Krankheiten im Alter - Kleintierpraxis Dr. Nina Müller

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Autorin: Dr. med. vet. Sunayana Mitra
Krankheiten im Alter
Wie auch beim Menschen treten beim Tier im fortgeschrittenen Alter Krankheiten auf, die teilweise
auf den Verschleiß innerer Organe bzw. des Skelettsystems zurückzuführen sind. Aber auch das
Tumorwachstum tritt häufiger im Alter auf. Meist fällt dem Besitzer eine Leistungsschwäche,
Mattigkeit oder Appetitlosigkeit auf. Durch verschiedene Untersuchungsmethoden muss die
Ursache vom Tierarzt analysiert werden.
Schmerzen in den Gliedmaßen, meist durch Arthrosebildung der Gelenke, fallen vor allem bei
einseitiger Lahmheit auf, bzw. bei einer Schmerzäußerung während der Palpation (Abtasten )
einzelner Gelenke. Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, die durch Spondylosebildung der
Wirbelkörper hervorgerufen werden können, werden durch systematisches Abtasten beidseits
seitlich der Wirbelsäule festgestellt. Hierbei verspannt sich die Muskulatur bei Schmerz bzw. zuckt
die Haut ruckartig zusammen (Pannikulusreflex).
Ein schmerzfreier Rücken dagegen wippt mit der tastenden Belastung elastisch mit.
Weiterführend wird das Skelettsystem röntgenologisch untersucht, um die Knochenveränderung
und ihren Schweregrad festzustellen und eine Prognose sowie einen Therapieplan aufstellen zu
können.
Rheumafaktoren oder eine Borrelioseinfektion werden über eine Blutuntersuchung abgeklärt.
Hierbei sollte betont werden, dass Tiere ein Schmerzgedächtnis haben. Man darf nicht warten bis
die Schmerzen stärker werden, um dann erst ein Schmerzmittel anzuwenden. Behandelt der
Tierarzt einen akuten Entzündungsschub, kann das Medikament nach Abklingen meist reduziert
werden.
Oftmals können auch Physiotherapie (Schwimmen, Aquatraining), Massage der Gliedmassen,
Magnetfeldtherapie oder Futterzusätze wie Glycosaminoglykane (Muschelextrakte), Chondroitin
und Glutamin einen Einfluss auf die Bildung von Gelenkschmiere (Synovia) nehmen und somit zur
Reduzierung von entzündungs-hemmenden Schmerzmitteln (Antiphlogistika) führen. Fehlende
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Muskulatur kann unter Umständen mit Muskel aufbauenden Präparaten (Anabolika) unterstützt
werden, um dem Skelettsystem mehr Halt zu geben.
Auch die Organe, wie Leber, Nieren, Milz, Magen - Darm oder Herz können im Alter weniger
effizient arbeiten. Über eine Blutuntersuchung erhält der Tierarzt erste Hinweise. Allerdings kann
der Körper die verminderte Leistung lange kompensieren, sodass zum Beispiel die Leber- oder
Nierenwerte erst erhöht sind, wenn schon ¾ des Organgewebes nicht mehr arbeitet.
Die Größe der Organe ist ebenfalls auf dem Röntgenbild ersichtlich. Genauer jedoch können
innere Organe mittels eines Ultraschallgerätes untersucht werden, da die Gewebestruktur nur hier
erkennbar ist. So können chronische Veränderungen zum Beispiel von lokalen Tumoren abgegrenzt
werden.
Das Herz, als Motor des Körpers, nimmt eine Sonderstellung ein.
Schon bei der jährlichen Impfung wird das Herz mit Hilfe eines Stethoskops routinemäßig
abgehört.
Herzgeräusche, statt der üblichen zwei Herztöne, geben einen Hinweis auf eine
Strömungsveränderung des Blutes, die meist durch unzureichend schließende Herzklappen
verursacht werden.
Blutdruckmessung, EKG, Röntgen und vor allem die Ultraschalluntersuchung ergänzen die
Informationen des Krankheitsbildes.
Die Funktionsweise des Herzens
Das vom Körper kommende verbrauchte Blut wird von der rechten Herzhälfte in die Lunge
gepumpt und dort mit Sauerstoff angereichert. Das sauerstoffreiche Blut kommt in die linke
Herzhälfte und wird von dort über die Hauptschlagader (Aorta) in den Körper weitergeleitet.
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Jede der beiden Herzhälften ist in einen Vorhof und eine Kammer unterteilt und nimmt eine
Weichenstellung ein. Vorhof und Kammer sind durch Herzklappen getrennt. Diese Öffnen sich in
der Füllungsphase (Diastole), dem Einstrom von Blut aus dem Vorhof in die Kammer. Wenn das
Blut in der Auswurfphase (Systole) von der Kammer in die Lunge bzw. den Körper gepumpt wird,
müssen diese Klappen geschlossen sein. Ist der Klappenschluss undicht, entweicht ein Teil des
Blutes rückwärts in den jeweiligen Vorhof. Dies führt zu einem Rückstau erst im Vorhof und dann im
vorgeschalteten Organ (Lunge bzw. Leber).
Durch einen primären Klappenfehler, durch einen erhöhten Blutdruck oder durch eine primäre
Muskelschwäche dehnt sich die Herzkammer aus (Dilatative Kardiomyopathie). Spätestens dann
schließen die Klappen nicht mehr zuverlässig (sekundäre Klappeninsuffizienz), da sie passiv
auseinander gezogen sind.
Am häufigsten ist die Mitralklappe der linken Herzhälfte defekt (Mitralinsuffizienz). Als Folge kommt
es zu Atemwegsproblemen.
Aus den gestauten Blutgefäßen sickert Flüssigkeit in die Lungenbläschen, die eigentlich nur Luft
enthalten sollten. Im Volksmund nennt man dieses Phänomen „Wasser in der Lunge“. Die Tiere
werden kurzatmig, brauchen nach Anstrengung oder Freude länger, um sich zu erholen, husten
und schlafen in der Nacht durch ihre Atemnot meist nicht durch. In fortgeschrittenem Stadium
erkennt man den Sauerstoffmangel an einer bläulich (lila) verfärbten Zunge.
Spätestens dann muss unverzüglich ein Tierarzt aufgesucht werden.
Dieser Zustand kann lebensbedrohlich sein!
Die Herzmuskulatur kann auch zu dick sein (Hypertrophe Kardiomyopathie). Dann kann sich die
schmale Herzkammer nicht genügend mit sauerstoffreichem Blut füllen und es entsteht ebenfalls
ein Sauerstoffmangel. In diesem Fall wird das Herz aber mit anderen Medikamenten unterstützt als
bei einem erweiterten Herzen.
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Die Klappen (Mitralklappe, Trikuspitalklappe, Aortenklappe oder Pulmonalklappe) können durch
eine Verhärtung auch einen Engpass bilden (Stenose). Ein ungenügender Klappenschluss
(Insuffizienz) kommt von einer Fehlbildung (Endokardiose) oder durch eine entzündliche
Veränderung (Endokarditis). Die Entzündung kann zum Beispiel über eine streuende
Bakterieninfektion (Zahnsteinbefall) hervorgerufen worden sein.
Die Ultraschalluntersuchung des Herzens ist daher die genaueste Untersuchungsmethode, da
sich mit ihr der Aufbau des Herzens genau darstellen lässt. Die Herzmuskulatur, ihre Dicke und
Kontraktionsfähigkeit, kann in einem Querschnitt (B-Mode) und im zeitlichen Verlauf (T-Mode)
während der Füllungsphase und während der Auswurfphase ausgemessen werden. Im Vergleich
zum Körpergewicht geben die Messdaten die Herzleistung wieder.
Der Durchmesser der Vorhöfe im Vergleich zur Aorta (Hauptschlagader) gibt Aufschluss über
den verursachenden Rückstau des Blutes, eine Doppler - Ultraschalluntersuchung stellt das
Ausmaß eines Blutrückflusses dar.
Die Herzklappen, ihr Aussehen, ihre Bewegung und ein eventueller Blutrückfluss können also mit
einer Ultraschalluntersuchung festgehalten und analysiert werden. Anhand der gewonnenen
Ergebnisse wählt der Tierarzt die passenden Medikamente. Diese können den Blutdruck senken,
die Herzmuskelleistung erhöhen oder mittels einer Entwässerung die Atemnot lindern.
Oftmals muss das Tier bis zur Besserung in Kontrollterminen erst vorsichtig an die optimale
Dosierung herangeführt werden. Die Intervalle der Termine setzt der Tierarzt je nach Schweregrad
der Erkrankung fest.
Auch bei gut eingestellten Herzpatienten, kann zum Beispiel bei einem Wetterumschwung eine
erneute Verschlechterung eintreten, sodass eine Kontrolluntersuchung dringend anzuraten ist.
Je besser der Tierbesitzer aufgeklärt ist, desto sicherer kann er die Situation seines Tieres
auch zuhause beurteilen. Scheuen Sie sich also nicht, solange nachzufragen, bis Sie wirklich
alles verstanden haben. Im Zweifelsfall haben wir Tierärzte den Sachverhalt zu schlecht
erklärt!
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