Mitteilungen - Stadt St.Gallen

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Stadt St.Gallen
Botanischer Garten
Mitteilungen
August 2016 / 65. Jahrgang Nr. 8
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Begonien: Hübsche Geizhälse und Betrüger
Mit rund 900 Arten, die mit Ausnahme von Australien
in den gesamten Subtropen und Tropen verbreitet
sind, gehören die Begonien zu den grössten
Pflanzengattungen schlechthin. Das augenfälligste Merkmal sind die stark asymmetrischen Blätter mit ihren oft
hübschen Farbzeichnungen. Der
Vulgärname „Schiefblatt“ charakterisiert die gut erkennbare Gattung treffend. Trotz des recht einheitlichen
Erscheinungsbildes gibt es unter den
Begonien mehrere Lebensformen:
Stauden, Sträucher und Kletterpflanzen. Sie alle sind im Tropenhaus mit
mehreren Arten vertreten. Ein weiteres Merkmal der Begonien sind ihre
stets eingeschlechtigen Blüten. Die abgebildete Papaya-Begonie (Begonia
sutherlandii) zeigt auf derselben
Pflanze Blütenstände mit rein männlichen Blüten („Staubblüten“) und Blütenstände mit rein weiblichen Blüten („Stempelblüten“). Gemischte Blütenstände kommen zwar vor, sind aber die Ausnahme. Zwittrige Blüten
gibt es keine. Mit ihren schalenförmigen Blüten ist die Papaya-Begonie trotz deren orangen
Färbung auf Bestäubung durch Bienen und andere kurzrüsselige Insekten spezialisiert. Diesen unverzichtbaren Bestäubern haben nur die männlichen Blüten eine Gegenleistung zu
bieten: einen Anteil des Pollens. Nektar ist weder bei den weiblichen noch bei den männlichen Blüten vorhanden. Diese „Knausrigkeit“ könnte dazu führen, dass die potentiellen Bestäuber nur männliche Blüten aufsuchen und sich die Narrengänge zu den nahrungslosen
weiblichen Blüten ersparen. Dies würde unweigerlich zum Verlust der Samenbildung führen.
Weil alle Blüten einander sehr ähnlich sehen – beispielsweise sind Staubblätter, Griffel und
Narben gleichermassen gelb gefärbt - erkennen die Insekten keine Unterschiede. So fliegen
sie bei ihrer Suche nach Nahrung bunt gemischt männliche und weibliche Blüten an. Obwohl
sie viel Pollen als Nahrung abzweigen, gelangt genügend Blütenstaub auf die Narben der
Stempelblüten. Gesamthaft gibt es mehr weibliche als männliche Blüten.
Im Gegensatz zu den Insekten können botanisch versierte Personen Staub- und Stempelblüten leicht unterscheiden. Stempelblüten weisen fünf Kronblätter und einen markanten unterständigen Fruchtknoten auf. Staubblüten dagegen sind vierzählig, Fruchtknoten fehlen.
Die Papaya-Begonie ist in der Krautschicht feuchter Bergwälder zwischen der östlichen Kapregion Südafrikas und Simbabwe bis in Höhen von 2000 Metern reichlich vertreten. Mitunter
tritt sie sogar epiphytisch an moosigen Baumstämmen und in Astgabeln auf, wo sich etwas
Humus angesammelt hat. Es sind Stauden, deren bis 80 Zentimeter langen Sprosse entweder dem Boden entlang kriechen oder zaghaft klettern.
Die drei markanten Flügel der Kapselfrüchte, die aus drei verwachsenen Fruchtblättern hervorgegangen sind, dienen als Windfänge. Selbst schwache Winde können die reife Frucht
kräftig schütteln. Dabei werden die feinen Samen - 1 Gramm umfasst 75‘000 Korn - durch
Öffnungen entlang der Flügel hindurch in einem weiten Umfeld weggeblasen.
www.stadt.sg.ch
Heizrohre erneuert – Ruhe im Tropenhaus zurückgekehrt
Ausgerechnet vor den Sommerferien, wenn die Zahl der Gartenführungen jeweils sehr hoch
ist, mussten im Tropenhaus die korrodierten Heizrohre zurückgebaut und mit neuen ersetzt
werden. Dieser an sich ungünstige Zeitraum wurde gewählt, weil es nur dann möglich ist,
die Heizung rund drei Wochen lang abzustellen. Für das Gartenpersonal bedeutete dies einiges an Mehrarbeit, weil laufend Pflanzen entfernt, neu angesiedelt, zurückgebunden oder
gestutzt werden mussten. Dank der erfreulichen Rücksichtnahme durch die beteiligten
Handwerker blieben die Schäden in einem erträglichen Rahmen und mache Führung fand
statt, ohne dass das Publikum die ungünstigen Rahmenbedingungen überhaupt wahrnahm.
Die neuen Heizrohre wirken wesentlichen feiner als die alten. Dank Verzinkung und Pulverbeschichtung sollten sie auch wesentlich langlebiger sein, ohne mit grossem Aufwand immer wieder neu gestrichen zu werden.
Museumsnacht 2016
Es gibt nicht oft Gelegenheit, den Botanischen Garten in den Abend- und Nachtstunden zu
besuchen. Am 10. September ist dies wieder möglich. Zeitgleich mit über 33 anderen kulturellen Institutionen wird der Botanische Garten dann von 18.00 bis 01.00 Uhr mit mehreren
attraktiven Angeboten zugänglich sein:
 18.00 bis 01.00 Uhr: Die Ausstellung „abgeschaut & nachgebaut – Natur beflügelt
Technik“ kann in der Orangerie frei besichtigt werden. Frei zugänglich wird auch das
hell erleuchtete Tropenhaus sein, wo die Antillen-Pfeiffrösche als Hausorchester
wirken. Das Freiland wird nur spärlich mit Weidenlampen beleuchtet sein.
 18.00 bis 21.00 Uhr: „Demonstrationen zum Thema Bionik“. Walter Arn, Werklehrer und Bioniker, zeigt im Vortragsraum Kindern und Erwachsenen, wie nach dem
Vorbild von wellblechartigen Blättern aus Pet-Flaschen Windräder gebaut werden
können.
 Ab 18.00 Uhr stündlich: „Späte Blüten, lebende Steine, explodierende Früchte“.
Kurzführungen durch die nächtlichen Freilandanlagen.
 Ab 18.30 Uhr stündlich: „Lianen, Sukkulenten, Fleisch fressende Pflanzen“. Kurzführungen durch das beleuchtete Tropenhaus.
 18.00 bis 01.00 Uhr: “Museumsnacht-Beiz“. Als Gegengewicht zur üppigen geistigen Nahrung in den anderen Gartenteilen wird im beheizten Zelt vor der Orangerie
für das leibliche Wohl gesorgt: Gemüsecurry mit Fladenbrot, Gulaschsuppe, Indonesische Poulet-Spiessli und Balkanspiessli mit Reis, Getränke, Kaffee und Kuchen.
Öffentliche Führungen im Botanischen Garten
Sonntag, 4. September 2016 um 10.15 und 15.15 Uhr
Martin Klauser: Steine und Steinarbeiten im Botanischen Garten
Botanische Gärten sind in erster Linie Pflanzensammlungen. Es genügt aber nicht, die zahlreichen Arten nur zu sammeln, zu erhalten und dem Publikum näher zu bringen. Die Sammlungen sollen wo immer möglich in einer gartenarchitektonisch überzeugenden Umgebung
präsentiert werden.
Diesem Grundsatz lebt der Botanische Garten St.Gallen seit seinen Anfängen im Jahr 1945
nach, als Gartenarchitekt Paul Zülli die Planung und Projektierung übernahm. So entstand
beim Realisierungsprozess, der zehn Jahre in Anspruch nahm, ein Garten, der funktionalen
und ästhetischen Erfordernissen gleichermassen genügt. Entscheidend dabei sind die Steinarbeiten. Ohne als Musterzentrale zu wirken, zeigt der Botanische Garten St.Gallen eine Vielfalt an Natursteinen und Verwendungsmöglichkeiten, die durchaus Anregungen für den eigenen Hausgarten geben können.
Der Referent hat schon mehrfach Umgestaltungen und Erneuerungen im Botanischen Garten St.Gallen projektiert und umgesetzt. Er ist daher prädestiniert, die Anlagen aus gartenarchitektonischer Sicht vorzustellen.
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