der Flugzeuge auf verschiedenen Flughäfen, von denen zwei im Abstand von 18 Minuten die Türme des World Trade Centers treffen. 9:22 Uhr: Präsident Bush, der gerade eine Grundschule in Sarasota (Florida) besucht, wird von den Ereignissen unterrichtet. Er spricht am Telefon mit Vizepräsident Dick Cheney, der sich im Weißen Haus aufhält. 9:24 Uhr: Die Flugaufsichtsbehörde (FAA) setzt das North American Aerospace Defense Command (NORAD) über die Entführung von Flug Nr. 77 der American Airlines in Kenntnis. NORAD gibt sofort Befehl an zwei F - 1 6 von der Basis in Langley (Virginia), Sichtkontakt mit Flug 77 herzustellen. Weitere Flugzeuge werden in die Luft gebracht, um Washington zu schützen. 9:26 Uhr: Die FAA verbietet alle Starts von Zivilflugzeugen im gesamten Staatsgebiet. 9:30 Uhr: Die beiden F-16Jagdflugzeuge steigen auf. (Anmerkung: Angesichts der Position der entführten Boeing und der Geschwindigkeit der Flugzeuge werden 1 2 Minuten vergehen müssen, bevor sie abgefangen werden kann.) 9:30 Uhr: Präsident Bush verläßt die Veranstaltung. Er erklärt: „Wir erleben heute eine nationale Tragödie. Zwei Flugzeuge sind in das World Trade Center gestürzt, was anscheinend ein Terrorangriff auf unser Land ist. Ich habe mit dem Vizepräsidenten, dem Gouverneur von New York und dem Direktor des FBI gesprochen, und ich habe Befehl gegeben, alle Bundesbehörden zu mobilisieren, um den Opfern und ihren Familien zu helfen und um eine umfassende Fahndung einzuleiten, um diejenigen aufzuspüren, die das getan haben." 9:32 Uhr: Die Börse in New York wird geschlossen. 9:38 Uhr: AA-Flug 77 stürzt in das Pentagon (laut Verteidigungsministerium). NORAD nennt als Zeitpunkt 9:37 Uhr. 9:45 Uhr: Die FAA schließt den Luftraum der USA und weist die 4873 zivilen Flugzeuge in der Luft an, sofort zu landen. 18 9:45 Uhr: Präsident Bush erteilt den Befehl, jedes verdächtige Flugzeug abzuschießen. 9:47 Uhr: Präsident Bush verläßt Florida an Bord der Air Force One, um nach Washington zurückzukehren. Einige Journalisten erhalten die Erlaubnis, mit an Bord zu gehen. 10:00 Uhr: Der britische Premierminister Tony Blair verläßt rasch einen Gewerkschafts-Kongreß und erklärt: „Dieser Massenterrorismus ist der neue Dämon der heutigen Welt. Er geht von Fanatikern aus, denen menschliches Leben nichts bedeutet, und wir, die Demokratien der Welt, müssen zusammen kämpfen, um diesen Dämon vollständig von dieser Welt zu tilgen." 10:00 Uhr: Der Südturm des World Trade Centers bricht in sich zusammen. 10:03 Uhr: (nach einer Schätzung von NORAD) United Airlines Flug 93 stürzt südlich von Pittsburgh ab. NORAD war über diese Entführung nicht informiert worden. 10:05 Uhr: Die Attentäter melden sich telefonisch beim Secret Service (dem Personenschutz des Präsidenten), um eine Botschaft zu übermitteln, deren Inhalt unbekannt ist. Um ihren Anruf glaubwürdig zu machen, geben sie die Übertragungs- und Erkennungs-Codes von Air Force One und dem Weißen Haus an. Mit der Einschätzung, daß die Sicherheit der Präsidentenmaschine und des Weißen Hauses nicht mehr gewährleistet ist, ordnet der Secret Service die Räumung des Weißen Hauses an und bringt Scharfschützen und Boden-Luft-Raketen in Stellung. Vizepräsident Cheney und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice werden in einen unterirdischen Bunker im Westflügel des Weißen Hauses gebracht. Sie stehen in Telefonkontakt mit Präsident Bush. Zugleich wird Air Force One zu einem unbekannten Ziel umgeleitet, tatsächlich zur Militärbasis Barksdale in Louisiana. Die Journalisten werden angewiesen, ihre Mobiltelefone auszuschalten. Die Präsidentenmaschine wird von F-1 5 und F-1 6 Kampfflugzeugen begleitet. Sie fliegt in niedriger Höhe einen ZickZack-Kurs. Das Kapitol wird geräumt. Die Abgeordneten werden mit Hubschraubern zu einem unterirdischen Atombunker gebracht. 1 0 : 1 0 Uhr: Ein Flügel des Pentagon stürzt ein. 1 0 : 1 3 Uhr: Das Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York wird evakuiert. 10:22 Uhr: Evakuierung des State Department, der Weltbank und des Justizministeriums in Washington. 10:29 Uhr: Der Nordturm des WTC stürzt zusammen. 10:39 Uhr: Die FAA ordnet die Schließung aller Flughäfen an. 10:35 Uhr: Evakuierung aller Bundesgebäude in Washington. 10:46 Uhr: Außenminister Colin Powell, der sich auf einem offiziellen Besuch in Lateinamerika befindet, kehrt in die USA zurück. 10:54 Uhr: Israel schließt seine diplomatischen Einrichtungen weltweit. 10:57 Uhr: New Yorks Gouverneur George Pataki ordnet die Schließung aller Bundesgebäude an. 1 1 : 0 2 Uhr: New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani fordert die Einwohner auf, ihre Häuser nicht zu verlassen, und evakuiert Lower Manhattan. 12:00 Uhr: Die USA schließen ihre Grenze nach Mexiko. 1 2 : 1 5 Uhr: Noch immer sind 50 zivile Flugzeuge im Luftraum der USA unterwegs. 13:04 Uhr: In Radio und Fernsehen wird eine Botschaft Präsident Bushs vom Militärstützpunkt Barksdale übertragen: „Ich stehe im regelmäßigen Kontakt mit dem Vizepräsidenten, dem Verteidigungsminister, dem nationalen Verteidigungsausschuß und meinem Kabinett. Wir haben geeignete Schritte unternommen, um das amerikanische Volk zu schützen. Unsere Armee ist in höchster Alarmbereitschaft, und wir ergreifen die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, um den Fortbestand und die Funktionsfähigkeit unserer Regierung zu gewährleisten. Wir standen mit den Führern des Kongresses und mit Regierungschefs in der Welt in Verbindung, um ihnen zu versichern, daß wir alles Notwendige veranlassen werden, um Amerika und die Amerikaner zu schützen ... Die Entschlossenheit unserer großen Nation wird geprüft. Lassen Sie sich nicht täuschen. Wir werden der Welt zeigen, daß wir diese Prüfung bestehen werden." Entgegen dem Eindruck dieser Erklärung hatte Präsident Bush keinen direkten Kontakt zu Präsident Wladimir Putin, der verzweifelt versuchte, ihn zu erreichen. Bush zweifelt nicht daran, daß die Russen mit diesem Angriff nichts zu tun haben, und hält es nicht für nötig, ihnen das zu versichern. Außerdem spricht Bush in dieser Fernsehrede nicht mehr von Terrorismus. 13:44 Uhr: Verteidigungsminister Rumsfeld befiehlt den Einsatz der Flotte und den Start von AWACs-Flugzeugen, um New York und Washington zu schützen. Zwei Flugzeugträger, fünf Kreuzer und zwei Zerstörer werden in Marsch gesetzt. 13:47 Uhr: Präsident Bush fliegt mit der Air Force One vom Stützpunkt Barksdale nach Offutt (Nebraska). 13:50 Uhr: Dulles Airport wird geschlossen. Der Washingtoner Bürgermeister Anthony Williams ruft im District of Columbia den Notstand aus. 14:00 Uhr: Kanada schließt seinen Luftraum für internationale Flüge. 15:?? Uhr:/A/r Force One erreicht den Militärstützpunkt Offutt (Nebraska), den Sitz des U.S. Strategie Command (dem die Atomwaffen unterstehen). Da die Angreifer über die Präsidenten-Codes verfügen, will George W. Bush nötigenfalls durch seine persönliche Anwesenheit seine Befehle glaubhaft machen. In einem unterirdischen Bunker hält Bush eine Videokonferenz mit Dick Cheney und Condoleezza Rice ab, die im Bunker des Weißen Hauses sitzen, sowie mit Donald Rumsfeld und dem National Military Joint Intelligence Center des Pentagon. 16:30 Uhr: Präsident Bush verläßt den Stützpunkt Offutt an Bord der Air Force One, um zur Saint Andrew Basis nahe Washington zu fliegen. Die Journalisten bleiben an Bord. 17:00 Uhr: In London leitet Tony Blair eine Sitzung des britischen Krisenkabinetts (Kobra-Komitee). 17:20 Uhr: Gebäude 7 des WTC stürzt ein. 17:30 Uhr An Bord von Air Force One informiert Pressesprecher Ari Fleischer die Reporter. Er berichtet von Bushs Videokonferenz in Offutt und darüber, daß Bush die Unterstützung der Verbündeten sowie Rußlands erhalten habe. Er spricht nicht von Terrorismus. 18:50 Uhr Airforce One landet auf der Saint Andrew Base bei Washington. Bush steigt in einen Helikopter um. 18:54 Uhr: Bush trifft im Weißen Haus ein. Eine Gruppe von Helikoptern der Marines ist unterwegs, um zu verbergen, in welchem Helikopter Bush sitzt. 20:30 Uhr: Präsident Bush spricht zur Nation: „Heute wurde unser Lebensstil, unsere Freiheit von einer Reihe mörderischer und vorsätzlicher Terroranschläge getroffen ... Amerika, unsere Freunde und Verbündeten und alle jene, die Frieden und Sicherheit in der Welt wünschen, werden zusammenstehen, um den Krieg gegen den Terror zu gewinnen." In dieser Rede taucht die Einschätzung „Terrorangriff" wieder auf, welchen Bush mehrmals als „dämonisch" bezeichnet. Es ist nun nicht mehr eine Frage, die Verantwortlichen für diesen besonderen Terrorangriff zur Verantwortung zu ziehen, sondern einen allgemeinen Krieg gegen den Terrorismus zu führen. Präsident Bush übernimmt die am Morgen von Tony Blair gegebene Erklärung als seine eigene. 20:35 Uhr: Präsident Bush trifft sich mit dem Nationalen Sicherheitsrat. 19 Vortrag bei einem Seminar des Zentrums für Asienstudien an der Universität Kairo am 5. Dezember 2001. Eine „Autopsie" des 1 1 . September Dr. Mahmoud Khalaf hielt den folgenden Vortrag mit dem Titel „Wer beging die Angriffe vom 1 1 . September und warum?" am 5. Dezember 2001 im Rahmen eines Seminars des Zentrums für Asienstudien der Universität Kairo. Auf dem Treffen, das vom Direktor des Zentrums Prof. Mohammed Selim geleitet wurde, stellte Muriel Mirak-Weißbach von der EIR-Nachrichtenagentur auch Lyndon LaRouches Analyse des 1 1 . September vor. Dr. Khalaf ist strategischer Analyst, Generalmajor (a.D.), Fellow der Nasser-Militärakademie, Mitglied des Londoner Royal College of Defense Studies (RCDS) sowie Ehrenmitglied der Association of the United States Army in Fort Benning, Georgia. Er hat an Trainingskursen der US-Armee in den USA und in Deutschland teilgenommen. Die Rede wurde aus dem arabischen Original übertragen. D er Vortrag von Frau Mirak, den ich gerade gehört habe, war sehr anregend, weil er viele Fragen des Gesamtkomplexes der Entwicklung vom 1 1 . September bis heute beantwortet hat. Ich möchte Ihnen nun einen wichtigen Teilaspekt darlegen: den Aspekt der militärstrategischen Analyse. Die militärstrategische Analyse besteht nicht in Vorhersagen und Spekulationen, sondern ist ein selbständiger Zweig innerhalb der strategischen Wissenschaft. Sie hat ganz und gar ihre eigenen Gesetze, ähnlich post mortemUntersuchungen, wobei man mit einer Autopsie eine genaue Todesursache feststellen kann. Ich selbst habe 20 Jahre bei Sonderkommandos gearbeitet und ein tiefes Verständnis dieses Gebiets erlangt. Wer diese Operation analysiert, stellt fest, daß sie sehr kompliziert und schwierig ist, wenn man sie als Ganzes überschaut. Ich möchte es Ihnen in aller Kürze erklären... Das „Planungsorgan" Erstens sind wir mit einer technischen Operation extrem großen Ausmaßes konfrontiert. Man muß davon ausgehen, daß das Planungsorgan dieser Operation mindestens hundert spezialisierte Techniker umfaßte, die mindestens ein Jahr Planungsarbeit leisten mußten. Jedes Stadium dieser Operation hatte viele Details, jedes einzelne technische Detail erforderte besondere Maßnahmen, und jedes dieser technischen Details erforderte Ablenkungs- und Verschleierungsmaßnahmen gegen die zehn spezialisierten Organe in den USA, die in ihrer Gesamtheit als intelligence community oder „die Dienste" bekannt sind. Ich will nicht CIA sagen, sondern lieber DIA, was für Defence Intelligence Agency steht. Die DIA hat hochqualifizierte technische Fähigkeiten — ich will nicht übertreiben, aber man könnte fast sagen, daß sie jeden Quadratmeter dieses Planeten rund um die Uhr audio-visuell überwachen kann. Dann gibt es die National Security Agency. Unsere Frage ist: Wie ist es möglich, daß die Dienste, die einen Exekutivbefehl von Präsident Clinton und später ein OK von Präsident Bush hatten, diese Gruppe [AI Qaida] ständig zu überwachen, nichts wußten? Wie sollte diese Gruppe zwei Jahre lang direkt vor ihrer Nase eine derartige Operation planen? Ich stimme meiner Vorrednerin Frau Mirak zu, daß es eine Unterwanderungsoperation gab. Bisher fiel es mir schwer, das auszusprechen. Ja, es hat eine Unterwanderung des Sicherheitssystems und der US-Armee gegeben, und ich werde das erklären. Wir werden einige Fragen aufwerfen und versuchen, diese möglichst kurz zu beantworten. Ausschalten von NORAD Die erste Frage ist das nordamerikanische Luftraum-Verteidigungssystem NORAD (North American Aerospace Defense Command). Es ist ein sehr entwickeltes System und sollte jedes Flugzeug erkennen, sobald es vom Boden abhebt. Selbst wenn in Rußland die Räder eines Flugzeugs von einer Startbahn abheben, weiß das dieses System. Jetzt sind also die [entführten] Maschinen in der Luft. Dr. Selim hat vorhin gesagt, die Piloten hätten keinen Notruf abgesetzt. Das ist nicht ganz richtig. Ein Pilot hat die Federa Aviation Administration (FAA, zivile Flugüberwachung) alarmiert. Er kontaktierte die FAA 20 und informierte sie, daß die Maschine entführt sei, und dann wurde NORAD informiert. Doch die Sache ist ungewöhnlich. Die Luftwaffenbasis Andrews [direkt bei Washington] hat ihr eigenes Abwehrsystem, bestehend aus zwei Kampfflugzeugen, die innerhalb von 2-3 Minuten in der Luft sein können. Die Staffel in Andrews hat den Alarm im selben Moment erhalten, aber die Flugzeuge blieben am Boden. Dieses Thema ist sofort verschwunden, niemand sprach darüber. Das ist bemerkenswert. Dies beantwortet die Frage, warum Präsident Bush zehn Stunden lang nicht nach Washington gelan- gen konnte. Es bedeutet natürlich, daß in dieser Zeit enorme Sicherheitslücken bestanden. Keiner im Weißen Haus konnte ihn [Bush] vor 7 Uhr abends erreichen. Es gab außerordentliche Vorbehalte. Betrachten wir nun das Navigationssystem, damit Sie sehen, wie schwierig die Operation war. Jedes kleine Land hat ein Radarsystem, das Radarstrahlen aussendet, und wenn das Signal auf ein Flugzeug trifft, wird es zur Radaranlage zurückgeworfen und erscheint auf dem Bildschirm. In den USA gibt es Tausende von Flügen. Das Radarsystem ist „außen". In den USA macht man es deshalb anders. Bildlich gesagt: Es ist nicht sinnvoll, den ganzen Berg auszuleuchten, deshalb gibt man jedem eine Lampe mit, damit er sich zurechtfindet. Jedes Flugzeug hat einen eingebauten Transponder. Dieser funktioniert automatisch und führt andere ins Ziel. Sobald sich das Flugzeug einem Flughafen nähert, erhält es den Zeitplan. Der Pilot kennt genau seinen Platz, er folgt den Anweisungen und landet. An diesem Punkt gibt es ein Rätsel. Es betrifft das erste Flugzeug A A 1 1 . Ich wurde auf etwas aufmerksam. Die Abflugzeit aller vier Maschinen lag im Zeitintervall von 7:58 bis 8:10. Zusammengenommen waren sie 1 3 2 Minuten in der Luft. Das erste Flugzeug startete um 7:59 und traf den Turm des WTC um 8:45. Der Flug dauerte 46 Minuten. Es machte ein Manöver, flog vorwärts, machte dann eine Kehrtwende und traf in der 46. Minute den Turm. Wir wollen diese 46 Minuten mitrechnen. Das Alter der angeblichen Entführer dieses Fluges, die auf der veröffentlichten Liste standen, liegt zwischen 22 und 32 Jahren. Selbst wenn man das Alter von allen zusammenzählt, wäre das nicht lange genug für das hierfür nötige Training. Er [der Pilot/Entführer] schaltet an Bord einer Boeing 767 den Transponder ab und findet ins Ziel, nur durch Satellitennavigation, über 46 Minuten?! Wann übernahm er die Kontrolle über die Maschine? Wie konnte er alles abschalten und trotzdem weiterfliegen? Er hat natürlich alles abgeschaltet, Transponder usw., weil er damit rechnete, daß die Luftverteidigung ihn verfolgen würde. Er schaltete es ab und machte sein Flugmanöver. Diese Entführer müssen viel über die Luftverteidigung gewußt haben, bis ins Detail, z.B. daß die US-Luftwaffe und die Lauftraumüberwachung noch nie geübt haben, was man mit entführten Zivilflugzeugen tut. Da ist eine zweite Frage. Das hohe Niveau der Operation paßt nicht mit dem Niveau der präsentierten „Spuren" zusammen. Wenn ein Polizist an den Ort eines Verbrechens kommt, sucht er gewöhnlich nach Spuren und Beweismitteln. Der Täter hat eine Fensterscheibe eingeschlagen, etwas gestohlen o.a. Aber bei dieser Operation paßt die Perfektion, mit der die Flugzeuge geflogen wurden, nicht mit den Spuren zusammen — z.B. daß im Auto ein Handbuch „Wie fliege ich ein Flugzeug" liegenbleibt. Das „Targetting" Eine weitere Frage ist das „targetting", die Zielauswahl. Das Auswählen der Angriffsziele ist eine Wissenschaft für sich. Es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Theoretisch gibt es natürlich unzählige mögliche Angriffsziele. Aber die Fähigkeit, Ziele anzugreifen, ist beschränkt. Manchmal ist nur ein einziger Angriff möglich. Oder man muß feststellen, welches Ziel Priorität hat und als erstes angegriffen wird, welches als zweites 21 usw. Auch spielt es eine Rolle, ob das Ziel in der Luft ist, auf dem Meer oder unter der Erde oder ein Satellit im Weltraum. Militärisch ausgedrückt: Die Wahl des Zeitpunkts für den Angriff auf jedes einzelne Ziel muß viele Faktoren berücksichtigen. Einer davon ist die sog. „Zieleskalation" (farget escalation). Die Aufgabe der Zielauswahl muß also von jemandem ausgeführt werden, der ein hochrangiger militärischer Experte ist. Dieser Experte würde sich fragen: „Was greife ich an? Womit? Und wann?" An der zeitlichen Abfolge der Anschläge ist etwas sehr ungewöhnlich. Bei der Analyse der Flüge A A 1 1 und UA1 75 stellen wir fest: Das erste Flugzeug traf den ersten WTC-Turm nach 46 Minuten. Das zweite Flugzeug traf den zweiten Turm nach 67 Minuten, 20 Minuten später. Warum? Warum hat es 20 Minuten gewartet? Es gibt eine wissenschaftliche Antwort. Das eine ist das Konzept der Schadensverstärkung (escalation of strikes). Das heißt, jemand beobachtet und registriert: Wo traf der erste Schlag, und wo soll der zweite treffen. Das andere ist die zeitliche Verzögerung. Nach dem ersten Schlag warten sie einige Zeit, bis eilig die Rettungsmannschaften herankommen, und wenn alle Sanitäter und Feuerwehrleute mit ihrer Ausrüstung da sind, schlagen die Angreifer zum zweitenmal zu. So ist es an diesem Tag in New York gewesen. Die Feuerwehren und Rettungsmannschaften gingen in das WTC, dann stürzten die Türme ein, die Rettungskapazitäten waren verloren, und damit stieg die Zahl der Opfer. Beim dritten Ziel [dem Pentagon] ist sehr interessant, daß Flug AA77 um 8:10 Uhr vom Flughafen Dulles bei Washington abhob, aber erst um 9:43 einschlug. Der Flughafen Dulles ist höchstens zehn Flugminuten vom Pentagon entfernt. Statt dessen flogen sie aber erst nach Westen und drehten dann um. Warum wählten sie als Zeitpunkt 9:43 Uhr? Warum die Verzögerung? Und warum erst 45 Minuten nach dem zweiten Schlag? Weil sich bis dann besonders fähige Kommandeure dort versammelt hätten. Deshalb wurde der Hubschrauber-Landepiatz des Pentagon angegriffen. Sie stellten sich vor, daß es eine solche Versammlung der Kommandeure zur militärischen Lagebeurteilung geben würde. Sie wollten den Landeplatz treffen. Wer bei die- sem Treffen anwesend sein würde, ist eine andere Frage. Es war eine taktische Maßnahme, die durchgeführt wurde. Sie gingen davon aus, daß [Verteidigungsminister] Rumsfeld und seine Gruppe sich eilig versammeln würden und ein Hubschrauber am Pentagon ankäme, deswegen sollte genau zu diesem Zeitpunkt der Hubschrauber-Landeplatz getroffen werden. Sie griffen nicht sofort nach dem Start des Flugzeugs an. Das Ziel war sehr sorgfältig studiert. Tatsächlich ist ja auch das Flugzeug auf den Hubschauberlandeplatz gestürzt. Es war zeitlich genau abgestimmt... Dann war der nächste Schlag geplant, dabei ging es um das vierte Flugzeug (Flug UA93). Es stürzte um 1 0 : 1 0 Uhr bei Pittsburgh ab. Es flog erst den ganzen Weg nach Cleveland und drehte dann um. So zu fliegen, ist nicht einfach. Sie schalteten alle Navigationsinstrumente aus und flogen nur mit der Satellitennavigation weiter. Dabei flogen sie diese lange Zeit und drehten dann um. Es war geplant, daß das Flugzeug um 10:30 das Weiße Haus treffen sollte. Es flog um 8:01 ab. Zweieinhalb Stunden — warum diese Verzögerung? Weil der Präsident noch nicht im Weißen Haus war und sie abwarten mußten, bis er und seine Berater dort eintreffen würden. Welcher Flugzeugentführer würde so denken? Es war geplant, um 10:30 zuzuschlagen. Schock im Weißen Haus Betrachten wir nun von dieser Perspektive ausgehend die Lage im Weißen Haus. Natürlich weiß die Führung in Amerika alle diese Dinge sehr, sehr genau. Sie haben sehr wohl verstanden, was da ablief. Die Folge war ein großer Schock... Wo war Präsident Bush an diesem Tag? Er verließ Florida und flog zur Luftwaffenbasis Barksdale in Louisiana, er versetzte um 1 3:04 die US-Streitkräf- 22 te weltweit in Alarmzustand, dann flog er zur Luftwaffenbasis Offutt in Nebraska. Es dauerte sehr lange, bis der Präsident, von drei Kampfjets eskortiert, wieder nach Washington zurückkehrte und am Weißen Haus eintraf (um 18:54) und um 20:30 seine Ansprache an die Nation hielt. Warum blieb der Präsident all diese Zeit Washington fern? Es gab offensichtlich im System viel Konfusion, und die Kampfflugzeuge kamen von der Basis in Langley, etwa 250 km südlich von Washington. In dem Stadium, als diese Flugzeuge bereit und in der Luft waren und nach Washington kamen, war natürlich alles schon vorüber und vorbei. Das sind die Details, die ich zu diesem rätselhaften Element nennen wollte. „Ein völliges Mißverhältnis" Nun kommt die große Frage nach der Vorbereitung und Ausbildung der Personen, die einen solchen Plan abverfolgen und ausführen können. Wann wurden sie ausgewählt? Wann wurden sie trainiert? Wann haben sie ihre Beobachtungen gemacht, ihre Informationen gesammelt und ihre Probeläufe durchgeführt? Was die Geheimdienste betrifft— Ich glaube, die USDienste, die derzeit jährlich etwa 1 5 0 Milliarden Dollar kosten, könnten die entsprechenden Informationen sammeln, sie haben „kritische Kommunikation" und Spezialsatelliten. Jedes „kritische Ereignis" auf der Welt, ob in Tokio oder Kairo, erreicht innerhalb von Minuten mit allen Details den amerikanischen Präsidenten. Es stellt sich hier die Frage: Es besteht ein völliges Mißverhältnis zwischen der Perfektion dieser Operation und den Fähigkeiten Bin Ladens und seiner Anhänger... Wenn Präsident Bush eine Stunde nach seiner Ankunft im Weißen Haus in seiner Rede um 20:30 Uhr sagen konnte: „Es war Bin Laden!" und dem Militär den Einmarsch in Afghanistan befiehlt, dann war vorher schon klar, daß dies bedeutet, daß er Bin Laden und seine Anhänger zu gewaltigen Feinden der USA macht — obwohl diese Leute ein Nichts sind und auch überhaupt nichts vom Islam verstehen. Ich sage nicht, daß dahinter ein Plan steht, denn Planung braucht Zeit. Ich sage aber: Das, was nach dem 1 1 . September geschah, war vor dem 1 1 . September geplant. Alles war vorher vorbereitet. Die USA sollten unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung allerlei mysteriöse Ziele erreichen. Man betrachte, welche Menge an Munition jetzt auf Afghanistan niedergeht. Afghanistan wurde in einen riesigen Übungsplatz verwandelt — man lernt ja schon im ersten Jahr an der Militärschule, daß Flächenbombardements [im Gebirge] zu keinem Ergebnis führen, besonders wenn am Boden keine militärische Infrastruktur vorhanden ist. Afghanistan ist eine Bergregion. Dieses Bombardement ist unverständlich und völlig unklar. Was geschieht da eigentlich, nach drei Monaten Einsatz der schrecklichen US-Kriegsmaschinerie in Afghanistan, gegen wen? Mögliche Antworten sind, daß neue Waffen wie Neutronenbomben, bunkerbrechende Waffen u.a. ausprobiert werden... Am Ende bleibt die offene Frage: Wer hat die strategische Operation gegen die USA am 1 1 . September geplant und ausgeführt? Kommentar zu den Ausführungen von Dr. Mahmoucl Khalaf VON RALF SCHAUERHAMMER D r. Mahmoud Khalaf betrachtet den Anschlag des 1 1 . September vom Standpunkt einer Zielauswahl nach dem Prinzip der „escalation of strikes", d.h. eines militärtaktischen Vorgehens, bei dem die zeitliche Abfolge der Schläge gegen verschiedene Ziele so abgestimmt wird, daß die Wirkung der nachfolgenden Schläge durch die bereits erfolgten verstärkt wird. Er betrachtet also nicht, wie es in den Medien getan wurde, vier einzelne Flugzeugattacken — wobei man den Blick fast ausschließlich auf das World Trade Center (WTC) lenkte und den wesentlichen Angriff auf das Pentagon fast aus den Augen verlor —, sondern sieht primär die Gesamtheit aller vier Flüge A A 1 1 , UA 1 7 5 , AA77 und UA93, weiche er als einem einheitlichen taktischen Konzept untergeordnet betrachtet. Um den konzeptionellen Unterschied deutlich hervortreten zu lassen, betrachten wir nun, wie die Attacke in beiden unterschiedlichen Fällen ausgesehen hätte, wenn sie völlig erfolgreich im Sinne ihrer Urheber gewesen wäre. Der erste Fall ist der von den Medien dargestellte Angriff von vier individuellen Flugzeugen, von denen jedes für sich alleine versucht, ein vorgegebenes Ziel möglichst schnell und wirkungsvoll zu treffen. Der zweite Fall ist der nach dem Konzept der „escalation of strikes" geführte Gesamtschlag, wie ihn Dr. Khalaf beschreibt. 1 . Vier isolierte Schläge Jedes Team versucht auf möglichst direktem Weg sein Ziel zu erreichen, damit dieses nicht durch NORAD oder den Widerstand der Fluggäste verhindert wird. In der Tat wurde ja im Fall des letzten Flugs UA93 — glaubt man den offiziellen Erklärungen — von Passagieren verhindert, daß dieser sein Ziel erreichte, während die Abwehrleistungen von NORAD zum Erstaunen vieler Fachleute gleich Null war. Die folgende Tabelle stellt dar, was wir entsprechend dieses Konzepts gesehen hätten — nämlich zuerst einen Einschlag im Pentagon und kurz darauf die Treffer im 23 WTC und in das Weiße Haus. All das wäre innerhalb von weniger als einer Stunde abgelaufen. Tabelle 1 Flug Take-off Absturz Flugzeit AA77 08:20 08:35 15 AA11 07:59 08:45 46 (JA 175 08:14 09:02 48 UA93 09:30 48 08:42 Ziel Zeitdifferenz Pentagon WTC (Nordturm) WTC (Südturm) Weißes Haus 0 10 55 Tabelle 2 Abflug Absturz Flugzeit AA 77 AA 1 1 UA 1 7 5 UA 93 08:01 07:59 07:58 08:01 08 08 :45 08 :46 08 :49 15 46 48 48 Ziel Zeitdifferenz Pentagon WTC (Nordturm) WTC (Südturm) Weißes Haus Tabelle 4 Flug Take-off Absturz Flugzeit AA 11 Ziel 27 Noch eindeutiger wird das Bild, wenn wir nicht die Zeit des tatsächlichen „Take-off" zum Ausgangspunkt nehmen, welche die Attentäter nicht im voraus wissen konnten, sondern die planmäßige Abflugzeit der Flüge. Wir erhalten dann ein Bild, wie es sich für die Planung von vier isolierten Anschlägen im Kopf der Attentäter hätte ergeben müssen. Flug obwohl sie wegen der beiden ersten Flüge mit einer höheren Aufmerksamkeit und Alarmierung hätten rechnen müssen. Das Bild wird noch deutlicher, wenn man davon ausgeht, daß alle vier Flüge ihr Ziel tatsächlich erreicht hätten. Das ist in Tabelle 4 dargestellt. 0 29 30 33 Der wesentliche Unterschied gegenüber Tabelle 1 entsteht dadurch, daß Flug UA93 zwar rechtzeitig abgefertigt wurde, dann aber 41 Minuten auf der Rollbahn stand, bevor die Maschine abheben konnte. Das war aber nicht vorauszusehen. Planmäßig wären alle vier Flüge innerhalb von vier Minuten (zwischen 7:58 und 8:01) gestartet. Das hätte, wenn jedes sein Ziel möglichst schnell erreicht hätte, dazu geführt, daß zuerst das Pentagon getroffen worden wäre und genau eine halbe Stunde danach praktisch gleichzeitig beide Türme des WTC und das Weiße Haus. 2. Ein einziger Angriff mit verstärkender Wirkung der Schläge Was wir in Wirklichkeit erlebten, war von ganz anderer Natur als das, was bei Optimierung der einzelnen Flüge zu erwarten war. Das wird deutlich, wenn man die Darstellung der wahren Geschehnisse in Tabelle 3 mit den Tabellen 1 und 2, also den zu erwartenden Resultaten bei Optimierung der einzelnen Flüge, vergleicht. 07:59 08:45 46 U A 1 7 5 08:14 09:02 48 AA77 UA93 08:20 09:38 78 08:42 10:30 108 Zeitdifferenz WTC (Nordturm) WTC (Südturm) Pentagon Weißes Haus 0 17 53 105 (hypothetisch) Während die eingetretenen Ereignisse zum Konzept von vier isolierten Flügen gar nicht passen oder zumindest viele Fragen offen lassen, passen sie sehr gut zu dem von Dr. Khalaf dargestellten Konzept des „eskalierten" Angriffs. Dagegen tritt bei der Betrachtung vom Standpunkt des eskalierten Angriffs eine andere Frage auf, nämlich die des völligen Versagens von NORAD. Konnten die Planer des Anschlags damit rechnen? Wie konnten sie sicher sein, daß die Flüge AA77 und UA93 trotz ihrer erstaunlich langen Flugzeit nicht abgefangen würden? 3. Einige zusätzliche Beobachtungen Wenn man die Daten der Flüge A A 1 1 , UA1 75, AA77 und UA93 vom Standpunkt einer koordinierten Attacke genauer betrachtet, so ergeben sich einige „seltsame Zufälle", die vom Standpunkt isolierter Flüge nicht plausibel sind. 1 . Beim ersten Flug A A 1 1 wurde der Transponder genau zu dem Zeitpunkt ausgeschaltet, als der dritte Flug AA77 von der Landebahn abhob; sieben Minuten später wich A A 1 1 vom planmäßigen Kurs ab. (Der zweite Flug UA1 75 war bereits unterwegs). 2. UA1 75 verließ seine planmäßige Route fünf Minuten, nachdem der erste Flug A A 1 1 im WTC einschlug, verschwendete aber Zeit, indem er um ganz New York City herumkreiste. 3. Der Flug AA77 verließ seine geplante Route eine Minute, bevor UA1 75 ins WTC einschlug. 4. Der Flug UA93 verließ seine geplante Route vier Minuten nach dem Einschlag von AA77 ins Pentagon. Sollten das lauter Zufälle sein? Tabelle 3 Flug Take-off Absturz Flugzeit AA 1 1 07 :59 08:45 UA 1 7 5 08 :14 09:02 AA 77 08 :20 09:38 UA 93 08 :42 10:03 46 48 78 81 Ziel Zeitdifferenz WTC (Nordturm) 0 WTC (Südturm) 17 Pentagon 53 Weißes Haus 78 (Pittsbungh) Schon beim ersten Blick fällt auf, daß die beiden letzten Flüge AA77 und UA93 sehr viel länger brauchten, als zum Erreichen ihres Zieles nötig war — und dies, 24 4. Eine „Leistungsbilanz" von FAA und NORAD Laut offiziell zugänglichen Informationen wurden die folgenden Maßnahmen von der Luftfahrtbehörde FAA und von der Flugsicherheit NORAD ergriffen. 8:38 Das Boston Air Traffic Center informiert NORAD über All. (Der Transponder war zu diesem Zeitpunkt bereits seit 1 8 Minuten abgeschaltet.) 8:43 Die FAA informiert NORAD über U A 1 7 5 . 8:44 NORAD alarmiert die Basis in Otis, Massachusetts, über A A 1 1 . (Die Entfernung dieser Basis von New York ist 3 1 0 km, d.h. 20 Flugminuten für die Abfangjäger.) 8:52 Zwei F - 1 5 A heben von Otis ab (d.h. 1 4 Minuten nach Alarmierung von NORAD). 9 : 1 1 Die beiden F-15A erreichen New York City (26 bzw. 8 Minuten zu spät). 9 : 1 6 Die FAA informiert NORAD über UA93 (der Flug bleibt noch bis 9:39 auf Kurs). 9:25 Die FAA informiert NORAD über AA77 (dessen Transponder ist seit 8:56 abgeschaltet, seit 9:02 ist das Flugzeug nicht mehr auf seinem planmäßigen Kurs). 9:27 NORAD alarmiert den Luftwaffenstützpunkt Langley (die Entfernung nach Washington beträgt 250 km, d.h. 1 4 Flugminuten). 9:35 Drei F - 1 6 heben von Langley ab. Flug N r. A A 1 1 Von: Boston-Log,an International AP/MA Nach: Los Angeles Int. AP/CA 81 Passagiere an Bord: Crew an Bord: 11 Fluglinie: American Arlines Boeing 767-223ER Flugzeugtyp: Registriernummer: N334AA Konstruktionsnr.: 22332 Alter: 1 4 Jahre, 5 Monate Abflugzeit: 07:59 Take-off: 07:59 Transponder abgeschaltet: 08:20(= Take-off AA 77) 08:27 Abweichen vom Kurs: Zeitpunkt des Crashs: 08:45 Oberer Nördlicher Ort des Crashs: Turm des World Trade Center Flug Nr. UA175 Von: Boston-Logan Int. AP/MA Nach: Los Angeles-lnt. AP/CA Passagiere an Bord: 56 Crew an Bord: 9 Fluglinie: United Airlines Typ: Boeing 767-222 Registriernr.: N612UA Konstruktionsnr.: 21873 Alter: 1 8 Jahre, 7 Monate Abflugzeit: 07:58 Take-off: 08:14 Transponder abgeschaltet: ??:?? Abweichen vom Kurs: 08:50 (Crash A A 1 1 + 5Min.) Zeitpunkt des Crashs: 09:03 Ort des Crashs: Mittlerer Südlicher Turm des World Trade Center 9:40 FAA ordnet die Einstellung aller zivilen Flüge an. 9:49 Die drei F - 1 6 erreichen Washington (für das Pentagon um 1 4 Minuten zu spät). Die Aktionen sind kaum nachvollziehbar, wenn man weiß, daß in Europa derartige Alarmstarts normalerweise drei Minuten und maximal fünf Minuten benötigen, und wenn man bedenkt, daß im militärischen Inventar der USA über 3000 Überschallflieger vorhanden sind. Im dem Gebiet, auf dem die Entführungen stattfanden (d.h. dem Dreieck Massachusetts, Lake Erie, Virginia) gibt es über 25 Stützpunkte der U.S. Air Force, Air National Guard und U.S. Navy. Am 1 1 . September waren aber nur zwei Jets 3 1 0 km von New York City entfernt und drei Jets 250 km von Washington entfernt verfügbar. Flug Nr. AA77 Von: Washington-Dulles Int. Los Angeles Int. 58 6 American Airlines Boeing 757-223 N644AA 24602 1 0 Jahre, 5 Monate 08:10 Take-off: 08:20 08:56 Transponder abgeschaltet: Abweichen vom Kurs: 09:02 (Crash UA1 75-1 Min.) Zeitpunkt des Crashs: 09:35 Ort des Crashs: Pentagon-Gebäude, Washington Nach: Passagiere an Bord: Crew an Bord: Fluglinie: Typ: Registriernr.: Konstruktionsnr.: Alter: Abflugzeit: Flug Nr. UA93 Von: New York-Newark Int. New Jersey Nach: San Francisco Int. Kalifornien Passagiere an Bord: 38 Crew an Bord: 7 Fluglinie: United Airlines Typ: Boeing 757-222 Registriernr.: N591UA Konstruktionsnr.: 28142 Alter: 3 Jahre, 9 Monate Abflugzeit: 08:01 Take-off: 08:42 Transponder abgeschaltet: 09:40 Abweichen vom Kurs: 09:39 (Crash AA77+4 Min.) Zeitpunkt des Crashs: 10:29 Ort des Crashs: Bei Shanksville nahe Pittsburgh 25 Im Dezember 2001 strahlte der große amerikanische Fernsehsender Fox mehrere Berichte über die breit angelegten Spionageaktivitäten israelischer Geheimdienste in den USA aus. Israelische Spionagenetzwerke und der 1 1 . September VON ROGER MOORE L yndon LaRouche hat in seiner Analyse des Putschversuchs vom 1 1 . September von Anfang an nicht nur von „verbrecherischen Elementen" im US-Militär und Geheimdienst, sondern auch von einer wahrscheinlichen Beteiligung britischer und israelischer Kreise gesprochen. Ein strategisches Ziel der Angriffe sei gewesen, die amerikanische Regierung in einen Krieg gegen die arabische und islamische Welt hineinzuziehen. Inzwischen liegt offen zutage, daß der israelische Ministerpräsident Scharon und das israelische Militär systematisch auf diesen Krieg hinarbeiten, der zugleich den „Zusammenprall der Zivilisationen" auslösen würde. Vor diesem Hintergrund machte der Fernsehsender Fox, der zum Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch gehört, hochbrisante Enthüllungen über die Tätigkeit israelischer Geheimdienst-Netzwerke in den USA im Vorfeld des 1 1 . September. Am 1 1 . Dezember 2001 brachte Fox News einen ausführlicheren Bericht über diesbezügliche Ermittlungen der US-Behörden, der am 1 2 . und 1 3 . Dezember fortgesetzt wurde. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, daß Fox von amerikanischen Regierungsbehörden diesbezügli- ches Material „zugespielt" wurde. EIR hatte bereits zuvor erfahren, daß amerikanische Ermittlungsbehörden dem Verdacht nachgingen, Scharon habe eigene nachrichtendienstliche Sondereinheiten nach Nordamerika entsandt, die in die Ereignisse des 1 1 . September verwickelt sein könnten. Das Thema kam auf im Zusammenhang der Diskussion über die Ausweisung von fünf Israelis, die am 1 1 . September festgenommen worden waren. Sie hatten sich verdächtig gemacht, als sie vom Dach eines Hauses in Hoboken (New Jersey) beobachteten, wie das World Trade Center auf der anderen Seite des Hudson in Flammen aufging. In der New York Times vom 2 1 . November 2001 wurden die Namen der fünf Männer mit Paul Kurtzberg, Oded Ellner, Omer Gavriel Marmari, Sivan Kurzberg und Yaron Shmuel angegeben. Kurtzberg habe sich „prinzipiell geweigert, etwas über seine Rolle in der israelischen Armee oder spätere Tätigkeiten für Personen mit möglichen Verbindungen zum israelischen Geheimdienst" preiszugeben. Insgesamt wurden mehr als 60 Israelis nach dem 1 1 . September in den USA festgenommen. ,Mutmaßliche israelische Spione in USA festgehalten" Dies ist der Titel des Beitrages in Fox News am 1 1 . Dezember, der von dem Reporter Carl Cameron recherchiert wurde. Darin sagt Cameron: „Etwa 60 Israelis, die nach Angaben von Ermittlern Teil langfristig angelegter Spionageangriffe gegen die amerikanische Regierung sind, zählen zu den Hunderten von Ausländern, die seit den Terrorangriffen des 1 1 . September festgenommen wurden. Die Israelis, von denen eine Handvoll als aktive israelische Militär- oder Geheimdienstagenten gelten, werden aufgrund von Einreiseverstößen bzw. nach dem neuen Antiterrorismusgesetz festgehalten. Ermittler sagten, einige von ihnen hätten den Lügendetektortest nicht bestanden, als sie über mutmaßliche nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen die und in den Vereinigten Staaten verhört wurden. Es gibt keine Hinweise darauf, daß die Israelis in die Angriffe des 1 1 . September verwickelt sind, aber die Ermittler vermuten, daß sie im Vorfeld Informationen über die Angriffe gesammelt und nicht weitergegeben haben könnten. Ein hochgestellter Ermittler sagte Fox News, es gebe Querverbindungen', weigerte sich aber auf Nachfrage strikt, weitere Einzelheiten zu nennen. ,Indizien, die diese Israelis mit dem 9. September in 26 Verbindung bringen, unterliegen der Geheimhaltung. Ich kann Ihnen über die von uns gesammelten Informationen nichts sagen. Sie sind geheim', sagte die Quelle." Fox News berichtete weiter, daß eine kürzlich in North Carolina entdeckte Gruppe von Israelis eine Wohnung in Kalifornien unterhalten haben soll, um eine Gruppe von Arabern auszuspionieren, gegen die USBehörden wegen Terrorismusverbindungen ermitteln. Die israelische Botschaft in Washington dementierte den Fox-Bericht natürlich und bestritt kategorisch jegliche israelische Spionage gegen die Vereinigten Staaten. Der Pressesprecher der Botschaft Mark Rogov sagte gegenüber EIR, oft gingen ehemalige israelische Militärangehörige in die USA, um sich dort für eine gewisse Zeit ein finanzielles Zubrot zu verdienen. Mehr sei an der Sache nicht dran. US-Außenminister Powell hingegen rief bei einer Pressekonferenz am 1 3 . Dezember im State Department als ersten Fragesteller den £//?-Korrespondenten Bill Jones auf und antwortete auf dessen Frage nach diesen israelischen Spionageaktivitäten, er sei sich sehr wohl bewußt, daß israelische Bürger festgenommen wurden, und stehe in dieser Angelegenheit mit der israelischen Regierung in Verbindung. Darüber hinausgehende Informationen seien Sache der amerikanischen Nachrich- tendienste und der Ermittlungsbehörden, meinte Powell kurz aber bestimmt. Weitergehende Ermittlungen Fox News berichtete weiter, der Sender habe „zahlreiche geheime Dokumente" erhalten, die zeigten, daß seit Jahren systematisch und im großen Stil gegen die Vereinigten Staaten spioniert werde. „Bis zu 1 4 0 andere Israelis" seien schon vor dem 1 1 . September „im Rahmen geheimer Ermittlungen" über vermutete israelische Spionage in den USA festgenommen worden. „Ermittler aus mehreren Regierungsbehörden gehören zu einer Arbeitsgruppe, die seit Mitte der 90er Jahre in diesem Komplex Beweismaterial sammelt. In den Dokumenten sind Hunderte von Vorkommnissen in Städten überall im Land aufgeführt, die nach Auffassung der Ermittler ,sehr wohl als organisierte Nachrichtenbeschaffung' bezeichnet werden könnten. Teilweise geht es bei den Ermittlungen um Israelis, die angeblich Kunststudenten von der Universität Jerusalem oder der Bezalel-Akademie sind. Sie hätten wiederholt US-Regierungsbeamte angesprochen, um ihnen günstig Kunstgegenstände zu verkaufen. Die Dokumente besagen, ihre Ziele seien Militärbasen, die Drogenbekämpfungsbehörde DEA, das FBI, Dutzende von Regierungseinrichtungen und sogar geheime Büros und Privathäuser von Geheimdienstmitarbeitern gewesen. Andere Ermittlungen führten zu Festnahmen mehrerer Dutzend Israelis, die Verkaufsstände in amerikanischen Einkaufszentren betrieben, wo sie Spielzeuge wie ,Puzzlecar' und ,Zoomcopter' anboten. Ermittler vermuteten, daß dies nur eine Fassade war. Kurz nachdem die New York Times und die Washington Post über die Festnahme von Israelis wegen Einwanderungsverstößen im letzten Monat berichtet hatten, verschwanden die Verkaufsstände." Reporter Cameron fragt dann nach den Motiven israelischer Spionageversuche in den USA und kommt zu dem Schluß: „Eine Untersuchung des Bundesrechnungshofes [GAO] bezieht sich auf Israel als Land A und schreibt: ,Nach Darstellung einer US-Geheimdienstbehörde betreibt die Regierung von Land A eine äußerst aggressive Spionage gegen die USA und ihre Verbündeten.' In einem Bericht des Militärgeheimdienstes [DIA] heißt es, Israel habe einen unersättlichen Appetit auf Informationen'. ,Die Israelis werden von einem starken Überlebensinstinkt getrieben, der jeden Bereich ihrer Politik diktiert', heißt es in dem DIA-Bericht. Sie sammeln aggressiv militärische und industrielle Technologien, und die USA sind dabei ihr Hauptziel. ,Israel besitzt die Ressourcen und die technischen Fähigkeiten, um seine Ziele zu erreichen', heißt es in dem Dokument." Amdocs und Comverse Infosys Ein anderer Schwerpunkt der Spionagevorwürfe dreht sich um zwei israelische Softwareunternehmen, Amdocs und Comverse Infosys, deren Forschungs- und Entwicklungsprojekte von der israelischen Regierung subventioniert wurden. Amdocs betreibt für die meisten großen Telekomfirmen der Welt die Abrechnungssoftware, die bei jedem Telefonat, Faxschreiben und Internetkommunikation automatisch mitläuft. (Auch die Deutsche Telekom arbeitet mit Amdocs.) Amdocs hat Tausende Angestellte weltweit, die für die Wartung der Software zuständig sind. Die Amdocs-Software verfolgt bei den Telefongesellschaften jeden Anruf in Echtzeit zu Rechnungszwecken. Der neue Bericht von Fox News zitiert US-Regierungsquellen, die erklären, diese Rechnungssoftware lasse sich auch „anzapfen", so daß man Telefonate und Datenübertragungen insgeheim und illegal abschöpfen könne. Ähnliches berichtete die Washington Times in einem Artikel über israelische Spionageaktivitäten schon am 29. Mai 2000. Als verdächtig wurden Telekommunikationseinrichtungen im amerikanischen Hauptquartier von Amdocs in Chesterfield (Missouri) genannt, über die möglicherweise bestimmte Telefonate zeitgleich nach Israel übertragen werden könnten. Das andere Unternehmen, Comverse Infosys, verkauft an Polizei- und Justizbehörden in aller Welt Soft- ware, die für das legale Abhören von Telefongesprächen verdächtiger Personen bei strafrechtlichen Ermittlungen verwendet wird. Wie Fox News am 1 4 . Dezember berichtete, gab es 1 9 9 7 zum ersten Mal Ermittlungen gegen die beiden israelischen Firmen in Los Angeles. Dies geschah im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren örtlicher und nationaler Polizeibehörden gegen ein israelisches Verbrechersyndikat, das Rauschgifthandel mit Ecstasy betrieb, das von Israel und Europa aus nach New York, Miami und Los Angeles gebracht wurde. Die Polizei mußte damals feststellen, daß ihre eigenen Abhöroperationen selbst wiederum abgehört wurden! Fox News: „Laut geheimen Polizeidokumenten, die an Fox News gelangten, haben die Gangster die Beeper, die Handys und sogar häusliche Telefone der Polizei angezapft. Als Ermittler herauszufinden versuchten, woher die Informationen kommen konnten, stießen sie auf Amdocs, eine Aktiengesellschaft aus Israel... Als die Ermittler ihr eigenes Abhörsystem auf Lecks untersuchten, untersuchten sie potentielle Schwachstellen in den Computern, die die abgehörten Gespräche anzapfen, aufzeichnen und archivieren. Ein Hauptlieferant dafür ist Comverse Infosys, das eng mit der israelischen Regierung zusammenarbeitet." 27 Die Ecstasy-Mafia In den Berichten der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA (Drug Enforcement Administration) heißt es, israelische Verbrechersyndikate, die über russische Auswanderer mit der russischen Mafia verbunden seien, hätten in den letzten Jahren den „Export" von Ecstasy nach Nordamerika unter ihre Kontrolle gebracht. Der zuständige DEA-Beamte in Los Angeles, Assistant Special Agent Michael Braun, erklärte auf einer Rauschgiftkonferenz im Mai 2000, der Ecstasy-Markt sei fest in der Hand des israelischen Organisierten Verbrechens, welches modernste und sehr teure Kommunikations- und Verschlüsselungsgeräte sowie hochprofessionelle Me- thoden der Gegenüberwachung und der Neutralisierung polizeilicher Überwachung einsetze. Die bisherigen Ermittlungen ergaben, daß diese israelischen Mafiasyndikate auf schon früher existierende Methoden des Diamantenschmuggels aus Amsterdam und Antwerpen zurückgreifen, um die Ecstasypillen in die USA zu bringen. Vier oder fünf der nach dem 1 1 . September inhaftierten Israelis waren den US-Behörden aufgefallen, weil sie sich weigerten, ihr Appartement in der Nähe des New Yorker World Trade Centers zu evakuieren. Es stellte sich heraus, daß diese Wohnung das Hauptquartier eines Ecstasy-Drogenrings war. Comverse Infosys, Bill Clinton & Monica Lewinsky Nach geltendem US-Recht müssen Telekommunikationsfirmen stets eine Computerschnittstelle zu ihren Kommunikationslinien einrichten, damit die Strafverfolgungsbehörden bei entsprechender richterlicher Genehmigung für laufende Ermittlungen Telefongespräche etc. abhören können. Das große FBI-Büro in Quantico (Virginia) überwacht die Einhaltung dieses Gesetzes, und nach Angaben von Fox News hat jemand innerhalb des FBI dafür gesorgt, daß „jahrelang große Teile dieses [Abhör-]Geschäfts Comverse zugute kamen". Etliche Regierungsbeamte haben nach Ausscheiden aus dem Dienst bei Comverse Infosys Beschäftigung gefunden. Der Vorstandsvorsitzende von Comverse Government Systems Corp., ein Tochterunternehmen von Converse Infosys, das Abhörausrüstungen an Regierungsbehörden verkauft, war Robert Marsh, ehemaliger General der US-Luftwaffe. Ironischerweise wurde dieser General Marsh unter Präsident Bill Clinton Leiter der staatlichen „Kommission zum Schutz kritischer Infrastruktur", zu deren Aufgaben es gehörte, Datenkommunikationssysteme vor uner- wünschtem Anzapfen oder Störungen von außen zu schützen. Am 2 1 . Mai 2000 berichtete die Londoner Times unter Berufung auf amerikanische Regierungsquellen, die israelische Regierung hätte E-Mails und andere Kommunikationen des damaligen Präsidenten Clinton angezapft. „Die Enthüllungen kommen zu einem sensitiven Zeitpunkt, denn der israelische Ministerpräsident Ehud Barak soll heute zu Gesprächen mit Clinton über den Nahost-Friedensprozeß nach Washington fliegen", fügte die Times damals hinzu. Bei der berüchtigten LewinskyAffäre machte Clinton auch persönlich eine entsprechende Andeutung. Im Bericht des Sonderermittlers Kenneth Starr wird Clinton zitiert, wie er zu Monica Lewinsky sagt, seine Telefongespräche würden von einem anderen Land abgehört — er sagte nicht, welches. In dem TVmes-Artikel heißt es, israelische Agenten hätten ein Unternehmen namens Telrad unterwandert, das vom größten Telekomkonzern Nordamerikas, Nortel, mit der Entwicklung und Installierung eines neuen Kommunikationssystems im Weißen Haus beauftragt wurde. Wer schützt den Spionagering? Weder Fox News noch EIR sind derzeit in der Lage, etwas Genaueres über mögliche Verwicklungen der 60 Festgenommenen in den Anschlag vom 1 1 . September zu sagen. Fox hat lediglich angedeutet, daß die israelischen Agenten eventuell Vorabinformationen über die Angriffe besaßen, die sie nicht an die US-Regierung weiterleiteten. Das an sich wäre, sollte es sich als wahr herausstellen, schon eine Ungeheuerlichkeit. Doch man sollte eine andere, noch wichtigere Frage stellen: Welche Stellen und Personen innerhalb der amerikanischen Regierung haben diese israelische Spionagetätigkeit jahrelang geschützt und warum? Von 1 9 9 3 bis 1 9 9 9 war einer der wichtigsten FBI-Beamten bei Terrorismusermittlungen in der hochgeheimen „Intelligence Division" des FBI ein gewisser Neu Herman. Er leitete eine Sondergruppe zur Terrorismusbekämpfung (Joint Terror Taskforce) in New York City zum Zeitpunkt des Bombenanschlags auf das World Trade Center im Februar 1 9 9 3 . Bis heute kann niemand erklären, warum das FBI diesen Anschlag nicht verhin- 28 dem konnte, obwohl es in der Gruppe, die später wegen des Anschlags verhaftet und verurteilt wurde, einen VMann hatte. Bis 1999 war Herman zum Chef der Terrorismusabwehr in der Intelligence Division aufgestiegen. Doch in diesem Jahr verließ er das FBI und wurde statt dessen Leiter der „Fact-Finding Division" der Anti-Defamation Lague (ADL) in New York. Diese „Informationssammelabteilung" der ADL arbeitet mit israelischen Regierungsstellen zusammen und vergibt „Untersuchungsaufträge" an verschiedene Unternehmen und Privatpersonen. Eine solche Person war Graham Knowles, der Verbindungsmann des V-Manns bei dem Bombenanschlag von 1 9 9 3 , eine andere Roy Bullock aus San Francisco. Der ADL-Mann Bullock wurde noch 1 9 9 3 beim deutschen Verfassungsschutz als „Extremismusexperte" hofiert. Er befand sich gerade zu Gesprächen beim Berliner Landesverfassungsschutz, als sein Büro und Wohnhaus in San Francisco von der Polizei durchsucht wurden. Das FBI ermittelte gegen ihn wegen des Verkaufs geheimer US-Regierungsunterlagen an ausländische Geheimdienste. Angefangen 1986 mit dem berüchtigten Spionagefall Jonathan Pollard — dem zu lebenslanger Haft verurteilten israelischen Spion — bis jetzt zu den Festnahmen im Zusammenhang mit dem 1 1 . September, zeigte sich immer wieder, daß innerhalb der amerikanischen Regierung ein wirksames Vorgehen gegen die israelische Spionage von hoher Stelle sabotiert wurde, oft unter Einsatz massiver politischer Erpressung. Daran zeigt sich, wie nötig es ist, dieser Korruption und Unterwanderung der US-Behörden ein Ende zu machen — aber auch, wie schwierig es ist. Da Amdocs und Comverse Infosys auch in Europa präsent sind, muß man außerdem davon ausgehen, daß auch europäische Polizeibehörden und Geheimdienste in durchaus ähnlicher Weise „abgeschöpft" wurden. 29 l II. HAUPTSTÜCK Lyndon LaRouche, Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl 2004 innerhalb der Demokratischen Partei, erläutert in dem folgenden Papier vom 23. Dezember 2001, dem Kernstück dieses EIRNA-Berichts, nicht nur seine These eines noch andauernden Putschversuchs in Washington, sondern auch die Grundgedanken der Militärstrategie und der Staatskunst, die verstanden werden müssen, um einen „Weltkrieg der Zivilisationen" zu verhindern und die Vereinigten Staaten auf den Kurs ihrer freiheitlich-republikanischen Verfassung zurückzubringen. Zbigniew Brzezinski und der 1 1 . September VON LYNDON H. LAROUCHE F ür den, der willens und fähig ist, zu akzeptieren, wie Geschichte wirklich funktioniert, lassen die Umstände der Ereignisse des 1 1 . September nur einen bündigen Schluß zu: Die entscheidenden Entwicklungen in den USA in dem Zeitraum zwischen etwa 8.45 Uhr und 1 1 . 0 0 Uhr Ostenküstenzeit waren der Ausdruck eines versuchten Militärputsches gegen die amerikanische Regierung unter Präsident George W. Bush. Ich kam zu diesem Schluß schon sehr schnell in der ersten Stunde dieses Zeitraums, als ich gerade ein fast zweistündiges Live-Radiointerview gab. Meine Äußerungen in dieser Sendung wurden zu einem wichtigen integralen Bestandteil der Folgeentwicklungen, nicht nur in den USA, sondern auch in ihrer weiteren Ausstrahlung auf die ganze Welt.1 Für den, der über die Sache diskutierte, gab es nur zwei denkbare Erklärungen dafür, wie der bekannte Ablauf der Ereignisse — worüber in diesem Zeitraum sehr ausführlich berichtet wurde — überhaupt möglich war: Die erste, höchst verhängnisvolle Möglichkeit war, daß die Sicherheitsvorkehrungen, die früher einmal gegen solche eventuellen Vorkommnisse eingeführt worden waren, inzwischen praktisch bis zur Wirkungslosigkeit abgebaut wurden — was schon an sich eine große Gefahr für die nationale Sicherheit wäre. Die zweite, wahrscheinlichere Möglichkeit war, daß irgendwelche hochrangigen amerikanischen Militärs diese ständigen Sicherheitsvorkehrungen, die auf jeden Fall ausgereicht hätten, den Angriff auf das Pentagon abzuwehren, an den entsprechenden Schalthebeln zum 30 Zbigniew Brzezinskis Unten: Der zerstörte Teil des Pentagon in Washington Stuart Lewis (EIRNSJ/DoD erheblichen Teil „abgeschaltet" hatten.2 Für jeden mit vergleichbaren Kenntnissen wie meinen eigenen Erfahrungen im Bereich der Raketenabwehrpolitik mußte der Angriff auf das Pentagon mit seinen an sich schon nuklearen Implikationen auf die zweite Alternative hindeuten. Jeder von uns, der genug Kenntnisse in diesen Fragen hatte, erkannte deshalb früher oder später in der Kombination der drei durchgeführten Angriffe das Produkt einer wissentlichen Tat von „Insidern". Schließlich erlaubte mein detailliertes Wissen über den Ansturm der strategischen Krise, innerhalb derer sich die Angriffe abspielten, keinen anderen Schluß, als daß dies ein versuchter Militärputsch war, dessen globalstrategische Absicht die denkbar unheilvollsten Implikationen hat. den meisten Massenmedien weltweit rituell verbreitete Zieht man diese Fakten in Betracht, so ist zu betonen, daß die Politik, die die USA anschließend betrieben, Märchen nur noch rechtfertigen, wenn sie besondere, falsche Motive dafür haben, an einer mehr oder weniger zwei wesentliche Probleme aufweist. der gerade vorgegebenen offiziellen Linie entsprechenErstens: Warum haben die führenden Militärs und den Interpretation festzuhalten. Geheimdienstleute Präsident Bush offenbar nicht davon Um die vorliegenden Fakten klar zu verstehen, muß abgeraten, den früheren Handlanger amerikanischer der Leser erkennen, daß es nicht nur ein, sondern drei „Sonderoperationen" Osama Bin Laden zum Hauptschuldigen in dieser Angelegenheit zu machen? unterschiedliche Elemente gibt, die im Gefolge der Die zweite, damit zusammenhängende Frage lautet: Ereignisse des 1 1 . September untersucht werden müssen. Warum bleiben viele offizielle Kreise auf der ganzen Erstens der Putschversuch selbst, den man als intenWelt — obwohl sich die gegenteiligen Beweise seit dem dierten „Zünder" der Gesamtoperation beschreiben 1 1 . September massiv angehäuft haben — bei der offikönnte. Die schlimmste vorstellbare Folge dieses ziell abgesegneten Version „Es war Osama Bin Laden", selbst wenn der Öffentlichkeit nach Monaten immer Militärputsches, eine potentielle sich aufschaukelnde nukleare Eskalation zwischen den Supermächten, wurnoch kein einziger stichhaltiger Beweis für diese de durch ein rechtzeitiges Telefongespräch zwischen Behauptung vorgelegt wurde? US-Präsident George W. Bush und dem russischen PräDie Erkenntnisse, die bereits in den ersten zwei Stunden nach den Ereignissen des 1 1 . September explizit sidenten Wladimir Putin vermieden. Zweitens der allgemeine politisch-strategische Faktor oder implizit vorlagen, sind ein Indizienbeweis des der Politik des „Kampfes der Typs, von dem man sagen kann, er ist „zugegebenerZivilisationen" von Zbigniew Brzezinski, Samuel maßen unvollständig, aber Huntington u.a., wovon der trotzdem schlüssig genug", Putschversuch lediglich ein um eine unmittelbare offiziuntergeordneter Teil war. elle Reaktion bestimmen zu können, um entsprechende Diese Politik ist der Hauptmilitärische Handlungsvorschuldige und der zentrale Teil der Gesamtoperation. gaben in Kraft zu setzen Sie ist der Hauptgegenstand oder sogar neu zu definieren.3 Allein die Fakten, die und die Zielscheibe dieses Aufsatzes. Dieser Faktor uns schon während bzw. unmittelbar nach den spiegelt sich seither sehr lebhaft in den erbitterten ersten zwei Stunden der Weißes Haus Fraktionskämpfen innerhalb Angriffe des 1 1 . September Putin und Bush am 1 3 . November 2001 in Washington der US-Regierung und der verfügbar waren, bildeten führenden Nachrichtenmeschon eine Aufforderung zu „Die schlimmste vorstellbare Folge einem solchen sofortigen, dien, beispielsweise in der Debatte um die Forderung entschiedenen Handeln. dieses Militärputsches, eine potentielle nach einem Angriff auf den Wäre eine derartige klare sich aufschaukelnde nukleare Eskalation Entscheidung, wie ich sie Irak. zwischen den Supermächten, wurde durch während der besagten zwei Drittens die einem Selbstmordattentäter nicht unähnStunden äußerte, ausgeblieein rechtzeitiges Telefongespräch ben, dann wäre das ein liche Rolle des jetzigen israzwischen US-Präsident George W. Bush elischen Regimes, das potentiell strategischer Fühund dem russischen Präsidenten Wladimir rungsfehler gewesen — ob erkennbar die Absicht verseitens des Präsidenten folgt, einen größeren Krieg Putin vermieden." in Gang zu setzen — einen oder seitens eines Staatsbürgers/Staatsmanns und Präsidentschaftskandidaten Krieg, der unter anderem die Seibstauslöschung Israels mit meinen besonderen Kenntnissen und Verantwortals Staat zur Folge haben würde. Diese immer deutlichere Gefahr der Selbstauslöschung bei einer Fortsetlichkeiten. Die späteren Ereignisse zeigten, daß der Präzung der jetzigen israelischen Politik war erklärtersident in diesem Zeitraum die richtige unmittelbare Entscheidung traf, und ich ebenso. maßen die Sorge, die Ministerpräsident Rabin zur Betrachtet man diese und verwandte Fragen mit Unterstützung der Osloer Verträge motivierte. Der einem Mindestmaß an kompetentem Wissen über den Abschluß dieser Osloer Verträge war das Motiv für den augenblicklichen Stand der Geschichte der modernen Staatsstreich in Israel in Form der Ermordung Rabins. europäischen Zivilisation als ganzer, so kommt man Falls Israel seine derzeitige Kriegspolitik fortsetzt, würde jenseits aller Zweifel, wenn auch nicht auf die Namen es sich im Laufe der sich entfaltenden Ereignisse bald im einzelnen, so doch auf die Führung der politischen selbst zerstören, und das so sicher, wie man 1 9 3 9 das Fraktionen, deren Interessen der Putschversuch diente. Ende Hitlers hätte voraussehen können. Angesichts dieser und verwandter Fakten werden PersoDie offizielle Aufmerksamkeit muß sich ganz besonders auf das zweite dieser drei miteinander verknüpften nen mit den entsprechenden Vorkenntnissen das von 31 Elemente richten. Dennoch ist keine kompetente Einschätzung der Ereignisse möglich, wenn man auch nur eines dieser drei Glieder in der Gleichung des 1 1 . September vernachlässigt. Erst wenn wir die drei genannten Elemente als zusammenhängende Facetten eines einzigen Effekts erkannt haben und alle drei in dem Umfeld der globalen Wirtschaftskrise, in dem sie existieren, eingeordnet haben, wird eine rationale Bewertung der Ereignisse dieses Tages möglich. Jeder andere Ansatz führt zu einer Fehleinschätzung, einer falschen Bewertung der Fakten. Wie ich im Laufe meiner Ausführungen zeigen werde, sind die Fakten, die auf die tatsächlichen Urheber dieses Angriffes auf die USA in seinen drei Aspekten hinweisen, nicht nur massiv, sondern beweiskräftig. Die Beweise haben sich seit Jahren, ja seit Jahrzehnten und länger angesammelt. Die meisten von Ihnen, für die der Morgen des 1 1 . September überraschend kam, sollten daran erinnert werden: Das Monster, das uns angegriffen hat, hat sich über Jahrzehnte hinweg an Sie herangeschlichen, in denen Sie — wie Washington Irvings Gestalt des Rip van Winkle — geschlafen haben. Um die tief zugrundeliegenden, weit zurückreichenden Verbindungen zwischen den drei unterschiedlichen Teilen dieses Prozesses zu verstehen, müssen wir etwas berücksichtigen, was man in einer Riemannschen (physikalischen) Differentialgeometrie als „Mehrfachverknüpfung" beschreiben würde. Ein Beispiel: Zu den relativ einfacheren, aber äußerst wichtigen Umständen, die man betrachten muß, gehört die folgende Frage. In welchem Ausmaß hat die massive und implizit feindselige Bespitzelung und Unterwanderung der politischen und militärischen Führung der USA durch den israelischen Militärgeheimdienst den versuchten Militärputsch und sein politisch-strategisches Pendant mitgeprägt? Eine tiefgehende Untersuchung der langdauernden, immer weitgehenderen und aggressiveren Aktivitäten israelischer Spione in den USA — z.B. das berüchtigte „Mega"-Projekt, die jahrelange Durchdringung der Sicherheit des Weißen Hauses unter Clinton durch die Agenten der israelischen Geheimdienste — deutet darauf, daß eine zumindest erhebliche, wenn auch zufällige israelische Mitwirkung an der Schaffung des Umfeldes für die Ereignisse des 1 1 . September wahrscheinlich ist. Betrachten wir die jeweils unterschiedliche Rolle sowie den gemeinsamen historisch-strategisch-wirtschaftlichen Rahmen dieser Kombination mehrerer voneinander abhängiger Elemente. Die Untersuchung planen Man muß also, wenn man die drei Aspekte des Angriffs betrachtet, bei der Untersuchung der Kombination der Ereignisse stets davon ausgehen, daß diese Kombination auch der unmittelbare Ausdruck der Planung eines militärischen Putschversuches ist — einer versuchten kriminellen Militäroperation hochrangiger Verräter innerhalb des amerikanischen Militärestablishments. Man bedenke dabei folgendes. Wenn wir die Hinweise auf eine Absicht hinter dem ersten dieser Elemente des Putsches bewerten wollen, dürfen wir an die Untersuchung nicht mit der kindischen Tatsachenverdrehung herangehen, auf die sich die meisten Presseorgane auf der Welt stützen. Wenn jemand eine militärische „Palastrevolution" gegen die führende Atommacht der Welt plant — oder auch „nur" gegen die Regierung einer strategisch minder wichtigen Atommacht, wie Israel —, dann müssen diese Verschwörer sich an strengste Maßregeln halten. Bei Putschversuchen dieser höchsten Risikostufe ist die strengste nur vorstellbare Geheimhaltung unerläßlich. Bei der Untersuchung derartiger Putschversuche werden rationale Leute an höchster Stelle deshalb davon auszugehen haben, daß selbst die meisten mehr oder weniger eingeweihten Komplizen nicht genug wissen, oder vielleicht nicht lange genug leben, um den höchsten Kreis ihrer Auftraggeber zu beiasten. In solchen Fällen ist das Aufspüren und Verhören der „Auftragskiller" wahrscheinlich nicht der beste Weg zu verläßlichen Beweisen gegen die hochrangigen Verschwörer, die den Anschlag organisiert haben. Deshalb muß man, statt bei den Ermittlungen die Richtungen zu verfolgen, die die Verschwörer selbst leicht vorhersehen konnten, die Untersuchung auf Wege zu verläßlicheren Beweisen verlagern. 32 Abgesehen von glücklichen Zufallstreffern der Ermittler werden sich die Erkenntnisse, die man nach einem solchen Putschversuch findet, im wesentlichen auf die Dinge beschränken, die man im Gefolge einer Tat unter den sehr speziellen Regeln eines solchen risikoreichen Verschwörungsspiels zu erwarten hat. Bei der Untersuchung muß man deshalb die Beweise von einer offensichtlichen Flanke her sammeln. Man muß sich auf eine Erkenntnis stützen, die eigentlich elementar sein sollte: Es gibt kein Motiv für einen Putschversuch dieser Art, wenn nicht eine plausible Absicht dahintersteckt, die außerhalb und jenseits des Putschversuchs als solchem liegt. Ein solcher versuchter Staatsstreich ist überhaupt nur möglich, wenn vorher bereits feststeht, wie es nach dem Putsch weitergehen soll — etwa indem signalisiert wird, daß mit einer bestimmten, schon vorbereiteten Aktion fortgefahren werden soll. Für den kompetenten Spionageabwehrspezialisten war deshalb die erste Frage, die sich allein schon aus der Tatsache der Angriffe auf New York und Washington an sich stellte: Was für eine Aktion sollte anschließend durch die Wirkung dieser Angriffe entfesselt werden? Man hätte den Putschversuch nicht mobilisieren können, wenn nicht schon von Anfang auch solche umfassenderen Absichten existiert hätten. Diese Absichten sind allen relevanten Institutionen geläufig: a) einen immer weiter eskalierenden Nuklearalarm auszulösen und b) fast auf dem ganzen Planeten endlose religiöse und andere Kriege zu entfesseln — die derzeit laufenden Operationen der israelischen Streitkräfte sind der wesentlichste Ausdruck davon. Nach den Ereignis- sen des 1 1 . September gibt es nun keinen vernünftigen Zweifel mehr an solchen breit anlegten Absichten. Jede kompetente Spionageabwehr-Untersuchung und anschließende strategische Lagebeurteilung muß also entsprechend angelegt sein. So wie bei den früheren Ermittlungen im Fall der vermuteten Komplizen des israelischen Spions Jonathan Pollard oder wie in Edgar Allan Poes Kriminalgeschichte Der entwendete Brief können wir anhand des jetzt vorliegenden Indizienbeweises für diese beiden Absichten erkennen, „welche Gattung von Raubtier" den Impuls und die Fähigkeiten für einen solchen Putschversuch besaß, auch wenn wir noch nicht genau sagen können, welche bestimmten Personen dieser Gattung an der Spitze des eigentlichen Putsches standen. Wir müssen deshalb noch einmal betonen, daß angesichts der Eigenart des Falls das relevante Vorgehen gegen die Verschwörer niemals durch eine reduktionistische fieberhafte Jagd nach „Sherlock-Holmes"-artigen Hinweisen auf bestimmte Hintermänner hintertrieben werden darf. In solchen Fällen dürfen wir uns nicht zu einer Art „Schnepfenjagd" auf die einzelnen Verschwörer verleiten lassen, sondern müssen die inhärent begrenzten Ressourcen des Ermittlers auf die bescheidenere und dringlichere Aufgabe konzentrieren, die eigentlichen Ziele hinter dem Komplott zu neutralisieren. Nur notorische Verlierer halten mitten in der Schlacht inne, um Rache oder Skalps zu nehmen und zu zählen. Man muß daher bei der Untersuchung das Komplott hinter dem 1 1 . September als ein Mittel zum Zweck begreifen, und es ist dieser Zweck, auf den wir die Aufmerksamkeit richten und gegen den wir unsere Anstrengungen bündeln müssen. Es ist wie im Krieg: Sobald die Verschwörung fehlgeschlagen ist, werden die Verschwörer verwundbar und lassen sich enttarnen, und man kann sicher, ruhig und mit relativer Gelassenheit ermitteln, wer im einzelnen wie beteiligt war. Die Ereignisse jenes Tages stellten den Präsidenten also vor zwei Aufgaben. Das eigentliche Endziel hinter dem Putsch zu vereiteln, war das längerfristige Problem, vor dem Präsident Bush und sein Kreis an diesem Morgen des 1 1 . September standen. Die unmittelbar drängendste Aufgabe für den Präsidenten bestand jedoch an diesem Tag darin, die nuklearen Streitkräfte der USA unter seine volle persönliche Kontrolle zu bringen. Gemessen an den Umständen muß man feststellen, daß er auf diese unmittelbare Herausforderung gut reagierte. Um ganz zu ermessen, vor welcher Herausforderung der Präsident stand, ist es angebracht, zu betonen, daß ich selbst während des erwähnten fast zweistündigen Radiointerviews, das zwischen 9 und 1 1 Uhr live ausgestrahlt wurde, vor der gleichen Herausforderung stand. Zur Verdeutlichung: in dieser Zeit befand ich mich in der Situation, daß meine Bewertung des Angriffs, die von der Radiostation gesendet wurde, genauso erfolgen mußte, als hätte der Präsident der USA seine operationellen Schlußfolgerungen zu ziehen gehabt, wäre er damals in meiner Position gewesen, oder ich in seiner. Denn das ist von einem ernsthaften Kandidaten, der sich um das Präsidentenamt der führenden Weltmacht bewirbt, zu fordern. Wir können beispielsweise äußerst dankbar sein, daß in diesem kritischen Augenblick nicht der frühere Vizepräsident AI Göre an Präsident Bushs oder an meiner Stelle saß. So gesehen scheint es mir, daß Präsident Bush in diesen annähernd zwei Stunden, in denen ich auf Sendung war, im wesentlichen die richtigen ersten Entscheidungen getroffen hat. Dies wissen wir aus den Fakten, die uns explizit oder implizit vorliegen. Eine Tatsache, die meine jetzige positive Bewertung von Präsident Bushs Handlungsweise in dieser Hinsicht stützt, ist meiner Einschätzung nach der spätere, wiederholte Bericht des Präsidenten über das Gespräch, das er in diesem entscheidenden Zeitraum mit dem russischen Präsidenten Putin geführt hat. Was jedoch die Entscheidungen der US-Regierung angeht, die offenbar viel später an diesem Tag getroffen wurden, war die Qualität der Arbeit des Weißen Hauses gemischt. Die spätere Entscheidung, gegen Osama Bin Laden und Afghanistan mit Bombenangriffen vorzugehen, war definitiv ein strategischer Fehler, und es zeigt sich immer mehr, daß daraus internationale Konsequenzen erwachsen — so der sich verschärfende Konflikt zwischen Pakistan und Indien —, die strategisch gesehen zunehmend gefährliche Implikationen für die ganze Welt haben. Abgesehen davon, daß es ein korrekter Impuls des Weißen Hauses war, schnell etwas Geeignetes zu unternehmen, um den Verschwörern die strategische und innenpolitische Initiative aus der Hand zu nehmen, war die Entscheidung, Afghanistan zu bombardieren, ein Fehler. Der Leser wird mir sicherlich zustimmen, daß dieser Fehler verständlich war, wenn man die immer neuen und größeren Dimensionen und Aspekte der weltstrategischen Krise berücksichtigt, denen sich der Präsident in den Stunden und Wochen nach den dramatischen Ereignissen jenes Morgens gegenübersah. Ich will hier die Entscheidungen des Präsidenten nicht zu rechtfertigen versuchen, ich möchte aber betonen, daß man bei der Beurteilung seines Verhaltens unter diesen Umständen in Rechnung stellen muß, in welcher schwierigen Lage sich der Präsident befand. Anders als die meisten heutigen politischen Berater auf der Welt bin ich persönlich fest davon überzeugt, daß die Grundlage des Handelns in jeder Krise die Wahrheit sein muß, und keine scheinbar bequemen Lügen, denn was auf den ersten Blick als eine „nützliche" und „bequeme" offizielle Lüge erscheinen mag, führt immer nur zur Suche nach neuen Lügen, mit denen man die Probleme, die die erste Lüge verursacht, zu vertuschen sucht.4 In jeder Krise auf Leben und Tod, wie der jetzigen, muß sich der Präsident der USA einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit erwerben und erhalten. Der Versuch, vermeintlich nützliche Lügen zu rechtfertigen, wird am Ende diese Glaubwürdigkeit unterminieren — möglicherweise mit schrecklichen Konsequenzen. So ist die Politik der USA nach Ablauf jenes Tages, des 1 1 . September, immer weiter den Pfad der Lügen herabgerutscht, die eine nach der anderen fabriziert wurden, 33 um frühere Lügen zu rechtfertigen oder ihnen den richtigen Public-Relations-"Dreh" zu geben. Wenn man einen solchen „Schutzwall von Lügen", selbst „gutgemeinter" Lügen, errichtet, führt das stets auf die eine oder andere Weise zu Ergebnissen, die oft genauso so schlimm oder schlimmer sind als das Problem, das man mit der ersten Lüge umgehen wollte. Am Ende ist man dann oft hoffnungslos im Netz der eigenen Lügen gefangen. Deswegen muß ich in einer solchen Krise die Rolle übernehmen, die ich mit diesem Aufsatz ausführe. Um die derzeitige amerikanische Lage kompetent einzuschätzen, müssen wir das übliche Hin-und-her-Gerede völlig außer acht lassen und begreifen, in welcher Zwickmühle sich der Präsident, und wer immer sich als seine vertrauenswürdigen Berater erwiesen haben mögen, befunden haben. Wir müssen die Lage so sehen, wie der Präsident und diese Berater sie gesehen haben müssen, als sich das Dunkel über die gerade verstrichenen Stunden dieses gefährlichen Tages legte. Wir müssen implizit alle wichtigen Umstände berücksichtigen, die in die Entscheidungen eingeflossen sind, die ab der Zeit kurz nach 20 Uhr amerikanischer Zeit dieses ersten Abends öffentlich bekannt wurden. Wir müssen dabei unser Augenmerk auch auf den vergiftenden Einfluß jener Maulwürfe in der Regierung selbst lenken, die sich — wie die Kreise um Richard Perle — seither als Komplizen entweder der israelischen Streitkräfte oder von Brzezinskis „Kampf der Kulturen" oder beider gezeigt haben. Eine Reihe grundlegender Fakten In dieser Hinsicht darf man keine der grundlegenden Umstände übersehen, unter denen die Entscheidung fiel, Osama Bin Laden zum Schuldigen zu machen: 1 . Dieser Osama Bin Laden, von dem es heißt, er sei früher ein Playboy gewesen und sei heute der „Alte Fagin"* des internationalen Terrorismus, war und ist wohl immer noch wirklich eine so elende Kreatur, wie es diese Vorwürfe implizieren. Er war bösartig genug, daß er die Rolle von Emma Coldmans Killer oder von Emma Goldman selbst bei dem Mord an US-Präsident McKinley gespielt haben könnte — aber hätte der Bin Laden von heute die Möglichkeit und die Mittel, diesen Angriff auf Präsident McKinley auszuführen? Er ist der widerliche, verdreckte Trinker, der wegen Vorwurfs des Kindesmißbrauchs in Zelle Nr. 1 3 1 3 einsitzt, aber wenn man ihn wegen des 1 1 . September aburteilte, würde das die Gefahr für die USA und für die menschliche Zivilisation, die weiterhin von den frei herumlaufenden wahren Tätern ausgeht, aus der Welt schaffen? 2 Den USA war der widerliche Charakter Bin Ladens längst bekannt; er gehörte zu jenen Halunken, die die USA und andere erst gegen die Sowjetunion und dann gegen Rußland, Zentralasien, den Transkaukasus und andere Ziele einsetzten, und er war mit den Taliban eine der Schaltstellen des Drogenhandels in Zentralasien. Aber er befand sich nicht an einem Ort der physikalischen Raumzeit, von dem aus er Teddy Roosevelt [McKinleys Nachfolger] ins Weiße Haus hätte bringen oder jetzt die Schrecken des 1 1 . September hätte organisieren können. 3. Zwar hat das von Präsident Bush wiederholt öffentlich mitgeteilte Telefongespräch zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Putin bew;rkt, daß die ursprünglichen nuklearstrategischen Ziele des Putschversuchs scheiterten, aber die Verantwortlichen dieses Putschversuchs laufen immer noch frei herum und verbergen sich in den hohen Positionen, die sie bereits am frühen Morgen des 1 1 . September bekleideten, und sie sind auch heute noch gewillt, gegen die US-Regierung und den Präsidenten loszuschlagen. 4. Die atomare Eskalation, die wie der Angriff auf das Pentagon zeigte, das unmittelbare Ziel dieses Angriffes auf das Verteidigungsministerium war, sollte offenbar als Sprungbrett für ein weiteres, großstrategisches Ziel dienen. Dieses großstrategische Ziel des Putschversuches war klar, damals wie heute. Es war bereits in dem Moment klar, als die parallelen Angriffe gegen New York City und die Hauptstadt der USA liefen. Viele führende Kreise in Europa und anderswo haben dies sehr bald in den Stunden nach den Ereignissen erkannt. Der Zweck des Putschversuchs war es, die USA zu zwingen, die Politik der jetzigen israelischen Regierung und Armee zu unterstützen und sich damit für das von Zbigniew Brzezinskientwickelte Szenario weltweiter Religionskriege, den „Kampf der Kulturen", zu entscheiden. 5. Die Urheber dieses großstrategischen, geopolitischen Zieles waren führenden Europäern und anderen bereits gut bekannt. Der frühere US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski und sein stets dienstfertiger „Leporello" Samuel P. Huntington hatten das Szenario vom „Kampf der Zivilisationen" berühmt und berüchtigt gemacht. Es war bereits ziemlich populär unter den „moralisch nicht ganz zurechnungsfähigen" Kongreßmitgliedern beider Parteien, unter mächtigen US-Finanzkreisen sowie bei einem erheblichen Teil wichtiger Stellen in der Bush-Administration selbst. Richard Perle und Paul Wolfowitz sind typisch dafür, daß in den offiziellen Positionen und politischen Planungsstrukturen der Administration sowie einflußreichen Stellen in den beiden großen Parteien solche Raubtiere lauern. 6. Die strategische Reaktion der USA auf den Putschversuch bestand darin, gegen ausgewählte Ziele auf der „Liste der üblichen Verdächtigen" vorzugehen, darunter die Drogenhändlerregierung der Taliban und Bin Laden. Dies hatte den offensichtlichen Nutzen, daß es der Bush-Präsidentschaft einen Weg bot, Fagin ist eine Figur aus Charles Dickens' Oliver Twist, ein Taschendieb, der kleine Straßenjungs im Stehlen ausbildet — Die Redaktion. 34 „Der Schlüssel zum Verständnis der Motive der Anhänger des Prof. William Yandell Elliott, einen geopolitischen „Kampf der Kulturen" anzustreben, findet sich in einer Rede, JUGITIVES' •* REUNION Conversations at VanderUlt May 3-5,1956 diesem Günstling Henry A. Kissinger am 10. Mai 1982 im Chatham House hielt. William Yandell Elliott (Kreis) Unten: Henry A. Kissinger die strategische Initiative zurückzugewinnen und die mit Brzezinskis Geopolitik verbundenen Kräfte vorübergehend auszumanövrieren. Schon bald jedoch drohte diese Politik zum Bumerang zu werden. Die Ablenkungstaktik, die internationalen Energien gegen diese bewußt ausgewählten und zugegebenermaßen widerwärtigen Ziele zu richten, hatte den Effekt, die unmittelbare, größere strategische Gefahr — nämlich einen größeren Krieg gegen islamische Nationen — zumindest für den Augenblick abzuwenden. Aber ebendiese größere strategische Gefahr blieb nicht nur bestehen, sondern verschärfte sich noch unter der Wirkung der Afghanistan-Bombardierung. Es gab immer massivere Erpressungsversuche — sogar von einer mächtigen Fraktion in der politischen Führungsstruktur der USA —, um Präsident Bush zu zwingen, sich hinter einen Religionskrieg der israelischen Militärführung gegen die arabischen Nationen des Nahen Ostens, etwa den Irak, zu stellen und einen sich aufschaukelnden „Kampf der Kulturen", d.h. einen geopolitisch motivierten Krieg zwischen den islamischen und anderen Völkern Asiens, zu unterstützen. Der heftige Fraktionskampf, der seither in der USRegierung offen tobt — u.a. die Vorstöße von Tom Lantos und seiner Konföderierten im Kongreß —, macht deutlich, daß die Angriffe des 1 1 . September ein integraler Bestandteil der Absicht waren, die Bush-Administration entweder hinwegzufegen oder anderenfalls zu zwingen, sich in einen Religionskrieg zu stürzen, wie ihn Ariel Scharon mit seinem provokanten Besuch auf dem „Tempelberg", dem AI Haram AI Scharif in Jerusalem, in Gang zu setzen versuchte. 9. Wenn der Plan der gegenwärtigen israelischen Regierung unter Scharon nicht vereitelt wird, wird die Kombination aus einem sich beschleunigenden, kettenreaktionsartigen Zusammenbruch des Weltfinanz- und Währungssystems, einer Eskalation des israelischen Kriegs gegen die islamischen Bevölkerungen und Israels geplanter Vergewaltigung des AI Haram AI Scharif, der drittheiligsten Stätte des Islam, die Welt in eine diesmal weltweite und nukleare Neuauflage des Dreißigjährigen Krieges von 1 6 1 8 48 stürzen. Es war zweifellos genau ein solcher weltweiter geopolitischer Krieg, ein unlöschbarer religiöser Weltenbrand, den die Urheber des 1 1 . September entflammen wollten. Die eben angeführten Fakten sind notwendig, aber nicht hinreichend. Wir müssen auch die Kompetenzen entwickeln, die erforderlich sind, um das sehr spezielle, tiefergehende Problem, das die genannten Fakten implizieren, zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wir müssen sehr genau den Hintergrund der Leute anschauen, deren Sonderinteressen in den anhaltenden, eskalierenden Implikationen der Ereignisse des 1 1 . September zum Ausdrucke kommen. Wenn wir uns der Herausforderung stellen, vor die diese Fakten die Führer der Welt stellen, müssen wir die närrische reduktionistische Praxis vermeiden, nach plausiblen Erklärungen für mehr oder weniger isolierte Einzeltatsachen zu suchen. Wir müssen die Geometrie des Denkens definieren — den Wahnsinn, der die Schriften Brzezinskis, Huntingtons und ihresgleichen seit dem 1 9 5 7 erschienenen Buch „Der Soldat und der Staat" durchzieht. J Wie ich weiter unten in diesem Aufsatz betone: Es ist dieser verrückte, pervertierte Ceistes- 35 zustand, wofür alle die Hauptschriften Brzezinskis, Huntingtons u.a. nur beispielhaft sind, der die widerstreitenden Kräfte und politischen Pläne in Bewegung gesetzt hat. Die Position auf der politischen Landkarte, von der aus man diesen speziellen Wahnsinn definieren sollte, ist das Musterbeispiel eines modernen Mephistopheles, der Nashville-Agrarier Prof. William Yandell Elliott — Anhänger der Ideen von H.G. Wells, der wie die legendäre Frau des Rabbis von Prag eine ganze Parade von Golems produzierte, angeführt von Zbigniew Brzezins- ki, Samuel P. Huntington, Henry A. Kissinger u.a., Monster, die der „Zauberlehrling" Elliott offenbar quasi aus dem Schlamm erschuf.6 Der Schlüssel zum Verständnis der Motive der Anhänger des Prof. William Yandell Elliott, einen geopolitischen „Kampf der Kulturen" anzustreben, findet sich in einer Rede, die sein Günstling Henry A. Kissinger am 10. Mai 1 9 8 2 im Chatham House hielt.7 Mit der so festgelegten Position auf der politischen Landkarte werden wir weiter unten zu dem eigentlichen Kern von Kissingers Rede zurückkehren. I. Menschen machen Geschichte, aber Damit wir uns in dem gegenwärtigen Nebel aus Medienphantasien und Regierungskonfusionen nicht verirren, müssen wir uns bei unserer Suche nach den wahren Hintergründen der Ereignisse des 1 1 . September bei jedem unserer Schritte von einem Grundprinzip der Geschichte leiten lassen. Ein Merksatz heißt: Menschen machen Geschichte, aber umgekehrt macht die Geschichte auch Menschen. Dieser Satz, richtig verstanden, ist ein Widerhall der höchsten Weisheit aller antiken und modernen Staatskunst aus Quellen wie Solon von Athen, den klassischen griechischen Tragödien, den Platonischen Dialogen und den großen historischen Dramen William Shakespeares und Friedrich Schillers. Dieser Satz, richtig verstanden, ist unser einziges Hilfsmittel, um zu einem kompetenten, wahrheitsgemäßen Urteil darüber zu gelangen, mit welcher langfristigen, strategischen Politik die amerikanische Republik auf die Ereignisse des 1 1 . September reagieren muß. Die Behauptung, hinter den Ereignissen des 1 1 . September stecke Osama Bin Laden, ist natürlich eine reine „Verschwörungstheorie", für die der Öffentlichkeit bis heute noch kein einziger wissenschaftlich haltbarer Beweis vorgelegt wurde. So gesehen ist das Dogma „Es war Osama" nur einer mehr von den vielen Fällen, wo an die Stelle von Tatsachen und Wissenschaft reine Erfindung gesetzt wird. Trotzdem ist die Verschwörung, im richtigen Verständnis des Wortes, tatsächlich das typischste Merkmal der ganzen Menschheitsgeschichte — insbesondere in bedeutenden Fragen der Staatskunst. 'Wie erkennen wir nun den Unterschied zwischen der tatsächlichen Verschwörung, die vorhanden sein muß, und dem Märchen, das uns die meisten Massenmedien über die Ereignisse des 1 1 . September auftischen? Die Narren, die allerlei Arten von närrischen, populären „Verschwörungstheorien" erfinden, lassen sich im wesentlichen in zwei allgemeine Typen unterteilen. Der eine Typ ist offensichtlich: nämlich solche Leute, wie etwa unehrliche Richter oder Staatsanwälte, die eine Phantasievorstellung der Geschichte verbreiten wollen: so als berichte man über nur einzelne Schauspieler, die auf einer leeren Bühne auftreten und alberne Reden führen, die außerhalb von Raum und Zeit auftauchen und interpretiert werden. Die symbolische und andere Interpretation dieser bloßen Worte wird als Bedeutung der Handlung aufgefaßt.8 In die zweite Klasse fallen die wild dreinschauenden Fanatiker, die im Brustton der Überzeugung verkünden: 36 „Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien" und darü- ber einen endlosen Vortrag halten, während schon der sprichwörtliche Spaßvogel ein höheres Prinzip der Gerechtigkeit demonstriert, indem er sich heimlich mit den amüsierten Zuschauern verschwört und dem törichten Angeber das Hosenbein anzündet. Die Natur der einzigartigen Fähigkeit, welche den Menschen über alle niedrigeren Lebensformen erhebt, macht die Verschwörung zum Wesen der menschlichen Existenz, was Platon und alle großen Tragödiendichter und Wissenschaftler in der gesamten Menschheitsgeschichte immer wieder unter Beweis gestellt haben. Was den Menschen grundsätzlich von allen anderen Lebensformen unterscheidet und über sie erhebt, ist die geistige Aktivität, die wir als „Vernunft", „Kognition" oder „Erkenntnis" bezeichnen und die der russische Wissenschaftler Wernadskij „Noesis" (aus dem Altgriechischen) nannte.9 Diese Wurzel, die Vernunft, versetzt den Menschen in die Lage, willentlich Wirkungen hervorzubringen, die ganz anders sind als die sog. „objektiven Kräfte des historischen Determinismus", die sich der typische beschränkte Statistiker vorstellt. Die Fähigkeit, nach Prinzipien frei zu handeln, ist die ureigenste Eigenschaft des Menschen, aus der oft die wichtigsten wahren Verschwörungen entspringen. 10 Menschen haben die nur ihrer Gattung eigene Fähigkeit, sich über das Gefängnis der illusorischen Sinneswahrnehmung zu erheben und experimentell verifizierbare universelle physikalische Prinzipien zu entdecken — Prinzipien außerhalb und oft im krassen Gegensatz zu den Überzeugungen derjeniger, die lieber an die tierische Sinneswahrnehmung glauben, wie sie niedrigere Lebensformen eigen ist. Diese Fähigkeit, durch die Erforschung paradoxer Aspekte der Sinneserfahrung experimentell überprüfbare Hypothesen zu schaffen, ist die Qualität der kognitiven Vernunft, die den einzelnen Menschen und die Beziehungen unter den Menschen auszeichnet. Das ist jene menschliche Vernunft, von der verrückte Fanatiker wie die Empiristen, Immanuel Kant und die Anhänger von Huntington und Brzezinski kategorisch behaupten, sie existiere nicht. Während niedrigere Lebensformen sich nicht aus eigener Geisteskraft über das ökologische und sonstige Potential ihres biologischen Erbes erheben können, kann die Menschheit Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien — wahre oder falsche — von Generation zu Generation weitergeben. Dies Weiterge- ben dieser spezifisch menschlichen Ideen bildet das, was wir zu recht „Kultur" nennen. Geschichte und Wesen der Menschheit zeigen sich dementsprechend in der evolutionären Entwicklung oder Rückwärtsentwicklung gescheiterter oder relativ erfolgreicher Kulturen und der Individuen innerhalb dieser Kulturen. Mit anderen Worten: Das besondere Kennzeichen der menschlichen Gattung ist, daß das einzelne Mitglied dieser Gattung die angeborene, potentiell erhabene Kraft besitzt, die Entwicklungsrichtung seiner Kultur zu verändern — zusätzlich zum aktiven Weitervermitteln der Erkenntnisse in der Kultur, die von früheren Generationen aus der eigenen oder anderen Kulturen hinterlassen wurden. 11 Die Fähigkeit, die Prozesse hinter dieser Entwicklung verschiedener Kulturen und deren Wechselwirkungen zu vergleichen und zu analysieren, erreicht ein relativ höchstes, ausgezeichnetes Niveau mit dem Studium der evolutionären Entwicklung jener Formen von Wissen, die man mit den Prinzipien und der Praxis der klassischen Kultur und der klassischen neuzeitlichen Wissenschaft, die mit Nikolaus von Kues' Entdeckungen im 1 5 . Jahrhundert angestoßen wurde, verbinden sollte. 12 Wenn wir uns den entscheidenden Herausforderungen im Zusammenhang mit den Folgen des 1 1 . September stellen wollen, müssen wir uns auf Wege der wissenschaftlichen Arbeit wagen, die im heutigen ziemlich dekadenten akademischen Leben leider in der Regel übersehen werden — ein Mangel, der für die heutige europäische Zivilisation sehr schmerzhafte Folgen hat. Die ganze Welt steckt heute in der schwersten allgemeinen Krise der Neuzeit. Unter diesen Umständen müssen wir einiges radikal verändern — weg von der närrischen Politik, an die sich die Nationen und ihre Regierungen in letzter Zeit gewöhnt haben. Diese notwendigen, teilweise radikalen Änderungen in unserem politischen Denken können uns sicher in die unmittelbar vor uns liegenden Jahre führen. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie können wir sicher sein, daß die erhofften positiven Folgen unserer Entscheidungen auch wirklich eintreffen? Das allerwichtigste bei unserer Reaktion auf die Schrecken des 1 1 . September ist, nicht bloß die Schuldigen zu finden, sondern zu definieren, was wir tun müssen, um unsere Zivilisation vor den Folgen dieses Angriffs zu schützen. Das Entfernen eines infizierten Organs sichert nicht notwendigerweise das Überleben des Patienten. Um mit begründeter Zuversicht darüber zu reden, welche Optionen nach den Ereignissen des 1 1 . September vor uns liegen, muß ich deshalb nun meine eigene Methode langfristiger Prognostik, die sich seit über einem Vierteljahrhundert immer wieder als konkurrenzlos erfolgreich erwiesen hat, zusammengefaßt darlegen. Entwurf einer Wissenschaft der Strategie Mein grundlegendster und höchst erfolgreicher Beitrag zum Studium der menschlichen Kulturen ist die Einführung des Begriffs der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte als einzige kompetente Grundlage der Definition einer physischen Wirtschaftswissenschaft und damit zugleich als Grundlage für eine Klärung der Prinzipien einer universellen Methode in der Wirtschaftsgeschichte. Wie ich in zahllosen Veröffentlichungen dargelegt habe, wäre die einzige wissenschaftlich akzeptable Grundlage zur Messung der relativen Qualität einer Kultur heute die Beurteilung, ob die Entwicklung von Wissenschaft und Kunst in ihren wesentlichen Aspekten es der Kultur ermöglicht, ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte zu erhalten und zu erhöhen. Wenn wir so an die physische Wirtschaftswissenschaft herangehen, liefert uns das nicht nur die optimale Grundlage für eine rigorose Erforschung der Vergangenheit, sondern auch zuverlässige Methoden zur Gestaltung des zukünftigen Resultates dieser Geschichte. Bei diesem Studium sollte man das Hauptaugenmerk immer auf die physikalisch funktionellen Merkmale des Fortschritts oder Niedergangs von Kulturen richten. In einer ersten Annäherung bedeutet dies, daß wir die nationalen oder vergleichbaren Einzelkulturen und die Beziehungen zwischen mehreren Kulturen mindestens über einen Zeitraum von einer oder mehreren Generationen untersuchen und herausfinden müssen, wie sich Kulturen über Jahrhunderte hinweg veränderten. Auf dieser Grundlage müssen wir dann herausfinden, wie auch relativ kleine Veränderungen in diesen kulturellen Prozessen — selbst kurzfristig von Einzelpersonen her- beigeführte — die mittel- und sogar langfristige Evolution einer oder mehrerer Kulturen bedeutend verändern können. Das physikalische Prinzip der relativen potentiellen Bevölkerungsdichte liefert dabei den unverzichtbaren Schlüssel für eine korrekte Untersuchung. Man konzentriere sich dabei auf die bewußte Einführung relativ kleiner, aber im weiteren Verlauf sehr machtvoller Veränderungen der axiomatischen Eigenschaften einer Kultur, die oft von souveränen individuellen Persönlichkeiten ausgehen. Dies definiert den Wesensunterschied zwischen dem Verhalten menschlicher Kulturen und den Gewohnheiten von Tieren. Man kann nicht eindringlich genug warnen: Anders als Adam Smith oder die orthodoxen Sozialdemokraten und die Anarchosyndikalisten meinen, wird die Geschichte nicht durch den automatischen Pulsschlag „objektiver geschichtlicher Kräfte" bestimmt. Alle wesentlichen Entwicklungen in der Vorgeschichte und Geschichte der menschlichen Gattung sind Resultate individueller willentlicher Veränderungen des prinzipiellen Gangs der Ereignisse, die durch Neuerungen souveräner Individuen eingeführt werden.13 Damit ändert die Menschheit ihre Kultur und revolutioniert auch das, was Empiristen und andere Narren fälschlich als so oder so unabänderliche axiomatische Eigenschaften der menschlichen Natur hinstellen. Dank meiner Entdeckungen auf dem Spezialgebiet der physischen Wirtschaftswissenschaft sind wir nun in der Lage, dieses Prinzip wissenschaftlicher Geschichtsbetrachtung, das manchmal „Voluntarismus" genannt wird, zu verstehen und als Instrument langfristiger Pro- 37 gnose anzuwenden, um die wirtschaftlichen und verwandten Entwicklungen in und zwischen Kulturen allgemein fortschrittlich zu gestalten. Wenn wir Kulturen in dieser Hinsicht untersuchen, können wir daraus ableiten, auf welche Weise die axiomatischen und verwandten Neuerungen einzelner so eingesetzt werden können, daß sich die Kultur vorhersehbar und zum Besseren verändert. Wenn wir die physische Wirtschaftswissenschaft auf diese Weise anwenden, können wir Fehlentwicklungen in der Politik, die mittel- und langfristig zu kulturellen und realwirtschaftlichen Katastrophen führen, leichter erkennen und berichtigen. Ich meine Katastrophen wie den gegenwärtigen Zusammenbruch des weltweiten Finanz- und Währungssystems. Ich erläutere nun zusammenfassend den unmittelbar relevanten Punkt. Obwohl ich oben bereits betont habe, daß meine eigenen Entdeckungen in diesem Wissenschaftsbereich von einem anderen Ansatz ausgingen als diejenigen Wernadskijs,14 gibt es zwischen unseren jeweiligen Schlußfolgerungen weitreichende Übereinstimmungen — einmal abgesehen von Unterschieden in seinem Verständnis der Noosphäre und in meiner Behandlungsweise der sehr vielen ähnlichen Schlußfolgerungen bei meiner Entdeckung und Entwicklung des Prinzips der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte. Rekapitulieren wir noch einmal das Argument. Es handelt sich um ein höchst wichtiges, wenn auch wenig verstandenes Prinzip, welches für das Verständnis der tieferen Implikationen der Ereignisse des 1 1 . September herausragende Bedeutung hat. Wie Wernadskij definiere ich das experimentell bekannte Universum als vielfach vernetzte Mannigfaltigkeit dreier voneinander unabhängiger, aber in Wechselwirkung zueinander stehender Arten universeller physikalischer Prinzipien. Dabei handelt es sich kurz gesagt um die jeweiligen experimentell definierten Bereiche des Nichtlebenden, des Lebenden und der Kognition/Erkenntnis. Konzeptionell definiere ich das Universum in Begriffen einer nichteuklidischen, Riemannschen differentiellen (physikalischen) Geometrie. So wie die Existenz lebender Prozesse ein Ausdruck eines charakteristisch antientropischen universellen Prinzips ist — im Gegensatz zu der falschen Vorstellung einer universellen Entropie, wie sie Clausius, Grassmann, Kelvin, Boltzmann u.a. dem Universum als Ganzem zusprachen —, so bedeuten die spezifisch menschlichen Seelen- oder Erkenntnisprozesse, die sich in Entdeckungen universeller Prinzipien in Wissenschaft und Kunst ausdrücken, ein antientropisches Prinzip (manchmal als spirituelles, geistiges oder Seelenprinzip bezeichnet), das unabhängig von den Beschränkungen nichtlebender und niedrigerer lebender Prozesse überall im Universum existiert. 15 Wir können also sagen, ohne uns dem Verdacht eines blinden gnostischen Mystizismus auszusetzen, daß das physikalische Universum aus drei experimentell definierten, vielfach vernetzten Phasenräumen besteht: nichtlebend, lebend und geistig. Anders als die Gnostiker behaupten, ist jede experimentell bestätigte individuelle Entdeckung eines universellen physikalischen Prinzips an sich schon der klarste und einfachste Beweis der physikalischen Wirksamkeit des sokratischen Seelenprinzips. Diese universell wirksamen (kognitiven) Geisteskräfte sind jene, die sich in der neuzeitlichen Experimentalphysik auf einzigartige Weise ausdrücken: in der souveränen kognitiv-schöpferischen Einsicht des einzelnen Menschen, in dem individuellen schöpferischen sokratischen Akt der kognitiven Einsicht, auf den alle überprüfbaren Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien zurückgehen. Das Verständnis, auf welche Weise kognitiv entdeckte universelle physikalische Prinzipien die potentielle relative Bevölkerungsdichte der Menschheit erhöhen, liefert uns die notwendige konzeptionelle Grundlage für die Wissenschaft der physischen Wirtschaft und somit auch die Grundlage für eine umfassendere Untersuchung der sozialen Prozesse. Während Wernadskij die Bedeutung des individuellen Aktes der wissenschaftlichen Entdeckung als Quelle der wachsenden Macht der Menschheit über das Universum betont, sehe ich das Wirkprinzip nicht in erster Linie in der relativ einfachen Beziehung der Natur zum Individuum als solchem, sondern in der vorrangigen Bedeutung des Individuums für die Veränderung der bestimmenden kulturellen Prozesse, welche wiederum eine Veränderung der funktionalen Beziehungen der Menschheit zur Natur bewirken.^6 Dank der Erkenntnis, daß die für diesen sozialen Prozeß entscheidenden Prinzipien der klassischen künstlerischen Komposition als Ausdruck experimentell bewiesener, charakteristisch antientropischer universeller physikalischer Prinzipien zu verstehen sind, konnte ich die Methode langfristiger wirtschaftlicher und verwandter Prognose mit einzigartigem Erfolg revolutionieren. 17 Folglich war von meinen langfristigen und verwandten Vorhersagen, die seit mehr als 30 Jahren stets recht umfangreich in schriftlicher Form in der Öffentlichkeit zirkulierten, keine einzige in der Kernaussage falsch, während die Prognosen, die auf gegenteiligen Methoden beruhten und ausdrücklich das Gegenteil meiner Prognosen behaupteten, allesamt komplett versagt haben. 18 Das historische Umfeld Diese Methode der Analyse und Vorhersage habe ich erfolgreich auf die Krise angewandt, in deren Mittelpunkt der Einfluß der mörderischen, wahnsinnigen Ideologie steht, die als Brzezinskis, Huntingtons und Bernhard Lewis' Verschwörung zum „Kampf der Kulturen" bekannt ist. Für ein kompetentes Verständnis des 38 Problems, das sich durch den fraglichen Putschversuch stellt, müssen wir diese Verschwörung und die damit verbundenen Entwicklungen zum allgemeinen Umfeld in Bezug setzen — dem gleichen Umfeld, in dem auch die physische Wirtschaftswissenschaft angesiedelt ist. Man kann die Ursachen oder die verrückte Wirkung der Brzezinski-Verschwörung nicht wirklich rigoros und kompetent beurteilen, ohne diese Strategie des „Kampfes der Kulturen" in die langfristige Evolution der inzwischen weltweit verbreiteten europäischen Zivilisation einordnen. Das Problem, das sich durch die entscheidenden Implikationen der Ereignisse des 1 1 . September stellt, muß daher in den Zusammenhang der letzten 600 Jahre der Weltgeschichte gestellt werden — und dort vor allem in den Zusammenhang der großen Umwälzungen in der europäischen und anderen Kulturen im Gefolge der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika als erstem erfolgreichen Modell eines modernen, souveränen, konstitutionell-republikanischen Nationalstaats. Ich muß an dieser Stelle noch einmal in wesentlichen Aspekten definieren, was ich unter der „neuzeitlichen europäischen Zivilisation" verstehe. Ich entwickele diese Definition im Rahmen der angegebenen Prognosemethode und untersuche davon ausgehend die wesentlichen Lehren aus der Geschichte der neuzeitlichen europäischen Kultur. Zunächst zähle ich einige Kernfragen amerikanischer Politik auf, die in den Zeiträumen 1400-1648, 16881 7 6 3 und 1 776-1901 wurzeln, die man nicht ignorieren darf. Dann konzentriere ich mich auf die entscheidenden Aspekte der Entwicklungen des letzten Jahrhunderts, angefangen mit der Zeit 1 8 9 4 - 1 9 0 1 1 9 und weiter bis zu dem laufenden Zusammenbruch des derzeitigen Weltwährungs- und Finanzsystems. Dies sind dann die wesentlichen typischen Fakten, die man berücksichtigen muß, um von Fall zu Fall zu beurteilen, was gerade in den Köpfen führender politischer Kräfte in der Welt vor sich geht. Ich unterteile die weltweit einflußreiche neuzeitliche europäische Kulturnach 1400 zusammenfassend in die folgenden Hauptphasen: 1 . Die neuzeitliche Geschichte beginnt mit der Renaissance des 1 5 . Jahrhunderts mit Zentrum in Italien, aus der die neuzeitliche Experimentalphysik und der souveräne Nationalstaat geboren wurden.20 2. Große Teile der darauffolgenden beiden Jahrhunderte sind ein „kleines finsteres Zeitalter" der europäischen Zivilisation, wie Trevor-Roper und andere es nennen: die von Venedig und den Habsburgern dominierte Zeit gegen die Renaissance gerichteter Religions- und anderer Kriege in dem Zeitraum 1 5 1 1 - 1 6 4 8 , bis mit dem Westfälischen Frieden der moderne Nationalstaat wiedererstand. 3. Als nächstes folgte der Aufstieg einer am Vorbild Venedigs orientierten anglo-holländischen Seemacht — typisch sind die Anfänge der späteren Macht der Britischen Ostindiengeselischaft im Umkreis des Tyrannen Wilhelm von Oranien und danach 16891763. 4. Die Phase des amerikanischen Kampfes für die Unabhängigkeit von der anglo-holländischen Tyrannei und von der imperialen Tradition der Habsburger von 1 763 bis 1789 ist der wichtigste Bezugspunkt für die anschließende Gegenreaktion gegen die Amerikanische Revolution, aus der nach der Ermordung von US-Präsident McKinley 1 9 0 1 die gegenwärtige anglo-amerikanische imperiale Seemachtsherrschaft der Finanzoligarchie entstand. Diese Gegenreaktion in Form der ursprünglich anglo-holländischen, neovenezianischen Finanziersherrschaft über große Teile der Welt wurzelt in dem philosophischen Empirismus, der die Welt in die derzeitige Zusammenbruchskrise des Währungs- und Finanzsystems getrieben hat. 5. In diesem Umfeld finden sich dann die weltweiten revolutionären Auswirkungen der Amerikanischen Revolution 1776-89; die in der US-Verfassung ausgedrückten Prinzipien wurden zum Vorbild und Bezugspunkt für jede grundsätzliche Alternative zu der schwindenden Macht der dekadenten Habsburger wie auch zu den gegenwärtig vorherrschenden, ursprünglich anglo-holländischen Modellen einer weltweiten imperialen Seemachtsherrschaft der Finanzoligarchie. 6. Besonders seit der Auflösung der Sowjetunion 198991 sollte offenbar sein, daß die amerikanischen Revolutionen von 1776-89 und 1 8 6 1 - 7 6 die besten Strömungen der europäischen Zivilisation für den Kampf um eine wirkliche Republik um sich scharten. Wie die dazwischenliegende und nachfolgende Geschichte eindeutig gezeigt hat, geht von diesen beiden amerikanischen Revolutionen seitdem und noch heute die einzige bekannte Bedrohung der neovenezianischen, anglo-holländischen Variante einer maritimen, imperialen Finanzoligarchie und des verderblichen Empirismus und seiner Derivate aus. 21 Die besten Aspekte aller Volkswirtschaften seit 1 7 8 9 folgen dem Vorbild der Prinzipien des sog. Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie. 7. Mit dem Triumph der USA unter Präsident Abraham Lincoln über die britische Monarchie und deren Handlanger, die Konföderierten, kreiste der weltweite Konflikt zwischen Nationen und Kulturen um die Wahl zwischen dem Amerikanischen System von Alexander Hamilton, Mathew und Henry Carey sowie Friedrich Lists und dem entgegengesetzten britischen System der politischen Ökonomie. Selbst wenn man die bedeutende Rolle der Sowjetunion während des Großteils des 20. Jahrhunderts berücksichtigt — die Weltwirtschaft heute, nach 1 9 8 9 - 9 1 , ist im wesentlichen geteilt in zwei gegensätzliche Kräfte, die man so kurz wie zutreffend als die beiden gegnerischen Konzepte des amerikanischen Systems und des anglo-holländischen Systems der politischen Ökonomie beschreiben kann. Alle anderen Konflikte bewegen sich notwendigerweise historisch im Umkreis des andauernden Konflikts zwischen diesen beiden Konzepten. Dieser letztere grundlegende Konflikt hat verschiedene Aspekte, die allerdings miteinander verwoben sind: Erstens: Das Amerikanische System der politischen Ökonomie, wie es der erste amerikanische Finanzminister Alexander Hamilton umschrieb, gründet auf dem gleichen Prinzip vom Gemeinwohl, auf dem zuvor schon die Idee des souveränen Nationalstaates und deren Verwirklichung beruhte. Die Umsetzung dieses 39 Prinzips im Zug der Renaissance des 1 5 . Jahrhunderts und der Herrschaft Ludwig XI. in Frankreich und Heinrich VII. in England definiert die geschichtliche Existenz der neuzeitlichen europäischen Zivilisation. Die Vorstellung vom Gemeinwohl als eines der höchsten Prinzipien des Naturrechts steht im Mittelpunkt dessen, was man die „amerikanische intellektuelle Tradition" nennen sollte — die Tradition, aus der ich komme und die ich vertrete, während Prof. Elliotts Protege Henry Kissinger sie erklärtermaßen haßt.22 Zweitens: Die demokratisch-republikanische Form des konstitutionellen Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie ist dem anglo-holländischen „liberalen" System axiomatisch entgegengesetzt — das letztere beruht auf außerordentlicher Macht und Privilegien der finanzoligarchischen Klasse, wie sie etwa die Holländische und die Britische Ostindiengesellschaft verkörpern. Der Streit zwischen Präsident Franklin D. Roosevelt und Premierminister Winston Churchill während des Zweiten Weltkrieges ist ebenso typisch für die Konfliktpunkte wie der Konflikt zwischen mir und den Kreisen um Elliotts Golems Kissinger, Huntington und Brzezinski von 1 9 7 2 bis heute. Drittens: Das anglo-holländische System beruht auf der Hobbesschen oder ähnlichen Idee eines axiomatischen permanenten Konflikts zwischen und innerhalb von Nationen. Das Amerikanische System der großen Amerikaner wie John Quincy Adams, Abraham Lincoln und Franklin D. Roosevelt dagegen zielt auf die Errichtung einer erweiterten, dauerhaften („multipolaren") Prinzipiengemeinschaft völlig souveräner nationalstaatlicher Republiken. Die typische Ideologie der moralisch und intellektuell heruntergekommenen Anhänger Professor William Yandell Elliotts in den letzten 50 Jahren ist typisch für den Trend hin zu den extremsten Formen eines neuen ultramontanen integral istischen Dogmas eines Universalfaschismus (anders kann man es nicht mehr nennen).23 Dementsprechend ist es die größte Tragödie für das amerikanische Volk, daß immer wieder die Feinde des Amerikanischen Systems in den USA selbst die Überhand gewinnen konnten. So wurden die Vereinigten Staaten nach der Ermordung McKinleys im 20. Jahrhundert — mit Ausnahme der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts — zunehmend korrumpiert und von einer internationalen Finanzoligarchie beherrscht, die manchmal als „die ABC-Kabale" (amerikanisch-britischkanadisch) von Finanz-, Rechts- und akademischen Kreisen bezeichnet wurde. Dazu gehören einflußreiche Finanzinteressen und die mit ihnen verbundenen Rechtsanwaltskanzleien, die zusammen die Regierungseinrichtungen massiv unterwandert haben und von einflußreichen steuerfreien und anderen Denkfabriken hinter dem Einfluß von Elliotts Golems repräsentiert werden. Der jetzt heranstürmende endgültige Zusammenbruch des gegenwärtig vorherrschenden Währungsund Finanzsystems ist im wesentlichen ein interner, selbstverschuldeter Zusammenbruch des Systems, das seit der Zeit unmittelbar nach dem Tode Franklin D. Roosevelts die Welt kontrollierte und das seit dem Zusammenbruch des Sowjetsystems vorübergehend versucht, sich als globale imperiale Macht aufzuspielen. Nur in diesem Rahmen der auf diese Weise definierten Geschichte der Neuzeit lassen sich die Gründe und die Lösungsmöglichkeiten der Krise des 1 1 . September angemessen verstehen. In der folgenden Chronologie beschränke ich mich auf die wenigen Höhepunkte dieser Geschichte, die für ein kompetentes Verständnis der jetzigen weltstrategischen Krise unverzichtbar sind. Aufstieg und Niedergang der amerikanischen Macht Die folgenden Entwicklungen ab 1789 sind die wichtigsten historisch-kulturellen Hintergründe der Bedeutung der USA für die wesentlichen weltweiten Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Die zentrale Wasserscheide des Fortschritts der neuzeitlichen politischen Geschichte nach 1 7 1 4 war der gemeinsame Vorstoß führender Vertreter der klassischen kulturellen und wissenschaftlichen Tradition der neuzeitlichen europäischen Zivilisation für die Gründung einer neuzeitlichen, souveränen, nationalstaatlich verfaßten Republik in den englischsprachigen Kolonien Nordamerikas. Dieser Widerstand gegen die Tyrannei sowohl der Habsburger als auch der anglo-holländischen imperialen Herrschaft ist noch heute das wichtigste Erbe der ganzen neuzeitlichen europäischen Geschichte. Der Triumph der Sache der amerikanischen Unabhängigkeit und der Entwurf der US-Verfassung 1 787-89 bildeten den größten politischen Fortschritt der Staatskunst der europäischen Zivilisation, bis dann in der Folge des 1 4 . Juli 1 789 der Jakobinerterror in Frankreich begann. Der Jakobinerterror 1789-94 und die darauffolgende faschistische Tyrannei Napoleon Bonapartes unterbra- 40 chen jedoch vorübergehend die Verbindungen der USA zu ihrem europäischen Verbündeten Frankreich, ohne dessen Hilfe die amerikanische Unabhängigkeit kaum möglich gewesen wäre.24 Nach Napoleon sorgte dann 1 8 1 4 - 1 5 der Wiener Kongreß für eine zeitweise neue imperiale Machtaufteilung in Europa, wobei die britische Monarchie und Habsburgs Heilige Allianz gemeinsam herrschten. Unter diesen strategischen Bedingungen waren die USA von 1789 bis zu Abraham Lincolns erfolgreichem Krieg gegen die Konföderierten 1 8 6 1 - 6 5 weitgehend isoliert; sie wurden von ausländischen Großmächten angegriffen und waren verräterischen Einflüssen im eigenen Land ausgesetzt: mit London verbundenen Bankiers, Sklavenhaltern der Südstaaten, habsburgischen Komplotten sowie den Auswüchsen des Pöbels der Familie Bonaparte, die sich auf ihre Weise in unsere Angelegenheiten einmischten. Als die USA die französischen Besatzungstruppen des Marionettenkaisers der Habsburger und Napoleons III. aus Mexiko vertrieben, traten sie damit erstmals als Weltmacht auf, deren Einfluß nicht auf ihre Hemisphäre beschränkt war.23 Die US-amerikanischen Siege von 1 8 6 1 - 6 5 setzten sich in einem Prozeß agro-industrieller Entwicklung fort, der sich u.a. in der Jahrhundertausstellung in Philadelphia 1 8 7 6 zeigte. Der Erfolg des Amerikanischen Systems von Henry Carey im Zeitraum 1 8 6 1 76 führte dazu, daß Deutschland, Rußland, Japan und viele andere Nationen nicht nur wesentliche Aspekte des Amerikanischen Systems übernahmen, um ihre Volkswirtschaften zu verbessern, sondern auch daraus lernen wollten, wie die USA mit dem transkontinentalen Eisenbahnprogramm den amerikanischen Kontinent vom Atlantik bis zum Pazifik erfolgreich erschlossen hatten. Von der Schlacht bei Cettysburg 1 863 bis zur Ausstellung in Philadelphia 1 8 7 6 entwickelten sich die USA somit zur stärksten Bedrohung sowohl für das britische Empire als auch für die Überreste der Habsburgertyrannei. Deshalb organisierte ein von London geführtes und von den Habsburgerinteressen gestütztes Spionagenetz den Mord an Präsident Lincoln, begann einen Wirtschaftskrieg gegen die USA und förderte verräterische Strömungen in den USA, bis hin zu dem Mord an Präsident McKinley im Jahr 1 9 0 1 , bei dem Emma Goldman vom Settlement House in der New Yorker Henry Street mitwirkte. Zugegeben, auch nach McKinley haben die USA im 20. Jahrhundert noch relativ an militärischer und wirtschaftlicher Macht hinzugewonnen — aber es waren nicht mehr die USA, wie sie durch Präsident Lincolns Sieg entstanden waren. Kompetente Untersuchungen der amerikanischen Innen- und Außenpolitik der vergangenen hundert Jahre konzentrieren sich darauf, welche Implikationen es hatte, daß sich Lincolns Sieg über die Konföderierten ins Gegenteil verkehrte, als nacheinander zwei Parteigänger der Konföderierten Präsident wurden: Theodore Roosevelt und der Ku-Klux-Klan-Anhänger Woodrow Wilson (und später der Oligarch Calvin Coolidge). Wie Präsident Franklin D. Roosevelt gegenüber den amerikanischen Wählern, aber auch gegenüber Winston Churchill wiederholt betonte, gibt es im politisch-wirtschaftlichen Prozeß der USA eine grundsätzliche Spaltung: Die amerikanische intellektuelle Tradition der Gründerväter steht axiomatisch gegen die amerikanische Tory-Tradition — die Leute, die „britische Methoden aus dem 1 8 . Jahrhundert" bevorzugten, wie Roosevelt es formulierte. Jeder, der die amerikanische Geschichte anders erklären will als vor dem Hintergrund dieses grundlegenden kulturellen und moralischen Konflikts innerhalb unserer Nation, beweist damit nur sein Unverständnis oder seine Böswilligkeit. Wenn wir den gesamten Zeitraum des weltweiten Machtanstiegs der neuzeitlichen europäischen Zivilisation seit der Renaissance des 1 5 . Jahrhunderts überblicken, müssen wir den größten Teil der Zeit von 1 9 0 1 2001 relativ gesehen als ein „neues finsteres Zeitalter" der Menschheitsgeschichte bewerten.26 Zwei Weltkriege, die Große Depression und der Aufstieg faschistischer Diktaturen nach dem Ersten Weltkrieg, der sogenannte „Kalte Krieg", die Welle intellektueller und moralischer Dekadenz — wofür die zahllosen Zog inge William Yandell Elliotts nur ein typisches Beispiel sind —, die Mordanschläge und politischen Putsche in Nord- und Südamerika und Europa zwischen 1962-65 sowie der Niedergang der amerikanischen und europäischen Volkswirtschaften ab 1965 und dem schlimmen Verfall der Finanz- und Währungspolitik 1 9 7 1 - 2 0 0 1 — dies alles rechtfertigt die Bezeichnung „kulturelles finsteres Zeitalter" völlig. Nur der Führung Franklin Roosevelts und dem wirtschaftlichen Wiederaufbau zwischen 1945-63 in Nordund Südamerika, Japan und Europa verdanken wir eini- ge Lichtblicke in einem ansonsten schrecklichen und jetzt immer rascheren Niedergang der Welt von 1 9 0 1 bis 2001. Die Zeit 1962-65 war eine Phase intensiver Krise, darunter: faschistoide, militärputschartige Vorstöße gegen die amerikanische Regierung, die Kuba-Krise von 1962, die Mordanschläge auf den großen französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, der politische Staatsstreich gegen den britischen Premierminister Harold Macmillan, der erzwungene frühzeitige Rücktritt des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, die Ermordung Präsident Kennedys, der Beginn des ersten Indochinakrieges der USA, die Krankheit der ersten Amtszeit des britischen Premierministers Harold Wilson und der erzwungene Rücktritt Bundeskanzler Erhards in Deutschland. Diese und andere wichtige Ereignisse dieser Zeit bedeuten eine Zäsur zwischen der allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung während des Nachkriegswiederaufbaus 1945-63 und dem immer rascheren allgemeinen moralischen und wirtschaftlichen Niedergang, für den Richard Nixons an den KuKlux-Klan angebiederter Präsidentschaftswahlkampf 1966-68 ein überdeutliches Signal war. Mit Ausnahme sehr weniger Lichtblicke ist es seit dieser zentralen Wende von 1962-65 mit der weltweit verbreiteten europäischen Zivilisation in moralischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht immer schneller bergab gegangen. So wie der Jakobiner-Terror 1 789-94 die Bedingungen dafür schuf, daß die erste faschistische Tyrannei unter Napoleon Bonaparte entstehen konnte, so schuf die wiedererlangte Kontrolle der britischen Monarchie über die USA unter den Präsidenten Theodore Roosevelt, Woodrow Wilson und Calvin Coolidge günstige Voraussetzungen für den Aufstieg der faschistischen Tyranneien des 20. Jahrhunderts, z.B. unter Mussolini und Hitler, die sich ausdrücklich an den Traditionen der faschistischen Herrschaft des selbsternannten Cäsaren und Pontifex Maximus Napoleon Bonaparte orientierten. Betrachten wir die Entwicklung der Nachkriegsgruppe des Harvard-Professors und Nashville-Agrariers Elliott vor dem gesamten Hintergrund der Entwicklungen in Frankreich von 1 7 8 9 - 1 8 1 5 , des faschistischen Diktators Napoleon III. und der neuromantischen Seuche des Kulturpessimismus — angefangen mit den Existentialisten Schopenhauer und Nietzsche bis zu Adolf Hitler, Martin Heidegger und Theodor W. Adorno —, dann sollte es uns nicht überraschen, wenn wir erkennen, daß die Ideologien des Kultes eines globalisierten oder Universalfaschismus wie bei Huntington und Brzezinski 41 heute, typische Vertreter einer neuen Seuche faschistischer Ideologie sind, die implizit noch schlimmer sind als die berüchtigsten Protagonisten der 20er und 30er Jahre. Vor seinem leider zu frühen Tod hatte sich Präsident Franklin Roosevelt bei den Planungen für die Nachkriegszeit vorrangig darum bemüht, ein Bretton-WoodsSystem zu errichten, das nicht nur die Verheerungen von Depression und Krieg in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent heilte, sondern das auch die Seuche von Adam Smiths „Freihandelssystem" sowie sämtliche Überreste des portugiesischen, holländischen, britischen und französischen Kolonialismus ein für allemal beseitigen sollte. Der Leichnam des Präsidenten war noch nicht ganz kalt, da begannen seine Nachfolger schon mit brutalen Militäraktionen zur Rekolonialisierung und zur Einleitung eines von London inszenierten neuen strategisch-militärischen Konflikts zwischen den USA und ihrem ehemaligen Kriegsverbündeten, der Sowjetunion. Das Bretton-Woods-System war, obwohl es kein wirklich gerechtes System war, in bestimmtem Maße und in wichtigen Aspekten sehr erfolgreich, verglichen mit dem rundum gescheiterten System der freien Wechselkurse ab 1 9 7 1 , das derzeit gerade der ganzen Welt um die Ohren fliegt. Die Bedeutung der Krise von 1962-65 liegt darin, daß sie eine neue Ebene der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen den rivalisierenden anglo-amerikanischen und sowjetischen Atomsupermächten schuf. Im Zuge dieser Veränderungen wurden gleichzeitig auch die zentralen wirtschaftlichen und anderen staatstragenden Axiome der Zeit vor 1 9 6 2 rigoros und oftmals blutig ausgemerzt, und so wurde der Weg frei für den allgemeinen sog. „kulturellen Wertewandel", der am stärksten die nach 1 945 geborene Generation von Studenten u.a. prägte. In dieser Verwirrung nach der Krise von 1962-65 gelangte der angesammelte Müll der „linken" Richtung von H.G. Wells und Bertrand Russell und des „rechten" kulturellen Abschaums der „Nashville Agrarier"-Nachfahren der Gründer des Ku-Klux-Klans zunehmend in einflußreiche Positionen des kulturellen und politischen Lebens der USA. Wenn man berücksichtigt, wie die Nettoinvestitionen in grundlegende Infrastruktur nach 1 9 7 1 zurückgingen, und wie das wissenschaftliche und industrielle Potential, das die Mondlandung ermöglicht hatte, in den 70er Jahren immer rapider verloren ging, so muß festgestellt werden: Seit 1966/67 erlebt die amerikanische Binnenwirtschaft einen langfristigen Wachstumsrückgang, und seit 1 9 7 1 wandelte sich dies zu einem Prozeß der absoluten Schrumpfung der Binnenwirtschaft. Am schlimmsten war diese wirtschaftliche Desintegration unter dem von Brzezinski handverlesenen Präsidenten Jimmy Carter. Seit 1 9 7 7 erlitten die früher stolzen und optimistischen unteren vier Fünftel der Einkommensbezieher in Amerika einen immer schnelleren Rückgang ihres Anteils am Nationaleinkommen, während die amerikanische Volkswirtschaft gleichzeitig immer mehr darauf angewiesen war, mit Hilfe der ang- 42 lo-amerikanischen politischen Macht, andere Nationen — vor allem in Süd- und Mittelamerika, Afrika und Asien — durch Finanz- und Währungsschwindel und „Globalisierung" auszuplündern. Mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems 1989-91 wurde die anglo-amerikanische Finanzoligarchie zum vermeintlich unangefochtenen imperialen Herrscher der Welt, der alle anderen Nationen, einschließlich des westlichen Kontinentaleuropas, quasi auf den Status von Satrapien oder noch weniger reduzierte. Die massive Ausplünderung der Sowjetunion, vor allem von 1 9 9 1 - 9 8 , war dabei die größte Subvention einer ansonsten intern zusammenbrechenden Wirtschaftsmacht der Anglo-Amerikaner. Als 1997-98 die inhärent unvermeidlichen internationalen Finanz- und Währungskrisen eintraten, war praktisch nichts mehr übrig, was die anglo-amerikanischen Finanzinteressen noch ausplündern konnten. Das unvermeidliche Ende der heutigen Politik der herrschenden anglo-amerikanischen Finanzinteressen war klar und deutlich sichtbar. Diesen Interessen schlug die Stunde, ihnen wurde etwas verkündet, was sie nur als die kommende Götterdämmerung verstehen konnten. Deshalb wird die Welt seit diesem Wandel nach 1 9 9 6 von Ereignissen wie denen im Gefolge des 1 1 . September erschüttert. Die USA könnten einigermaßen bequem aus dieser Krise herauskommen. Es wäre zwar vorübergehend mit nicht gerade geringen Strapazen verbunden, aber wie Franklin Roosevelts Politik von 1933-45 zeigt, wäre es nicht notwendig, Lösungsmöglichkeiten außerhalb der Prinzipien unserer Verfassung von 1 789 zu suchen. Tatsächlich habe ich — angefangen mit meiner in den USA landesweit ausgestrahlten Berliner Fernsehansprache vom Oktober 1988 — immer wieder konkrete, praktikable Perspektiven dafür aufgezeigt, wie die USA unter den Bedingungen des damals von mir prognostizierten baldigen Zusammenbruchs des sowjetischen Systems eine neue und bessere Rolle in der Welt übernehmen könnten. Während der gesamten letzten 35 Jahre, in deren Verlauf ich meine heutige internationale Bedeutung erlangte, habe ich stets betont, daß eine Rückkehr zum „Amerikanischen System der nationalen Ökonomie", wie es US-Finanzminister Alexander Hamilton nannte, unserer Regierung die grundsätzliche politische Orientierung geben würde, um unserem Volk und den Völkern anderer Nationen einen endlosen Fortschritt immer besserer Lebensbedingungen zu ermöglichen, was auch das Angebot einer neuen Partnerschaft mit der wirtschaftlich zerstörten Sowjetunion einschloß. Dies gilt heute immer noch. Die Gefahr von Militärputschen und ähnlichen Schrecklichkeiten in den USA selbst hat nichts mit irgendeinem ehrenwerten wirtschaftlichen Eigeninteresse Amerikas zu tun. Nur für die gewaltigen Exzesse der Finanzparasiten sind die von mir vorgeschlagenen Reformen eine Bedrohung. Die Gefahr kommt von denen, die lieber die ganze Welt zur Hölle schicken würden, als den USA ihre Verfassung und damit eine Politik für das Gemeinwohl des Volkes zurückzugeben. Brzezinski und Hitler Betrachten wir, um die Ereignisse des 1 1 . September wenn man den Zustand der britischen Wirtschaft heute besser zu verstehen, noch einmal Hitlers Staatsstreich bedenkt — leider bedauernswert falsch war. vom Januar-März 1 9 3 3 . Es gab und gibt nichts, was die Jener Schacht, der Hitler im Dienste der mit Montagu explizit anglo-amerikanischen Maßnahmen, durch die Norman verbundenen anglo-amerikanischen Finanziers Hitler in Deutschland an die Macht kam, entschuldigen an die Macht brachte, wurde im März 1 9 3 3 Präsident könnte. Hätte der von Montagu Normans Komplizen der Reichsbank. So verließ Schacht, sich in Sicherheit wiegend, auf die Zustimmung der anglo-amerikanikorrumpierte Reichspräsident Hindenburg nicht Reichskanzler von Schleicher entlassen, so hätte der Amtsanschen Finanzgrößen, Hitlers Mobilisierung für den spätritt von Präsident Franklin Roosevelt in den USA im teren Einmarsch in die Sowjetunion zu beginnen, wie März 1 9 3 3 den Zweiten Weltkrieg verhindert. Wäre von sie in dessen geopolitischem Buch Mein Kampf Schleicher bis zu Roosevelts Inauguration im Amt angekündigt war. Wegen der Verhandlungen zwischen geblieben, dann hätten Deutschland und die VereinigMolotow und Ribbentrop verliefen die Geschehnisse ten Staaten praktisch identische dann ein wenig anders, als England erfolgreiche Wirtschaftsprogrames sich vor der Abdankung König me gehabt, und es wäre niemals Edwards VIII. vorgestellt hatte, aber zum Zweiten Weltkrieg gekomdavon einmal abgesehen war der men. Zweite Weltkrieg bereits um 1934Kurz, die dem Londoner Hitler36 unausweichlich geworden. Unterstützer Montagu Norman Es gab im Verlauf der bekannten nahestehenden anglo-amerikaniGeschichte immer wieder klar defischen Finanzinteressen haben im nierte kritische Augenblicke der EntJanuar 1 9 3 3 gezielt gehandelt, scheidung, an denen der allgemeine damit der Zweite Weltkrieg nicht Trend einer nachfolgenden, neuen verhindert wurde. Sie hinderten Geschichtsepoche so oder so prakReichsbankpräsident Hjalmar Schacht tisch schon vorausbestimmt war. Die führende Kreise Kontinentaieuro(links) und sein Hintermann, der britipas daran, ein Bündnis mit AmeriEreignisse in Deutschland vom Janusche Zentralbankchef Montagu Norman. ka einzugehen, mit dem eine der ar-März 1 9 3 3 waren typisch für solamerikanischen intellektuellen Trache entscheidenden historischen „ Wie Henry Kissinger dition entsprechende Politik weltMomente. Es ist grausam, aber wahr später, so war Montagu weit vorherrschend geworden und auch notwendig, zu berichten, wäre. Wie Henry Kissinger später, daß mit der Entscheidung der deutNorman und seinen so war Montagu Norman und seischen Militärführung im Jahr 1934, Kumpanen die Hölle auf nen Kumpanen die Hölle auf Erden trotz der Ermordung des Kanzlers Erden lieber als eine Welt lieber als eine Welt unter dem Einvon Schleicher nichts gegen Hitler fluß der amerikanischen intellektuzu tun, der Untergang der deutschen unter dem Einfluß der ellen Tradition. Generäle vom Juli 1944 schon voramerikanischen Ich habe Mitte der 70er Jahre auszuahnen war. Nach diesem Mord intellektuellen Tradition." persönlich eine vergleichbare kleiwar der Tod Hindenburgs nur noch ne Erfahrung gemacht. die letzte Formsache, die den Weg Bei einem Treffen mit einem für Hitlers Machtkonsoiidierung freiführenden Vertreter einer großen britischen Partei faßte machte. Nur die führenden Persönlichkeiten in ich zusammen, vor welcher Alternative das IWF-System Deutschland, die diese fatalen, von London gewünschder freien Wechselkurse der Jahre 1 9 7 1 - 7 5 stand. Ich ten Entscheidungen der Jahre 1 9 3 3 - 3 4 zuließen, trifft argumentierte in Kürze, es wäre besser, wenn bestimmeine wesentliche Mitschuld an den Schreckiichkeiten, te britische Interessen, die meine Vorschläge normalerdie aus diesen Entscheidungen folgten. weise rundweg ablehnten, vielleicht doch den Weg der Die Wirkung des voluntaristischen Prinzips in der von mir vorgeschlagenen Weltwährungsreform einGeschichte hat also oft seine Schattenseiten. schlügen, wenn sie sich nur daran erinnerten, was dabei Die britische Rolle bei Hitlers Machtübernahme und herauskam, als ihre Vorgänger den Schacht-Günstling das Versagen der deutschen Generäle, die nicht verhinHitler in Deutschland an die Macht brachten. Ich schilderten, daß Hitler erst Reichskanzler und dann Diktator derte die Lage kurzgefaßt als eine Alternative zwischen wurde, ist nur ein typisches Beispiel für diese Schattendem „Schock" einer notwendigen Währungsreform und seite. Wäre auch noch der Militärputsch gegen Franklin den Folgen einer Fortsetzung der damals betriebenen Roosevelt zu Beginn seiner Amtszeit erfolgreich geweWiederbelebung der Schachtschen Austeritätspolitik. sen, dann wäre das 20. Jahrhundert eines der finstersten Die Antwort auf meine Argumente war abrupt und Zeitalter der ganzen Menschheitsgeschichte geworden. kühl: „Ich bin mir sicher, wir würden Schacht Ihrem Deshalb ist für mich das Beispiel, wie bestimmte deutSchock vorziehen." Ein Vierteljahrhundert später kann sche Militärführer zuließen, daß Hindenburg Hitler an man feststellen, daß ich offensichtlich recht hatte und die Macht brachte, auch heute noch eine der furchtbardie britische Reaktion auf meine Argumentation — sten Lehren der neuzeitlichen Geschichte. Die Ereignis- 43 se des 1 1 . September sind, wenn man sie im Lichte des „Kampfs der Kulturen" von Huntington-BrzezinskiLewis betrachtet, für uns der wichtigste unmittelbarste Grund ähnlicher Art, heute um das Schicksal der Menschheit zu bangen. Es ist kein irgendwie gearteter Faktor des objektiven nationalen Interesses der Vereinigten Staaten, der die Kräfte hinter den gefährlichen Verrückten wie Brzezinski und Huntington dazu treiben würde, schreckliche Religionskriege und universalfaschistische Diktaturen zu entfesseln. Wie die Lakaien der todgeweihten Götter des Olymp, für die sie sich implizit halten, und wie die Hintermänner von Scharons Feldzug, würden sie eher das Universum zerstören, als einen Rückschlag für die Sache ihrer wahnsinnigen Ideologie hinzunehmen. Sie würden lieber in ihrer eigenen Hölle regieren, als nach einem erhabenen Frieden zu streben. Es gibt keinen vernünftigen Grund für das, was Scharon tut, oder für das, was die Unterstützer von Brzezinskis geopolitischem Wahnsinn vorhaben; doch weiß jeder, der die Geschichte wirklich kennt, daß es dennoch geschehen kann, wenn man es nicht verhindert. II. Kabale und Strategie Zu Beginn des vorangegangenen Kapitels wiederholte ich meine seit langem gehegte Ansicht, daß kompetente Strategie für zivilisierte Nationen schon immer eine andere Bezeichnung für das war, was ich oben als Kultur definiert habe. Das galt für Augustinus' Lehre vom gerechten Krieg ebenso wie für Moses Mendelssohn, der das militärische Ausbildungsprogramm entwarf, aus dem in Deutschland der beispielhafte Gerhard Schamhorst hervorging. Oder, um das gleiche aus der Sicht der Wissenschaft der Leibnizschen Monadologie und der Riemannschen physikalischen Differenzialgeometrie zu veranschaulichen: Man findet die wesentlichen Elemente der Strategie nicht unter den Elfenbeinturmphantasien auf einer Schautafel, auf einem Tisch oder im Sandkasten auf dem Kinderspielplatz; vielmehr liegt das Wesen der Geschichte — so wie bei den großen Entdeckungen in der Naturwissenschaft und in den charakteristischen Merkmalen der spezifischen physikalischen Geometrie dieses Bereiches — in der kognitiven Natur des menschlichen Individuums, der Quelle positiver Veränderungen. Deshalb ist die Tatsache, daß das klassisch-humanistische Programm, das zur Grundlage des späteren deutschen militärischen Generalstabs wurde, von Moses Mendelssohn entworfen wurde (auf Ersuchen von Wilhelm Graf Schaumburg-Lippe), nicht nur eine der ergötzlichsten Ironien der modernen Militärgeschichte; es ist auch eines der wichtigsten Beispiele für richtiges strategisches Denken. Ich betone das hier wegen des klaren Gegensatzes zu der inhärenten Mischung aus Bösartigkeit, Wahnsinn und dem Hang zur Selbstvernichtung in der strategischen Doktrin der Kreise um die unmoralische Harvard-Gruppe Elliott, Brzezinski, Huntington, Kissinger sowie ihrer Komplizen im Berufsmilitär innerhalb der USA und Israels heute. Wie ich zu Beginn des letztes Kapitels zusammenfassend darlegte, leitet sich ein kompetentes Verständnis von Strategie prinzipiell aus dem wesentlichen Unterschied zwischen der physikalischen Geometrie des menschlichen Handels einerseits und dem für das Verhalten der Tiere charakteristischen Bereich andererseits ab. Dies bedeutet, wie z.B. Mendelssohns Phädon zeigt: Jede wirklich wissenschaftliche strategische Doktrin beruht, ebenso wie jede große Erneuerung der klassischen Kultur in Wissenschaft und Künsten, auf einem modernen Verständnis von Platons sokratischer Definition der Unsterblichkeit der souveränen individuellen 44 menschlichen Seele. Damit stellt sich die Frage: Für welche wahrhaft unsterbliche Sache soll ein Mensch für andere sein Leben hingeben? Entgegen der utopischen „Negation der Negation" des Krieges als „ewiger Friede" beim unmoralischen Immanuel Kant und entgegen der pervertierten Vorstellung vom Frieden als endlosem Krieg bei Huntington: Es gibt nur eine Sache, für die ein Mensch berechtigterweise sein Leben aufs Spiel setzen soll — das ureigenste Interesse seiner unsterblichen Seele. Aus diesem Motiv heraus mag ein guter Mensch Wunder vollbringen — und es ist auch schon oft geschehen! Oder, um es anders zu formulieren, das sterbliche Individuum hat nur das eine dauerhafte Interesse am Leben, das Potential dieses sterblichen Lebens zu benutzen, um das wesentliche Interesse seiner unsterblichen Seele zu erfüllen. Wir werden alle einmal früher oder später sterben, was ist also dann unser weiterwirkendes Eigeninteresse? Was für einen Beitrag für die weitere Verbesserung der Zukunft wird unser Leben leisten, wenn wir einmal tot sind? Was ist dann noch für uns von Bedeutung? So werden mutige junge Soldaten sterben, während alte Soldaten — wie Präsident Charles de Gaulle — vielleicht überleben, um durch dieses längere Leben zu dienen. Wie sieht der Beitrag unseres Lebens für die Verbesserung des Gemeinwohls aller Menschen, unserer Nation und der ganzen Menschheit, aus, der nach uns weiterlebt? Dies ist das Prinzip der Strategie, von dem sich der Staat ebenso lenken lassen muß wie jedes moralische Mitglied dieser Gesellschaft. Der Fortschritt in der Entwicklung und im Verständnis der Militärstrategie der neuzeitlichen europäischen Kulturen — von Leonardo da Vinci und Niccolö Machiavelli bis zu den revolutionären Neuerungen von Geistesriesen wie Lazare Carnot und Scharnhorst — reflektiert von seinem Wesen her die Entstehung der neuzeitlichen klassisch-humanistischen Idee vom wissenschaftlichen Fortschritt per se — ebenfalls Strategie. Der Ursprung dieser Anwendung der Wissenschaft und modernen klassisch-humanistischen künstlerischen Komposition auf die Staatskunst im allgemeinen und auf die militärische Praxis im besonderen liegt in der Entstehung des neuzeitlichen souveränen Nationalstaates. Das oberste Prinzip, auf dem dieser Staat gründet, ist die Förderung des Gemeinwohls aller Mitglieder gegenwärtiger und zukünftiger Generationen. Dies ist das wesent- liehe Prinzip der neuzeitlichen europäischen Kultur im allgemeinen und daher auch der kompetenten moder- nen Strategie und militärischen Lehre und Praxis im besonderen. Die Hauptfragen einer so verstandenen Strategie wurden von den besten klassischen Spezialisten bereits in beträchtlichem Ausmaß behandelt — auf vielerlei nützliche Arten, und teilweise hervorragend. Wie ich nun darlegen werde, ermöglichen es mir jedoch meine eigenen wirtschaftswissenschaftlichen Entdeckungen, der Sache noch viel weiter auf den Grund zu gehen und Dinge zu erkennen, die früheren Erörterungen entgangen sind. Zu betonen ist, daß strategische Fragen vom gleichen Standpunkt aus betrachtet werden müssen wie die Förderung der Pro-Kopf-Arbeitsproduktivkraft durch langfristige Investitionen in Wissenschaft und Technik, die das Vermögen eines Volkes in bezug auf die potentielle relative Bevölkerungsdichte steigern. So verfügt eine Gesellschaft durch die Verbesserungen in der sozialen Praxis, die sich aus einer gesteigerten Lebensqualität ihrer Mitglieder ergeben, über ein strategisches Potential, das dem jeder oligarchischen Gesellschaftsform überlegen ist. Die inneren und äußeren Gegner unserer amerikanischen Republik ließen sich in ihren Vorstellungen von Macht von ihrer unmoralischen Bewunderung kriegerischer und mächtiger Ungeheuer leiten. Folgerichtig übersehen sie in ihrem Versuch der Perfektionierung ihrer eigenen Bestialität in der Regel die Lehre aus dem Schicksal des mächtigen Tigers, der in der von Menschen aufgestellten Falle gefangen ist oder durch menschliche Pfeile oder Gewehrkugeln hingestreckt wird. An Ende wird weder Muskelkraft noch die „Rache der verrückten Akademiker" der Smith-Richardson-, Olin- oder Mellon-Scaife-Stiftung obsiegen, sondern die Macht der Erkenntnis. Auf diese Weise gelang es dem französischen König Ludwig XL, die mächtige Gruppe seiner Gegner auszumanövrieren. Und genau so setzte Heinrich VII. in England eine revolutionäre Steigerung der Kultur und Macht seiner Nation in Gang. Im Mittelpunkt der Strategie steht es, den Gegner der Zivilisation dazu zu verleiten, auf einem realwirtschaftlichen Terrain zu kämpfen, das entwickelt wurde, um der edleren Gesellschaftsform inhärent Vorteile an die Hand zu geben. Man sichert einen dauerhaften Sieg, indem man den potentiellen Gegner soweit bringt, daß er die Vorteile, die unser Sieg ihm bringt, dem Ruin beider Seiten durch einen ungerechten Krieg vorzieht. Hier liegt der Schlüssel dazu, warum auf die Lakaien des im Kern faschistischen Romantikers und Nashville-Agrariers Elliott der Untergang wartet. General MacArthur hat den Krieg im Pazifik schneller, besser und mit viel geringeren Verlusten gewonnen, als seine Kritiker das gekonnt hätten, weil er, anstatt unnötigerweise die Atombombe abzuwerfen, unnötige Schlachten vermied und seine Kräfte soweit als möglich gegen die wesentliche strategische Schwäche der Inselnation Japan konzentrierte. Wären die Atombomben nicht abgeworfen worden, so hätte es wahrscheinlich nur noch wenige Wochen gedauert, bis die wirksamen Blockaden die widerstrebenden japanischen Militärführer gezwungen hätten, den Kapitulationsplan ihres Kaisers zu akzeptieren, aber Amerika hätte nicht in einem völlig unnötigen Angriff Menschenleben verloren, und das Kriegsende wäre für die Japaner wie für uns viel schöner geworden. So benutzte Carnot auf verschiedene Weise die inhärente Überlegenheit Frankreichs — als vom Erbe der Fronde befreite, führende Wissenschaftsnation der damaligen Welt, deren Bauern gerade aus der feudalistischen Leibeigenschaft befreit waren —, um die drohende Auflösung der französischen Nation abzuwenden und sämtliche ausländischen Invasionsheere jener Jahre vernichtend zu schlagen. So wandten die Freunde Friedrich Schillers dessen Studien über die von den Habsburgern angeführten Religionskriege der Zeit 1 5 1 1 1648 an, um Rußland und seinen preußischen Verbündeten zu zeigen, wie man Kaiser Napoleons scheinbar unbesiegbarer Grande Armee eine tödliche Falle stellt. Der charakteristische Feind der Sache der Gründung und Verteidigung der Institution des neuzeitlichen souveränen Nationalstaats war und ist die oligarchische Tradition, die von der Kultur so bösartiger Gesellschaftsformen wie dem antiken Römischen Reich vererbt wurde. Dazu zählen auch die mit dieser Reichsidee verbundenen romantischen Traditionen, wie man sie noch heute in der zum Faschismus neigenden kulturellen, rechtlichen und militärischen Lehre und Politik z.B. bei Elliotts Harvard-Co/ems antrifft. Die wichtigsten Waffen dieser edlen Auseinandersetzung sind die Waffen der Erkenntnis — die ultimative Waffe der Veränderung in dem Sinne, wie Platon ein Prinzip der Veränderung als universell und grundlegend definierte. Das wesentliche Merkmal des wirklich gerechten Krieges in sieben Jahrhunderten neuzeitlicher europäischer Zivilisation war der Einsatz von Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien — sowohl sog. physikalische Prinzipien als auch solche der klassischen Künste —, welche souveränen Nationalstaaten jene Veränderungen ermöglichten, durch die sie die Macht von Imperien und anderen oligarchischen Herrschaftsformen ausmanövrieren konnten. Das Kampfpotential des einzelnen und seiner Einheit besteht letztlich nicht in seiner Muskelkraft, sondern — wie bei der besten, an der Auftragstaktik orientierten deutschen militärischen Ausbildung in der Tradition Scharnhorsts — in der Entwicklung seiner Erkenntniskraft, die es ihm ermöglicht, angesichts mehr oder weniger unvermeidlicher und unerwarteter Aufgaben neue Flankenmanöver zu konzipieren. Die Revolution der Kriegführung in Frankreich von 1792-94 unter der militärischen Führung des Soldaten und Wissenschaftlers Lazare Carnot und mit der Hilfe seiner Mitarbeiter von der Ecole Polytechnique, ist auch typisch für die fortgesetzte revolutionäre Weiterentwicklung der Kriegführung der Kreise der deutschen klassischen Humanisten Scharnhorst, Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt gegen den Faschisten Napoleon Bonaparte.27 Typisch für diese große Revolution im Kriegswesen war, daß die Führung einer Masseninfante- 45 rie durch traditionelle berittene Oligarchen ersetzt wurde durch Bürgersoldaten wie den Ingenieur und Wissenschaftler Carnot und den klassisch-humanistisch ausgebildeten Artilleristen Scharnhorst. Wenn wir einmal von der zweifelhaften und scheinbar unausrottbaren Eitelkeit Jominis absehen, können wir die Reformen in West Point unter Sylvanus Thayer als Fortführung der aus den Reformen von Carnot, Scharnhorst u.a. gezogenen Lehren innerhalb der Entwicklung der amerikanischen Tradition nach 1 8 1 5 betrachten. Lincoln hat den Krieg 1 8 6 1 -65 gegen die Konföderierten mehr als gewonnen, und dabei half ihm der Einfluß des größten Ökonomen der damaligen Welt, Henry C. Carey. Careys Weisheit führte gegen die inhärente moralische und wirtschaftliche Unterlegenheit (pro Kopf) des Sklavenhaltersystems die inhärente agro-industrielle moralische Überlegenheit der Union ins Feld. Ganz ähnlich liegt die inhärent selbstzerstörerische Narrheit von Brzezinskis geopolitischem „Kampf der Kulturen" in der Tatsache, daß die sozialen Kräfte, die unter seiner Strategie eingesetzt werden sollen, nur vorhanden wären, wenn die weltweite menschliche Gesellschaft auf ein viel niedrigeres moralisches und wirtschaftliches Niveau als heute abstürzt. Dieser Sieg seiner schlechten Sache wäre der gemeinsame Untergang der ganzen Menschheit, und bei so etwas gibt es keinen Sieger. Ja, der Krieg ist off eine harte Sache, auch wenn die Befehlshaber und die von ihnen eingesetzten Leute noch so gut und geschickt sind. Manchmal müssen auch sehr grausame Schiachten gefochten werden, weil sie für den Ausgang des ganzen Konfliktes entscheidend sind; man entscheidet sich für sie nur, um andere Schlachten so weit als möglich oder ganz zu vermeiden. Heute müssen wir unsere [militärstrategischen] Planer an ein Prinzip erinnern, das früher als selbstverständlich galt: Das richtige Ziel ist es, das Schlachtfeld und den Gegner zu beherrschen, nicht, ihn zu vernichten. Auch Kissinger wird übel enden Ironischerweise ist die pervertierte Mentalität von Brzezinski u.a. ein Echo der gleichen Konföderierten, die im Ku-Klux-Klan-Erbe von Professor Elliotts NashvilleAgrariern auferstanden sind. Konzentrieren wir uns auf den Versuch Elliotts und seiner Mitläufer, eine globale imperiale Strategie zu entwerfen, die auf einer Vorliebe für das Bild des Konföderierten von der „verlorenen Sache" rückständiger Ländlichkeit und Sklaverei beruht. Dadurch wird etwas bloßgestellt, worin man die leicht auszunutzende axiomatische strategische Schwäche jedes Dogmas von Elliotts Handlangern wie Kissinger, Brzezinski, Huntington und ihren Konföderierten erkennen sollte. Das gleiche, was man von Elliotts intellektuellem Harvard-Gezücht heute sagen kann, ließe sich — mit einer wichtigen Einschränkung — auch darüber sagen, wie Adolf Hitlers Ideologie seinen eigenen Untergang herbeiführte. Diesen und ähnlichen Beispielen liegt ein tiefergehender, gemeinsamer Ausdruck dieses Prinzips zugrunde, das in bestimmter Art und Weise die ganze neuzeitliche Geschichte durchzieht. Beschäftigen wir uns jetzt mit dem entscheidenden Fehler, der — genauso wie Hitler — die Konföderierten und Anhänger von erbärmlichen Schurken wie dem Nashville-Agrarier Elliott sich selbst vernichten ließ. Seit dem Zusammenbruch des selbstverschuldet todgeweihten Römischen Reiches in seiner Westhälfte um das Jahr 300 gab es zahlreiche Versuche, der Zivilisation wieder aufzuhelfen und an die hellenistische Kultur ein halbes Jahrtausend vorher — bis etwa zur Zeit des Mordes der Römer an Archimedes 2 1 2 v.Chr — anzuknüpfen. So erlebte man während der dunkelsten Perioden des sog. „finsteren Zeitalters" in Europa das Auftauchen des Islam, der starke Renaissancekräfte in das Mesopotamien des Abbasiden-Kalifats, nach Ägypten und Spanien führte. Die Zusammenarbeit zwischen Kalif Harun AI Raschid und Karl dem Großen ist dafür typisch. Als 46 Karls Errungenschaften von den einfallenden Normannen und anderen ruiniert wurden, existierten gleichzeitig von Indien bis zu Ibn Sinas Iran Renaissanceeinflüsse. In dem nun gerade zu Ende gegangenen Jahrtausend gab es von Anfang an beständige Versuche, Europa von der verkommenen Feudalherrschaft zu befreien. Typisch für diese immer wieder vorhandenen Bemühungen sind Abaelard von Paris, die großen Kathedralen wie Chartres sowie die Hohenstaufen und Gleichgesinnte. Typisch ist auch das große Werk des Dante Alighieri und dessen Fortsetzung durch Petrarca. Kennzeichnend für die Konflikte zwischen diesen Renaissance-Vorstößen und der von Venedig und seinem viehischen Instrument, dem Haus Plantagenet, organisierten Verderbtheit, war eine wiederholte Zerstörung der politischen und anderen realen Ressourcen, auf die die intellektuellen Grundlagen der Renaissance-Bemühungen angewiesen waren. Der Zusammenbruch der Gesellschaft in der Periode vom Zweiten bis zum Vierten Kreuzzug, der alptraumhafte Wahnsinn der Inquisition und die nach dem Vierten Kreuzzug noch ein Jahrhundert lang andauernde Fortsetzung des ultramontanen Vorstoßes für eine allgemeine „Globalisierung" verschlechterte den realwirtschaftlichen Zustand der Gesellschaft so sehr, daß — in Verbindung mit einer wucherischen internationalen Schuldenpyramide ähnlich der nach 1 9 7 1 entstandenen heute — Europa im 1 4 . Jahrhundert in ein selbstverschuldetes, massenmörderisches „neues finsteres Zeitalter" stürzte. Die wiederholte Lehre aus der Geschichte ist: Der Fortschritt der Gesellschaft erfordert unaufhörliche neue wissenschaftlich-technische und ähnliche Verbesserungen in der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur und der physischen Produktivität sowie ständige technologische Verbesserungen in den Lebensbedingungen der Bevölkerung. Begleitet und gefördert werden solche erfreulichen Entwicklungen durch den Anstieg und die Ausbreitung kognitiven Wissens und die damit einher- gehende Steigerung der physischen produktiven Arbeitskraft. Solche Entwicklungen müssen durch starke politische Bewegungen und Institutionen befördert werden. Werden diese Bewegungen und Institutionen zerstört, droht die ganze Kultur wieder zu verfallen und der Absturz in ein neues finsteres Zeitalter. Diese dringende Warnung richtet sich besonders an die heute herrschenden Kreise in Regierungen und anderen Stellen. Im Gesamtverlauf der europäischen Geschichte seit dem Aufstieg des antiken Griechenland war die furchtbarste Entwicklung von allen der Aufstieg des alten Rom und das rechtliche, moralische und militärische Erbe, welches dieses Imperium und seine kulturelle Tradition der weltweit ausgedehnten europäischen Zivilisation seither auferlegt hat. In der Neuzeit war der Faschismus, der als Reaktion auf die Amerikanische Revolution von 1776-1 789 geboren wurde und der aus dem Jakobinerterror von 1 789-94 und Napoleons Tyrannei entstand, der extremste Ausdruck davon, welche Krebsgeschwüre das romantische Erbe noch heute hervorbringt. Huntingtons Buch The Saldier and the State (Der Soldat und der Staat) aus dem Jahr 1 9 5 7 und alle wichtigen Produkte Huntingtons und Brzezinskis seitdem repräsentieren diese faschistische Tradition in der extremen Form, die sich in der Kombination der Politik des „Kampfs der Kulturen" mit den Ereignissen des 1 1 . September ausdrückt. Huntingtons Definition des Berufssoldaten ist nur die Heldenanbetung dieses spezifischen faschistischen Typs, der den Nationalstaat stürzen und eine Karikatur des alten heidnischen Römischen Reiches als heutige Weltregierung gründen soll. Die Wurzel des Bösen, das bei Huntington und Brzezinski zum Ausdruck kommt, ist kulturell: ein Haß auf die menschliche Natur, wie sie beispielsweise Moses Mendelssohn definierte. Deshalb hegt die Kabale der Elliott-Anhänger — wie Brzezinski, Huntington und Kissinger — nicht nur einen Haß auf die amerikanische intellektuelle Tradition und will sie zerstören; im Grunde hassen sie — genau wie ihre Vorgänger Friedrich Nietzsche, Thomas Huxleys Schüler H.G. Wells, Aleister Crowley und Bertrand Russell — die Menschheit, oder, wie Nietzsche und seine Anhänger, Gott selbst. Deshalb ist es jetzt eine quasi instinktive Reaktion der oligarchischen Strömung der Gesellschaft, gezielte Schritte einzuleiten, die unbewußt oder sogar bewußt ein neues finsteres Zeitalter heraufbeschwören sollen. Sie verlegen sich auf malthusianische und ähnliche Maßnahmen und Handlungen, die alle implizit darauf abzielen, das Bildungsniveau und den Lebensstandard der breiten Bevölkerung zu senken. Das war der vorherrschende Trend in der amerikanischen und internationalen Währungs-, Wirtschafts-, Strategie- und Kulturpolitik, wie wir ihn in den USA besonders stark in den letzten 35 Jahren erfahren haben... Entsprechend schafft die entgegengesetzte Politik — die Förderung eines höheren allgemeinen Lebensstandards der Bevölkerung, verbunden mit systematischem wissenschaftlich-technischem und damit einhergehendem Fortschritt der Erkenntnisfunktionen — eine Bevölkerung, die oligarchischer Tyrannei widersteht, während die Zerstörung der Instrumente des wissenschaftlichen und sonstigen kulturellen Fortschritts die Bevölkerung entmenschlicht und sie immer viehischer macht — so wie es dem Großteil der amerikanischen Bevölkerung, u.a. besonders den heutigen Kindern, seit den großen Schocks der Jahre 1962-65 ergangen ist. Es gibt viele Fälle in der Geschichte und, aus ihren Artefakten ableitbar, auch in der Vorgeschichte, die veranschaulichen, daß zumindest die meisten der großen Katastrophen, die in der Vergangenheit zum Sturz von Imperien und zur Auflösung von Zivilisationen führten, ein Grundprinzip widerspiegeln: Jede Gesellschaft, die der allgemeinen Richtung folgt, wie sie einflußreiche pro-oligarchische Verschwörungen — wie die von Wells-Russell und die Kabale der Nashville-Agrarier — seit den 50er Jahren verstärkt in Gang gesetzt haben, wird sich damit selbst zerstören. Der Kern des Arguments läßt sich folgendermaßen zusammenfassen. Das Beispiel der Amerikanischen Revolution von 1776-89 zeigt, daß eine besser ernährte und ausgebildete, fortschrittlichere Bevölkerung — so wie die Amerikaner jener Zeit bessere Lebensbedingungen und Möglichkeiten hatten als die Völker Europas — die Verantwortung für ihr eigenes Schicksal tragen kann und als ein Volk die geistige Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen übernimmt. Typisch dafür sind sowohl die Unabhängigkeitserklärung von 1 7 7 6 als auch die Verfassung von 1789, die beide hinsichtlich ihrer inhaltlichen Qualität und Kohärenz allen späteren Verfassungen anderer Nationen überlegen sind. So haben wenige Menschen ein großes Werk geschaffen. Die aversiven und gefährlichen Bedingungen, die der Jakobinerterror 1789-94, Napoleons Tyrannei und die Unmoral der großen Machtblöcke des nachnapoleonischen Europa unserer jungen Republik auferlegten, sorgten dafür, daß unsere Nation isoliert, unterdrückt und leichter korrumpierbar war. Wir konnten uns von dem moralischen Niedergang, für den die Erweiterung der Sklaverei typisch war, zeitweise erholen — dank Lincolns Sieg über das Böse, für das in den letzten hundert Jahren die Nashville-Agrarier beispielhaft stehen. Die großen Feinde unserer Nation haben stets versucht, uns zu vernichten, indem sie uns zuerst dazu verleiteten, daß wir uns selbst zerstören — so wie sie dies seit den Krisen von 1962-65 mehr oder weniger erfolgreich getan haben. In unserer gesamten Geschichte als Republik seit 1 776 war die wichtigste Stoßrichtung des Versuchs, uns zu zerstören — ob durch Feinde von außen oder durch Verräter und Irre im Innern —, immer die Propagierung des falschen, radikal empiristischen Dogmas vom „Freihandel". Indem sie uns dazu verleiteten, uns dem „Freihandel" und entsprechenden Dogmen zu verschreiben, haben sie einen großen Teil unserer Volkswirtschaft zerstört, ihr weiteres Wachstum gehemmt und wachsende Teile unseres Volks verarmen lassen — so wie die Institution der Sklaverei auch die geistigen Lebensbedingungen der Nichtsklaven ruinierte und sie gleichzeitig auch physisch ausbeutete. Lassen wir uns von all diesen schrecklichen Fakten nicht den Mut nehmen. Unsere Einsicht in die unmora- 47 lischen Methoden heutiger Menschheitsfeinde wie Elliotts Harvard-Brut lenkt unseren Blick — hoffentlich — auf zwei zwanghafte und tödliche Strategiefehler bei ihnen, die wir potentiell ausnutzen können. Indem sie der Gesellschaft die Mittel nehmen, von denen deren Stärke abhängt, machen sie die Gesellschaft, über die sie herrschen wollen, entsprechend anfälliger für ihren eigenen Ruin — sei er von selbst ausgelöst oder von außen aufgezwungen oder eine Kombination von beidem. Genau diese Entwicklung sehen wir heute in den USA, in der früheren Sowjetunion, in West- und Mitteleuropa, in Afrika und in ganz Nord- und Südamerika. Kurz, die Leute in den Fußstapfen von Wells, Russell, Elliott usw. sind wild darauf fixiert, in das Boot, das sie so hassen, ein Loch zu schlagen; nur übersehen sie dabei, daß sie mit dem Boot höchstwahrscheinlich selbst mit untergehen werden. Oder — wie Russell ein- mal zu erkennen gab — es ist ihnen lieber, daß die ganze Welt zum Teufel geht, als daß sie in einer Welt leben müßten, in der die amerikanische intellektuelle Tradition herrscht. Man betrachte hier nur die gegenwärtige faschistische Militärdiktatur in Israel, die so fanatisch entschlossen ist, ihre Pläne zu verwirklichen, daß sie scheinbar lieber in den selbstverschuldeten Untergang rast, als auch nur darüber nachzudenken, unter welcher alternativen Politik ein vernünftiges Israel überleben könnte. Elliotts Mannschaft, und die wahrhaft fanatischen Anhängern von Wells und Russell, wünschen scheinbar nichts sehnlicher als die Ekstase, auf dem Wagnerianer-Scheiterhaufen ihrer eigenen Götterdämmerung zu verbrennen. Vergleichen wir dies mit gewissen relevanten Ironien darin, wie Hitlers malthusianische Ideologie Deutschland unter seiner Tyrannei in die Selbstzerstörung führte. Hitler mußte es erfahren Lügner und ihnen geistig verwandte Narren haben versucht, die charakteristischen Prämissen des Nazismus fälschlich auf angebliche Ursprünge wie die „deutsche Ideologie" allgemein, den preußischen Militarismus oder den Einfluß des „deutschen Industrialismus" zurückzuverfolgen. Genau das Gegenteil ist wahr: So wie in der amerikanischen Geschichte der verwandte Fall der quasi-faschistischen Konföderierten Staaten oder wie die Nashville-Agrarier und andere Anhänger ihrer „verlorenen Sache", so war auch der Nazismus eine Krankheit, die alles zerstörte, was unter ihre Herrschaft geriet. Wie Hitler das wissenschaftlich-industrielle und andere von früher her vorhandene Potential in Deutschland ausbeutete, während er versuchte, Deutschlands eigene kulturelle Wurzeln zu zerstören, das veranschaulicht uns ausgezeichnet die heutige Beziehung zwischen der Krankheit — Elliotts Brut — und dem kulturellen Erbe der Nation, die sie befällt.28 Wie Mussolini war Hitler explizit ein Faschist nach dem Vorbild der Ideologie und dem Vorgehen Napoleon Bonapartes in Frankreich, aber auch eine noch unmoralischere Variante der nachnapoleonischen Romantik in der Abstammungslinie des faschistischen Ideologen G.W.F. Hegel29 und der noch heute wirksamen Wellen des Kulturpessimismus und ähnlicher Verkommenheit bei den neukantianischen existentialistischen Ideologen Schopenhauer, Nietzsche, Martin Heidegger, Karl Jaspers, Theodor Adorno, Hannah Arendt u.a.30 Die Nazis waren auch fanatische, axiomatisch wissenschaftsfeindliche Malthusianer — die Politik der „nutzlosen Esser" und der „Todeslager" ist allzu typisch für dieses axiomatische Element. Die eigentliche Aufgabe, die London den Nazis ursprünglich zugedacht hatte, war jedoch die, das wissenschaftlich-industrielle und militärwissenschaftliche Erbe Deutschlands dazu einzusetzen, um eine Kriegsmaschinerie zu schaffen, die sich selbst zerstört, indem sie ebenso im russischen Morast zugrundegeht wie Napoleons Große Armee. Die inhärent exzellenten Überreste des Erbes der deutschen klassisch-humanistischen Bewegung in der deutschen wissenschaftlichen, künstlerischen und Scharnhorst- 48 Moltke-Tradition gehörten also zu den (sozusagen „erbeuteten") Werkzeugen, die das Hitler-Regime für seine militärischen Ziele vergeudete. Tatsächlich waren — wie ein früher Bekannter Huntingtons, Oberst Trevor Dupuy, 1984 schrieb — die deutschen Militärinstitutionen gerade wegen der Tradition Scharnhorsts und Helmuth von Moltkes (der „alte" Moltke) selbst noch im Zweiten Weltkrieg pro Kopf betrachtet faktisch denen aller anderen Nationen überlegen.31 Im wesentlichen gründet dieses überlegene Potential auf der Tradition der „Auftragstaktik", dem von Scharnhorst eingeführten und vom „alten" Moltke besonders betonten Ausbildungs- und Führungsprinzip gegenüber unteren Offiziersgraden und Unteroffizieren. Diese Tradition war von den klassisch-humanistischen Kreisen um Schiller und die Humboldt-Brüder sozusagen „eingeimpft" worden. Es liegt eindeutig außerhalb der Vorstellungskraft eines Huntington, zu erkennen, daß die Auftragstaktik nichts anderes ist als die Methode der klassisch-humanistischen Bildung auf das Kriegswesen übertragen. Ergänzend läßt sich etwas über die Rolle der deutschen Wissenschaft sagen. Die neuzeitliche Geschichte der deutschen Wissenschaft erlebte zwei entscheidende Phasen. Die erste betrifft die Ausläufer der in Italien konzentrierten Wissenschaft des 1 5 . Jahrhunderts — damals das Weltzentrum der Wissenschaft. Dieser Entwicklungsstrang verlief über Brunelleschi, den Begründer der modernen Experimentalwissenschaft Nikolaus von Kues, über Kues' Anhänger und Nachfolger Luca Pacioli und Leonardo da Vinci, über den Begründer der umfassenden modernen Mathematik Johannes Kepler bis zu den wissenschaftlichen Entwicklungen um Gottfried Leibniz, bei denen Frankreich im Mittelpunkt stand. Die zweite Phase begann unter der Führung des Leibniz-Anhängers Abraham Kästner, dem Lehrer Gotthold Lessings und Carl Gauß', und verlief weiter zu den deutsch-französischen Kreisen von Lazare Carnot, Gaspard Monge, Alexander von Humboldt, Lejeune Dirichlet, Wilhelm Weber und Bernhard Riemann. Im Verlaufe dieses Bündnisses anti-empiristischer Leibniz-Anhänger unter französischen und deutschen Wissenschaftlern — und auch mit dem Wissenschaftler Benjamin Franklin, der einmal Kästners Gast war — ging die Rolle des Weltführers in wissenschaftlichen Entdeckungen von Frankreich, das diese Stellung seit der Zeit Jean-Baptiste Colberts innehatte, auf Deutschland über. Dieser Verlust der führenden Position Frankreichs in der Wissenschaft war das Ergebnis von drei miteinander verwandten, aber unterschiedlichen zerstörerischen Einflüssen, die die Anhänger des Empirismus in Frankreich eingeführt hatten.32 Erstens wurde die von Monge und Legendre geleitete Ecole Polytechnique, die damals führende wissenschaftliche Einrichtung der Welt, unter Napoleons Diktatur ruiniert. Das zweite war der zunehmende politische Einfluß von Anhängern des Leibnizfeindlichen Empirikers Leonhard Euler — stellvertretend dafür steht Lagrange —, durch den die französische Wissenschaft zunehmend unter den korrumpierenden Einfluß von Laplace, Cauchy, Poisson u.a. geriet. Das dritte waren die politischen Anordnungen der Restaurationsmonarchie, die nach dem Wiener Kongreß von den Briten in Frankreich eingesetzt wurde, womit die Ecole vollends zerstört wurde, als Monge ins innere Exil und Lazare Carnot ins äußere Exil nach Polen und dann nach Preußen gehen mußte, während die Schwindler Laplace und Cauchy an die Spitze gesetzt wurden. Das beste der französischen Wissenschaft blieb der Welt hauptsächlich dank der Intervention Alexander von Humboldts erhalten, der mit der ursprünglichen Ecole Polytechnique verbunden und zu jener Zeit ein enger Verbündeter Carnots war. In der Zeit der Bourbonen-Restauration rettete Humboldt — der wichtigste Förderer von Carl Gauß — viele wesentliche Beiträge der französischen Wissenschaft über Kanäle wie Crelle's Journal. Um die Mitte des 1 9 . Jahrhunderts hatte Humboldts Einfluß entscheidend dazu beigetragen, die Errungenschaften der deutschen Wissenschaft zu konsolidieren; im Mittelpunkt standen dabei die großen Köpfe wie Gauß, Wilhelm Weber, Dirichlet und Riemann. Um diesen Punkt zusammenzufassen: Die Entwicklungsspanne der deutschen Wissenschaft von Kepler bis Riemann umfaßt den Aufstieg Frankreichs zum internationalen Zentrum des wissenschaftlichen Fortschritts bis zum Jakobiner-Terror 1 789-94 sowie den von Humboldt über die Kreise Lazare Carnots und der Ecole Polytechnique organisierten Übergang zum Aufstieg Deutschlands zur Weltführung in der Wissenschaft Ende der 20er Jahre des 1 9 . Jahrhunderts. Trotz des Widerstandes der entgegengesetzten englischen und französischen „Aufklärungs"-Fraktion machte diese französisch-deutsche Entwicklung der modernen Wissenschaft seit der Renaissance Fortschritte und wurde zur vorherrschenden offiziellen Position in den wissenschaftlichen Institutionen Deutschlands, bis ein klarer Niedergang einsetzte, als Hermann Helmholtz und die Anhänger des radikalen Positivisten Ernst Mach die Überhand gewannen. Seit jener Zeit ist es — trotz einiger wichtiger Schritte nach vorn in wichtigen Bereichen — mit der allgemein anerkannten akademischen Vorstellung von Wissenschaft und Wissenschaftsmethode massiv und immer rascher bergab gegangen; besonders zu nennen ist dabei die Rolle Bertrand Russells und seiner Konföderierten in vielen Nationen von den 90er Jahren des 1 9 . Jahrhunderts bis heute. Diese fortschrittlichen Entwicklungen in der deutschen Wissenschaft im 1 8 . und 1 9 . Jahrhundert verliefen teilweise parallel zur Geschichte der anti-romantischen, klassischen Kultur in Deutschland während jener Jahrhunderte, überlappten sich vielfach aber auch mit ihr. Diese Verbindung wird unterstrichen durch den Verweis darauf, wie vehement die Anführer der klassischen Renaissance in Deutschland im 1 8 . Jahrhundert — Kästner, Lessing und Mendelssohn — das Erbe von Leibniz und von J.S. Bach gegen die Dekadenz von Rameau und Fux in der Musik und Antonio Contis Netzwerk um Voltaire, Euler, Lambert, Lagrange, Laplace, Cauchy u.a. in der Naturwissenschaft verteidigt haben. Die Wiederbelebung der klassischen Methode in der Kunst, für die der Einfluß von Goethe, Schiller und Heinrich Heine gegen die Romantiker typisch ist, zeigte sich auch in der Geschichte der klassischen — anti-romantischen — Kompositions- und Aufführungspraxis in der Musik bei Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Felix Mendelssohn, Schumann und Brahms. Alle diese ausdrücklich klassischen, anti-romantischen Strömungen im Militärwesen, in der Naturwissenschaft und in den Künsten bildeten für gewöhnlich im Familienleben der entsprechenden Menschen eine Einheit. So gingen etwa in meinem Fall das gemeinsame Abendessen und ähnliche amerikanische intellektuelle Traditionen direkt auf einen Vorfahren zurückging, der als Zeitgenosse Abraham Lincolns geboren war. Ein solches kulturelles Erbe überdauert meist drei, vier oder mehr Generationen, wenn es nicht durch irgendeinen traumatischen Eingriff zerstört wird. Sowohl in dem vom Neffen des britischen Königs Edward VII., dem närrischen romantischen Kaiser Wilhelm, fehlgeleiteten Deutschland wie auch im später von Hitler in Besitz genommenen Deutschland war noch eine lebendige, entscheidende, breite Strömung des Erbes der deutschen Klassik aus der zweiten Hälfte des 1 8 . und der ersten Hälfte des 1 9 . Jahrhunderts lebendig, die auf den Einfluß von Kästner, Lessing, Mendelssohn, Haydn, Mozart, Goethe, Schiller, Beethoven, Scharnhorst, den Humboldts usw. zurückging. So wurde auch das klassische kulturelle Erbe Deutschland, das von der Hitler-Diktatur beträchtlich ausgehöhlt und unterdrückt wurde, in der Zeit unmittelbar nach Hitler gleich wiederbelebt, bis es im Gefolge der Krisen von 1962-65 ab der Mitte der 60er Jahre zugrunde gerichtet wurde. Während der Hitler-Zeit selbst konnten die Machthaber über die Errungenschaften der früheren deutschen Kultur verfügen. Allerdings war es auch dieses klassische Erbe, was die Nazi-Ideologen am meisten haßten und fürchteten. Daß Goebbels' Propagandaministerium über die offiziellen Soldatensender klassische Werke an die Truppen ausstrahlte, ist typisch dafür, wie besorgt das Regime darum war, sich bei den Deutschen möglichst akzeptabel zu machen. Die Aktivitäten des großen Dirigenten Wil- 49 heim Furtwängler zum Schütze seiner jüdischen Musikerfreunde zeigen in typischer Weise, warum das HitlerRegime vorsichtig war und seine „Abrechnung" mit den Traditionen der deutschen Bevölkerung auf die Zeit nach einem angestrebten Sieg im Krieg verschob. Typisch für das paradoxe Schicksal von Wissenschaft und Technik unter den Nazis ist, daß das deutsche Raumfahrtprogramm weitgehend unterdrückt wurde, bis die „Wunderwaffen"-Hysterie des Regimes einsetzte. Die effektivsten Institutionen in Deutschland unter Hitlers Herrschaft — u.a. im Militär, in der Wissenschaft und im technischen Fortschritt der Industrie und Infrastruktur — waren diejenigen, die der Nazi-Ideologie am stärksten entgegenstanden. Es war in vieler Hinsicht dem ähnlich, wie die Faschisten in Amerika nach 1945 — typisch waren in den 50er und 60er Jahren Leute wie Elliott und die Anhänger Bertrand Russells — das wissenschaftliche und andere Potential der USA, das die Gesinnungsgenossen Russells und der Nashville-Agrarier besonders haßten, für ihre Zwecke benutzten, um die Vereinigten Staaten in eine Richtung zu drängen, die der amerikanischen intellektuellen Tradition, die diese Errungenschaften geschaffen hatte und ausdrückte, genau entgegengesetzt war. Die Politik der „Weltregierung durch atomare Abschreckungswaffen", die Wells, Russell und ihre zahlreichen Komplizen in der Zeit von 1 9 1 3 - 1 9 4 6 eingeführt hatten, wurde unausweichlich nicht nur eine Politik zur Zerstörung des modernen Nationalstaates einschließlich der USA selbst, sondern auch ein Vorwand, den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu blockieren, ja mehr noch, durch die „Rock-Drogen-SexGegenkultur" und die Verbreitung des verwandten „neumalthusianischen" Kultes, die Uhr des wissenschaftlichen Fortschritts zurückzustellen und früher erreichten technischen Fortschritt wieder rückgängig zu machen. Auf diese Weise zerstören die Anhänger und Komplizen der Wells-Russell-Kabale und der Nashville-Agrarier und ähnlich Gesinnte die Mittel, die für dauerhafte militärische Siege notwendig sind, und deshalb sind sie bestrebt, Territorien und Menschen, die sie mangels Mitteln nicht mehr beherrschen können, einfach zu zerstören. Um diesen Aspekt abzurunden: Die Strategie der Nazis für die Zeit von Hitlers Herrschaft war in allen wesentlichen Elementen Ausdruck eines Impulses, der notwendig zur Selbstzerstörung der Teile der Welt führen mußte, die nach Hitlers Strategien und Politik zerstört oder sogar ausgelöscht werden sollten. Diese selbstzerstörerische Haltung der Nazis gegenüber den Völkern und Territorien, die sie besetzt hatten oder unterwerfen wollten, war eine Imitation des Römischen Reiches, das bereits mit dem Beginn der großen Eroberungswelle ab dem Ende des dritten Jahrhunderts v.Chr. in sich zusammenzubrechen begann. Dieses besondere, entscheidende Element einer letztlich selbstmörderischen Torheit in Hitlers Ideologie und Praxis wiederholte sich in einem größeren Maßstab in den Auswirkungen des wachsenden Einflusses der Anhänger und Kumpane von H.G. Wells, Bertrand Russell und den Nashville-Agrariern im Falle der USA und Großbritanniens heute. Die wirtschaftlichen Konsequenzen Mir geht es hier vor allem darum, zu unterstreichen, warum die „Erfolgschancen" der Handlanger der SmithRichardson-, Olin- und Mellon-Scaife-Stiftungen heute weit schlechter sind als die der Hitler-Bande vor fast 70 Jahren. Die Zerstörung der Ressourcen im Herrschaftsbereich der britischen Monarchie und der USA in den letzten 35 Jahren, seit dem Wendepunkt der Jahre 196265, ist relativ betrachtet viel weiter fortgeschritten als die Selbstzerstörung Deutschlands und der besetzten Gebiete unter Hitler damals. Für den Vergleich der Lage zu Beginn der Depression von 1929-33 mit der, die sich in den letzten 35 Jahren entwickelt hat, ist folgendes zu bedenken. In der Periode vom Beginn des Krieges der USA gegen die Konföderierten 1 8 6 1 bis zum Ende des Jahres 1 9 1 7 gab es einen vergleichsweise schwindelerregenden Aufbau des wirtschaftlichen und militärischen Potentials; dies wurde noch beschleunigt durch die Auswirkungen der Mobilisierung der britischen Monarchie für ihr geopolitisches Abenteuer, das als der Erste Weltkrieg bekannt wurde. Trotz einer beträchtlichen Abrüstung und Wirtschaftsdepressionen nach 1 9 1 7 war der Kern des militärischen und verwandten Potentials, das Ende 1 9 1 7 existierte, immer noch mobilisierbar, als Londons Handlanger Schacht 1 9 3 3 Deutschlands Aufrüstung für das später der Zweite Weltkrieg genannte Abenteuer in 50 Gang setzte — ein Zeitraum von 1 5 Jahren. Die derzeitige in die Tiefe gehende Zerstörung der Volkswirtschaften Nord- und Südamerikas sowie Europas wurde bereits in den Wendejahren 1962-65 begonnen. Und diese Zerstörung des produktiven und damit zusammenhängenden Potentials der Bevölkerungen und Volkswirtschaften in Amerika und Europa lief in den vergangenen gut 35 Jahren mit stets wachsendem Tempo weiter. Die heute noch andauernden Balkankriege der jüngeren Zeit sowie die jüngsten israelischen Operationen gegen die Palästinenser und die US-Operationen in Afghanistan sind typisch für die Auswirkungen der Kombination wirtschaftlicher, kultureller und militärischer Faktoren, die das kumulative Endergebnis aus 36 Jahren — fast zwei Generationen — Paradigmawandel in Kultur, Wirtschaft und Strategie insbesondere in den USA sind. Die zunehmende Abhängigkeit von Luftschlägen — wobei immer mehr die Extreme betont werden, vom massiven Abwurf „normaler" Bomben (wie zur Zeit des Zweiten Weltkriegs) bis zu weitreichenden Abstandswaffensystemen — ist weniger ein Ausdruck der Luftüberlegenheit als vielmehr des Verlustes der Fähigkeit, in traditioneller Weise vor Ort politisch entscheidende Kontrolle zu gewinnen. Manche halten diese Verände- rungen für einen Fortschritt, in Wahrheit aber bedeutet dieses Ersetzen einer Politik der politischen Kontrolle am Boden durch eine Politik der völligen Zerstörung, daß Supermächte tendenziell am Boden immer stärker angegriffen werden, wo immer dies bequem möglich ist. So verwandelt sich im ironischen Zeitalter der Superwaffen der militärische Konflikt mehr und mehr in eine Parodie des Konflikts der Steinzeit — ein Trend, dessen letzte Konsequenz nicht die imperiale Herrschaft ist, sondern der Zerfall von Möchtegern-Imperien unter der zersetzenden Wucht des allgemeinen Absturzes in ein mehr oder weniger den ganzen Erdball umfassendes neues finsteres Zeitalter. Die Geschichte kennt Narrheiten, die denen von Elliots Komplizen durchaus ähnlich sind. Man denke an Shelleys berühmtes Kurzgedicht Ozymandias, oder an den Untergang aller Kulturen Mesopotamiens vom Fall der als Sumer bekannten dravidischen Seekolonie bis heute. Man denke daran, wie Babylon und die nachfolgenden Achämeniden sich selbst zum Untergang verurteilten. Man denke an den Untergang Roms, der durch die Fehler seiner eigenen Kultur verschuldet war — u.a. durch eine Militärpolitik, wie sie derzeit von den Komplizen des verstorbenen Professor Elliott nachgeahmt wird, vor allem aber durch die tragische Politik, mit Hilfe der sogenannten „öffentlichen Meinung" herrschen zu wollen (ähnlich wie heute das „Projekt Demokratie"). Man denke an den Untergang, der die triumphierenden Feinde des Hohenstaufenkaisers Friedrich II. Mitte des 1 4 . Jahrhunderts auf ihrem siegreichen Marsch in das „neue finstere Zeitalter" erwartete. Was die fanatischen Anhänger von H.G. Wells, Bertrand Russell, Professor Elliott, die Smith-Richardson-, Olin- und Mellon-Scaife-Stiftungen etc. uns allen und auch sich selbst bescheren, ist die Zerstörung durch den beschleunigten Absturz der Menschheit in ein neues finsteres Zeitalter — wahrscheinlich in planetarer Größenordnung. Wo bleibt da ihre Aussicht auf Sieg? Es wäre kein Sieg von Menschen, sondern ein Sieg von Epidemien, Pandemien und Tierseuchen — eine Herrschaft von Parasiten und Saprophyten, die geistlos über die menschliche Gattung triumphieren, weil diese sich selbst zu Fall gebracht hat. Dauerhafte friedliche Beziehungen in der Menschheit sind nur möglich, wenn diese Beziehungen der ganzen Menschheit einen mehr oder weniger unverzichtbaren gegenseitigen Nutzen bringen. Solche dauerhaften Beziehungen wiederum hängen ab von der kulturellen und technologischen Entwicklung, die sukzessive Verbesserungen der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der ganzen Menschheit ermöglicht hat. In der Praxis erfordert ein solches Verständnis von Beziehungen zwischen Menschen und ihren Nationen nicht nur, daß diese Praxis gegenseitig von Nutzen ist; eine Voraussetzung — und zwar eine zwingende — ist daneben auch die Einsicht der Partner in die wesentlichen Eigenschaften einer solchen Beziehung. Was eine Person mit einer anderen verbindet, ist nicht bloß die Tatsache, daß die Existenz des einen dem anderen nützt, sondern es müssen auch beide erkennen, daß dieser Nutzen existiert. So sollte man die US-Außenminister John Quincy Adams zugeschriebene Idee einer Prinzipiengemeinschaft (community of principle) souveräner Republiken in ganz Amerika verstehen. Wir müssen gemeinsam versuchen, eine solche Prinzipiengemeinschaft aufzubauen, aber wir müssen auch sicherstellen, daß die beabsichtigte Errichtung einer solchen nutzbringenden Beziehung tatsächlich auch für alle Beteiligten effektiv von Nutzen sein wird. != Heines zweiter Grenadier Huntingtons Buch The Sold/er And The State (Der Soldat und der Staat) aus dem Jahr 1957, auf dessen 1 8 . Auflage ich mich beziehe, ist Ausdruck der langfristig verbreiteten Dekadenz, zu der die amerikanische Militärpolitik und Weltstrategie im Laufe der letzten 50 Jahre degradiert wurde... Schon die literarische Qualität von Huntingtons Text hätte bestenfalls ausgereicht, Harvard und die Mittelmäßigkeit in Verruf zu bringen.33 Sein Argumentationsstil ist der eines logischen Positivismus', der sich selbst zu karikieren versucht; die Handschrift ist nicht die eines eigenständigen Denkers, sondern die typische Hinterlassenschaft eines akademischen Meßdieners aus dem Kreis von Elliotts Golems. Seine Argumentationsmethode ist eine Ansammlung willkürlicher, schlüpfriger „Elfenbeinturm"-Definitionen, wie sie ein pedantischer Professor seinen armen leichtgläubigen Studenten an der Tafel vortragen würde. Unglücklicherweise ist seine mangelnde Fähigkeit, wirklich zu denken, noch das geringste Problem dieses Buchs. Wie ich vor 55 Jahren während meines Militärdienstes in Asien gelernt habe, sind die dümmsten Schlangen manchmal auch die giftigsten. Die Gestalt des Berufssoldaten, die aus dem dicken Nebel von Huntingtons Definitionen auftaucht, ist eine Parodie jenes erbärmlichen Faschisten aus der besiegten Armee Napoleons, den Heinrich Heine in seinem Gedicht Die Grenadiere als den ewig kaisertreuen Grenadier typisch schildert. (Robert Schumann nannte seine berühmte Vertonung des Gedichts Die beiden Grenadiere}. Die Grenadiere Von Heinrich Heine Nach Frankreich zogen zwei Grenadier, Die waren in Rußland gefangen. Und als sie kamen ins deutsche Quartier Sie ließen die Köpfe hangen. Da hörten sie beide die traurige Mär, Daß Frankreich verloren gegangen, Besiegt und zerschlagen das tapfere Heer Und der Kaiser, der Kaiser gefangen. 51 Da weinten zusammen die Grenadier Wohl ob der kläglichen Kunde. Der eine sprach: „Wie weh wird mir, Wie brennt meine alte Wunde!" Der andere sprach: „Das Lied ist aus, Auch ich möcht mit dir sterben, Doch hab ich Weib und Kind zu Haus, Die ohne mich verderben." „Was schert mich Weib, was schert mich Kind, Ich trage weit bessres Verlangen; Laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind — Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen! daß sie die Vorstellung eines Wahrheitsprinzips in der Politik fanatisch ablehnen. Das zweite ist, daß sie die naturrechtlichen Begriffe im Zusammenhang mit jener einzigartigen, heiligen Qualität des menschlichen Lebens, die ich zu Beginn dieses Aufsatzes im 1 . Kapitel unter der Rubrik „spirituell" behandelt habe, mißachten und sogar hassen. Diese beiden axiomatisch verderblichen Qualitäten ihrer Argumentation sind — wie hier von mir — als ein jeweils unterschiedlicher, aber kohärenter Ausdruck von etwas inhärent absolut Bösem zu diagnostizieren. Gewähr mir, Bruder, eine Bitt; Wenn ich jetzt sterben werde, So nimm meine Leiche nach Frankreich mit, Begrab mich in Frankreichs Erde. Das Ehrenkreuz am roten Band, Sollst du aufs Herz mir legen, Die Flinte gib mir in die Hand, Und gürt mir um den Degen. So will ich liegen und horchen still, Wie eine Schildwach im Grabe, Bis einst ich höre Kanonengebrüll Und wiehernder Rosse Getrabe. Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab, Viel Schwerter klirren und blitzen; Dann steig ich gewaffnet hervor aus dem Grab — Den Kaiser, den Kaiser zu schützen!" So ist also der selbsternannte Demokratieapostel Huntington in der Praxis ein Faschist. Er ist ein erklärter Prophet einer besonderen Art des Faschismus, des Universalfaschismus. Er propagiert ein universalfaschistisches Weltreich, das seine verblendeten Anhänger mit der magischen Vision einer kommenden Epoche eines weltweiten amerikanischen Imperiums lockt — eine Parodie des aus eigener Schuld todgeweihten antiken Rom. Ich habe in diesem Aufsatz schon wiederholt auf Henry Kissingers Rede im Chatham House vom 1 0 . Mai 1 9 8 2 hingewiesen. Eine Auflistung relevanter Schriften von Huntington, Brzezinski und einiger ihrer notorischen Komplizen ist diesem Aufsatz beigefügt; ebenso eine Aufstellung von einigen der wichtigsten steuerbegünstigten Stiftungen und verwandten Institutionen und Personen. Entscheidend an diesen Referenzen ist, daß sie ausreichen, um zu belegen, daß diese politischen Entwürfe und ihre Autoren für etwas stehen, was mit den ursprünglichen Absichten, die ich in Huntingtons Der Soldat und der Staat erkenne, inhaltlich völlig übereinstimmten. Mit diesem Buch von Huntington als Referenzpunkt konzentriere ich mich in dem abschließenden Teil dieses Berichts jetzt auf zwei durchgängig erkennbare, typische und hochrelevante Merkmale des Geisteszustands von Huntington (und Brzezinski). Das erste ist, Die Grenadiere in Rußland. Napoleon auf dem Rückzug. Kant, Hannah Arendt und der Faschismus Hannah Arendt, die Existentialistin und zeitweilige Geliebte und Mitarbeiterin des Nazi-Philosophen Martin Heidegger, beharrte vehement auf der Doktrin, daß es keine Wahrheit gebe, sondern nur Meinungen. Sie unterstrich dabei, daß diese Idee ihre philosophische Geltung im 20. Jahrhundert dem fortdauernden Einfluß Immanuel Kants verdankte, dessen kritische Schriften mit seiner Kritik der reinen Vernunft begannen. Schon Friedrich Schiller hatte diese verderbliche Qualität von Kants Einfluß erkannt und deshalb vor Kant gewarnt. Auch Heinrich Heine, der Verfasser des Gedichts Die Grenadiere, verwies in der berühmten ersten Ausgabe seiner Schrift über Religion und Philosophie in Deutschland auf diese faschistische Qualität in Kants neoromantischem Einfluß. Arendt selbst führt bei ihrer Argumentation zu Kants Bedeutung unter den modernen existentialistischen Philosophen als Autorität ihren Mentor Karl Jaspers an. Dieselbe existentialistische Doktrin, der Haß auf die Idee, daß eine Wahrheit existiert, ist ein zentraler Bestandteil der Nachkriegs-Propagandaschriften über Die autoritäre Persönlichkeit von Theodor Adorno, Hannah Arendt u.a. In vielen amerikanischen Bildungseinrichtungen werden heute die Studenten terrorisiert und erniedrigt von dem Einfluß jener Autoritäten, die im Gefolge von Adorno, Arendt u.a. darauf bestehen, es gäbe keine Wahrheit, sondern nur Meinungen oder sog. „Interpretationen". Kant war allerdings nicht so plump und ungebildet wie die gewöhnlichen dogmatischen Sozialtheoretiker an unseren heutigen Schulen und Hochschulen. Seine Argumentation hatte zumindest den Anschein von Rationalität und war daher besser geeignet, die gebildeten Schichten zu täuschen. Kants Einfluß auf diesem Gebiet hat sich in den letzten 200 Jahren bis heute erwiesen... In der weltweit ausgebreiteten europäischen Zivilisation sind die wichtigsten Bekräftigungen der grundsätzlichen Verpflichtung, auf Fragen und andere intellektuelle Herausforderungen wahrhaftig zu antworten, hauptsächlich auf die sokratischen Dialoge zurückzuführen. Es bedeutet, daß man kein moralisches Recht hat, etwas zu glauben, nur weil man es zu glauben gelehrt wurde; es ist auch nicht gestattet, einem Problem auszuweichen, indem man sich statt auf Beweise auf mutmaßliche religiöse Autoritäten stützt, wie das die gefährlichsten Gruppen unter den heutigen religiösen Fanatikern tun. Wirklich moralisch sind nur Menschen, die für alles, was sie als wahr bezeichnen, auch persönlich einstehen. Für diese Menschen ist ein solches Verantwortungsbewußtsein ein Ausdruck einer souveränen Qualität persönlicher individueller Autorität, und sie übernehmen grundsätzlich eine persönliche Verantwortung für die Folgen der Handlungen, die sie aus dem als wahr Erkannten heraus vornehmen oder zu denen sie andere veranlassen. Im realen Universum bedeutet Wahrhaftigkeit nicht die Autorität eines festen Glaubenssatzes, der als Schatztruhe der absoluten Wahrheit betrachtet wird, sondern die Verpflichtung, die den Individuen einer Gesellschaft einzeln oder gemeinsam innewohnenden Kräfte zu wecken, damit sie zu einem Urteil gelangen, welches den besten zur Verfügung stehenden Fakten und Möglichkeiten der Gesellschaft wahrhaft entspricht. Wahrhaftigkeit ist auch die Entschlossenheit, jeden Glaubenssatz aufzugeben, den man wahrhaftig als Irrtum erkannt hat. Das Problem, Wahrheit zu definieren, liegt in dem entscheidenden Punkt, auf den Immanuel Kant in seinen Kritiken weist: dem Prinzip der Hypothese. Kant, der die Wahrheit haßte, kannte seinen selbstgewählten Gegner gut und arbeitete fleißig daran, gerade diese einzigartige menschliche Qualität — die Vernunft — in seinen auserwählten Opfern, soviele seine Doktrin nur erreichen konnte, auszumerzen. Indem Kant rundum ableugnet, daß die Hypothese wirksam existiert — diese Verleugnung ist ein Hauptthema seiner Kritik der reinen Vernunft —, leugnet er auch, daß eine Erkenntnis der Wahrheit möglich ist. Auf diesen Punkt gründeten die existentialistischen Nachfolger des Nazi-Vorläufers Nietzsche — der Nazi Heidegger sowie Jaspers, Adorno, Arendt und Heideggers Anhänger Jean-Paul Sartre — ihre nazistischen und verwandten Lehren. Dieser Einfluß Kants ist von besonderer Bedeutung für die politischen und soziologischen Charakteristika von Elliotts Harvard-Schülern und — was noch wichtiger ist — für die häßlichen Konsequenzen aller politischen Praxis, die sich auf ihre Glaubenssätze gründet. Kant vertrat ursprünglich den britischen Empirismus; schon vor den 80er Jahren des 1 8 . Jahrhunderts war er einer der führenden deutschen Vertreter des Empirismus David Humes geworden. Er war zeit seines Lebens eng mit den über ganz Europa verstreuten Leibniz-feindlichen Salons verbunden, die ursprünglich von Conti initiiert worden waren und denen auch Voltaire und der Physiokrat Quesnay angehörten. Zu diesem Netz gehörte auch der Salon um Schlüsselfiguren der Berliner Akademie wie den Leibnizfeind und Reduktionisten Leonhard Euler. Um Kants Argumentation in seiner Reihe der Kritiken zu folgen, muß man den Einfluß von Eulers Angriffen gegen Leibniz in den Briefen an eine deutsche Prinzessin berücksichtigen, denn dort findet man in Eulers unwahrer Kernaussage die Matrix der Argumentation gegen die Wahrheit, die sich in Kants Kritiken wiederholt. Kant, sogar der Kant der Kritiken, repräsentiert denselben Empirismus wie früher schon Paolo Sarpi, Galileo, Bacon, Hobbes, Locke, Antonio Conti, Newton, Mandeville, Quesnay und Hume. Kant drückt jedoch das Wesen des Empirismus erstmals in den Kategorien einer aristotelischen Argumentationsform aus. Kant verlegt sich auf denselben Mathematiker-Zaubertrick wie vor ihm der Newton-Anbeter Euler bei seinem Angriff auf Leibniz' Kalkulus im allgemeinen und dessen Monadologie im besonderen. Ob nun in der ursprünglichen Form Sarpis oder in Gestalt des aufpolierten Empirismus von Euler, Lagrange, Kant, Laplace u.a., der Empirismus war seit der Her- ausbildung des anglo-holländischen Modells im 1 7 . Jahrhundert immer die charakteristische Ideologie der gegenwärtig gefährdeten anglo-amerikanischen Version einer maritim-imperialen finanzoligarchischen Herrschaft venezianischen Stils. Der so definierte Empirismus ist die einzige Religion, an die die Finanzoligarchie wirklich glaubt, wenn es hart auf hart kommt. In diesen Kreisen, so wie bei Hobbes und Locke, heißt der Empirismus auch: „Ist das denn nicht die ,menschliche Natur'?" Von daher ist diese empiristische Tradition unter anderem der Ursprung des modernen Faschismus. Sie ist die axiomatische Grundlage der universal-faschistischen Charakteristik von Elliott, seinen Golems und den finanzoligarchischen Interessen, deren typischer Ausdruck die Smith-Richardson-, Olin- und MellonScaife-Stiftungen sind. Nach den jetzt folgenden Bemerkungen, in denen ich das hier zu behandelnde Problem in den entsprechenden Kontext stelle, werde ich klarmachen, warum Kants intellektueller Biographie eine so große Bedeutung beizumessen ist. Die Debatte über die Wahrheit Schon seit den ersten historisch belegten Auseinandersetzungen über diese Frage der Hypothese stehen zwei bestimmte, miteinander zusammenhängende politische Fragen zur Debatte. Erstens stellt sich die Frage, ob die individuelle Sinneswahrnehmung das Universum wahrheitsgemäß wiedergibt. Die zweite Frage ist, ob es eine glaubhafte Tradition gibt — oftmals eine Ideologie genannt —, die man den Sinneswahrnehmungen überlagern kann oder sollte, damit sie unser Handeln in Reaktion auf das Universum, wie es sich innerhalb der Grenzen der Sinneswahrnehmung darstellt, lenken kann? Willkürliche Formen religiösen oder sonstigen Glaubens sind Beispiele für solche überlagerten Traditionen bzw. ihre in jüngerer Zeit zurechtgeschusterten Äquivalente. In der weltweit verbreiteten europäischen Zivilisation seit dem antiken Griechenland etwa war die wichtigste Auseinandersetzung bei der Definition von Wahrheit bzw. Erfahrung im physikalischen Universum stets die Kontroverse zwischen der klassischen sokratischen Methode Platons und den sogenannten reduktionistischen Systemen, die wir noch heute aus der allgemein anerkannten Schulmathematik als Version einer sog. euklidischen Geometrie kennen. Um zum Kern der beiden Fragen vorzudringen, betrachte man, wie im 1 5 . Jahrhundert aus der langen Verderbnis des romantischen Einflusses die moderne europäische Zivilisation und Wissenschaft auftauchte. Meine Mitarbeiter und ich haben oft geschildert, warum es so wichtig ist, aufzuzeigen, wie das schon früher von der griechischen Wissenschaft errungene Wissen, daß die Sonne den Mittelpunkt des Sonnensystems bildet, unter dem Lügengebäude des romantischen Schwindlers Claudius Ptolemäus begraben wurde. Wir haben wiederholt beschrieben, wie Johannes Kepler mit der Entdeckung des Prinzips der universellen Gravitation die unwissenschaftlichen Methoden von Ptolemäus, Kopernikus und Tycho Brahe erfolgreich widerlegte. Dieser Aspekt der antiken bis neuzeitlichen europäischen Astronomie ist eine der einfachsten Illustrationen der Tatsache, daß der Aufstieg des Römischen Reiches und sein späteres Erbe ein drastischer kultureller Niedergang war, von dem sich die europäische Kultur erst erholte, als in der Zeit von Brunelleschi, Nikolaus von Kues und Leonardo da Vinci bis Kepler die Methoden der klassischen Wissenschaftskultur wiederbelebt wurden. Keplers Gründung einer ersten Annäherung an eine umfassende mathematische Physik ist der angemessene Rahmen, um aufzeigen, wie in den vergangenen sieben Jahrhunderten neuzeitlicher europäischer Geschichte um die entscheidenden Fragen der Wahrheitsfindung gekämpft wurde. Unter dem im feudalen Europa vorherrschenden Einfluß der Ideologie des heidnischen Roms und der daraus hergeleiteten Romantik beruhten die am weitestgehenden anerkannten Denksysteme axiomatisch auf bestimmten Elfenbeinturm-Annahmen, die man gewöhnlich mit dem Namen Aristoteles verbindet. Typisch ist, daß noch bis weit ins 1 7 . Jahrhundert hinein viele Theologen den romantischen Schwindel des Claudius Ptolemäus verteidigten. Man ging davon aus, daß es gewisse kategorische Organisationsprinzipien im Universum gäbe, die a priori existieren und vom menschlichen Geist nicht in Frage gestellt oder zurückgewiesen werden konnten. Mit anderen Worten: eine Ideologie. Daher kommen solche pathologischen Behauptungen wie: „Man kann die menschliche Natur nicht verändern!" Ähnlich ging man davon aus — wie noch das Werk neuzeitlicher Figuren wie Kopernikus und Tycho Brahe —, daß physikalischer Raum und Zeit axiomatisch „euklidisch" wären. Wer an solche Elfenbeinturm-Systeme glaubt, muß also beobachtete Daten, wie z.B. Positionen von Planeten oder Sternen, in die Grundannahme einpassen, daß alles im Universum mit den aristotelischen Elfenbeinturm-Annahmen übereinstimmen muß. Diese ideologische Dummheit haben alle sich sonst widersprechenden Systeme von Ptolemäus, Kopernikus, Brahe und auch Galileo gemeinsam. Kepler war der erste, der gegen dies den Begriff experimentell beweisbarer universeller physikalischer Prinzipien in den Aufbau einer umfassenden mathematischen Physik einführte. Kepler nahm die Daten, die bewiesen, daß die Umlaufbahn des Mars den aprioristischen, euklidischen Annahmen von Ptolemäus, Kopernikus und Brahe widersprach. Kepler stellte sich selbst die Aufgabe, die in das Sonnensystem eingebaute Absicht zu finden, die der beobachteten Differenz zwischen den tatsächlichen Planetenumlaufbahnen und den Behauptungen des aristotelischen Elfenbeinturm-Dogmas entsprach. Wenn eine solche Absicht in dem von Kepler eingeführten Sinne experimentell bewiesen wird, nennt man sie ein universelles physikalisches Prinzip. Dieser Begriff der Absicht, den Kepler in seiner Neuen Astronomie benutzt, heißt auch Hypothese. Eine solche platonische Hypothese liefert, sobald sie bewiesen ist, der neuzeitlichen zivilisierten Gesellschaft ein Fallbeispiel für die rigorose wissenschaftliche Bedeutung des Begriffs Wahrheit. Das gilt unmittelbar für die Physik; es ist aber, wie ich in allen meinen Arbeiten zu den Prinzipien der physischen Ökonomie und Prognose betont habe, auch das Modell für die Wahrheit von Prinzipien künstlerischer Komposition und Wiedergabe sowie für eine Politik nach den klassischen Prinzipien der Staatskunst, wie sie die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die US-Verfassung von 1789 prägen. Kepler lehnte sich zwar an Arbeiten von Platon, Nikolaus von Kues, Luca Pacioli und Leonardo an, aber er stellte mit seinem astrophysikalischen Werk zum ersten Mal systematisch die Aufgabe, die Wirksamkeit universeller physikalischer Prinzipien durch entscheidende experimentelle Messungen zu beweisen. Das war für neuzeitliche Denker nichts Neues — weder für Nikolaus von Kues, der diese Rolle des Messens in der Wissenschaft definierte, noch für seine Nachfolger Pacioli und da Vinci, und auch nicht für die relevanten Wissenschaftler aus vorrömischer Zeit —, aber es war das wichtigste Element der Geburt einer Revolution im europäischen Denken nach 1400 und wurde zur Grundlage eines großen Fortschritts der europäischen Wissenschaft und Wirtschaft gegenüber allen früheren Gesellschaftsformen. Der Erfolg von Keplers Entdeckung schuf also einen revolutionären Fortschritt für die Verteidigung des Prinzips der wißbaren Wahrheit. Kepler definierte somit als erster wirkliche Astrophysik im Gegensatz zu einfacher Astronomie. Jede Kompetenz in der modernen Physik wurzelt in dieser Keplerschen Revolution. Die entscheidende Frage bei Kepler und allen nachfolgenden wissenschaftlichen Entdeckungen ist: Was tritt an die Stelle des ElfenbeinturmAberglaubens über das Universum, der mit der aristotelisch aufgefaßten euklidischen Geometrie verbunden war? Die Bedeutung von Keplers Entdeckungen bezüglich dieser Frage liegt darin, daß das von Kepler gewählte, implizit universelle Gebiet — die experimentelle Astrophysik — als Ausgangspunkt für die Suche nach Wissen über wahrhaft universelle physikalische Prinzipien allgemein in einzigartiger Weise geeignet war. Keplers neue Astrophysik und Fermats experimentelle Demonstration des Paradoxes der kürzesten Zeit (statt des kürzesten Wegs) zusammengenommen stürzten die Autorität des Versuchs, die Physik auf das blinde Vertrauen des Reduktionisten in ein durch euklidische Geometrie erklärbares physikalisches Universum zu gründen. Die Arbeiten von Huyghens, Leibniz und Bernoulli zu den Implikationen von Keplers und Fermats Entdeckungen führten zu der Feststellung, daß eine antieuklidischen Geometrie notwendig ist — erst bei Gauß' Lehrer Abraham Kästner, und dann über Gauß' Arbeiten zum Prinzip der Krümmung bis zu Riemanns Widerlegung aller Formen aprioristischer Geometrie, sowohl der sog. euklidischen als auch der nichteuklidischen. Riemann führte Keplers Nachweis der vorrangigen Autorität von Absicht (Hypothese) wie auch experimentell bewiesenen universellen physikalischen Prinzipien zu ihrem folgerichtigen Schluß. Nach Riemanns Durchbruch in seiner Habilitationsschrift von 1854 gab es in einem kompetenten Verständnis der Physik keinen Platz mehr für Wissenschaft, Zeit, Raum und Materie, wie sie in der reduktionistischen Lesart der euklidischen Geometrie dargestellt wurden. Alle Definitionen, Axiome und Postulate aus dem Elfenbeinturm reiner Ideologie wurden beiseitegefegt; an die Stelle der reduktionistischen Begriffe von abstraktem Raum, Zeit und Materie traten jetzt nur noch experimentell bestätigte universelle physikalische Prinzipien. Deshalb ist das vielleicht Weitreichendste meiner eigenen Arbeit die Erkenntnis, wo in der Physik bestimmte Klassen von Prinzipien ihren Platz haben, die für gewöhnlich in der Schublade der künstlerischen Komposition abgelegt werden. Es sind Prinzipien, die sich durch dieselben Vorstellungen von ontologischem Paradox, Hypothese und universellem Prinzip definieren lassen, wie man sie mit den abiotischen oder biologischen Experimentbereichen verbindet. Sie werden zusammengefaßt unter dem Begriff „anti-romantische klassische Prinzipien". Um meine eigenen Entdeckungen richtig einzuordnen, mußte ich zuerst erkennen, daß das physikalische Universum, das meine Entdeckungen definierten, sich nur angemessen verstehen ließ, wenn man die von Riemann eingeführten revolutionären Konzepte einer physikalischen Differentialgeometrie anwandte. Klassische Prinzipien erscheinen in der künstlerischen Komposition im Zusammenhang mit Ironie und Metapher im entwickeltsten Sinn ihrer praktischen Bedeutung. So verstanden haben diese Begriffe eine eindeutige physikalisch wirksame Bedeutung. Anders als gewisse praktisch gehirnlose Grammatiker meinen, denen die Vorstellung einer syllogistischen Unvollständigkeit oder Ambivalenz ein Graus ist, geht es bei jeder wichtigen Aussage zu jedem Thema in jeder Sprache darum, eine reale Erfahrung wiederzugeben, die in einer formalen sprachlichen Schilderung ein Widerspruch in sich selbst wäre. Das beste Beispiel für ein solches Thema in der Sprache liefert das Paradox der Lichtspiegelung-Lichtbrechung in Fermats Darstellung des vieldeutigen Konzeptes der „kürzesten Zeit". Die Entdeckung des allgemeinen Prinzips der relativistischen Zeit, die dieses Paradox auflöst, macht dieses Paradox zu einer echten Metapher im platonischen Sinne. Aus solchen Gründen läßt sich das reale Universum mit keinem formalen Sprachgebrauch und keinem formalen mathematischen System beschreiben. Der Prozeß der Erstellung jener experimentell nachprüfbaren Hypothesen, die uns zum Wissen neuer universeller physikalischer Prinzipien führten, sollte unsere Hauptsorge bei der Bemühung um eine Perfektionierung des Sprachgebrauchs sein. Die Vernunft ist nicht dazu da, eine Übereinstimmung mit bestehenden Regeln zu erzwingen, sondern dazu, die Gesellschaft zu zwingen, die Wahrheit zu erkennen, die uns zuerst immer als Bekräftigung von etwas erscheint, was dem kognitiv blockierten Formalisten oder sonstigen Nicht-Poeten ein Fehler oder eine Ungereimtheit erscheint. Die Mehrdeutigkeiten in der Aussage, die man schaffen muß, um eine tatsächlich paradoxe Wirklichkeit zu beschreiben, sind also der Aspekt der Sprache, der sich auf den Prozeß bezieht, der durch das Erkennen des Vorhandenseins ontologischer Paradoxa die Schaffung gültiger Hypothesen auslöst. Die tieferen und weitergehenden Implikationen des soeben zusammengefaßten Punktes müssen im Lichte des grundlegenden Problems der wissenschaftlichen Erforschung des biotischen und abiotischen Sektors betrachtet werden. Die beiden oben beschriebenen Fälle — Keplers Entdeckung der Astrophysik und Fermats Arbeit über die „kürzeste Zeit" — unterstreichen die Tatsache, daß wirkliches menschliches Wissen über die Welt jenseits unserer Sinneswahrnehmung nur auf eine Weise erworben werden kann: durch kognitives Auflösen der ontologischen Paradoxa, die bei dem Versuch einer Erforschung des jenseits der menschlichen Sinneseindrücke wirkenden Universums auftreten. Fortschritt machen wir, indem wir erkennen, daß die Sinneswahrnehmung das Universum falsch wiedergibt. Wir korrigieren diese Irrtümer der Sinneseindrücke, indem wir experimentell bestätigte Vorstellungen über universelle physikalische Prinzipien entwickeln, welche sich mit unseren Sinnesorganen nicht direkt beobachten lassen. Wissenschaftlich erwachsene Kulturen erkennen deshalb, daß das Universum der Sinneswahrnehmung nicht das wirkliche Universum ist, sondern nur ein merkwürdig verzerrter Schatten, den die Wirklichkeit auf unsere Sinne wirft. Wir sollten in gleicher Weise erkennen, daß die Prinzipien der sozialen Zusammenarbeit, mit denen die Gesellschaft ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte erhöht, gleichzeitig auch diejenigen sind, die selbst gültige Hypothesen über Prinzipien von Beziehungen zwischen Menschen im Phasenraum des schöpferischen Denkens hervorrufen — so wie bei der wissenschaftlichen Erforschung des abiotischen Phasenraums in unserem Denken jene gültigen Hypothesen hervorgerufen werden, die sich als universell gültige physikalische Prinzipien erweisen. Willkürliche Kunst, wie etwa symbolische Kunst, ist inhärent falsch, weil sie sich keinem Hypothesenprinzip verantwortlich fühlt. Der Unterschied wird deutlicher, wenn wir die Beziehung zwischen plastischer und nichtplastischer Kunst einerseits und Staatskunst andererseits untersuchen. Da die Kunst sich auf einen mit der Geschichte verbundenen Prozeß in der Menschheit bezieht, sind die Lehren einer Kunst, die ihrem geschichtlichen Standort gerecht wird, die Grundlage für die beste Staatskunst. Entsprechend wird eine Kunst, die historisch unwahr ist, eine schlechte Praxis der Staatskunst und Leiden der Nation und ihres Volkes nach sich ziehen. So stellt sich die Frage der Wahrhaftigkeit in der Kunst; nur Kunst, die diese moralische Herausforderung selbstbewußt annimmt, darf zu recht klassisch genannt werden. „Ist das nicht die menschliche Natur?" Den empirischen Beweis dafür, daß das menschliche Individuum grundsätzlich anders ist als alle anderen lebenden Geschöpfe und über ihnen steht, finden wir in der Beziehung zwischen dem Prinzip der Hypothese und der experimentellen Beweisführung, die aus einer Hypothese ein bewiesenes universelles physikalisches Prinzip macht. Das Prinzip der Wahrheit und das der Hypothese sind also nur zwei Facetten derselben Wirklichkeit. Diese Wahrheit beweist auch, daß die menschliche Natur anders ist als die empiristische Vorstellung von der menschlichen Gesellschaft. Die Empiristen, die diese Besonderheit — die Hypothese —, die den Menschen über die Tiere erhebt, ableugnen, wie etwa Galileos Schüler Hobbes, verordneten hingegen das, was Locke, Hume, der Physiokrat Quesnay, Mandeville, Adam Smith, Jeremy Bentham sowie Huntingtons und Brzezinskis Co/em-Kollege Kissinger als britische „menschliche Natur" definierten. Bemerkenswerterweise wies Kissinger richtig darauf hin, daß es bei dem Konflikt zwischen Präsident Franklin Roosevelt und dem britischen Premierminister Churchill während des Zweiten Weltkrieges um eben diese Frage ging — und implizit ist auch klar, daß dieser Punkt Kissingers langjähriger persönlicher Feindschaft mir gegenüber zugrundeliegt; er betrachtet mich als Bannerträger der amerikanischen intellektuellen Tradition, die er erklärtermaßen haßt. Die Tatsache, daß unter allen Geschöpfen allein die menschliche Gattung zur souveränen, individuellen Erkenntniskraft fähig ist, definiert die Natur des Menschen als von allen anderen Gattungen unterschieden. Dieser Unterschied des menschlichen Individuums zu den Tieren ist die empirische Grundlage für die Vorstellung der physikalisch wirksamen Existenz des geistigen Bereichs als eines Phasenraums in dem, was als Riemannsche differentielle physikalische Geometrie des Universums als ganzem aufgefaßt werden muß. Diese Besonderheit des souveränen kognitiven Individuums ist die Grundlage für die funktionelle Bedeutung des Naturrechts — den Begriff der übergeordneten Verantwortung für das Gemeinwohl aller menschlichen Individuen und ihrer Nachkommen. Dieser Begriff der physikalisch wirksamen, universellen Funktion des Gemeinwohls ist auch die Grundlage für die gesetzmäßige Definition menschlicher Beziehungen. Ich fasse die folgenden, höchst wichtigen Überlegungen zusammen. Erstens: Die Kreativität, die jene Hypothesen aufstellt, von denen der Bestand der Menschheit abhängt, existiert als Handlungs- und Wirkungsform für den Menschen, sie drückt sich aber nur auf zweierlei Weise aus. Unmittelbar ist unsere einzige Quelle für solche Hypothesen der Erkenntnisprozeß des souveränen Individuums. Im weiteren bestehen soziale Beziehungen — w i e etwa die Zusammenarbeit bei der Anwendung gültiger universeller Prinzipien — nur in einem angemessenen Austausch zwischen den jeweils völlig souveränen Prozessen von Individuen. Zweitens: Die Wirksamkeit solcher entdeckter Prinzipien beweist, daß das Universum als ganzes so komponiert ist, daß es den Befehlen der Menschheit, wenn diese sich als gültige Hypothesen äußern, Folge leistet. So steht geschrieben im ersten Kapitel der Schöpfungsgeschichte, daß der Mensch als Abbild des Schöpfers des Universums geschaffen ist und daß die menschliche Gattung die einzigartige Autorität und Verantwortung hat, über dieses Universum zu herrschen. Das Bild von Mann und Frau als souveräne Individuen ist das Bild der Erkenntnisfähigkeit, die den Menschen unter allen Lebewesen auszeichnet. Das ist die wesentliche, experimentell nachgewiesene universelle Wahrheit der Sache. Damit zurück zu den wesentlichen Fragen der Staatskunst, die sich durch die Obszönitäten von Elliots Golems stellen. Der moderne souveräne Nationalstaat, der den langfristigen wissenschaftlichen und verwandten Fortschritt — erkennbar an der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der Menschheit — fördert, ist deshalb überlegen — und gegenwärtig auch absolut notwendig —, weil nur ein solcher Staat in der Lage ist, die verfassungsmäßige Verpflichtung zur Förderung des Gemeinwohls (und der Landesverteidigung) zu erfüllen, indem durch die Schöpfung langfristiger, niedrigverzinster Kredite die Produktivität der Menschheit pro Kopf und pro Flächeneinheit erhöht wird. Für diese Kreditschöpfung braucht man protektionistische Maßnahmen zur Regulierung von Handel und Produktion, hauptsächlich, um die typischen Übel des sogenannten „Freihandels" — zerstörerische Abnutzungserscheinungen oder schlichtweg Anarchie in den wesentlichen Produktions-, Handels- und Konsumtionsprozessen — zu verhindern. Nach der Periode immer rascheren Zusammenbruchs in der weltweiten Finanz-AA/ährungskrise und Weltwirtschaftskrise — die zwei unterschiedliche Dinge sind, sich aber gegenseitig beeinflussen —, hat die Welt einen Punkt erreicht, an dem die Zivilisation als solche nicht mehr weiterexistieren kann, wenn sie nicht zu dem Modell der souveränen nationalstaatlichen Republik zurückkehrt, das im amerikanischen Bürgerkrieg 1 8 6 1 65 verteidigt wurde. Die Gegner dieser Politik waren und sind die teuflischen Kräfte der imperial denkenden Finanzoligarchie, je offensichtlicher der selbstverschuldete Untergang des anglo-oligarchischen Systems im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde, um so dümmer und störrischer wurden die einst stolzen herrschenden Kreise der finanzoligarchischen Macht. Im letzten Jahrhundert beherrschten sie weitgehend das Leben des ganzen Planeten mit ihren geopolitischen blutigen Spielen — zwei Weltkriege und andere Schrecklichkeiten, die alle im wesentlichen darauf abzielten, diejenige Gesellschaftsform, die ihre Hegemonie bedrohte, für immer auszumerzen. Wie im Römischen Reich oder in den Kriegen der Ultramontanisten im mittelalterlichen Europa oder den Religionskriegen von 1 5 1 1 - 1 6 4 8 , sagen die Interessen, die Elliotts Golems und ihre Unterstützer benutzen, sinngemäß: Unterwerft euch unserem Willen, wie verrückt dieser auch sein mag, oder wir bringen euch alle um; vielleicht bringen wir euch aber auch sowieso um. Auf diese Weise bringt die Menschheit finstere Zeitalter über sich — diese Warnung sollten wir im Zuge des 1 1 . September aus dem Fall des zweiten Grenadiers in Heines Gedicht gelernt haben. Es geht also um einen Konflikt zwischen zwei Menschenbildern, die sich gegenseitig ausschließen — ihres gegen unseres. Sie vertreten das Böse im strengsten Sinne des Wortes. Wenn man sich also über die Implikationen dessen, was Elliott, seine Golems und ihre oligarchischen Hintermänner im Laufe der Zeit seit den Anfängen Brzezinskis, Huntingtons und Kissingers in Harvard getan haben, im klaren ist: Kann dann irgendein denkender Mensch noch ehrlich sagen, es überrascht ihn, was am 1 1 . September geschehen ist — oder was in Afrika und anderen Teilen der Welt als anglo-amerikanisch gesteuerter Völkermord für finanzoligarchische Interessen praktiziert wird? Wenn Sie gelesen und verstanden hätten, was solche Lakaien wie Elliotts Golems in den vergangenen Jahrzehnten geschrieben, in ihren Reden angekündigt und eigenhändig getan haben, könnten Sie dann noch ernsthaft behaupten, Sie seien nicht gewarnt worden? Anmerkungen 1 . Siehe „LaRouche: Let Calm Heads Prevail To Stop Destabilization", Transkript eines Interviews mit Moderator Jack Stockwell am 1 1 . September 2001 im Radiosender von Utah, in EIR 2 1 . Sept. 2001; und „A Conversation With LaRouche In A Time Of Crisis", ein Interview mit John Sigerson (EIR), erstellt für das Kabelfernsehprogramm „The LaRouche Connection", in EIR, 28. Sept. 2001 (auf deutsch in Neue Solidarität Nr. 39 vom 26. Sept. 2001). 2. Wenn man die ständigen Atomkriegs-Sicherheitseinrichtungen und vor allem die Vorkehrungen zur Regierungskontinuität berücksichtigt. 3. Die Bezeichnung „zugegebenermaßen lückenhaft, aber dennoch schlüssig" ist eine Umformulierung des Grundprinzips hinter Leibniz' ursprünglicher Entdeckung des Kalkulus. Sie ist auch das Grundprinzip jeden Riemannschen Ansatzes der 4. 5. 6. 7. Differentialgeometrie. Diese Methode unterscheidet sich ausdrücklich vom reduktionistischen Denken eines Euler, Lagrange, Cauchy, Grassmann u.a. Hollywood sollte eine besondere Auszeichnung an den Produzenten verleihen, der den unglaubwürdigsten Trickfilm des Jahres gedreht hat. Der Preis sollte „Der Osama" heißen und in Erinnerung an die Fälscher der „Hitler-Tagebücher" verliehen werden. Samuel P. Huntington, „The Soldier And The State: The Theory And Politics Of Civil-Military Relations", Cambridge, Belknap Press of Harvard University Press, 1957. Zum Hintergrund von Elliott und der Ideologie der NashviiieAgrarier siehe Stanley Ezrol, „Seduced From Victory: How The Lost Corpse Subverts The American Intellectual Tradition", EIR, 3. Aug. 2 0 0 1 . Henry A. Kissinger, „Reflections on a Partnership: British and American Attitudes to Postwar Foreign Policy, Address in 57 Commemoration of the Bicentenary of the Office of Foreign State. Der Kontrast zur klassischen Tradition der Strategie — Secretary," 10. Mai 1982, Royal Institute of International wie sie neuzeitliche Militärstrategen wie Lazare Carnot, Gerhard Scharnhorst oder im Zweiten Weltkrieg General Affairs (Chatham House), London. 8. Es ist klinisch bedeutsam, daß die populärsten „Verschwörungstheorien" heute den besonders pathologischen Stil infantiler Phantasie widerspiegeln, der in Der Herr der Ringe, Harry Potter und dem Po/femon-Kult oder in den aus dem Umkreis des Utopistentrios H.G. Wells, Bertrand Russell und Aleister Crowley in die Welt gesetzten „magischen" und ähnlichen dämonischen Kulten zu finden ist. Die charakteri- stische geistige Tätigkeit, die diese Kulte ausdrücken, ist eine magische Macht des Willens, die außerhalb der realen physikalischen Raumzeit agiert. Weil mit dem verirrten Helden eines solchen Phantasielebens oder der auf gleichartiger Fiktion gegründeten sog. „Science Fiction" eine Belohnung assoziiert wird, bildet sich bei den Opfern solcher Kulte ein Gefühlszustand heraus, der sie sich hysterisch auf vergleichbare Verschwörungstheorien als emotional dankbare Glaubensstrukturen stürzen läßt. Auf der gleichen Pathologie gründen die gnostischen religiösen Kulte. Zur Erbauung akademisch gründlicher Leser füge ich hinzu: Aus der Sicht der neuzeitlichen Physik fällt der Fehler solcher populären Verschwörungstheorien in die gleiche Kategorie wie die falsche Astrophysik von Claudius Ptolemäus, Kopernikus, Tycho Brahe, Galileo Galilei und Isaak Newton. Solche „Verschwörungstheorien" wollen der Interpretation von Fakten (physikalischen Daten) immer eine vorgefaßte Elfenbeinturmvorstellung über das Universum überstülpen, z.B. die aristotelische Elfenbeinturmannahme, die vollkommen regelmäßige Wirkung müsse immer kreisförmig sein. In der realen Wissenschaft dagegen müssen wir — entgegen der Methode des Schwindlers Galileis und anderer — die physikalische Geometrie der von uns untersuchten Daten herausfinden, so wie es Kepler getan hat, und ableiten, was in diesem Universum möglich ist, indem wir experimentell entdecken, welche Geometrie der Phasenraum hat, in dem die Daten tatsächlich auftreten. 9. Siehe auch Lyndon H. LaRouche, The Economics of The Noosphere, Washington, 2001; sowie ders., The Spirit of Russia's Science, EIR, vom 7. Dezember 2001. 1 0 . Dieser pathologische „objektive historische Determinismus" ist der gängigste Ausdruck dieser irrational-kultischen Glaubensstruktur unter Anarchosyndikalisten und anderen sozialistischen Sekten, die der Ideologie von der „Arbeiterklasse" anhängen. Typisch für diese Pathologie ist Engels' mystifizierende Beschwörung der „schwieligen Arbeiterhand". Eine der gängigsten Ursachen für das Scheitern des Sozialismus als politisch-ökonomisches System ist dessen „Klassenfeindschaft" zur „Intelligenz" — seine Abneigung gegen die schöpferischen Kraft des Geistes, von der jeder bedeutende Fortschritt der menschlichen Lebensbedingungen einschließlich der Wirtschaft abhängt. Der Ursprung dieser nominell sozialistischen Verblendung ist für gewöhnlich der Kult des britischen Empirismus, der von dem Venezianer Paolo Sarpi und seinen Anhängern und Nachfolgern dogmatisiert wurde. Die Lehre Mandevilles, Quesnays „Laissez-faire" und Adam Smiths „Freihandel" sind inhärent irrationale, magische Kulte, eingeführt auf der „flachen Erde" der empiristischen Dogmen. Weil sie die Existenz der Vernunft überhaupt verneinen, können diese Kulte behaupten, sie hätten das Weltgeheimnis entdeckt, das alles und jedes erklärt. 1 1 . Auf die Tatsache, daß im Universum ein Wesen existiert, der Mensch, das zur Ebene des Erhabenen aufsteigen kann, gründet Leibniz seinen berühmten Satz, dies sei „die beste aller möglichen Welten". 1 2. Diese klassischen Traditionen werden voller Haß verhöhnt in dem Werk, aus dem die Strategie des „Zusammenpralls der Kulturen" wesentlich abgeleitet wurde: der explizit faschistischen Ideologie in Samuel Huntingtons The Soldier And The Douglas MacArthur verkörpern — verdeutlicht den Gegensatz zwischen zivilisierten Formen strategischen Denkens in der Neuzeit und der faschistischen Ideologie, auf der Napoleon Bonaparte und seine Nachfolger wie Napoleon III., Mussolini und Hitler ihre modernen „Heil Caesar!"-Parodien seelenloser Legionäre des antiken Roms gründeten. Das genannte Buch The Soldier And The State wurde zum ersten Mal 1 9 5 7 veröffentlicht und erlebte mindestens 1 8 Auflagen. Wie die entsprechenden späteren Schriften Brzezinskis und Huntingtons zeigen, enthält dieses Buch bereits das ideologische Kernstück der Politik, die Brzezinski 1 9 9 7 in Die einzige Weltmacht beschreibt. 1 3 . Am deutlichsten wird dies durch die Beschäftigung mit dem Modellfall des Unternehmers, der Erfolg hat, indem er entweder ständig neue universelle physikalische Prinzipien entdeckt oder aus solchen Entdeckungen ständig neue Technologien oder Kombinationen von Technologien entwickelt. Der Schlüssel zum erfolgreichen Beitrag des Individuums bei der Anwendung des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie sind nicht Aktiengesellschaften, sondern Organisationen, die dem Vorbild solchen Unternehmertums folgen. 1 4 . LaRouche, a.a.O. 1 5 . Ich gebrauche den Begriff „spirituell" (geistig) in einer streng definierten physikalischen Bedeutung. Er bezeichnet die experimentell nachweisbaren, positiven Wirkungen (bspw. in Form von „Produkten"), die nur durch die Anwendung des Aktes der Entdeckung eines experimentell beweisbaren universellen physikalischen Prinzips auftreten. Zusätzlich ist zu bemerken, daß dies nichts anderes ist als der Beiklang von „geistig" im Sinne der kognitiven Lösungen, die Theologen treffend „geistige Übungen" nennen. 1 6 . Es ist nicht die Technik, die Kulturen verändert, sondern es ist die wiederholte kognitive Erfahrung von Prinzipienentdeckungen, welche die Vorstellung der Gesellschaft über die Zusammenarbeit bei der Anwendung solcher Entdeckungen zur Verbesserung ihres realwirtschaftlichen Verhältnisses zur Natur verändern. Zur Kultur siehe meine Behandlung kognitiver „Supergene" bei der Entwicklung wissenschaftlichen und anderen kulturellen Fortschritts in meiner Schrift The Spirit Of Russia's Science. 1 7 . Meine eigenständigen Entdeckungen bestanden in der Erkenntnis, daß die Prinzipien künstlerischer Komposition, die man im Sinne Platons als „klassisch" bezeichnet, und Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien, wenn auch auf unterschiedliche Weise, für das wachsende Potential einer Gesellschaft gleichermaßen entscheidend sind. Bei der Suche nach einer Methode, um die Steigerung der potentiellen Bevölkerungsdichte auf der Grundlage dieser Kombination von Prinzipien in Form von Funktionen dazustellen, erkannte ich, daß meine Entdeckungen in einer Riemannschen Differentialgeometrie dargestellt werden mußten. 1 8 . Der Unterschied zwischen meiner Prognosemethode und den herkömmlichen „08/15"-Varianten der heutigen universitären Lehrpläne entspricht dem Unterschied zwischen den Prognosemethoden in Johannes Keplers Werk und denen seiner im Verhältnis dazu gescheiterten Vorgänger Claudius Ptolemäus, Kopernikus und Tycho Brahe. Wie bei Kepler ist mein Ausgangspunkt der langfristige „Zyklus"; die axiomati- sche Charakteristik dieses langfristigen Zyklus' ist dann die Grundlage für die Abschätzung der Implikationen der kurzund mittelfristigen Veränderungen. Das Schwergewicht muß auf den langfristigen axiomatischen Grundannahmen liegen, nach denen sich der komplette große Zyklus entfaltet; man darf nicht versuchen, langfristige Ergebnisse aus statistischen Interpretationen kurz- bis mittelfristiger Modelle abzuleiten. 1 9 . Die britische Monarchie hat zwar mittels der Ermordung von US-Präsident McKinley 1 9 0 1 die USA „gefangengenommen", aber die Vorbereitungen für den Ersten Weltkrieg begann der Hauptschuldige, der britische König Eduard VII., schon mit Ereignissen wie der Dreyfus-Affäre und der Faschoda-Krise hängig von dessen inneren Strukturen oder Herrschaftsmethoden — Britanniens Überleben in Frage stellte... Britannien verkündete selten absolute moralische Grundsätze und vertraute, trotz seiner Errungenschaften in diesem Bereich, sel- von 1 8 9 8 für Frankreich und milden britischen Manipulationen der kriegerischen Aggressionen Japans von 1894-1905. 20. Man vergleiche dies mit der bewundernswerten, etwas ten auf den Erfolg der Technik. In philosophischer Hinsicht blieb es Hobbes treu: Es erwartete das Schlimmste und wird selten enttäuscht. In moralischen Fragen pflegte Britannien abweichenden These des verstorbenen Friedrich Freiherr von der Heydte in Die Geburtsstunde des souveränen Staates (Regensburg 1952). Siehe dazu auch den Vergleich, den Helga Zepp-LaRouche in ihrer Rede „Eine neue Renaissance der Kulturen" am 6. Mai 2001 in Bad Schwalbach zog. Von der Heydte beschreibt, wie um die Idee des souveränen Nationalstaats gerungen wurde; Nikolaus von Kues brachte in seiner Concordantia Catholica die vorangegangen Arbeiten traditionell einen bequemen ethischen Egoismus: es glaubte, was gut für Britannien sei, sei auch gut für den Rest der Dante Alighieris und anderer in die notwendige Form. 2 1 . Mit Empirismus meine ich die Wiederbelebung der mittelalterlichen aristotelischen Methode des William von Ockham durch den berüchtigten Venezianer Paolo Sarpi. Durch Sarpi und seine Kreaturen wie Galileo Galilei, Sir Francis Bacon und Thomas Hobbes entwickelten sich der britische Empirismus des 1 8 . Jahrhunderts und der französische Descartismus und vereinigten sich zur sogenannten Aufklärung des 1 8 . Jahrhunderts. Typisch für die methodische Auseinandersetzung ist der Gegensatz zwischen der neuzeitlichen wissen- schaftlichen Strömung — von Nikolaus von Kues über Pacioli, Leonardo da Vinci und deren Nachfolger wie Johannes Kepler, Leibniz, Gauß, Riemann — und den typischen empiristischen Absurditäten von Reduktionisten wie Leonard Euler, Lambert, Lagrange, Laplace, Cauchy, Clausius, Helmholtz und den heutigen radikalen Positivisten. 22. So Kissinger am 1 0 . Mai 1982, als er in einer Rede vor dem Chatham House erklärte: „Alle Berichte zur anglo-amerikanischen Allianz während des Zweiten Weltkriegs und der frühen Nachkriegszeit lenken die Aufmerksamkeit auf die beträchtlichen philosophischen Unterschiede zwischen Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill, die unsere unterschiedliche nationale Geschichte widerspiegeln. Amerika, das niemals von außen in seinem Überleben bedroht war, betrachtete Kriege als historische Verirrung, die durch bösartige Menschen oder Institutionen hervorgerufen werden; wir dachten nur an den Sieg in Form der bedingungslosen Kapitulation der Achsenmächte. Großbritannien hatte so viele unterschiedliche Aggressionen erlebt, daß es eine so persönliche Sichtweise der Geschichte nicht riskieren wollte; sein Blick war auf die Nachkriegszeit gerichtet, und es versuchte, die Strategie der Kriegszeit so umzupolen, daß eine sowjetische Vorherrschaft in Mitteleuropa vereitelt würde. Viele führende Amerikaner warfen Churchill vor, er sei unnötig von Machtpolitik besessen, zu kraß antisowjetisch, zu kolonialistisch in seiner Haltung zu dem, was man heute die Dritte Welt nennt, und zu wenig interessiert am Aufbau der grundlegend neuen internationalen Ordnung, nach welcher der amerikanische Idealismus immer tendiert hat. Die Briten hielten die Amerikaner zweifellos für naiv, moralistisch und unwillig, ihre Verantwortung für die Sicherung des globalen Gleichgewichts zu übernehmen. Der Streit wurde im Sinne der amerikanischen Vorstellungen entschieden — meiner Ansicht nach zum Schaden der Sicherheit in der Nachkriegszeit... Der Streit zwischen Britannien und Amerika während und Welt... Im 1 9 . Jahrhundert war die britische Politik ein und vielleicht der entscheidende Faktor in einem europäischen System, das 99 Jahre lang Frieden ohne einen größeren Krieg ermöglichte... [In der Nachkriegszeit] waren die Briten so sachlich hilfreich, daß sie in einem Ausmaß an inneren amerikanischen Diskussionen beteiligt wurden, wie dies wohl nie zuvor zwischen souveränen Nationen praktiziert wurde. Während meiner Amtszeit spielten die Briten bei einigen bilateralen amerikanischen Verhandlungen mit der Sowjetunion eine frucht- bare Rolle — sie haben sogar beim Entwurf des entscheidenden Vertrages geholfen. In meiner Inkarnation im Weißen Haus informierte ich damals das britische Foreign Office besser und arbeitete enger mit ihm zusammen als mit dem amerikanischen State Department..." 23. Zum Thema Universalfaschismus betrachte man die Schriften des zeitweiligen Kissinger-Kumpans Michael Ledeen. Die Verbindungen zum Faschismus der Mussolini- und Hitlerzeit laufen u.a. über die Familie des CIA-Manns James Jesus Angleton und die Sympathisanten von Ezra Pound. 24. Die Bezeichnung „faschistisch" ist weder zufällig noch übertrieben. Napoleon Bonaparte war der erste moderne faschistische Diktator, und die Tyranneien von Faschisten wie Napoleon III., Benito Mussolini, Adolf Hitler usw. folgten ausdrücklich an diesem Vorbild. Faschismus ist der Versuch, eine cäsarische Regierungsform zu schaffen, die ausdrücklich dem Vorbild der rechtlichen und anderen Traditionen des Römischen Reiches folgt, als Alternative sowohl zu den gescheiterten Relikten des Erbes der Feudalzeit wie auch zu dem gefürchtetsten Gegner der Faschisten — nämlich Regierungsformen, die mit dem Amerikanischen System der politischen Ökonomie einhergehen. Gegen den Einfluß der amerikanischen Verfassung kämpften zwischen 1 789 und 1 81 5 die Jakobiner, Barras und Napoleon im Bündnis mit den Habs- burgern unter Metternich. 25. Nach Präsident Lincolns Siegen über die anglo-spanischfranzösischen Marionettenregimes der Konföderierten und Maximilians war das Regime des faschistischen Tyrannen Napoleons III. dem Untergang geweiht. 26. McKinleys Ermordung im Jahr 1 9 0 1 fällt in den gleichen zeitlichen Rahmen wie zwei andere Wendungen der weltstrategischen Lage zugunsten des britischen Empire. Die erste war die Degeneration Frankreichs in den 90er Jahren des 1 9 . Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Dreyfus-Prozeß, der Faschoda-Krise und dem formellen Eintritt in die Entente Cordiale mit England unter Eduard III. Damit überlappte sich, daß die Briten Japan zwischen 1895 und 1905 in Kriege gegen China, Korea und dann Rußland schickten. 27. Die fortdauernde Verbindung zwischen den Mitgliedern der Ecole Polytechnique Lazare Carnot und Alexander von Humboldt deuten darauf, auf welche Weise die Fraktionierung in der Wissenschaft die tiefergehende politische Spaltung nach dem Zweiten Weltkrieg war natürlich kein Zufall. Die widerspiegelte. Die führende Strömung der europäischen britische Politik stützte sich auf zwei Jahrhunderte Erfahrungen mit dem europäischen Mächtegleichgewicht, Amerika auf zwei Jahrhunderte von dessen Zurückweisung. Während Amerika sich immer als von den Weltangelegenheiten isoliert gesehen hatte, war Britannien jahrhundertelang höchst wachsam für die Gefahr, daß die Vorherrschaft irgendeines Land auf dem europäischen Kontinent — unab- Naturwissenschaft bis zum Tode Bernhard Riemanns verläuft von Nikolaus von Kues über nachfolgende Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci, Kepler, Leigniz, Kästner und Carnots Fraktion in der Ecole Polytechnique, Alexander von Humboldt, Gauß, Wilhelm Weber, Humboldts Protege Dirichlet bis zu Riemann. Die entgegengesetzte Strömung in der Wissenschaft war die der Empiristen und Kantianer, darunter der Schwindler Leonhard Euler, Lambert, Lagrange, Laplace, Cauchy, Clausius, Grassmann, Heimholte, Felix Klein u.a. Die Übereinstimmung von Carnots Militärpolitik mit der von Scharnhorst u.a. — die Betonung des Prinzips der Verteidi- gung — sowie Carnots Exil im deutschen Magdeburg nach dem Antritt der von London eingesetzten korrupten Restaurationsmonrachie der Bourbonen in Frankreich stellt eine Parallele zur Rolle der anti-empiristischen Entdeckungen Fresnels und Amperes dar, wobei letzterer typisch für die CarnotFraktion in der Ecole war. Wie US-Außenminister John Quincy Adams in beispielhafter Weise betonte, sucht die Strategie der souveränen nationalstaatlichen Republik die Plage des Konfliktes durch eine Prinzipiengemeinschaft souveräner Nationen zu überwinden. 28. Wenn wir die entscheidende Rolle des Reformjudentums des orthodoxen Juden Moses Mendelssohn bei der Entwicklung von Wissenschaft und klassischer Kultur in Deutschland seit der Mitte des 1 8 . Jahrhunderts berücksichtigen, muß in jeder ehrlichen Diskussion über die deutsche Kultur der Beitrag der Juden zu dieser Kultur besonders betont werden. Die Vernichtung des deutschen Juden, und auch des Juden der osteuropäischen Jiddischen Renaissance, war der erste entscheidende Schlag in dem Plan der Nazis, die deutsche Kultur auszulöschen. 29. Hegels Identifikation mit dem Faschismus zeigt sich früh an seiner Bewunderung für den Tyrannen Bonaparte als Helden. Nach dem Wiener Kongreß wurde Hegel zum vehementen Apologeten Fürst Metternichs, und er arbeitete eine Staatstheorie für Preußen aus, die zu den Lehren seines Komplizen Savigny und den faschistischen Rechtslehren von Carl Schmitt u.a. führte. 30. Das Konzept der autoritären Persönlichkeit von Adorno, Arendt u.a. war in der Nachkriegszeit typisch dafür, wie Deutschlands faschistische ideologische Argumentation gegen die Existenz der Wahrheit von neukantianischen Exi- 60 stentialisten wie Jaspers und seiner Anhängerin Arendt entwickelt wurde. 3 1 . Trevor Nevitt Dupuy, A Genius for War: The Cerman Genera/ Staff 1807-1945, Fairfax/Virginia 1984. Siehe auch v. Moltkes Buch über den Deutsch-Französischen Krieg sowie die Einführung von Michael Howard in der englischen Ausgabe: Helmuth v. Moltke, The Franco-Cerman War of 187071, London 1992. 32. Der Empirismus und sein Nachfolger, der Posivitismus, erreichten den Einfluß, den sie in den deutschen Kulturen heute haben, allgemein in drei Stufen. Er wurde ursprünglich von dem zeitweiligen Herren Venedigs, Paolo Sarpi, als vereinfachtes Produkt aristotelischer „Elfenbeinturm"-Methoden geschaffen; die Grundlage war dabei Sarpis Bewunderung des mittelalterlischen Irrationalisten Wilhelm von Ockham. Der ursprüngliche englische Empirismus von Sir Francis Bacon und Thomas Hobbes wurde direkt von Sarpi und seinem per- sönlichen Lakaien Galileo Galilei in England eingeführt. Eine spätere Entwicklungsphase war ein europaweites Netz von Salons, die sämtlich zum Ziel hatten, den Einfluß der damals führenden wissenschaftlichen Persönlichkeit der Welt, Gottfried W. Leibniz zu zerstören. Im Mittelpunkt dieses Netzes stand der venezianische Agent Abt Antonio Conti in Paris, der „Vater" der französischen und britischen „Aufklärung" des 1 8 . Jahrhunderts. Im 1 9 . Jahrhundert erschien eine noch radikalere Variante des Empirismus in Form des Positivismus. Die Extremform hiervon ist der logische Positivismus, der manchmal auch „radikaler Empirismus" genannt wird. 33. Daß Huntington und Brzezinski nach der Erstveröffentlichung des Buches quasi aus Harvard vertrieben wurden, zeugt davon, daß es damals Autoritäten in Harvard gab, die meine heutige Einschätzung der intellektuellen Qualitäten des Buches teilten. Elliott setzte schnell Kissinger in alle privilegierten Positionen und Funktionen ein, aus denen Brzezinski damals entfernt worden war. III. PERSONENPROFILE Der von den Putschisten des 11. September angestrebte weltweite „Krieg der Kulturen" und die Errichtung einer universalfaschistischen Ordnung, eines anglo-amerikanischen Imperiums anstelle der souveränen Nationalstaaten, wird seit Jahrzehnten von einem kleinen, doch einflußreichen Personenkreis propagiert. Wir stellen die wichtigsten von ihnen in Einzelprofilen vor. William Yandell Elliott, der geistige Ziehvater der Putschisten VON MARK BURDMAN UND STANLEY EZROL E iner der führenden philosophischen und ideologischen Ziehväter der Anhänger der utopischen Strategie in den USA war William Yandell Elliott (1896-1979). Von 1 9 2 5 bis 1 9 6 3 prägte Elliott maßgeblich die einflußreiche Fakultät für „Government" der Universität Harvard, der bedeutendsten amerikanischen Universität zur Ausbildung politischer Eliten, der er zeitweise auch direkt als Dekan vorstand. Er gründete und leitete die Harvard „Summer School" von 1949 bis 1960 und ernannte seinen Lieblingsschüler Henry Kissinger zum Leiter des internationalen Seminars der Harvard-Summer School of Arts and Sciences and of Education sowie zum Leiter des Seminars für Verteidigungsstudien der Summer School. An dieser „Harvard Summer School" und den angeschlossenen Seminaren nahmen über die Jahre hinweg zahlreiche Vertreter der Führungselite vieler Länder der Welt teil. Diese intensiven Sommerkurse richteten sich an „Personen im Alter zwischen 26 und 45 Jahren, die kurz davor stehen, in ihren Heimatländern Führungspositionen einzunehmen". Damit war Elliott in einer Position, in der er zahllose Regierungschefs, Parlamentarier und Verwaltungsfachleute aus Ländern aller Kontinente beeinflussen konnte (wobei die Namen der meisten Seminarteilnehmer niemals veröffentlicht wurden). Elliott hatte reichlich Erfahrung mit der Regierungsar- beit. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg diente er fünf Regierungen in verschiedenen Funktionen als Berater. Er war der geistige Ziehvater von mindestens fünf Nationalen Sicherheitsberatern und Mentor zweier Außenminister. Zu seinen Schützlingen, um deren Ausbildung er sich in Harvard persönlich kümmerte, gehören Personen, die immer wieder in diesem Bericht genannt werden — darunter Zbigniew Brzezinski, Samuel Huntington und Kissinger —, daneben aber auch McGeorge Bundy und Dean Rusk. Brzezinski, Kissinger und Bundy dienten als Nationale Sicherheitsberater, und Kissinger war auch Außenminister. Huntington gehörte in der Amtszeit von Präsident Jimmy Carter dem Nationalen Sicherheitsrat unter Brzezinski an. Dean Rusk war vom gerade gewählten John F. Kennedy auf Anraten Elliotts zum Außenminister ernannt worden. Als Elliott dann Harvard im Sommer 1963 verließ, nahm er einen Posten als „Berater" im Außenministerium ein, wobei er eng mit Rusk zusammenarbeitete. Der Sommer 1 9 6 3 war ein sehr folgenreicher Zeitabschnitt. Nur wenige Monate später wurde Präsident John F. Kennedy ermordet, und die USA verstärkten ihr Engagement in Vietnam besonders nach dem Mord an Kennedy massiv. Rusk gehörte zu den vehementesten Befürworter des Vietnamkrieges. Das britische Empire und die Konföderierten Staaten Von diesen persönlichen Beziehungen abgesehen, liegt die herausragende Bedeutung Eiliotts für das amerikanische politische Establishment darin, daß er zwei der folgenreichsten, eng miteinander verknüpften oligarchischen Traditionen des 20. Jahrhunderts verkörperte. Zum einen wurde er nach seiner Ausbildung am Balliol-College in Oxford einer der führenden amerikanischen Vertreter des britischen „Round Table", eines Geheimbundes, der vom britischen Außenminister und Rassisten Cecil Rhodes an der Wende vom 1 9 . zum 20. Jahrhundert gegründet worden war, um die imperialen britischen Interessen zu fördern. Er war der Archetyp jener Denkweise in den USA, die Präsident Franklin D. Roosevelt als „Amerikanische Tories" abkanzelte (in Erinnerung an die nordamerikanischen Kolonisten, die sich während der Amerikanischen Revolution 1775-83 auf die Seite der britischen Monarchie stellten). Wie seine britischen Privatlehrer verglich Elliott die Ausbildung der Studenten mit der Aufzucht und Dressur von Tieren. Zweitens gehörte Elliott zu den führenden Köpfen der sogenannten „Nashville-Agrarier" und „Fugitive"-Organisationen in den USA, die beide der Bewahrung und Erinnerung der Kultur und Wirtschaft der Sklavenhalterstaaten verpflichtet waren. Die südlichen Sklavenhalterstaaten bildeten die „Konföderierten Staaten von Amerika" (Alabama, Arkansas, Florida, Georgia, Louisiana, Mississippi, North Carolina, South Carolina, Tennessee, Texas und Virginia), die sich nach dem Amtsantritt Prä- 61 sident Lincolns von den USA lossagten und von der Union unter dem Oberbefehl Lincolns im Bürgerkrieg von 1 8 6 1 bis 1 8 6 5 besiegt wurden. Elliott selbst wurde in eine Südstaatenfamilie in Tennessee hineingeboren, die am Ende des 1 9 . Jahrhunderts enge Verbindungen zu den Kontrolleuren des rassistisch-terroristischen KuKlux-Klan unterhielt. Die „Agrarier" wurden 1930 in Nashville, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Tennessee, gegründet. Die Gruppe bezog ihren Namen aus ihrer Vorliebe für die industriefeindlichen, auf Plantagen begründeten, protofeudalen („agrarischen") Südstaaten im Nordamerika der Zeit vor dem Bürgerkriegs. Typisch für diese Mentalität ist die folgende Äußerung eines ihrer führenden Ideologen Frank Lawrence Owsley: „Der Norden war kommerziell und industriell, und der Süden war agrarisch ausgerichtet... Der industrielle Norden forderte hohe Zölle ... Es war ein ausbeuterisches Prinzip, das auf Kosten des Südens ging und den Norden begünstigte ... Der industrielle Norden forderte interne Verbesserungen — Straßen, Eisenbahnen, Kanäle — auf Kosten des Landes, um seine Güter besser auf die Märkte im Süden und Westen transportieren zu können ... Der Süden lehnte die internen Verbesserungen auf Kosten des Landes ab, weil er einen geringeren Transportbedarf hatte ... Der Norden favorisierte eine von der Regierung kontrollierte Bank." Owsley schrieb dies in dem Essay „Der unbezähmbare Konflikt" als Beitrag zum Gründungsdokument der Nashville-Agrarier von 1 9 3 1 mit der Überschrift Ich beziehe Stellung: Die Revolte des jungen Südens gegen die Maschinenkultur, das unterzeichnet war mit: „zwölf Südstaatler". In dieser gemeinsamen Erklärung beschreiben sie unverhohlen ihre Geisteshaltung: „Alle ziehen die Lebensart des Südens dem vor, was als amerikanische' oder vorherrschende Lebensart bezeichnet wird ... agrarisch versus industriell..." Elliott, ein bedeutender Vordenker in diesen Kreisen, war tief in einer kultischen, mystischen Weltsicht verwurzelt, und er war überzeugt, daß „Mythen" notwendig seien, um eine Gesellschaft zu führen. Er hielt es daher für erforderlich, im amerikanischen Militär eine Geisteshaltung der sog. „Ritterlichkeit" wiederzubeleben. Diese schöpfte er aus zwei Quellen. Die eine war die Legende von König Artus und seiner Tafelrunde (Round Table), die im mittelalterlichen England spielt. Noch 1 9 6 8 schrieb er einen dicken Wälzer mit dem Titel A Round Table for the Republic, worin er die „Tafelrunde der Artussage" pries. Den zweiten Bezugspunkt bildete die „Ritterlichkeit", welche die Aristokratie der Plantagenbesitzer in den Sklavenhalterstaaten vor dem amerikanischen Bürgerkrieg „ausgezeichnet" hätte. Ganz in Übereinstimmung damit lobte er in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg den „amerikanischen Südstaaten-Soldaten" als denjenigen, der wegen seines geistig-kulturellen Erbes am stärksten von der Haltung durchdrungen sei, den „Kommunismus zu bekämpfen". Was diesen letzten Punkt angeht, findet man hier eine der deutlichsten Übereinstimmungen zwischen dem Denken Elliotts und den Ideen seines Studenten Samuel Huntington. Huntington idealisiert 1 9 5 8 in seinem Buch Der Soldat und der Staat den Süden der Vorbürgerkriegszeit („antebellum") — mit seiner Kultivierung der „Gewalt", seiner Ritterlichkeit, einer verklärten Vorstellung des Soldaten und einer atavistischen Verklärung des Feudalismus — als Vorbild für den römisch-imperialen „militärischen Professionalismus", den er im Nachkriegsamerika verwirklicht sehen will. Diese Übereinstimmung zwischen Huntington und Elliot berührt eines der zentralen Paradoxa — genauer: Verrücktheiten — der heutigen militärischen Utopisten: Sie sind geradezu besessen davon, andererseits aber auch dazu gezwungen, ihre Politik mit Ideologien wie „Ritterlichkeit" und „Kreuzzügen" zu untermauern, weil ihre industriefeindliche Ideologie die industrielle Basis, auf die sich jede gesunde Militärpolitik stützt, unterhöhlt. Die Bedeutung der „Südstaatenfrage" für die zugrundeliegende Dynamik in dem Putsch-Prozeß, der am 1 1 . September begann, kann kaum übertrieben werden. Wie Lyndon LaRouche seit der Zeit kurz vor den USWahlen im November 2000 wiederholt betont hat, stellt die sogenannte „Southern Strategy", die „SüdstaatenStategie", die gefährlichste innere Bedrohung für die USA dar. Die Südstaaten-Strategie ist ein Vorstoß im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, die USA unter das Joch der heutigen Vertreter jener korrupten oligarchischen Kräfte zu zwingen, die im 1 9 . Jahrhundert von Lincoln und seinen Mitstreitern besiegt worden waren. Diese Kreise sind von einer Weltsicht geleitet, die rassistisch, malthusianisch und anti-industriell, und zusätzlich häufig auch „religiös fundamentalistisch" geprägt ist. Innerhalb der Regierung von George W. Bush steht Justizminister John Ashcroft dieser Haltung am nächsten. Die LaRouche-Bewegung hatte in den ersten Wochen 2001 versucht, die Bestätigung Ashcrofts im Senat zu verhindern. Es überrascht wenig, daß Ashcroft innerhalb der Regierung der vehementeste Verfechter weitreichender Maßnahmen in Richtung eines Polizeistaates ist, wie sie von den Putschisten erwünscht sind. Dazu gehört die Militarisierung des Lebens in Amerika, in völliger Übereinstimmung mit Huntingtons Vorstellungen in Der Soldat und der Staat. Lord Lindsay und die „Tafelrunden" Als Elliott am Balliol-College studierte, kam er unter die Fittiche von A.D. Lindsay, der in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts der Ziehvater von britischen imperialistischen Ideologen wie dem Historiker Arnold Toynbee war. Lindsay gehörte jener seltsamen Denkungsart an, die als „britischer christlicher Sozialismus" bekannt wurde, wobei er diese Weltanschauung erstaunlicher- 62 weise zu weiten Teilen aus seiner Begeisterung für Thomas Hobbes' Leviathan ableitete. Er wurde eine Hauptstütze der frühen „Fabian Socialist Movement". Seine Tochter schrieb über ihn, er sei ein „Anhänger der Aristokratie" gewesen, „der sich selbst und seinen Freunden vorgaukelte, er sei ein Idealist, ein Radikaler und Kollektivist". In seinen späteren Jahren wurde Lindsay Professor in Balliol. Von 1947 bis 1 9 5 0 war er Vorsitzender des Akademischen Rates der Institution „Wilton Park" in Großbritannien. In dieser Funktion überwachte er die „Umerziehung" zahlreicher deutscher Nachkriegspolitiker, die nach England gebracht wurden, um nach „britischen politischen Methoden" umerzogen zu werden. Durch seinen Oxford-Lehrer Lindsay wurde Elliott in den von Rhodes begründeten Round Table eingeführt, der in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von Lord Alfred Milner, dem Vorstandsvorsitzenden des kolonialen Bergbaukonzerns Rio Tinto Zinc, geleitet wurde. Die Hauptaufgabe des Round Table bestand darin, Rezepte und Strategien für ein zu erneuerndes und reorganisiertes Britisches Weltreich zu entwerfen. Hauptziel einer solchen Strategie ist es, die Vereinigten Staaten in irgendeiner Form wieder in den Schoß des „Mutterlandes" zurückzuführen. So könnten sich die USA etwa, so kalkulierten die „Roundtabler", einer Gruppe quasi-autonomer Einheiten namens „Commonwealth" anschließen. Zahlreiche führende Strategen des Round Table gaben freimütig zu, daß dies nur ein „neuer Name für das Empire" sei. Elliott war langjähriges Mitglied des New Yorker Council on Foreign Relations (CFR), dem amerikanischen Zweig des Londoner Royal Institute of International Affairs (RIIA, oder „Chatham House"), der wichtigsten britischen Denkfabrik des Round Table. „Das Finstere Zeitalter könnte erneut heraufziehen" 1 9 3 2 preis Elliott in seinem Buch The New British Empire das britische Weltreich nach dem Ersten Weltkrieg als „den vielleichtgrößten modernen politischen Organismus". 1935 behauptete er in einem Essay für das Magazin Southern Review, der „Nationalismus" sei die Ursache des Krieges, und setzte sich für die Schaffung „edlerer Mythen" ein, um „eine Ordnung aus dem Chaos neu zu gestalten, so wie es das Heilige Römische Reich tat". Im gleichen Jahr forderte er in der Schrift The Need for Constitutional Reform (Die Notwendigkeit einer Verfassungsreform) die Umgestaltung der Vereinigten Staaten nach britischem Vorbild. Die Kernidee bestand darin, die amerikanischen Bundesstaaten durch „regionale Commonwealths" zu ersetzen und die Machtbefugnis gewählter Amtsinhaber durch eine permanente Bürokratie nach dem Vorbild der britischen Zivilverwaltung zu beschneiden. Das Finanzministerium und Außenministerium der USA sollten von „permanenten Staatsbeamten im Ministerrang geleitet werden... Leiter der gesamten Regierungsbürokratie sollte ein Beamter nach dem Vorbild des Permanenten Britischen Finanzministers sein... Alle Ernennungen müssen von ihm bestätigt werden." Darüber hinaus forderte er, daß die „großen Interessen" die US-Wirtschaftspolitik bestimmen sollten — eine deutliche Referenz an die führenden Bankiers, Finanziers und die amerikanische „Aristokratie". Solche Ideen haben nach 1940 besonderes Gewicht gewonnen. In jenem Jahr arbeitete er im Exekutivausschuß einer Gruppe, die eigens dafür eingerichtet worden war, auf den Kriegseintritt der USA auf Seiten Großbritanniens hinzuarbeiten und die Welt entlang der Doktrin von H.G. Wells' „Offener Verschwörung" zu gestalten. Diese Gruppe veröffentlichte ein gemeinsame Erklärung mit dem Titel: The City of Man: A Declaration of World Democracy, in der ein Kriegseintritt der USA mit dem Ziel gefordert wurde, ein einheitliches Weltreich unter der Führung einer „demokratischen Aristokratie" zu errichten. Unter dieser Herrschaft sollte Demokratie praktisch zu einer „Weltreligion" werden, deren Hauptaufgabe die Wahrung des „Schatzes englischer Kultur" wäre. Nach dem Zweiten Weltkrieg profilierte sich Elliott öffentlich als starker „Antikommunist", was der Stimmung im Lande nach 1 9 4 7 entsprach. Wie wir an anderer Stelle berichten, war er ein führendes Mitglied im knallhart antikommunistischen Foreign Policy Research Institute (FPRI), das 1 9 5 5 gegründet wurde und dem später vorgeworfen wurde, insgeheim mit Kreisen aus dem amerikanischen Militär einen Putsch gegen die gewählte US-Regierung zu planen. Elliott trat auch unter dem Banner des „Antikommunismus" weiterhin für die Abschaffung des Nationalstaates und für eine Weltordnung unter anglo-amerikanischer oligarchischer Führung ein. Seine bestialische Weltanschauung wurde in einem Essay des Jahres 1949 unter dem Titel Können wir im Rahmen des Gesetzes eine freie Welt organisieren? ausgebreitet, worin er schrieb: „Wenn die Menschheit darauf versessen ist, Zigmillionen in allen großen Bevölkerungszentren auszulöschen, dann könnte erneut ein Finsteres Zeitalter heraufziehen, und die Insekten könnten ans Ruder kommen, um ihrerseits zu versuchen, eine höhere Lebensform hervorzubringen... Im Kern geht es um die Frage, wie eine zukünftige Weltordnung geschaffen werden kann, die den Nationalismus ersetzt." Kissingers Schuldigkeit Elliots krassester und gleichzeitig zweifelhaftester Beitrag zum amerikanischen politischen Leben der Nachkriegszeit ist die Förderung seines Lieblingsschülers, Henry Kissinger. Wie erwähnt machte er Kissinger zum Leiter der internationalen Seminare der Harvard-Summer School of Arts and Sciences and of Education sowie zum Herausgeber des „intellektuellen" Journals des Seminars Confluence, An International Forum, das von der Ford-Stiftung und der Smith-Richardson-Stiftung finanziert wurde. Elliott gründete dieses Journal, damit „eine neue Ordnung geboren wird". Elliotts Schützling McGeorge Bundy gehörte ebenfalls zum Beraterstab des Journals. Elliott verschaffte Kissinger eine feste Anstellung an der Harvard „Faculty of Government", indem er ihn gegen den Widerstand einiger hochrangiger Professo- 63 ren, die Kissinger für schrecklich mittelmäßig hielten, in einem ersten Schritt 1 9 5 4 im Harvard Center for International Affairs unterbrachte. Seine Förderung Kissingers war so offenkundig, daß Samuel Huntington kürzlich in einem Interview enthüllte, er sei eifersüchtig gewesen, daß Elliott — den Huntington außerordentlich verehrte — Kissinger bevorzugte: „Wir warteten in [Elliotts] Vorzimmer, während die Minuten verstrichen, und ärgerten uns darüber, daß er sich verspätete, weil er sich die Zeit nahm, diesen einen Studenten zu unterrichten, von dem sich Elliott besonders viel versprach. Dann öffnete sich die Tür und dieser pausbäckige Student kam heraus." 1 9 5 7 widmete Kissinger sein Buch A World Restored „Professor William Y. Elliott, dem ich mehr verdanke, sowohl intellektuell als auch menschlich, als ich je vergelten kann". Dieses Buch ist ein Lobgesang auf die Diplomatie des britischen Außenministers Lord Castlereagh und des österreichischen Außenministers und späteren Staatskanzlers Fürst Metternich während und nach dem Wiener Kongreß von 1 8 1 5 . Kissinger stellt diesen Kongreß als Modell einer „Weltordnung" dar und bezeichnet dieses „Konzert der Nationen" und „Mächtegleichgewicht" verschiedentlich als Vorbild seiner „Diplomatie". Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß ein Hauptgrund seiner Bewunderung für Castlereagh und Metternich deren fanatische Ablehnung der republikanischen Werte der Amerikanischen Revolution war. Diese Sichtweise legte Kissinger am 10. Mai 1 9 8 2 im Rahmen einer Rede im Londoner Chatham House, dem Sitz des Royal Institute for International Affairs, offen dar. Dort schilderte er seine Affinität für das von Thomas Hobbes hergeleitete Menschenbild, welches der britischen imperialen Politik zugrunde liegt und im völligen Gegensatz zu den Ideen der Amerikanischen Revolution steht. Bei der Gelegenheit stellte sich Kissinger im Streit um die grundsätzliche Ausrichtung der Nachkriegspolitik zwischen dem amerikanischen Präsidenten Franklin Roosevelt und dem britischen Ministerpräsidenten Winston Churchill auf die Seite Churchills. Auf einer Sommerkonferenz von Elliotts Freunden und Mitarbeitern anläßlich von Eliiotts Abschied von der Universität Harvard, an der auch drei Gründungsmitglieder der Nashville-Agrarier teilnahmen, erklärte Kissinger: „Ich kann sicher sagen, daß mein Leben durch Bill Elliot grundlegend verändert wurde." Tatsächlich wurde ganz Amerika von Elliott und seinen Schützlingen grundlegend verändert, und dies geschieht immer noch — zu einem immer höheren Preis für die menschliche Zivilisation. Robert Strausz-Hupe und das „Amerikanische Weltimperium" VON MARK BURDMAN S trausz-Hupe ist der „Doyen" unter den amerikanischen Geopolitikern und hatte wichtige diplomatische Funktionen inne. Er hatte außerordentlichen Einfluß sowohl auf die Welt der amerikanischen Denkfabriken als auch auf Teile des amerikanischen Militärs. Obwohl nicht mehr persönlich tätig — er wird bald 99 jähre alt — wächst sein Einfluß weiter. Ein wichtiger Faktor dabei ist das von ihm gegründete Foreign Policy Research Institute (FPRI) in Philadelphia. Einige der führenden Mitglieder und Mitarbeiter des FPRI sind die Protagonisten, um die sich dieser Sonderbericht dreht, wie etwa William Yandell Elliott und Samuei P. Huntington. 64 Isaiah Bowman Robert Strausz-Hupe (oben) und Isaiah Bowman Strausz-Hupe verließ Österreich 1 9 2 3 und arbeitete anschließend in Europa für eine New Yorker Investmentbank. Diese Periode seines Lebens liegt in geheimnisvollem Dunkel. In seiner Autobiographie gibt er weder die Art seiner Tätigkeit an, noch nennt er die Bank, für die er tätig war. Bis zum heutigen Tag will seine Familie nicht preisgeben, was er während dieser Zeit wirklich trieb. Manche Experten leiten aus dieser eigentümlichen Selbstzensur dieser Jahre ab, daß er in irgendeiner Weise in die dunkle Finanzierung der NSDAP in Deutschland verwickelt war. Auch wenn die ganze Wahrheit darüber vielleicht niemals bekannt werden wird, steht es durchaus im Einklang mit dieser spekulativen Vermutung, daß Strausz-Hupe in seiner Autobiographie erzählt, bereits 1 9 3 1 habe er in Diskussionen in London die Machtergreifung Adolf Hitlers „vorausgesagt". Schon früh in seiner Karriere begeisterte sich StrauszHupe für eine historische Persönlichkeit, die sein Idol und Vorbild wurde: Napoleon Bonaparte. Seine Fazination und tiefe Verehrung für Napoleon ist für die Herausbildung seiner besonderen „geopolitischen" Weltanschauung von besonderer Bedeutung, für die er später berühmt oder besser berüchtigt wurde. Vielleicht weil es für seine „Reputation" nicht so gut war, so offen den französischen Diktator zu verehren, vermieden spätere Auflagen seiner Autobiographie die hymnischen Bezüge auf Napoleon aus der ersten Ausgabe. Anfang der 40er Jahre geriet Strausz-Hupe durch zwei Ereignisse ins öffentliche Rampenlicht: Zum einen wurde Isaiah Bowman, einer der bedeutensten Geopolitiker der USA, sein Mentor, und er verfaßte 1942 das Buch The Geopolitics of Space and Power (Die Geopolitik von Raum und Macht). Isaiah Bowman ist nicht jedermann bekannt, er ist aber in der Tat einer der wichtigsten Strategen Amerikas des 20. Jahrhunderts — wenn auch im negativen Sinne. US-Präsident Woodrow Wilson ernannte ihn auf Rat seines engen Beraters, des fanatischen anglophilen Obersten Edward House aus Texas, zum Leiter der amerikanischen Strategieplanungsdelegation bei der Versailler Friedenskonferenz 1 9 1 9 . Er war führend an den Planungen in Versailles beteiligt, wo die Karten in Europa neu gezeichnet wurden. Die Folgen davon sind noch heute spürbar. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg half Bowman dabei, den New Yorker Council on Foreign Relation« als amerikanischen Ableger des Londoner Royal Institute of International Affairs (RIIA— „Chatham House") zu gründen. Bowman blieb bis zum Zweiten Weltkrieg ein führender Kopf auf dem Gebiet der amerikanischen „politischen Geographie". Er verfaßte zahlreiche Schriftstücke über Sowjetrußland, die er an US-Präsident Franklin D. Roosevelt richtete, die aber auf dessen Denken offenbar wenig Einfluß hatten. In diesen Schriften drückte er seine tiefe Bewunderung für den britischen Geopolitiker Sir Haiford Mackinder aus, dem er jedoch vorhielt, die Bedrohung, die von Rußland, der Großmacht des kontinentalen „Kernlandes", für die anglo-amerikanischen „Randmächte" ausgehe, nicht ausreichend verstanden zu haben. Vor allem diese antirussischen Tiraden hatten prägenden Einfluß auf das Denken und die Schriften des Napoleon-Fetischisten Robert Strausz-Hupe. Geopolitische Geschichtsverdrehung Während des Zweiten Weltkriegs brachte Bowman Strausz-Hupe in eine geheime Forschungsgruppe an der Washingtoner Kongreß-Bibliothek, die sich mit der „Umsiedlung von Bevölkerungen nach dem Krieg" befaßte. Erkenntnisse der Gruppe wurden an Bowman weitergegeben, der sie wiederum dem Office of Strategie Services (OSS), dem Vorläufer der Central Intelligente Agency (CIA) zugänglich machte. Strausz-Hupes Buch Ceopolitik: der Kampf um Raum und Macht von 1942 gilt heute immer noch als grundlegend für die Entwicklung einer „amerikanischen Geopolitik". Er stellt sich darin selbst in eine Reihe mit den Arbeiten Mackinders und des Nazi-Ideologen Karl Haushofer. Um seine Argumente zu untermauern, bedient sich Strausz-Hupe einiger abenteuerlicher historischer Verdrehungen, die darauf abzielen, die „Geopolitik" in den Kontext amerikanischer Geschichte zu stellen. Zunächst behauptet er völlig aus der Luft gegriffen, die Geopolitik Haushofers und die Nazi-Ideologie vom „Lebensraum" gingen auf die Ideen der „Nationalökonomie" zurück, wie sie im 1 9 . Jahrhundert Friedrich List entwickelt habe. Er schreibt: „Der Kampf ums nationale Überleben... wird um die Neuverteilung des Raumes geführt." Das britische Empire habe wegen seiner schieren Größe „in aller Welt expansive Bestrebungen blockiert." Aber mit dem Auftreten der Nazis wäre dies in Frage gestellt worden, da laut Nazi-Ideologie alle inneren sozio-ökonomischen Probleme „durch die Eroberung von Raum und immer mehr Raum" gelöst würden. Nach Strausz-Hupes verdrehter Sicht sei Friedrich List der erste gewesen, der „die Theorie des Raumes als Vorbedingung für nationale Größe" entwickelt habe. Die Schlußfolgerung Lists in „Das Nationale System der Politischen Ökonomie" münde laut Strausz-Hupe in dessen Überzeugung., daß Deutschland „sein Manufak- turwesen und seinen Handel durch protektionistische Maßnahmen und ein Schiffahrtsgesetz ausdehnen muß. Aber für den wirtschaftlichen Fortschritt braucht es ein ausgedehntes und ausreichend zusammenhängendes Territorium, das von der Nord- und Ostsee bis zur Adria und zum Schwarzen Meer reicht." Somit habe List, „der Freund von Henry Clay und Schüler Alexander Hamiltons, die Theorie vom Lebensraum erfunden". Tatsächlich ist Haushofers Geopolitik ein „Mackinder mit umgekehrten Vorzeichen": Da die britische Macht auf der Beherrschung der Weltmeere beruhe, müsse die deutsche Macht auf der Expansion nach Eurasien beruhen, argumentierte er. Eine zentrale Aussage seiner Pläne lautete jedoch, das Überleben einer Macht sei von der Landwirtschaft und nicht von der Industrie abhängig — ein völliger Gegensatz zu Lists Vorstellungen. Darüber hinaus wurzelte Haushofer tief in einem mystischen Rassismus, der in der Verehrung Tibets gipfelte. Auch dies steht völlig im Gegensatz zu dem Konzept des „Amerikanischen Systems" von Clay, Hamilton und List, die Strausz-Hupe aus Unwissenheit oder Boshaftigkeit zu seinen Gewährsleuten der Geopolitik machen will. Ebenso absurd sind die Behauptungen Strausz-Hupes, die Geopolitik Haushofers basiere ganz wesentlich auf der amerikanischen Monroe-Doktrin. Er schreibt: „Die Monroe-Doktrin ist die erste und vielleicht bedeutendste Anwendung geopolitischer Prinzipien, und Haushofer... war in seinen Theorien von amerikanischen Realitäten inspiriert... Ein großer Teil der jüngsten deutschen geopolitischen Literatur ist der Interpretation dieser Doktrin gewidmet." Bestenfalls kann dies als Strausz-Hupes persönliche Auslegung der Monroe-Doktrin aus der Sicht Theodore Roosevelts aufgefaßt werden. Denn der imperialistisch denkende Theodore Roosevelt hat in seiner Präsidentschaft von 1 9 0 1 bis 1908 diese Doktrin als Rechtfertigung für die selbstherrliche Einmischung der USA in Mittel- und Südamerika mißbraucht. Die ursprüngliche Monroe-Doktrin, wie sie der bedeutende amerikanische Staatsmann (und spätere Präsident von 1824 bis 1828) John Quincy Adams 1 8 2 3 als Außenminister entwarf, war explizit antiimperialistisch ausgerichtet. Die USA verpflichteten sich darin zur Errichtung einer „Prinzipiengemeinschaft zwischen souveränen Nationalstaaten" in den Amerikas, um die Pläne der Habsburger und anderer europäischer Imperialmächte auf dem amerikanischen Kontinent zu durchkreuzen. Die beiden Behauptungen Strausz-Hupes enthüllen den tiefen Haß dieses großen „Verteidigers amerikanischer Interessen" auf die Grundlagen des „Amerikanischen Systems" der Wirtschaft und Staatsführung. Novis Orbis Teirarum Nach dem Zweiten Weltkrieg war Strausz-Hupes wichtigster Schritt die Schaffung des Foreign Policy Research Institute (FPRI) im Jahre 1955, das er bis 1969 als außerordentlicher Professor der Universität von Pennsylvania leitete. 1 9 5 7 begründete er das FPRI-Journal Orbis, A Journal of World Affairs, das seither als Sprachrohr der schärferen imperialistischen Töne amerikanischer Strategen in Erscheinung getreten ist. Zu den ersten Redakteuren des Blattes gehörten damals der Harvard-Professor William Yandell Elliott, Mentor der führenden Köpfe amerikanischer Utopisten wie Kissinger, Huntington, Brzezinski und McGeorge Bundy, sowie Henry Kissinger selbst. In der ersten Ausgabe von Orbis schrieb StrauszHupe: „Die Aufgabe, vor der die Vereinigten Staaten stehen, ist die Vereinigung der Welt unter ihrer Führung innerhalb dieser Generation... Diese Aufgabe muß wegen zweier vordringlicher Überlegungen in naher Zukunft erreicht werden: 1 . Das politische Erscheinen der asiatischen Völker verändert zusammen mit ihrem ungeheuren Bevölkerungswachstum das internationale und regionale Gleichgewicht der Mächte tiefgreifend und kündigt regionale und internationale Konflikte und Kriege an. 2. Innerhalb absehbarer Zukunft werden eine Reihe von Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und Großbritanniens in den Besitz von Nuklearwaffen und anderen Massenvernichtungsmitteln gelangen... Die Errichtung einer solchen universeilen Ordnung ist nun zur einzigen Alternative zu Anarchie und Zerstörung geworden, die der Mensch angerichtet hat, seit seine Vorfahren die Höhlen verließen. Die alleinige Frage bleibt daher, welches Volk es sein wird, das die Weltordnung nach seinem Bilde und unter seiner Herrschaft gestalten wird... Wird die kommende Weltordnung ein amerikanisches Weltreich? Es muß so sein... Die kommende Ordnung wird die letzte Phase in einem historischen Übergang markieren... Die Mission des amerikanischen Volkes besteht darin, die Nationalstaaten zu begraben, ihre hinterbliebenen Völker in größeren Bündnissen zu vereinigen und mit seiner Macht mögliche Saboteure der neuen Weltordnung niederzudrücken... In den nächsten etwa 50 Jahren gehört die Zukunft Amerika. Das amerikanische Imperium und die Menschheit werden nicht Gegensätze sein, sondern eher zwei Namen für die universelle Ordnung in Frieden und Glück. Novis orbis terrarum (lateinisch für ,neue Weltordnung', die Red)." Mit dem Untergang der Sowjetunion 1 9 9 1 wurde dieser Aufsatz in der Orb/s-Ausgabe Januar 1991/Dezember 1992 erneut abgedruckt. Der neue Herausgeber des Journals, Daniel Pipes (siehe unten), erklärte, StrauszHupe habe das Ende des Kommunismus vorhergesehen und die Vereinigten Staaten würden und sollten kurz vor Ende des Jahrtausends ein neues Weltreich begründen. Pipes erinnerte daran, daß der Name „Orbis" von dem Ausdruck „novis orbis terrarum" stamme. FPRI und die Putschdrohungen der 60er Jahre In den 70er und 80er Jahren konnte Strausz-Hupe seine geopolitischen Neigungen auf dem sensiblen Gebiet der amerikanischen Diplomatie ausleben. Er diente als amerikanischer Botschafter in Belgien (1972-73), Schweden (1974-76), der NATO ( 1 9 7 6 - 1 9 7 7 ) und der Türkei ( 1 9 8 1 - 8 9 ) . Bevor wir auf diese beiden Jahrzehnte eingehen, muß eine wenig bekannte, aber sehr bedeutsame Episode der amerikanischen Geschichte aus den 60er Jahren erzählt werden, die zur Ermordung von Präsident John F. Kennedy im November 1 9 6 3 führte. Strausz-Hupe und das FPRI waren in üble Dinge verwickelt, die im Einklang mit ihrer utopischen Weltanschauung des „Amerikanischen Weltreiches" standen, die wir oben beschrieben haben. Anfang der 60er Jahre begannen mehrere hochrangige amerikanische Patrioten vor der gefährlichen Politisierung von Elementen des amerikanischen Militärs zu warnen, Elemente, die unter dem Motto „Kampf gegen 66 den Kommunismus" zu einer Konfrontation mit der Sowjetunion und ähnlichen Verrücktheiten entschlossen waren. Es gab eine lebhafte Debatte über die Möglichkeit eines Staatsstreiches in den USA. Ausdruck dafür war der 1 9 6 2 gedrehte vielbeachtete Film Sieben Tage im Mai, der einen solchen Putsch fiktiv durchspielt. Einer der Patrioten war der demokratische Senator William Fulbright, damals Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Senats. Fulbright schrieb an Verteidigungsminister Robert McNamara im Juli 1 9 6 1 , sechs Monate nach Kennedys Amtsantritt, eine persönliche Mitteilung mit dem Titel „Propagandaaktivitäten von Militärangehörigen in der Öffentlichkeit". Ohne das Wort Putsch zu gebrauchen, warnte er darin, daß es ein gefährliches Muster politischer Aktivitäten seitens amerikanischer Offiziere gebe, welches ihn an die gegen de Gaulle gerichtete „Organisation de l'Armee Secrete" (OAS) in Frankreich erinnere. Die Revolte der französi- berühmt oder besser berüchtigt wurde. Vielleicht weil es für seine „Reputation" nicht so gut war, so offen den französischen Diktator zu verehren, vermieden spätere Auflagen seiner Autobiographie die hymnischen Bezüge auf Napoleon aus der ersten Ausgabe. Anfang der 40er Jahre geriet Strausz-Hupe durch zwei Ereignisse ins öffentliche Rampenlicht: Zum einen wurde Isaiah Bovvman, einer der bedeutensten Geopolitiker der USA, sein Mentor, und er verfaßte 1 9 4 2 das Buch The Ceopolitics of Space and Power (Die Geopolitik von Raum und Macht). Isaiah Bowman ist nicht jedermann bekannt, er ist aber in der Tat einer der wichtigsten Strategen Amerikas des 20. Jahrhunderts — wenn auch im negativen Sinne. US-Präsident Woodrow Wilson ernannte ihn auf Rat seines engen Beraters, des fanatischen anglophilen Obersten Edward House aus Texas, zum Leiter der amerikanischen Strategieplanungsdelegation bei der Versailler Friedenskonferenz 1 9 1 9 . Er war führend an den Planungen in Versailles beteiligt, wo die Karten in Europa neu gezeichnet wurden. Die Folgen davon sind noch heute spürbar. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg half Bowman dabei, den New Yorker Council on Foreign Relations als amerikanischen Ableger des Londoner Royal Institute of International Affairs (RIIA — „Chatham House") zu gründen. Bowman blieb bis zum Zweiten Weltkrieg ein führender Kopf auf dem Gebiet der amerikanischen „politischen Geographie". Er verfaßte zahlreiche Schriftstücke über Sowjetrußland, die er an US-Präsident Franklin D. Roosevelt richtete, die aber auf dessen Denken offenbar wenig Einfluß hatten. In diesen Schriften drückte er seine tiefe Bewunderung für den britischen Geopolitiker Sir Haiford Mackinder aus, dem er jedoch vorhielt, die Bedrohung, die von Rußland, der Großmacht des kontinentalen „Kernlandes", für die anglo-amerikanischen „Randmächte" ausgehe, nicht ausreichend verstanden zu haben. Vor allem diese antirussischen Tiraden hatten prägenden Einfluß auf das Denken und die Schriften des Napoleon-Fetischisten Robert Strausz-Hupe. Geopolitische Geschichtsverdrehung Während des Zweiten Weltkriegs brachte Bowman Strausz-Hupe in eine geheime Forschungsgruppe an der Washingtoner Kongreß-Bibliothek, die sich mit der „Umsiedlung von Bevölkerungen nach dem Krieg" befaßte. Erkenntnisse der Gruppe wurden an Bowman weitergegeben, der sie wiederum dem Office of Strategie Services (OSS), dem Vorläufer der Central Intelligence Agency (CIA) zugänglich machte. Strausz-Hupes Buch Geopolitik: der Kampf um Raum und Macht von 1 9 4 2 gilt heute immer noch als grundlegend für die Entwicklung einer „amerikanischen Geopolitik". Er stellt sich darin selbst in eine Reihe mit den Arbeiten Mackinders und des Nazi-Ideologen Karl Haushofer. Um seine Argumente zu untermauern, bedient sich Strausz-Hupe einiger abenteuerlicher historischer Verdrehungen, die darauf abzielen, die „Geopolitik" in den Kontext amerikanischer Geschichte zu stellen. Zunächst behauptet er völlig aus der Luft gegriffen, die Geopolitik Haushofers und die Nazi-Ideologie vom „Lebensraum" gingen auf die Ideen der „Nationalökonomie" zurück, wie sie im 1 9 . Jahrhundert Friedrich List entwickelt habe. Er schreibt: „Der Kampf ums nationale Überleben... wird um die Neuverteilung des Raumes geführt." Das britische Empire habe wegen seiner schieren Größe „in aller Welt expansive Bestrebungen blockiert." Aber mit dem Auftreten der Nazis wäre dies in Frage gestellt worden, da laut Nazi-Ideologie alle inneren sozio-ökonomischen Probleme „durch die Eroberung von Raum und immer mehr Raum" gelöst würden. Nach Strausz-Hupes verdrehter Sicht sei Friedrich List der erste gewesen, der „die Theorie des Raumes als Vorbedingung für nationale Größe" entwickelt habe. Die Schlußfolgerung Lists in „Das Nationale System der Politischen Ökonomie" münde laut Strausz-Hupe in dessen Überzeugung, daß Deutschland „sein Manufak- turwesen und seinen Handel durch protektionistische Maßnahmen und ein Schiffahrtsgesetz ausdehnen muß. Aber für den wirtschaftlichen Fortschritt braucht es ein ausgedehntes und ausreichend zusammenhängendes Territorium, das von der Nord- und Ostsee bis zur Adria und zum Schwarzen Meer reicht." Somit habe List, „der Freund von Henry Clay und Schüler Alexander Hamiltons, die Theorie vom Lebensraum erfunden". Tatsächlich ist Haushofers Geopolitik ein „Mackinder mit umgekehrten Vorzeichen": Da die britische Macht auf der Beherrschung der Weltmeere beruhe, müsse die deutsche Macht auf der Expansion nach Eurasien beruhen, argumentierte er. Eine zentrale Aussage seiner Pläne lautete jedoch, das Überleben einer Macht sei von der Landwirtschaft und nicht von der Industrie abhängig — ein völliger Gegensatz zu Lists Vorstellungen. Darüber hinaus wurzelte Haushofer tief in einem mystischen Rassismus, der in der Verehrung Tibets gipfelte. Auch dies steht völlig im Gegensatz zu dem Konzept des „Amerikanischen Systems" von Clay, Hamilton und List, die Strausz-Hupe aus Unwissenheit oder Boshaftigkeit zu seinen Gewährsleuten der Geopolitik machen will. Ebenso absurd sind die Behauptungen Strausz-Hupes, die Geopolitik Haushofers basiere ganz wesentlich auf der amerikanischen Monroe-Doktrin. Er schreibt: „Die Monroe-Doktrin ist die erste und vielleicht bedeutendste Anwendung geopolitischer Prinzipien, und Haushofer... war in seinen Theorien von amerikanischen Realitäten inspiriert... Ein großer Teil der jüngsten deutschen geopolitischen Literatur ist der Interpretation dieser Doktrin gewidmet." Bestenfalls kann dies als Strausz-Hupes persönliche Auslegung der Monroe-Doktrin aus der Sicht Theodore Roosevelts aufgefaßt werden. Denn der imperialistisch denkende Theodore Roosevelt hat in seiner Präsidentschaft von 1 9 0 1 bis 1 9 0 8 diese Doktrin als Rechtfertigung für die selbstherrliche Einmischung der USA in Mittel- und Südamerika mißbraucht. Die ursprüngliche Monroe-Doktrin, wie sie der bedeutende amerikanische Staatsmann (und spätere Präsident von 1824 bis 1828) John Quincy Adams 1823 als Außenminister entwarf, war explizit antiimperialistisch ausgerichtet. Die USA verpflichteten sich darin zur Errichtung einer „Prinzipiengemeinschaft zwischen souveränen Nationalstaaten" in den Amerikas, um die Pläne der Habsburger und anderer europäischer Imperialmächte auf dem amerikanischen Kontinent zu durchkreuzen. Die beiden Behauptungen Strausz-Hupes enthüllen den tiefen Haß dieses großen „Verteidigers amerikanischer Interessen" auf die Grundlagen des „Amerikanischen Systems" der Wirtschaft und Staatsführung. Novis Orbis Terrarum Nach dem Zweiten Weltkrieg war Strausz-Hupes wichtigster Schritt die Schaffung des Foreign Policy Research Institute (FPRI) im Jahre 1955, das er bis 1969 als außerordentlicher Professor der Universität von Pennsylvania leitete. 1 9 5 7 begründete er das FPRI-Journal Orbis, A Journal of World Affairs, das seither als Sprachrohr der schärferen imperialistischen Töne amerikanischer Strategen in Erscheinung getreten ist. Zu den ersten Redakteuren des Blattes gehörten damals der Harvard-Professor William Yandell Elliott, Mentor der führenden Köpfe amerikanischer Utopisten wie Kissinger, Huntington, Brzezinski und McGeorge Bundy, sowie Henry Kissinger selbst. In der ersten Ausgabe von Orbis schrieb StrauszHupe: „Die Aufgabe, vor der die Vereinigten Staaten stehen, ist die Vereinigung der Welt unter ihrer Führung innerhalb dieser Generation... Diese Aufgabe muß wegen zweier vordringlicher Überlegungen in naher Zukunft erreicht werden: 1 . Das politische Erscheinen der asiatischen Völker verändert zusammen mit ihrem ungeheuren Bevölkerungswachstum das internationale und regionale Gleichgewicht der Mächte tiefgreifend und kündigt regionale und internationale Konflikte und Kriege an. 2. Innerhalb absehbarer Zukunft werden eine Reihe von Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und Großbritanniens in den Besitz von Nuklearwaffen und anderen Massenvernichtungsmitteln gelangen... Die Errichtung einer solchen universellen Ordnung ist nun zur einzigen Alternative zu Anarchie und Zerstörung geworden, die der Mensch angerichtet hat, seit seine Vorfahren die Höhlen verließen. Die alleinige Frage bleibt daher, welches Volk es sein wird, das die Weltordnung nach seinem Bilde und unter seiner Herrschaft gestalten wird... Wird die kommende Weltordnung ein amerikanisches Weltreich? Es muß so sein... Die kommende Ordnung wird die letzte Phase in einem historischen Übergang markieren... Die Mission des amerikanischen Volkes besteht darin, die Nationalstaaten zu begraben, ihre hinterbliebenen Völker in größeren Bündnissen zu vereinigen und mit seiner Macht mögliche Saboteure der neuen Weltordnung niederzudrücken... In den nächsten etwa 50 Jahren gehört die Zukunft Amerika. Das amerikanische Imperium und die Menschheit werden nicht Gegensätze sein, sondern eher zwei Namen für die universelle Ordnung in Frieden und Glück. Novis orbis terrarum (lateinisch für ,neue Weltordnung', die Red)." Mit dem Untergang der Sowjetunion 1 9 9 1 wurde dieser Aufsatz in der Orb/s-Ausgabe Januar 1991/Dezember 1992 erneut abgedruckt. Der neue Herausgeber des Journals, Daniel Pipes (siehe unten), erklärte, StrauszHupe habe das Ende des Kommunismus vorhergesehen und die Vereinigten Staaten würden und sollten kurz vor Ende des Jahrtausends ein neues Weltreich begründen. Pipes erinnerte daran, daß der Name „Orbis" von dem Ausdruck „novis orbis terrarum" stamme. FPRI und die Putschdrohungen der 60er Jahre In den 70er und 80er Jahren konnte Strausz-Hupe seine geopolitischen Neigungen auf dem sensiblen Gebiet der amerikanischen Diplomatie ausleben. Er diente als amerikanischer Botschafter in Belgien (1972-73), Schweden (1974-76), der NATO ( 1 9 7 6 - 1 9 7 7 ) und der Türkei (1981-89). Bevor wir auf diese beiden Jahrzehnte eingehen, muß eine wenig bekannte, aber sehr bedeutsame Episode der amerikanischen Geschichte aus den 60er Jahren erzählt werden, die zur Ermordung vo:i Präsident John F. Kennedy im November 1 9 6 3 führte. Strausz-Hupe und das FPRI waren in üble Dinge verwickelt, die im Einklang mit ihrer utopischen Weltanschauung des „Amerikanischen Weltreiches" standen, die wir oben beschrieben haben. Anfang der 60er jähre begannen mehrere hochrangige amerikanische Patrioten vor der gefährlichen Politisierung von Elementen des amerikanischen Militärs zu warnen, Elemente, die unter dem Motto „Kampf gegen 66 den Kommunismus" zu einer Konfrontation mit der Sowjetunion und ähnlichen Verrücktheiten entschlossen waren. Es gab eine lebhafte Debatte über die Möglichkeit eines Staatsstreiches in den USA. Ausdruck dafür war der 1 9 6 2 gedrehte vielbeachtete Film Sieben Tage im Mai, der einen solchen Putsch fiktiv durchspielt. Einer der Patrioten war der demokratische Senator William Fulbright, damals Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Senats. Fulbright schrieb an Verteidigungsminister Robert McNamara im Juli 1 9 6 1 , sechs Monate nach Kennedys Amtsantritt, eine persönliche Mitteilung mit dem Titel „Propagandaaktivitäten von Militärangehörigen in der Öffentlichkeit". Ohne das Wort Putsch zu gebrauchen, warnte er darin, daß es ein gefährliches Muster politischer Aktivitäten seitens amerikanischer Offiziere gebe, welches ihn an die gegen de Gaulle gerichtete „Organisation de l'Armee Secrete" (OAS) in Frankreich erinnere. Die Revolte der französi- sehen Generäle, erklärte Fulbright, wäre „ein Beispiel für das Ausmaß der Gefahr". In die subversiven Aktivitäten, die Senator Fulbright nannte, waren an maßgeblicher Stelle auch Militäroffiziere in Verbindung mit dem Foreign Policy Research Institute verwickelt. Das FPRI unter Strausz-Hupe wurde zusammen mit anderen Institutionen hinter rechtsextremen, konservativen Ausrichtungen wie der Smith Richardson Foundation von Fulbright beschuldigt, Propagandamaterial für das Militär zu erstellen, worin eine Politik vertreten werde, die im Gegensatz zu der von Präsident Kennedy vertretenen Politik stehe. Im Kern ging es dabei um Strausz-Hupes Lieblingsidee der sogenannten „Vorwärts-Strategie", aktive Maßnahmen innerhalb des kommunistischen Blocks gegen die Sowjetunion zu ergreifen. Laut Fulbright hätten das FPRI und andere „extrem radikale rechte Redner und/oder Materialien" verbreitet, das letztlich dazu führen würde, „die Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung im öffentlichen Bewußtsein zu verurteilen". Fulbright forderte eine Untersuchung der Beziehungen des FPRI und anderer zum amerikanischen Generalstab, um zu klären, „ob diese Beziehungen nicht darauf hinauslaufen, offiziell eine Ansicht zu unterstützen, die von der Haltung der Regierung abweicht." Strausz-Hupe wurde in dem Fulbright-Memorandum an mehreren Stellen persönlich als jemand erwähnt, der an diesen Aktivitäten beteiligt sei. Im Oktober 1 9 6 1 war Strausz-Hupe dadurch so entnervt, daß das FPRI einen privaten Brief an „Mitarbeiter, Freunde und Unterstützer" verbreitete, worin Fulbright angegriffen und versichert wurde: „Im Foreign Policy Research Institute wird kein finsterer Plan verfolgt, Militärangehörige in den Vereinigten Staaten dazu zu bewegen, einen Staatsstreich wie bei der mißlungenen französischen Affäre in Algerien in die Wege zu leiten". FPRI und die Freunde Ariel Scharons In den 90er Jahren schlug Orbis noch radikalere Töne an, als die Leitung des Journals an Daniel Pipes überging, der auch Direktor des FPRI wurde. Pipes, Sohn eines der „Falken" des Kalten Krieges Richard Pipes, gilt als führender Nahostexperte, der jedoch die Friedensinitiativen von Lyndon LaRouche scharf angegriffen hat. Regelmäßig und besonders nach dem 1 1 . September sind in Amerika in verschiedenen Zeitungen regelmäßige Kommentare von Daniel Pipes zu lesen, in denen er 1 . einen aggressiven, globalen Krieg gegen den sogenannten „militanten Islam", 2. 10Oprozentigen Rückhalt Amerikas für das Regime von Ariel Scharon in Israel und 3. die Aufkündigung des Abkommens von Oslo 1 9 9 3 fordert, das einen Friedensprozeß zwischen Israel und den Palästinensern mit Unterstützung der ClintonRegierung in Gang gesetzt hatte. Dies läßt sich nur als der krude Versuch deuten, die Lehren von Strausz-Hupe über das „Amerikanische Weltreich" und die „Neue Weltordnung" mit der Expansionspolitik Scharons für ein „Großisrael" zu verbinden. Es ist keine Überraschung, daß im derzeitigen Vorstand von FPRI/Orb/s auch Samuel Huntington sitzt. Auch die übrigen Vorstandsmitglieder repräsentieren eine ansehnliche „Schurkengalerie". Dazu gehören u.a.: • Der britische Arabienspezialist Bernard Lewis von der Universität Princeton, von dem Huntington den Begriff des „Krieges der Zivilisationen" übernommen hat, nachdem Lewis diesen in einem Artikel im Magazin Atlantic Monthly Anfang der 90er Jahre erstmals gebraucht hatte. • Der ehemalige amerikanische Justizminister Richard Thornburgh, der unter Präsident George Bush sen. die sogenannte „Thornburgh-Doktrin" entwickelte, wonach die USA das Recht beanspruchen, sich einseitig in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. • Der ehemalige CIA-Chef James Woolsey, der sich heute für die „Phase II" des Anti-Terror-Krieges gegen den Irak einsetzt, sowie • der Kosmetik-Erbe Ronald Lauder, einer der wichtigsten Finanziers des jetzigen israelischen Regierungschefs Ariel Scharon wie auch des früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Unter Pipes Führung in den 90er Jahren wurden FPRI und Orbis zu aggressiven Fürsprechern der Scharon und Netanjahu nahestehenden extrem rechten zionistischen Lobby in Amerika. Einige Monate nach Erscheinen von Samuel Huntingtons Aufsatz „Clash of Civilizations" in der Sommerausgabe 1 9 9 3 von Foreign Affairs begründeten Pipes und das Nahostforum des FPRI das Middle Fast Quarterly, um eine extrem proisraelische Position zu fördern. In den letzten Jahren waren die Aktivitäten des FPRI oft mit denen des Washington Institute for Near Hast Policy (WINEP) identisch. Zu den Vorstandsmitgliedern von WINEP gehörten in den letzten Jahren Leute wie der jetzige stellv. US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz und der Leiter des Defense Policy Board Richard Perle, zentrale Figuren der „Krieg-der-Kulturen"-Kreise im Pentagon. Patrick Clawson, Leiter der WINEP-Forschungsabteilung, schreibt regelmäßig für Orbis und ist leitender Redakteur von Pipes' Middle East Quarterly. FPRI und WINEP haben die Schriften führender „Stammtisch-Propagandisten" des „Clash of Civilization" wie Steven Emerson, Laurie Mylroie und David Wurmser verbreitet. Bemerkenswert an diesem Inzuchtnetzwerk aus Huntington, FPRI und WINEP ist außerdem, daß sie alle zwischen 1998 und 2000 reichliche Geldzuwendungen von immer dergleichen kleinen Gruppe neokonservativer Stiftungen erhielten: Smith Richardson, Olin, Sarah Scaife (eine der Stiftungen aus dem Imperium des Pittsburgher Mega-Milliardärs Richard Mellon Scaife) und Bradley. Huntington allein erhielt in diesem Zeitraum 5 Millionen Dollar von drei dieser Stiftungen (ohne Scaife). 67 Kurzprofil: Bernard Lewis Der führende Orientalist des britischen Establishments ist der Urheber der geopolitischen Konzepte des „Krisenbogens" und des „Kampfes der Kulturen". Geboren: 1 9 1 6 , London Ausbildung: B.A. und Ph.D. Universität London, School of Orientai and African Studies. Laufbahn: Professor für Isiamstudien an der Universität London (1938-74); Tätigkeit für den britischen Militärgeheimdienst (1940-45); Professor für Islamstudien an der Universität Princeton (1974-86); Prof.emer. der Universität Princeton (bis heute). Profil: Dr. Bernard Lewis ist unter den heute noch lebenden Orientexperten der britischen Nachrichtendienste bei weitem der renommierteste. Seit er 1974 in die Vereinigten Staaten geschickt wurde, übte er prägenden Einfluß auf Zbigniew Brzezinski und Samuel P. Huntington aus, vornehmlich in bezug auf deren Bemühungen, die USA in ein britisches „Großes Spiel" in Zentralasien hineinzuziehen. Auch seine Beziehungen zu Richard Perle reichen bis in die Mitte der 70er Jahre zurück. Sowohl Brzezinskis Politik des „Krisenbogens" aus der Carter-Ära als auch Huntingtons Dogma vom „Zusammenstoß der Kulturen" aus den 90er Jahren stammen ursprünglich von Lewis und sind im Grunde nur neuere Versionen des altbekannten „Großen Spiels" der Geopolitik. Die gesamte Politik der Regierung Carter gegenüber dem Persischen Golf, Afghanistan und dem südlichen Teil der Sowjetunion hat Lewis entworfen. Die Unterstützung der Regierung Carter für den Sturz des Schahs im Iran und die Installierung des Khomeini-Regimes waren wesentliche Komponenten des damals wohlbekannten „Bernard-Lewis-Plans", der die Balkanisierung des Nahen Ostens bezweckte. Lewis erhielt seine Ausbildung am Institut für Orientund Afrikastudien der Universität London, das vormals als „Colonial Department" oder Kolonialabteilung bekannt war. Hier wurden die Akten der britischen East India Company aufbewahrt, und viele britische Diplomaten und Geheimdienstleute studierten hier. 1940-45 war Lewis für den britischen Militärgeheimdienst tätig, und zwar u.a. im „Arab Bureau" des britischen Außenministeriums. Während seiner ganzen Laufbahn hielt er diese Verbindungen aufrecht. Viele seiner Schriften wurden von" Royal Institute of International Affairs (RIIA, Chatham House) veröffentlicht. Seine erste Intervention in die anglo-amerikanische Nahostpolitik erfolgte 1 9 6 1 , als sein Buch The Emer- Bernard Lewis gence Of Modern Turkey (Die Entstehung der modernen Türkei) erschien. Es ist ein Angriff auf das politische Vermächtnis Kemal Atatürks, des Begründers der modernen Türkei, wobei Lewis der Wiederbelebung des Osmanischen Reiches das Wort redet, das er als geopolitischen Rammbock gegen die Sowjetunion, bzw. deren islamische Südflanke, einzusetzen gedenkt. 1967 schrieb Lewis The Assassins: A Radical Sect In Islam (Die Assassinen: Eine radikale islamische Sekte), worin er den während der Kreuzzüge aktiven Haschischesser-Kult der Assassinen als rechtmäßige Spielart des Islams darstellt. Das Buch wurde vom RIIA veröffentlicht. Als Professor in Princeton und Mitarbeiter des Princeton Center for Advanced Studies, das dem Vorbild des All Souls' College der Universität Oxford folgte, rückte Lewis zum Berater mehrerer aufeinanderfolgender USRegierungen auf. Der Krisenbogen Im November 1 9 7 6 gewann Jimmy Carter die Präsidentschaftswahl. Der Nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski machte Lewis zum inoffiziellen strategischen Chefberater. Lewis' Plan, die vom britischen Geheimdienst geschaffene Muslim-Bruderschaft in allen südlichen Sowjetrepubliken zu fördern, wurde weithin 68 als Politik des „Krisenbogens" und als „Bernard-LewisPlan" bekannt. Er wurde u.a. am 1 5 . Januar 1 9 7 9 in einer Titelgeschichte des Magazins Time unter der Überschrift: „Der Krisenbogen: Iran und eine Region wachsender Instabilität" erörtert. Der Artikel begann mit einem Zitat Brzezinskis: „Ein Krisenbogen zieht sich an der Küste des Indischen Ozeans entlang: fragile soziale und politische Strukturen in einer Region, die für uns lebenswichtig und von Zerfall bedroht ist. Das daraus entstehende politische Chaos könnte von Elementen erfüllt werden, die unseren Werten feindlich und unseren Gegnern freundlich gesonnen sind." Allerdings läßt die Time-Story keinen Zweifel daran, daß Lewis, Brzezinski und andere Verfechter des „Krisenbogens" das daraus folgende Chaos zu ihrem geopolitischen Vorteil zu nutzen trachteten: „Langfristig könnte der Gärungsprozeß in dem Bogen sogar deutliche Gelegenheiten für den Westen hervorbringen. Der Islam läßt sich zweifellos mit dem Sozialismus vereinbaren, aber dem atheistischen Kommunismus steht er feindlich gegenüber. Die Sowjetunion ist bereits die fünftgrößte islamische Nation der Welt. Im Jahr 2000 könnte die riesige islamische Bevölkerung in den Grenzrepubliken bereits die Zahl der heute noch vorherrschenden Slawen übersteigen. Aus den islamischen Demokratien an der sowjetischen Südgrenze könnte ein fanatisches Bekehrertum zum Koran über die Grenzen hinweg in diese politisch unterdrückten Sowjetstaaten hineinschwappen und dem Kreml Probleme bereiten ... Was auch immer die Lösung sein mag, es besteht eine klare Notwendigkeit für die USA, wie Kissinger sagen würde, das ,geopolitische Momentum' zurückzugewinnen. Mehr als alles andere wird dies dabei helfen, im Krisenbogen Ordnung zu halten." Fünf Monate nach Erscheinen dieses Time- Artikel s, und sechs Monate vordem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan, unterschrieb Präsident Carter einen geheimen Befehl aus der Feder Brzezinskis, womit die verdeckte Finanzierung der afghanischen Mudschahedin begann. Der Kampf der Kulturen Im September 1990 verkündete Lewis eine neue angloamerikanische Initiative: den „Kampf der Kulturen". Sein Aufruf zu einer neuen Ära der Religionskriege erschien im Atlantic Monthly unter dem Titel „Die Wurzeln musiimischer Wut". Darin schreibt Lewis: „Der Islam, kennt ebenso wie andere Religionen ... Zeiten, in denen er einige seiner Anhänger zu einer Stimmung von Haß und Gewalt reizt. Zu unserem Unglück erlebt ein Teil ... der islamischen Welt derzeit eine solche Periode, und viel ... von diesem Haß richtet sich gegen uns." Wahrheitswidrig behauptet Lewis, das „Christentum" und das „Haus des Islam" befänden sich seit 1 4 Jahrhunderten unausgesetzt im Kampf gegeneinander, und seit 300 Jahren würde der Islam belagert „durch eine Invasion fremder Ideen und Gesetze und Lebensweisen ... Der Wutausbruch gegen diese fremdartigen, ungläubigen und unverständlichen Kräfte, die seine Vorherrschaft untergraben, seine Gesellschaft zerrissen und schließlich das Heiligtum seiner Heimat verletzt hatten, konnte nicht ausbleiben. Es war also natürlich, daß diese Wut sich in erster Linie gegen den Jahrtausendfeind richten und ihre Kraft aus alten Glaubensrichtungen und Bindungen beziehen würde." Unter der Zwischenüberschrift „A Clash of Civilizations" verkündet Lewii, unweigerlich würde nun eine Welle des islamischen Fundamentalismus zu einem großen Zusammenstoß führen, wobei die Vereinigten Staaten „zum Brennpunkt des aufgestauten Hasses und Ärgers" würden. „Es sollte jetzt klar sein, daß wir es mit einer Stimmung und einer Bewegung zu tun haben, die bei weitem über die Ebene von Themen und politischen Strategien und den dahinter stehenden Regierungen hinausgeht. Das ist nichts Geringeres als ein Zusammenstoß von Kulturen — die vielleicht irrationale, aber sicherlich historische Reaktion eines alten Rivalen gegen unser jüdisch-christliches Erbe, unsere säkulare Gegenwart und die weltweite Ausbreitung von beidem." Nachdem er den Zusammenstoß für unweigerlich erklärt hat, versucht Lewis, seine Begeisterung zu verhüllen, indem er warnt: „In der Zwischenzeit muß man auf allen Seiten sehr vorsichtig sein, um zu verhindern, daß aus der Zuspitzung von Unterschieden und der Wiederbelebung alter Vorurteile die Gefahr einer neuen Ära von Religionskriegen erwächst." Allerdings verschweigt Lewis, daß seine ganze Strategie des „Krisenbogens" auf der Aktivierung des sogenannten „militanten islamischen Fundamentalismus" basiert, der vor allem auf die schon in 20er Jahren entstandene und vom britischen Geheimdienst geförderte Muslim-Bruderschaft zurückgeht. „Libanortisierung" 1992, im Gefolge des Golfkrieges, verkündete Lewis in der Zeitschrift des New Yorker Council on Foreign Relations, Foreign Affairs, die Ära des Nationalstaates sei im Mittleren Osten nun an ihr Ende gekommen, und die gesamte Region solle sich auf eine ausgedehnte Periode der „Libanonisierung" — d.h. den Zerfall in sich gegenseitig bekämpfende Teilstücke, Gewalt und Chaos — gefaßt machen. „Das Verblassen des Pan-Arabismus", so Lewis, „hat all jenen, die an etwas Besseres, Wahreres und Hoffnungsvolleres glaubten als die unbewegliche Tyrannei ihrer Herrscher und die bankrotten Ideologien, die ihnen von außen aufgedrängt werden, nur den isla- mischen Fundamentalismus als attraktivste Alternative übriggelassen." 1998 war es niemand anderer als Bernard Lewis, der Osama Bin Laden zu Berühmtheit verhalf, indem er für die November/Dezember-Ausgabe von Foreign Affairs einen Artikel verfaßte, in dem er das „schwarze Schaf" aus Saudi-Arabien als ernsthaften Vertreter des militanten Islam darstellte. Lewis' Artikel mit der Überschrift „Lizenz zum Töten: Osama Bin Ladens Erklärung des Heiligen Kriegs" zollt Bin Laden höchste Anerkennung und preist dessen „Erklärung des Heiligen Krieges gegen Juden und Kreuzritter" als „großartiges Stück beredter, 69 zuweilen sogar poetischer arabischer Prosa ..., aus dem eine Version der Geschichte spricht, die den meisten Leuten im Westen nicht geläufig ist". Osama Bin Laden ließ seine Kriegserklärung am 23. Februar 1998 los, sechs Monate vor den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia. Am nächsten Tag schon fand man Bernard Lewis' Unterschrift unter einem „Offenen Brief an Präsident Bill Clinton", der von einem bis dahin unbekannten „Komitee für Frieden und Sicherheit am Golf" ausging und von der US-Regierung volle Unterstützung für einen Militäreinsatz zum Sturze Saddam Husseins forderte. Der Offene Brief rief zum Flächenbombardement des Irak auf. Außerdem solle die US-Regierung den Irakischen Nationalkongreß (eine zutiefst korrupte und ansonsten untätige Oppositionsgruppe mit Sitz in London, die am Tropf amerikanischer und britischer Dienste hing) auf der ganzen Linie finanziell und militärisch unterstützen. Mitunterzeichner dieses Offenen Briefes waren der ehem. demokratische Kongreßabgeordnete Steven Solarz, das anglo-israelische Sprachrohr Richard Perle, der im Zusammenhang mit der Iran-Contra-Affäre verurteilte Elliott Abrams, ein Kollege des israelischen Spions Jonathan Pollard namens Steven Bryen, Frank Gaffney, AI Göres Mentor Martin Peretz, Paul Wolfowitz, WINEP-Forschungsdirektor David Wurmser und Dov Zakheim. Bernard Lewis' Sohn Michael Lewis ist Direktor der hochgeheimen „Abteilung für Oppositionsforschung" des American-lsraeli Public Affairs Committee (AIPAC), eine der wichtigsten Quellen von Propaganda und Desinformation, welche gegenwärtig in den USA Kongreß und Medien mit kriegslüsternen Aufrufen zu ebendem „Kampf der Kulturen" saturiert, für den Bernard Lewis sich seit Jahrzehnten stark macht. Seit dem 1 1 . September wird Lewis fast täglich von irgendeinem US-Fernsehsender interviewt und hält Reden bei allen neokonservativen Denkfabriken in Washington und Umgebung. 70 Am 1 9 . November 2001 erschien im Magazin New Yorker eine weitere Apologie Bin Ladens aus Lewis' Feder, worin er sich auf seine eigene Schrift über den Assassinen-Kult bezieht, um zu unterstreichen, daß Bin Laden eine legitime Tradition im Islam verkörpere: „Für Osama Bin Laden markiert das Jahr 2001 die Wiederaufnahme des Kriegs um die religiöse Vorherrschaft auf der Weit, der im 7. Jahrhundert begann ... Wenn Bin Laden die islamische Welt überreden kann, seine Ansichten und seine Führung zu übernehmen, dann liegt ein langer und bitterer Kampf vor uns, und nicht nur für Amerika. Früher oder später werden AI Qaida und damit verbundene Gruppen mit den anderen Nachbarn des Islam kollidieren — Rußland, China, Indien — , die sich wohl weniger zieren werden als die Amerikaner, wenn es darum geht, ihre Macht gegen Muslime und deren Heiligtümer einzusetzen. Wenn Bin Laden mit seinem Kalkül recht und mit seinem Krieg Erfolg hat, dann erwartet die Welt eine dunkle Zukunft, besonders den Teil, wo der Islam hochgehalten wird." Veröffentlichungen: The Arabs in History (London, 1950); The Emergence of Modern Turkey (London and New York, 1 9 6 1 ) ; The Assassins (London, 1967); The Muslim Discovery of Europe (New York, 1982); The Political Language of Islam (Chicago, 1988); Race and Slavery in the Middle East: An Historical Enquiry (New York, 1990); Islam and the West (New York, 1993); Islam in History, 2nd edition (Chicago, 1993); The Shaping of the Modern Middle East (New York, 1994); Cultures in Conflict (New York, 1994); The Middle East: A Brief History of the Last 2,000 Years (New York, 1995); The Future of the Middle East (London, 1998); A Middle East Mosaic: Fragments of Life, Leiters and History (New York, 2000). Weitere Verbindungen: Direktor des Foreign Policy Research Institute; Beirat der Redaktion der Zeitschrift Orb/s; schreibt häufig für New Yorker, Atlantic Monthly, New York Review of Books. Die imperiale Strategie der US-Geopolitiker Samuel Huntington und Zbigniew Brzezinski VON ELISABETH HELLENBROICH I n seiner „Rede zur Lage der Nation" am 20. Januar habe Churchill unter Bezugnahme auf die kommunisti- 2002 rief US-Präsident George W. Bush zum weltweiten Feldzug gegen den Terrorismus auf. Er sprach von „parasitären Terroristen", die sich wie „tickende Zeitbomben" rund um den Globus versteckt halten, bereit, jederzeit mit Giftgasattacken und Massenvernichtungswaffen gegen die USA loszuschlagen. Dabei würden die Terroristen von Staaten wie Nordkorea, Iran sche Beherrschung Osteuropas vom „Eisernen Vorhang" gesprochen, der sich über ganz Europa erstrecke: von Stettin im Baltikum bis nach Triest an der Adria: „Heute und Irak geschützt, die eine „Achse des Bösen" bildeten. Bushs Rede stieß weltweit auf massive Ablehnung und wurde besonders scharf von den Regierungen Europas attackiert. Der Präsident kündigte gleichzeitig das größte Aufrüstungsprogramm der USA seit dem Koreakrieg an — eine offensichtlich verzweifelte Maßnahme, um von der verheerenden Wirtschaftskrise der USA abzulenken und die Welt auf einen „dritten Weltkrieg" zieht sich dieser Eiserne Vorhang von den Ausbildungslagern der Terroristen in den Bergen und Tälern Zentralasiens über die Wüsten Somalias, Sudans und SaudiArabiens bis nach Singapur, Indonesien, die Philippinen — und reicht bis nach Europa und USA." Will man analysieren, was sich hinter diesem immer penetranter zur Schau getragenen amerikanischen „Unilateralismus" verbirgt, so muß man dies vor dem Hintergrund der „paradigmatischen Wende" betrachten, die sich in den USA seit den Ereignissen des 1 1 . September vollzogen hat. Der Putschversuch des 1 1 . September (siehe Einlei- vorzubereiten. tung) wurde von einer bestimmten politischen Fraktion Ähnlich arrogante Töne wurden auch auf der diesjährigen Münchner Wehrkundetagung angeschlagen. So erklärte dort der amerikanische Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, es gehe darum, „Jagd zu machen" auf die Terroristen, die sich nicht nur in Afghanistans Bergen, sondern auch in den Städten Europas und der USA versteckt hielten. Angesichts der Terrorismusgefahr müßten sich alle Länder der Welt entscheiden: Entweder sind sie für Frieden, Sicherheit, Recht und Ordnung — was auf die überwiegende Mehrheit der Länder zuträfe — „und das heißt, sie stehen an unserer Seite im im US-Establishment — dazu gehören Ideologen und Geopolitiker wie Samuel Huntington, Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski — „politisch und ideologisch instrumentalisiert", um im Rahmen eines angeblich unausweichlichen „Konflikts der Zivilisationen" eine neue Ära „neoimperialer Kriege" rund um den Globus einzuleiten. „The West against the Rest" lautet der Schlachtruf dieser „Kulturkrieger," deren Denken in der Tradition des Römischen Reiches wurzelt. Getreu dem Hobbesschen Grundsatz Homo homini lupus est (Der Mensch ist des Kampf zwischen Gut und Böse". Die Länder jedoch, die Menschen Wolf) vertreten sie die sozialdarwinistische den Terrorismus tolerierten und sich weigerten, dagegen vorzugehen — oder diesen weiterhin unterstützten —, würden, so drohte Wolfowitz, die „entsprechenden Konsequenzen zu tragen haben". Senator Joseph Lieberman von der Demokratischen Partei erinnerte an die berühmte Fulton-Rede Winston Churchills aus dem Jahre 1946. Damals, so Lieberman, Auffassung, daß sich beim „Kampf jeder gegen jeden" nur das Recht des Stärkeren durchsetzen werde. Es ist diese bestialische philosophische Grundauffassung vom Menschen, verbunden mit dem Image des „siegreichen römischen Legionärs", die charakteristisch ist für die von diesen Kreisen vertretene „neoimperiale" Geopolitik. Huntingtons „Clash of Civilizations" 1 9 9 6 erschien Samuel P. Huntingtons Buch „The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order" im New Yorker Verlag Simon und Schuster. (Kampf der Kulturen, die Neugestaltung der Weltpolitik im 2 1 . Jahrhundert lautet der deutsche Titel seines Buches, das 1 9 9 7 erschien). Dabei handelt es sich um ein „geopolitisches Projekt" aus der Denkschuie einer bestimmten anglo-amerikanischen „imperialen" Fraktion. Zu dieser Fraktion gehören u.a Jimmy Carters ehemaliger Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, der zu Beginn der 80er Jahre die Afghanzi-Operation im Abwehrkrieg gegen den Kommunismus entwarf, sowie Henry Kissinger und der englische Geopolitiker und Oxforder Islamexperte Ber- nard Lewis. Getreu der These des alten britischen Geopolitikers Sir Haiford Mackinder „Wer das eurasische Herzland kontrolliert, kontrolliert die Welt", vertreten diese Geopolitiker die Auffassung, daß der Krieg der Zukunft auf dem eurasischen Schachbrett ausgetragen 71 werde. Dabei geht es um die Frage, inwieweit die USA ihre Vormachtstellung als einzig verbliebene Weltmacht in Eurasien ausbauen und jeden potentiellen Rivalen ausschalten kann. Vom Standpunkt dieser Geopolitiker stellt eine „eurasische Wirtschaftsallianz" zwischen China, Indien, Rußland und den islamischen Ländern (z.B. dem Iran) eine Bedrohung für das „Mächtegleichgewicht", die größte Bedrohung für die „einzig verbliebene Hegemonialmacht" USA dar. Der wahre Grund ihrer geopolitischen Obsession ist das, was die Autoren in ihren Studien geflissentlich verschweigen: die globale Weltfinanzkrise und deren Auswirkungen auf den „Westen" bzw. die Vormachtstellung der USA. Huntington und Brzezinski vertreten die Position einer Elite, die um jeden Preis an den Paradigmen ihres untergehenden Finanzimperiums festhalten will und dabei einen „Kreuzzug" gegen den Rest der Welt — und damit einen dritten Weltkrieg — vom Zaun zu brechen gewillt. Die Ära nach dem Kalten Krieg Es war diese Fraktion fanatischer Geopolitiker, die nach dem Ende des Kalten Krieges 1989/90 mit einer gezielten Eindämmungspolitik und einer ganzen Reihe von Kriegen (Golfkrieg „Operation Wüstensturm", Balkankriege) versuchte, die wirtschaftlichen Kräfte Europas militärisch zu binden und somit die Perspektive eines Marshallplans für die Entwicklung Ost- und Mitteleuropas bzw. den Aufbau eines auf Infrastrukturkorridoren beruhenden Eurasischen Dreiecks — wie es 1 9 8 8 bereits der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche für Osteuropa und Eurasien vorgeschlagen hatte — zu sabotieren. Unter dem Schlagwort „Neue Weltordnung" und „Globalisierung" verkündeten zu Beginn der 90er Jahre die Geopolitiker Brzezinski, Huntington und Kissinger, daß mit dem Ende des Kalten Krieges die USA als einzig verbliebener „Hegemon" das neu entstandene Machtvakuum füllen und eine „Neue Weltordnung" einleiten werde. • Anfang 1 9 9 1 , also zur Zeit des Golfkrieges, verfaßte der Harvard-Professor und Brzezinski-Freund Samuel P. Huntington einen Artikel für die Januar/Februar-Ausgabe von Survival, einer Publikation des International Institute for Strategie Studies, in dem er die Forderung aufstellte, die amerikanische Politik gegenüber Eurasien müsse sich auf die geopolitischen Maximen des britischen Geopolitikers Sir Haiford Mackinder stützen. • 1 9 9 3 veröffentlichte Huntington in Foreign Affairs, der Zeitschrift des Council on Foreign Relations, zum ersten Mal seine These vom „Clash of Civilizations". Dieser auf abstrusen Prämissen aufbauende Artikel löste damals eine außerordentlich große Kontroverse aus. Huntingtons „Kampf der Kulturen" war ein „geopolitisches Projekt", das damals gezielt von bestimmten einflußreichen Denkfabriken gefördert wurde. Unter anderem war das Projekt Ergebnis einer Vorlesungsreihe, die Huntington Anfang der 90er Jahre am American Enterprise Institute zum Thema „Das sich verändernde Sicherheitsumfeld und Amerikas nationale Interessen" gehalten hatte. Diese Vortragsreihe wurde sowohl von der H. Smith Richardson Foundation als auch dem Harvard angegliederten John M. Olin Institute — das unter Leitung Huntingtons steht — finanziell gefördert. In den letzten Jahren haben die Smith Richardson Foundation und das Olin Institute zusammen mit der Lynde und Harry Bradley Foundation — die Mittel für die Arbeit des Olin Institute in Harvard bereitstellt — vornehmlich Projekte finanziert, in denen neoliberale Wirtschaftspolitik, „Freie Marktwirtschaft" und „geopolitische" Konfrontation gegen die Länder des Entwicklungssektors propagiert werden. In den 80er Jahren gehörten diese Institutionen zu den wichtigsten „privaten" Geldgebern für verschiedene Vorhaben, die der damalige US-Vizepräsident George Bush sen. als Teil des bekannten Programms „Projekt Demokratie" koordinierte; aus diesem Project Democracy erwuchs dann ein ganzer Komplex illegaler Waffen- und Drogengeschäfte, zu dem auch der „Iran-Contra"-Skandal gehörte. In den 80er Jahren finanzierte die Smith Richardson Foundation eine von Dennis King eingeleitete großangelegte Verleumdungskampagne gegen Lyndon H. LaRouche. • Im Herbst 1 9 9 6 beteiligte sich Zbigniew Brzezinski an der Gründung eines neuen „Zentralasien-lnstituts" an der Fakultät für Höhere Internationale Studien der Johns-Hopkins-Universität. Für die großzügige finanzielle Ausstattung dieses Instituts sorgte damals dieselbe Smith Richardson Foundation, in deren Vorstand Brzezinski sitzt und die sich zu diesem Zeitpunkt ebenso maßgeblich dafür einsetzte, daß Huntingtons Thesen vom „Clash of Civilizations" 1 9 9 6 als Buch erscheinen konnten. Huntingtons Kampf der Kulturen Huntingtons These vom bevorstehenden „Kampf der Kulturen" basiert auf simplistischen Behauptungen, die als selbstevidente Wahrheiten, sozusagen als „sich selbst erfüllende Prophezeiungen" präsentiert werden. Was sind die Kernthesen des Autors? 1 . in der Weit nach dem Kalten Krieg wird der „Konflikt der Supermächte" durch den „Kampf der Kulturen" ersetzt. Die Menschen auf der Welt werden sich, so die 72 These des Autors, in wachsendem Maße nach „kulturellen Kampflinien" differenzieren, und Konflikte zwischen „Kulturgruppen" bzw. Gruppen verschiedener Zivilisationen werden zum zentralen Faktor der globalen Politik. Und weiter: „Die Kalte-Kriegs-Ordnung ist vorbei. Die fundamentalere Einteilung der Menschheit nach ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Zivilisation bleibt, und daran werden sich neue Konflikte entzünden ... Zivilisationen sind letztendlich Stämme, und der Zusammenstoß der Zivilisationen ist ein Stammeskonflikt auf Weltmaßstab ... Beziehungen zwischen Gruppen unterschiedlicher Zivilisationen ... werden so gut wie nie enge Beziehungen sein, sondern gewöhnlich kühl und oft feindselig." Auf den Begriff gebracht heißt das: Staaten definieren ihre politischen Interessen nicht in Kategorien „wirtschaftlicher Zusammenarbeit", sondern in kulturellen Gegensatzbegriffen. Unter bewußter Auslassung der wirtschaftlichen Frage als eines bestimmenden Faktors der Politik stellt Huntington somit die pauschale Behauptung auf, im 2 1 . Jahrhundert werde die interkulturelle Auseinandersetzung um politische Ideen abgelöst von einer „interkulturellen Auseinandersetzung um Kultur und Religion". „Nicht-westliche Kulturen bekräftigen selbstbewußt den Wert ihrer eigenen Grundsätze. Eine auf kulturellen Werten basierende Weltordnung ist im Entstehen begriffen: Gesellschaften, die durch kulturelle Affinität verbunden sind, kooperieren miteinander. Universalistische Ansprüche bringen den Westen zunehmend in Konflikt mit anderen Kulturkreisen — am gravierendsten mit dem Islam und China." 2. Die eigentliche Ursache für einen „Zusammenstoß der Kulturen" sieht Huntington in der „demographischen" und wirtschaftlichen Verschiebung des „Machtgleichgewichts" zwischen den Kulturkreisen: der Westen (Nordamerika und Europa) verliert an Einfluß. So werde der Westen sowohl demographisch als auch hinsichtlich der Kontrolle von Territorien und der Industrieproduktion an Einfluß verlieren. 3. Huntington spricht von zukünftigen Kulturkriegen als „Bruchlinienkriegen": „So wie es aussieht, werden die Beziehungen zwischen Staaten und Gruppen aus unterschiedlichen Kulturkreisen nicht besonders eng und häufig sogar feindselig sein. Doch sind einige interkulturelle Beziehungen konfliktträchtiger als andere ... Auf der Mikroebene verlaufen die umkämpftesten Bruchlinien zwischen dem Islam und seinen orthodoxen, hinduistischen, islamischen, afrikanischen bzw. westlichchristlichen Nachbarn. Auf der Makroebene ist die ausschlaggebende Teilung diejenige zwischen ,dem Westen' und ,dem Rest', wobei der heftigste Zusammenprall zwischen muslimischen und asiatischen Gesellschaften einerseits und dem Westen andererseits stattfindet." Huntington macht keinen Hehi daraus, daß es sich bei den von ihm prognostizierten Kriegen um „Ressourcen- und Bevölkerungskriege" handeln werde, mit denen der Westen (sprich die USA) seine Vormachtstellung sichern will. So war für ihn der Golfkrieg „der erste nach dem Kalten Krieg um Ressourcen geführte Krieg zwischen Kulturen. Es ging darum, ob der Großteil der größten Erdölreserven der Welt von der saudiarabischen Regierung und von Emiratsregierungen kontrolliert werde, deren Sicherheit von der westlichen Militärmacht abhinge, oder von unabhängigen antiwestlichen Regimen, die imstande und wohl auch gewillt wären, die Ölwaffe gegen den Westen einzusetzen ... Vor dem Krieg gab es zwischen Iran, Irak, dem Golfkooperationsrat und den USA Gerangel um den Einfluß am Golf. Nach dem Krieg war der Persische Golf zu einem amerikanischen Teich geworden." Ein ähnlicher Krieg werde sich sehr wahrscheinlich in der Zukunft zwischen Iran und dem Westen abspielen, lautet die Voraussage Huntingtons. 4. Huntington spricht von blutigen Religions- und Kulturkriegen, die vor allem zwischen dem Islam, dem asiatisch/buddhistisch/konfuzianischen Kulturkreis und der westlichen Kultur ausgetragen würden. Dabei sieht er den Hauptkonflikt der Zukunft zwischen dem „Westen" und dem Rest der Welt — zwischen den moslemischen und asiatischen Gesellschaften auf dereinen Seite und dem Westen auf der anderen. 5. Hauptauslöser für den künftigen Zusammenstoß der Kulturen sind laut Huntington „Muslimischer Bevölkerungsdruck" und „asiatisches Wirtschaftswachstum". Während der Westen an demographischem und wirtschaftlichem Einfluß verliere, verstärkten die asiatischen Kulturen wirtschaftliche und militärische Macht, und der Islam erlebe „eine demographische Explosion" mit destabilisierenden Folgen für die muslimischen Länder und ihre Nachbarn. Während das asiatische Selbstbewußtsein im wirtschaftlichen Wachstum gründe, stamme das muslimische Selbstbewußtsein aus sozialer Mobilisierung und Bevölkerungswachstum. „Jede dieser beiden Herausforderungen hat jetzt und bis ins 2 1 . Jahrhundert weltweit einen stark destabilisierenden Einfluß auf die Politik ... Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und anderer asiatischer Gesellschaften liefert den jeweiligen Gesellschaften die Anreize und die Ressourcen, im Umgang mit anderen Ländern fordernder aufzutreten. Das Bevölkerungswachstum in muslimischen Ländern und besonders die Expansion der Alterskohorte der 1 5 - bis 25jährigen schaffen das Rekrutierungspotential für Fundamentalismus, Terrorismus, Aufstände und Migration." In den ersten Jahren des 2 1 . Jahrhunderts sei mit wachsendem Wiedererstarken nichtwestlicher Macht und Kultur und mit dem Kampf der Völker nichtwestlicher Kulturen gegen den Westen und untereinander zu rechnen. Huntingtons Beschreibung der Gründe für die „muslimische Gefahr" ist eine Abwandlung des LebensraumDenkens der Nazis: „Größere Populationen benötigen mehr Ressourcen, und daher tendieren Menschen aus Gesellschaften mit dichter und/oder rasch wachsender Bevölkerung dazu, sich auszubreiten, Territorium zu besetzen und Druck auf andere, demographisch weniger dynamische Völker auszuüben. Das islamische Bevölkerungswachstum ist daher ein wesentlicher, mit ausschlaggebender Faktor für Konflikte zwischen Muslimen und anderen Völkern entlang den Grenzen der islamischen Welt." 6. Die größte Gefahr sieht Huntington jedoch in Eurasien, wo er den „Aufstieg Chinas" als „potentielle Quelle 73 eines großen kulturellen Krieges zwischen Kernstaaten" betrachtet. Dabei sieht er als gefährlichste Bedrohung für den Westen, über den es zu einem „Kampf der Kulturen" kommen wird, die sich herausbildende „eurasische Allianz" zwischen „Rußland, China, Iran und Indien". Der Aufstieg Chinas, verbunden mit dem wachsenden Selbstbewußtsein dieses „größten Mitspielers in der Geschichte der Menschheit", werde die internationale Stabilität zu Beginn des 2 1 . Jahrhunderts enormen Belastungen aussetzen. Der Aufstieg Chinas zur beherrschenden Macht in Ost- und Südostasien laufe, so Huntington, den amerikanischen Interessen, wie sie immer wieder gesehen worden sind, diametral zuwider. Huntington vergleicht die von China ausgehende „Gefahr" mit dem „wilhelminischen Deutschland" in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Entwicklung Chinas zur dominierenden Zentralmacht in Ostasien stelle das zentrale amerikanische Interesse in dieser Region der Welt in Frage. Es müsse daher im amerikanischen Interesse liegen, so Huntington, auf die Möglichkeit eines Krieges vorbereitet zu sein, um eine chinesische Vorherrschaft in Ostasien zu verhindern. „Auf jeden Fall werden asiatisches Wirtschaftswachstum und muslimischer Bevölkerungsdruck in den kommenden Jahrzehnten zutiefst destabilisierende Auswirkungen auf die etablierte westlich dominierte internationale Ordnung haben. Den bedeutendsten Zuwachs an Machtressourcen und weltpolitischem Einfluß werden die ostasiatischen Gesellschaften mit rapidem Wirtschaftswachstum verzeichnen. Die Entwicklung in China, sofern sie noch wenigstens ein Jahrzehnt andauert, wird eine massive Machtverschiebung unter den Kulturen bewirken. Darüber hinaus könnte Indien bis dahin in ein rapides wirtschaftspolitisches Wachstum eingetreten sein und sich als Hauptakteur der Weltpolitik entpuppen. Unterdessen wird das muslimische Bevölkerungswachstum erhebliche destabilisierende Auswirkungen auf das globale Machtgleichgewicht haben. Die riesigen Zahlen von jungen Leuten mit Hochschulreife werden der islamischen ,Resurgenz' weiter Auftrieb geben und verstärkt muslimische Migration fördern. Infolgedessen werden die ersten Jahre des 2 1 . Jahrhunderts die anhaltende Resurgenz nichtwestlicher Macht und Kultur sowie den Zusammenprall der Völker nichtwestlicher Zivilisationen mit dem Westen und miteinander erleben." 7. Ist Huntingtons Beschreibung der chinesischen, der islamischen und anderer Zivilisationen schon inkompetent, so grenzt sein Bild vom „Westen" ans Lächerliche. Für die wesentlichen Eigenschaften des „Westens", die seit der Renaissance des 1 5 . Jahrhunderts eine Zunahme der Weltbevölkerung durch Entwicklung und weltweite Verbreitung von Wissenschaft, Technologie und menschlichem Fortschritt ermöglichten, zeigt Hun- 74 tington in dem, was er über die westliche Zivilisation sagt, nicht das geringste Verständnis. Der „Westen" ist für Huntington das britische imperiale System und die Philosophie der Aufklärung eines Thomas Hobbes. Huntington gebraucht Ausdrücke wie „euro-amerikanische Zivilisation" und „westliches Christentum" abwechselnd mit dem Begriff „westlicher Imperialismus". Dies gleichzusetzen, paßt natürlich genau in sein Konstrukt vom „Kampf der Kulturen", weil sich der Westen damit als perfektes Feindbild für die anderen nicht-westlichen Kulturen anbietet. Als Beweis für die „europäische Expansion" und den „Ansturm des Westens", wie er es nennt, zählt er denn auch auf, im Jahre 1800 habe das britische Empire 1,5 Mio. Quadratmeilen Fläche und eine Bevölkerung von 20 Mio. Menschen gehabt; das weltumspannende Viktorianische Empire im Jahre 1900 aber 1 1 Mio. Quadratmeilen mit 390 Mio. Menschen. Daß es Huntington nicht wirklich um die Verteidigung der Werte westlicher Zivilisation geht, zeigt sich an seiner auffallenden Ignoranz bzgl. der Tradition der christlich-abendländischen Kultur. Dies trifft besonders für seinen Mangel an Kenntnis über die Renaissance zu, die auf dem Menschenbild aufbauend, daß der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen und somit fähig ist, am Werk des Schöpfers teilzunehmen und dieses weiterzuentwickeln, die Grundlagen für die moderne Welt legte. Huntington verschweigt, daß im Rahmen dieser humanistischen Renaissance-Tradition herausragende Exponenten wie Kardinal Nikolaus von Kues mit seinem Werk De pace fidei ein Programm für den „Dialog der Kulturen" entwickelte, in dem er fordert, daß der Dialog der Kulturen und Religionen von der höchsten Ebene, dem für alle Menschen gemeinsam geltenden Wert ausgehen sollte — der Verteidigung der Würde des Menschen. Huntington entwickelt am Schluß seines Buches ein abstruses Szenario für einen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und China, der sich an der Frage der eurasischen Entwicklung entzünden werde. Eine Fiktion, wo China Vietnam bekriegt und später zusammen mit Japan die USA angreift. Gleichzeitig kämpft Indien gegen Pakistan, die Araber gegen die Israelis, Rußland gegen China; auf Bosnien, Algerien und Marseiile fallen Atombomben; dazu kommen verwickelte Kriegsszenarios auf dem Balkan und in der Ägäis. Die USA, Europa, Rußland und Indien stecken „in einem wahren Weltkrieg gegen China, Japan und die meisten islamischen Länder". Dieser „dritte Weltkrieg" endet schließlich mit dem Einmarsch der russischen und westlichen Streitkräfte auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Um sich sozusagen ein Alibi für seine monströsen Thesen zu verschaffen, schreibt Huntington am Schluß des Buches, angesichts der von ihm dargelegten Kulturkriegsszenarien sei es ratsam, wenn der Westen in den Dialog mit anderen Kulturen eintreten würde. Zbigniew Brzezinski Neben dem Harvard-Professor Samuel Huntington gehört Zbigniew Brzezinski, der ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, zu den heute einflußreichsten Geopolitikern im außenpolitischen Establishment der USA. Aus polnischem Kleinadel stammend und in Polen aufgewachsen, wanderte Brzezinski zu Beginn der 50er Jahre in die USA aus. Er heiratete eine Tochter des ehemaligen tschechoslowakischen Präsidenten Eduard Benes, in dessen Regierung auch Joseph Korbel, der Vater der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright, als Assistent des damaligen Außenministers Masaryk diente. (Brzezinski war der Mentor von Madeleine Albright, die ihre Karriere im Stab von Brzezinskis „Nationalem Sicherheitsrat" NSA begann.) • Nach dem Studium der politischen Wissenschaften an der McGill University und der Erlangung seines Doktorgrades an der Harvard University 1953-56, wurde Brzezinski Instructor and Research Fellow beim Russian Research Center der Harvard University (1953-56). • 1960-62: Associate Professor for Public Law and Government an der Columbia University. • 1 9 6 1 - 6 2 : Mitglied des Joint Committee on Contemporary China Social Science Research Council. • 1962-77: Forschungsdirektor des Institute for International Change. • 1966-68: Mitglied im Planungsrat des US-Außenministeriums. • 1 9 7 7 - 8 1 : Berater des US-Präsidenten für „Nationale Sicherheitsfragen" mit Kabinettsrang. • Seit 1 9 8 1 ist Brzezinski Berater am Center for Strategie and International Studies (CSIS) und Mitglied im President's Foreign Intelligente Advisory Board (PFIAB), dem einflußreichen außenpolitischen Beratungsgremium des US-Präsidenten. • 1 9 7 3 gründete Brzezinski mit Hilfe von David Rockefeller die Trilaterale Kommission — ein unter Führung der USA stehendes einflußreiches meinungsbildendes internationales Forum, an dem regelmäßig Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur von den USA, Japan und Westeuropa teilnehmen. Auf Brzezinskis Anregung schrieb Samuel Huntington 1 9 7 5 im Auftrag der Trilateralen Kommission die Studie „Crisis of Democracy", in der sich dieser (siehe oben) kritisch mit den Prämissen der Demokratie unter den Bedingungen sich verschärfender wirtschaftlicher und sozialer Krisen auseinandersetzte. Bekannt als notorischer Rußlandhasser, entwickelte Brzezinski Ende der 70er Jahre sein berüchtigtes Konzept vom (islamischen) „Krisenbogen", der sich u.a. auch über ein Gebiet südlich der damaligen Sowjetunion erstrecken und insbesondere diese Region destabilisieren sollte. Außerdem schrieb er ein Memorandum an den damaligen Präsidenten Jimmy Carter — dessen Sicherheitsberater er war —, worin Brzezinski dem US-Präsidenten sechs Monate vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan riet, die afghanischen Mudschahedin-Kämpfer für einen „Heiligen Krieg" gegen die Sowjetunion auszurüsten und zu finanzieren, was langfristig den Kollaps des sowjetischen Regimes beschleunigen werde. „Ende 1978 entwickelte ich meine These vom ,Krisenbogen', die ich in einem am 28. Februar 1 9 7 9 an den Präsidenten gerichteten Memorandum darlegte", schreibt Brzezinski in seinen Memoiren. „Damals forderte ich die Errichtung eines Sicherheitsmechanismus, mit dessen Hilfe die Macht und der Einfluß der USA in der Region des Nahen Ostens befestigt werden sollte. Ich rückte damals von der noch vom US-Außenministerium empfohlenen Politik einer Demilitarisierung des Indischen Ozeans ab." Brzezinski setzte sich seinerzeit nachdrücklich für die Ausweitung der US-Präsenz in der Region ein; u.a. empfahl er den Ausbau neuer Stützpunkte im Indischen Ozean und am Persischen Golf. Bedeutsam ist weiter, daß sich Brzezinski in seiner „Krisenbogen"-Doktrin ausdrücklich auf das Werk von Prof. Bernard Lewis bezog, einem in Oxford ausgebildeten Mitarbeiter des britischen „Arabien-Büros", der später an der Universität Princeton in den USA tätig war. Lewis entwarf einen umfassenden Plan für die Abschaffung der Nationalstaaten in Eurasien und war der erste, der 1990 in einem Artikel der September-Ausgabe der Zeitschrift Atlantic Monthly den Begriff „Kampf der Kulturen" prägte. In diesem Artikel schrieb Lewis, die „muslimische Wut" laufe auf „nichts weniger hinaus als einen Kampf der Kulturen, der vielleicht irrationalen, aber sicher historischen Reaktion eines alten Rivalen unseres jüdisch-christlichen Erbes". Brzezinskis geopolitische Doktrin Am 2. November 2000 präsentierte Zbigniew Brzezinski im Buchclub des Berteismann-Konzerns in München in einer Rede über „Globalisierung und Kultur" die geopolitischen Prämissen seines Denkens: Die Weltpolitik werde künftig nur noch von einer hegemoniaien Macht, den USA, bestimmt, so der einstige Sicherheitsberater Carters und Mitbegründer der Trilateralen Kommission. Dabei werde das 2 1 . Jahrhundert von der amerikanischen Kultur, der „ersten universellen Kultur im Zeitalter der Globalisierung", bestimmt. Gewaltige Umwälzungen im Bereich der Kommunikation und der biologischen Forschung würden in Zukunft das Bild Konflikte" voraussagte. „Schurkenstaaten" wie Nordkorea könnten eines Tages Kernwaffen gegen Südkorea vom Menschen und der Geschichte verändern. Sei bislang das Bild des homo sapiens bestimmender Faktor und Japan einsetzen. Angesichts der Gefahr, daß in der Geschichte gewesen, so beginne nun eine „posthumane Ära", in der der Mensch die Fähigkeit besitze, sich selbst zu schaffen (d.h. zu klonen), sagte Brzezinski, der sich in seinem 1 9 7 2 geschriebenen Buch „Technotronic Age" als glühender Verfechter der „postindustriellen Revolution" zu erkennen gegeben hatte. Ihm Korea und Japan eines Tages der Wunsch nach Abzug der amerikanischen Truppen laut werden könnte, gelte es eine globale Sicherheitsallianz, eine Art weltumspannende OSZE, aufzubauen, in der die USA den Ton angä- ben. „Eine OSZE Eurasiens könnte zum Anfang eines rudimentären Systems der Sicherheitszusammenarbeit werden. Teil dieser Struktur wären größere Mächte wie scheint — wie einst Teddy Roosevelt — eine „Neue Japan, Indien, China, die USA und die EU." Weltordnung" vorzuschweben, die auf sozialdarwinistischen Ideen und dem nietzscheanischen Konzept der „Herrenrasse" beruht. Provokativ erklärte Brzezinski bei seinem Vortrag in München, heute erlebe man das Ende des „Zeitalters des Westfälischen Friedens", das „Ende der internationalen Politik", die sich auf das Prinzip des Nationalstaats gründete. Jetzt stehe man am Beginn der „posthu- Um Rußland einzudämmen, müsse man den Ausbau der NATO und der EU bis an Rußlands Grenzen zügig manen Geschichte" — eine radikale Absage an die auf dem Erbe der Renaissance aufbauenden Errungenschaften der europäischen Zivilisation und ein Rückfall in ein von Kultur- und Religionskriegen bestimmtes finsteres Zeitalter. Zukünftige Konflikte würden, so Brzezinski, vor allem im „östlichen Teil Eurasiens" heraufziehen, wo er den „Ausbruch anarchistischer Gewalt, die vom Iran bis nach China reicht", sowie ethnisch/nationalistische vorantreiben. Arrogant erklärte Brzezinski, Rußland solle sich vor „nostalgischen" Großmachtphantasien in acht nehmen, denn dies schaffe geopolitische Konflikte. So lebten „ 1 5 Mio. Muslime an Rußlands Peripherie", die sich gegen Rußland auflehnen könnten, während Rußland im Südosten an China mit seinen 1 , 2 Mrd. Menschen und einer wesentlich dynamischeren Wirtschaft grenze. Diese Rede ebenso wie die geopolitischen Thesen, die Brzezinski 1 9 9 7 in dem Buch Die einzige Weltmachtdarlegte, zeigen das Denken eines Geopolitikers, dessen „neoimperiale Politik" in immer stärkerem Maße zur Handlungsmaxime der US-Administration geworden ist. Die einzige Weltmacht" In dem Buch Die einzige Weltmacht, das 1999 unter diesem Titel auch in Deutschland veröffentlicht wurde, legt Brzezinski die Kernthesen seiner die künftigen Ereignisse in der Welt bestimmenden „eurasischen Geostrategie" dar. Das Eurasische Schachbrett werde zu dem Schauplatz, auf dem in der Zukunft das Spiel um die globale Vorherrschaft, d.h. um die Vorherrschaft der USA als einzig verbliebener Weltmacht ausgetragen werde. Die USA würden dabei als „Schiedsrichter" auftreten, um das Aufkommen jedes potentiellen Rivalen, der die Vormachtstellung und Interessen der USA auf diesem Schauplatz der Weltpolitik bedrohen könnte, energisch zu unterbinden. Entscheidende Bedeutung komme dabei dem „eurasischen Balkan" zu — einer Region, in der sich 60% der Weltenergievorräte befinden, die zu sichern und vor dem Zugriff anderer Rivalen zu schützen, vom Standpunkt der USA höchste strategische Priorität erhält. Während gemäß der von Brzezinski entwickelten eurasischen Geostrategie alles darauf ausgerichtet sein müsse, den Einfluß Rußlands und Chinas in Eurasien zurückzudrängen, komme Europa die Funktion des „Brückenkopfs auf dem eurasischen Kontinent" zu. Militärisch auf absehbare Zeit als „Protektorat der USA" füngierend, soll Europa als „Sprungbrett" für eine weitere Ausdehnung amerikanischer Vormachtstellung in Eurasien dienen. Um ihren Einfluß in Eurasien zu vergrößern, würden die USA alles daran setzen, die NATO-Erweiterung voranzutreiben mit dem Ziel, auch Rußland in Europa und in die NATO-Strukturen einzubinden und langfristig auf ein „transeurasisches Sicherheitssystem" sowie auf ein „transatlantisches Handelssystem" zwischen den USA und Europa hinzuarbeiten, das die Möglichkeit eines Europa als Wirtschaftsrivalen der USA unterbinden solle. Dies sind, in aller Kürze, die Kernthesen des Buches. Die Lehren des römischen Imperiums und der Geopolitik Mackinders Das Buch liefert einen klinisch interessanten Einblick in die Weltanschauung dieses fanatischen Geopolitikers, der sich in diesem Werk ganz als getreuer Anhänger der geopolitischen Lehre Sir Haiford Mackinders und Karl Haushofers zu erkennen gibt und sich besonders fasziniert zeigt vom Model! des Römischen Imperiums — 76 seiner Kultur und den Machttechniken, mit dem sich dies Imperium über Jahrhunderte an der Macht hielt. Als einzige Weltmacht nach dem Kalten Krieg dränge sich der Vergleich der USA mit den großen Imperien auf, schreibt Brzezinski am Anfang seines Buches: Dazu zählt er das Römische Reich, die Chinesische Dynastie, das Mongolenreich bis hin zu den Hegemonialstaaten Europas, Spanien, Frankreich und Großbritannien. Die Überlegenheit dieser Imperien beruhte, wie Brzezinski betont, in einem hohen Maße auf der effizienten Organisation, der Fähigkeit, wirtschaftliche Ressourcen umgehend für militärische Zwecke zu transformieren, sowie auf einem gut funktionierenden System der Herrschaftssicherung. Allen diesen Imperien war gemein, daß sie neben diesen Machtressourcen — abgesehen vom Mongolenreich — über eine kulturelle Überlegenheit verfügten, was zur Folge hatte, daß Herrscher wie Beherrschte die imperiale Macht als selbstverständlich betrachteten und anerkannten. Häufig sei es gerade der Verlust dieser kultureilen Superiorität gewesen, der den Untergang des jeweiligen Imperiums einleitete. „Diese Imperien gründeten ihre Macht auf eine Hierarchie von Vasallenstaaten, tributpflichtigen Provinzen, Protektoraten und Kolonien", schreibt Brzezinski, und fährt fort, daß sie die Völker jenseits der Grenzen gemeinhin als „Barbaren" betrachteten. „Bis zu einem gewissen Grad lassen sich diese anachronistischen Begriffe durchaus auf einige Staaten anwenden, die sich gegenwärtig innerhalb des amerikanischen Orbits befinden... Wie in der Vergangenheit beruht auch die imperiale Macht Amerikas in hohem Maße auf der überlegenen Organisation und auf der Fähigkeit, riesige wirtschaftliche und technologische Ressourcen umgehend für militärische Zwecke einzusetzen, auf dem nicht genauer bestimmbaren, aber erheblichen kulturellen Reiz des American way of life sowie auf der Dynamik und dem ihr innewohnenden Wettbewerbsgeist der Führungskräfte in Gesellschaft und Politik." Die Aura des Römischen Reichs gründete auf dem Civis Romanus sum, dem Status eines römischen Bürgers. Dieses hoch entwickelte „zentralistische Staatswesen" mit einer autarken Wirtschaft und einem hochentwickelten System politischer und wirtschaftlicher Organisation, schreibt Brzezinski bewundernd, habe seine Macht „besonnen und gezielt" ausgeübt. „Ein nach strategischen Gesichtspunkten angelegtes, von der Hauptstadt ausgehendes Netz von Straßen und Schiffahrtsrouten gestattete — im Falle einer größeren Bedrohung — eine rasche Umverlegung und Konzentration der in den verschiedenen Vasallenstaaten und tributpflichtigen Provinzen stationierten römischen Legionen..." Besonders beeindruckend sei daher das römische Militärsystem gewesen. „Auf dem Höhepunkt seiner Macht zählten die im Ausland eingesetzten römischen Legionen nicht weniger als 300 000 Mann — eine beachtliche Streitkraft, die dank römischer Überlegenheit in Taktik und Bewaffnung wie auch dank der Fähigkeit des Zentrums, seine Truppen relativ schnell umzugruppieren, noch tödlicher wurde". (Brzezinski, der das „erstaunlich" findet, merkt im Vergleich an, „daß die über wesentlich mehr Einwohner verfügende Supermacht Amerika 1996 die äußeren Bereiche ihrer Einflußsphäre durch 296 000 in Europa stationierte Berufssoldaten schützte".) Römer zu sein, das bedeutete, der zivilisierten, nichtbarbarischen Welt anzugehören. „Civis Romanus sum vermittelte gegenüber den Nichtrömern den Status des römischen, des zivilisierten' Bürgers und ist Ausdruck kultureller Überlegenheit. Es diente dem ,imperialen Sendungsbewußtsein' als Rechtfertigung." Solange sich das Imperium seine innenpolitische Energie und Geschlossenheit bewahren konnte, sei ihm von außen kein ernstzunehmender Konkurrent um die Macht erwachsen, schreibt Brzezinski. Aber das Römische Reich sei schließlich zerfallen, und die entscheidenden Faktoren, die zum Kollaps dieses fast tausendjährigen Reiches führten, waren gemäß Brzezinski sein „kultureller Hedonismus" und, damit verbunden, die Dekadenz der politischen Eliten sowie seine „imperiale Überdehnung" und eine tiefgreifende Wirtschafts- und Sozialkrise, die der Bevölkerung Opfer auferlegte, die diese, nur um das Imperium am Leben zu erhalten, nicht mehr zu tragen bereit war. Die Kombination dieser Faktoren habe schließlich dazu geführt, daß das Römische Imperium gegenüber den „Barabarenvölkern" in seiner unmittelbaren Nachbarschaft wehrlos wurde. (In einem 1 9 9 3 erschienenen Werk Out ofControl hatte Brzezinski davor gewarnt, daß es genau diese Faktoren sein werden, die eines Tages den Status der USA als einziger Supermacht unterminieren werden). Im Gegensatz zum Römischen Reich, dem Mongolenreich und dem britischen Empire, von denen keines eine wirkliche Weltmacht war, sei der Geltungsbereich der heutigen Weltmacht USA jedoch „einzigartig", schlußfolgert Brzezinski. „Nicht nur beherrschen die Vereinigten Staaten sämtliche Ozeane und Meere, sie verfügen mittlerweile auch über die militärischen Mittel, die Küsten mit Amphibienfahrzeugen unter Kontrolle zu halten, mit denen sie bis ins Innere eines Landes vorstoßen und ihrer Macht politisch Geltung verschaffen können. Amerikanische Armeeverbände stehen an den westlichen und östlichen Randgebieten des eurasischen Kontinents und kontrollieren außerdem den Persischen Golf." Ein Blick auf die Weltkarte zeige, daß „der gesamte Kontinent von amerikanischen Vasallen und tribut- 77 Pflichtigen Staaten übersät (ist), von denen einige allzu gerne noch fester an Washington gebunden wären". Die Kernthese des Buchs lautet: Die Beherrschung des „eurasischen Kontinents" wird zum entscheidenden geostrategischen Faktor für den Machterhalt der einzigen Weltmacht USA. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle: • 75% der Weltbevölkerung leben auf dem eurasischen Kontinent, wo 60% des Weltbruttosozialprodukts erwirtschaftet wird und sich die produktivsten Regionen Eurasiens, nämlich Westeuropa und Japan, befinden. Ungefähr drei Viertel aller bekannten Ressourcen der Welt liegen in Eurasien. • Alle potentiellen Herausforderer der USA auf politischem und/oder wirtschaftlichem Gebiet sind ausnahmslos eurasische Staaten. Das bringt Brzezinski zur eigentlichen Hauptthese seines Buches: Eurasien ist mithin „das Schachbrett, auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft auch in Zukunft ausgetragen wird". Einer der prominentesten geopolitischen Theoretiker, Haiford Mackinder, leistete Anfang dieses Jahrhunderts Pionierarbeit, als er nacheinander die Begriffe „eurasische Zentralregion" (die ganz Sibirien und einen Großteil Zentralasien umfaßte) und ostmitteleuropäisches „Herzland" prägte und jede dieser beiden Regionen als Sprungbrett zur Erlangung der Herrschaft über den ganzen Kontinent bezeichnete. Zum Durchbruch verhalf er seiner Theorie mit dem berühmten Ausspruch: „Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das Herzland; Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel; Karte aus Die einzige Weltmacht Wer über die Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt." „Eurasische Geostrategie" bedeute demnach heute für die USA, so Brzezinski, „die drei großen Imperative imperialer Geostrategie" zu beherzigen: • Absprachen zwischen den Vasallen zu behindern und ihre Abhängigkeit in Fragen der Sicherheit zu bewahren; • die tributpflichtigen Staaten fügsam zu halten und zu schützen • und dafür zu sorgen, daß die „Barbarenvölker" sich nicht zusammemschließen. „Eurasisches Schachbrett" und „eurasischer Balkan" Zwischen den westlichen und östlichen Randgebieten Eurasiens dehnt sich, wie Brzezinski in seinem Buch schreibt, ein gewaltiger dünnbesiedelter, derzeit politisch instabiler und in organisatorischer Auflösung begriffener mittlerer Raum, der früher von mächtigen Konkurrenten der USA besetzt wurde; Ziel der Kontrolle über diesen Raum war einst, Amerika aus Eurasien herauszuhalten. Südlich von diesem großen zentraieurasischen Plateau liege eine „politisch anarchische", aber an Energievorräten reiche Region, die sowohl für die europäischen wie auch die ostasiatischen Staaten wichtig werden könnte. „Das riesige, merkwürdig geformte eurasische Schachbrett, das sich von Lissabon bis Wladiwostok erstreckt, werde zum eigentlichen Schauplatz des globalen Spiels." Brzezinski spricht von fünf Hauptakteuren, fünf geopolitischen Dreh- und Angelpunkten auf dem eurasischen Schachbrett: Frankreich, Deutschland, Rußland, China und Indien sind die Hauptakteure, während die Ukraine, Aserbeidschan, Südkorea, die Türkei und der Iran lediglich geopoiitische Dreh- und Angelpunkte von entscheidender Bedeutung darstellen. 78 Ähnlich wie Huntington hält Brzezinski — vor allem, seitdem Rußlands früherer Ministerpräsident Jewgenij Primakow dieses Konzept erstmals als programmatische Politik formulierte — eine immer dynamischer werdende „eurasische Entwicklungsallianz" zwischen Rußland, China und dem Iran (sowie Indien), für eine der größten Bedrohungen der Vormachtstellung der USA in Eurasien. „Das gefährlichste Szenario wäre möglicherweise eine große Koalition zwischen China, Rußland und vielleicht dem Iran, ein nicht durch Ideologie, sondern durch die tiefsitzende Unzufriedenheit aller Beteiligten geeintes antihegemoniales Bündnis." Die wirkliche Obsession Brzezinskis ist jedoch Rußland, der einzige ernstzunehmende Gegenspieler der Weltmacht USA. Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion sei ein „schwarzes Loch", ein Vakuum entstanden, und die geopolitischen Erschütterungen zu Beginn der 90er Jahre hätten zu einem bedeutsamen Wandel im Status des Kaspischen Beckens und Zentralasiens geführt. Wesentlich für die Eindämmung Rußlands und daher geopolitisch von höchster Priorität sei deshalb der „eurasische Balkan". Brzezinski spricht sogar in diesem Zusammenhang ausdrücklich von einem „ethnischen Hexenkessel", der von den künftigen Transportwegen, die zwischen den reichsten und produktivsten westlichen und östlichen Randzonen Eurasiens bessere Verbindungen herstellen sollen, durchzogen wird. Mit seinem Hinweis auf die Bedeutung des „eurasischen Balkan" erneuert Brzezinski das „Große Spiel", das im 1 9 . Jahrhundert besonders England, Rußland und das untergehende Osmanische Reich in endlose Kriege um die Kontrolle der strategisch wichtigen Region Zentralasien-Transkaukasus verstrickte. In seinem Buch wirft er deshalb die Frage auf, wie sich eine erneute Vorherrschaft Rußlands im Transkaukasus und in Zentralasien verhindern ließe. Der „eurasische Balkan" werde zu einem entscheidenden Faktor, um Rußlands Einfluß in Eurasien zurückzudrängen. Im Kapitel Das Schwarze Loch schreibt er: „Rußlands Verlust seiner beherrschenden Position an der Ostsee fand sein Pendant am Schwarzen Meer, zum einen wegen der Unabhängigkeit der Ukraine, zum anderen, weil die jetzt unabhängigen kaukasischen Staaten — Georgien, Armenien und Aserbeidschan — die Möglichkeiten der Türkei verbesserten, ihren verlorengegangenen Einfluß in der Region aufs Neue geltend zu machen ... Mit der Unabhängigkeit der zentralasiatischen Staaten hatte sich Rußlands südöstliche Grenze an einigen Stellen um mehr als tausend Meilen nach Norden verschoben. Die neuen Staaten verfügen über riesige Mineral- und Erdölvorkommen, die ausländische Interessenten anlocken mußten ... Da sie von der Türkei, dem Iran, Pakistan und Saudi-Arabien unterstützt wurden, waren die zentralasiatischen Staaten entgegen russischen Hoffnungen nicht geneigt, ihre neue politische Souveränität gegen eine selbst gnädige wirtschaftliche Integration mit Rußland zu tauschen ... Für die Russen mußte das Gespenst eines möglichen Konflikts mit den islamischen Staaten entlang der gesamten Südflanke Rußlands (die zusammen mit der Türkei, dem Iran und Pakistan mehr als 300 Millionen Menschen aufbieten) Anlaß zu ernster Besorgnis sein." Weiter führt Brzezinski aus, daß der Transkaukasus und Zentralasien für Rußland das seien, was das „Pulverfaß Balkan" für Westeuropa sei. In dem Kapitel „Der eurasische Balkan" schreibt er weiter: „Das Wort Balkan beschwört in Europa Bilder von ethnischen Konflikten und Stellvertreterkriegen der Großmächte herauf. Auch Eurasien hat seinen Balkan, aber der ist viel größer, dichter bevölkert und religiös und ethnisch noch heterogener. Der eurasische Balkan liegt innerhalb jenes großen Rechtecks, das die angesprochene Kernzone globaler Instabilität einschließt und Teile von Südosteuropa, Zentralasien sowie einige Gebiete Südasiens, die Region um den Persischen Golf und den Nahen Osten umfaßt... Der eurasische Balkan bildet den inneren Kern dieses großen Rechtecks und unterscheidet sich von seinem äußeren Umfeld durch ein besonderes Merkmal: er ist ein Machtvakuum. Zwar sind auch die meisten Staaten in der Golfregion und im Nahen Osten alles andere als stabil, doch üben im Endeffekt die USA dort eine Schiedsrichterfunktion aus. Die instabile Region steht mithin unter dem Einfluß einer einzigen Macht, die einen mäßigenden Einfluß ausübt. Im Gegensatz dazu erinnert der eurasische Balkan wirklich an den uns aus der Geschichte dieses Jahrhunderts vertrauteren Balkan in Südosteuropa: Die dortigen Staaten sind nicht nur hochgradig instabil, ihre Lage und innenpolitische Verfassung fordern die mächtigen Nachbarn zum Eingreifen geradezu heraus, und jeder widersetzt sich mit Entschlossenheit den Bestrebungen der anderen, die Vorherrschaft in der Region zu erlangen. Es ist dieses wohlvertraute Phänomen des Machtvakuums mit der ihm eigenen Sogwirkung, das die Bezeichnung ,eurasischer Balkan' rechtfertigt... Außerdem kommt ihm [dem ,eurasischen Balkan'] sicherheitspolitische Bedeutung zu, weil mindestens drei seiner unmittelbaren und mächtigsten Nachbarn von alters her Absichten darauf hegen, und auch China ein immer größeres Interesse an der Region zu erkennen gibt... Viel wichtiger aber ist der eurasische Balkan, weil er sich zu einem ökonomischen Filetstück entwickeln könnte, konzentrieren sich in dieser Region doch ungeheure Erdgas- und Erdölvorkommen, von wichtigen Mineralien einschließlich Gold ganz zu schweigen." Zu der Zeit, als Brzezinski Die einzige Weltmacht 79 schrieb, war er als Berater des Erdölkonzerns Amoco für Geschäfte am Kaspischen Meer tätig. Er übte diese und Sicherheit auf dem Spiel. In erster Linie geht es Amerika um Zugang zur Region, über den bis zum Funktion bis zur feindlichen Übernahme des Konzerns durch British Petroleum aus. Amoco spielte eine Zusammenbruch der Sowjetunion Moskau allein verfü- wesentliche Rolle bei der Bildung des Erdölkonsortiums Azerbaijan International Operating Co. (AIOC), das nach dem Machtantritt von Hejdar Alijew im Juni 1993 gen konnte. Alle Bahntransporte, Erdgas- und Erdölpipelines und sogar der Flugverkehr wurden über das Zentrum geleitet. Die russischen Geopolitiker sahen es gegründet wurde. natürlich lieber, wenn es so bliebe, da sie genau wissen, daß derjenige, der den Zugang zur Region unter Kon- Fazit der Brzezinskischen Geopolitik: Die USA sollten mehr Augenmerk auf den eurasischen Balkan len- trolle oder unter seiner Herrschaft hat, aller Wahrscheinlichkeit nach auch den geopolitischen und öko- ken und dabei alles unternehmen, die Länder Zentral- nomischen Gewinn einheimst... Genau diese Überlegung hat der Pipeline-Frage für die Zukunft des Kaspischen Beckens und Zentralasien eine so zentrale Bedeutung verliehen." Diese Aussage ist natürlich besonders seit dem Ausbruch des Afghanistankrieges von aktueller Brisanz. asiens, wie z.B. Usbekistan und auch die Türkei, massiv zu unterstützen, denn es stehe sehr viel auf dem Spiel: „In diesem Hexenkessel geopolitischer Macht stehen somit der Zugang zu möglicherweise großem Reichtum, die Erfüllung nationaler und/oder religiöser Missionen „Protektorat Europa" und die zukünftige Rolle Rußlands Um die Vorherrschaft Amerikas in Eurasien zu sichern, müsse Westeuropa und in zunehmendem Maße auch Mitteleuropa, nicht zuletzt wegen der NATO als einem Einflußinstrument der USA, ein amerikanisches „Protektorat" bleiben, „dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern," lautet die Forderung Brzezinskis. Amerikas zentrales geostrategisches Ziel in Europa lasse sich danach einfach zusammenfassen, schreibt Brzezinski am Ende seines Buches: Durch eine glaubwürdige transatlantische Partnerschaft müsse der „Brückenkopf der USA auf dem eurasischen Kontinent so gefestigt werden, daß ein wachsendes Europa ein brauchbares Sprungbrett werden kann, von dem aus sich eine internationale Ordnung der Demokratie und Zusammenarbeit nach Eurasien hinein ausbreiten läßt". Für die Sommerausgabe der neokonservativen Zeitschrift The National Interest verfaßte Brzezinski im Sommer 2000 einen Aufsatz unter dem Titel „Leben mit dem neuen Europa", dem in der Herbstausgabe derselben Zeitschrift ein weiterer Artikel mit der Überschrift „Leben mit Rußland" folgte. Unter dem Titel „Geostrategic Triad: Living with China, Europe and Russia" wurde diese Aufsatzserie 2001 in Buchform veröffentlicht. In nicht zu überbietender Arroganz legt Brzezinski in „Leben mit dem neuen Europa" die zukünftige Rolle Europas dar: „Die transatlantische Allianz ist das Sprungbrett für das globale Engagement der USA und gibt Amerika die Möglichkeit, seine Rolle als Schiedsrichter in Eurasien, der zentralen Arena der Macht wahrzunehmen." Trotz seiner wirtschaftlichen Stärke, so die Botschaft Brzezinskis an die Europäer, bleibe Europa ein „Protektorat der USA". Ja, so Brzezinski, „es ist nicht nur eine Tatsache, daß das Bündnis zwischen Amerika und Europa ungleich ist, es ist auch wahr, daß sich die vorhandene Asymmetrie zwischen den beiden wahrscheinlich noch zugunsten Amerikas ausweiten wird." Mit dem „Wirtschaftsboom und der technologischen Innovation" in den USA könne Europa auch vereint nicht mithalten. Daher „werden die USA wahrscheinlich noch für mindestens eine Generation die einzige wirkliche globale Macht" und „die dominierende Macht der transatlanti- 80 sehen Allianz im ersten Viertel des 2 1 . Jahrhunderts" bleiben. Europa — daran läßt Brzezinski keinen Zweifel — werde vom amerikanischen Standpunkt als „Satrapie" betrachtet: Ideal für die USA wäre ein politisch vereintes Europa, das als fleißiges NATO-Mitglied bereit sei, Einsätze der NATO außerhalb des Einsatzgebietes mitzumachen, um die globale militärische Last Amerikas zu verringern und „Amerikas geopolitische Interessen in bezug auf Rußland und den Nahen Osten zu unterstützen", schreibt Brzezinski. Die amerikanische Führung solle jedoch nicht darauf bestehen, daß Europa gegenüber der amerikanischen Vorherrschaft völlig „unterwürfig" sei, was eigentlich „ideal" wäre; denn dies würde zu viele „Ressentiments" erzeugen und insbesondere die Deutschen „in die Arme der Franzosen" treiben. Wie das Dilemma im Kosovo deutlich gemacht habe, seien die politisch-militärischen Kapazitäten Europas äußerst begrenzt; Europa sei nicht einmal in einem schwachen Land in der Lage, eine Friedensmission durchzustehen. Dies mache erneut deutlich, daß Europa „kein unabhängiger Akteur auf der internationalen Bühne werden kann". Amerika brauche sich daher definitiv keine Sorge über einen potentiellen Rivalen Europa zu machen. Denn Europa werde angesichts seiner begrenzten militärischen Kapazitäten und der „geographischen Nähe" zu den die Stabilität bedrohenden („Schurken"-)Staaten „weiterhin Amerika brauchen, um wirklich sicher zu sein". Um Europa wirtschaftlich einzubinden, schlägt er außerdem ein transatlantisches Freihandelsabkommen vor. Während Europa seine Rolle als Protektorat der USA wahrnehmen solle, gelte es insbesondere dafür zu sorgen, daß Rußland nie wieder davon träume, den imperialen Status als Großmacht wiederzugewinnen. In seinem Aufsatz „Leben mit Rußland" erklärt Brzezinski ultimativ, daß Rußland als Verlierer des Kalten Krieges gar keine andere Wahl habe, als sich dem Diktat der einzig verbliebenen Supermacht USA zu unterwerfen und sich langfristig in den Westen, sprich in die EU- und NATO-Struktur „einbinden" zu lassen. Die Einbeziehung Rußlands in die transatlantische Gemeinschaft sei „notwendiger Stützpfeiler jeder langfristigen amerikanischen Strategie, um die Stabilität auf dem eurasischen Mega-Kontinent zu konsolidieren". Es müßten geostrategische Bedingungen geschaffen werden, so Brzezinski weiter, „welche die Russen davon überzeugen, daß es in Rußlands Selbstinteresse liegt, ein wahrhaft demokratischer und europäischer postimperialer Nationalstaat zu werden — ein Staat, der eng mit der transatlantischen Gemeinschaft verbunden ist". Brzezinski beschreibt den beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang und demographischen Kollaps Rußlands, das weniger Investitionen pro Jahr vom Westen erhalten habe als Polen. Mit einer Bevölkerung, die allein in den letzten Jahren von 1 5 1 auf 1 4 6 Mio. geschrumpft sei — China habe 1,2 Mrd. Menschen —, sehe sich Rußland im Süden 295 Mio. Muslimen gegenüber. 20 Mio. von ihnen lebten innerhalb der russischen Grenzen. Im Jahre 2025 würde Rußland es mit 450 Mio. Muslimen im Süden zu tun haben (ohne die 85 Mio. türkischen Muslime). Aufgrund der in dieser Region herrschenden wirtschaftlichen Schwäche und Volatilität würden viele junge Muslime extremistisch werden, was in Gebieten wie Tschetschenien einen besonders starken antirussischen Reflex auslösen würde. (Anfang Januar 2001 wurde Brzezinski zum Leiter der amerikanischtschetschenischen Freundschaftsgesellschaft ernannt!) Ungeachtet dieser Tatbestände setzten, so Brzezinski, die russische Elite und das Militär jedoch — wie es in der neuen Militärdoktrin zum Ausdruck komme — alles daran, den einstigen Supermachtstatus wiederzugewinnen. Der wirtschaftliche Wiederaufbau Rußlands werde dabei von den Militärs als Voraussetzung betrachtet, um die politische Macht Rußlands im Kontext einer „neuen Eurasischen Union" aufzubauen. Ein von allen Seiten „belagertes" Rußland, das sich insbesondere neu aufflammenden „islamischen" Konflikten im Süden gegenübersehe, werde „jedoch implodieren", so Brzezinski. Genau hier sieht der Geopoiitiker die Möglichkeit, Rußland — per Diktat sozusagen — in die Strukturen des Westens einzubinden bzw. zu „zwingen". „Die ernstzunehmende Möglichkeit, daß sich Konflikte wie Buschfeuer in Zentralasien ausbreiten, könnte Rußlands ablehnende Haltung gegenüber einem größeren westlichen Engagement in der Region entschärfen. Moskau könnte dann nicht nur stärkeren westlichen Wirtschaftsaktivitäten in der Region positiv gegenüberstehen, sondern auch einer größeren Rolle friedenserhaltender Maßnahmen der OSZE und vielleicht sogar auch der NATO zustimmen." Wie sol! der Westen mit Rußland politisch umgehen? Brzezinski vergleicht den Zusammenbruch Rußlands mit dem des Osmanischen Reiches. Im Gegensatz zu Deutschland und Japan sei Rußland von den Siegern des Kalten Krieges weder besetzt noch der politischen Umerziehung seitens der „Siegermächte" unterworfen worden. Der Westen, vor allem die USA, so rät Brzezinski, sollte seine Beziehungen zum „offiziellen Rußland" abbauen und sich statt dessen auf die „nächste Führungsgeneration" in Rußland konzentrieren, die nur noch „eine vage Erinnerung" daran haben dürfte, was Rußland einmal war. Dies schließe die systematische finanzielle Förderung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und die gezielte Vergabe von Studienstipendien ein, mit deren Hilfe junge Leute in den USA „mit den Werten der Demokratie" vertraut gemacht werden sollten. Der Westen müsse ein Umfeld schaffen, das „jeden russischen Versuch, die geopolitische Uhr zurückzustellen, entmutigt" und Illusionen und Nostalgie über den früheren Supermachtstatus verhindere. Zusammen mit Europa sollten die USA Rußland gegenüber klar machen, daß die einzige Chance für die Zukunft eine Mitgliedschaft in der EU und NATO sein wird. Zukünftige NATO-Beitritte dürften nicht von einer Zustimmung Rußlands abhängig gemacht werden, erklärt Brzezinski kategorisch. „Viele europäische Länder — vor allem die baltischen Staaten — wollen und haben das Recht, Teil der EU und NATO zu sein." Der nächste Präsident der USA sollte deshalb, so rät Brzezinski, die Verbündeten drängen, die Aufnahme jedes demokratischen europäischen Staates, der die Kriterien für eine NATO-Mitgliedschaft erfülle, noch vor dem Jahr 2002 voranzutreiben. Brzezinski entwirft die Vision eines von Vancouver bis Wladiwostok reichenden Sicherheitssystems, wobei neben der OSZE-Struktur die „NATO eines Tages Kerneiement eines transkontinentalen Sicherheitssystems werden" könne. „Somit könnte sich eine geostrategische Lage herausbilden, in der die russische Elite selbst erkennt, daß Rußlands einzige Option die beste Option ist: nämlich wahrhaft demokratisch und ein postimperialer Staat zu werden, der bereit ist, sich in die transatlantische Gemeinschaft,einbinden' zu lassen." .Leben mit China" Hatte Brzezinski in seinem Buch Die einzige Weltmacht erklärt, daß die USA in Zukunft China als „fernöstlichen Anker" aufbauen sollten, dessen Macht mit Hilfe des amerikanisch-japanischen Militärbündnisses eingedämmt werden solle, so betont er in dem im Frühjahr 2001 in der Zeitschrift National Interest erschienenen Aufsatz „Leben mit China," daß die „eurasische Politik heute an die Stelle der europäischen Politik auf der Bühne des Weltgeschehens getreten (ist)." Sei die amerikanische Politik im 20. Jahrhundert von der Europäischen Politik bestimmt gewesen, so seien heute „verschiedene eurasische Mächtekonstellationen wesentlich für die globale Stabilität". Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen würden in diesem Kontext von zentraler Bedeutung werden. Brzezinski sieht sie auf einer Stufe mit den amerikanisch-russischen, amerikanisch- 81 japanischen und amerikanisch-indischen Beziehungen. Das heute militärisch und ideologisch unbedeutende China könne eines Tages jedoch zu dem großen globalen Herausforderer der USA werden. Doch gleichzeitig sagt der Ceopolitiker Brzezinski große Probleme für China voraus. So könne das Land nicht auf Dauer mit dem Widerspruch eines kommunistischen Systems und der freien Marktwirtschaft leben, ohne daß es zu großen innenpolitischen Krisen käme, zumal auch in China bald eine neue Generation die Macht übernehmen werde. Laut Brzezinski werde die Frage der Menschenrechte sehr wichtig; außerdem werde sich das Regime bemühen, die sozioökonomische Kluft zwischen Regi- me und Gesellschaft zu verdecken. Fragen wie Tibet, Falun Gong und die Unterdrückung von Minderheiten könnten spätestens innerhalb einer Dekade zum Zündfunken für eine schwere innenpolitische Krise in China werden. Abschließend rät Brzezinski Washington zu einer geopolitischen Strategie, bei der es alles tun sollte, um China weiter einzudämmen — natürlich unter Beibehaltung der gegenwärtigen (TMD-)Militärstrategie; außerdem solle Washington die Taiwan-Frage vorsichtig behandein und zugleich dafür sorgen, daß China in ein von Japan/China ausgehendes „Eurasisches Sicherheitsbündnis" militärisch, politisch und wirtschaftlich „eingebunden" wird. Amerika als Kulturmodell 1 9 7 2 verfaßte Brzezinski das Buch Between Two Ages: America's Role in the Technotronic Era (Harper Verlag). In diesem Buch legte er die paradigmatische, kulturelle Wende der Informationsgesellschaft dar, die mit der „postindustriellen Revolution", d.h. der Revolution in der Kybernetik, der Kommunikation und der Information eingeleitet worden sei. Mit der „postindustriellen Gesellschaft", so Brzezinski schon damals, werde auch der Nationalstaat, ein Ergebnis der industriellen Revolution, überholt, und es werde die Grundlage für eine neue „globalisierte" Welt gelegt. Im Buch Outofcontrol (1993) beschreibt er die postindustrielle Gesellschaft als eine „hauptsächlich an Pragmatismus, Information, Demokratie und philosophischem Skeptizismus" ausgerichtete Gesellschaft, die politisch und sozial auf einem Zwei-Klassenmodell aufbaue, bei dem sich eine (kleine) Klasse, der es wirtschaftlich relativ gut gehe, psychologisch vom großen Rest der Welt, d.h. dem in relativer Armut lebenden, überwiegenden Teil der Menschheit isoliert. Viele Jahre später stellte Brzezinski in dem erwähnten Buch Die einzige Weltmacht in Analogie zum Römischen Reich die These auf, daß sich der Einfluß Amerikas als globale Ordnungsmacht vor allem auf die Hegemonie der amerikanischen Kultur gründe. Darunter versteht Brzezinski die Beherrschung der weltweiten Kommunikationssysteme durch die USA, die indirekte Einflußnahme auf ausländische Eliten, insbe- sondere aber die weltweite Kontrolle der Unterhaltungsindustrie und Massenkultur durch Amerika: „Amerikas Massenkultur besitzt, besonders für die jugendlichen in aller Welt, eine geradezu magische Anziehungskraft. Ihre Attraktion mag von dem hedonistischen Lebensstil herrühren, den sie entwirft; ihr weltweit großer Anklang ist jedenfalls unbestritten. Amerikanische Fernsehprogramme und Filme decken etwa drei Viertel des Weltmarktes ab. Die amerikanische Pop-Musik ist ein ebenso beherrschendes Phänomen, während Amerikas Marotten, Eßgewohnheiten, ja sogar seine Mode zunehmend imitiert werden." Die InternetSprache sei Englisch, und ein überwältigender Teil des Computer-Schnickschnacks stamme ebenfalls aus den USA und bestimme somit nicht unwesentlich die Inhalte der globalen Kommunikation. Außerdem dränge jährlich eine halbe Million ausländischer Studenten in die USA, „die Absolventen amerikanischer Universitäten sind in den Regierungskabinetten aller Herren Länder vertreten". Trotz aller Bewunderung für die „kulturelle Ausstrahlung" der USA, warnt Brzezinski in diesem Buch, wie auch in dem 1993 geschriebenen Werk Out of Control davor, daß — wie beim Untergang des Römischen Reiches — genau dieser „kulturelle Hedonismus" und die wachsenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme in den USA in der Zukunft den Kollaps dieser „einzigen Weltmacht" USA herbeiführen könnten. Bibliographie Zbigniew Brzezinski: Out of Control. Global Turmoil on the Eve of the 21 st Century, Maximilian Publishing Company, 1 9 9 3 . Zbigniew Brzezinski: Living with China; Living with Europe; Living with Russia, The National Interest, 2000. (Vom CSIS 2001 als Studie unter dem Titel A geostrategic Triad veröffentlicht). Elisabeth Hellenbroich: „Malthusianismus und anglo-amerikani- Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, Holger Fliessbach Europa Verlag, 1999. (Englischer Originaltitel: Clash of civilizations, Simon and Schuster, 1996.) Samuel P. Huntington: The Crisis of Democracy. Report on the Covernability of Democracies to the Trilateral Commission, New York University Press, 1 9 7 5 ; (Chapter III: The United sche Geopolitik", in £/RN/\-Studie C/obalisierung macht krank, Wiesbaden, 2000. States) Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie Sabine Feiner: Weltordnung durch US-Leadership. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 2000. der Vorherrschaft, Beltz Quadriga Verlag, Berlin, 1997. (Titel der Originalausgabe: The Crand Chessboard. American Primacy and it's Ceostrategic Imperatives, Harper Collins Publishers Inc., 1 9 9 7 ) Zbigniew Brzezinski: Came Plan. How to conduct the U.S.-Soviet Contest, The Atlantic Monthly Press, Boston/New York, 1986. Mark Burdman: Samuel Huntington propagiert den Rückfall in die Barbarei in Neue Solidarität, Jg. 24, Nr. 1 9 vom 7.5.1997, und Scott Thompson: Eine „ölige Familie". Die Brzezinskis und das „Große Spiel" im Transkaukasus in Neue Solidarität, Jg. 26, Nr. 41 vom 1 3 . 1 0 . 1 9 9 9 . Siehe auch The „Open Conspirators" Behind Sept. 11 Coup Plot in EIR, 25. Januar, 2002. 82 IV. ORGANISATIONEN UND STIFTUNGEN Die Finanzierung, Propaganda und Regierungsunterwanderung der „Clash of Civilizations"Fraktion läuft im wesentlichen über eine Reihe — in Europa wenig bekannter — Stiftungen und Denkfabriken. Auffällig ist die enge finanzielle und personelle Verzahnung dieser Einrichtungen untereinander. American Enterprise Institute (AEI) Washington, D.C. American Enterprise Institute for Public Policy Research GESCHICHTE UND POLITIK: FINANZIERUNGSQUELLEN: Das 1943 gegründete American Enterprise Institute (AEI) in Washington ist seit Beginn der 90er Jahre Tummelplatz und Brötchengeber der „Neokonservativen", die radikalen Freihandel propagieren und die amerikanische Außenpolitik in geopolitische Konfrontationen zum Aufbau eines „neuen Empire" auf der Grundlage der Globalisierung drängen. Über seine Direktoren, Forscher und Geldgeber ist das AEI eng mit dem Foreign Policy Research Institute (FPRI) verbunden, das von Robert Strausz-Hupe ins Leben gerufen wurde. Zu anderen Gruppierungen, deren Aktivitäten sich mit denen des AEI überlappen, zählen die rechtsextremen Unterstützer der Politik Ariel Schärens, Benjamin Netanjahus und der rechtsgerichteten Kreise des israelischen Militärs. Zu nennen sind hier besonders: das American-Israeli Public Affairs Committee (AIPAC), das Washington Institute on Near Hast Policy (WINEP), das Washingtoner Center for Security Policy (CSP) und das Jewish Institute for National Security Affairs (JINSA). Dieses Netzwerk ist aufgrund seiner Verbindungen zu den israelisch-sowjetischen Spionageoperationen um Jonathan Jay Pollard in den 80er Jahren auch als „X Committee" bekannt. Es hat sich darauf spezialisiert, den amerikanischen Regierungsapparat zu infiltrieren, um die US-Politik zu beeinflussen und Staatsgeheimnisse auszuspionieren. Unter der Reagan-Administration waren viele Mitglieder des X Committees im Verteidigungsministerium und den Nachrichtendiensten tätig, aber unter Präsident Clinton waren sie in diesem Netz von Denkfabriken und Lobbygruppen beschäftigt. Diese Leute sammeln nicht nur Informationen, sie können auch immer wieder erfolgreich britische und israelische Desinformation verbreiten, besonders im US-Kongreß. 2001 traten einige Schlüsselpersonen dieses Kreises in den Dienst der Regierung George W. Bush, wo sie jetzt darauf hinarbeiten, einen weltweiten Religionskrieg gegen den „Islam" vom Zaun zu brechen. Zwischen 1 9 8 8 und 2000 erhielt das AEI Zuwendungen in Höhe von 25 773 583 Dollar von der Bradley Foundation, der Olin Foundation, der Smith Richardson Foundation und den Stiftungen der Familie Scaife. Damit ist das AEI eine außergewöhnlich reiche Denkfabrik im neokonservativen Lager. Mit dieser Kriegskasse unterstützt das AEI wichtige Protagonisten des „Kampfes der Kulturen". WICHTIGE THEMEN: Seit den Anschlägen vom 1 1 . September übt das AEI immer wieder scharfe Kritik an Präsident Bushs Entscheidung, eine internationale Koalition für den Kampf gegen den Terrorismus aufzubauen. Einer der führende Köpfe des AEI, Michael Ledeen, hat US-Außenminister Colin Powell vorgeworfen, er „bringt uns alle um", weil Powell einen Palästinenserstaat befürwortete und einen Krieg gegen den Irak ablehnte. Kernziele des AEI in den letzten zehn Jahren waren und sind: praktisch alle arabischen Staaten zu Gegnern zu machen (wie von der israelischen Rechten gefordert); Saddam Hussein zu stürzen; die Verträge von Oslo zu annullieren; den Iran, Libyen und andere islamische Länder mit Sanktionen zu belegen; keine friedliche Annäherung der USA an China zu versuchen; keine strategische Zusammenarbeit zwischen Rußland, China und den USA zuzulassen; die NATO zu erweitern und außerhalb des Vertragsgebietes einzusetzen; mit dem UN-Sicherheitsrat zu brechen, damit die USA frei von Rücksichtnahmen als „einzige Supermacht" agieren können; ballistische und regionale Raketenabwehrsysteme zu stationieren, um China und Rußland zu provozieren (aber keine Forschung zu Defensivwaffen auf der Grundlage neuer physikalischer Prinzipien zu betreiben, die tatsächlich die USA schützen könnten); Freihandel und Globalisierung durchzusetzen. 1 9 9 6 wurde das AEI zum Mittelpunkt des Vorstoßes 83 für einen neuen Kalten Krieg über die neu gegründete New Atlantic Initiative (NAI), die ähnlich wie die Trilaterale Kommission in den 70er Jahren ein „Aktionsforum" für die von Brzezinski inspirierte Geopolitik sein sollte. Bei der Gründung der NAI erklärte die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher, Rußland habe nie aufgehört, der Feind des Westens zu sein, und das ein neues „Feindbild" wären die „Schurkenstaaten" der islamischen Welt — also fast wörtlich Huntingtons „Kampf der Kulturen". Brzezinski, Huntington sowie Henry Kissinger gehören alle persönlich zur Gründungsgruppe des NAI. WICHTIGE MITARBEITER: in der folgenden Liste sind die wichtigsten Mitarbeiter des AEI und der NAI aufgeführt. Mitarbeiter des AEI sind durch einen Stern hervorgehoben. IAB=lnternational Advisory Board (Internationaler Beirat), EC=Executive Committee (Vorstand) Conrad Black, Präsident der Hollinger Corp.; gründete den „Kongreß von Prag", das Gründungstreffen der NAI 1996, an dem er auch persönlich teilnahm Baronin Margaret Thatcher, Mitinitiatorin der NAI; frühere britische Premierministerin Sir Henry Kissinger, Vorsitzender NAI/IAB Lane Kirkland, stellv. Vorsitzender, NAI/IAB; früherer Präsident des US-Gewerkschaftsdachverbandes AFLCIO; Gründungsmitglied der Trilateralen Kommission George Shultz, Mitinitiator der NAI; früherer USAußenminister (unter Präsident George Bush sen.). Edward Streator, Vorsitzender NAI-EC * Christopher DeMuth, Vorstand NAI-EC; Präsident des American Enterprise Institute John O'Sullivan, Gründungsmitglied der NAI; Vorstand NAI-Exekutivrat; Redakteur der National Review Otto Graf Lambsdorff, Mitglied NAI-EC; europäischer Vorsitzender der Trilateralen Kommission Peter Mandelson, Mitglied NAI-EC, früherer britischer Handels- und Tourismusminister; Vorstandsmitglied der britischen Labour Party. * Jeffrey Gedmin, Executive Director der NAI; AEI. Gerald Frost, Forschungsdirektor NAI-IAB (Großbritannien) * John Bolton, AEI, zeitweise Staatssekretär in der Administration George W. Bush Zbigniew Brzezinski, NAI-IAB Lord Chalfont, (Gwyne Jones, Life Baron 1964), NAI/IAB. OBE, MC, Privy Council (Britischer Kronrat). Nach einer militärischen Laufbahn zwischen 1940-61 wurde Chalfont Militärkorrespondent der Times, ehemaliger Staatsminister im britischen Auswärtigen Amt; früherer Ständiger Vertreter Englands bei der WEU und seit 1 9 6 4 Mitglied des Kronrates. Ende der 70er Jahre nahm er an den Planungen der Israelis bei deren „Terror-gegen-Terror"-Kampagne teil. Edwin j. Feulner, Mitglied von NAI/IAB; Präsident der Heritage Foundation; Präsident der Mont-PelerinGesellschaft; Mitglied des Congressional Policy 84 Advisory Board (USA); Mitglied des Beirates des Center for Security Policy * Newt Gingrich, früherer Präsident des US-Abgeordnetenhauses * Samuel P. Huntington, NAI/IAB; Mitglied der Trilateralen Kommission, Autor der Bücher The Crisis of Democracy und Der Kampf der Kulturen; Demokratieexperte der National Endowment for Democracy (NED) Max Kampelman, NAI/IAB * Jeanne Kirkpatrick, NAI/IAB; frühere amerikanische UN-Botschafterin, wissenschaftliches Mitglied des AEI; Mitglied des Beirates des Center for Security Policy. William Kristol, NAI/IAB; Herausgeber des Weekly Standard (im Besitz von Murdoch), Sohn des zionistischen Neokonservativen und AEI-Fellow Irving Kristol. * Michael Ledeen, NAI/IAB; Jewish Institute for National Security Affairs (JINSA); wissenschaftlicher Mitarbeiter des AEI; Forschungsarbeiten für das Jerusameler Institute for Advanced Strategie and Policy Studies (IASPS); hochrangiger Zuträger israelischer Dienste * Joshua Muravchik, NAI, auch JINSA, CSP, WINEP * Richard Perle, NAI/IAB; Vorstandsmitglied der Hollinger Corp., früherer stellv. US-Verteidigungsminister (wo er sich wegen seines angeblichen harten Antikommunismus „Fürst der Finsternis" nennen ließ); Mitarbeiter des Jerusalemer IASPS; Mitglied des Beirates des Center for Security Policy; Resident Fellow, AEI; American Israel Policy Action Council; NAI, JINSA, WINEP, CSP, bekannt als „Nationaler Sicherheitsberater" des Senatsmehrheitssprechers Trent Lott Daniel Pipes, NAI/IAB; schrieb ein Buch über Verschwörungstheorien, in dem Lyndon LaRouche verleumdet wird; Herausgeber des Middle East Quarterly, fanatischer Unterstützer Ariel Scharons, Sohn des amerikanischen Sowjetexperten Richard Pipes (AEI). Norman Podhoretz, NAI/IAB; Herausgeber des Commentary Magazine und Publizist; führender Neokonservativer; Vater von John Podhoretz, der für die New York Post (Murdoch) arbeitet. Sir Charles Powell, NAI-EC, IAB; Vorstandsmitglied der Jardine Matheson Trading Co., Bruder von Blairs Stabschef Jonathan Powell. Irwin Stelzer, NAI/IAB; führender neokonservativer Mitarbeiter des Zeitungsimperiums von Rupert Murdoch; Berater von Tony Blair; Kolumnist für Murdochs Sunday Times, New York Post und des für seine Clinton-Feindschaft bekannten Weekly Standard; Fellow am AEI Lord Weidenfeld, NAI/IAB Paul Wolfowitz, Seminarleiter am NAI; Dekan an der Paul- Nitze School for Advanced International Studies; stellv. US-Verteidigungsminister; richtete den 25. Jahrestag der Gründung der Trilateralen Kommission aus; entwarf einen Plan zum Sturz Saddam Husseins mit militärischen Mitteln; Mitglied des Congressionai Policy Advisory Board, sowie CSP, JINSA, CPAB, NAI und WINEP. Weitere wichtige Mitarbeiter des AEI: Lawrence Lindsey, radikal freimarktwirtschaftlicher Ökonom, Berater von George W. Bush Charles Murray, Verfasser der Buches The Bell Curve Laurie Mylroie, Adjunct Fellow am AEI, das ihr Buch Revenge veröffentlichte, worin Saddam Hussein Ter- rorangriffe gegen die USA wie der erste Anschlag auf das World Trade Center 1993 angelastet werden Michael Novak, Verfechter neoliberaler Wirtschaftspolitik in katholischen Kreisen James Woolsey, wichtigster Befürworter eines Krieges gegen den Irak in der Öffentlichkeit; JINSA, Defense Policy Board, CSIS. Washington Institute for Near East Policy (WINEP) GESCHICHTE UND POLITIK: Das Washington Institute for Near East Policy (WINEP) ist eine Frontorganisation der berüchtigten Mega-Gruppe und der ultrarechten Vertreter des American Israel Policy Action Council (AIPAC). Bei der Finanzierung der Gründung halfen „Barbi" und Laurence Weinberg, führende Geldgeber von AIPAC, die den Australier Martin Indyk, damals Berater des Britischen Commonwealth bei Israels Ministerpräsident Schamir, überzeugten, zu AIPAC zu wechseln und dann WINEP zu gründen. Das Institut gibt sich als „akademische" und objektive Denkfabrik, strebt aber die Umsetzung der Politik von Ariel Scharon für die Annullierung der Osloer Verträge und Wiedererlangung israelischer Kontrolle über die Palästinensergebiete an. Informierte Washingtoner Insider erklären das Versagen der Regierung Clinton bei den Friedensverhandlungen von Barak und Arafat im August 2000 und später bei den Gesprächen im ägyptischen Taba mit schlichter Sabotage durch zwei WINEP-"Maulwürfe" in der Regierung: Sonderbotschafter Dennis ROSS, heute „Counselor and Distinguished Fellow" bei WINEP, und US-Botschafter in Israel (1999-2001) Martin Indyk, ein Gründer von WINEP. Im September 2000 war Indyk der höchstrangige US-Diplomat, dessen Sicherheitsunbedenklichkeitseinstufung zurückgesetzt wurde. Dies geschah unmittelbar, bevor Ariel Scharon mit mehr als 3000 israelischen Soldaten zum Scharm El Scheich (Felsendom) auf dem Jerusalemer Tempelberg stieg, und es wird vermutet, daß Indyk an der Vorbereitung von Scharons Provokation beteiligt war. Diese Provokation löste eine neue Intifada in den Palästinensergebieten aus, bei deren Bekämpfung durch israelische Soldaten bisher mehr als 800 Demonstranten und Palästinenserführer starben. 2001 bot WINEP 57 Schriften an, fast ein Drittel davon aus der Feder von Daniel Pipes und der ursprünglichen Herausgebergruppe von Pipes Publikation Middle East Quarterly, die vom Foreign Policy Research Institute (FPRI) in Philadelphia, Pennsylvania veröffentlicht wird. WINEPs „Forschungsdirektor" Patrick Clawson kommt ebenfalls vom FPRI und gab von 1981-92 unter dem Patronat von Pipes' Mentor Strausz-Hupe die FPRI-Zeitschrift Orbis heraus. In einer neueren Schrift (Januar 2002) beschwert sich Clawson über die „beschleunigte Wirtschaftshilfe" der Regierung George W. Bush an Ägypten and beschuldigt Präsident Mubarak fälschlich, er habe „Selbstmordanschläge gegen Israel verharmlost". Clawson protestiert auch dagegen, daß Bush einen palästinensischen Staat fordere, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren soll. Der Irak ist ein anderer „Lieblingsfeind" von WINEP, und das schon seit dem Golfkrieg. So schrieb Laurie Mylroie vom FPRI 1 9 9 1 ein Traktat mit dem Titel Die Zukunft des Irak. WINEP publizierte auch Schriften von David Wurmser , der heute am AEI tätig ist und in Zeitungsartikeln die Bombardierung des Irak fordert. Die Zeitschrift Washington Report on Middle East Affairs berichtete in ihrer Juli/August-Ausgabe 1994, das von Pipes und Strausz-Hupe herausgegebene Magazin Middle East Quarterly habe in der Erstausgabe Beiträge von Bernard Lewis, der eigentlich den Begriff vom „Kampf der Kulturen" prägte, und von Indyk, dem Spitzenvertreter von AIPAC und Gründer von WINEP, enthalten. In dem WRMEA-Artlkel heißt es weiter, Lewis' Sohn Michael Lewis leite AlPACs supergeheime „Oppositions-Forschungsabteilung", die Professoren, Autoren und Journalisten mit Material über Nahostexperten versorgt, die ihre Ansichten nicht teilen. Und obwohl WINEP alles versucht, seine „akademische" Fassade aufrecht zu erhalten, überlappen sich seine Aktivitäten inhaltlich mit den extremsten israelischen Fanatikern, bis hin zu Gruppen, die den Tempelberg „in die Luft sprengen" wollen. So veranstaltete die Zionist Organization of America (ZOA) am 6. Februar 2001 ein Seminar im Rayburn House Office Building in Washington, um die Kandidatur Ariel Scharon für das Ant des Ministerpräsidenten zu unterstützen. Das Seminar trug den Titel „Die Wahl in Israe : Implikationen für den Frie- 85 den im Nahen Osten, die Politik der USA und das amerikanische Judentum". Redner waren u.a. Daniel Pipes vom FPRI, Frank Gaffney und Douglas Feith vom Center for Security Policy, Morton Klein von der ZOA und das WINEP-Ehepaar David und Meyrav Wurmser. David Wurmser, der auch am AEI ist, wie auch Meyrav Wurmser, die Executive Director des Middle Hast Media and Research Institute (MEMRI) in Washington ist, gehören zu den vehementesten Propagandisten für einen Krieg gegen den Irak und den Sturz oder die Ermordung von Saddam Hussein. Am 1 8 . September, nur eine Woche nach dem Angriff auf das WTC und das Pentagon, gab Meyrav Wurmser in einem prominenten Gastkommentar in der Washington Times unter der Überschrift „Keine Ausflüchte mehr" die Schuld für die Anschläge den „Schurkenstaaten Irak, Iran, Syrien, Libyen" sowie den Ägyptern und den Palästinensern, die mit institutionellem Antisemitismus und Haß auf Israel und den Westen das Klima für den 1 1 . September geschaffen hätten. Sie attackierte besonders Arafat und die neue Intifada seit September 2000 als Ausgangspunkt für den 1 1 . September und fordert, es müsse gegen diese Regierungen Klage erhoben werden. FINANZIERUNGSQUELLEN: 1 0 5 0 0 0 $ Zuschüsse von der Bradley Foundation, 1991-92. 469 509 $ Zuschüsse von der Smith Richardson Foundation für die Jahre 1996-2000. Außerdem versammeit WINEP von allen „Clash of Civilization"-lnstitutionen in seinem Kuratorium die größte Konzentration an Mitgliedern der Mega-Gruppe. 1999 waren es: Edgar Bronfman, Charles Bronfman, Michael Steinhardt, Marvey Meyerhoff und bis zu seinem Tode Charles Schusterman (Schusterman wurde bei Mega von seiner Frau Lynn ersetzt). 1985 halfen die führenden AlPAC-Spender Barbi und Laurence Weinberg bei der Anschubfinanzierung. Die Weinbergs finanzieren immer noch sehr große Teile der Aktivitäten von WINEP. B Ei RAT: Warren Christopher Lawrence S. Eagleburger, Kissinger Associates Alexander Haig Max M. Kampelman, CSIS, NAI Jeane Kirkpatrick, AEI, NAI Samuel W. Lewis Edward Luttwak, CSIS Michael Mandelbaum Robert McFarlane Martin Peretz, New Republic, Mentor AI Cores Richard Perle, AEI, NAI, JINSA, Defense Policy Board James Röche Eugene V. Rostow, NAi George P. Shultz, NAI Paul Wolfowitz, siehe AEI Mortimer Zuckerman 86 FÜHRENDE MITARBEITER: Robert Satloff, Executive Director Dennis B. ROSS, Counselor, Distinguished Fellow Patrick Clawson Director for Research Laurie Mylroie, gelegentliche politische Analysen Martin Indyk, erster Executive Director Oberst Nitzan Alon, Israeli Defense Forces Joshua Muravchik, Adjunct Scholar Daniel Pipes, Adjunct Scholar Michael Rubin, Adjunct Scholar ASSOZIIERTE INSTITUTIONEN: JINSA: JINSA greift mit anderen Schwerpunkten die gleichen Themen wie das AEI und WINEP auf und konzentriert sich auf die Unterwanderung amerikanischer militärischer und verteidigungspolitischer Institutionen. Wichtige Mitarbeiter: Tom Newmann, Executive Director; Michael Ledeen, Paul Wolfowitz, Jeane Kirkpatrick, Joshua Muravchik und Richard Perle (siehe AEI); Steven Bryen, der in den 70er Jahren der Spionage für Israel überführt wurde; Shoshona Bryen, Communications Director; James Woolsey, ehem. CIA-Direktor, steht AI Göre nahe, war vehement gegen die Regierung Primakow; Yossef Bodansky, fanatischer Zionist und selbsternannter Terrorismusexperte, leitet die House Republican Study Group Terrorism Task Force; Yonah Alexander, Prof. an der George Washington University, Terrorismusexperte, vehement anti-islamisch; Doug Feith, auch bei CSP; Eugene Rostow, auch bei AEI, NAI. AIPAC: Wird von Fortune als zweitmächtigste Lobby in den USA eingestuft. Gegründet Anfang der 50er Jahre, ist es „die führende pro-israelische Lobby Amerikas". AIPAC hat ein praktisch permanentes Austauschprogramm mit der israelischen Regierung und dient als Trainingsbereich und „Abschlußschulung" für Leute, die in den USA eingesetzt werden. Politische Ziele: Ende der 90er Jahre Opposition gegen den russischen Ministerpräsidenten Jewgenij Primakow; Sturz des irakischen Staatschefs Saddam Hussein; Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen den Iran und andere islamische Länder; Opposition gegen die Osloer Verträge und Palästinenserchef Jassir Arafat; Unterstützung verstärkter Militär- und Finanzhilfen an Israel; Beförderung Israels zur führenden Nation in der USPolitik gegen Terrorismus. Führende Mitarbeiter: Neal Sher, ehem. Leiter des Office of Special Investigations (OSI) am US-Justizministerium; Tom Dine, ehem. Executivdirektor; Wolf Blitzer, ehem. AlPAC-Mitarbeiter, heute Korrespondent von CNN am Weißen Haus; Assistant Secretary of State Martin Indyk, ehem. hoher AlPAC-Vertreter und Gründer von WINEP, rekrutiert aus dem Stab von Israelis Ministerpräsident Jitzhak Schamir, nach Tätigkeit beim Australischen Nationalen Sicherheitsrat US-Botschafter in Israel; Dennis ROSS, USSonderbotschafter in Israel. Smith Richardson Foundation, Inc. GESCHICHTE: Gegründet 1 9 3 5 in North Carolina mit Stiftungsstartkapital der Brüder Henry Smith Richardson — Besitzer der Vick Chemical Company (Hustenbonbons, Vapo-Rub) — und Lunsford Richardson. Den organisatorischen Teil übernahm Eugene Stetson jr., Assistant Manager der New Yorker Zweigstelle von Brown Brothers Harriman. In den ersten Jahren bemühte sich die Stiftung dank einer Absprache mit der Steuerbehörde IRS zunächst darum, ihr Vermögen zu erhöhen und ließ ihre Arbeit erst einmal ruhen. H. Smith Richardson hatte die Gründung des America First Committee finanziert, das gegen einen Krieg mit Hitler-Deutschland agitierte. Sein wesentliches Argument dabei war, daß die USA „zusammen mit den Kommunisten" gegen Hitler kämpften. Richardsons Frau war stolz darauf, mit Nancy Langehorne aus Virginia verwandt zu sein, die Lord Astor heiratete und mit ihrem Ehemann von ihrem Besitz Cliveden in England aus die Nazis unterstützte. Die Smith Richardson Foundation (SFR) nahm ihre Arbeit 1 9 5 6 auf und war zunächst die Finanzierungsquelle des Foreign Policy Research Institute. Ende der 50er Jahre vergab die Stiftung mehrere Stipendien an einen damals wenig bekannten Mitarbeiter der Universität Harvard, Dr. Henry Kissinger, womit dieser Seminare für ausländische Führungspolitiker und eine Zeitschrift namens Confluence finanzierte. Die Stiftung gab 1 9 5 9 Zuschüsse für Seminare zu strategischen Fragen für Reserveoffiziere, die vom USMilitär und vom Institute for American Strategy auf der Grundlage eines Curriculums des FPRI, am Naval War College durchgeführt wurden. Vor Propagandaaktivitäten wie diesen hatte Senator J. William Fulbright in seinem berühmten Memorandum vom August 1 9 6 1 gewarnte (siehe das entsprechende Kapitel in diesem Bericht). Während der Iran-Contra-Operationen gehörte die Smith Richardson Foundation zu einem „Lenkungsausschuß privater Spender", der mit dem Nationalen Sicherheitsrat eine Propagandakampagne für diese Operationen koordinierte. Die SRF bezuschußte Dennis King bei dessen Verleumdungsbuch Lyndon LaRouche and the New Ameri- Zbigniew Brzezinski Samuel P. Huntington Fred C. Ikle, Distinguished Scholar, seit 1 9 8 8 CSIS; vorher Staatssekretär im Pentagon (Undersecretary of Defense for Policy); Direktor der Arms Control and Disarmament Agency; Leiter des Social Science Department der RAND Corp. Roderick MacFarquhar, Vorsitzender des Department of Government an der Harvard University; ehem. Direktor des John King Fairbank Center for East Asian Research; ehem. Fellow am RIIA; ehem. Mitglied des britischen Parlaments. General Edward C. Meyer (a.D.), Vorsitzender, Mitretek Systems, Inc.; CSIS Senior Advisory Group on Homeland Defense 4/5/2000; Stabschef der Armee von Juni 1979 bis Juni 1983. Arvid R. Nelson, Kurator (Trustee); im Direktorium von Burns & Burns Associates, Inc. Jane B. Preyer Adele Richardson Ray, Kurator. Lunsford Richardson, Jr., Kurator; Vorstandsvorsitzender der Richardson Corp.; Stellv. Vorstandsvorsitzender der Lexington Global Asset Managers, Inc. Peter L. Richardson, Kuratoriumsvorsitzender und Präsident, Vorsitzender der Mitglieder und Gouverneure des Center for Creative Leadership. Stuart S. Richardson, Kurator, Vorstandsvorsitzender der Lexington Global Asset Managers, Inc.; Mitglied des Center for Creative Leadership. lsabel V. Sawhill, Senior fellow in Economic Studies, Brookings Institution. John B. Shoven, Direktor des Institute for Economic Policy Research an der Universität Stanford. Eugene William Stetson III., Filmproduzent Ben Wattenberg, Senior fellow am AEI; Moderator der Fernsehsendung Think Tank in PBS-TV; Mitgründer der Coalition for a Democratic Majority. Edward F. Zigler, Sterling professor of psychology an der Yale University. Kuratorium: W. Winburne King III., Anwalt bei Adams Kleemeier Hagan Hannah & Fouts; Gouverneur des Center for Creative Leadership. can Fascism (1 989). STAB: VORSTAND (BOARD OF GOUVERNORS): Douglas J. Besharov; Joseph j. und Violet Jacobs Scholar für Sociai Weifare Studies am AEI, Direktor des Social and Individual Responsibility Project, Professor an der University of Maryland School of Public Affairs seit 1 9 9 2 Peter L. Richardson, Vorsitzender. Marin Strmecki, Stellv. Vorsitzender, Programmdirektor, davor außenpolitischer Berater von Richard Nixon; arbeitete für Brzezinski als Forschungsassistent am CSIS; Mitglied des Beirates des Nixon Center (wo Kissinger Ehrenvorsitzender ist). Robert L. Coble, stell v. Präsident von CFO. 87 ROSS F. Hemphill, Schatzmeister. Arvid R. Nelson, Sekretär. GELDZUWENDUNGEN IN DEN LETZTEN JAHREN: (in Dollar) LAUFENDE AKTIVITÄTEN: Central Asia Institute SAIS — von der SRF vorgeschlagen und unterstützt, 1 9 9 6 mit aktiver Beteiligung Brzezinskis gegründet; über 1 , 5 Mio.$ von 1996-2000. Center for Strategie Education, SAIS — Programm für Sicherheitsstudien unter Leitung von Eliot Cohen, von der SRF 1997-2000 mit über 580 000 $ unterstützt. Center for Creative Leadership, Greensboro im USBundesstaat North Carolina — Ausbildungsort für GAund Secret-Service-Agenten sowie für fast alle Personen, die in den US-Streitkräften den Rang eines Generals erreichten; die SRF lieferte 1970 das Startkapital und unterstützte das Zentrum im Jahr 2000 mit mehr als 400 000 $. John M. Olin Institute for Strategie Studies WELCOME TO THE JOHN M. OLIN INSTITUTE FOR STRATEGIC STUDIES HARVARD UNIVERSITY GESCHICHTE: Gegründet am 1 . Juli 1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer, mit Hilfe eines auf vier Jahre befristeten Zuschusses der Olin Foundation von 1,39 Mio. Dollar. Das Institut hat vor allem die Aufgabe, „eine führende Rolle beim Erkennen nationaler Sicherheitsherausforderungen für die USA zu spielen", und wurde von Samuel Huntington von seiner Gründung bis zum Januar 2000 geleitet. Das Institut ist eine „selbständige Einheit" zur „Institutionalisierung und Erweiterung" des Studienprogramms „Nationale Sicherheit" des (jetzt Weatherhead) Center for International Affairs in Harvard, das seit 1 9 7 8 von Huntington geleitet wurde und zu dessen Beirat 1999-2000 auch Brzezinski gehörte. Kissinger war der erste Vizedirektor des 1958 von Robert R. Bowie gegründeten Center. Huntingtons Artikel in Foreign Affairs von 1 9 9 3 „The Clash of Civilizations" ging auf ein Vorhaben des OlinInstituts Anfang der 90er Jahre mit dem Titel „Die sich ändernde Sicherheitslage und die amerikanischen Nationalinteressen" zurück, das von der Smith Richardson Foundation finanziert wurde. Das Projekt beschäftigte sich auch mit dem Trend zu Kleinkriegen und der „Revolution im Militärwesen" sowie den Implikationen des wirtschaftlichen „Mächtegleichgewichts" für die zukünftige US-Außenwirtschaftspolitik. Das Institut unterhielt von 1 9 9 4 bis 1 9 9 7 ein Zweigbüro in Mexiko, das eine Konferenz zur NATO-Erweiterung und eine Vortragsreihe in der US-Botschaft zum Thema „Clash of Civilizations" anläßlich von Huntingtons Mexiko-Besuch im Mai 1 9 9 7 veranstaltete. Ein Projekt über die Rolle des amerikanischen Militärs und das Wesen der zivil-militärischen Beziehungen wurde 1995-97 von der Smith Richardson Foundation finanziert. Seminare über die amerikanischen nationalen Interessen nach dem Kalten Krieg, einschließlich des Einsatzes 88 des US-Militärs im Ausland und der Globalisierung, wurden 1998-2000 von Steve Forbes finanziert. Ein vom Office of Net Assessment gefördertes Projekt über Sicherheitsfragen in Ostasien mit Schwerpunkt auf China und langfristiger regionaler strategischer Konkurrenz wurde 1999 abgeschlossen. In diesem Rahmen fand im April 1 9 9 7 eine Konferenz im Naval War College statt. Huntingtons Studie über Veränderungen der amerikanischen Nationalidentität und deren Auswirkungen für die amerikanische Rolle in der Welt wurde von 1999 bis 2001 von der Smith Richardson- und der Bradley-Stiftung unterstützt. LEHRKÖRPER: Samuel P. Huntington — Albert J. Weatherhead III University Professor, Direktor des WCFIA, Vorsitzender der Harvard Academy for International and Area Studies des WCFIA. Rücktritt als Direktor des Olin Institute im Januar 2000. Alastair lain Johnston — Laine Professor of China in World Affairs. Gastdozent am Stanford Center for International Security and Cooperation im Herbst 1999. Er war Mitglied von CFR Study Groups und des IISS. Stephen Peter Rosen — Direktor seit Januar 2000, zuvor stellvertretender Direktor. Beton Michael Kaneb Professor of National Security and Military Affairs. Er war als Zivilist Assistent des Direktors für Net Assessment im Verteidigungsministerium; Direktor für politisch-militärische Angelegenheiten des NSC-Stabes; Professor am Strategy Department, Naval War College. Kodirektor einer Sommerstudie des Verteidigungsministeriums im Juli-August 2000, in der alternative amerikanische Strategien für Asien entwickelt wurden. Monica Duffy Toft — stellvertretende Direktorin; Assi- stenzprofessorin für Public Policy an der Kennedy School of Government. Sie war Forschungspraktikantin bei der RAND Corporation. Stephen M. Walt — Robert and Renee Belfer Professor of International Affairs an der Kennedy School of Government. Zuvor Politologe an der University of Chicago. Er erhielt ein Smith Richardson Foundation Stipendium. Redaktionsmitglied von Foreign Policy. MITARBEITER: Eliot Cohen — Direktor des Center for Strategie Education an der Paul H. Nitze School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University; Mitglied im Project for the New American Century; ein Wolfowitz-Protege. Michael Desch, stellvertretender Direktor und leitender Forschungsassistent am Olin Institute von September 1993 bis August 1998; Assistenzprofessor und stellvertretender Direktor an der Patterson School of Diplomacy and International Commerce der University of Kentucky. Richard Wilcox — seit Februar 2000 Olin-Stipendiat beim National Security Council, verantwortlich für die U.S. Peacekeeping Reform Agenda. FINANZIERUNGSQUELLEN: Olin Foundation — stellte die Cründungsgelder zur Ein- richtung des Instituts zur Verfügung; bestreitet die laufenden Kosten; über 5,6 Millionen Dollar von 1 9 8 9 bis 2000. Smith Richardson Foundation — finanziert Forschungsprojekte. Bradley Foundation — finanziert Stipendien; hat Forschungsprojekte finanziert. Office of Net Assessment, Verteidigungsministerium — finanziert Forschungsprojekte. Steve Forbes — hat Seminare finanziert. LAUFENDE AKTIVITÄTEN: Samuel Huntingtons Buch von 1 9 9 6 The Clash of Civilizations wird in 25 Sprachen übersetzt. Ein Austauschprogramm mit der Parteischule des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, eine Weiterentwicklung des vom Verteidigungsministerium unterstützten Projekts über Sicherheit in Asien. Eine Studie über militärische und strategische Planung in Perioden zwischen Kriegen, unterstützt von Verteidigungsministerium und WCFIA. Ein Workshop über politische Gewalt und Friedenssicherung. Ein mehrjähriges Projekt über die biologischen Grundlagen kognitiver Funktionen, gefördert von der Smith Richardson Foundation und dem Office of Net Assessment. 89 V. HISTORISCHER HINTERGRUND Die Geschichte der „Clash of Civilizations"-Fraktion beginnt mit den Plänen britischer Imperialisten zu Anfang des 20. Jahrhunderts, ihr marodes Empire zu retten und eine malthusianische „Weltregierung" zu schaffen, die sich auf den Terror der Atombombe stützt. In der Nachkriegszeit warnten die US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower und John F. Kennedy vor der Gefahr einer extremistischen Fraktion im amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparat. H.G. Wells und die britische Geopolitik VON MURIEL MlRAK-WEISSBACH D ie heutigen Propagandisten des „Kriegs der Kulturen", der mit dem Putschversuch vom 1 1 . September ausgelöst werden sollte, sind bekannt: William Yandell Elliott, Samuel Huntington, Zbigniew Brzezinski, Henry Kissinger, Robert Strausz-Hupe und andere. Weniger bekannt ist, daß die geistigen Ahnen dieser geopolitischen Strategen aus Großbritannien kamen, aus den Kreisen um den sog. Coefficients Club und später den Round Table. Diese oligarchischen Gremien hatten sich zum Ziel gesetzt, Möglichkeiten zu finden, das britische Empire vor dem Zerfall zu bewahren, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts abzeichnete. Ihre amerikanischen Ableger versuchen heute, in Panik angesichts des zerbrechenden globalen Finanzsystems, die gleichen Lehren anzuwenden, um den Zusammenbruch der amerikanischen Vorherrschaft zu verhindern und die Welt unter eine universalfaschistische „neue Weltordnung" zu zwingen. Der Coefficients Club traf sich ab 1902 monatlich im Londoner St. Ermin's Hotel. Zu den Mitgliedern gehörten die beiden Begründer der Geopolitik Lord Alfred Milner und Haiford Mackinder, Sir Edward Grey, R.B. Haldane und Lord Robert Cecil — alle Mitglieder der liberalen Regierung während des Ersten Weltkriegs —, Bertrand Russell, der später die Entwicklung der Atombombe als Mittel zur Unterwerfung der Nationen unter eine Weltordnung begrüßte, die „sozialistischen" Begründer der Fabian Society Beatrice und Sydney Webb, sowie allen voran Herbert George Wells oder H.G. Wells — der Mann, der die „Offene Verschwörung" zur Weltherrschaft formulierte. Die meisten „Koeffizienten" wurden später Mitglieder des Round Tabie, der auch als „Clivedon Set" bekannt war. William Yandell Elliott, der spätere Lehrer Kissingers, Brzezinskis und Huntingtons, wurde von seinem Tutor in Oxford, A.D. Lindsay, in den Round Table eingeführt. Im Laufe der Zeit brütete dieser „Runde Tisch" die einflußreichsten Denkfabriken Englands aus, darunter das Royal Institute for International Affairs (RllA) und auch dessen amerikanischen Ableger, den Council on Foreign Relations (CFR), aus dem heraus die heutigen Geopolitiker wie Brzezinski und Huntington operieren. Es eab unter den Coefficients zwar unterschiedliche 90 H.G. Wells Auffassungen über die einzusetzenden Methoden, aber in ihrem zentralen Ziel waren sie sich einig: die Errichtung einer diktatorischen Weltregierung unter Kontrolle der britischen Oligarchie. Dazu sollten Elemente der amerikanischen Elite einverleibt und indoktriniert werden, die vor allem militärische und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen sollten. 1 Des weiteren wollte man die Großmächte des eurasischen Kontinents, insbesondere Rußland, Deutschland und Frankreich, in einem „Mächtegleichgewicht" gegeneinander ausspielen, um die britische Herrschaft zu erhalten. Es war dieser Kreis, der die Pläne für die beiden geopolitischen Weltkriege ausheckte. Das Ziel der Weltdiktatur Der wichtigste Ideologe der Gruppe war zweifellos H.G. Wells.2 In zahllosen Büchern und Artikeln porträtierte Wells den neuen Universalfaschismus, dessen Grundidee es war, die Welt als einen Weltstaat (nach dem Vorbild des Empire) zu organisieren, der von der anglo-amerikanischen Elite zentral über ein sog. „Weltdirektorat" regiert würde. Diese diktatorische Schaltstelle hätte weltweit die Kontrolle über die Rohstoffe, die Produktionsstätten, Kreditvergabe, Handel und Güterverteilung. Zusätzlich würde sie mittels Geburtenkontrolle, Eugenik und Sterilisierung eine rücksichtslose Bevölkerungskontrolle ausüben. Der Weltstaat entstehe, sobald aller „Nationalismus", d.h. alle Nationalstaaten — falls notwendig durch Krieg — zerstört seien. Deshalb müsse das Weltdirektorat über militärische Mittel, einschließlich Massenvernichtungswaffen, verfügen. Wells behauptete, mit dem Weltstaat könne man einen „ewigen Frieden" erreichen: „Die Verwirklichung dieser Neuordnung hat Verschiedenes zur Voraussetzung. Für jeden klar denkenden Menschen steht fest, daß der Unsinn eines immer vernichtenderen Krieges nicht aus der Welt geschafft werden kann, solange die Völker nicht einer allgemeinen politischen Kontrolle unterstellt und solange gewisse durch das Anwachsen der Bevölkerung, durch wirtschaftliche Konkurrenz und gesteigerte Ansprüche hervorgerufene Ursachen nicht beseitigt werden. Will man das unbestrittene Übel des Krieges vermeiden, will man jenen Grad von Wohlstand und Kraft erreichen, der uns jetzt vorschwebt, so muß eine wirksame Weltkontrolle nicht nur der Rüstungen, sondern auch der Produktion und des Warenmarktes, der Völkerbewegung und der Bevölkerungszunahme einsetzen. Es ist unsinnig, anders als auf der Grundlage einer solchen Kontrolle von Frieden und weltumfassendem Fortschritt zu träumen." Ein Kernpunkt in Wells' utopischer Vision ist seine fanatische malthusianische Vorstellung einer weltweiten Bevölkerungskontrolle, um — wie er und Julian Huxley sagten — den „Vermehrungssturm" der Menschheit aufzuhalten. Wells studierte drei Jahre lang bei Julians Großvater Thomas Huxley. Dieser hatte eng mit Charles Darwin zusammengearbeitet und ihn bewegt, seine Evolutionstheorie aufzuschreiben. Darwin, Huxley und Wells waren sich darin einig, daß der Mensch nur ein höheres Tier sei, dessen Überlebensfähigkeit von seiner Fähigkeit zur Anpassung an die Umwelt abhänge. Dazu müsse man die „Kardinalfrage der Bevölkerungsdichte" lösen: „Nur durch kluge Beeinflussung der Bevölkerungszahl vermag der Mensch sich außerhalb des Existenzkampfes zu stellen, der bisher für die Abwandlung der Arten bestimmend war. Eine andere Möglichkeit, diesen Kämpfen zu entgehen, gibt es für ihn nicht." Wells war Vizepräsident der 1 9 2 1 entstandenen „Gesellschaft für konstruktive Geburtenkontrolle". Deren Präsidentin Marie Stopes sympathisierte mit der 1908 von Darwins Vetter Francis Galton gegründeten „Eugenikgesellschaft", die eine menschliche Superrasse züchten wollte. Geburtenkontrolle und Sterilisation der Schwachen und Armen waren fester Bestandteil im Programm von Stopes und Wells. Dies bezog sich ganz besonders auf die damaligen Kolonialgebiete, wo Wells „eine erschreckende Zunahme der geringwertigen Bevölkerung, von Leuten, die körperlich und geistig unterwertig sind", festgestellt hatte. Wie sollte die universalfaschistische Ordnung geschaffen werden? Wells schlug zwei Vorgehensweisen vor, die sich gegenseitig ergänzen sollten: einerseits Überredungskunst, andererseits der psychologische Terror eines menschheitsbedrohenden Krieges. 1 9 0 1 verwendete Wells in seinem Buch Antizipierungen der Wirkung des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts auf das menschliche Leben und Denken zum ersten Mal den Begriff „Offene Verschwörung". Das Ziel der Verschwörung ist die Errichtung eines „Weltstaats mit einheitlicher Sprache und einheitlicher Herrschaft", den er die „Neue Republik" nannte. „Ich glaube, die Offene Verschwörung wird zunächst als eine bewußte Organisation intelligenter und wahrscheinlich in einigen Fällen reicher Männer erscheinen, als eine Bewegung mit ausgeprägten sozialen und politischen Zielen, die zugestandenermaßen den größten Teil des bestehenden Apparates der politischen Kontrolle ignoriert, oder ihn als beiläufiges Werkzeug zur Erreichung dieser Ziele nutzt. In den frühen Phasen wird sie sehr lose organisiert sein, eine bloße Bewegung einer Anzahl von Leuten in eine gewisse Richtung, die alsbald mit einer gewissen Überraschung das gemeinsame Ziel, auf das sie sich hin bewegen, herausfinden werden." Wells charakterisiert die Offene Verschwörung als ein fließendes System von Konzernen, Universitäten und militärischen Diensten, die sich wie ein Staat verhalten, „eine Art offener Geheimgesellschaft... eine zwanglose und offene Freimaurerei. Auf allen erdenklichen Wegen werden sie den Apparat der vorgeblichen Regierung beeinflussen und kontrollieren." Das angestrebte Atommonopo! Die zweite Methode beschreibt er in der Novelle Befreite Welt aus dem Jahr 1 9 1 4 , einem fiktiven Bericht über den Einsatz der Atomkraft. Zunächst wird die Entdeckung der Kernspaltung als großer wissenschaftlicher Durchbruch mit unbegrenzten Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt. Dann aber führt die Entwicklung der Kernenergie im weiteren Verlauf der Geschichte zum Zusammenbruch der Kohle-, Stahl- und Ölindustrie. Daraus resultieren soziale Unruhen, Streiks und schließlich im Jahr 1 9 5 6 ein Weltkrieg, bei dem die Atombombe eingesetzt wird: „Und nun, unter dem Schock der Atombomben, waren große Teile der Bevölkerung, die sich bisher in ungeheuren schmutzigen Städten zusammengedrängt hatten, entwurzelt und strömten mit 91 katastrophalen Auswirkungen in die ländliche Umgebung. Es war, als hätte eine grausame Macht schließlich die Geduld mit der menschlichen Unvernunft verloren und mit Bedacht die Welt erschüttert, um die Bevölkerung zweckmäßiger zu verteilen. Die ausgedehnten Industriezonen und großen Städte, die von Bomben verschont geblieben waren, hatten durch den völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch mit ähnlichen großen Schwierigkeiten zu kämpfen wie die zerstörten Gebiete, und die ländlichen Gegenden wurden durch Horden umherziehender zügelloser Fremder in Unruhe versetzt. In manchen Teilen der Welt herrschten Hungersnöte, und vielerorts wüteten Seuchen ... Die Ebenen Nordindiens, wo gewalttätige Patrioten die Eisenbahnen und großen Bewässerungssysteme zerstört hatten, von denen das Wohl des Landes in immer stärkerem Maß abhängig geworden war, litten besonders große Not. Ganze Ortschaften waren wie ausgestorben, niemand kümmerte sich darum, und selbst die Tiger und Panther, die die wenigen Überlebenden anfielen, schleppten sich, von Krankheit geschwächt, in den Dschungel zurück, um dort zu sterben. Große Gebiete Chinas wurden von räuberischen Banden terrorisiert." Wie auch Bertrand Russell betont hat, wäre der Schock einer solchen Katastrophe, wie der Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki, so groß, daß Nationen aus Furcht ihre Souveränität und Unabhängigkeit aufgeben und einem Weltdirektorat ausliefern würden: „Die Atomkatastrophe, die die Menschen aus den Städten, aus ihrem Geschäftsleben und ihren ökonomischen Beziehungen vertrieb, erschütterte auch die überkommene Denkweise und die unreflektierten Überzeugungen und Vorurteile, die sie von ihren Vorfahren übernommen hatten. Um einen Ausdruck aus der alten Chemie zu gebrauchen, die Menschen wurden in den Entstehungszustand versetzt; sie wurden von alten Bindungen befreit und waren auf Gedeih und Verderb zu einer neuen Gesellschaftsbildung bereit." Wells war sich darüber bewußt, daß es Widerstand gegen die Offene Verschwörung geben würde, insbesondere aus den Industrienationen Westeuropas und Amerikas, die auf dem völlig entgegengesetzten christlichen Menschenbild gründeten. Die Offene Verschwörung mußte also vorbereitet werden: „Da nun einmal in der heutigen Welt Armeen bereitstehen, um gewalttätig vorzugehen, so muß die Offene Verschwörung in sich hinreichende Möglichkeiten bereithalten, militärischer Gewalt zu trotzen und Armeen, die sich ihr in den Weg stellen, zu bekämpfen und zu vernichten." Und weiter: „Die Offene Verschwörung wird durch ihre eigenen Organisationen oder unter Zuhilfenahme von Polizei- und Militärgewalt der ihren Ideen zugänglichen Staaten für freien Verkehr, Aufhebung der Gren- 92 zen, für Redefreiheit und Aufrechterhaltung des Friedens in unterdrückten Landstrichen kämpfen müssen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Offene Verschwörung, die auf dem Prinzip der Verneinung eines jeglichen Nationalismus beruht, schädliche und halsstarrige Staatswesen nur darum schonen sollte, weil gerade sie auf ihrem Fleckchen Erde das Prinzip des Nationalismus aufrecht erhalten wollen." Wells stellte sich auch einen Zusammenprall der Kulturen vor, falls Entwicklungsländer sich der Offenen Verschwörung widersetzten. Deren Widerstand würde sich aber nicht gegen die neue Ordnung an sich richten, sondern gegen die Industrieländer, die als die Vorkämpfer der neuen Diktatur gesehen würden. Er schrieb: „Zum Teil werden sich diese kritischen Widerstände der verfallenden Gemeinwesen außerhalb der atlantischkapitalistischen Sphäre nicht so sehr gegen die sich entwickelnden Methoden der kommenden Weltgemeinschaft richten, als viel mehr gegen die westlichen Traditionen und Vorbehalte, die sich hemmend über sie gelagert haben, und insoweit kann der Zusammenprall des Ostens und des Westens den Zielen der Offenen Verschwörung sogar förderlich sein. Über dem Kampf der alten Traditionen und der daraus erwachsenden heillosen Verwirrung vermag es sehr wohl zu einer schnellen Annahme der auf die Offene Verschwörung abzielenden Ideenverbinduneen kommen." Das Sechs-Punkte-Programm Wells faßte sein Credo, das er ausdrücklich seine „neue Religion" nannte, in sechs Punkten zusammen: „ 1 . Wir stehen unerschütterlich auf dem Standpunkte, daß jede bestehende Regierung und unsere Zustimmung zu ihr nur provisorischen Charakters ist — und handeln danach. 2. Wir sind entschlossen, mit allen verfügbaren Mitteln die Konflikte zwischen diesen Regierungen, ihren Mißbrauch von Menschen und Eigentum zu militärischen Zwecken und ihren Widerstand gegen die Errichtung eines Weltwirtschaftssystems auf ein Minimum herunterzudrücken. 3. Wir verlangen die Übereignung des privaten, kommunalen oder staatlichen Eigentums, zumindest in den Fällen des Kredit- und Transportwesens wie auch der Massengüterproduktion an ein der Allgemeinheit verantwortliches Weltdirektoriat, das nur die allgemeinen Ziele der Menschheit im Auge haben darf. 4. Wir bestehen auf praktischer Anerkennung der Notwendigkeit, biologische Fragen, wie die der Bevölkerungsdichte und der Volksgesundheit, einer Weltkontrolle zu unterwerfen. 5. Mit Gültigkeit für die ganze Welt muß dem Individuum ein Minimum an Freiheit und Wohlstand gewährleistet werden. Und: 6. Als oberste Pflicht gilt der Einsatz des persönlichen Daseins für die Ziele der Errichtung eines Weltdirektoriats, das zur Durchführung dieser Aufgaben und zur allgemeinen Förderung menschlichen Wissens, Können und Vermögens fähig ist." ihnen, falls sie es wünschen, den Krieg auf immer zu beenden... Das British Empire, sagte ich, und nichts anderes hat der Vorbote eines solchen Weltstaates zu sein." Bertrand Russell schrieb an Wells, nachdem er Die Offene Verschwörung gelesen hatte: „Ich kenne nichts, mit dem ich mehr einig wäre." Zweifellos würden sich heute Samuel Huntington, Zbigniew Brzezinski, Henry Kissinger und andere dem voll und ganz anschließen. Wells läßt keinen Zweifel daran, daß die Errichtung eines Weltstaates mit aller Macht durchgesetzt werden müsse, wenn nötig auch durch einen großen Krieg. In seiner Autobiographie schreibt er: „Der Friede wird aufrechterhalten werden — gewaltsam. Für Generationen. Den Unterschied, den die Leute zwischen moralischer und physischer Gewalt machen, ist unzulänglich und ungesund. Das Leben ist ein Konflikt, und der einzige Weg zu universalem Frieden kann nur über die Niederwerfung und Zerstörung jeder unterlegenen Macht erreicht werden... Fünf oder sechs Länder höchstens sind in der Lage, einen modernen Krieg zu führen, und es bedarf nur einer intelligenten Abmachung unter Verwendete Schriften von H.G. Wells The Way the World is Going — Cuesses and Forecasts of the Anmerkungen 1 . Lord Cecil Rhodes schrieb 1 8 7 7 in seinem Testament die Idee fest, auf der Grundlage des britischen Empire ein Weltreich zu gründen. Lord Alfred Milner, Hochkommissar in Südafri- ka und Mitglied des Round Table, war Verwalter des CecilRhodes-Trusts. Rhodes hatte verfügt, „einen Trust zu gründen für die Errichtung, Förderung und Entwicklung einer Geheimgesellschaft, deren wahres Ziel und wahrer Zweck die Ausdehnung der britischen Herrschaft über die ganze Welt ist... die Besetzung des gesamten afrikanischen Kontinents, des Heiligen Landes, des Euphrat-Tals, der Inseln Zypern und Candia [römischer Name der Insel Kreta], von ganz Südamerika, der Inseln im Pazifischen Ozean, soweit sie noch nicht in britischem Besitz sind, des gesamten Malayischen Archipels, der Küsten Chinas und Japans durch britische Siedler und endlich die Rückeroberung der Vereinigten Staaten von Amerika als integraler Bestandteil des britischen Empire. Die Konsolidierung des gesamten Empire ... die Grundlegung einer derartig großen Macht, die Kriege unmöglich macht und die besten Interessen der Menschheit fördert." 2. Die Materialsammlung für dieses Kapitel besorgte Stephan Marienfeld. Years ahead. Doubleday, Doran, New York 1 9 2 9 . Die in diesem Buch veröffentlichten Aufsätze erschienen vierzehntägig im New Yorker Times Magazine 1 9 2 7 unter der allgemeinen Überschrift „The Way the World is Going". Befreite Welt Experiment in Autobiography, New York, Macmillan Co, 1 9 3 4 . The Outlook for Homo Sapiens (1942) An amalgamation and modernisation of two books. The Fate of Homo Sapiens (1939), and The New World Order (1940). Die Offene Verschwörung, Paul Zsolnay Verlag GmbH, Berlin, Wien, Leipzig 1928. The Work, Wealth and Happiness of Mankind, 1 9 3 2 . 93 Die tiefere Bedeutung des Fulbright-Memorandums VON EDWARD SPANNAUS S echs Monate nach dem Amtsantritt der neuen Regierung unter Präsident John F. Kennedy warnte der Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses, Senator J. William Fulbright aus Arkansas, vor der Gefahr einer Revolte rechtsextremer Offiziere gegen die Regierung. Obwohl Fulbright selbst nicht das Wort „Putsch" verwendete, taten dies andere — unter anderem einige, die sich offenbar getroffen fühlten und dementierten, einen solchen Putsch zu planen. Hintergrund des „Fulbright-Memorandums"1 vom Juli 1 9 6 1 war die Entlassung von Generalmajor Edwin Walker im April 1 9 6 1 , der seine Truppen in Augsburg (Deutschland) mit Propagandamaterial der John-BirchGesellschaft indoktrinierte. Dies war jedoch nur der berüchtigtste Fall recht ausgedehnter politischer Umtriebe amerikanischer Offiziere, wozu auch die Zusammenarbeit von Militärs mit Frank Barnett von der H. Smith-Richardson-Stiftung, mit Robert StrauszHupes damals in der Universität von Pennsylvania angesiedeltem Außenpolitischen Forschungsinstitut (FPRI) und dem Institut für Amerikanische Strategie (IAS) zählte. Aber der eigentliche Kontext — und es ist sicher, daß Fulbright dies nicht alles wußte — war ( 1 ) der außergewöhnliche und weitgehend geheime Aufbau von Sondereinsatz-Kapazitäten und -Operationen in den letzten Monaten der Regierung Eisenhower und (2) Eisenhowers eigene Warnungen vor der Gefahr, die „unseren Freiheiten und dem demokratischen Prozeß" durch den wachsenden Einfluß des „militärisch-industriellen Komplexes" drohe, nachdem Eisenhower acht Jahre lang einen harten Kampf gegen seine eigenen Militärchefs geführt hatte. Nur wenige Monate nach Fulbrights Warnung begannen im Pentagon geheime Planungen für die „Operation Mongoose" — den Sturz (oder die Ermordung) Fidel Castros, wozu schon bald Pläne gehörten, die Regierung Kennedy durch Terrorakte in einen Krieg gegen Kuba zu treiben. Aus dieser Operation von Pentagon und CIA, in deren Mittelpunkt kubanische Exilanten standen, führen viele Spuren in die komplexe Operation, die im November 1963 zur Ermordung von Präsident J.F. Kennedy selbst führte. Das Fulbright-Memorandum Das Fulbright-Memorandum wurde im Juli 1 9 6 1 als persönliche Mitteilung aus dem Senat an den damaligen Verteidigungsminister Robert McNamara verfaßt.2 Das Memorandum hatte den Titel „Propaganda-Aktivitäten militärischen Personals gegenüber der Öffentlichkeit" und begann mit der Bemerkung, seit einer Direktive des Nationalen Sicherheitsrates von 1 9 5 8 sei es in den Vereinigten Staaten durchaus üblich, „militärisches Personal und Einrichtungen zu nutzen, um die Öffentlichkeit gegen die Gefahr des Kalten Krieges zu wappnen". Fulbright berichtete, private Organisationen hätten allerdings Material vorbereitet, das dann vom Militär verteilt wurde, dessen Inhalt der Politik des Präsidenten zuwiderlaufe. Bei den Programmen, die aufgrund der Direktive von 1 9 5 8 durchgeführt würden, seien „extrem rechtsradikale Referenten und/oder Materialien benutzt worden, mit dem wahrscheinlichen Ergebnis, daß die Außen- und Innenpolitik der Regierung in den Augen der Öffentlichkeit verdammenswert" erscheine. Fulbright spielte dann folgendermaßen auf einen Militärputsch an: „Es ist vielleicht weit hergeholt, die Revolte französischer Generale als Beispiel für die letztendliche Gefahr anzuführen. Trotzdem haben militärische Offiziere — Franzosen wie Amerikaner — ein gemeinsames Charakteristikum, das sich aus ihrem Beruf ergibt, und weltweit haben zahlreiche Militärs ,den Finger am Abzug'. Diese Gefahr mag vielleicht 94 sehr klein erscheinen, der amerikanischen Tradition und sogar der amerikanischen Militärtradition widersprechen — aber sie gilt auch für den ,langen Kampf im Halbdunkel' [womit er sich auf Kennedys Charakterisierung des Kalten Kriegs als Konflikt bezog, der möglicherweise ,nicht in unserer Lebenszeit beigelegt werden' könne] und für die Existenz eines amerikanischen Militärprogramms zur Unterrichtung der Öffentlichkeit."3 Fulbright forderte eine Überprüfung der Mission und der Operationen der Nationalen Kriegsschule — ob sie den Vereinigten Generalstabschefs (JCS) unterstellt bleiben solle — und riet auch dringend, die Beziehungen zwischen dem Außenpolitischen Forschungsinstitut (FPRI), dem Institut für Amerikanische Strategie (IAS), der Richardson-Stiftung, dem National War College und den Vereinigten Generalstabschefs zu überprüfen — „von dem Standpunkt, ob diese Beziehungen nicht auf eine offizielle Unterstützung einer Sichtweise hinauslaufen, die der der Regierung widerspricht". Fulbright verwies auf elf Beispiele zweifelhafter Bildungs- und Propagandaaktivitäten, an denen Militärpersonal beteiligt war. Dazu gehörten: — die in Fort Smith und Little Rock (Arkansas) abgehaltene Konferenz „Strategie zum Überleben", bei der George S. Benson und andere Redner des Harding-Coiiege in Searcy (Arkansas) den Ton angaben. (Der Predi- ger Benson, einer der Führer der „Kirche Gottes", aus der u.a. auch Kenneth Starr hervorging, hatte Verbindungen zum britischen Geheimdienst.) Das HardingCollege produzierte den weitverbreiteten Film Kommunismus auf der Landkarte, der Frankiin Roosevelt (weil er die Sowjetunion anerkannt habe) und General George C. Marshall (weil er die kommunistische Übernahme Chinas zugelassen habe) für die Ausbreitung des Kommunismus verantwortlich machte. — Ein Seminar über „Kriegsführung in der vierten Dimension" in Pittsburgh, an dem prominente Redner des 1AS teilnahmen, die behaupteten, die Außenpolitik der USA seit dem Zweiten Weltkrieg habe den Sowjets in die Hände gespielt, und einige von Kennedys Beratern hätten „Philosophien hinsichtlich außenpolitischer Angelegenheiten, daß es dem Durchschnittsamerikaner kalt den Rücken hinunterläuft". — Weitere Konferenzen und Seminare, die für den Film Operation Abolition (der McCarthys Ausschuß für Unamerikanische Aktivitäten im Repräsentantenhaus HUAC verherrlichte) warben und an denen Dr. Fred C. Schwartz vom „Christlichen Antikommunistischen Kreuzzug", Herbert Philbrick und Frank Barnett von der Richardson-Stiftung als Redner teilnahmen, und die allesamt vor der kommunistischen Subversion und Infiltration warnten und die Politik der Regierung Kennedy verurteilten. Das Fulbright-Memorandum hatte zahlreiche Anhänge, darunter Artikel aus dem Bulletin of the Atomic Scientists, die sich mit dem Buch Amerikanische Strategie für das nukleare Zeitalter befaßten, das als Entwurf eines Master-Curriculums für Militärseminare dargestellt wurde. Das Buch wurde von Frank Barnett, dem damaligen Forschungsdirektor des IAS und der RichardsonStiftung, verfaßt und enthielt Beiträge von Robert Strausz-Hupe — dem Direktor des FPRI — und Oberst William Kintner, der damals dem FPRI zugeteilt war. Das Fulbright-Memorandum löste, wie zu erwarten war, eine gewaltige Kontroverse mit zahlreichen Artikeln und Kommentaren sowie nicht geringen Aktivitäten hinter der Bühne aus. So begannen beispielsweise das FPRI und sein Direktor Robert Strausz-Hupe eine Kampagne, in der sie bestritten, sich für einen Militärputsch einzusetzen. Das FPRI zirkulierte am 1 8 . Oktober 1 9 6 1 einen privaten Brief an „Mitarbeiter, Freunde und Unterstützer", das einen Angriff auf Fulbright und eine längere Verteidigung der eigenen Aktivitäten enthielt. Darin hieß es u.a.: „Das Außenpolitische Forschungsinstitut ist stolz darauf, mit den vier Organisationen verbunden zu sein, die in Fulbrights Memorandum erwähnt sind. Eine Untersuchung unserer Beziehungen zu ihnen wird jedoch eine Enttäuschung für unsere Kritiker sein. Es gibt keine sinistren Verschwörungen im Außenpolitischen Forschungsinstitut, das Militärpersonal der Vereinigten Staaten zu einem Militärputsch nach dem Vorbild der fehlgeschlagenen französischen Affäre in Algerien zu inspirieren." Kurze Zeit danach verfaßte Strausz-Hupe einen Brief an das Bulletin of the Atomic Scientists und schickte eine Kopie mit einem Begleitbrief („Lieber Bill") an William Yandell Elliott. Elliott war bei einigen der fraglichen Seminare als Redner aufgetreten, u.a. im Juli 1960 am National War College und im April 1961 in Chicago.4 Das Zirkulieren des Fulbright-Memorandums führte auch dazu, daß ein besonderer Unterausschuß des Senatsverteidigungsausschusses mit umfassenden Anhörungen über die Frage der „Militärpolitik zur Überprüfung der Informationen und Vorträge über den Kalten Krieg" beauftragt wurde. Diese Anhörungen fanden Ende 1 9 6 1 und in der ersten Jahreshälfte 1962 statt. Edwin Walker war natürlich ebenso einer der Schwerpunkte der Anhörungen wie die Seminare des IAS. Aber die Art, wie die Anhörungen abliefen, führte dazu, daß man eine fragwürdige Unterscheidung machte zwischen den vom FPRI, Frank Barnett und dem IAS durchgeführten Seminaren — die als „vernünftig" eingestuft wurden — und irgendwelchen verrückten „cookle-doodle" oder „Rinnstein-Seminaren" (wie Barnett sie bezeichnete). Als Walker im April 1 9 6 2 vor dem Ausschuß aussagte, begann er mit der Behauptung, die Streitkrafte würden durch eine nationale Politik gelähmt, die „nicht gewinnen" wolle und vor dem Sieg zurückschrecke. „Ich bin ein Opfer dieser Politik des Nichtgewinnens", erklärte er. Die zivile Kontrolle über das Militär sei in ein kommissarisches Kontrollsystem verwandelt worden. Der Wille, dem Kommunismus zu widerstehen, werde systematisch erstickt. „Eine ungeschriebene Politik der Kollaboration und des Einverständnisses mit der internationalen kommunistischen Verschwörung hat mich zum Sündenbock gemacht." 95 Eisenhowers Abschiedsrede Nur sechs Monate vor Fulbrights Memorandum hatte Präsident Dwight David Eisenhower vor dem „militärisch-industriellen Komplex" gewarnt. In seiner Abschiedsrede am 1 7 . Januar 1 9 6 1 sagte Eisenhower: „Ein lebenswichtiges Element des Friedens ist unser Militärestablishment. Unsere Waffen müssen mächtig sein, bereit zum sofortigen Handeln, so daß kein potentieller Aggressor in Versuchung geraten möge, seine eigene Zerstörung zu riskieren. Die Organisation unseres Militärs hat heute nur noch wenig mit dem zu tun, was irgendeiner meiner Vorgänger in Friedenszeiten oder sogar die kämpfenden Männer des Zweiten Weltkriegs oder in Korea kannten. Bis zum letzten unserer Weltkonflikte hatten die Vereinigten Staaten keine Rüstungsindustrie. Amerikanische Hersteller von Pflugscharen konnten, wenn es die Zeiten erforderten, auch Schwerter herstellen. Aber jetzt können wir eine improvisierte Verteidigung der Nation nicht mehr riskieren; wir sind dazu verurteilt, eine permanente Rüstungsindustrie von gewaltigen Ausmaßen zu schaffen. Hinzu kommen dreieinhalb Millionen Männer und Frauen, die unmittelbar im Verteidigungsestablishment beschäftigt sind. Wir geben jährlich mehr für die militärische Sicherheit aus als den Nettogewinn aller Unternehmen in den Vereinigten Staaten. Dieses Zusammentreffen eines immensen Verteidigungsestablishments und einer großen Rüstungsindustrie ist für Amerikaner eine neue Erfahrung. Der Gesamteinfluß — wirtschaftlich, politisch, und sogar geistig — ist in jeder Stadt, jedem Landtag, jeder Behörde der Vereinigten Staaten zu spüren. Wir erkennen die imperative Notwendigkeit dieser Entwicklung. Aber wir dürfen nicht versäumen, ihre schwerwiegenden Implikationen zu erkennen. Es geht um unsere Anstrengungen, um unsere Ressourcen und um unser Wohlergehen — und um die Struktur unserer Gesellschaft selbst. In den Beratungen der Regierung müssen wir uns vor der — beabsichtigten oder unbeabsichtigten — Ansammlung unerwünschten Einflusses des militärisch-industriellen Komplexes hüten. Das Potential für das verhängnisvolle Anwachsen unangemessener Macht existiert und wird weiter existieren. Wir dürfen das Gewicht dieser Kombination niemals unsere Freiheit oder unsere demokratischen Prozesse in Frage stellen lassen. Wir sollten uns auf nichts einfach verlassen. Nur ein wachsames und wissendes Bürgertum kann nachdrücklich für die richtige Mischung der riesigen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen sorgen, so daß Sicherheit und Freiheit gemeinsam prosperieren." 96 Dwight D. Eisenhower Eisenhowers Warnung — die im März 1 9 6 1 von Präsident Kennedy und 1 9 6 2 von Gen. a.D. Douglas McArthur wiederholt wurde — wird normalerweise einfach als Anspielung auf die wachsende Macht der Rüstungsindustrie abgetan. Aber es gibt gute Gründe, anzunehmen, daß sie mehr war als das — und daß Eisenhower, als er warnte, der politische Einfluß des Militärestablishments sei „in jeder Stadt, in jedem Landtag" zu spüren, nicht nur das Militär meinte, sondern auch jene Kabale der von der Wall Street finanzierten Stiftungen, Denkfabriken und privaten Institutionen, die sich für eine gewaltige Aufrüstung und für eine Konfrontation mit der Sowjetunion einsetzten. Um die Umstände zu begreifen, unter denen Kennedy 1 9 6 1 sein Amt antrat und die letztendlich zu seiner Ermordung beitrugen, ist es notwendig, sich an die weitgehend vergessenen Kämpfe zu erinnern, die Präsident Eisenhower während seiner eigenen Regierung — vor allem in den letzten beiden Jahren — gegen die Kalten Krieger und das Militär führte. Die Wahrheit ist, daß „Ike" Eisenhower vom Beginn seiner ersten Regierung an immer wieder mit den Generalstabschefs aneinandergeriet — was diese von einem Fünf-Sterne-General nicht erwartet hatten. Schon Ende 1 9 5 4 befanden sich die Generalstabschefs in offener Opposition gegen Ikes Kürzungen im Militärbudget, denn entsprechend seinem Glauben an die „massive Vergeltung" hielt es Eisenhower weder für nützlich noch für klug, die konventionellen Streitkräfte weiter aufzurüsten. Er argumentierte wiederholt, übermäßige Rüstungsausgaben beeinträchtigten die Wirtschaft, und eine starke und gesunde Wirtschaft sei die beste Verteidigung. Der Militärhaushalt und die strategische Doktrin waren nicht die einzigen Bereiche, in denen Differenzen bestanden. 1 9 5 4 setzten sich die Generalstabschefs, als Frankreich in Indochina besiegt wurde, mit eifriger Unterstützung des Außenministers John Foster Dulles bei drei Gelegenheiten für den präventiven Einsatz von Nuklearwaffen ein. Die beiden ersten Male wollten sie diese gegen die Vietminh einsetzen, beim drittenmal gegen China, nachdem Frankreich insistiert hatte, China stünde unmittelbar davor, zugunsten Ho Chi Minhs in Vietnam zu intervenieren. Eisenhower berief die Generalstabschefs zu sich und sagte ihnen, ein Atomschlag gegen China werde mit Sicherheit Rußland in den Krieg hineinziehen; der einzige Weg, einen solchen Krieg zu führen, sei daher, gleichzeitig Atomschläge gegen China und gegen Rußland zu führen. Er halte es für möglich, Rußland zu zerstören, sagte er, forderte seine Generäle jedoch auf, über die Frage nachzudenken: „Was machen wir mit einem solchen Sieg? Wir hätten dann ein riesiges Gebiet von der Elbe bis Wladiwostok... entwurzelt und zerstört, ohne Regierung, ohne Kommunikation — nur eine Region des Hungers und der Desaster. Ich frage sie, was würde die zivilisierte Welt dann wohl tun? Ich wiederhole, es gibt keinen Sieg außer dem durch unsere Erfindungsgabe."5 Die vierte Gelegenheit, bei der sich die Generalstabschefs für einen Atomkrieg einsetzten, war im Frühjahr 1 9 5 5 während der Krise an der Straße von Formosa (Taiwan). Während Eisenhower einen Krieg mit den Chinesen vermeiden wollte, sprachen die Generalstabschefs und der Verteidigungsminister öffentlich von einem unmittelbar bevorstehenden Krieg gegen China, was Ike zu dem Ausruf veranlaßte: „Diese Kerle wissen wohl nicht, daß sie einen Boss haben" — und zu der Drohung, er werde wenn nötig das Verteidigungsministerium selbst leiten. Als 1 9 5 5 Maxwell Taylor Stabschef der Armee wurde, geriet er durch seinen Einsatz für die „flexible Antwort" — kleinere, mobilere Einheiten, die begrenzte Kriege z.B. gegen sowjetisch unterstützte Aufstände in der dritten Welt führen könnten — in offenen Konflikt mit Eisenhowers Doktrin der massiven Vergeltung. Anstatt sich auf einen öffentlichen Disput mit seinem Obersten Kommandeur einzulassen, begann Taylor, Verbündete im Kongreß und an den Hochschulen für seine Politik der „flexiblen Antwort" zu rekrutieren. Zu seinen Rekruten gehörten John F. Kennedy, Paul Nitze und McGeorge Bundy; und so wurde der Boden dafür bereitet, daß Taylor unter der Regierung Kennedy die Militärpolitik bestimmte. Nachdem die Sowjets 1 9 5 7 den ersten Sputnik in den Weltraum geschossen hatten, wurde Eisenhower angegriffen, er hätte es zugelassen, daß sich ein „WeltraumRückstand" entwickelt habe — auch wenn die Frage schon vorher im Raum stand. Adlai Stevenson hatte sie schon 1 9 5 6 in seinem Wahlkampf angesprochen. 1 9 5 7 hatte die US-Luftwaffe einen Bericht veröffentlicht, in dem prognostiziert wurde, daß die Sowjets bis 1963 Erstschlagskapazitäten entwickeln würden — eine Einschätzung, der sogar die CIA vehement widersprach. Im gleichen Jahr leitete H. Rowan Gaither von der Ford-Stiftung eine Kommission, die zu dem Schluß kam, die Sowjets würden die USA schnell einholen und schon bald die Fähigkeit haben, einen Überraschungsangriff mit Interkontinentalraketen zu führen. Der Bericht forderte eine gewaltige Aufrüstung — worauf Ike antwortete, er wolle die USA nicht in einen „Garnisonsstaat" verwandeln. Drei Mitglieder der Kommission forderten sogar einen präventiven Nuklearkrieg. 1 9 5 8 veröffentlichte dann die Rockefeller-BrothersStiftung einen Bericht zur Nationalen Sicherheit, der zu dem Schluß kam: „Wenn die gegenwärtigen Trends nicht umgekehrt werden, wird sich das weltweite Gleichgewicht zugunsten des Sowjetblocks verschieben." Auch dieser Rockefeller-Bericht forderte eine deutliche Steigerung der Verteidigungsausgaben. Die Washington Post goß 1 9 5 8 noch Öl ins Feuer, indem sie eine Serie von Joseph Alsop veröffentlichte, der mit falschen Zahlen den Eindruck erzeugte, die USA würden bei der Produktion von Interkontinentalraketen hinter die Sowjets zurückfallen. Im privaten Gespräch bezeichnete Eisenhower Alsop als „die wohl niedrigste Form tierischen Lebens auf der Erde". Ike war sich sicher, daß die Behauptungen über den „Raketen-Rückstand" nicht stimmten, aber er konnte die Geheiminformationen aus den Flügen der U-2 und anderen Überwachungsmaßnahmen, die den Rückstand der Sowjets belegten, nicht preisgeben. Ike wußte auch, daß die USA die relativ unverwundbaren PolarisUnterseeboote als Raketenabschußbasen entwickelten, was bedeutete, daß die USA eine massive Zweitschlagskapazität als Antwort auf einen sowjetischen Erstschlag behalten würden. Noch dazu erzeugte die Propagandamaschine des Kalten Krieges den Eindruck im Land, daß Eisenhower auf die Berlinkrise von 1 9 5 8 und 1 9 5 9 nicht stark genug reagierte, und man verlangte, er solle eine Generaimobilmachung anordnen und Volksaufstände in Osteuropa anstiften. Eisenhower betrachtete diese Forderungen und das unaufhörliche Lobbying für größere Rüstungsausgaben als „eine Hysterie, die weitgehend politische Gründe hat". Sein Biograph Stephen Ambrose schreibt in seinem Bericht über diese Zeit: „Eine der großen Aufgaben Eisenhowers war es, die Menschen zu beruhigen." Der U-2-Zwischenfall und der Pariser Gipfel In der Furcht, Richard Nixon könne sein Nachfolger werden — obwohl er Nixon der nächsten Alternative, Nelson Rockefeller, noch bei weitem vorzog — verbrachte Eisenhower einen Großteil seiner letzten beiden Amtsjahre mit dem Versuch, ein Ende des Rüstungswettlaufs und einen weltweiten Frieden herbeizuführen. Dabei geriet Eisenhower immer mehr in Widerspruch zu seinem eigenen Verteidigungsministerium, zu den Generalstabschefs und zur CIA, die sich beispielsweise für vermehrte U-2-Flüge über der Sowjetunion — die Ike für provokant hielt — und für höhere Rüstungsausgaben einsetzten. Im März 1 9 5 9 sah sich Eisenhower gezwungen, die Generalstabschefs daran zu erinnern, daß „das Militär in diesem Land ein Werkzeug und kei- 97 ne politische Körperschaft ist; die Generalstabschefs sind nicht dafür zuständig, hochpolitische Entscheidun- gen zu treffen". Eisenhower hoffte, seine Präsidentschaft auf dem Gipfeltreffen mit Chruschtschow in Paris mit einer Vereinbarung über die Einstellung der Atomtests abzuschließen. Dagegen wehrten sich nicht nur die Demokraten — die sich auf den Präsidentschaftswahlkampf 1960 vorbereiteten — vehement, sondern auch seine eigene Administration, vor allem die Generalstabschefs. Auch innerhalb der Republikanischen Partei widersetzte sich Rockefeiler Eisenhowers Friedenspolitik. Alle gingen mit der Forderung in den Präsidentschaftswahlkampf 1960, die Rüstungsausgaben auszuweiten. Als das Militär Eisenhower wegen seiner Opposition gegen den vorgeschlagenen Bomber B-70 offen widersprach und der Stabschef der Luftwaffe vor dem Kongreß sagte, der B-70 sei „lebenswichtig" für die Verteidigung der Nation, verurteilte Eisenhower die öffentliche Opposition des Militärs gegen ihren Obersten Kommandeur als „verdammt nahe am Verrat". Der Pariser Gipfel und Ikes Pläne, ein Testverbot und eine Detente mit den Sowjets zu vereinbaren, wurden am 1 . Mai 1960 durch den Absturz eines U-2-Spionageflugzeugs der CIA in der Sowjetunion zunichte gemacht. In der U-2-Affäre wurde Ike gleich doppelt hereingelegt — vor allem von Allen Dulles, was er erst später erkannte. Erstens insistierte Dulles zu Eisenhowers Bestürzung im Frühjahr 1960 auf einem weiteren U-2-Flug, der, so argumentierte Eisenhower, das Gipfeltreffen zunichte machen würde, falls irgendetwas schief gehen sollte. Dulles und der stellv. CIA-Direktor Richard Bisseil versicherten dem Präsidenten, das Flugzeug werde, falls irgendetwas schief gehen sollte, durch einen Selbstzerstörungsmechanismus vernichtet und der Pilot getötet werden, so daß die Sowjets keine Beweise finden würden. Daher bestritt Eisenhower, als das Flugzeug abstürzte, unvorsichtigerweise, von dem Flug irgendetwas zu wissen. Chruschtschow ließ ihn genüßlich in die Falle tappen und konnte dann nicht nur das Flugzeug vorweisen, sondern auch den noch sehr lebendigen Piloten Gary Powers. Es ist sehr gut möglich, daß das Flugzeug vorsätzlich sabotiert wurde, um Eisenhowers Pläne zu vereiteln und den Gipfel scheitern zu lassen. Dieser Zwischenfall markierte im Grunde das Ende der Präsidentschaft Eisenhowers, denn danach führte er nur noch Rückzugsgefechte gegen seine eigene Regierung, wobei die Generalstabschefs sich öffentlich seiner Politik widersetzten. Im Juni kollabierten auch die Abrüstungsgespräche in Genf, und schon bald war der Rüstungswettlauf in Eisenhowers Augen außer Kontrolle. Er erklärte, das nukleare Arsenal der USA sei viel größer als alles, was notwendig sei, um die Überlegenheit gegenüber den Sowjets zu sichern, und das halte er für „verrückt" und „gewissenlos". Der Übergang zu Kennedy Allen Dulles und die mit ihm verbündete „Sondereinsatzkommando"-Fraktion im Pentagon nutzten Ikes Schwächung dazu aus, ihre Operationen für die nächste Regierung vorzubereiten — egal, ob der Nachfolger Nixon oder Kennedy hieß. Dazu gehörte die Eskalation der Vorbereitungen für eine paramilitärische Invasion Kubas. Von Dulles unter Druck gesetzt, stimmte Eisenhower der Schaffung einer paramilitärischen Truppe zu, widersetzte sich jedoch einer Invasion, solange keine tragfähige Exilregierung vorhanden war. Und wie immer bestand Ike darauf, daß jede paramilitärische Operation der CIA klein und abstreitbar blieb. Dulles, Edward Lansdale und ihren Verbündeten im Pentagon gelang es kurz vor den Novemberwahlen, das Sondereinsatzzentrum der Armee in Fort Bragg (NordCarolina) zu gründen. Ihre Pläne wurden stark gefördert, als es ihnen gelang, Maxwell Taylor in seinem letzten Jahr als Stabschef der Armee 1 9 5 9 für das Programm der „unkonventionellen Kriegsführung" zu gewinnen. Mehr als jeder andere förderte Taylor die Verbindung von Sondereinsatzkräften der Armee mit der CIA im Rahmen von Maßnahmen zur Aufstandsbekämpfung. Das Curriculum der Special Warfare School wurde von Oberst Edward Lansdale verfaßt, dem (offiziell von der Luftwaffe besoldeten) führenden Experten der CIA für Aufstandsbekämpfung, der den größten Teil der 50er Jahre auf den Philippinen und in Vietnam verbracht hatte. Gleichzeitig weiteten die CIA und die mit ihr verbundenen Befürworter der Sondereinsätze im Pentagon 98 John F. Kennedy 1960 ominöserweise ihre „Berater"-Tätigkeit in Vietnam aus, um den kommenden Präsidenten wieder einmal vor vollendete Tatsachen zu stellen. Man sollte sich daran erinnern, daß Präsident Eisenhower entschieden dagegen gewesen war, den Franzosen in Indochina aus der Patsche zu helfen. Als er noch Kommandeur der NATO war, riet er den Franzosen, Indochina in die Unabhängigkeit zu entlassen. Eisenhower teilte im Großen und Ganzen Franklin Rooseveits antikolonialistische Ansichten und sagte 1 9 5 3 zu Winston Churchill, der Kolonialismus im alten Stil habe keine Zukunft; bei seinem ersten Treffen mit Churchill und dem französischen Premier Laniel soll Ike die Überzeugung gewonnen haben, sie seien blind in der Frage des Kolonialismus. Auch später weigerte sich Eisenhower, die Franzosen in Algerien zu unterstützen, und sagte: „Wir können nicht unser altes Prinzip aufgeben, die nationale Freiheit und die Selbstbestimmung zu unterstützen, und wir können uns nicht den Kolonialisten anschließen." 1954, als die Niederlage der Franzosen näher rückte, war Eisenhower mit Forderungen nach einer amerikanischen Invasion konfrontiert, die vom Einsatz von Bodentruppen bis zur Bombardierung Vietnams mit Atomwaffen reichten. Ike erklärte, eine solche Invasion „würde uns dem Vorwurf des Imperialismus und des Kolonialismus aussetzen". Als die Generalstabschefs und der Nationale Sicherheitsrat nach der Niederlage der Franzosen bei Dien Bien Phu empfahlen, China mit Atomwaffen anzugreifen, antwortete Eisenhower: „Ihr seid wohl verrückt geworden. Wir können diese schrecklichen Waffen nicht zum zweitenmal innerhalb eines Jahrzehnts gegen Asiaten einsetzen. Mein Gott!" Trotzdem stimmte Eisenhower Dulles' Forderung zu, unter der Führung der CIA amerikanische Militärberater nach Vietnam zu entsenden; Lansdale wurde Mitte 1954 von den Philippinen nach Vietnam geschickt, um die Militärmission in Saigon zu leiten — die den Boden für das Anwachsen der amerikanischen Interventionstruppen unter den Regierungen Eisenhower und Kennedy bereitete. Vor seiner Ermordung hatte Kennedy jedoch seine Absicht bekanntgegeben, die US-Truppen nach Hause zu holen und den Krieg zu beenden. Kennedys Politik wurde buchstäblich innerhalb weniger Tage nach seiner Ermordung geändert, so daß die USA Anfang der 70er Jahre mehr als 50 000 Soldaten in Vietnam im Einsatz hatten — was unter Eisenhower undenkbar gewesen wäre. Um die Lage zusammenzufassen: In der Zeit bis zur Amtsübergabe an Präsident John F. Kennedy war Eisenhower sowohl von republikanischer als auch von demokratischer Seite Angriffen wegen seiner Verteidigungspolitik ausgesetzt und mit einer zunehmenden Aufregung über den „Raketen-Rückstand" konfrontiert. Er hatte den Kampf um die Einschränkung der Militärausgaben verloren, und seine Hoffnung auf ein Friedensabkommen und eine Detente mit den Sowjets lag in Scherben. Und die „Sondereinsatz"-Kapazitäten im Schnittpunkt von CIA und Militär wurden in Vorbereitung einer amerikanischen Beteiligung am Krieg in Vietnam und anderen „begrenzten" Kriegen rapide ausgeweitet. Eisenhowers Abschied Beispielhaft für das, womit Eisenhower von Seiten der Betreiber des „Kriegs der Kulturen" konfrontiert war, ist das 1 9 6 0 veröffentlichte Buch A Forward Strategy for America (Eine Vorwärts-Strategie für Amerika), das von Strausz-Hupes Außenpolitischem Forschungsinstitut publiziert wurde. Das Buch ging von der Annahme aus, Amerika sei dabei, den Kalten Krieg zu verlieren. Die Sowjets würden ihn gewinnen, und es sei illusorisch, zu glauben, man könne irgendeine generelle Einigung mit den Sowjets erreichen. Strausz-Hupe et al. behaupteten, seit etwa 1 9 5 5 seien die USA „in eine unbequeme Falle geraten, die ihnen von den Kommunisten" mit Hilfe der Abrüstungspläne gestellt wurde, und die amerikanische Führung versuche, „die Weltmeinung in der Frage der Abrüstung zu besänftigen". Sie vertraten die Ansicht, bei den Verhandlungen über den Atomteststop seit Oktober 1 9 5 8 habe „die amerikanische Politik — vor allem durch das unilaterale Moratorium bei den Tests — die nationale Sicherheit tatsächlich in Gefahr gebracht". Das ganze Argument für eine aggressive „Vorwärtsstrategie" gegen den Kommunismus zielte zweifellos gegen die US-Politik der Regierung Eisenhower, die Strausz-Hupe et al. als gescheitert betrachteten. Dies war der Hintergrund der Abschiedsrede Eisenhowers im Januar 1 9 6 1 . Neben seiner Warnung vor dem wachsenden Einfluß des militärisch-industriellen Komplexes erklärte Eisenhower auch seine Enttäuschung über sein Scheitern bezüglich des Abrüstungsabkommens: „Abrüstung mit beiderseitiger Ehre und Vertrauen ist weiterhin imperativ... Weil diese Notwendigkeit so deutlich und offensichtlich ist, bekenne ich, daß ich meine Verantwortung in diesem Bereich mit einem definitiven Gefühl der Enttäuschung niederlege. Jemand, der wie ich die Schrecken und fortdauernde Traurigkeit des Krieges kennt, der weiß, daß ein weiterer Krieg diese Zivilisation, die so langsam und mühsam in Tausenden von Jahren aufgebaut wurde, völlig vernichten würde. Daher wünschte ich, heute sagen zu können, daß der Frieden in Sicht ist. Glücklicherweise kann ich sagen, daß der Krieg vermieden wurde." Kennedy, der belagerte Präsident Vier Tage später legte Präsident John F. Kennedy den Amtseid ab. Da er sich im Wahlkampf gegenüber Eisenhower als Falke gebärdet hatte, waren er und sein Bruder Robert empfänglich für Allen Dulles' Schmeicheleien. Die erste Falle, die ihnen gestellt wurde, war die Invasion an der Schweinebucht im April 1 9 6 1 —wobei die Invasionstruppe von den von Eisenhower bewilligten 300 Mann auf 3000 Mann angewachsen war. Die Generalstabschefs waren überzeugt, daß die CIA-Operation fehlschlagen würde, schwiegen jedoch und ließen zu, daß Präsident Kennedy grünes Licht gab. Neben der Überschätzung der Bereitschaft des kubanischen Volkes zu einem Aufstand gegen Castro durch die CIA war für das Scheitern der Operation das Absagen der geplanten Luftangriffe entscheidend. Dafür wurde Kennedy verantwortlich gemacht, obwohl die Anord- 99 nung von seinem Nationalen Sicherheitsberater McGeorge Bundy getroffen wurde. Kennedy übernahm die volle Verantwortung für den Fehlschlag, war jedoch entschlossen, herauszufinden, warum es dazu gekommen war. Leider berief er Maxwell Taylor aus dem Ruhestand zurück, um eine Untersuchungskommission zu leiten: die „Cuba Study Group". Von diesem Zeitpunkt an, wenn nicht schon früher, ging CIA-Direktor Allen Dulles daran, Taylor als Hauptverfechter der Aufstandsbekämpfung und unkonventionellen Kriegsführung im Weißen Haus zu gewinnen. Zur Kuba-Kommission gehörten auch Bobby Kennedy und natürlich Dulles, dem es gelang, die Anhörungen der Kommission so zu inszenieren, daß nicht die CIA, sondern die Generalstabschefs und das Militär für das Schweinebucht-Fiasko verantwortlich gemacht wurden. Dulies gelang es auch, die Verhandlungen der Kommission dahin zu manipulieren, daß sie sich nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit der Zukunft befaßte, so daß Jack und Bobby Kennedy zu der Überzeugung gelangten, es sei dringend notwendig, die Ausbildungs- und Einsatzkapazitäten für die Aufstands- und Kleinkriegsbekämpfung auszuweiten. Aber Präsident Kennedy zog auch noch eine weitere Lehre daraus — daß er versuchen mußte, die CIA und das Militär unter Kontrolle zu bringen. Von Taylor beraten, verfaßte Kennedy das Memorandum über Nationale Sicherheitsmaßnahmen NSAM 55, das den Generalstabschefs die Verantwortung für verdeckte Operationen in Friedenszeiten übertrug. Diese mußte dazu der CIA entzogen werden — die, so wurde argumentiert, dafür ohnehin nie zuständig gewesen war. Tatsächlich wollten die Generalstabschefs, die von dem eher traditionalistischen Gen. Lyman Lemnitzer geleitet wurden, diese Verantwortung gar nicht haben, und die CIA wollte sie nicht abgeben, so daß Kennedys Politik nie umgesetzt wurde. Die zweite Falle, die man Kennedy stellte, war Vietnam. Am gleichen Tag, als die Schweinebucht-Invasion zusammenbrach — dem 20. April 1 9 6 1 —, stimmte Kennedy dem Vorschlag zu, das Programm zur Aufstandsbekämpfung in Vietnam auszuweiten. Kopf der zur Durchführung dieses Programms geschaffenen Arbeitsgruppe war der stellv. Verteidigungsminister Ros- Kennedy mit CIA-Direktor Allen Dulles (Mitte) well Gilpatric (ein Anwalt der Wall Street), ihr Operationschef Lansdale — der durch ein persönliches Briefing für den Präsidenten über Vietnam nur eine Woche nach dessen Amtsantritt seinen Fuß in die Tür gesetzt hatte. Aber Kennedy bekam auch noch andere, entgegengesetzte Ratschläge zu Vietnam, die eine bleibende Wirkung auf ihn hatten — von Gen. a.D. Douglas MacArthur. Kennedy rief MacArthur erstmals Ende April 1 9 6 1 an und führte im Juli 1961 ein dreistündiges Gespräch mit ihm im Weißen Haus. MacArthur gab Kennedy seine berühmte Warnung, sich nicht auf einen Landkrieg in Asien einzulassen, und riet ihm dringend, einen militärischen Aufmarsch in Vietnam oder anderswo in Asien zu vermeiden. Außerdem erklärte er, die sogenannte „Domino-Theorie" sei lächerlich. 1 9 6 3 , als Kennedy unter enormem Druck stand, den Vietnam-Konflikt zu eskalieren und amerikanische Kampftruppen zu entsenden, sagte er oft: „Wenn ihr General MacArthur dazu bringt, daß er zustimmt, dann tue ich es auch." Im Oktober 1 9 6 3 legte Kennedy dann seine VietnamPolitik im NSAM 263 offiziell fest, in dem er den Rückzug von 1000 amerikanischen Soldaten bis Weihnachten 1 9 6 3 und des größten Teils der übrigen US-Truppen aus Vietnam bis 1 9 6 5 anordnete. Sechs Wochen später war Kennedy tot, und seine Politik wurde praktisch sofort geändert. „Operation Northwoods" Ende 1 9 6 1 hatte die Cuba Study Group zur Bildung der „Cuba Task Force" geführt, deren Ziel der Sturz Fidel Castros durch die sogenannte „Operation Mongoose" war. Operationschef der Cuba Task Force war — nicht überraschend — Edward Lansdale. Es ist bekannt, daß das Kuba-Projekt die Ermordung Castros vorsah. Nicht bekannt war bis vor kurzem, daß die Kuba-Arbeitsgruppe 1 9 6 2 auch Terrorakte gegen die Vereinigten Staaten vorschlug, um die USA in einen Krieg gegen Kuba zu ziehen. Der Terrorplan von 1 9 6 2 wurde „Operation Northwoods" getauft und vom Vorsitzenden der Vereinigten Generalstabschefs Lyman Lemnitzer unterschrieben. 100 Aber wie die Dinge nun einmal liefen, ist es ziemlich sicher, daß er von Lansdale und seiner Kuba-Arbeitsgruppe verfaßt und Lemnitzer anschließend nur zur Unterschrift vorgelegt wurde, damit dieser ihn Verteidigungsminister Robert McNamara übergab. Lemnitzers Begleitschreiben zu dem Plan besagte, die Generalstabschefs hätten das beiliegende Memorandum „erwogen". Es beschreibe Vorwände, „die eine Rechtfertigung für eine Militärintervention in Kuba liefern könnten". Er gehe davon aus, „daß die Hauptverantwortung für die Ausarbeitung der militärischen und paramilitärischen Aspekte des Grundplans einer einzigen Agentur übertragen wird", und empfehle, diese Ver- antwortung den Generalstabschefs zu übertragen. In dem fraglichen Memorandum mit dem Titel „Rechtfertigung einer militärischen Intervention der USA in Kuba" heißt es, man gehe davon aus, daß eine politische Entscheidung für eine Militärintervention der USA „nach einer Periode erhöhter amerikanisch-kubanischer Spannungen erfolgen werde, welche die Vereinigten Staaten in eine Lage bringt, in der sie Anlaß zu berechtigten Beschwerden haben". Die Meinung der Welt und der Vereinten Nationen „sollte günstig beeinflußt werden, indem die kubanische Regierung als übereilt und unverantwortlich, sowie als besorgniserregende und unberechenbare Bedrohung des Weltfriedens hingestellt wird". Dann werden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, die man dazu ergreifen könne, um eine Rechtfertigung für eine amerikanischen Militärintervention zu erhalten. Der erste Vorschlag war eine „Serie wohl koordinierter Zwischenfälle" auf und beim Stützpunkt der US-Marine in der Guantanamo-Bucht auf Kuba; dabei sollten freundlich gesinnte Kubaner in kubanischen Militäruniformen Unruhen auf dem Stützpunkt inszenieren, Munition in die Luft jagen, Feuer legen, Flugzeuge auf dem Flugplatz anzünden, ein Schiff im Hafen sabotieren und ein Schiff nahe der Hafeneinfahrt versenken. Zweitens, hieß es, könne man „einen ,erinnert euch an die Maine'-Zwischenfall arrangieren... Man könnte ein Schiff in der Guantanamo-Bucht sprengen und Kuba verantwortlich machen", oder ein ferngesteuertes Schiff in kubanischen Gewässern in die Luft jagen. Das Memorandum stellt kühl fest: „Die Listen der Opfer in amerikanischen Zeitungen würden eine hilfreiche Welle nationaler Empörung auslösen." Das Memorandum fährt fort: „Wir könnten eine Terrorkampagne des kommunistischen Kuba im Gebiet von Miami, in anderen Städten von Florida oder sogar in Washington entwickeln, die sich gegen kubanische Flüchtlinge richtet, die in den Vereinigten Staaten Schutz suchen. Wir könnten ein Schiff mit Kubanern auf dem Weg nach Florida versenken (real oder simuliert). Wir könnten Anschläge auf das Leben kubanischer Flüchtlinge in den Vereinigten Staaten herbeiführen... Die Explosion einiger Plastikbomben an sorgfältig ausgewählten Stellen, die Verhaftung kubanischer Agenten und die Freigabe vorbereiteter Dokumente wären ebenfalls hilfreich..." Weiter wurde vorgeschlagen, man könne mit imitierten sowjetischen Kampfflugzeugen Zivilflugzeuge belästigen, Schiffe angreifen oder ferngelenkte amerikanische Militärflugzeuge zerstören. Auch „Entführungsversuche gegen zivile Flug- oder Bodenfahrzeuge" wurden vorgeschlagen, und sogar — der am detailliertesten ausgeführte Plan aller dieser Vorschläge — der simulierte Abschuß eines gecharterten Zivilflugzeugs in kubanischem Luftraum. Präsident Kennedy lehnte den Plan ab, und das Militär ordnete an, alle diesbezüglichen Dokumente zu zerstören. Trotzdem blieben einige der Dokumente erhalten und kamen, durch strengste Geheimhaltung jahrzehntelang verborgen, erst in jüngster Zeit ans Licht. „Politische Kriegsführung" Parallel zu den von Dulles und Lansdale betriebenen Operationen im Apparat der CIA und des Militärs gab es die „privaten" Operationen des FPRI-Richardson-IASNetzwerks, wovon im Fulbright-Memorandum die Rede ist. Eine der Schlüsselfiguren dieses Netzwerks war Frank Barnett, der damalige Forschungsdirektor der H. SmithRichardson-Stiftung, der gleichzeitig auch Programmdirektor des IAS war. Um der historischen Kontinuität willen sei darauf hingewiesen, daß Barnett 1 9 6 1 half, Prescott Bushs National Strategy Information Center (NSIC) zu gründen, das später große Geldmengen von Richard Mellon Scaife erhielt. Das NSIC wiederum brachte 1 9 8 1 Reagans Exekutivanordnung 1 2 3 3 3 hervor — die „Verfassung" der „geheimen Nebenregierung", die uns unter der Reagan-Bush-Regierung u.a. die „Iran-Contra-Affäre" bescherte. 1 9 5 1 hatte Barnett vorgeschlagen, Amerika solle eine unter den Ostblock-Flüchtlingen rekrutierte Fremdenlegion einrichten, die er als „Brigade der gefangenen Nationen" bezeichnete. Sie sollte sich aus Russen, Polen, Ungarn, Ukrainern, Chinesen, Koreanern und anderen zusammensetzen. Barnett riet auch dazu, einen eigenen Kabinettsposten für die Strategie des Kalten Krieges sowie ein „West Point der politischen Kriegsführung" zu schaffen. 1 9 6 1 scheint Barnett seine Idee einer Fremdenlegion aufgegeben zu haben. Statt dessen setzte er sich nun für eine Kombination von Kleinkrieg und Terrorismus ein, die er als „politische Kriegsführung" bezeichnete. Sozusagen als spezifische Fortsetzung der Vorwärts-Strategie des FPRI von 1 9 6 0 schrieb er einen Aufsatz, den er im März 1 9 6 1 unter dem Titel „Vorschlag für eine politische Kriegsführung" im Military Review veröffentlichte. Darin definierte Barnett „politische Kriegsführung" als etwas, das weit über bloße Propaganda hinausgeht: „Politische Kriegsführung ist der anhaltende Versuch einer Regierung oder einer politischen Gruppe, gegen einen definierten ideologischen Feind Macht zu erringen, zu erhalten oder auszuweiten — durch alle Maßnahmen unterhalb eines heißen Krieges regulärer Militärkräfte, ohne dabei die Drohung mit einem solchen Krieg auszuschließen. Kurz, politische Kriegsführung ist eine Form des Krieges und keine Öffentlichkeitsarbeit. Sie besteht aus einem Teil Überzeugung und zwei Teilen Irreführung. Sie umfaßt verschiedene Formen des Zwangs und der Gewalt, darunter Streiks und Unruhen, Wirtschaftssanktionen, die Unterstützung von Guerillas oder Stellvertreterkriegen und, wenn nötig, die Entführung oder Ermordung der Eliten des Gegners." Barnett sprach dann nicht weiter von Unruhen und Morden, und forderte eine langanhaltende Kampagne, 101 um wichtige militärische und zivile Führer für den Kampf gegen den Kommunismus zu mobilisieren und auszubilden. Er beschwerte sich, daß die Freie Welt sich nicht einmal einig sei, den Kommunismus als Feind zu definieren. In einigen Ländern, beklagte er sich, seien kommunistische Parteien legal, könnten Kommunisten ungestört Geld für ihre subversiven Tätigkeiten sammeln, an Universitäten lehren und Gewerkschaften kontrollieren — sogar in lebenswichtigen Industrien. „Der Westen hat noch keinen klar definierten Feind. Wir gestehen noch nicht einmal ein, daß wir uns im Krieg befinden... Wir haben keine gemeinsamen ideologischen Ziele." Er argumentierte, die meisten chinesischen und sowjetischen Fortschritte könnten rückgängig gemacht werden, würde die öffentliche Meinung der westlichen Demokratien die Natur der kommunistischen Aggression genug beachten. Aber „wenn das amerikanische Volk seine Hausaufgaben über Mao, Lenin und Clausewitz nicht macht, wird es wahrscheinlich Druck auf Washington ausüben, die Sozialleistungen zu erhöhen" (sie). So, wie das britische Volk am Vorabend von Dünkirchen Luxus und „Frieden in unserer Zeit" verlangt habe, schrieb Barnett, „könnte sich eine amerikanische Öffentlichkeit, der die kommunistischen Ziele und Techniken gleichgültig sind, für mehr Leistungen für Randgruppen, Sonderinteressen und Privilegien als üblich einsetzen". Als Beispiel für das, was getan werden müsse, beschrieb Barnett eine Seminarreihe, die gemeinsam von Militär und dem Institut für Amerikanische Strategie durchgeführt werde. Das IAS sei 1 9 5 8 gegründet worden und werde von der H. Smith Richardson-Stiftung gefördert; man könne es als „reisende Bürgerkriegsschule" bezeichnen. Das IAS habe den Generalstabschefs ein zweiwöchiges Strategieseminar für Offi- ziere der Reserve und der Nationalgarde vorgeschlagen, an dem Ausbilder, politische Führer, Geschäftsleute, Redakteure und Verleger etc. teilnehmen sollten. Es sei 1 9 5 9 am National War College abgehalten und der Lehrplan dazu über den langanhaltenden Konflikt mit den Kommunisten und mögliche amerikanische Gegenstrategien vom FPRI erstellt worden. Seitdem, prahlte Barnett, seien mehr als 25 weitere regionale Wochenendseminare im ganzen Land abgehalten worden. Barnett schlug vor, seine Legionen der „politischen Kriegsführung" auf vier bestimmte Segmente der militärischen Gesellschaft anzusetzen: ( 1 ) ROTC-Studenten [Reserveoffizier-Ausbildungskorps; an vielen Hochschulen der USA war die Teilnahme in den 60er Jahren vorgeschrieben] und Ausbilder von Reservisten; (2) Soldaten, die als Lehrer, Redakteure, Geschäftsleute etc. wieder ins Zivilleben zurückkehren werden; (3) ausländische Offiziere, die zur Ausbildung in den Vereinigten Staaten sind und persönliche Freundschaften mit ihren Kollegen in den USA entwickeln; und (4) pensionierte Offiziere und Reserveoffiziere, vor allem solche, die im Ausland in amerikanischen Banken, Unternehmen und Handelsvereinigungen oder im Inland tätig sind. Er schloß mit einem Plädoyer, das US-Militär solle „mit seiner disziplinierten Organisation, seinen Ausbildungsmethoden und zivilen Kontakten über das ROTC, die Reservisten und die Industrie" eine führende Rolle dabei übernehmen, „nicht-militärisch", d.h. politisch, Krieg zu führen. Das Zusammentreffen von Barnetts Vorschlägen mit Maßnahmen der Art, wie sie Edward Lansdale und das Büro für Sonderoperationen im Pentagon unter der Regierung Kennedy durchführten, sollte offensichtlich genug sein, daß auf einen Kommentars verzichtet werden kann. Was wußte Fulbright? Noch eine letzte Anmerkung. Nach den Anhörungen des Kongresses 1 9 6 1 - 6 2 über die Propaganda des Militärs und die Aktivitäten zur „Ausbildung für den Kalten Krieg" wurden diese Seminare und ähnliche Aktivitäten trotz Barnetts grandiosen Plänen offenbar zeitweilig auf Eis gelegt. Aber 1965 schlug Edward Lansdale — der inzwischen von den Regierungsdiensten „pensioniert" worden war — vor, die Seminare über den Kalten Krieg wiederzubeleben. Er war der Hauptverfasser des Vorschlags an den Amerikanischen Sicherheitsrat, dessen Funktionär er damals war, ein neues Forum zu schaffen, das in der Nähe von Culpeper (Virginia) eingerichtet wurde: das Freedom Studies Center. (Das Gelände gehörte noch bis vor kurzem dem Amerikanischen Sicherheitsrat.) Dem Planungskomitee des Freedom Studies Center gehörte auch ein gewisser Ed Butler an, der nur zwei 102 Jahre später eine wesentliche Rolle dabei spielte, eine „Legende" um Lee Harvey Oswald, den Sündenbock für den Kennedy-Mord, in die Welt zu setzen. Wie wir anfangs bemerkten, warnte das FulbrightMemorandum, daß die politischen Aktivitäten des Militärs und privater Institutionen wie des FPRI und der Richardson-Stiftung unter der offiziellen Aufsicht des Militärs eine Gefahr für Kennedys Programm und Politik darstellten. Wieviel Fulbright darüber wußte, daß Präsident Kennedys Leben bedroht war, ist nicht bekannt — aber es steht fest, daß Fulbright Kennedy einige Wochen vor dessen fataler Reise warnte, nicht nach Dallas zu fahren. Angesichts dessen, was wir heute wissen — auch über die neue Gefahr eines Militärputschs — ist es sicherlich angebracht, über Fulbrights Warnung von 1 9 6 1 nachzudenken. Anmerkungen 1 . Der Verfasser dankt der Abteilung für besondere Schriften der Bibliothek der Universität von Arkansas, wo die Papiere von J. William Fulbright aufbewahrt werden, für ihre Unterstützung. 2. Senator Fulbrights Memorandum wurde am 2. August 1 9 6 1 im Protokoll des Kongresses, S. 14433-14439 (Senat) abgedruckt. Es war nicht, wie James Bamford irrtümlich in seinem 2001 veröffentlichten Buch Körperschaft der Geheimnisse schreibt, ein Bericht an den Außenpolitischen Senatsausschuß. Trotzdem hat Bamfords Buch das Verdienst, die Aufmerksamkeit des Verfassers auf die Existenz des FulbrightMemorandums und der „Operation Northwoods", die darin beschrieben wird, gelenkt zu haben. 3. 1 9 5 8 - 1 9 6 1 schlug Charles de Gaulle drei Putschversuche gegen die französische Regierung nieder und überlebte insgesamt 1 4 Mordanschläge. Eine Gruppe von Offizieren, die auf de Gaulle und andere politische Führer Frankreichs wütend war, weil diese Algerien die Unabhängigkeit gewähren wollten, organisierte eine Untergrundorganisation, die sich Organisation Armee Secrete (OAS) nannte. Der zivile Führer der OAS war Jacques Soustelle, ein Mitglied des französischen Parlaments und früherer Generalgouverneur von Algerien. Aufgrund der Untersuchungen der französischen Regierung über die Verantwortung der OAS für die Putsch- und Mordversuche war Soustelle gezwungen, ins italienische Exil zu gehen. Die zwielichtige Organisation Permindex, mit der Soustelle seit dem Zweiten Weltkrieg verbunden war, wurde aus Frankreich ausgewiesen, als entdeckt wurde, daß sie der OAS als internationale Geldquelle gedient hatte. Permindex war später in die Morde an Kennedy und Martin Luther King verwickelt. 4. Korrespondenz mit dem FPRI und Strausz-Hupe, Sammlung William Yandell Elliott, Fach 100, Archiv der Hoover-lnstitu- tion. Stanford, Kalifornien. 5. Stephen E. Ambrose, Eisenhower: der Präsident, Simon and Schuster, New York, 1984. 103 NAMENREGISTER Abaelard, Peter 46 Abrams, Eiliott 70 Adams, John Quincy 40, 5 1 , 66 Adenauer, Konrad 41 Adorno, Theodor 41, 48, 53 AEI 85, 87 Albright, Madeleine 10, 75 Alexander, Yonah 86 Alighieri, Dante 46 Alijew, Hejdar 80 Alon, Nitzan 86 Alsop, Joseph 97 Amdocs 27, 29 America First Committee 87 American Enterprise Institute 72, 83 American Israel Policy Action Council 84, 85 American-lsraeli Public Affairs Committee 70, 83 Amoco 80 Anti-Defamation Lague (ADL) 28 Arafat, Jassir 1 7 , 85 Archimedes 46 Arendt, Hannah 48, 53 Aristoteles 54 Ashcroft, John 6, 62 Atatürk, Kemal 68 Atta, Mohammed 1 2 Augustinus 44 Außenpolitische Forschungsinstitut 94, 95, 99 Azerbaijan International Operating Co. 80 Barak, Ehud 85 Barnett, Frank 94, 95, 1 0 1 , 102 Beghal 1 4 Benes, Eduard 75 Bernoulli, Johann bzw. Jakob 55 Berteismann-Konzern 75 Besharov, DouglasJ. 87 Bin Laden, Osama 5, 7, 14, 1 6 , 1 7 , 3 1 , 33, 34, 36, 69, 70 Bissell, Richard 98 Black, Conrad 84 Blitzer, Wolf 86 Bodansky, Yossef 86 Bolton, John 84 Bowie, Robert R. 88 Bowman, Isaiah 65 Bradley Foundation 83, 86, 89 Bradley-Stiftung 88 Brahe, Tycho 54 Braun, Michael 28 Bredovv, Wilfried von 1 1 British Petroleum 80 Bronfman, Charles 86 Bronfman, Edgar 86 Brookinas Institution 87 Brunelleschi, Filippo 48 Bryen, Shoshona 86 Bryen, Steven 70, 86 Brzezinski, Zbigniew 8, 10, 1 2 , 1 7 , 34, 35, 40, 41, 44, 47, 52, 61, 68, 71, 72, 75, 78, 81, 84, 87, 88 Bullock, Roy 28 Bülow, Andreas von 1 2 Bundy, McGeorge 8, 63, 97, 100 Bush, George W. 5, 6, 7, 1 1 , 14, 1 5 , 17, 30, 31, 33, 34, 62, 71 Bush sen., George 72 Butler, Ed 1 0 2 Cameron, CArl 26 Carey, Henry 39, 4 1 , 46 Carnot, Lazare 44, 45, 48 Carter, Jimmy 10, 42, 6 1 , 68, 75 Castlereagh, Lord R. S. 64 Cauchy, Augustin 49 Cecii, Lord Robert 90 Center for Creative Leadership 87, 88 Center for International Affairs 88 Center for International Security and Cooperation 88 Center for Security Policy 84 Center for Strategie and International Studies 75 Center for Strategie Education 88 Central Asia Institute 88 Central intelligence Agency CIA 65, 97, 99, 100 Chalfont, Lord 84 Cheney, Richard 6, 1 7 Christopher, Warren 86 Churchill, Winston 1 1 , 40, 4 1 , 64, 71 Clausewitz, Carl von 9 Clawson, Patrick 67, 85, 86 Clay, Henry 65 Clinton, Bill 28 Coalition for a Democratic Majority 87 Coble, Robert L. 87 Coefficients Club 90 Cohen, Eliot 88, 89 Colbert, jean-Baptiste 49 Comverse Infosys 27, 28, 29 Congressional Policy Advisory Board 84 Conti, Antonio 49, 53 Coolidge, Calvin 41 Council on Foreign Relations 63, 65, 69, 72, 88, 90 Crowley, Aleister 47 C S 1 S 8 5 , 87 CSP 84 Darwin, Charles 91 de Gaulle, Charles 5, 4 1 , 44 Defense Policy Board 85 DeMuth, Christopher 84 Desch, Michael 89 Dibdin, Michael 9 Dine, Tom 86 Dirichlet, Lejeune 48, 49 Dulles, Allen 1 2 , 98, 99, 100, 1 0 1 Dulles, John Foster 97 Dupuy, Trevor 48 Eagleburger, S. 86 Fast India Company 68 Edwards VIII. 43 Eisenhower, Dwight D. 10, 96, 97, 99 Eliahu, Ben 1 3 Eiliott, William Yandell 8, 36, 40, 41, 44, 46, 48, 51, 54, 57, 61, 62, 63, 66,95 Ellner, Oded 26 Emerson, Steven 67 Erhard, Ludwig 41 Euler, Leonhard 49, 53 Feith, Douglas 86 Fermat, Pierre 55 Feulner, Edwin j. 84 Forbes, Steve 89 Ford-Stiftung 63, 97 Foreign Policy Research Institute 63, 64, 83, 85, 87 FPRI 87, 102 Franklin, Benjamin 49 Freedom Studies Center 102 Friedrich II. 51 Frost, Gerald 84 Fulbright, William 66, 87, 94, 1 0 2 Furtwängler, Wilhelm 50 Gaffney, Frank 70, 86 Gaither, H. Rowan 97 Galton, Francis 91 Gauß, Carl 48 Gedmin, Jeffrey 84 Generalstabschefs 97, 100, 1 0 1 Geyer, Georgie Anne 1 7 Ghilan, Maxim 1 4 Gilpatric, Roswel! 100 Gingrich, Newt 84 Goebbels, Joseph 49 Goldman, Emma 34, 41 Göre, AI 33, 86 Grey, Sir Edward 90 Haig, Alexander 86 Haldane, R.B. 90 Haliiday, Fred 1 5 Hamilton, Alexander 39, 65 105 Hamzawy, Amr 1 5 Harun AI Raschid 46 Harvard University 75 Haushofer, Karl 65, 76 Hegel, G.W. 48 Heidegger, Martin 4 1 , 48, 53 Heine, Heinrich 5 1 , 53 Heinrich VII. 40, 45 Helmholtz, Hermann 49 Hemphill, ROSS F. 88 Herman, Neil 28 Hitler, Adolf 9, 4 1 , 4 3 Hobbes, Thomas 9, 62, 64, 74 Hollinger Corp. 84 House, Edward 65 Humboldt, Wilhelm von 45, 48 Humboldt, Alexander von 49 Hume, David 53 Huntington, Samuel P. 8, 9, 10, 1 1 , 1 2 , Kissinger, Henry 8, 36, 40, 43, 44, 52, 56, 57, 61, 63, 64, 66, 71, 84, 87, 88 Klein, Morton 86 Knowles, Graham 28 Kopernikus 54 Korbel, Joseph 75 Kosjakow, Andre] 1 3 Kristol, Irving 84 Kristol, William 84 Ku-Klux-Klan 62 Kurtzberg, Paul 26 Kurzberg, Sivan 26 Lagrange, Joseph-Louis 49 Lambsdorff, Otto Graf 84 Lansdale, Edward 98, 99, 100, 1 0 2 Lantos, Tom 35 Laplace 49 Ibn Sina 46 LaRouche, Lyndon 5, 8, 1 1 , 62, 67, 72 Lauder, Ronald 67 Leahys, Admiral 9 Ledeen, Michael 83, 84, 86 Leibniz, G.W. 48, 53, 55 Lemnitzer, Lyman 100 Leonardo da Vinci 44 Lessing, G.E. 48 Lewinsky, Monika 28 Ikle, Fred C. 87 Imposimato, Ferdinande 1 6 Lewis, Bernhard 38, 67, 68, 7 1 , 75, 85 Lewis, Michael 70 Indyk, Martin 85, 86 Institut für Amerikanische Strategie 94, 102 Institut für Orient- und Afrikastudien 68 Institute for Advanced Strategie and Policy Studies 84, 88 Lewis, Samuel W. 86 Lieberman, Joe 71 Lincoln, Abraham 39, 40, 4 1 , 46, 62 Lindsay 62, 63, 90 17, 34, 35, 38, 40, 41, 44, 47, 48, 5 1 , 5 2 , 57, 6 1 , 6 2 , 64,67,68, 7 1 , 72, 75, 78, 84, 87, 88 Hussein, Saddam 70, 83, 86 Huxley, Julian 91 Huxley, Thomas 47, 91 Huyghens, Christian 55 Institute for American Strategy 87 International Institute for Strategie Studies 72 Irakischen Nationalkongreß 70 Iran-Contra-Operationen 87 Jardine Matheson Trading Co. 84 Jaspers, Karl 48, 53 Jewish Institute for National Security Affairs 83, 84 JINSA 84, 85 John M. Oiin Institute 72 John-Birch-Cesellschaft 94 Johns-Hopkins-Universität 72 Johnston, Alastair lain 88 Kampelman, Max M. 84, 86 Kant, Immanuel 53 Karl dem Großen 46 Kästner, Abraham 48, 55 Kennedy, Bobby 100 Kennedy School of Government 89 Kennedy, John F. 1 5 , 4 1 , 6 1 , 66, 94, 96, 97, 99 Kepler, Johannes 48, 54, 55 King, Dennis 72, 87 Kintner, William 95 Kirkland, Lane 84 Kirkpatrick, Jeanne 84, 86 106 Lindsey, Lawrence 85 List, Friedrich 39, 65 Ludwig XI. 40, 45 Lunsford Richardson 87 Luttwak, Edward 86 Lynde und Harry Bradley Foundation 72 Milner, Alfred 63, 90, 93 Mitchell, Larry 1 4 Molotow, Wjatscheslaw M. 43 Moltke, Helmuth von 9, 48 Monge, Gaspard 48 Monroe, James 65 Mubarak, Hosni 1 2 Muravchik, Joshua 84, 86 Murray, Charles 85 Mussolini, Benito 41 Myers, Gen. Richard 1 3 Mylroie, Laurie 67, 85, 86 Napoleon 40, 4 1 , 45, 48, 64 Napoleon III. 40, 41 National Endowment for Democracy 84 National Strategy Information Center 101 National War College 94, 102 Nationale Sicherheitsrat 99 Nationalen Sicherheitsrat 87 Naval War College 88 Nelson, Arvid R. 87, 88 Netanjahu 67, 83 New Atlantic Initiative 84 Newmann, Tom 86 Nietzsche, Friedrich 4 1 , 47, 48 Nikolaus von Kues 37, 48, 74 Nitze, Paul 97 Nixon, Richard 4 1 , 87, 97 Norman, Montagu 43 Nortel 28 Novak, Michael 85 NSDAP 64 O'Sullivan, John 84 Office of Net Assessment 88, .89 Office of Strategie Services 65 Olin Foundation 83, 88 Oranien, Wilhelm von 39 Organisation d'Armee Secret" (OAS) 5 MacArthur 1 0 , 4 5 , 100 MacFarquhar, Roderick 87 Mach, Mach 49 Machiavelli, Niccolö 44 Mackinder, Haiford 65, 71, 72, 76, 78, 90 Macmillan, Harold 41 Mahmud, Mustafa 1 5 Mandelbaum, Michael 86 Mandelson, Peter 84 Marmari, Omer Gavriel 26 Marsh, Robert 28 Marshallplan 72 Masaryk, lan 75 McArthur, Douglas 96 McFarlane, Robert 86 McGill University 75 McKinley, William 34, 39, 40, 41 McNamara, Robert 66 Mega 32, 85, 86 Mendelssohn, Moses 44 Metternich, Fürst 64 Meyer, Edward C. 87 Meyerhoff, Marvey 86 Organisation de l'Armee Secrete 66 Oswald, Lee Harvey 1 0 2 Owsley, Frank Lawrence 62 racioli, Luca 48 Patterson School of Diplomacy and International Commerce 89 Paul H. Nitze School of Advanced International Studies 89 Paul-Nitze School for Advanced International Studies 84 Peretz, Martin 70, 86 Perle, Richard 34, 67, 68, 84, 86 Petrarca 46 Philbrick, Herbert 95 Pipes 66, 67, 84, 85, 86 Pipes, Richard 67, 84 Platon 36, 44 Podhoretz, John 84 Podhoretz, Norman 84 Poisson, Simeon Denis 49 Pollard, Jonathan 29, 33, 83 Powell, Colin 7 Poweil, Sir Charles 84 Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. November 2001. über LaRouches Analyse und Interviews mit ihm in Radio- und Fernsehsendungen und in den Printmedien sind so zahlreich, daß man sie unmöglich hier aufzählen kann. Die Ablehnung der offiziellen „Bin-Laden-war-es"Version ist ein internationales Phänomen, das in dem Maße zunimmt, wie immer neue „endgültige Beweise" von der amerikanischen Regierung vorgelegt werden — seien es immer neue „Bin-Laden-Videos" oder „Dokumente" aus Höhlen oder zerbombten Hütten in Afghanistan. Gleiches gilt für angebliche „terroristische Planungszentren" in Hamburg, Frankfurt, Kuala Lumpur, Mailand, Paris oder Singapur, von denen die amerikanischen Behörden behaupten, daß dort die Anschläge vom 1 1 . September von „islamistischen Terror-Schläfern" ausgeheckt worden seien. Gerade in Europa gilt, daß das, was an Lippenbe- kenntnissen zum 1 1 . September in der Öffentlichkeit gesagt wird, in eklatantem Gegensatz zu dem steht, was privat gedacht und gesagt wird. Wer in den letzten Monaten mit politischen Persönlichkeiten in Westeuropa über den 1 1 . September gesprochen hat, wird immer wieder und in steigendem Maße feststellen, daß „hinter vorgehaltener Hand" der Analyse LaRouches zugestimmt wird. Der frühere italienische Staatsanwalt Ferdinande Imposimato war auf Terrorismusfälle und ihre Hintergründe spezialisiert, darunter der Fall Moro und das Attentat auf den Papst. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er sagt, „es wäre absurd, LaRouches Hypothese einer Beteiligung inneramerikanischer Kräfte an den Anschlägen des 1 1 . September und die Recherchen von EIRNA zu ignorieren, denn sie beruht auf Tatsachen." Die Folgen der „Lüge aus Staatsräson" Über das, was am 1 1 . September tatsächlich geschah, die Wahrheit zu sagen, ist auch deshalb eine zwingende Notwendigkeit, weil aus der „Lüge aus Staatsräson", die Bin Laden und seine Netzwerke bezichtigt, die Anschläge verübt zu haben, eine Kettenreaktion verheerender weltpolitischer Konsequenzen gefolgt ist. Der „Krieg gegen den Terror" droht mit jedem Tag mehr genau zu jenem „Krieg der Zivilisationen" zu degenerieren, den auszulösen das Ziel der Putschisten des 1 1 . September war. Zugleich droht der „Krieg gegen den Terror" in ein bitteres Zerwürfnis oder Schlimmeres mit Rußland und China zu münden, was ebenfalls das Ziel der Putschisten des 1 1 . September war. Die europäischen Alliierten der Vereinigten Staaten werden zunehmend gezwungen, gegen die amerikanische Regierung Stellung zu beziehen. Dies um so mehr, seit zu Beginn des Jahres 2002 die militärische Kampagne gegen die 16 „Weltoberbösewichter" Bin Laden/AI Qaida/Taliban von den Kriegsdrohungen und -Vorbereitungen gegen die „Achse des Bösen" — Irak, Iran und Nordkorea — abgelöst worden ist. Über die Notwendigkeit des Sturzes des Taliban-Regimes in Afghanistan bestand auch schon vor dem 1 1 . September ein weitgehender Konsens unter den größeren Mächten der Region — Rußland, Indien, China, Iran und die zentralasiatischen Länder. Gestützt wurden die Taliban sowieso nur von Pakistan und Saudi-Arabien — und mindestens bis 1 9 9 8 von den USA. Die Art und Weise, wie die Bush-Regierung dann den Krieg in Afghanistan geführt hat— und dieser Krieg ist noch nicht vorbei —, hat aber die gesamte Region West-, Zentralund Südasien destabilisiert. Pakistans innere Stabilität ist gegenwärtig mehr gefährdet als jemals zuvor in der 54jährigen Geschich-