Eckpunkte für einen Maßnahmenkatalog bei Auftreten von Q-Fieber Der Maßnahmenkatalog dient dem Schutz der Menschen und Tiere vor einer Q-FieberInfektion; er beschreibt nicht Schritte zur Sanierung eines betroffenen Tierbestandes. Eine Eradikation dieser Infektionskrankheit ist aufgrund der epidemiologischen Zusammenhänge sehr schwer möglich. Sprachregelungen: Q-Fieber ist o eine Infektionskrankheit o eine auf den Menschen übertragbare Erkrankung (Zoonose) o für den Menschen gesundheitsgefährdend Inhaltsverzeichnis 1) Vorbeugende Maßnahmen bei Tieren ................................................................................ 2 2) Vorbeugende Maßnahmen bei Lebensmitteln.................................................................... 4 3) Maßnahmen in Beständen mit positivem Befund auf Coxiella burnetii, von denen eine Infektionsgefahr für den Menschen ausgeht .............................................................................. 4 4) Maßnahmen für Lebensmittel aus infizierten Beständen ................................................... 6 5) Gehäuftes Auftreten von Infektionen bei Mensch und Tier ............................................... 7 6) epidemiologischen Risikoabschätzungen ........................................................................... 8 7) Vorbeugende Maßnahmen beim Menschen ....................................................................... 8 1) Vorbeugende Maßnahmen bei Tieren a) Untersuchungen In Betrieben, von denen eine Infektionsgefahr ausgeht, sollen jährlich serologische Untersuchungen durchgeführt werden. Neben Schafbeständen sind ggf. auch Milchrinderbestände und Ziegenbestände einzubeziehen. Dies betrifft insbesondere: • Betriebe mit regelmäßigem Publikumsverkehr (Streichelzoos, Lehranstalten, Beschicker von Ausstellungen etc.) • Betriebe, deren Tiere Flächen mit verstärktem Publikumsverkehr (Truppenübungsplätze, Liegewiesen etc.) beweiden • Betriebe mit Milch-ab-Hof-Abgabe und Rohmilchkäseproduktion Bei gehäuftem Auftreten von Fruchtbarkeitsstörungen oder Aborten in WiederkäuernBetrieben wird die diagnostische Abklärung auch in Hinblick auf mögliche Q-FieberInfektionen empfohlen. Ein orientierendes Tiergesundheitsmonitoring sollte grundsätzlich mit Hilfe serologischer Untersuchungen durchgeführt werden. Bei erhöhten Abortraten oder auffälliger Serologie sollte zusätzlich Nachgeburten auf den Erreger untersucht werden. Soweit möglich, sollten sich die Untersuchungen auf Nachgeburten von Aborten beziehen. Die Stichprobennahme soll auf einer 95 % Sicherheit bei einer angenommenen Prävalenz von 5 % basieren. Für die Stichproben sind Tiere, die älter als ein Jahr sind, auszuwählen. Ergibt die Serologie mehr als 5 % positive Tiere, ist von einem Infektionsgeschehen auf Herdenbasis auszugehen. Bei unter 5 % betroffener Tiere kann davon ausgegangen werden, dass der Bestand nicht von einer akuten Infektion betroffen ist. b) Geburtshygiene Von besonderer Bedeutung sind Hygienemaßnahmen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Geburtsvorgang. Bei Schafen, Ziegen und Rindern ist während der Geburt auf allgemeine Hygiene im Hinblick auf den Gesundheitsschutz zu achten. Nachgeburten und Totgeburten sind unverzüglich nach den Vorschriften des Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes zu entsorgen. Bei Wanderschafherden sollten Nachgeburten umgehend in ausreichender Tiefe im Erdreich vergraben werden. Bei Aborten wird eine Untersuchung zur Ursachenfindung angeraten, insbesondere bei Streichelzoos ist dies regelmäßig notwendig. Der Geburtsvorgang soll möglichst im Stall erfolgen. c) Zeckenbehandlung Bei den kleinen Wiederkäuern empfiehlt sich eine regelmäßige (März/April, August/September), mehrjährige Behandlung gegen Zecken mit einem wirksamen Akarizid. Diese Empfehlung ist insbesondere bei der Wanderschäferei in bekannten Biotopen von Dermacentor marginatus von Bedeutung, um einer Ausbreitung der Infektion entlang der Wanderwege der Herden entgegenzuwirken. Die regelmäßige Zeckenbehandlung und – kontrolle ist für Streichelzoos ebenfalls besonders wichtig. d) Schafschur Da der Erreger von Q-Fieber auch über Zeckenkot auf den Menschen übertragen werden kann, soll das Scheren von Schafen möglichst außerhalb von Wohngebieten und ggf. in Ställen durch sachkundige Personen erfolgen. e) Maßnahmen bei Ausstellungen und anderen Veranstaltungen mit Publikumsverkehr • kein Auftreiben von Rindern, Schafen oder Ziegen im letzten Drittel der Trächtigkeit und von Kälbern, Schaf- oder Ziegenlämmern in den ersten 2 Lebenswochen • Ektoparasitenbehandlung der Tiere vor der Ausstellung • nur zeckenfreie, saubere Schafe (frei von Zeckenkot) ausstellen 2) Vorbeugende Maßnahmen bei Lebensmitteln a) Rohmilch, Rohmilchprodukte, Vorzugsmilch Betriebe, die Rohmilch, Rohmilchprodukte mit einer Reifezeit von unter 42 Tagen oder Vorzugsmilch abgeben, sollten 2 x jährlich mit der Tankmilch-/Sammelmilch-PCR untersucht werden. Bei einem Q-Fieber positivem Ergebnis dürfen die Lebensmittel nicht ohne Erhitzungsverfahren an den Verbraucher abgegeben werden. Sobald die Tankmilch wieder negativ ist, darf der Verkauf fortgesetzt werden. Hinweis: Wie bei der Abgabe von roher Kuhmilch ist bei roher Schaf- bzw. Ziegenmilch verpflichtend ein Hinweisschild: „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ vor der Abgabe stelle aufzustellen. 3) Maßnahmen in Beständen mit positivem Befund auf Coxiella burnetii, von denen eine Infektionsgefahr für den Menschen ausgeht a) Aufklärung Landwirt (Hygienemaßnahmen etc.) Bei Feststellung des Auftretens von Q-Fieber (Erregernachweis) ist der Landwirt über die Notwendigkeit der Einhaltung von Hygienemaßnahmen im Hinblick auf die Bedeutung des Q-Fiebers als Kontakt-Zoonose aufzuklären. b) Untersuchungen Die Landwirte sollen Empfehlungen zu Untersuchungsregime und Vorgehen bei Sanierung erhalten. c) Besondere Geburtshygiene Die Abkalbe- oder Ablammboxen sind in diesen Beständen nach dem Abkalben/Ablammen zu desinfizieren. Bei Geburten kontaminierte Flächen oder als solche verdächtige Flächen sind zu desinfizieren (ggf. zu kalken). Die Nachgeburten sind unschädlich zu beseitigen. d) Besucherverkehr Landwirte tragen dafür Sorge, dass Besucher nicht unkontrollierten Zugang zu Räumlichkeiten mit infizierten Tieren haben. Die Möglichkeit einer aerogenen Übertragung durch Staub ist dabei besonders zu berücksichtigen. Zutrittsregelungen für betriebsfremdes Personal sind festzulegen. Die betroffenen Tiere sind von Flächen mit verstärktem Publikumsverkehr fernzuhalten (Wanderschafherden!). e) Beschickung von Ausstellungen Tiere aus Beständen mit aktuellem Erregernachweis dürfen nicht auf Ausstellungen mit Publikumsverkehr verbracht werden. f) Viehhandel Tiere mit positivem Erregernachweis dürfen nicht gehandelt werden. g) Reinigung und Desinfektion Bezüglich Desinfektion machen die vegetativen Coxiellen, die im feuchten Material zu erwarten sind, keine besonderen Schwierigkeiten. Sie lassen sich mit allen Desinfektionsmitteln des Wirkungsbereichs A inaktivieren. Dagegen stellen die sporenähnlichen Körperchen, mit denen in eingetrockneten Materialien zu rechnen ist, ein großes Problem dar. Eine Inaktivierung ist mit thermischen Verfahren zwar leicht möglich, dagegen liegen für die Chemodesinfektion kaum praktische Erfahrungen vor. In Laborversuchen erwies sich nur 10%iges Formalin über mehrere Stunden als wirksam. • Stalldesinfektion o 10 bis 20%ige Chlorkalklösung o 1%ige Lysollösung o 5%ige Wasserstoffsuperoxidlösung • Festmist Eine Desinfektion von Festmist und Einstreu gestaltet sich schwierig. In lediglich gelagertem, gestapeltem oder gepacktem Festmist werden oftmals nicht die Temperaturen erreicht, die notwendig wären, um den Erreger zu inaktivieren. Daher wird zur Abtötung von Keimen in Festmist generell das Aufsetzen von Düngerpackungen unter Verwendung von Branntkalk empfohlen. Da C. burnetii durch das Bilden von Sporen-ähnlichen Formen besonders hitzeresistent ist, ist davon auszugehen, dass Düngerpackungen ohne Branntkalk eine Abtötung dieses Keimes nicht sicherstellen können. Denn obwohl Untersuchungen zu verschiedenen thermischen Desinfektionsverfahren speziell für C. burnetii bisher nicht durchgeführt wurden, lassen vergleichbare Untersuchungen schlussfolgern, dass die Abtötung von C. burnetii mittels Erstellung einer Düngerpackung nur durch das Hinzugeben von Branntkalk bei gleichzeitiger Abdeckung der Miete mit stabiler Silofolie gewährleistet werden kann. • Schlafvlies Über eine mögliche Desinfektion von Zeckenkot-kontaminiertem Schafvlies nach der Schur bzw. am lebenden Tier liegen keine Daten vor. Insofern besteht weiterer Forschungsbedarf. 4) Maßnahmen für Lebensmittel aus infizierten Beständen (grundsätzlich ist die Möglichkeit der alimentären Übertragung von geringer Bedeutung) a) Rohmilch, Vorzugsmilch Roh- bzw. Vorzugsmilch aus Wiederkäuerbeständen, bei denen eine Infektion mit C. burnetii festgestellt wurde, darf nicht unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden. Die Milch ist einem Erhitzungsverfahren zu unterziehen. (siehe auch Punkt 2 a)) b) Rohmilcherzeugnisse Bei der Herstellung von Weichkäse und Butter aus Rohmilch wurde eine Überlebensfähigkeit der Coxiellen von 42 Tagen festgestellt, so dass auch hier eine Pasteurisierung der Milch vorzunehmen ist. Bei der Herstellung von Hartkäse kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Coxiellen im Verlauf der Reifung absterben, bevor der Käse verkauft wird. (siehe auch Punkt 2 a)) c) rohes Fleisch • Fleisch von Tieren mit positivem Erregernachweis ist nicht zum menschlichen Verzehr geeignet. Die Tiere erhalten ein Schlachtverbot, da sie mit einer auf den Menschen übertragbaren Erkrankung infiziert sind. • Fleisch von gesunden, seropositiven Tieren ist nicht zu reglementieren, da für eine Übertragung des Erregers keine Belege vorliegen. Von dieser Regelung auszunehmen sind Euter, Gebärmutter und zugehörige Lymphknoten, da diese den Erreger beherbergen können. d) Maßnahmen bei der Schlachtung verdächtiger Tiere Wenn die Tiere geschlachtet werden dürfen, sind Vorkehrungen für das Personal wie Schutzkleidung/Mundschutz und Anfeuchten des Fells zu beachten (siehe auch berufsgenossenschaftliche Vorschriften). 5) Gehäuftes Auftreten von Infektionen bei Mensch und Tier a) Gemeinsamer Arbeitsstab von Veterinären und Humanmedizinern Beim Auftreten von mehreren Q-Fieber-Erkrankungsfällen beim Menschen oder Tier sollte ein gemeinsamer Arbeitsstab aus Humanmedizinern und Tierärzten gebildet werden. b) Untersuchungen Stichprobenuntersuchungen bei den Tieren Bei der stichprobenartigen Untersuchung in verdächtigen Herden sollte man gezielt vorgehen und Tiere, die im fraglichen Zeitraum geboren haben oder klinisch auffällig wurden, vorrangig beproben. Durch diese Strategie werden Nachteile hinsichtlich der Homogenität der Merkmalsträger in der Population sowie in der Spezifität und Sensitivität der Tests ausgeglichen. Nachgeburten und Abortmaterial sollten ebenso systematisch beprobt werden. Soweit serologische Umgebungsuntersuchungen vereinbart werden, ist zu berücksichtigen, dass bei positiven Befunden das „Verursacherprinzip“ nicht zwingend geklärt werden kann, da die untersuchten Tierbestände positive Reagenten haben können, ohne jedoch maßgeblich zur Q-Fieber-Infektion des betreffenden Menschen beigetragen zu haben. Bei begründetem Verdacht sollte daher versucht werden, den Erreger möglichst direkt nachzuweisen. Q-Fieber ist eine vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheit (Zoonose) im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 b des Tierseuchengesetzes. Die §§ 18 ff. des Tierseuchengesetzes und § 14 des Ordnungsbehördengesetzes sind somit zum Schutz gegen eine besondere Gefahr einer Tierseuche anwendbar. Bestände, in denen der Erreger festgestellt wurde, sind zu sperren. Die Freigabe kann erst dann vollständig erfolgen, wenn der Anteil der in der Serologie positiven Tiere unter 5 % gesunken ist. c) Hygienemanagement In betroffenen Tierbeständen ist ein verbessertes Hygienemanagement anzustreben (getrennte Abkalbe- bzw. Ablammboxen, Reinigung und Desinfektion der Boxen nach Gebrauch). Der Tierhalter muss über Schutzmaßnahmen informiert werden. Die konkret zu ergreifenden Maßnahmen sind aufgrund der Unterschiede der Erregerausscheidungen bei Schaf und Rind jeweils einzelfallbezogen zu entscheiden. 6) epidemiologischen Risikoabschätzungen folgende Kriterien sind zu berücksichtigen: • Die Erregerübertragung erfolgt insbesondere aerogen; als besonders kritisch ist eingetrockneter Kot infizierter Zecken sowie organisches Material nach Verlammung erkrankter Schafe einzustufen. • Zu prüfen ist auch, inwieweit relevante Kontakte zu anderen Haustieren (einschließlich Hund und Katze) bestehen. • Auch wenn der alimentäre Übertragungsweg allenfalls nur eine untergeordnete Rolle spielt, sollten die Kriterien bei der Milcherzeugung, der Schlachtung und der Rohmilchkäseherstellung vorsorglich mit überprüft werden. Als zusätzliche Maßnahme sollten in besonders exponierenden Betrieben bei Neueinstallungen serologische Kontrolluntersuchungen mittels ELISA durchgeführt werden. 7) Vorbeugende Maßnahmen beim Menschen Empfehlung an die LAGV: Schreiben an das Gesundheitsministerium mit Vorschlägen zu Monitoringuntersuchungen, Screening bei Risikogruppen und Vorsichtsmaßnahmen bei infizierten Menschen.