Optik, Atom- und Kernphysik - Institut für Physik der Kondensierten

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Institut für Physik der
Kondensierten Materie
Skript zur Vorlesung:
Physik 2 für Elektrotechniker:
Optik, Atom- und Kernphysik
Priv.-Doz. Dr. Dirk Menzel
Inhaltsverzeichnis
1 Licht als elektromagnetische Welle
1
1.1
Die Wellengleichung für das Vakuum
1
1.2
Die Ausbreitung des Lichts
5
1.2.1 Huygens’sches und Fermat’sches Prinzip
5
1.2.2 Das Reflexionsgesetz
5
1.2.3 Lichtbrechung
6
1.2.4 Die Totalreflexion
7
1.2.5 Ausbreitung des Lichts in Materie
7
1.2.6 Polarisation
10
1.2.7 Die Fresnel'schen Formeln
13
2 Optische Abbildungen
2.1
2.2
2.3
Abbildungen an Spiegeln
17
2.1.1 Ebene Spiegel
17
2.1.2 Sphärische Spiegel
18
Abbildungen durch Linsen
19
2.2.1 Erzeugung von Bildern durch Brechung
19
2.2.2 Dünne Linsen
20
2.2.3 Dicke Linsen
21
2.2.4 Abbildungsfehler
22
Optische Instrumente
22
2.3.1 Das Auge
22
2.3.2 Die Lupe
23
2.3.3 Das Mikroskop
24
2.3.4 Das Teleskop
25
3 Interferenz und Beugung
3.1
17
Interferenz
27
27
3.2
3.3
3.1.1 Superposition von Wellen
27
3.1.2 Interferenz an dünnen Schichten
28
3.1.3 Kohärenz
30
3.1.4 Interferometer
30
Beugung
3.2.1 Beugung am Einzelspalt
31
3.2.2 Auflösungsvermögen optischer Instrumente
33
3.2.3 Das Theorem von Babinet
34
3.2.4 Beugung am Gitter
34
3.2.5 Beugung am Doppelspalt
35
3.2.6 Abbildungstheorie von Abbé und Auflösungsvermögen beim
Mikroskop
36
Holographie
4 Welle/Teilchen-Dualismus
4.1
4.2
30
Der Teilchencharakter des Lichts
37
39
39
4.1.1 Der Photoeffekt und die Bestimmung von h
39
4.1.2 Der Impuls der Photonen
41
4.1.3 Der Compton-Effekt
43
Der Wellencharakter der Materie
45
4.2.1 Elektronen und Materiewellen
45
4.2.2 Die Bedeutung der Wellenfunktion
48
4.2.3 Die Heisenberg'sche Unschärferelation
49
5 Atomphysik
53
5.1
Die Atomistik der Materie
53
5.2
Einfache Atommodelle
55
5.3
5.2.1 Das Rutherford'sche Atommodell
56
5.2.2 Das Bohr'sche Atommodell
57
5.2.3 Die Anwendung der de-Broglie-Wellen auf das Atom
59
Quantentheorie der Atome
5.3.1 Die Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom
60
60
5.4
5.5
5.3.2 Der Radialteil und die Hauptquantenzahl n
62
5.3.3 Der Bahndrehimpuls und die Quantenzahlen l und ml
64
5.3.4 Quantenzahlen und Atomorbitale
65
5.3.5 Die vierte Quantenzahl – der Spin
67
Mehrelektronen-Atome
5.4.1 Das Pauli-Prinzip
68
5.4.2 Das Periodensystem der Elemente
69
Röntgenspektren
6.2
72
5.5.1 Röntgenbremsstrahlung
72
5.5.2 Röntgenlinienspektrum
73
6 Strahlungsquellen
6.1
68
Laser
74
74
6.1.1 Stimulierte Emission
74
6.1.2 Funktionsweise eines He-Ne-Lasers
76
Wärmestrahlung
76
6.2.1 Strahlung schwarzer Körper
76
6.2.2 Das Planck'sche Strahlungsgesetz
77
6.2.3 Das Wien’sche Verschiebungsgesetz
80
6.2.4 Das Gesetz von Stefan-Boltzmann
81
7 Kernphysik
82
7.1
Struktur des Atomkerns
82
7.2
Bindungsenergie und Kernkräfte
83
7.3
Radioaktivität
85
7.4
7.3.1 Alpha-Zerfall
85
7.3.2 Beta-Zerfall
86
7.3.3 Gamma-Zerfall
88
7.3.4 Zerfallsgesetz und Halbwertszeit
88
7.3.5 Anwendung: Die Radiokarbon-Methode
90
Kernreaktionen
91
7.5
7.6
7.4.1 Kernspaltung
92
7.4.2 Kernfusion
94
Radiometrie und medizinische Anwendungen
96
7.5.1 Dosimetrie und Strahlentherapie
96
7.5.2 Medizinische Diagnostik: CT, PET und MRT
97
Elementarteilchen und das Standardmodell
97
Teil I: Optik
Optik: Ausbreitung des Lichts im Vakuum und in Medien
Geometrische Optik
Darstellung des Lichtweges durch Geraden
Wellenoptik
Licht als elektromagnetische Welle
Dimensionen sind groß gegenüber der
Wellenlänge des Lichts
Dimensionen können in die Größenordnung
der Wellenlänge des Lichts kommen
Hinreichend für Brechung, Reflexion,
Abbildungen (einfache empirische
Darstellung)
Notwendig für Polarisationseffekte,
Beugung, Interferenz, Auflösungsvermögen
optischer Instrumente
Nicht erklärbar: Photoeffekt, Strahlung
schwarzer Körper (→ Teilchenbild (Photon),
„Welle-Teilchen-Dualismus“)
Am Anfang beschäftigen wir uns mit der Frage: Was ist Licht überhaupt, und welche
Eigenschaften hat es ?
1.
Licht als elektromagnetische Welle
Optik im klassischen Sinne beschäftigt sich mit dem sichtbaren Spektrum
Sichtbares Spektrum:
Wellenlängen:
λ = 380 nm
bis
violett
ν = 790 THz bis
Frequenzen:
λ = 780 nm
rot
ν = 380 THz
Zwischen Wellenlänge und Frequenz besteht der Zusammenhang:
c = λ ⋅ν
c : Lichtgeschwindigkeit
Im Vakuum beträgt die Lichtgeschwindigkeit:
c0 = 2,99792458·108 m/s
(definiert)
Wir wollen uns jetzt ansehen, wie sich Licht im Vakuum ausbreitet.
1.1
Die Wellengleichung für das Vakuum
Bei einer elektromagnetischen Welle hat man es mit sich schnell verändernden elektrischen
und magnetischen Feldern zu tun. Diese gehorchen den Gesetzen der Elektrodynamik.
James Clerk Maxwell (1831-1879) hat empirisch in seinen Maxwell’schen Gleichungen die
r
r
Zusammenhänge zwischen den E - und B -Feldern formuliert.
1
Maxwell’sche Gleichungen:
1.
r
r
r
∂E
rot B = µ0 j + µ0ε 0
∂t
„Durchflutungsgesetz“
µ0 = 4π ⋅ 10−7
Vs
Vs
≈ 1, 2566 ⋅ 10−6
Am
Am
„magnetische Feldkonstante“
ε 0 ≈ 8,8542 ⋅ 10−12
As
„elektrische Feldkonstante“
Vm
Jedes sich zeitlich verändernde elektrische Feld erzeugt ein magnetisches
Wirbelfeld.
2.
r
r
∂B
rot E = −
∂t
„Induktionsgesetz“
Jedes sich zeitlich verändernde magnetische Feld erzeugt ein elektrisches
Wirbelfeld.
3.
4.
r ρ
div E =
„elektrische Quellen“ ( ρ =
r
div B = 0
„magnetische Quellen“
ε0
Elektrische Ladungen sind Quellen elektrischer Felder.
q
Ladungsdichte)
V
Magnetische Felder sind immer Wirbelfelder (geschlossene Feldlinien). Es gibt
keine magnetischen Ladungen bzw. Quellen.
⇒
Im Vakuum: keine Ladungen
r
r
∂E
⇒ rot B = µ0ε 0
∂t
r
j = 0, ρ = 0 .
r
div E = 0
und
↓ nach t differenzieren
r
r
∂
∂2 E
⇒
rot B = µ0ε 0 2
∂t
∂t
Rotation des Induktionsgesetz bilden:
r
r
r
∂B
∂
rot rot E = − rot
= − rot B
∂t
∂t
Das nach t differenzierte Durchflutungsgesetz einsetzen:
r
r
∂2 E
⇒ − rot rot E = µ0ε 0 2
∂t
rot rot= grad div -div grad
1
424
3 1
424
3
r
= 0, da div E = 0 | = ∆: „Laplace-Operator“
2
r
r
∂2 E
∆E = µ0ε 0 2
∂t
⇒
r
Wellengleichung für E
analog:
r
r
r
∂
∂2 B
rot rot B = µ0ε 0 rot E = − µ0ε 0 2
∂t
∂t
r
r
∂2 B
∆B = µ 0 ε 0 2
∂t
⇒
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit beträgt c =
r
Wellengleichung für B
1
µ 0ε 0
= c0 .
Wellengleichung wird gelöst durch ebene Wellen:
rr
r r
r
E (r , t ) = E0 ⋅ ei (ωt − k ⋅r )
rr
r r
r
B (r , t ) = B0 ⋅ ei (ωt − k ⋅r )
ω = 2π ⋅ν
r 2π ω
k =
=
λ
c
Kreisfrequenz
Wellenvektor
Aus den verbleibenden beiden Maxwell’schen Gleichungen ergibt sich:
rr
r
r r
r r
r r
div E = −i E0 ⋅ k e i (ωt −k ⋅r ) = 0 ⇒ E ⋅ k = 0 ⇒ E ⊥ k
rr
r
r r
r r
r r
div B = −i B0 ⋅ k e i (ωt −k ⋅r ) = 0 ⇒ B ⋅ k = 0 ⇒ B ⊥ k
r
r
Sowohl E als auch B stehen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, d. h. Licht ist eine
transversale Welle.
Ohne Einschränkung der Allgemeinheit legen wir fest:
sowie:
r
r
∂E
rot B = µ0ε 0
∂t
r
∂Bz
rot B =
x
∂y
{
(
= µ 0ε 0
∂By
∂E x
∂E
⇒
= − µ0ε 0 x = −iωµ0ε 0 Ex
∂t
∂z
∂t
dz = − iωµ0ε 0 E x dz =
−iω
1
µ 0ε 0 E x = c µ 0ε 0 E x = µ 0ε 0 E x = E x
−ik z
c
)
−
∂By
r
k = (0, 0, k z )
r
E = ( E x , 0, 0) .
∂z
r r
Bz = 0,da B ⊥ k
By =
∫
∂B y
∂z
∫
r
r
⇒ E und B stehen senkrecht zueinander und sind in Phase.
3
r
Man nennt den Ausbreitungsvektor S =
1 r r
E × B den Poynting-Vektor, der ein Maß für die
µ0
1
c
Intensität des Lichts ist. Da By = Ex ist, hat der Poynting-Vektor nur eine Komponente in
z-Richtung: S z =
1
µ0
Ex ⋅ By =
1
µ0 c
Ex 2 =
c
µ0
By 2 .
Die Intensität der elektromagnetischen Welle ist also proportional zum Quadrat der Feldstärke.
Messung der Lichtgeschwindigkeit:
nach Fizeau (1849)
(rotierendes Zahnrad):
nach Foucault (1851) (mit Drehspiegel):
nach Michelson (1879):
dto.
(1926)
heute:
c0 = 315 300
km
s
km
s
km
c0 = (299 910 ± 50)
s
km
c0 = (299 796 ± 4)
s
km
c0 = 299 792, 458
s
c0 = (298 000 ± 500)
Experiment: Messung der Lichtgeschwindigkeit
Messprinzip: Laufzeitmessung des Lichtes für eine bekannte Strecke.
Licht einer Leuchtdiode wird moduliert:
I 0 = A0 ⋅ sin (ω0t ) .
Am Empfänger ist das Signal durch die Laufzeit phasenverschoben:
I1 = A0 ⋅ sin (ω0 t + ϕ )
ω
Die Modulationsfrequenz beträgt: f 0 = 0 = 50,0 MHz
2π
Gemessen wird die Änderung der Phasenverschiebung bei Änderung der optischen Weglänge.
Da 50 MHz mit herkömmlichen Oszilloskopen nicht darstellbar sind, wird diese Frequenz mit
einer Frequenz von f m =
Damit erhält man:
ωm
= 50,05 MHz gemischt, also multipliziert.
2π
I m, 0 = I 0 ⋅ I m = A0 ⋅ sin (2π f 0t ) ⋅ Am ⋅ sin (2π f m t )
I m,1 = I1 ⋅ I m = A0 ⋅ sin (2π f 0t + ϕ ) ⋅ Am ⋅ sin (2π f m t )
.
Das Mischsignal Im enthält die Frequenzen f0 + fm und f0 – fm (Schwebung). Die Signale Im,0
und Im,1 mit der Differenzfrequenz werden liegen im 50 kHz-Bereich, was man mit einem
Oszilloskop gut darstellen kann.
Um nun die Lichtgeschwindigkeit zu messen wird der Lichtweg verlängert um ∆l = 2 ⋅ ∆x .
Für eine Phasenverschiebung von 360° = 2π vergeht die Zeit einer Periodendauer, also
1
1
. Somit vergeht für eine Phasenverschiebung von 180° = π eine Zeit von: ∆t =
.
f0
2 f0
∆l
Die Geschwindigkeit des Lichtes ist also c0 = = 4 f 0 ⋅ ∆x .
∆t
T=
4
1.2
Die Ausbreitung des Lichts
1.2.1
Huygens’sches und Fermat’sches Prinzip
Schon lange vor Maxwell wurde über die Ausbreitung des Lichts nachgedacht.
Christiaan Huygens
(1629-1695):
Kugelförmige Elementarwellen ausgehend von einer
Punktquelle, Wellenfront: geometrischer Ort aller Punkte mit
gleicher Phase
Huygens’sches Prinzip:
Pierre de Fermat
(1608-1665):
Jeder Punkt einer Wellenfront ist Ausgangspunkt einer neuen
kugelförmigen Elementarwelle, die sich mit derselben
Geschwindigkeit und Frequenz ausbreitet wie die ursprüngliche
Wellenfront im betreffenden Medium.
Die Einhüllende aller Elementarwellen ergibt die Wellenfront zu
einem späteren Zeitpunkt.
Variationsprinzip
Fermat’sches Prinzip:
Der Weg, den das Licht von einem Punkt zum anderen nimmt,
ist stets derjenige, bei dem die dafür benötigte Zeitspanne
minimal ist.
Sowohl mit dem Huygens’schen als auch mit dem Fermat’schen Prinzip lassen sich ganz
elementare Gesetzmäßigkeiten herleiten, die im Folgenden besprochen werden sollen.
1.2.2
Das Reflexionsgesetz
Was passiert, wenn eine ebene Wellenfront auf einen Spiegel trifft.
Nach dem Huygens’schen Prinzip:
-
-
-
-
Winkel φ1 zwischen Spiegel und Wellenfront ist gleich der Einfallswinkel θ1.
Jeder Punkt der Wellenfront ist Ausgangspunkt einer Elementarwelle.
AA': ursprüngliche Wellenfront
Position der Wellenfront nach der Zeit t durch Konstruktion einer Elementarwelle mit
Radius c ⋅ t und Mittelpunkt auf AA'.
BB' wird durch Elementarwellen gebildet, die den Spiegel noch nicht erreicht haben.
BB'' wird durch Elementarwellen gebildet, die vom Spiegel reflektiert wurden.
Elementarwelle von P erreicht B nach der Zeit t, ebenso die Elementarwelle von A den
Punkt B'.
Elementarwellen bilden neue (reflektierte) Wellenfront B''B
Dreiecke ABP und ABB'' sind rechtwinklig, haben AB gemeinsam und gleich lange
Seiten AB'' = BP = c·t.
→ ABP und ABB'' sind kongruent, also φ1 = φ1 ' und damit θ1 = θ1 ' (Schenkel stehen
paarweise zueinander senkrecht).
Reflexionsgesetz:
Einfallswinkel = Ausfallswinkel
5
Nach dem Fermat'schen Prinzip:
-
-
-
1.2.3
Strahl muss den Punkt B in möglichst kurzer Zeit erreichen.
Medium ist dasselbe, deshalb ist Laufzeit minimal, wenn durchlaufene Strecke
minimal ist.
Verschiebung von P nach rechts → Weg ist minimal, wenn A', P und B auf einer
Geraden liegen.
Dann θ1 = θ1 ' .
Lichtbrechung
Im Vakuum breitet sich Licht mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c0 aus.
In einem Medium ist die Lichtgeschwindigkeit cMed von c0 verschieden (in der Regel kleiner).
Das Verhältnis beider Lichtgeschwindigkeiten nennt man Brechungsindex n:
n=
c0
cMed
nWasser = 1,33
nGlas = 1,50 ... 1,66 je nach Glassorte
nDiamant = 2,4
nLuft = 1,0003 ≈ 1
Anm.: c ist eine Phasengeschwindigkeit ( c =
ω
k
), die in bestimmten Materialien bei bestimm-
ten Frequenzen auch größer als c0 sein kann. Informationen kann man jedoch nur mit
∂ω
der Gruppengeschwindigkeit vGr =
transportieren, und die ist immer < c0.
∂k
Brechung des Lichts nach dem Huygens'schen Prinzip:
-
Ebene Welle trifft auf Grenzfläche Luft-Glas.
AP: Wellenfront in Luft, tritt ins Glas ein unter dem Winkel φ1 .
Elementarwelle von P aus legt in der Zeit t die Strecke cMed 1 ⋅ t zurück und erreicht B.
-
In derselben Zeit legt die Elementarwelle von A aus die kürzere Strecke cMed 2 ⋅ t zurück
-
und erreicht B'.
B'B ist nicht parallel zu AP, weil cMed 1 ≠ cMed 2 .
-
Im Dreieck ABP gilt: sin φ1 =
-
Im Dreieck ABB' gilt: sin φ2 =
-
⇒
cMed 1 ⋅ t
⇒
sin θ1
=
cMed 1 ⋅ t
AB
cMed 2 ⋅ t
cMed 2 ⋅ t
sin θ 2
AB
,
⇔ AB =
cMed 1 ⋅ t
⇔ AB =
sin φ1
cMed 2 ⋅ t
n1 =
n1 ⋅ sin θ1 = n2 ⋅ sin θ 2
=
sin φ2
c0
cMed 1
,
cMed 1 ⋅ t
sin θ1
=
, weil φ1 = θ1 .
cMed 2 ⋅ t
sin θ 2
n2 =
, weil φ2 = θ 2 .
c0
cMed 2
Snellius'sches Brechungsgesetz
6
Brechung des Lichts nach dem Fermat'schen Prinzip:
-
Kompromiss zwischen langer, aber schneller Strecke in Luft und kurzer, aber
langsamer Strecke im Medium.
Ermitteln der geringsten Gesamtlaufzeit (Extremalaufgabe!)
-
Gesamtzeit, um von A nach B zu kommen: t =
-
t durch den Abstand x ausdrücken: l12 = a 2 + x 2 und l22 = b 2 + (d − x) 2 .
-
Minimierung von t:
-
l1 = a 2 + x 2 ,
-
l2 = b 2 + (d − x) 2 ,
dl2
−2d + 2 x
d−x
=
=−
= − sin θ 2 .
dx 2 b 2 + (d − x)2
l2
-
Ableitung 0 setzen:
dt 1
= ( n1 ⋅ sin θ1 − n2 ⋅ sin θ 2 )
dx c0
-
cMed 1
+
l2
cMed 2
=
l1
l
n ⋅l n ⋅l
+ 2 = 1 1+ 2 2.
c0 c0
c0
c0
n1 n2
dl 
dt !
dt 1  dl1
=0 ⇒
=  n1
+ n2 2 
dx
dx c0  dx
dx 
dl1
2x
2x x
=
=
= = sin θ1 .
2
2
dx 2 a + x
2l1 l1
⇒
1.2.4
l1
n1 ⋅ sin θ1 = n2 ⋅ sin θ 2
Die Totalreflexion
Ein Lichtstrahl verläuft aus im Glas schrägt zur Oberfläche. Der Strahl wird vom Lot weg
gebrochen.
Zunahme des Brechungswinkels mit wachsendem Einfallswinkel, bis der Brechungswinkel 90° beträgt. → Dieser Einfallswinkel ist θK.
Ist der Einfallswinkel > θK, dann tritt Totalreflexion auf.
Der kritische Winkel θK ist abhängig von den Brechungsindizes der beiden Medien.
n1 ⋅ sin θ K = n2 ⋅ sin 90°
⇔
sin θ K =
n2
n1
Grenzwinkel zur Totalreflexion
Totalreflexion tritt nur dann auf, wenn das Licht vom optisch dichten ins optisch dünne
Medium übertritt.
Experiment: Totalreflexion
1.2.5
Ausbreitung des Lichts in Materie
1. Dispersion:
r
Bisher nur Wellenausbreitung im Vakuum ( j = 0, ρ = 0 ).
r
In Materie:
E -Feld verursacht Ausbildung von Dipolen
→ Dielektrizitätskonstante ε.
r
B -Feld verursacht eine magnetische Polarisation
→ Permeabilität µ.
7
⇒ In den Maxwell'schen Gleichungen ist µ 0ε0 durch µµ 0εε0 zu ersetzen.
⇒ Neue Phasengeschwindigkeit im Medium: cMed =
1
µµ0εε 0
=
c0
µε
=
c0
n
Da ε und µ im allgemeinen frequenz- bzw. wellenlängenabhängig sind, ist auch der
Brechungsindex n frequenz- bzw. wellenlängenabhängig → Dispersion.
Anm.: Für optische Frequenzen ist µ ≈ 1 , kann also hier in der Regel vernachlässigt
werden.
Experiment: Dispersion am Prisma.
2. Absorption
Medien, die eine endliche Leitfähigkeit σ besitzen, führen zu einer neuen Erscheinung,
der Absorption.
r
r
Im Durchflutungsgesetz ist jetzt j = σ E ≠ 0.
r
r
 r
∂E 
⇒ rot B = µµ0  σ E + εε 0
.
∂t 

Bei transversalen Wellen treten jedoch keine Ladungsanhäufungen auf, weshalb immer
r
noch gilt: ρ = 0 ⇒ div E = 0.
r
r
∂B
Weiterhin gilt noch das Induktionsgesetz: rot E = − .
∂t
Jetzt wie im Kap. 1.1 die Herleitung der Wellengleichung, diesmal in Materie:
r
r
 r
∂E 
rot B = µµ0  σ E + εε 0

∂t 

r
r
r
 ∂E
∂B
∂2 E 
Nach t differenzieren:
rot
= µµ0  σ
+ εε 0 2 
∂t
∂t 
 ∂t
r
r
r
r
r
 ∂E
∂B
∂2 E 
Einsetzen rot E = − :
−
rot
rot
1
4
24
3 E = µµ0  σ ∂t + εε 0 2 
∂t
∂t 

∆
r
r
2
r
∂E
∂ E
⇒ ∆E = µµ0 σ
+ µµ0εε 0 2
{
123
∂t
∂t
1
=
⇒
2
cMed
2
cMed
εε 0
=
1
2
cMed
r
r
r ∂ 2 E σ ∂E
⋅ ∆E = 2 +
εε 0 ∂t
∂t
Wellengleichung in Materie
r
Lösung sind bekanntlich ebene Wellen: E ~ eiωt
r
r
r

∂E
i ∂2 E
= iω E = −


∂t
ω ∂t 2
⇒ 2r
r
2
 ∂ E = −ω 2 Er ⇔ Er = − 1 ∂ E
 ∂t 2
ω 2 ∂t 2
8
r
r 
i σ  ∂2 E
⇒
⋅ ∆E = 1 −
 2
 ω εε 0  ∂t
r
r
c02
∂2 E
⇒
=
∆E
2

∂t
i σ 
µε 1 −

 ω εε 0 
2
=
cMed
2
cMed

σ
⇒ n% 2 = µε  1 − i
ωεε 0

µε

2
 =: ( n − ik )

n% = n − ik
Also
c02
komplexer Brechungsindex
(k : Absorptionsindex,
r
nicht verwechseln mit k : Wellenvektor!)
Bei optischen Frequenzen ist µ = 1.
⇒ n% 2 = ε − i
σ
=: ε1 − iε 2 = ε%
ωε 0
ε% = ε1 − iε 2
Also
Koeffizientenvergleich liefert:
komplexe Dielektrizitätskonstante
ε1 = n 2 − k 2
ε 2 = 2nk
und
Mit dem komplexen Brechungsindex lautet nun die ebene Welle:
ω
ω
r
r i (ωt − n% c x ) r i (ωt −( n −ik ) c x )
0
0
E ( x, t ) = E0 ⋅ e
= E0 ⋅ e
ω
ω
−k x
i (ω t − n x )
r
r
c0
c0
⇒ E ( x, t ) = E0 ⋅ e1424
3 ⋅ e{
periodischer Term Dämpfung
Intensität einer elektromagnetischen Welle ist proportional zum Amplitudenquadrat:
ω
−2 k x
r
I ~ E 2 ~ e c0 .
Lambert-Beer'sches Gesetz: I = I 0 ⋅ e − K ⋅d
→
mit der Absorptionskonstante K = 2k
ω
=
4π
k . [ K ] = m −1 .
λ
Den Kehrwert von K bezeichnet man als Eindringtiefe.
c0
Beispiele:
-
-
1
λ
≈ 100 m . Bei λ = 600 nm ist k =
K = 4,8 ⋅ 10−10 .
K
4π
1
Glas für Glasfasern:
≈ 10 000 m → k = 4,8 ⋅ 10 −12
K
Wasser:
9
-
Metalle: hohe Leitfähigkeiten oft bis ins Sichtbare → starke Absorption
1
λ
z. B.
= 21 nm bei λ = 1300 nm in Kupfer → k =
K ≈5.
K
4π
Wegen
c
1
= 0 nimmt die Eindringtiefe mit wachsender
K 2ω k
Frequenz stetig ab → "Skineffekt" bei Hochfrequenzströmen
Im komplexen Brechungsindex n% = n − ik bezeichnet man n als dispersive Größe und k als
absorptive Größe. Ebenso ist in der komplexen Dielektrizitätskonstante ε1 die dispersive und
ε2 die absorptive Größe.
1.2.6
Polarisation
In vielen Lichtquellen wird die elektromagnetische Welle durch schwingende Elektronen
erzeugt → Dipolstrahlung. In Glühlampen beispielsweise schwingen diese Elektronen aber
r
völlig regellos durcheinander, so dass der E -Feldvektor in verschiedenen Wellenzügen solch
einer Lampe völlig regellos variiert.
Sind die Feldvektoren in allen Wellenzügen jedoch in einer Richtung orientiert, so ist das
Licht polarisiert.
Polarisation ist ein Kennzeichen von transversalen Wellen. Longitudinale Wellen (z.B. Schall)
kann man nicht polarisieren.
r
Die Achse, entlang der E schwingt, nennt man Polarisationsachse.
r
r
Die Ebene, die von E und k aufgespannt wird, nennt man Polarisationsebene; das Licht in
diesem Beispiel ist linear polarisiert.
Lässt man linear polarisiertes Licht auf einen weiteren linearen Polarisator fallen, so lässt
r
dieser nur die Projektion des E -Feldes auf seine Durchlassrichtung durch. Betrachtet man die
r
durchgelassene Intensität, so gilt wegen I ~ E 2 :
I = I 0 ⋅ cos 2 φ .
Gesetz von Malus
φ : Winkel zwischen ursprünglicher Polarisationsachse und Durchlassrichtung des zweiten
Polarisators.
Herstellung von linear polarisiertem Licht:
a) Polarisation durch Absorption:
Beispiel: Polarisationsfolie
Kunststofffolie aus langkettigen Kohlenwasserstoff-Molekülen
Dehnung der Folie in eine Richtung während der Herstellung
→ dadurch parallele Ausrichtung der Molekül-Ketten
An die Ketten werden leitfähige Iod-Verbindungen angelagert
10
r
Fall 1: E ist parallel zu den leitfähigen Ketten: Ströme werden entlang der
Ketten induziert, die die Lichtenergie absorbieren
→ keine Intensität hinter dem Polarisator
r
Fall 2: E ist senkrecht zu den leitfähigen Ketten: Es können keine Ströme entlang der Ketten induziert und damit keine Energie absorbiert werden
→ Durchlassrichtung; Intensität hinter dem Polarisator
D. h. die Absorption ist eine Funktion der Polarisationsrichtung → Dichroismus
b) Polarisation durch Reflexion
Unpolarisiertes Licht trifft auf die Grenzfläche zu einem nicht-absorbierenden Medium.
→ Licht wird zu einem Großteil in das Medium hinein gebrochen. Ein kleiner Anteil
wird jedoch reflektiert.
Tritt das Licht unter dem sog. Brewster-Winkel in das Medium ein, so stehen der
gebrochene und der reflektierte Lichtstrahl senkrecht aufeinander. In diesem Fall ist
das reflektierte Licht vollständig polarisiert.
n1 ⋅ sin α B = n2 ⋅ sin θ 2 .
Hierbei soll α B der Einfallswinkel (= Brewster-Winkel) sein, und θ 2 der Brechungswinkel.
Da Einfallswinkel = Reflexionswinkel = α B , gilt:
Damit:
θ 2 = 90° − α B .
n1 ⋅ sin α B = n2 ⋅ sin ( 90° − α B ) = n2 ⋅ cos α B
⇒ tan α B =
n2
n1
Brewster-Winkel
Das gebrochene Licht ist nur teilweise polarisiert.
r
Grund für die Polarisation: Gebundene Elektronen im Medium werden durch das E Feld zum Schwingen angeregt → Hertz'scher Dipol.
Die Abstrahlcharakteristik sorgt dafür, dass nur senkrecht zur Bewegung des Elektrons
eine elektromagnetische Welle ausgesandt wird (transversale Welle!).
Anm.: Sonnenbrillen haben häufig einen Polarisationsfilter, damit Licht, das z.B. an
Wasseroberflächen reflektiert wird, gefiltert werden.
11
c) Polarisation durch Doppelbrechung
Doppelbrechung beobachtet man an optisch anisotropen Kristallen, also an kristallinen
Stoffen, deren Kristallstruktur nicht kubisch ist.
Glas ist amorph und deshalb optisch isotrop, d. h. das Licht breitet sich in alle
Richtungen gleich schnell aus → isotroper Brechungsindex
Nicht-kubische Kristalle sind optisch anisotrop. In ihnen hängt die Ausbreitungsgeschwindigkeit von der Ausbreitungs- und auch von der Polarisationsrichtung ab.
→
Aufspaltung in ordentlichen und außerordentlichen Strahl.
Richtung, in der ord. und außerord. Strahl dieselbe Geschwindigkeit haben, nennt man
optische Achse.
Bsp.: Kalkspat (CaCO3).
Eine Anwendung findet man in der sog. Spannungsdoppelbrechung.
Es gibt neben der linearen Polarisation noch andere Arten, nämlich die zirkulare und die
elliptische Polarisation.
r
Zur Erklärung zerlegt man den E -Feldvektor in zwei aufeinander senkrecht stehende
r
r
Komponenten E x und E y .
Nun kann man drei Fälle unterscheiden:
r
r
r
r
Fall 1: Ex und E y sind in Phase:
linear polarisiertes Licht
r
r
Fall 2: Ex und E y haben eine Phasenverschiebung von 90° und E x = E y :
zirkular polarisiertes Licht
r
r
Fall 3: E x und E y haben eine beliebige Phasenverschiebung und beliebige Beträge:
elliptisch polarisiertes Licht
Herstellung von zirkular (oder elliptisch) polarisiertem Licht: λ/4-Plättchen.
Dicke des Plättchens:
n⊥ ⋅ d − n|| ⋅ d =
λ
4
⇔ d=
λ
4(n⊥ − n|| )
.
Phasenverschiebung ist wellenlängenabhängig.
Anwendung von zirkular polarisiertem Licht: 3D-Brillen im Kino.
12
1.2.7
Die Fresnel'schen Formeln
Bis jetzt haben wir mehr oder weniger empirisch Sonderfälle für die Brechung, Reflexion und
Polarisation besprochen. Mit dem jetzigen Rüstzeug können wir endlich allgemeine Aussagen
zum Verhalten von elektromagnetischen Wellen an Grenzflächen machen.
Licht trifft innerhalb der x-y-Ebene (Einfallsebene) im Winkel α auf eine Grenzfläche. Ein
Teil wird im Winkel α' reflektiert, ein anderer Teil unter dem Winkel β gebrochen.
r
Eine beliebige Polarisation lässt sich in einen E -Feld-Vektor in der x-y-Ebene und einen
Vektor senkrecht dazu (in z-Richtung) zerlegen.
Hier soll ausführlich der Fall "senkrecht" (in z-Richtung) behandelt werden. Der andere geht
analog dazu.
Es fallen ebene Wellen ein. Die Zeitabhängigkeit, die überall gleich ist, lassen wir gleich weg.
E z ,e = E0,e ⋅ e − ik1 ( x sin α − y cosα )
E z ,b = E0,b ⋅ e −ik2 ( x sin β − y cos β )
E z ,r = E0,r ⋅ e − ik1 ( x sin α '+ y cosα ')
Bei y = 0 muss der Übergang der elektrischen Felder stetig sein:
E ,e + E z , r =
1z4
243
positive Halbebene
⇒ E0,e ⋅ e
− ik1 ⋅ x sin α
+ E0,r ⋅ e
− ik1 ⋅ x sin α '
= E0,b ⋅ e
− ik2 ⋅ x sin β
E z ,b
{
.
negative Halbebene
(y = 0)
Wegen der gemeinsamen x-Abhängigkeit ist die Gleichung nur zu erfüllen, wenn der
Exponentialterm in allen Teilwellen gleich ist.
Daraus folgt sofort das Reflexionsgesetz:
α =α '
und das Brechungsgesetz: k1 ⋅ sin α = k2 ⋅ sin β .
ω
Mit ki = n%i folgt daraus bekanntermaßen:
c0
n%1 ⋅ sin α = n%2 ⋅ sin β
Snellius'sches Brechungsgesetz.
Für die Amplituden muss gelten: E0,e + E0,r = E0,b .
Man kennt natürlich zunächst nur E0,e , d.h. man hat eine Gleichung mit zwei Unbekannten.
Es muss also noch eine weitere Bestimmungsgleichung gefunden werden. Die erhält man aus
r
r
dem B -Feld. Dabei ist zu beachten, dass die Richtung von B aus der Bedingung:
r
r
r
1 r r
S=
E × B (wenn man E rechtsherum in Richtung von B dreht, dann muss der Poynting-
µµ0
r
Vektor S herauskommen):
13
n%1
cos α ⋅ E0,e ⋅ e − ik1 ( x sin α − y cosα )
c0
n%
= − 2 cos β ⋅ E0,b ⋅ e −ik2 ( x sin β − y cos β )
c0
n%
= + 1 cos α '⋅ E0,r ⋅ e −ik1 ( x sin α '+ y cosα ')
c0
Bx , e = −
Bx , b
Bx , r
Wieder muss das Feld stetig am Übergang y = 0 sein, und man erhält nach Multiplikation mit
c0:
− n%1 cos α ⋅ E0,e ⋅ e − ik1 ⋅ x sin α + n%1 cos α '⋅ E0, r ⋅ e − ik1 ⋅ x sin α ' = −n%2 cos β ⋅ E0,b ⋅ e− ik2 ⋅ x sin β
Aus der Gleichheit der Exponenten folgen wieder Reflexions- und Brechungsgesetz.
Für die Amplituden gilt:
n%1 cos α ( E0,r − E0,e ) = −n%2 cos β ⋅ E0,b
⇒ E0,r − E0,e = −
n%2 cos β
E0,b
n%1 cos α
.
Außerdem gilt ja noch: E0,e + E0,r = E0,b . Die Addition und Subtraktion der Amplitudengleichungen liefert:
 n% cos β 
 sin α cos β
2 E0,r =  1 − 2
 E0,b =  1 −
n%1 cos α 
 sin β cos α


 E0,b

 n% cos β 
 sin α cos β
2 E0,e =  1 + 2
 E0,b =  1 +
n%1 cos α 
 sin β cos α


 E0,b

Mit Hilfe der Additionstheoreme bekommt man nun den ersten Satz der Fresnel'schen
Gleichungen:
E0,r = E0,e
sin ( β − α )
sin ( β + α )
E0,b = 2 E0,e
r
für E⊥ .
sin β cos α
sin ( β + α )
r
r
Ganz analog geht man in dem Fall vor, in dem E parallel und B senkrecht zur Einfallsebene
liegt. Man erhält so den zweiten Satz Fresnel'scher Gleichungen:
E0,r = E0,e
tan (α − β )
tan (α + β )
E0,b = 2 E0,e
cos α sin β
sin (α + β ) cos (α − β )
r
für E|| .
Viel wichtiger als die Fresnel'schen Gleichungen selbst, sind die Beziehungen, die man daraus
ableiten kann.
14
Zunächst definieren wir den Reflexionskoeffizienten:
ρ⊥ =
E0,r
ρ|| =
E0,r
E0,e
E0,e
r
für E⊥
r
für E||
.
Analog wird der Transmissionskoeffizient definiert:
τ⊥ =
E0,b
τ || =
E0,b
E0,e
E0,e
r
für E⊥
r
für E||
.
Wir betrachten zunächst kleine Einfallswinkel, die also nahe an der senkrechten Inzidenz
α n%2
liegen, d. h. α ≈ 0 und damit sin α ≈ α . Dann gilt nach Snellius:
=
=: n% (relativer
β n%1
Brechungsindex). Mit den Fresnel'schen Formeln gilt dann:
α
1−
sin ( β − α ) β − α
n% − 1
β
ρ ⊥ (α ≈ 0) =
≈
=
=−
sin ( β + α ) β + α 1 + α
n% + 1
β
α
−1
tan (α − β ) α − β β
n% − 1
ρ|| (α ≈ 0) =
≈
=
=
tan (α + β ) α + β α + 1 n% + 1
β
Zu bemerken ist jedoch, dass im Grenzfall senkrechter Inzidenz (α = 0) die senkrechte und die
r
parallele Polarisation des E -Feldvektors nicht zu unterscheiden ist. Das negative Vorzeichen
bei ρ ⊥ bedeutet, dass das Licht bei der Reflexion am optisch dichten Medium einen
r
Phasensprung von 180° macht, da E⊥ bei auf der einfallenden und reflektierten Seite in
r
dieselbe Richtung zeigen. E|| hingegen zeigt nach der Reflexion am dichten Medium immer
in die Gegenrichtung, so dass ein positives Vorzeichen von ρ|| ebenfalls einen Phasensprung
r
von E|| um 180° bedeutet.
→ Am optischen dichten Medium (nahe der senkrechten Inzidenz) findet die Reflexion
r
immer mit einem Phasensprung des E -Feldvektors um 180° statt.
r
Das Reflexionsvermögen bezeichnet das Verhältnis der Intensitäten und ist wegen I ~ E 2
gleich dem Quadrat des Reflexionskoeffizienten und deshalb (nur für senkrechte Inzidenz!)
für beide Polarisationsrichtungen identisch:
R (α ≈ 0 ) =
2
2
I r E0,r
 n% − 1 
= 2 = ρ ⊥2 = ρ||2 = 

I e E0,e
 n% + 1 
r
r
für E⊥ und E||
15
Beispiel Glas: Glas hat im Sichtbaren einen Brechungsindex von ca. 1,5. Die Absorption ist
klein und kann hier vernachlässigt werden.
2
2
 1,5 − 1   0,5 
Damit wird bei senkrechter Inzidenz R = 
 =
 = 0,04 = 4% .
 1,5 + 1   2,5 
Geht man von senkrechter Inzidenz weg, dann werden ρ ⊥ und ρ|| natürlich vom Einfallswinkel α abhängig, und ρ|| wechselt das Vorzeichen beim Brewster-Winkel.
Bisher haben wir immer so getan, als kämen wir vom optisch dünnen ins optisch dichte
Medium. Für Brechung in umgekehrter Richtung gelten im Prinzip genau dieselben
Bedingungen, jedoch ist wegen n1 < n2 ist sin α < sin β, also α < β. Daher ist n% < 1 , so dass
n% − 1
>0
n% + 1
n% − 1
ρ|| (α ≈ 0) =
<0
n% + 1
ρ ⊥ (α ≈ 0) = −
bei der Reflexion am optisch dünnen Medium.
r
Diesmal ist ρ ⊥ positiv, d. h. es findet bei der Reflexion kein Phasensprung von E⊥ statt. Da
r
E|| hingegen nach der Reflexion wieder in die Gegenrichtung zeigt, ρ|| allerdings auch negar
tiv ist, gibt es bei E|| während der Reflexion am dünnen Medium auch keinen Phasensprung.
→ Am optischen dünnen Medium (nahe der senkrechten Inzidenz) findet die Reflexion
r
ohne Phasensprung des E -Feldvektors statt.
Solange wir für β nur reelle Winkel zulassen, kann β nicht größer als 90° werden, d. h.
sin α K =
n%2
sin 90° =
n%1
n%2
= n% .
n%1
Bei Glas liegt αK bei ca. 41,8°.
Bei der Totalreflexion tritt kein Licht in das dünnere Medium ein, was aber inkompatibel mit
den Stetigkeitsbedingungen ist, denn hierbei braucht man auf beiden Seiten der Grenzfläche
Feldstärken.
Man kann dieses Problem durch die Einführung eines komplexen Winkels
β% = β '+ i ⋅ β '' = 90° + i ⋅ β '' lösen.
Dann nämlich gilt:
sin β% = sin ( 90° + i ⋅ β '') = cosh β ''
cos β% = − sin ( i ⋅ β '') = −i ⋅ sinh β ''
Damit ist die gebrochene Welle im dünnen Medium für senkrechte Polarisation:
k2 y sinh β ''
− ik2 x cosh β ''
E z ,b = E0,b ⋅ e1
424
3 ⋅ e14243 .
Dämpfung ( y < 0)
periodisch
Dieses ist eine sog. quergedämpfte Welle, die sich längs der Grenzfläche (in x-Richtung)
periodisch ausbreitet, in –y-Richtung jedoch gedämpft ist (Oberflächenwelle).
Wieder gibt es einen Vorzeichenwechsel von ρ|| beim Brewster-Winkel.
16
2.
Optische Abbildungen
Nachdem wir die Eigenschaften des Lichts jetzt im Wesentlichen kennen gelernt haben,
werden wir im Folgenden uns mit der sog. geometrischen Optik beschäftigen, die mit
geradlinigen Lichtstrahlen, die senkrecht zu den Wellenfronten stehen, arbeitet. Dabei ist
entscheidend, dass die Lichtwellenlänge kleiner ist als die Dimensionen der Hindernisse bzw.
Öffnungen.
2.1
Abbildungen an Spiegeln
2.1.1 Ebene Spiegel
Wir kennen alle Spiegelbilder, und wissen, dass die Hände zum Beispiel spiegelbildlich sind,
d. h. an der einen Hand ist der Daumen auf der linken, an der anderen auf der rechten Seite.
Wenn wir eine Hand in einem Spiegel spiegeln, so ist das Spiegelbild identisch mit der
anderen Hand. Daher hat man den Eindruck, dass ein Spiegel eben links und rechts vertauscht.
Schaut man es sich einmal genauer an, dann stellt man fest, dass ein Spiegel in Wirklichkeit
links und rechts beibehält, ebenso oben und unten. Tatsächlich vertauscht ein Spiegel vorn
und hinten.
Konstruktion eines Punktes bei Abbildung am ebenen Spiegel:
Vom Punkt P geht ein Lichtstrahlenbündel aus und wird am Spiegel reflektiert.
Nach der Reflexion gehen die Strahlen so auseinander, als würden sie von einem
Punkt P' hinter dem Spiegel ausgesandt werden.
P' nennt man das Bild des Gegenstandes P.
Das Auge (besser: Gehirn) kann nicht unterscheiden, ob die Lichtstrahlen von P oder
von P' ausgehen.
Da von P' nicht wirklich Lichtstrahlen ausgehen, nennt man P' ein virtuelles Bild.
-
-
-
Größen- und Längenverhältnisse bei der Reflexion am ebenen Spiegel:
-
Bildgröße B ist gleich der Gegenstandsgröße G
Bild steht aufrecht
Bildweite b ist gleich der Gegenstandsweite g
Mehrfachabbildungen entstehen, wenn mehrere Spiegel gegeneinander geneigt sind.
-
-
-
Von der Punktquelle P werden Lichtstrahlen an Spiegel 1 reflektiert. Virtuelles Bild ist
hierzu P1'.
Ebenso werden Lichtstrahlen am Spiegel 2 reflektiert mit virtuellem Bild P2'.
Nun kann es auch Mehrfachreflexionen geben, bei denen das virtuelle Bild P1' zum
Gegenstand bei der zweiten Reflexion wird. Es entsteht ein weiteres virtuelles Bild
P1,2''.
Anzahl der Mehrfachbilder hängt vom Winkel der Spiegel und der Position des
Beobachters ab.
17
2.1.2 Sphärische Spiegel
Von einem Punkt P geht ein Strahlenbündel aus parallel zur optischen Achse A auf einen
kugelförmigen (=sphärischen Spiegel).
Die Strahlen treffen sich nach der Reflexion in einem Brennpunkt P’ und breiten sich von dort
aus weiter aus, als würden sie von dem Punkt P’ ausgehen. Der Punkt P’ ist demnach ein
reelles Bild.
Fügt man zu diesen achsennahen Strahlen noch weiter außenliegende dazu, dann sieht man,
dass die Strahlen desto weiter vom Punkt P’ abweichen, je weiter sie von der Achse A entfernt
sind. Sie machen das Bild unscharf. Diesen Abbildungsfehler nennt man sphärische
Aberration.
Man kann sie beheben, indem man die Randstrahlen durch Blenden ausblendet.
Konstruktion des Bildpunktes:
− Ein Strahl läuft durch den Krümmungsmittelpunkt M des Spiegels
− Ein Strahl läuft einen beliebigen Weg und wird nach dem Reflexionsgesetz reflektiert.
− Der Schnittpunkt der beiden Strahlen bildet den Bildpunkt P’.
− β ist Außenwinkel im Dreieck PMA, deshalb ist β = α + θ.
− Im Dreieck PP’A ist γ = α + 2θ .
− Einsetzen von θ liefert: α + γ = 2β.
d
d
d
− Annahme: Achsennahe Strahlen: α ≈ , β ≈
und γ ≈ .
g
r
b
− Damit erhält man einen Zusammenhang zwischen Gegenstandsweite, Bildweite und
1 1 2
Krümmungsradius:
+ = .
g b r
− d und damit A ist in der Gleichung nicht mehr enthalten, so dass die Gleichung für
beliebige achsennahe Punkte A gilt.
Größenverhältnisse:
− Reflexion am Scheitelpunkt (A war ja beliebig).
− Es entstehen zwei ähnliche Dreiecke wegen Reflexionsgesetz.
B
b
− Damit gilt:
= − = Vlateral . (Minuszeichen, weil Bild auf dem Kopf steht).
G
g
Ist g >> r, dann fallen die Strahlen parallel auf den sphärischen Spiegel. In diesem Fall gilt:
1
2
r
<< , weswegen der Term vernachlässigt werden kann. Für g → ∞ gilt also: b = .
g
r
2
Dieser Abstand wird Brennweite f des Spiegels genannt. Die Ebene, in der parallel
einlaufende Strahlen fokussiert werden, heißt Brennebene. Der Schnittpunkt mit der
optischen Achse heißt Brennpunkt F.
r
Die Brennweite ist also gegeben durch: f =
2
Damit ergibt sich die Abbildungsgleichung für sphärische Spiegel:
1 1 1
+ =
g b f
18
Konstruktion des Bildes am sphärischen Spiegel:
Man verwendet besonders ausgezeichnete Strahlen, die sog. Hauptstrahlen:
− Der achsenparallele Strahl wird in den Brennpunkt reflektiert.
− Der Brennpunktstrahl wird achsenparallel reflektiert.
− Der Mittelpunktstrahl wird in sich selber reflektiert.
2.2
Abbildungen durch Linsen
2.2.1 Erzeugung von Bildern durch Brechung
Konvexe, sphärische Oberfläche am Ende eines langen, durchsichtigen Zylinders.
Gesucht: Zusammenhang zwischen Gegenstandsweite g, Bildweite b und Krümmungsradius r.
Näherung: Kleine Einfallswinkel, so dass sin θ1 ≈ θ1 und sin θ 2 ≈ θ 2 .
Snellius’sches Brechungsgesetz: n1 ⋅ sin θ1 = n2 ⋅ sin θ 2
⇔
Im Dreieck AMP’ gilt für den Außenwinkel β = θ 2 + γ =
n1θ1 = n2θ 2 .
n1
θ1 + γ .
n2
Im Dreieck PMA ist θ 1 = α + β .
Einsetzen liefert: n1α + n1 β + n2γ = n2 β ⇔ n1α + n2γ = (n2 − n1 )β .
Näherung kleiner Winkel: α ≈
⇒
d
d
d
, β = ,γ = .
g
r
b
n1 n2 n2 − n1
+
=
.
g b
r
Zur Ermittlung der Vergrößerung:
G
−B
≈ θ1 , tan θ 2 =
≈ θ2
g
b
B wird hier wieder negativ angesetzt, weil das Bild auf dem Kopf steht.
tan θ1 =
Snellius’sches Brechungsgesetz: n1θ1 = n2θ 2
G
−B
= n2
g
b
nb
B
⇒ V = =− 1
G
n2 g
⇒ n1
19
2.2.2 Dünne Linsen
Eine sehr wichtige Anwendung ist die Abbildung durch dünne Linsen.
Auch hier sollen die Zusammenhänge der relevanten Abstände und Größenverhältnisse
erläutert werden.
Wir betrachten eine dünne Linse mit Brechungsindex n die auf beiden Seiten von Luft
umgeben ist. Die Linse hat vom Gegenstand den Abstand g (und damit auch die Oberfläche,
weil die Linse dünn ist). Der Krümmungsradius der ersten Oberfläche ist r1 , der der zweiten
Oberfläche r2 .
Mit dem obigen Ausdruck erhält man an der ersten sphärischen Oberfläche:
nLuft n n − nLuft
, und man bekommt ein virtuelles Bild P1 ' .
+ =
g
b1
r1
Das Licht wird nun an der zweiten Oberfläche erneut gebrochen. Die Lichtstrahlen verlaufen
nun aber so, als würden sie von dem virtuellen Bild P1 ' ausgehen. Es dient quasi als
virtueller Gegenstand für die Brechung an der zweiten Oberfläche. Gegenstandsweiten auf der
Einfallsseite sind positiv, Bildweiten auf der Gegenstandsseite (also auf der "falschen" Seite)
sind negativ. Deshalb ist g1 = −b1 .
Es ergibt sich für das Endbild:
n
n −n
n
.
+ Luft = Luft
−b1
b
r2
Addition der beiden Ausdrücke liefert:
 1 1
1 1  n
+ =
− 1 −
g b  nLuft
  r1 r2

.

In dieser Gleichung werden Gegenstands- und Bildweite mit den beiden Krümmungsradien
verknüpft. Genau wie bei den sphärischen Spiegeln kann man eine Brennweite f definieren,
wenn man parallele Lichtstrahlen von einem unendlich weit entfernten Gegenstand einstrahlt:
g → ∞ : b = f , womit einfach gilt:
 1 1 
1  n
=
− 1 −  .
f  nLuft
  r1 r2 
Genauso gibt es eine Brennebene, in der alle parallel einfallenden Strahlen fokussiert werden
und einen Brennpunkt F als Schnittpunkt der Brennebene mit der optischen Achse.
Eingesetzt in die obige Gleichung ergibt sich die Abbildungsgleichung für dünne Linsen
oder auch Linsengleichung:
1 1 1
+ =
g b f
Sie gleicht formal der Abbildungsgleichung für sphärische Spiegel. Zu beachten ist aber die
Vorzeichenkonvention:
Bei Linsen ... ist die Bildweite b positiv, wenn das Bild auf der Transmissionsseite liegt.
... ist der Krümmungsradius r positiv, wenn der Krümmungsmittelpunkt auf der
Transmissionsseite liegt.
20
Bei Spiegeln ... ist die Bildweite b positiv, wenn das Bild auf der Reflexionsseite liegt.
... ist der Krümmungsradius r positiv, wenn der Krümmungsmittelpunkt auf
der
Reflexionsseite liegt.
Achtung! Bei bikonvexen Linsen ist der Mittelpunkt zur Fläche 2 auf der Gegenstandsseite
und damit r2 negativ!
Den Kehrwert der Brennweite f einer Linse nennt man Brechkraft D, die in Dioptrien ( =
1
)
m
angegeben wird:
D=
1
.
f
Je kürzer die Brennweite ist, desto höher die Brechkraft. Bei Sammellinsen ist die Brechkraft
positiv, bei Zerstreuungslinsen ist sie negativ.
Konstruktion des Bildes am dünnen Linsen:
Man verwendet genau wie beim sphärischen Spiegel wieder besonders ausgezeichnete
Strahlen, die sog. Hauptstrahlen:
− Der achsenparallele Strahl wird so gebrochen, dass er durch den zweiten Brennpunkt
verläuft.
− Der Brennpunktstrahl verläuft durch den ersten Brennpunkt und tritt achsenparallel
aus.
− Der Mittelpunktstrahl verläuft durch den Mittelpunkt der Linse und wird nicht
gebrochen.
Durch eine Sammellinse laufen die drei Hauptstrahlen im Bildpunkt zusammen. Das Bild ist
reell und umgekehrt.
Die Vergrößerung geht aus der Abbildung hervor: tan θ =
⇒ V=
G −B
=
g
b
B −b
=
.
G g
Das negative Vorzeichen zeigt, dass das Bild auf dem Kopf steht.
2.2.3 Dicke Linsen
Bei dünnen Linsen ist die brechende Oberfläche dicht an der Hauptebene der Linse, so dass
man die Brechung an beiden Oberflächen durch eine einzige an der Hauptebene ersetzen
konnte.
Bei dicken Linsen ist diese Näherung aber nicht mehr zulässig. Man muss stattdessen mit
zwei Hauptebenen arbeiten.
Für eine symmetrische dicke Linse gilt die Linsengleichung unverändert, aber man muss die
Gegenstands-, Bild- und Brennweite auf die jeweils nächstgelegene Hauptebene beziehen.
21
2.2.4 Abbildungsfehler
Wir haben bereits bei sphärischen Spiegeln gesehen, dass nicht alle von einem Punkt
ausgehenden Strahlen in genau einem Punkt fokussiert werden, insbesondere dann nicht,
wenn die einfallenden Lichtstrahlen weit von der optischen Achse entfernt sind.
Man spricht dann von Abbildungsfehlern, insbesondere hier von einer sphärischen
Aberration.
Das Bild eines Gegenstandspunktes ist dann nicht punktförmig, sondern erscheint als
kreisförmige Scheibe.
Gleiches hat man auch bei Linsen. Man kann den Unschärfekreis verkleinern, indem man die
achsenfernen Strahlen ausblendet. Nachteil: Bild wird lichtschwächer.
Der Grund für die sphärische Aberration ist nicht die Imperfektion der Spiegel/Linsen,
sondern die Näherung für kleine Winkel.
Die sphärische Aberration kann beseitigt werden durch parabolische Spiegel bzw. Linsen.
(Anwendung bei Teleskopspiegeln, Satellitenschüsseln oder Suchscheinwerfern).
Nachteil: aufwändig und daher teuer in der Herstellung.
Ein weiterer Abbildungsfehler ist der Astigmatismus schiefer Bündel:
Er tritt auf, wenn die Strahlen schräg zur optischen Achse einfallen und zu den Rändern hin
unscharf abgebildet werden (→ "Verzeichnung").
Ein häufiger Abbildungsfehler ist die chromatische Aberration. Sie rührt von der Dispersion,
also der Abhängigkeit des Brechungsindex von der Frequenz her (blaues Licht wird stärker
gebrochen als rotes Licht). Man bekommt einen Farbsaum an den Rändern der Bilder.
Abhilfe schaffen Linsensysteme aus Sammel- und Zerstreuungslinsen, die diesen Effekt
gerade kompensieren (achromatische Systeme).
2.3
Optische Instrumente
2.3.1 Das Auge
Das wichtigste optische Instrument ist das Auge.
Licht fällt durch die Pupille ein (Apertur variabel je nach Lichtintensität).
System Hornhaut-Linse fokussiert das Licht auf die Netzhaut.
Netzhaut besteht aus Stäbchen und Zäpfchen (= lichtempfindliche Nervenzellen).
Sinnesreize werden über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet.
Linse kann durch Ziliarmuskel verformt werden:
Fokussierung auf weit entfernten Gegenstand: Ziliarmuskel entspannt (fmax ca. 2.5 cm)
Fokussierung auf nahen Gegenstand: Ziliarmuskel angespannt (f verringert sich)
-> Akkomodation
Gegenstand zu nahe am Auge: Linse kann das Licht nicht mehr auf der Netzhaut bündeln, das
Bild wird unscharf.
22
Nahpunkt: Bild wird gerade noch scharf auf der Netzhaut abgebildet (= deutliche Sehweite).
Er ändert sich im Laufe des Lebens (10-jähriger: ca. 7 cm, 65-jähriger: bis zu 200 cm!)
Standardwert der deutlichen Sehweite: s0 = 25 cm.
Linsensystem zu schwach: Bild liegt hinter der Netzhaut: Weitsichtigkeit
(entfernte Gegenstände werden gut erkannt, nahe Gegenstände nicht.)
Die Weitsichtigkeit kann mit einer Sammellinse (konvex) korrigiert werden.
Licht wird zu stark fokussiert: Bild liegt vor der Netzhaut: Kurzsichtigkeit
(nahe Gegenstände werden scharf abgebildet, entfernte Gegenstände nicht.)
Kurzsichtigkeit wird mit einer Zerstreuungslinse (konkav) korrigiert.
Linsensystem nicht rotationssymmetrisch: Astigmatismus (durch Hornhautverkrümmung)
(punktförmige Gegenstände werden als kurze Linie abgebildet)
Korrektur durch zylinderförmige Linsen.
Die Größe, in der uns ein Bild erscheint, ist die Bildgröße auf der Netzhaut.
Nahe Objekte ergeben ein großes Bild auf der Netzhaut, weit entfernte Objekte ein kleines
Bild.
Die Bildgröße hängt vom Sehwinkel ε ab, unter dem der Gegenstand dem Auge erscheint:
tan φ ≈ sin φ ≈ φ ≈
B
B
=
b 2,5 cm
tan ε ≈ sin ε ≈ ε ≈
G
g
Nach dem Brechungsgesetz gilt:
nLuft ⋅ sin ε = nLinse ⋅ sin φ
Also gilt:
⇔
sin ε = nLinse ⋅ sin φ
⇒
ε ≈ nLinse ⋅ φ
G
B
2,5 cm G
.
≈ nLinse
und damit B ≈
g
2,5 cm
nLinse g
Die Bildhöhe ist umgekehrt proportional zur Entfernung des Gegenstandes. Je näher der
Gegenstand ist, desto größer ist das Bild. Der minimale Abstand ist der Nahpunkt, also die
deutliche Sehweite.
2.3.2 Die Lupe
Angenommen, ein Gegenstand ist sehr klein, so dass man ihn nahe an das Auge heranbringen
muss, um ihn zu erkennen. Wenn man aber unter dem Nahpunkt des Auges kommt, kann man
nicht mehr akkomodieren, d. h. das Bild des Gegenstandes auf der Netzhaut ist zwar groß,
aber unscharf.
Mit einer Lupe kann man die scheinbare Größe eines Objektes vergrößern.
Der Gegenstand befindet sich innerhalb der Brennweite einer Sammellinse.
Dann erzeugt die Lupe ein virtuelles Bild auf Gegenstandsseite (Bildweite ist hier negativ!).
23
Der Betrag der Bildweite ist dabei deutlich größer als die Gegenstandsweite, so dass das
virtuelle Bild mindestens am Nahpunkt, wenn nicht so gar weiter entfernt entsteht.
Vlateral =
Die Lateralvergrößerung ist wieder:
B
b
=− .
G
g
Der Winkel β, unter dem das virtuelle Bild gesehen wird, ist jedoch genau derselbe, unter dem
der Gegenstand ohne Lupe gesehen würde. Der Unterschied ist aber, dass man mit dem Auge
nicht mehr auf den nahen Gegenstand akkomodieren muss, sondern auf das etwas weiter
entfernte Bild.
Die Lupe vergrößert jedoch den scheinbaren Sehwinkel, unter dem das Auge den Gegenstand
sähe, wenn es genauso weit entfernt wäre wie das Bild.
Die Winkelvergrößerung (= Angularvergrößerung) ist dann:
Vangular
B
tan β b B
=
=
= = Vlateral
tan α G G
b
Ein kleiner Gegenstand soll sich genau im Nahpunkt vor dem Auge befinden, d. h. der Winkel,
unter den man den Gegenstand ohne Lupe sieht, beträgt:
tan α =
G
.
s0
Eine Lupe soll nun eine Brennweite f haben, die kleiner ist als s0, und der Gegenstand soll
genau in dem Brennpunkt liegen (also näher am Auge als der Nahpunkt). Dann entsteht das
virtuelle Bild im Unendlichen. Entsprechend muss das Auge auf unendlich akkomodiert sein.
Die parallelen Lichtstrahlen werden von der entspannten Linse auf der Netzhaut fokussiert.
Der Gegenstand mit Lupe erscheint im Unendlichen unter dem Winkel
tan β =
G
f
Für diesen Fall bezeichnet man die Angularvergrößerung als Normalvergrößerung:
Vangular
G
s
tan β
f
=
=
= 0 =: Vnormal
tan α G
f
s0
2.3.3 Das Mikroskop
Ein Mikroskop besteht im einfachsten Fall aus zwei Sammellinsen.
Die dem Gegenstand zugewandte Linse ist das Objektiv, die dem Auge zugewandte Linse das
Okular.
Das Objektiv erzeugt ein reelles, vergrößertes Zwischenbild innerhalb der Brennweite des
Okulars. Das Okular dient als Lupe und vergrößert den Sehwinkel, so dass ein virtuelles Bild
des Zwischenbildes entsteht.
24
Die Vergrößerung ist das Produkt aus den Einzelvergrößerungen der beiden Linsen:
VMikroskop = VOkular ⋅ VObjektiv =
B −B '
B
⋅
=−
(negativ, da B auf dem Kopf steht).
B' G
G
Oftmals lässt man das Zwischenbild direkt am Brennpunkt des Okulars entstehen, so dass das
Bild durch die Lupe "im Unendlichen" entsteht. So entsteht also das Zwischenbild bei f1 + d .
Ferner gilt: tan β =
G −B '
.
=
f1
d
Die Vergrößerung des Objektivs ist damit: VObjektiv =
Die Normalvergrößerung des Okulars ist: VOkular =
B'
d
=−
G
f1
s0
.
f2
Damit ist Vergrößerung des Mikroskops das Produkt aus beiden Vergrößerungen:
VMikroskop = VOkular ⋅ VObjektiv = −
d ⋅ s0
f1 ⋅ f 2
2.3.4 Das Teleskop
Mit dem Teleskop werden Dinge betrachtet, die in der Regel weit weg, aber dennoch groß
sind. Die Wirkung eines Teleskops besteht darin, ein reelles Bild eines Gegenstandes zu
erzeugen, das dem Betrachter näher erscheint als der Gegenstand in Wirklichkeit ist.
Da der Gegenstand weit entfernt ist, fallen dessen Lichtstrahlen quasi parallel in die
Objektivlinse, so dass das Zwischenbild in der Brennebene des Objektivs entsteht. Die
Bildweite ist also gleich der Brennweite f1.
Im Gegensatz zum Mikroskop ist das Zwischenbild also nicht größer, sondern kleiner. Das
Zwischenbild ist dem Betrachter aber näher und kann nun mit dem Okular als Lupe betrachtet
werden.
Das Okular ist jetzt so angeordnet, dass dessen Brennpunkt mit demjenigen des Objektivs
zusammenfällt. Wieder erscheint das Endbild im Unendlichen.
Der Abstand Objektiv-Okular beträgt also f1 + f 2 .
Die Angularvergrößerung beträgt also: VTeleskop
B'
B'
f
f
f
tan β
=
= 2 = 2 =− 1
tan α G − B '
f2
g
f1
Man erhält also bei Teleskopen eine starke Vergrößerung, wenn das Objektiv eine große und
das Okular eine kleine Brennweite besitzt.
Beispiel:
Yerkes-40 inch-Refraktor:
Durchmesser: 1,02 m,
f1 = 19,5 m,
⇒ VTeleskop = −
f1
= −195
f2
f2 = 10 cm
25
Bei den astronomischen Teleskopen ist es in der Regel nicht so entscheidend, wie hoch die
Vergrößerung ist, sondern die Lichtstärke, die von der Apertur abhängig ist. So große Linsen
sind in hoher Qualität aber nur schwer herzustellen.
Daher sind die großen Teleskope fast immer Spiegelteleskope mit Konkavspiegeln als
Objektiv. Diese sind leichter als vergleichbare Linsen und auf der ganzen Auflagefläche unterstützbar.
Weiterer Vorteil: Keine chromatische Aberration!
Neuere Entwicklungen: Mehrere kleinere Spiegel, die individuell verstellbar sind, um Verzerrungen, thermische Verspannungen und sogar atmosphärische Turbulenzen auszugleichen.
26
3.
Interferenz und Beugung
Interferenz und Beugung sind zwei wichtige Phänomene, durch die sich Wellen und Teilchen
voneinander unterscheiden. Interferenz entsteht aus der Überlagerung von Wellen und
resultiert in Intensitätsmustern. Wie man diese Interferenzmuster bestimmt, werden wir in
diesem Kapitel diskutieren.
Dabei spielt auch Beugung eine ganz wesentliche Rolle, so dass beides kaum voneinander
getrennt betrachtet werden kann.
3.1
Interferenz
3.1.1
Superposition von Wellen
Wir betrachten zwei ebene Wellen, die sich in längs der z-Achse mit derselben Frequenz und
demselben Wellenvektor ausbreiten:
r
r
r
r
E1 ( z , t ) = E0,1 ⋅ ei ( kz −ωt +δ1 ) und E2 ( z, t ) = E0,2 ⋅ ei ( kz −ωt +δ 2 ) .
δ1 und δ2 sind die Phasen der beiden Wellen. Dann ist die resultierende Wellenfunktion:
r
r
r
r
r
E ( z , t ) = E1 ( z , t ) + E2 ( z , t ) = E0,1 ⋅ ei ( kz −ωt +δ1 ) + E0,2 ⋅ ei ( kz −ωt +δ 2 )
.
r
r
= E0,1 ⋅ eiδ1 + E0,2 ⋅ eiδ 2 ⋅ ei ( kz −ωt )
(
)
Die Intensität einer elektromagnetischen Welle skaliert bekanntlich mit dem Quadrat der
Feldstärke:
(
)(
)
r
r
r
r
I = E0,1 ⋅ eiδ1 + E0,2 ⋅ eiδ 2 ⋅ E0,1 ⋅ e −iδ1 + E0,2 ⋅ e −iδ 2
r2
r2
r r
r r
= E0,1
+ E0,2
+ E0,1 E0,2 ⋅ ei (δ1 −δ 2 ) + E0,1 E0,2 ⋅ ei (δ 2 −δ1 )
r2
r2
r r
= E0,1
+ E0,2
+ E0,1 E0,2 ⋅ ei (δ1 −δ 2 ) + e −i (δ1 −δ 2 )
14442444
3
(
)
= 2cos(δ1 −δ 2 )
⇒ I = I1 + I 2 + 2 I1 I 2 cos δ
mit δ = δ1 − δ 2 .
Den dritten Summanden nennet man Interferenzterm. Man sieht, dass er Null ist, wenn
r
r
E1 ⊥ E2 . Da der Kosinus eine gerade Funktion ist, kann man ebenso gut δ2−δ1 schreiben
können, und man bezeichnet δ schlichtweg als die Phasendifferenz zwischen den beiden
Wellen.
r r
Sind jedoch E1 || E2 , dann liegt die Gesamtintensität I zwischen den Extremwerten
I min =
(
I1 − I 2
)
2
und I max =
(
)
2
I1 + I 2 .
r
r
Betrachten wir nun den Sonderfall E0,1 = E0,2 . Dann ist auch I1 = I 2 =: I 0 und man erhält:
I = 2 I 0 + 2 I 0 cos δ = 2 I 0 (1 + cos δ ) .
27
Fall 1: Beide Wellen sind in Phase, d. h. δ = 0:
Dann ist cos δ = 1 , und man erhält:
I = 2 I 0 ⋅ (1 + 1) = 4 I 0
Dieses ist der Fall der maximalen Verstärkung und heißt konstruktive Interferenz.
Fall 2: Beide Wellen sind in Gegenphase, d. h. δ = π = 180°:
Dann ist cos δ = −1 , und man erhält:
I = 2 I 0 ⋅ (1 − 1) = 0
Dieses ist der Fall der maximalen Auslöschung und heißt destruktive Interferenz.
3.1.2
Interferenz an dünnen Schichten
Man kennt die schillernden Farben an einer Seifenblase oder an einem Ölfilm auf einer Pfütze.
Ursache der Farben sind Interferenzeffekte bei der Reflexion:
-
-
-
Licht fällt auf die Grenzfläche Luft-Wasserfilm.
Ein Teil des Lichtes wird am optisch dichteren Wasser mit Phasensprung von 180°
reflektiert (s. Fresnel'sche Formeln).
Der andere Teil dringt in das Wasser ein und wird an der zweiten Grenzfläche am
optisch dünnen Medium ohne Phasensprung reflektiert.
Das Licht tritt aus und interferiert mit dem an der oberen Grenzfläche reflektierten
Strahl.
Das Licht legt durch das Wasser die optische Weglänge von 2nd zurück, wobei d die
Schichtdicke ist und n der Brechungsindex des Wassers.
Da es an der oberen Grenzfläche zu einem Phasensprung von 180° kommt, erhält man
-
destruktive Interferenz, wenn die optische Weglänge einem ganzzahligen Vielfachen
der Wellenlänge entspricht.
⇒ 2nd = j ⋅ λ ,
-
j = 1, 2, 3,...
konstruktive Interferenz, wenn die optische Weglänge einem ungeraden Vielfachen
der halben Wellenlänge entspricht.
⇒ 2nd = (2 j + 1) ⋅
λ
2
,
j = 0,1, 2, 3,....
Da es bei konstanter Schichtdicke von der Wellenlänge des Lichtes abhängig ist, ob es zu
konstruktiver oder destruktiver (oder beliebiger) Interferenz kommt, sieht man verschiedene
Farben. Hierbei spielt auch noch der Einfallswinkel eine entscheidende Rolle.
28
Dann ist die optische Weglänge durch das Glas:
2nd
cos β
Der Reflektierte Strahl hat zusätzlich noch den Gangunterschied s = x ⋅ sin α = 2d tan β sin α
zurückzulegen. Die gesamte Wegdifferenz ∆ beträgt dann:
∆=
 n

2nd
sin β
2d
2nd
− 2d tan β sin α = 2d 
−
sin α  =
n − n ⋅ sin 2 β =
1 − sin 2 β = 2nd cos β
cos β
cos
β
cos
β
cos
β
cos
β


(
cos 2 β = 1 − sin 2 β = 1 −
)
(
)
sin 2 α
sin 2 α
⇔
n
cos
β
=
n
1
−
= n 2 − sin 2 α
2
2
n
n
⇒ ∆ = 2nd cos β = 2d n 2 − sin 2 α .
Deshalb erhält man an zwei planparallelen Oberflächen:
-
destruktive Interferenz, wenn die Wegdifferenz einem ungeraden Vielfachen der
halben Wellenlänge entspricht:
⇒∆+
⇔
-
λ
2
= 2d n 2 − sin 2 α +
2d n 2 − sin 2 α = j ⋅ λ ,
λ
2
= (2 j + 1) ⋅
λ
2
,
j = 0,1, 2, 3,....
j = 1, 2, 3, ...
konstruktive Interferenz, wenn die optische Weglänge einem ganzzahligen Vielfachen
der Wellenlänge entspricht:
λ
λ
⇒ ∆ + = 2d n 2 − sin 2 α + = j ⋅ λ , j = 1, 2, 3, ...
2
⇔
2
2d n 2 − sin 2 α = (2 j + 1) ⋅
λ
2
,
j = 0,1, 2, 3,...
Hier ist jetzt die Interferenz sowohl von der Wellenlänge als auch vom Einfallswinkel α abhängig, was zu den bunten Erscheinungen bei der Reflexion an dünnen Schichten führt.
Weil bei fester Wellenlänge diese Interferenzerscheinungen bei einem bestimmten Einfallsbzw. Neigungswinkel α zu sehen sind, nennt man sie Interferenzen gleicher Neigung.
Ein ähnliches Phänomen sind die sog. Newton'schen Ringe. Hier werden Lichtstrahlen an den
Grenzflächen reflektiert und es kommt durch den Gangunterschied wieder zu Interferenzen.
Hier sind die Interferenzerscheinungen bei festem Betrachtungswinkel jedoch von der Dicke d
abhängig, so dass man sie Interferenzen gleicher Dicke nennt.
In der Mitte hat man ein dunkles Zentrum. Hier ist die Dicke d etwa Null, und die destruktive
Interferenz kommt nur durch den 180°-Phasensprung durch die Reflexion am dichteren
Medium zustande.
29
3.1.3
Kohärenz
Gewöhnliche Lichtquellen (Glühlampe, Sonne, Leuchtstoffröhre etc.):
Licht wird durch Atome ausgesendet, die durch unkoordinierte Stöße angeregt werden.
Der Beginn dieser Abstrahlung ist daher beliebig (spontan), und der Zeitraum τ der
Abstrahlung nur sehr kurz.
Das Licht besteht also aus "abgehackten" Wellenzügen mit der Länge c ⋅ τ , die mit
den anderen Wellenzügen völlig unzusammenhängend sind. Solches Licht nennt man
daher inkohärent.
LASER = Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation
Licht aus LASERn wird zwar auch von Atomen durch Stoßprozesse ausgesandt, die
aber zeitlich aufeinander abgestimmt sind. Die Atomen emittieren das Licht also in
Phase, und man bekommt damit sehr lange, zusammenhängende Wellenzüge: Das
Licht ist kohärent.
Die Länge, über die ein Wellenzug derart phasenstabil ist, nennt man Kohärenzlänge.
Die Zeitspanne, in der der Wellenzug einen Punkt im Raum passiert, heißt Kohärenzzeit.
Stabile Laser haben Kohärenzlängen von mehreren Kilometern, Gasentladungslampen, die
monochromatisches (=einfarbiges) Licht aussenden, nur von wenigen Millimetern. Die
Kohärenzlänge von Glühlampen beträgt sogar nur etwa 1 µm.
3.1.4
Interferometer
Interferometer sind Messapparate, die auf Interferenz beruhen.
Wellenzug wird in der Regel aufgespalten, durchlaufen zwei unterschiedlich lange Wege und
werden anschließend wieder zusammengeführt.
Ist die Differenz der optischen Weglänge gerade ein ganzzahliges Vielfache der Wellenlänge,
dann tritt konstruktive Interferenz auf, ist sie ein ungeradzahliges Vielfache der halben
Wellenlänge, dann hat man destruktive Interferenz.
Mit Interferometern lassen sich kleinste Dicken messen, aber auch unterschiedliche Dauern
zur Zurücklegung desselben Weges, und wegen der n-Abhängigkeit der optischen Weglänge
auch Brechungsindizes.
Beispiel: Michelson-Interferometer. Hierbei muss man auf die Kohärenzlänge achten!
3.2
Beugung
Unter Beugung versteht man die Abweichung der Wellenausbreitung von der geraden, geometrischen Stahlrichtung. Sie fällt insbesondere dann ins Gewicht, wenn die räumlichen Dimensionen in die Größenordnung der Lichtwellenlänge kommen.
Eine ebene Wellenfront fällt auf eine kleine Spaltöffnung. Hinter der Öffnung hat man ein
kreisförmiges Wellenbild, das man mit dem Huygens'schen Prinzip der Elementarwellen
beschreiben kann.
Ist die Spaltöffnung groß verglichen mit der Wellenlänge, dann spielen die Beugungseffekte
eine immer geringere Rolle.
30
3.2.1
Beugung am Einzelspalt
Ein Spalt der Breite b wird mit Licht beleuchtet. Hinter dem Spalt werden durch eine Linse
alle Stahlen, die unter einem gleichen Winkel φ zur Normalen der Spaltebene laufen,
gebündelt. Ein ähnlicher Effekt entsteht, wenn der Abstand zum Spalt sehr groß gegen die
Spaltöffnung ist.
Uns interessiert jetzt die Intensitätsverteilung hinter dem Spalt.
Dabei bedienen wir uns erneut dem Huygens'schen Prinzip, nach dem jedes Spaltelement dy
der Ausgangspunkt einer Elementarwelle ist. Da eine ebene Welle auf den Spalt fällt, sind alle
Elementarwellen in Phase (=synchron).
Wir setzen eine ebene Welle an: E ( z , t ) = E0 ⋅ ei ( kz −ωt ) .
Von der Stelle y liefert ein Spaltenelement dy in der Ebene A einen Beitrag:
 
dE A = E0 ⋅
b


i ( k ⋅ sin φ −ωt ) dy
dy i k  y⋅sin φ + 2 ⋅sin φ −ωt 
⋅e
= E0 ⋅ e 2
⋅ ⋅ eiky⋅sin φ .
b
b
b
Den Beitrag des gesamten Spaltes erhält man durch Aufsummieren aller Spaltelemente:
+
b
i ( k sin φ −ωt )
⋅e 2
1
E A (t ) = E0
⋅
1442443 b
B
= B⋅
b
ik ⋅sin φ
e 2
b
2
∫e
iky ⋅sin φ
dy
b
−
2
b
− ik ⋅sin φ
−e 2
, eix − e− ix = 2i ⋅ sin x
ikb ⋅ sin φ
 b

sin  k sin φ 
2

= B⋅ 
b
k sin φ
2
Von der Ebene A bis zum Brennpunkt F brauchen alle Teilwellen dieselbe Zeit, was mit dem
Phasenfaktor eiδ berücksichtigt wird. Deshalb beträgt im Brennpunkt die Feldstärke:
 b

sin  k ⋅ sin φ 
2

.
EF (t ) = B ⋅ eiδ ⋅
b
k ⋅ sin φ
2
Die Intensität im Brennpunkt ist proportional zu EF 2 = EF ⋅ EF* :
 b

sin 2  k ⋅ sin φ 
2
 2
 ~ sin X mit X = k b ⋅ sin φ .
I (φ ) ~
2
2
X2
 b

 k ⋅ sin φ 
 2

Die Nullstellen von
sin 2 X
X2
liegen bei X = n ⋅ π mit n = 1, 2, 3, ...
b
2
Die n-te Nullstelle liegt demnach bei: X = k ⋅ sin φ =
2π b
⋅ sin φ = n ⋅ π mit n = 1, 2, 3, ...
λ 2
31
Damit erhält die Beugungsbedingung für die Intensitätsminima am Einzelspalt:
b ⋅ sin φ = n ⋅ λ
mit n = 1, 2, 3, ...
Minima am Einzelspalt
n = 0 selbst liefert keine Nullstelle, weil hier der Nenner auch Null wird. Man kann hier


sin X
sin X
X2
sin X
X2
in eine Potenzreihe entwickeln:
=1−
+ ... , d. h. lim
= lim 1 −
+ ...  = 1 .
X →0 X
X →0
X
X
3
3


Bei φ = 0 , also auf der optischen Achse des Spaltes, befindet sich das Hauptmaximum.
3
2
Das erste Nebenmaximum ist bei X ≈ π (nicht exakt). Der Nenner X 2 ist damit um den
Faktor X 2 ≈ 22 größer und damit die Intensität um den Faktor 22 kleiner. Allgemein gilt für
die Nebenmaxima annähernd die Beugungsbedingung:
b ⋅ sin φ ≈ (2n + 1) ⋅
Wenn
λ
b
=
λ
2
mit n = 1, 2, 3, ...
Nebenmaxima am Einzelspalt (nicht exakt)
sin φ
<< 1 , dann ist n sehr groß und man sieht extrem viele ganz dicht benachbarte
n
Nebenmaxima, die nicht mehr auflösbar sind. Hier spielen Beugungseffekte keine Rolle mehr.
Die geometrische Optik entspricht daher dem Fall ganz kleiner Wellenlängen oder großen
Aperturen.
λ sin φ
Für
=
>> 1 , dann ist n sehr klein, und man beobachtet nur noch das Hauptmaximum.
b
n
Nicht nur ein dünner Spalt führt zu Beugungsbildern, sondern auch jegliche Form einer
Öffnung. Die Beugung an einer kreisförmigen Apertur ist von besonderem Interesse, weil sie
das Auflösungsvermögen von optischen Geräten begrenzt. Man könnte jetzt wieder genau wie
beim Einzelspalt vorgehen, indem man die Welle in der Öffnung in kleine Elementarwellen
zerteilt, dann die Amplitude und Phase an einem beliebigen Punkt P errechnet und
anschließend über die gesamte Apertur integriert. In der Praxis ergibt dies Ausdrücke, die sich
nicht mehr so einfach lösen lassen, sondern man erhält die Minima und Maxima als
Nullstellen der sog. "Bessel"-Funktion, was hier im Einzelnen nicht durchgeführt werden soll.
Die Beugungsbedingung für das n-te Minimum ergibt sich als:
sin θ min,1 = 1, 22
λ
D
,
sin θ min,2 = 2,23
λ
D
,
sin θ min,3 = 3,24
λ
D
Entsprechend lauten die Beugungsbedingungen für die Nebenmaxima:
sin θ max,1 = 1,63
λ
D
,
sin θ max,2 = 2,68
λ
D
,
sin θ max,3 = 3,70
λ
D
32
3.2.2
Auflösungsvermögen optischer Instrumente
Zwei Lichtpunkte strahlen unter einem Winkel α auf eine kreisförmige Öffnung mit dem
Durchmesser D. Man sieht, dass sich die Beugungsmuster der beiden Lichtquellen auf dem
Schirm überlagern.
Wenn α immer kleiner wird, dann schieben sich auch die Beugungsmuster immer mehr
zusammen, so dass es immer schwieriger wird, beide Objekte von einander zu trennen.
Es gibt einen kritischen Winkel αK, unter dem es gerade noch möglich ist, zwei Objekte als
getrennte Lichtquellen zu unterscheiden. In diesem Fall fällt das Hauptmaximum des einen
Objektes in das erste Nebenminimum des anderen Objektes, also:
sin α K ≈ α K = 1, 22 ⋅
λ
D
Rayleigh'sches Auflösungskriterium
Beispiele:
a) Das menschliche Auge:
D ≈ 2 mm = 2 ⋅ 10−3 m
λmittel = 0,5 µm = 5 ⋅ 10−7 m
⇒ α K = 3 ⋅ 10−4 rad ≈ 0,017°
b) Spiegelteleskop auf dem Mt. Palomar
D≈5m
λmittel = 0,5 µm = 5 ⋅ 10−7 m
⇒ α K = 10−7 rad ≈ 5,7 ⋅ 10−6 °
Bemerkung: Eine Vergrößerung der Apertur verbessert nicht nur das Auflösungsvermögen,
sondern führt auch noch zu einer Vergrößerung der Helligkeit.
Verdopplung des Durchmessers → Vervierfachung der Lichtmenge
Faktor 4 kleinere Fläche des
Beugungsscheibchens, d. h.
Faktor 16 in der Lichtmenge pro Fläche.
→ Lichtstromdichte geht mit der 4. Potenz des Spiegeldurchmessers
Die Vergrößerung des Bildes durch Beugung führt dazu, dass ein Richtstrahl
λ
nicht mehr streng parallel ist, sondern unter dem Winkel α K = 1, 22 ⋅
auseinD
anderläuft. Ein Lichtpunkt im Brennpunkt eines 5m-Teleskopspiegels hat auf
dem Mond nur aufgrund der Beugung einen Durchmesser von ca. 40 m.
33
3.2.3
Das Theorem von Babinet
Bei der Beugung an einem Hindernis ist die Intensitätsverteilung dieselbe wie bei der
Beugung an der komplementären Öffnung.
Anders: Das Beugungsbild eines Drahtes der Dicke d ist dasselbe wie das eines Spaltes der
Breite d.
Amplituden bei der Beugung sind entgegengesetzt gleich. Da die Intensitäten mit dem
Quadrat der Feldstärken gehen, ist die Intensitätsverteilung für beide Fälle dieselbe.
Achtung: Das gilt nur für die gebeugten Wellen außerhalb des Bereiches der geometrischen Optik.
3.2.4
Beugung am Gitter
Ein optisches Gitter ist eine Anordnung von N äquidistanten parallelen Einzelspalten der
Breite d und der Periode g (Abstand zweier benachbarter Spalte = Gitterkonstante).
Zwischen der Ebene A und dem Brennpunkt F benötigen alle Teilwellen gleich viel Zeit.
In der Gitterebene schwinge die Welle E ( z , t ) = E0 ⋅ ei ( kz −ωt ) . Der Beitrag des m-ten Spaltes in F
ist dann gegeben durch:
EF , m = S (φ ) ⋅ ei ( kmg ⋅sin φ −ωt ) ,
wobei S(φ) die Feldverteilung des Einzelspaltes ist, also
 d

sin k sin φ 
 2
.
S (φ ) ~
d
k sin φ
2
Die Gesamtwelle in F ist die Superposition der Wellenamplituden jeder der N Spalte:
N −1
EF ~
∑
S (φ ) ⋅ e i ( kmg⋅sin φ −ωt ) = S (φ ) ⋅ e −iωt ⋅
m =0
N −1
∑e
ikmg ⋅sin φ
m =0
N −1
Das ist eine geometrische Reihe, deren Summe bekanntlich lautet:
∑
m=0
N −1
Daher ist
∑
m=0
eikmg ⋅sin φ =
am =
aN −1
.
a −1
eikNg ⋅sin φ − 1
.
eikg ⋅sin φ − 1
Die Berechnung der Intensität geht wieder über EF ⋅ EF* .
α
Es gilt: ( eiα − 1)( e −iα − 1) = 2 ⋅ (1 − cos α ) = 4sin 2 , somit folgt:
2

 d

1
sin 2  k sin φ  sin 2  kNg ⋅ sin φ 
 2
⋅
2
.
I~
2
1


 d

sin 2  kg ⋅ sin φ 
 k sin φ 
2
 42444

2
 3 144
3
144244
2
S 2 (φ )
G (φ )
34
Der erste Faktor ist proportional zu S 2 (φ ) , also der Intensität der Einzelspalte. Der zweite
Faktor ist proportional zu G 2 (φ ) , das die Intensität durch die periodische Anordnung von N
Spalten repräsentiert.
Die Hauptmaxima sind durch die Nullstellen des Nenners gegeben. Für diese gilt:
1
π
λ
kg ⋅ sin φ = g ⋅ sin φ = n ⋅ π , d. h. die Hauptmaxima liegen bei sin φ = n ⋅ .
2
λ
g
Damit lautet die Beugungsbedingung
n ⋅ λ = g ⋅ sin φ
mit n = 0, 1, 2, 3, ...
für die Hauptmaxima beim Gitter.
Der Parameter n heißt Beugungsordnung.
Die Nebenminima und –maxima ergeben sich durch den Zähler:
sin φ =
sin φ =
j ⋅λ
N ⋅g
mit j = 1, 2, 3, ...
(2 j + 1) ⋅ λ
2⋅ N ⋅ g
Die Breite der Hauptmaxima ist gegeben durch ∆ =
Nebenminima
mit j = 1, 2, 3, ...
Nebenmaxima
2λ
, d. h. je mehr Spalte vorhanden sind,
Ng
desto schmaler sind die Hauptmaxima. Je kleiner die Gitterkonstante g wird, desto weiter sind
die voneinander entfernt.
3.2.5
Beugung am Doppelspalt
Das einfachste Gitter ist ein Doppelspalt und noch dazu von gewisser historischer Bedeutung,
wie wir im weiteren Verlauf dieser Vorlesung noch sehen werden.
Hier ist natürlich N = 2, so dass sich der Faktor G 2 umformen lässt zu:
G 2 (φ ) ~
sin 2 (k ⋅ g ⋅ sin φ )
1

= 4 cos 2  k ⋅ g ⋅ sin φ  .
1
2




sin 2  k ⋅ g ⋅ sin φ 
2

Dieser Ausdruck ergibt Null für
1
π
π
k ⋅ g ⋅ sin φ = g ⋅ sin φ = ( 2l + 1) mit l ∈ N . Damit:
λ
2
2
g ⋅ sin φn =
2l + 1
λ
2
mit l ∈ N
Minima am Doppelspalt
Die Intensitätsverteilung des Einzelspaltes S 2 ist Null für sin φn = n ⋅
λ
d
(n = 1, 2, 3,...).
Da natürlich d < g sein muss, ist der Abstand der durch G 2 generierten Minima kleiner als
der Abstand der durch die Einzelspalt-Intensitätsverteilung S 2 hervorgerufenen Minima.
35
Die Zahl der zusätzlichen Minima im zentralen Maximum des Einzelspaltes der Breite
ist gegeben durch
2λ
d
λ
g
=
2λ
d
2g
. Wenn die Spaltöffnungen deutlich kleiner sind als die
d
Stegbreite, dann bekommt man viele zusätzliche Streifen.
Beispiel:
Gitterspektrometer werden zur Untersuchung von Spektren oder zur Erzeugung
monochromatischen Lichtes verwendet.
Typische Werte von optischen Gittern im Sichtbaren:
N = 2 ⋅ 104 Gitterstriche
g = 1,5 ⋅ 10−6 m (Gitterkonstante)
Bestrahlt man ein solches Gitter mit einem HeNe-Laser ( λ = 0,6328 ⋅ 10−6 m),
so ergibt sich für die Breite des Hauptmaximums:
2λ 2 ⋅ 0,6328 ⋅ 10−6 m
=
= 4, 2 ⋅ 10−5 ⇒ ∆ = 2, 4 ⋅ 10−3 ° .
sin ∆ =
4
−6
Ng
2 ⋅ 10 ⋅ 1,5 ⋅ 10
m
Die weiteren Hauptmaxima der Funktion G 2 liegen in Abständen von
λ
g
auf
beiden Seiten 0. Beugungsordnung.
λ 0,6328 ⋅ 106 m
sin ∆ =
g
=
1,5 ⋅ 10−6 m
= 0, 42 ⇒ ∆ = 24,8° .
Damit ist die 0. Beugungsordnung um dem Faktor 10000 schmaler als der
Abstand zwischen der 0. und der 1. Beugungsordnung.
λ
Die Nebenmaxima befinden sich in den sin φ-Abständen von
von den
Ng
Hauptmaxima und sind praktisch nicht auflösbar.
Bei verschiedenen Wellenlängen treten die Beugungsordnungen bei unterschiedlichen Winkeln auf, und zwar größere λ unter größerem Winkel.
Auf diese Weise werden die Spektralfarben voneinander getrennt.
3.2.6
Abbildungstheorie von Abbé und Auflösungsvermögen beim Mikroskop
Wie groß ist der minimal Abstand zweier Objekte, damit sie im Mikroskop noch voneinander
als getrennte Objekte wahrgenommen werden können?
Objekt: Gitter mit Spaltabstand g und N Perioden wird von unten mit parallelem Licht
beleuchtet.
In der Brennebene des Objektivs entsteht ein Beugungsbild, wie wir es ja gerade eben
hergeleitet haben. Die Apertur des Objektivs begrenzt aber die Anzahl der Beugungsordnungen, die in das Objektiv eindringen können.
Ernst Abbé (1840-1905) hat gezeigt, dass für eine Abbildung des Gittermusters mindestens
die 0. und die 1. Beugungsordnung in das Objektiv gelangen müssen.
36
Tritt nur die 0. Beugungsordnung ein, so hat das zentrale Hauptmaximum die Breite
2λ 2λ
, also die gleiche Breite wie bei einem Einfachspalt der Breite l. Man sieht
sin ∆ =
=
Ng
l
also nichts von den Stegen.
Damit die erste Ordnung eintreten kann, muss der Aperturwinkel α größer als φ1, der Winkel
λ
des ersten Maximums, sein. Damit folgt sin α > sin φ1 = , also
g
g≥
λ
sin α
.
Um das Auflösungsvermögen groß zu machen, muss man also für eine große Apertur sorgen.
Man auch zusätzlich das Objekt in eine Immersionsflüssigkeit mit Brechungsindex n legen.
Dann ist nämlich:
λ
g≥
n ⋅ sin α
Der Brechungsindex n > 1 sorgt für eine Verringerung der gerade noch auflösbaren Abstände.
Eine andere Möglichkeit ist es, das Objekt mit kleinerer Wellenlänge zu betrachten. Das ist
die Idee des Elektronenmikroskops. Elektronen können auch als Welle interpretiert werden,
und die Wellenlänge ist extrem klein. Dass das tatsächlich der Fall ist, wird im Folgenden
gezeigt werden. Dies ist bereits der Brückenschlag zur Atomphysik und dem Dualismus von
Teilchen und Welle.
3.3
Holographie
Eine der interessantesten Anwendungen des Lasers ist die Erzeugung dreidimensionaler
Bilder, die man als Hologramme bezeichnet.
Normales Foto: nur Intensität -> zweidimensionales Abbild
Hologramm: durch Interferenz Erzeugung dreidimensionaler Abbilder
Erzeugung eines Hologramms:
-
-
-
-
Zerlegung eines aufgeweiteten Laserstrahls mit Hilfe eines halbdurchlässigen Spiegels
in zwei Teile
Ein Teil gelangt direkt zum Film, der andere Teil erst nach der Reflexion am Objekt.
Durch Interferenz wird nicht nur die Amplitude, sondern auch die relative Phase
zwischen beiden Strahlen festgehalten.
Wichtig ist hier wieder eine hinreichende Kohärenzlänge, die man nur mit einem Laser
erreicht.
Entwickelter Film wird in einen divergenten Laserstrahl gehalten
Es entsteht ein dreidimensionales virtuelles Bild
37
Zur Bildentstehung betrachten wir einen einzelnen Objektpunkt O:
-
-
-
-
OA und OB sind zwei von dem Punkt O reflektierte Strahlen.
CA und DB kommen direkt vom Laser und interferieren mit OA und OB an den
Punkten A und B auf dem Film.
Es entstehen bei konstruktiver Interferenz Streifen.
Der Abstand der Streifen ändert sich mit dem Einfallswinkel
Man erhält quasi ein Beugungsgitter mit sich ändernder Gitterkonstante.
Bei der Beleuchtung des entwickelten Filmes erscheinen die gebeugten Strahlen erster
Ordnung unter etwas verschiedenen Winkeln.
Es entsteht durch die divergierenden Strahlen auf der Einfalls-Seite ein virtuelles Bild.
Auf der Transmissionsseite konvergieren die nach unten gerichteten Strahlen und
formen ein reelles Bild.
Da das Objekt aus beliebig vielen Punkten besteht, ist das Hologramm ein sehr
komplexes Interferenzmuster.
38
4.
Welle/Teilchen-Dualismus
Wellen
Beugung an Kanten und Öffnungen
(Abweichung von der geradlinigen
Ausbreitung)
Wellen können mit einander interferieren
(Interferenzmuster)
Isaak Newton (1643-1727):
Teilchen
Teilchen bewegen sich immer geradlinig,
solange keine Kraft auf sie wirkt.
Bei Zusammentreffen ändern sie ggf. die
Richtung und Geschwindigkeit, fliegen dann
aber geradlinig weiter.
(Niemals Interferenzmuster)
"Licht ist ein Teilchenstrahl"
Aber: Brechungsgesetz nur erklärbar, wenn Ausbreitungsgeschwindigkeit im Medium größer als im Vakuum.
Lehnte Wellennatur des Lichts strikt ab: "Licht breitet sich
immer geradlinig aus" (Beugung noch nicht beobachtet).
Thomas Young (1773-1829): Doppelspaltversuch (1801) -> Interferenzmuster
Beweis: Licht ist eine Welle.
Auguste Fresnel (1788-1827): Geradlinige Ausbreitung des Lichts ist eine Folge
der sehr kleinen Wellenlänge.
James Clerk Maxwell (1831-1879): Wellengleichung für elektromagnetische Wellen.
Annahme (Beginn des 20. Jahrhunderts):
-
Licht und andere elektromagnetische Strahlung sind Wellen.
Elektronen, Protonen, Atome und andere Bausteine der Materie sind Teilchen.
In den ersten 30 Jahren des 20. Jh. stellte sich heraus, dass Licht seine Energie immer nur
portionsweise in sog. "Quanten" abgibt und sich ähnlich wie Teilchen verhält.
4.1
Der Teilchencharakter des Lichts
4.1.1 Der Photoeffekt und die Bestimmung von h
Hallwachs-Versuch:
-
-
-
Die Zinkplatte wird positiv geladen und anschließend mit Licht bestrahlt:
Das Elektroskop behält seine Ladung.
Die Zinkplatte wird negativ geladen und anschließend mit Licht bestrahlt:
Das Elektroskop entlädt sich.
Zwischen Lampe und Zinkplatte wird eine Glasscheibe gestellt. Die Zinkplatte wird
negativ geladen und anschließend mit Licht bestrahlt:
Das Elektroskop behält wieder seine Ladung.
Ergebnis:
Licht löst Elektronen aus der Zinkplatte heraus.
Intensität bestimmt nicht, ob Elektronen herausgelöst werden oder nicht.
39
Das Ergebnis des Hallwachs-Experimentes eröffnet nun den Einstieg in die traditionelle
Untersuchung des Photoeffekts mit Photozelle und Gegenfeldmethode.
Experiment mit Photozelle:
-
-
Licht trifft auf die Photokathode.
Elektronen werden herausgeschlagen und treffen auf die Ringanode → elektrischer
Strom.
Durch Erhöhen einer Gegenspannung an der Anode werden die Elektronen abgebremst.
Wenn Strom Null ist, hat man die kinetische Energie der Elektronen: Ekin = e ⋅ U .
Klassische Interpretation: Die kin. Energie der Elektronen sollte abhängig von der Intensität
sein.
Beobachtet wird aber: Ekin ist unabhängig von der Lichtintensität.
Die Lichtintensität bestimmt lediglich den Photostrom, also die Zahl der ausgelösten
Elektronen, jedoch nicht deren Energie.
Albert Einstein interpretierte diese Beobachtung als erster richtig, indem er folgerte, dass die
Lichtenergie quantisiert ist, also nur in kleinen Energiepaketen, den sog. Photonen, auftritt.
Dafür bekam er 1922 den Nobelpreis für Physik.
Für die Energie des Photons gilt:
E = h ⋅ν =
h⋅c
λ
ν: Frequenz des Lichtes
h: Planck'sches Wirkungsquantum, h = 6,6260693 ⋅ 10−34 J ⋅ s = 4,135701 ⋅ 10−15 eV ⋅ s
Das heißt, dass die Lichtwellenlänge bzw. die Frequenz des Lichtes für die Energie der
ausgelösten Photoelektronen verantwortlich ist.
Wechselwirkungsmechanismus bei Photoeffekt ist der Stoß der Photonen mit den Elektronen
in der Metalloberfläche.
Die Energie des Photons wird absorbiert und in kinetische Energie der Elektronen
umgewandelt. Die maximale Energie der Elektronen, die durch Licht aus der Kathode herausgeschlagen werden, beträgt:
1

Ekin,max =  mv 2  = hν − WAus
2
 max
Dabei ist WAus die Austrittsarbeit, die mindestens aufgebracht werden muss, damit das
Elektron das Metall verlassen kann. Ihr Betrag ist charakteristisch für das jeweilige Metall.
Ist die Photonenenergie kleiner als die Austrittsarbeit, so bleiben die Elektronen in dem Metall.
Um das Planck’sche Wirkungsquantum experimentell zu bestimmen, beleuchtet man eine
Vakuumphotozelle mit monochromatischem Licht. Man misst dann einen Photostrom. Durch
Anlegen einer Gegenspannung UGeg an die Photozelle wird der Photostrom gerade kompen40
siert, d.h. auf Null geregelt. Die Energie der aus der Photozelle austretenden Elektronen ist
dann genauso groß wie die elektrische Energie e·UGeg durch die Gegenspannung:
e ⋅ U Geg = hν − WAus
h
U Geg = ν − U Aus
e
⇔
Trägt man also UGeg über ν auf, so erhält man eine Gerade mit der Steigung h/e und dem
Spannungs-Achsenabschnitt UAus = WAus/e.
4.1.2
Der Impuls der Photonen
Wenn ein Lichtstrom also nichts anderes sein soll, als ein Hagel von Photonen, stellt sich
natürlich auch die Frage, ob Licht einen Impuls hat.
Man kann sogar bereits mit der klassischen Maxwell'schen Theorie den Lichtdruck auf eine
reflektierende Oberfläche ausrechnen. Wir betrachten dazu eine elektromagnetische Welle, die
auf einen Spiegel fällt und dort reflektiert wird.
Für die einfallende Welle schreiben wir:
E x einf = E0 ⋅ ei ( kz −ωt )
By einf = B0 ⋅ ei ( kz −ωt )
.
E x refl = − E0 ⋅ ei ( − kz −ωt )
Für die reflektierte Welle gilt also:
By refl = B0 ⋅ ei ( − kz −ωt )
.
B hat hier kein Minuszeichen, weil die reflektierte Welle in –x-Richtung läuft. Anders als das
r
r
E -Feld verschwindet das resultierende B -Feld By res = By einf + By refl in der Spiegelebene
nicht.
r
r
Man bekommt also einen Schwingungsknoten für E und einen Bauch für B .
Es fließt also nach dem Durchflutungsgesetz in einer Oberflächenschicht von der Dicke der
Eindringtiefe des Lichts ein Strom:
r
r
r
∂E
rot B = µ0 j + µ0ε 0
∂t
r
Der zweite Summand (Verschiebungsstrom) ist Null, da ja das E -Feld hier gerade verr
r
schwindet. Da B nur von z abhängt und nur eine y-Komponente hat, besitzt rot B = −
∂B y
∂z
nur eine x-Komponente, so dass:
jx = −
1 ∂By
.
µ0 ∂z
Ein Strom im Magnetfeld erfährt nach dem Biot-Savart'schen Gesetz aber eine Kraft.
r
(
r
r
)
Das Biot-Savart'sche Gesetz lautet: dF = I ⋅ dl × B .
41
Wir betrachten die Kraft auf ein infinitesimales Quaderelement dx dy dz . Der Strom durch die
schraffierte Fläche ist jx dy dz . Die Kraft auf das Quaderelement wird damit dFz = jx dx dy dz By .
Die Gesamtkraft erhält man, indem man über die xy-Ebene und die ganze Länge z integriert:
Fz = −
1
µ0
∫∫
z =∞
dx dy
∞
∫
∂B y
z =0
By dz = −
∂z
A
2µ0
By 2
z =∞
z =0
Da das Wellenfeld nur ganz wenig in den Spiegel eindringt, verschwindet By für z → ∞, und
man erhält:
(
Fz
1
1
=
By 2 ( z = 0) =
Byeinf ( z = 0) + Byrefl ( z = 0)
A 2 µ0
2 µ0
=
1
2 µ0
( 2B e )
− iωt
0
2
=
2
µ0
)
2
=
1
2 µ0
( 2B
einf
y
( z = 0)
)
2
B0 2 cos 2 ωt
1
2
Das zeitliche Mittel von cos 2 ωt ist , so dass im Zeitmittel gilt:
Fz B0 2
=
.
A µ0
Diese Kraft pro Spiegelfläche nennt man den Strahlungsdruck.
r
Man kann ihn auch mit Hilfe des Poynting-Vektors S =
(
r
1 r einf r einf
1 einf
c
S einf =
E ×B =
Ex ⋅ B y einf =
By einf
µ0
µ0
Im Zeitmittel ergibt sich wieder:
µ0
S einf =
)
2
=
c
µ0
1 r r
E × B ausdrücken:
µ0
B0 2 ⋅ cos 2 ( kz − ωt ) .
c
B0 2 .
2µ0
Fz 2 S einf
=
A
c
Damit ergibt sich für das Zeitmittel der Kraft auf den Spiegel:
r
Jetzt stellen wir uns vor, dass jedes Lichtquant einen Impuls p hat. Da ein Photon ja keine
r
r
Masse besitzt, kann man nicht einfach definieren: p = m ⋅ v . Stattdessen bedienen wir uns dem
r ∂pr
2. Newton'schen Axiom, dass besagt: F = .
∂t
Wenn das einfallende Photon den Impuls pz hat, dann hat das reflektierte Photon den Impuls
r
∂p
-pz. Der Impulsübertrag
beträgt also 2pz.
∂t
Ist N die Zahl der Photonen pro Zeit, die auf eine Flächeneinheit A auftreffen, dann ist das
Zeitmittel des Strahlungsdrucks:
Fz
= 2 pz N .
A
Andererseits ergibt sich die Strahlungsleistung S aus der Zahl N der Photonen pro Zeiteinheit mit der Energie hν : S einf = N ⋅ hν .
42
Damit:
Fz 2 S einf 2 N ⋅ hν
=
=
= 2 pz N
A
c
c
Der Impuls eines Photons ist also:
pz =
hν h
= .
c λ
Abschätzung der Größenordnung:
Annahme: λ = 500 nm ⇒ ν = 6 ⋅ 1014 s −1 ⇒ hν = 3,8 ⋅ 10−19 J .
⇒ p = 1,3 ⋅ 10−27 kg m s −1 (eines einzelnen Photons)
Sonne:
S = 103 Wm −2 ⇒ N = 2,6 ⋅ 1021 m −2s −1
⇒
F 2 ⋅ 103 Wm −2
=
= 6,7 ⋅ 10−6 Nm −2 = 6,7 ⋅ 10−11 bar
8
A
3 ⋅ 10 ms
Bei einem Luftdruck von 1 bar ist dieses für eine Sonnenturbine nicht
geeignet. Im Weltall bewirkt der Strahlungsdruck der Sonne, dass ein
Kometenschweif stets von der Sonne abgewandt ist.
4.1.3
Der Compton-Effekt
Beim Photoeffekt wurde davon ausgegangen, dass die Energie eines Photons vollständig auf
das Elektron abgegeben wird. Das ist aber nicht immer der Fall.
Arthur Holly Compton zog 1923 die Teilchennatur des Lichtes heran, um die Ergebnisse zu
erklären, die er bei der Streuung von Röntgenstrahlen an Elektronen in Graphit gemacht hat.
Ein Photon (mit Energie im Röntgenbereich) trifft auf ein freies Elektron im Graphit.
Dabei wird das Elektron angestoßen und nimmt Energie auf. Diese Energie fehlt dem Photon
nach dem Stoß und hat daher eine geringere Frequenz bzw. eine größere Wellenlänge.
Compton wandte nun die Gesetze des elastischen Stoßes aus der klassischen Mechanik auf
sein Problem an:
Energieerhaltung:
hc
hc 1
+0 =
+ me v 2
λ
λ2 2
1123 14243
vor dem Stoß
Impulserhaltung:
nach dem Stoß
h
+0=
x-Komponente:
λ1
y-Komponente:
0+0=−
h
λ2
h
λ2
cosθ + me v cos φ
sin θ + me vsin φ
43
⇔
h
λ1
h
−
cos θ = me v cos φ
λ2
quadrieren
h
λ2
⇔
h2
λ
2
1
+
h2
h2
λ2
λ1λ2
cos 2 θ − 2
2
h2
λ2 2
⇔
h2
λ
2
1
+
sin θ = me vsin φ
cosθ = me 2 v 2 cos 2 φ
beide Gleichungen addieren
sin θ = me v sin φ
2
2 2
h2
h2
λ2
λ1λ2
(cos 2 θ + sin 2 θ ) − 2
2
⇔
h2
λ
2
1
+
h2
λ2
2
−2
Mit dem Ausdruck für die Energieerhaltung
⇒
1
λ1
−
1
λ2
2
=
h2
λ1λ2
hc
λ1
=
cosθ = me 2 v 2 (cos 2 φ + sin 2 φ )
cos θ = me 2 v 2
hc
1
+ me v 2
λ2 2
⇔
1 1 
me v 2 = 2hc  − 
 λ1 λ2 

h  1
1
2
cosθ 
 2+ 2−
2me c  λ1
λ2 λ1λ2

⇔

λ2 − λ1
h  1
1
2
=
cos θ 
 2+ 2−
2me c  λ1
λ1λ2
λ2 λ1λ2

⇔
λ2 − λ1 =

h  λ2 λ1
− 2cosθ 
 +
2me c  λ1 λ2

⇔
λ2 − λ1 =
h
h
( 2 − 2cosθ ) = (1 − cosθ )
me c
2me c
⋅ λ1λ2
da λ1 ≈ λ2 , gilt
λ2 λ1
+
≈2
λ1 λ2
Die Änderung der Wellenlänge des Photons ∆λ = λ2 − λ2 ist abhängig vom Streuwinkel, aber
nicht abhängig von der einfallenden Wellenlänge.
∆λ =
Der Term
h
(1 − cosθ )
me c
h
heißt Compton-Wellenlänge und beträgt:
me c
λCompton =
h
= 2, 426 ⋅ 10−12 m
me c
Weil die Compton-Wellenlänge so klein ist, beobachtet man nur eine merkliche Änderung,
λ −λ
wenn die einfallende Wellenlänge λ1 so klein ist, dass 2 1 hinreichend groß ist.
λ1
Mit sichtbarem Licht ( ≈ 5 ⋅ 10−7 m ) ist dieser Effekt zu klein, um beobachtet zu werden.
Compton bediente sich Röntgenstrahlung der Wellenlänge 71,1 pm = 7,11 ⋅ 10−11 m .
44
4.2
Der Wellencharakter der Materie
4.2.1 Elektronen und Materiewellen
Nach unserem bisherigen Verständnis handelt es sich bei Elektronen zunächst einmal um
Teilchen. Bekanntermaßen haben Elektronen eine Ladung. Die Bestimmung der Ladung
wurde zum ersten Mal mit hoher Präzision von Robert Andrew Millikan 1910 durchgeführt,
der 1923 dafür den Nobelpreis bekam.
Man sprüht Öltröpfchen in einen Kondensator. Mit Hilfe von Gamma-Strahlung lädt man die
Öltröpfchen auf.
Ohne angelegtes Feld sinken die Tröpfchen langsam nach unten und erreichen wegen des
Luftwiderstandes sehr rasch eine konstante Fallgeschwindigkeit v0.
Kugelförmige Körper erfahren in viskosen Medien eine Reibung, die sog. Stokes-Reibung:
FReib = 6πη rv 0 .
η ist die Viskosität des Mediums, also der Luft ( ηLuft = 17,1µPa ⋅ s ),
r ist der Radius des Öltröpfchens.
Die auf die Öltröpfchen wirkende Gravitationskraft Fg beträgt:
4
Fg = mg = π r 3 ( ρÖl − ρ Luft ) ⋅ g .
14243
3
berücksichtigt
Auftrieb
Im Gleichgewichtsfall ist die Reibungskraft gleich der Gravitationskraft:
η v0
4
9
.
6πη rv0 = π r 3 ( ρ Öl − ρ Luft ) ⋅ g
⇔
r=
14243
3
2 g ( ρ Öl − ρ Luft )
berücksichtigt
Auftrieb
Man legt man nun eine Spannung an, so dass ein elektrisches Feld E entsteht, das gerade so
groß ist, dass einzelne Tröpfchen gerade schweben.
qE = mg
mg
4
9 2π
π r 3 ( ρÖl − ρ Luft ) ⋅ g =
⇒ q=
=
14243
E 3E
E
berücksichtigt
Auftrieb
3
(η v0 ) 2
g ⋅ ( ρÖl − ρ Luft )
Nach dem Ausmessen etlicher Tröpfchen erkannte Millikan, dass die Ladung q nur in
ganzzahligen Vielfachen der sog. Elementarladung e vorkommt:
q = −n ⋅ e, n ∈ N
mit
e = 1,60217653 ⋅ 10−19 C
Um die Masse des Elektrons zu bestimmen, könnte man das Elektron in einem elektrischen
Feld beschleunigen und über die Trägheit zu dem gewünschten Ergebnis kommen.
Elektronen werden von der Glühkathode ins Vakuum emittiert und durch die Anodenspannung beschleunigt.
Das elektrische Feld leistet nun die Arbeit, die in kinetische Energie des Elektrons
1
2
umgewandelt wird: eU = me v0 2 .
45
Durch zwei Kondensatorplatten werden die Elektronen nun von ihrer Bahn abgelenkt. Zum
Durchfliegen der Kondensatorlänge l benötigen die Elektronen die Zeit t:
t=
l
v0
r
r
In dieser Zeit erfahren sie eine Beschleunigung a senkrecht zu v0 von der Größe:
r
r
r F
eE
a=
=−
me
me
In der Zeit t werden sie um die Strecke s gegen die Feldrichtung abgelenkt:
r
1 2 e E l2
s = at =
2
2m e v0 2
2eU
, d.h. die Masse kürzt sich heraus:
me
r
r
e E l2
E l2
s=
=
.
2m e v 0 2
4 U
Jetzt ist aber v02 aber gerade
Nur mit einem elektrischen Feld lässt sich die Elektronenmasse also nicht bestimmen.
Stattdessen benötigt man ein homogenes magnetisches Feld, das senkrecht zur Geschwindigr
keit v0 sein soll.
Dann wirkt auf die Elektronen die Lorentz-Kraft FL = −e ⋅ ( v × B ) . Da die Lorentz-Kraft
r
r
r
r
r
immer senkrecht zur Geschwindigkeit ist, verschwindet die Leistung FL ⋅ v , d. h. der Betrag
der Geschwindigkeit bleibt konstant. Deshalb werden die Elektronen auf eine Kreisbahn
gezwungen. Auf dieser Kreisbahn sind Zentrifugal- und Lorentzkraft gerade im Gleichgewicht.
FZ = FL
⇒
me v0 2
= e⋅v⋅ B .
r
Die Geschwindigkeit der Elektronen ist bereits bekannt: v0 =
me
und damit gilt:
2eU
me
r
2eU
,
me
= e⋅B
⇒
e
2U
= 2 2
me r B
Durch ein Magnetfeld bekommt immer nur das Verhältnis von Ladung zu Masse heraus. Man
findet:
e
C
. Mit der Kenntnis von e aus dem Millikan-Versuch erhält man
= 1,7588201 ⋅ 1011
me
kg
also die Elektronenmasse:
me = 9,1093826 ⋅ 10−31 kg
46
Nachdem uns die wichtigsten Teilcheneigenschaften des Elektrons bekannt sind, wenden wir
uns einem Experiment zu, das zu einer völlig neuen Betrachtungsweise der Materie geführt
hat:
Davisson und Germer in den Jahren 1923-27:
-
-
Elektronenstrahlen auf einen Nickel-Kristall (wollten wissen, wie Elektronenstrahlen
Sekundärelektronen aus Festkörpern herausschlagen – interessant für Röhrentechnologie)
Bei einem vorgegebenen Winkel ϕ = 50° fand man als Funktion der Beschleunigungsspannung der Elektronen ein Intensitätsmaximum bei U = 54 V.
Interpretieren lässt sich die anhand der Netzebenen des Nickel, die wie ein Beugungsgitter für
Elektronen fungieren. Da das Nickel die Elektronen allerdings nicht durchlässt, hat man die
Beugung in Reflexion.
Beugungsmaximum unter der Bedingung: n ⋅ λ = d ⋅ sin ϕ , n = 1, 2, 3,...
Nickel hat einen Netzebenenabstand von d = 0, 215 nm = 2,15 ⋅ 10−10 m . Das beobachtete
Maximum war das erste mit zunehmender Spannung, also n = 1.
⇒ λ = d ⋅ sin ϕ = 2,15 ⋅ 10−10 m ⋅ sin 50° = 1,65 ⋅ 10−10 m
Von den Photonen wissen wir, dass der Impuls p =
Der Impuls der Elektronen:
eU =
h
λ
ist.
1
p2
me v 2 =
⇔ p = 2me eU .
2
2me
Das heißt, die Wellenlänge wäre dann: λ =
h
h
=
= 1,67 ⋅ 10−10 m für U = 54 V.
p
2me eU
Also kann man den Elektronen auf dieselbe Weise eine Wellenlänge zuordnen wie den
Photonen. Genau das hat Louis de Broglie (1892-1989) bereits in seiner Doktorarbeit 1924
vermutet.
Auch Materie-Teilchen kann man eine Wellenlänge zuordnen, die sog. de-Broglie-Wellenlänge:
λ=
h
p
Ebenso gibt es einen Zusammenhang zwischen Energie und Frequenz:
E = h ⋅ν
47
Für Lichtwellen hatten wir immer geschrieben: E ( x, t ) = E0 ⋅ ei ( kx −ωt ) .
Jetzt kann man für den Wellenvektor k auch schreiben: k =
Dabei ist h =
2π
λ
=
2π
p
p
p=
= .
h
h
h
2π
h
= 1,0545887 ⋅ 10−34 J ⋅ s .
2π
Weiter gilt: E = h ⋅ν = h
ω
= hω
2π
⇔
ω=
E
.
h
So kommt man zu einer Wellenfunktion allgemeiner Art:
i
ψ ( x, t ) = A ⋅ e h
( px − Et )
4.2.2 Die Bedeutung der Wellenfunktion
Die Wellenfunktion einer Saite:
Auslenkung als Funktion des Ortes und der Zeit
Die Wellenfunktion des Lichts:
Elektrischer bzw. magnetischer Feldvektor
Was ist aber die Wellenfunktion des Elektrons (oder eines Materie-Teilchens im allg.) ?
Eine Antwort kann man bereits aus dem Gelernten beim Licht erhalten:
Was man makroskopisch beim Licht wahrnimmt bzw. messen kann, ist die Intensität, und die
ist proportional zum Quadrat der Feldstärke, also der Amplitude der Wellenfunktion.
Andersherum ausgedrückt ist das Quadrat der Wellenfunktion von Licht proportional zur
Anzahl der Photonen pro Volumeneinheit.
Da man im Teilchenbild in einem hinreichend kleinen Volumenelement entweder ein Photon
finden kann oder nicht, gibt das Quadrat der Wellenfunktion die Wahrscheinlichkeit an, ein
Photon in irgendeiner Volumeneinheit zu finden.
Analog muss demnach das Quadrat der Materie-Teilchen-Wellenfunktion ebenfalls die
Wahrscheinlichkeit angeben, das Teilchen in einem Volumenelement zu finden.
Man nennt das Quadrat der Wellenfunktion Wahrscheinlichkeitsdichte oder Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte
r
r
r
r
P (r ) = ψ 2 (r ) = ψ * (r ) ⋅ψ (r ) .
48
Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich proportional zum Volumenelement, das man betrachtet.
Deshalb beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen tatsächlich in einem Volumenelement
dV vorzufinden:
r
r
W = P (r ) ⋅ dV = ψ 2 (r ) ⋅ dV
Wenn das Teilchen überhaupt vorhanden ist, dann muss die Wahrscheinlichkeit, es irgendwo
zu finden, Eins sein. Deshalb formuliert man eine Normierungsbedingung:
∫∫∫ψ
2
r
(r ) ⋅ dV = 1
V
r
Eine Bedingung dafür ist natürlich, dass die Wellenfunktion für r → ∞ gegen Null
konvergiert, sonst kann das Integral nicht endlich (und schon gar nicht 1) sein. Man nennt
deshalb die physikalisch sinnvollen Wellenfunktionen quadratintegrierbar.
Das lässt sich realisieren, indem man mehrere harmonische Wellen mit verschiedenen
Wellenlängen bzw. Wellenvektoren in der Nähe von k0 ( k0 − dk ≤ k0 ≤ k0 + dk ) überlagert.
Man erhält so ein Wellenpaket oder auch Wellengruppe.
Während die Phasengeschwindigkeit der Wellenfunktion vPhase =
gerade vPhase =
ω ( k0 )
digkeit vGruppe =
k0
dω
dk
ω ( k0 )
k0
ist (beim Licht war ja
= c0 ), so bewegt sich die Wellengruppe mit der sog. Gruppengeschwin-
aus. Es kann vorkommen, dass die Phasengeschwindigkeit größer als
k0
die Vakuumlichtgeschindigkeit wird (z. B. für n < 1). Mit ihr allein lässt sich aber keine
Information übertragen. Das geht nur mit der Gruppengeschwindigkeit, und die ist immer
kleiner als c0.
4.2.3 Die Heisenberg'sche Unschärferelation
Um das Teilchen im Wellenbild so einigermaßen lokalisieren zu können, haben wir dem
r
r
Teilchen eine gewisse Breite an Wellenvektoren (d. h. an Impulsen p = hk ) und damit auch
Energien gegeben. Das deutet schon darauf hin, dass Ort, Impuls und Energie im Gegensatz
zur klassischen Mechanik nicht mehr scharf sind.
Dazu kann man ein Gedankenexperiment machen, wie es Niels Bohr bereits 1928 gemacht
hat:
-
x-Koordinate eines Elektrons soll bestimmt werden, dass Licht auf das Elektron fällt
und man mit Hilfe eines Mikroskops feststellt, woher die vom Elektron
zurückgestreute Lichtwelle kommt.
-
Unschärfe der Ortsbestimmung ist gegeben durch das Auflösungsvermögen des
λ
Mikroskops (Abbé'sche Theorie): ∆x ≥
.
n ⋅ sin α
49
-
-
Im Vakuum ist n = 1, und das gestreute Licht hat die Wellenlänge λ', die ja wegen des
Compton-Effekts verschieden sein kann von der einfallenden Wellenlänge λ.
λ'
∆x ≥
n ⋅ sin α
Das Elektron soll frei sein; also gilt Impulserhaltung für das System Photon-Elektron.
Fällt das Licht längs der x-Achse ein, dann gilt für die x-Komponente des Impulses:
h
λ
-
+0=
h
λ'
sin ϕ + px .
Die Größe des Winkels ϕ ist nicht genau bekannt. Wir können nur sagen, dass das
Licht ja irgendwie in das Objektiv gefallen sein muss, also: ϕ ≤ α . Man erhält also
folgende Grenzfälle:
h
λ
=
h
λ'
sin α + px
und
h
λ
=−
h
λ'
sin α + px
-
Die Unbestimmtheit von px ist damit: ∆px = 2
-
Da ∆x ≥
λ'
, gilt also:
sin α
h
λ'
sin α
⇒ ∆px ⋅
λ'
= 2h .
sin α
∆x ⋅ ∆px ≥ 2h
In diese Beziehung geht weder die Masse des Teilchens, noch die Qualität des Mikroskops ein,
sondern sie gilt ganz allgemein und nennt sich Heisenberg'sche Unschärferelation:
Wenn man die Koordinate eine Teilchens auf ∆x genau misst, stört man das Teilchen so,
dass der Impuls entlang dieser Koordinate ∆p x unscharf ist.
Diese Betrachtung beruht auf einigen Vereinfachungen. Verwendet man eine Gauß'sche
Verteilung der Impulse, kann man zeigen, dass die untere Grenze für die Unschärfe etwas
kleiner ist, so dass prinzipiell gilt:
∆x ⋅ ∆p x ≥
h
2
Bemerkung: Die Unschärferelation gilt nur für gleiche Koordinaten. So ist z. B. ∆y ⋅ ∆px ≥ 0 .
Ein weiteres Beispiel: Messung der Energie von Photonen:
Durch die Beziehung E = hω kann man durch ein hochauflösendes Spektrometer eine
Messung der Frequenz vornehmen. Auch wenn dieses ein beliebig gutes Auflösungsvermögen
hätte, ginge es nicht in beliebig kurzer Zeit.
-
-
Annahme: Licht fällt während der Verschlusszeit ∆t in das Spektrometer.
Mit ein bisschen Glück überlappt dieses Zeitintervall mit dem Durchgang eines
Wellenzuges.
50
-
Wenn der Wellenzug zeitlich länger ist als ∆t , dann fällt günstigerweise eine
abgehackte Cosinus-Funktion
cos ω0t
f (t ) = 
0
für
−τ ≤ t ≤ τ
für
t >τ
in das Spektrometer.
-
Die Fourier-Transformierte von f (t ) lautet:
A(ω ) =
=
-
-
-
1
2π
1
2π
∞
∫
1
2π
f (t ) ⋅ e −iωt dt =
−∞
τ
∫ (
)
1 iω0t
e + e −iω0t e −iωt dt =
2
−τ
 sin[(ω0 − ω )τ ] sin[(ω0 + ω )τ ] 


+
ω0 − ω
ω0 + ω


Das ∆ω = ω0 ± ω =
2π
τ
=
1
2π
τ
∫τ 2 (e
1
i (ω0 −ω )t
)
+ e −i (ω0 +ω )t dt
−
4π
kann man als Unschärfe der Frequenzmessung betrachten.
∆t
Mit E = hω ist ∆E = h∆ω und ∆E ⋅ ∆t = 4π h = 2h . Das entspricht dem günstigsten
Fall, dass während der ganzen Zeit ∆t ein Wellenzug ins Spektrometer fällt, deshalb:
∆E ⋅ ∆t ≥ 2h .
Wieder ergibt eine genauere Betrachtung:
∆E ⋅ ∆t ≥
h
2
Heisenberg'sche Unschärferelation
Wenn man die Energie eines Teilchens genau messen will, braucht man eine minimale Zeit
∆t , die gegeben ist durch ∆E ⋅ ∆t ≥
h
.
2
Bem.: Paare, die der Heisenberg'schen Unschärferelation unterliegen, sind gerade die
Produktterme im Argument der Wellenfunktion!
Größenordnungen aus der Heisenberg'schen Unschärferelation:
Beispiel: Wie genau lässt sich die Geschwindigkeit eines Elektrons bestimmen, das am Ort
eines Atoms lokalisiert ist?
m = 9,1 ⋅ 10−31 kg, ∆x = 10−10 m.
∆v x ≥
h
m
km
= 5,6 ⋅ 105
= 2 ⋅ 106
2m∆x
s
h
51
Um solch eine Geschwindigkeit zu erreichen, muss das Elektron die Potenzialdifferenz 1 V durchlaufen.
Bisher: Licht als Welle und ein Elektron als Teilchen.
Jetzt: De-Broglie-Welle:
Beugung von Materiewellen an einem Spalt.
-
-
Vor dem Spalt weiß man nichts über die x-Koordinate des Teilchens. Dafür ist der
Impuls genau bekannt, nämlich Null: ∆x = ∞, ∆px = 0
Hinter dem Spalt: ∆x = b
(b: Spaltbreite)
Die meiste Intensität fällt in das Hauptmaximum, d. h. in den Winkelbereich:
λ
λ
−
< sin ϕ <
∆x
∆x
∆px
λ
h
=
⇒ ∆x ⋅ ∆px = λ ⋅ p = h, da λ = .
p
∆x
p
-
sin ϕ =
-
Da auch außerhalb des Hauptmaximums Intensität auftritt, gilt: ∆x ⋅ ∆px > h .
Die Heisenberg'sche Unschärferelation ist mit den de-Broglie-Wellen automatisch erfüllt.
Wenn man jetzt das Teilchen etwas genauer lokalisiert, indem man ein Wellenpaket betrachtet,
dann lautet dessen Beschreibung:
ψ ( x) = 2π
k0 + κ
∫κ
A(k ) ⋅ eikx dk = 2π
k0 −
∞
∫ A(k ) ⋅ e
ikx
dk .
−∞
Die Integralgrenzen können auf Unendlich erweitert werden, weil die Amplitude außerhalb
der k-Grenzen Null sind.
Diese Wellenfunktion lässt sich als Fourier-Integral der ortsabhängigen Funktion ψ(x) auffassen mit dem Impulsspektrum A(k):
A(k ) =
1
2π
∞
∫ ψ ( x) ⋅ e
− ikx
dx .
−∞
Das Teilchen soll sich z. B. mit gleicher Wahrscheinlichkeit irgendwo zwischen –a und a
aufhalten. Dann ist die Fouriertransformierte:
A(k ) =
ψ0
2π
a
∫e
− ikx
dx =
−a
Die Wellenzahlunschärfe beträgt also
womit ∆x ⋅ ∆p = 2a
h 2π
= 2h ,
2π a
ψ0
−ik
(e
2π
− ika
)
− e ika =
2ψ 0 sin ka
.
2π k
2π
2π
, die Impulsunschärfe damit ∆p = h∆k = h ,
a
a
und das ist wieder bis auf den numerischen Vorfaktor die Heisenberg'sche Unschärferelation
52
5.
Atomphysik
5.1
Die Atomistik der Materie
Das Wort Atom kommt aus dem Griechischen und heißt: "Das Unzerschneidbare" oder "Das
Unteilbare".
Begriff geprägt von Demokrit (460 – 370 v. Chr.), Platon (429 – 348 v. Chr.) und Aristoteles
(384 – 322 v. Chr.).
Die Atomistik der Materie setzte sich nacheinander in den folgenden Bereichen durch:
1. Chemische Untersuchungen:
Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen (1799 Proust, 1803 Dalton)
z. B.
14 g Stickstoff + 16 g Sauerstoff ergeben 30 g Stickstoffmonoxid (NO).
14 g Stickstoff + 32 g Sauerstoff ergeben 46 g Stickstoffdioxid (NO2).
28 g Stickstoff + 16 g Sauerstoff ergeben 44 g Distickstoffmonoxid (N2O).
Auch wenn man die Endformel nicht kennt: Stickstoff und Sauerstoff reagieren nur in
ganz bestimmen Mengenverhältnissen miteinander, und zwar in den multiplen
Proportionen 14:16.
Hypothese: Atomgewichte von N zu O verhalten sich wie 14:16, und nur ganze Atome
können miteinander reagieren.
1808 Gay-Lussac: Auch die Volumina von Gasen verhalten sich bei Reaktionen im
Verhältnis kleiner ganzer Zahlen:
1 Volumen N2 + 1 Volumen O2 ergeben 2 Volumina NO
1 Volumen N2 + 2 Volumina O2 ergeben 2 Volumina NO2
1811 Avogadro'sche Hypothese: Gleiche Volumina verschiedener Gase enthalten bei
gleicher Temperatur und gleichem Druck die gleiche
Anzahl von Molekülen.
2. Kinetische Gastheorie:
Clausius und Boltzmann (1870):
Zur Erklärung des Wärmeinhalts und des Transports (Austausch) wurden die
Bewegung der Atome und Stöße unter ihnen postuliert.
3. Elektrizität:
Faraday'sche Gesetze (Michael Faraday 1833) bei der Elektrolyse:
1. Die abgeschiedene Menge eines Elementes ist der transportierten Ladungsmenge
proportional.
2. Verschiedene Elemente werden von der gleichen Elektrizitätsmenge in
äquivalenten Gewichten abgeschieden.
53
Die Interpretation dieser Gesetze: Es gibt diskrete Teilchen in der Elektrizität, d. h.
Individuen mit Ladungseinheit (Elektronen, Ionen)
Aus dem Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen und der Avogadro-Hypothese
lassen sich relative Atommassen, die sog. Atomgewichte einführen:
Arel (N) = 14
Arel (O) = 16
Arel (C) = 12
Arel (U) = 238
Diese relativen Atommassen sind ungefähr ganzzahlige Vielfache der Atommasse des
Wasserstoffs.
Die atomare Masseneinheit ist 1 u oder 1 amu (atomic mass unit).
Früher: Bezug auf Sauerstoff, wobei die Chemiker die natürlich Isotopenverteilung, die
Physiker 16O nahmen.
Seit 1961: Bezug auf 12C, das definiert wird: Arel (C) = 12,00000 u.
1 u ist also der 12. Teil der Masse eines neutralen C Atoms des Kohlenstoffisotops 12C.
Wenn man von den relativen Massenzahlen weg will, dann braucht man den Begriff des Mols:
1 Mol eines Stoffes sind so viel Gramm, wie das relative Atomgewicht angibt.
Also sind 1 Mol 12C 12 g.
Bei Molekülen gilt das relative Molekülgewicht, d.h. 1 Mol Sauerstoff O2 sind 2 x 16 g = 32 g.
1 Mol einer Substanz enthält immer dieselbe Anzahl von Atomen bzw. Molekülen. Diese
Zahl nennt man Avogadro-Konstante (manchmal auch Loschmidt-Zahl) und beträgt:
N A = 6,0221415 ⋅ 1023 mol−1
Für die absolute Masse eines 12C-Atoms ergibt sich damit:
m12 C =
12 ⋅ 10−3 kg/mol
= 1,9926467 ⋅ 10−26 kg
23
−1
6,0221415 ⋅ 10 mol
Die atomare Masseneinheit hat damit den Wert:
1 u = 1,66053886 ⋅ 10−27 kg .
54
5.2
Einfache Atommodelle
Die Erkenntnisse über den Atomaufbau gehen im Wesentlichen auf Analysen optischer
Spektren zurück. Dabei spielt das Spektrum von Wasserstoff eine große Rolle, da es sich um
das einfachste Atom handelt und ein Teil des Spektrums im sichtbaren Spektralbereich liegt.
Versuch: Balmer-Serie des Wasserstoffs
Johann Jakob Balmer fand 1885, dass die Wellenlängen der Linien obiger Serie durch die
empirische Formel wiedergegeben werden können:
λ = 364,6 nm ⋅
n2
,
n2 − 4
n = 3, 4, 5,...
Durch Bildung des Kehrwertes erhält man:
ν :=
1
λ
=
1
4

1 − 2
364,6 nm  n
4
1

 1
=
 2− 2
n
 364,6 nm  2

,

n = 3, 4, 5,...
(ν ist die Wellenzahl.)
Balmer vermutete, dass dieses ein Spezialfall eines allgemeineren Gesetzes war, das auch auf
die Spektren anderer Elemente anwendbar sein sollte. Dieses Gesetz wurde von Johannes R.
Rydberg und Walter Ritz formuliert:
 1
1 
− 2 ,
2
n1 
 n2
ν = R ⋅
n1 > n2 .
Das ist die heute übliche Schreibweise. R nennt man Rydberg-Konstante. Sie hat für alle
Spektralserien eines Elementes denselben Wert, der sich von Element zu Element in
systematischer Weise ändert. Für Wasserstoff hat R den Wert:
RH = 1,09677581 ⋅ 107 m −1
Man kann die Rydberg-Konstante auch als Energie angeben:
RH (eV) = hc ⋅ RH (m −1 ) = 13,6 eV
Nach Balmer wurden weitere Serien für n2 = 1, 3, 4 und 5 von Lyman (1906), Paschen (1908),
Brackett (1922) und Pfund (1924) entdeckt, die sich alle mit der obigen Serienformel darstellen lassen.
55
5.2.1
Das Rutherford'sche Atommodell
Streuversuche von Mitarbeitern aus der Gruppe von Ernest Rutherford.
Alpha-Teilchen aus Radon auf Goldfolie geschossen.
Alpha-Teilchen wurden von den Goldatomen gestreut. Anhand des Streubildes kam man zu
folgendem Schluss:
-
Das Atom hat einen Kern (R ~ 10-15 m), der praktisch die gesamte Masse des Atoms
enthält.
Der Kern hat eine positive Ladung Ze.
-
Der positive Kern ist von einem Coulomb-Feld umgeben: ECoul. =
-
r
Ze r
r.
4πε 0 r 2
1
Im Rutherford'schen Atommodell wird nun angenommen, dass die Elektronen wie in einem
Planetensystem den Kern auf Kreisbahnen durchlaufen. Im dynamischen Gleichgewicht muss
dann aber die Coulomb-Kraft vom Betrag her gleich der Zentrifugalkraft sein. Im Falle von
Wasserstoff (Z = 1)
e2
4πε 0 r
2
= me rω 2 ,
ω=
v
r
Die Energie dieses Systems setzt sich zusammen aus der kinetischen Energie der Elektronen:
Ekin =
1
1
me v 2 = me r 2ω 2
2
2
und der potentiellen Energie, die am größten ist, wenn sich das Elektron im Unendlichen
befindet. Diesen Wert setzen wir Null, und die potentielle Energie ist eine Bindungsenergie
und damit negativ:
r
E pot =
e2
∫ 4πε r '
∞
2
dr ' = −
0
e2
4πε 0 r
.
Die Gesamtenergie ist dann:
E ges = Ekin + E pot =
1
e2
.
me r 2ω 2 −
2
4πε 0 r
Aus der Gleichgewichtsbedingung folgt:
E ges =
e2
8πε 0 r
−
e2
4πε 0 r
=−
e2
8πε 0 r
.
Die Energie ist also eine Funktion des Radius der Elektronenbahn.
Dieses Modell der klassischen Elektrodynamik kann zwar die Rutherford'schen Streuversuche
erklären, aber nicht die Atomspektren:
-
Warum gibt es diskrete Emissions- und Absorptionslinien und nicht ein
kontinuierliches Spektrum ?
56
-
Warum strahlt das Atom nicht ständig ? Eine auf einer Kreisbahn bewegte Ladung ist
ein rotierender Hertz'scher Dipol, der Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung aussendet. Dieser ständige Energieverlust müsste dazu führen, dass der Radius
immer kleiner wird und das Elektron auf einer Spiralbahn in den Kern stürzt.
Diese Schwierigkeit umging Niels Bohr, der in der Gruppe von Sommerfeld arbeitete, 1912
mit seinem Atommodell.
5.2.2
Das Bohr'sche Atommodell
Bohr postulierte, dass nur ganz bestimmte Elektronenbahnen erlaubt sind, auf denen das
Elektron beim Umlauf um den Kern nicht strahlt. Dieses seien stationäre Zustände des Atoms.
Es kann nur dann Energie absorbiert oder emittiert werden beim Übergang von einem
stationären Zustand in einen anderen:
Das Elektron im Wasserstoffatom kann sich strahlungslos nur auf bestimmten, kreisförmigen
Umlaufbahnen (in stationären Zuständen) bewegen.
Erstes Bohr'sches Postulat
Das zweite Postulat sagt etwas über die Frequenz der Strahlung beim Übergang zwischen
zwei stationären Zuständen aus:
hν = EA − EE
Zweites Bohr'sches Postulat
Damit bleibt bei der Emission oder Absorption die Gesamtenergie erhalten. Das bedeutet für
die Frequenzen am Wasserstoffatom:
ν=
E1 − E2
e2
e2
1 e2  1 1 
=−
−
=
 − .
h
8πε 0 hr1 8πε 0 hr2 8πε 0 h  r2 r1 
Damit die Frequenzen der Serienformel entsprechen, müssen also die Radien der stabilen Umlaufbahnen proportional zu den Quadraten ganzer Zahlen sein.
Daher postulierte Bohr:
r
r
r
Der Betrag des Drehimpulses l = r × p = me vn rn ist gleich einem ganzzahligen Vielfachen
von h :
me vn rn =
nh
= nh
2π
Drittes Bohr'sches Postulat
Aus der Gleichgewichtsbedingung erhält man:
e2
4πε 0 rn 2
= me rnω 2 = me
⇔ v n2 =
vn 2
rn
e2
4πε 0 me rn
1
Aus dem dritten Bohr’schen Postulat gilt aber auch: vn 2 = n 2
h2
.
me 2 rn 2
57
Gleichsetzen beider Ausdrücke ergibt:
n2
h2
1 e2
=
me 2 rn 2 4πε 0 me rn
⇔ rn = 4πε 0
ε 0h2
h2 2
n
=
⋅ n2
me e 2
π me e 2
Den Faktor vor dem n² nennet man „erster Bohr'scher Radius“ a0. Er beträgt:
a0 = 4πε 0
ε 0h2
h2
=
= 5, 29 ⋅ 10−11 m
2
2
me e
π me e
Wenn man den Radius der n-ten Bahn in den Ausdruck für die Frequenz beim Übergang
1 e2  1 1 
 −  einsetzt und diesen Ausdruck mit der Serienformel vergleicht, bekommt
8πε 0 h  r2 r1 
man mit ν = c ⋅ν :
π me e 2 
1 e 2  π me e 2
−
ν =


8πε 0 hc  ε 0 h 2 n2 2 ε 0 h 2 n12 
ν=
1 
e 2 π me e 2  1
− 2
2 
2
8πε 0 hc ε 0 h  n2
n1 
me e4  1
1 
=
− 2
2 3 
2
8ε 0 h c  n2
n1 
=
1
Damit bekommt man für die Rydberg-Konstante des Wasserstoffs:
me e 4
R∞ =
.
8ε 0 2 h3c
Dieser Wert R∞ weicht von dem beobachteten Wert RH um ca. 0,5% ab. Der Grund dafür ist,
dass bei der obigen Betrachtung der Kern in Ruhe ist, im realen System Kern und Elektron um
einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen. Daher muss die Masse me durch die reduzierte
Masse mred =
me ⋅ mKern
ersetzt werden:
me + mKern
RH = R∞ ⋅
mKern
me + mKern
Die Gesamtenergie des Elektrons im Wasserstoff hängt ja auch von seinem Radius ab. Setzt
man in die Energie die quantisierten Radien ein, so erhält man:
En = −
e2
8πε 0 rn
=−
me e 4
E
e2
=
−
= − 20 .
2
2 2 2
8πε 0 a0 n
8ε 0 h n
n
58
Die Energie der Bahnen ist damit wie folgt quantisiert:
En = −
Da ν =
E0
n2
mit
E0 =
me e 4
= 13,6 eV
8ε 0 2 h 2
n = 1, 2, 3,...
E2 − E1
ist, entstehen im Atomspektrum diskrete Linien und kein Kontinuum.
h
Die Energie im Grundzustand n = 1 beträgt E1 = E0 = –13,6 eV. Für n → ∞ , also wenn das
Elektron ganz vom Atom entfernt wird, wird E = 0. Daher ist die Rydberg-Konstante gleichzeitig die Ionisierungsenergie bzw. die Bindungsenergie des Atoms.
Trotz seiner Stärken gibt das Bohr'sche Atommodell die Wirklichkeit nicht allumfassend
wieder. Es gibt zum Beispiel weder eine Erklärung, warum der Drehimpuls quantisiert sein
soll, noch warum es stabile, nicht strahlende Zustände gibt.
5.2.3
Die Anwendung der de-Broglie-Wellen auf das Atom
1922, also 10 Jahre nach den Postulaten Bohrs konnte de-Broglie eine Begründung für die
Impulsquantisierung angeben. Dieses war eine von de-Broglies ursprünglichen Argumenten,
dass Teilchen auch Wellencharakter haben und man ihnen über ihre Wellenlänge einen Impuls
zuordnen kann.
Nach de-Broglie hat ein Teilchen mit dem Impuls p eine Wellenlänge von λ =
h
.
p
Er behauptete, dass die Materiewelle der Elektronen auf den stabilen Bohr'schen Bahnen eine
stehende Welle bildet. Wäre das nicht der Fall, so würden die Wellen mit sich selbst
weginterferieren. Stehende Wellen sind also stabil, und deshalb strahlt ein Elektron mit einer
stehenden Elektronenwelle keine Energie nach außen ab.
Daher sind die einzig möglichen Bahnen diejenigen, deren Umfang ein ganzzahliges
Vielfache der Wellenlänge ist:
2π rn = n ⋅ λ ,
Mit λ =
h
h
ergibt sich:
=
p me v
me vn rn =
nh
= n h,
2π
n = 1, 2, 3,...
n = 1, 2, 3,... ,
und das ist gerade die von Bohr postulierte Impulsquantisierung. Der Welle-Teilchen-Dualismus ist damit der Schlüssel zur Struktur der Atome.
Die Bohr'sche Theorie lieferte für Wasserstoff und Ionen mit nur einem Elektron eine recht
gute Übereinstimmung mit den experimentellen Beobachtungen. Wenn es aber um Elemente
mit mehr als einem Elektron geht, dann versagt die Bohr-Rutherford'sche Vorstellung der
planetenhaften Beschreibung des Atoms. Bereits beim Helium kann man noch nicht einmal
die Spektrallinien richtig vorhersagen.
Abhilfe schaffte erst die komplett quantenmechanische Beschreibung mit Hilfe der sog.
Schrödinger-Gleichung.
59
5.3
Quantentheorie der Atome
In der Quantentheorie wird ein Elektron durch eine Wellenfunktion ψ beschrieben. Das
Betragsquadrat ψ dieser Wellenfunktion liefert die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte,
die multipliziert mit dem Volumenelement dV die Wahrscheinlichkeit angibt, das Elektron in
genau diesem Volumenelement zu finden.
Die Randbedingungen (z. B. stehende Welle auf dem Bahnumfang o.ä.) führen zu einer
Quantisierung der Wellenlängen und damit auch der Energie.
2
5.3.1
Die Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom
Genau wie für die Lichtwellen die Wellengleichung Auskunft über die zeitliche und räumliche
Entwicklung von elektromagnetischen Wellen gibt, so gibt es ebenfalls eine Gleichung, durch
die man die Materiewellen beschreiben kann.
Erwin Schrödinger hat 1926 die sog. Schrödinger-Gleichung empirisch formuliert, für die er
1933 den Nobelpreis bekommen hat.
In einer Dimension laute die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung:
−
h 2 ∂ 2ψ ( x, t )
∂ψ ( x, t )
+ E pot ⋅ψ ( x, t ) = ih
2
2m ∂x
∂t
Sie ist genau wie die Wellengleichung eine partielle Differentialgleichung. Im Gegensatz zur
klassischen Wellengleichung verknüpft sie aber die zweite Ableitung nach dem Ort mit der
ersten Ableitung nach der Zeit. Ferner ist sie durch das i imaginär. Das liegt unter anderem
daran, dass die Wellenfunktion ψ allein nicht messbar ist, sondern nur die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ψ dV. Und das Betragsquadrat der komplexen Wellenfunktion ist reell.
2
In drei Dimensionen wird die zweite räumliche Ableitung zum Laplace-Operator und die
Schrödinger-Gleichung zu:
r
h2
r
r
∂ψ (r , t )
−
∆ψ (r , t ) + E pot ⋅ψ (r , t ) = ih
.
2m
∂t
In der Mechanik spielen oft Lösungen der Wellengleichung für stehende Wellen eine große
Rolle. Auch im Atom haben wir gesehen, dass sich die stabilen Bohr'schen Bahnen durch
stehende Materiewellen definieren. Das heißt, dass sich der Ort mit der Zeit nicht mehr ändert,
sondern nur die Amplitude. Die Wellenfunktion für einen solchen Fall lautet also:
ψ% ( x, t ) = ψ ( x) ⋅ e − iωt .
Setzt man diese Wellenfunktion in die rechte Seite der Schrödinger-Gleichung ein, dann erhält
man:
ih
∂ψ% ( x, t )
= ih(−iω ) ⋅ψ ( x) ⋅ e − iωt = hω ⋅ψ ( x) ⋅ e −iωt = E ⋅ψ ( x) ⋅ e −iωt .
∂t
60
Da auf der linken Seite nur nach dem Ort differenziert wird, bleibt der Faktor e− iωt dort
stehen. Er kann deshalb auf beiden Seiten gekürzt werden.
Damit erhält man für stationäre Zustände die sog. zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung:
−
h 2 ∂ 2ψ ( x)
+ E pot ⋅ψ ( x) = E ⋅ψ ( x)
2m ∂x 2
−
h2
r
r
r
∆ψ (r ) + E pot ⋅ψ (r ) = E ⋅ψ (r )
2m
oder in drei Dimensionen:
Im Atom ist die potentielle Energie gegeben durch die Coulomb-Energie, die wir beim
Rutherford'schen Atommodell schon kennen gelernt haben:
r
E pot =
e2
∫ 4πε r '
∞
0
2
dr ' = −
e2
4πε 0 r
.
Damit wird die Schrödinger-Gleichung beim Wasserstoffatom:
−
e2
h2
r
r
r
∆ψ (r ) −
⋅ψ (r ) = E ⋅ψ (r )
2m
4πε 0 r
Bei einem einzelnen isolierten Atom hat man er mit einem radial-symmetrischen Problem zu
tun, das heißt, dass die potentielle Energie Epot nur vom radialen Abstand r = x 2 + y 2 + z 2
abhängt. Bei solchen Problemen bieten sich in der Regel Kugelkoordinaten r , θ , φ an, weil
sie dieselbe Symmetrie repräsentieren. Sie hängen mit den üblichen kartesischen Koordinaten
wie folgt zusammen:
x = r ⋅ sin θ ⋅ cos φ
y = r ⋅ sin θ ⋅ sin φ
z = r ⋅ cosθ
Man muss nun also den Laplace-Operator, der in kartesischen Koordinaten lautet:
∆=
∂2
∂2
∂2
,
+
+
∂x 2 ∂y 2 ∂z 2
umschreiben in Kugelkoordinaten. Das ist im Prinzip nicht sehr schwierig, aber aufwändig. Er
lautet:
∆=
∂2 2 ∂
1
∂ 
∂ 
1
∂2
+
+
sin
θ
+

∂θ  r 2 sin 2 θ ∂φ 2
∂r 2 r ∂r r 2 sin θ ∂θ 
Wie man sich vorstellen kann, wird die Differentialgleichung immer unübersichtlicher. Man
kann die Wellenfunktion jedoch separieren, d. h. darstellen als Faktoren, die jeweils von nur
einer einzigen Koordinate abhängen:
ψ n,l ,ml (r ,θ , φ ) = Rn,l (r ) ⋅ Θl ,ml (θ ) ⋅ Φ ml (φ )
61
5.3.2
Der Radialteil und die Hauptquantenzahl n
Man betrachtet zunächst nur den Radialteil der Wellenfunktion ohne Berücksichtigung der
−
r
ψ 1,0,0 = R1,0,0 (r ) = e a .
Winkelabhängigkeit und macht einen einfachen Ansatz:
Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung unter der Vereinfachung, dass R nicht von θ und φ
abhängig ist.
r
r

−
−
h 2  ∂ 2 e a 2 ∂e a
−
+
2me  ∂r 2
r ∂r


r
r
−
e2 − a

a
 − 4πε r e = E1 ⋅ e
0

Da man ständig die Ableitungen der Funktion braucht, stellen wir sie uns bereit:
∂ −a
1 −
e =− e a
∂r
a
r
∂2 − a 1 − a
e = 2e
∂r 2
a
r
r
r
Damit bekommt man:
⇔
r
r
 1 −r 2 −r 
−
e2 − a
e = E1 ⋅ e a
 2 e a − e a−
ar
 a
 4πε 0 r
−
h2
2me
−
 h2
e2
h2
E
−
+
−

1
2me a 2
 me a 4πε 0
1
 =0
r
Damit die rechte Seite identisch Null ist, setzt man zunächst den Faktor vor dem
h2
e2
=
me a 4πε 0
⇔
a=
1
Null:
r
4πε 0 h 2
= a0
me e2
Nullsetzen der konstanten Terme und Einsetzen von a liefert die Energie:
E1 = −
h 2 me 2 e 4
m e e4
me e 4
h2
=
−
=
−
=
−
= −13,6 eV
2me a 2
2me (4πε 0 h 2 ) 2
32π 2ε 0 2 h 2
8ε 0 2 h 2
Das Ergebnis ist gerade die Bindungsenergie der ersten Bohr'schen Bahn mit einem a, das
dem ersten Bohr'schen Radius a0 entspricht.
Die Wellenfunktion ψ (r ) = Rn,l ,ml (r ) = e
−
r
a
besitzt keine Knoten und ist damit die Welle mit
dem kleinsten n, also n = 1. Deshalb ist das dazugehörige E auch E1.
Die nächste Funktion, die die Schrödinger-Gleichung löst, ist mit einem Knoten:


ψ 2,0,0 = R2,0,0 (r ) = 1 −
r
r  − 2a
e .
2a 
Wieder bestimmen wir die Ableitungen:
∂ 
r  − 2a  1
r  −
=  − + 2  e 2a
1 −
e
∂r  2a 
 a 4a 
r
r
∂2 
r  − 2a  3
r  − 2a
1
−
e
=
−



e
2
∂r 2  2a 
8a 3 
 4a
r
r
62
Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung:
h2  3
r
2
2  
e2  
r 
+ 2  +  E2 +
 1 −
 2− 3−
=0
2me  4a
4πε 0 r   2a 
ar 4a  
8a
4πε 0 h 2
1
Nullsetzen des Faktors vor dem
liefert wieder: a =
= a0
r
me e 2
Nullsetzen des Faktors vor r ergibt:
2me
1
=−
E2
3
8a
2a h 2
⇔
E2 = −
me e 4
1
1
= E1 = − E0
2 2
4
4
32ε 0 h
Als letztes die dritte Funktion mit zwei Knoten, die die Schrödinger-Gleichung löst:

ψ 3,0,0 (r ) = R3,0,0 (r ) = 1 −

2r 2r 2
+
3a 27 a 2
Auch hier erhält man auf demselben Wege wieder: a =
und:
E3 = −
 − 3ra
e .

4πε 0 h 2
= a0
me e 2
me e 4
1
1
= E1 = − E0
2 2
9
9
72ε 0 h
Verallgemeinert findet man genau wie im Bohr'schen Modell:
En = −
me e4 1
E
= − 20
2 2 2
8ε 0 h n
n
mit
n = 1, 2, 3,...
Das sind die Energiezustände des Wasserstoffatoms für die Elektronenschale n (mit l = 0 und
ml = 0). Die Zahl n, die die Schale festlegt, nennt man die Hauptquantenzahl:
n = 1, 2, 3,...
Die Wellenfunktion allein hat, wie wir schon gesehen haben, keine physikalische Bedeutung.
Eine messbare Eigenschaft wird erst dem Betragsquadrat in Form einer Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte zuteil.
Da sich das Elektron irgendwo im Raum aufhalten muss, gilt folgende
Normierungsbedingung:
*
∫∫∫ψ (r ) ⋅ψ (r ) dV = 1 .
V
Das Volumenelement in Polarkoordinaten lautet: dV = r 2 sin φ dr dθ dφ .
Damit:
∞ π 2π
∫∫ ∫ ψ
*
(r ) ⋅ψ (r ) ⋅ r 2 sin φ dr dθ dφ .
0 0 0
Für den Radialteil allein beträgt die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte also ψ r 2 .
Die Schalen für l = 0 und ml = 0 sind demnach kugelsymmetrisch und haben n – 1 Knoten.
2
63
5.3.3
Der Bahndrehimpuls und die Quantenzahlen l und ml
Bisher haben wir den Winkelanteil einfach weggelassen. Um aber stehende Wellen im
dreidimensionalen Raum vollständig zu beschreiben, benötigt man neben der Hauptquantenzahl n noch zwei weitere Quantenzahlen, nämlich l und ml.
Dazu machen wir folgende Überlegung:
r
r
-
Ein Wellenpaket mit Wellenzahl k bewege sich auf einem Kreis mir Radius r .
Das Koordinatensystem legen wir so, dass die Kreisbahn in der x-y-Ebene liegt.
r
r r
Drehimpuls in z-Richtung ist dann Lz = r × p = r ⋅ hk .
-
Wellenfunktion: ψ = ψ 0 ⋅ ei ( ks −ωt ) = ψ 0 ⋅ ei ( krφ −ωt ) .
-
Da sich eine stehende Welle auf dem gesamten Kreis bildet, gelten die Randbedingungen:
ψ (φ = 0) = ψ (φ = 2π ) ; außerdem fällt die Zeitabhängigkeit weg, so dass gelten muss:
eikr ⋅2π = eikr ⋅0 = 1 .
Das ist nur erfüllt, wenn kr eine ganze Zahl ist, die wir ml nennen.
Deshalb ist der z-Komponente des Bahndrehimpulses des Elektrons:
r
Lz = r ⋅ hk = ml ⋅ h,
ml ∈ Z.
Man kann tatsächlich zeigen, dass die Funktion Φ ml (φ ) in der separierten Darstellung
unserer Wellenfunktion tatsächlich von der Form Φ ml (φ ) = eimlφ ist.
Bleibt noch die Funktion Θl ,ml (θ ) . Sie ist die komplizierteste von den dreien und lässt sich
darstellen als
Θl ,ml (θ ) =
(2l + 1) ⋅ (l − ml )! ml
⋅ Pl (cos θ ) ,
4π ⋅ (l + ml )!
wobei Pl ml (cos θ ) die sog. zugeordneten Legendre-Polynome sind:
Pl ml ( x) =
(−1) ml
1 − x2
2l ⋅ l !
(
)
ml
2
l
d l + ml
x2 − 1 .
l + ml
dx
(
)
Die Quantenzahl l wird als Nebenquantenzahl bezeichnet und gibt die Größe des Bahndrehimpulses an:
r2
L = l ⋅ (l + 1) ⋅ h 2
⇒
r
L = l ⋅ (l + 1) ⋅ h
Im Zustand mit n = 1 ist der Bahndrehimpuls Null. Die Nebenquantenzahl l darf nur
ganzzahlige Werte von 0 bis n – 1 annehmen:
l = 0, ..., n − 1,
l ganzzahlig
64
r
Die z-Komponente Lz des Bahndrehimpulses, die wir schon kennen gelernt haben, darf
r
natürlich nicht größer sein als der maximal erlaubte Bahndrehimpuls L .
Daher gilt als Einschränkung für die sog. magnetische Quantenzahl ml:
ml = 0, ± 1, ± 2, ..., ± l
r
Daher kann L niemals in die z-Achse fallen, sondern beschreibt Kegelflächen um die zr
Achse. Der Betrag von L gibt den Radius der Kugel an.
Der gesamte Winkel-Anteil der separierten Wellenfunktion Θl ,ml (θ ) ⋅ Φ ml (φ ) wird dargestellt
als sog. Kugelflächenfunktion:
Yl ,ml (θ ,φ ) =
(2l + 1) ⋅ (l − ml )! ml
⋅ Pl (cos θ ) ⋅ eimlφ
4π ⋅ (l + ml )!
Auch den Radialteil muss man natürlich normieren:
l
Rn ,l (r ) =
mit Lsk ( x) =
5.3.4
(
d s x d k k −x
e
x e
dx s dx k
)
r
2  2r  2l +1  2r  − na
  Ln + l   ⋅ e
n 2  na 
 na 
(zugeordnetes Laguerre-Polynom).
Quantenzahlen und Atomorbitale
Zusammenfassend haben wir bisher 3 Quantenzahlen kennen gelernt:
Hauptquantenzahl
n = 1, 2, 3,..
Elektronen-Schale
Nebenquantenzahl
l = 0, 1, 2, ..., n − 1
maximaler Bahndrehimpuls
Magnetische Quantenzahl
ml = 0, ± 1, ± 2, ..., ± l
z-Komponente des
Bahndrehimpulses
1. Schale:
n=1
l kann nur 0 sein.
ml kann auch nur Null sein.
→
Es gibt ein Orbital
1s-Orbital
l = 0 : s-Orbital
65
2. Schale:
n=2
l kann nur 0 und 1 sein.
ml = 0 für l = 0
→
Es gibt ein 2s-Orbital
ml = -1, 0, +1 für l = 1
→
Es gibt drei 2p-Orbitale
(px, py, pz)
l = 1 : p-Orbital
3. Schale:
n=3
l kann nur 0, 1 und 2 sein.
4. Schale:
ml = 0 für l = 0
→
Es gibt ein 3s-Orbital
ml = -1, 0, +1 für l = 1
→
Es gibt drei 3p-Orbitale
(px, py, pz)
ml = -2, -1, 0, +1, +2 für l = 2
→
Es gibt fünf 3d-Orbitale
(dxz, dyz, dxy, dx²-y², dz²)
ml = 0 für l = 0
→
Es gibt ein 4s-Orbital
ml = -1, 0, +1 für l = 1
→
Es gibt drei 4p-Orbitale
(px, py, pz)
ml = -2, -1, 0, +1, +2 für l = 2
→
Es gibt fünf 4d-Orbitale
(dxz, dyz, dxy, dx²-y², dz²)
ml = -3, -2, -1, 0, +1, +2, +3 für l = 3
→
Es gibt sieben 4f-Orbitale
n=4
l kann nur 0, 1, 2 und 3 sein.
Nomenklatur:
l = 0:
l = 1:
l = 2:
l = 3:
s-Orbital
p-Orbital
d-Orbital
f-Orbital
(sharp)
(principle)
(diffuse)
(fundamental)
66
5.3.5
Die vierte Quantenzahl – der Spin
Während man das Spektrum des Wasserstoffs sehr schön durch die Schrödinger-Gleichung
beschreiben kann, trifft das für kompliziertere Atome nicht mehr zu. So findet man zum
Beispiel bereits bei Natrium eine gelbe Linie, die bei größerer Auflösung aus 2 Linien besteht.
λ1 = 589, 6 nm
λ2 = 589,0 nm
Diese Aufspaltung der Linien und damit auch der Energieniveaus nennt man Feinstruktur.
Der Grund ist, dass das Elektron noch eine weitere Eigenschaft hat, die man zu seiner
vollständigen Beschreibung benötigt, nämlich den sog. Spin.
Der Spin ist ein Eigendrehimpuls des Elektrons, dessen z-Komponente die Werte
1
Sz = ± h
2
annehmen kann. Man nennt die Quantenzahl ms = ±
1
daher auch die Spinquantenzahl.
2
Der Spindrehimpuls beträgt analog zum Bahndrehimpuls: S = s ⋅ ( s + 1) ⋅ h =
3
h mit s = ½
2
(entsprechend dem l).
Doch wie kommt es jetzt zu dieser Aufspaltung ?
-
Wir betrachten ein Teilchen der Masse m und der Ladung q, das sich mit der
Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn mit dem Radius r bewegt.
Der Bahndrehimpuls ist gleich L = mvr .
Das kreisende Teilchen hat als Kreisstrom ein magnetisches Moment µ = I ⋅ A = I ⋅ π r 2 .
q
2π r
Der Strom ist gerade I =
mit t =
: Umlaufzeit.
-
Das magnetische Moment ist dann: µ = I ⋅ A =
-
-
-
t
v
q⋅v
1
q
π r = qvr =
L.
2π r
2
2m
r
q r
Für eine positive Ladung haben µ und L die gleiche Richtung: µ =
L
2m
Da der Bahndrehimpuls gequantelt ist, kann man das magnetische Moment in Einheiten des
r
r
L
r qh L
Drehimpulsquants
ausdrücken: µ =
.
h
2m h
r
r
eh L
L
= −µB
Für ein Elektron ( m = me , q = −e ) ergibt sich dann: µl = −
2me h
h
r
Darin ist µ B das Bohr'sche Magneton mit µ B =
eh
= 9, 274 ⋅ 10−24 Am 2 .
2me
Das oben gesagte gilt aber bloß für Bahndrehimpulse.
67
Beim Spin misst man ein magnetisches Moment, das doppelt so groß ist, wie es sich aufgrund
des Spindrehimpulses ergeben müsste.
Diesen Faktor 2 nennt man gyromagnetisches Verhältnis ge = 2 und drückt aus, dass man
sich den Spin eben nicht als Eigenrotation einer geladenen Kugel vorstellen darf.
Deshalb ist das magnetische Moment, das vom Spin herrührt:
r
r
r
eh S
eh S
S
µs = − ge ⋅
= −2 ⋅
= −2 µ B
2me h
2me h
h
r
Ein Elektron in einem Atom hat also sowohl ein Bahnmoment als auch ein Spinmoment.
Entsprechend der klassischen Mechanik kann man die beiden Drehimpulse zu einem Gesamtdrehimpuls addieren:
r r r
J =L+S
Für den Fall l = 1 gibt es damit für Elektronen unterschiedlichen Spins auch zwei verschiedene Gesamtdrehimpulse j = l + s = 1 +
1 3
1 1
=
sowie j = 1 − = . Elektronen im Atom mit
2 2
2 2
gleichem n und l, aber unterschiedlichen j haben leicht unterschiedliche Energie.
Man kann sich das leicht vorstellen, weil einmal das Spinmoment in Richtung des
Bahnmoments steht und einmal entgegengesetzt. Ein Umklappen des Spins zieht also eine
Energieänderung nach sich. Dieser Effekt heißt Spin-Bahn-Kopplung und ist verantwortlich
für die Feinstrukturaufspaltung der Spektrallinien.
Das bedeutet, dass der 2p-Zustand aufspaltet in einen 2p3/2 und einen 2p1/2 Zustand. Ein sZustand spaltet nicht auf, denn hier ist ja L = 0, weswegen es auch kein Bahnmoment gibt, mit
dem der Spin des Elektron koppeln könnte.
5.4
Mehrelektronen-Atome
5.4.1 Das Pauli-Prinzip
Bisher haben wir nur das Wasserstoffatom gerechnet, was besonders einfach ist, weil es sich
um ein Zwei-Teilchenproblem handelt, das man noch ganz gut analytisch lösen kann.
Natürlich wurden auch über die Emissionsspektren die Energieniveaus von Atomen mit mehr
als nur einem Elektron angeschaut. Diese Niveaus sind nicht dieselben wie beim Wasserstoff,
denn die Elektronen wechselwirken nicht nur mit dem Kern (Bindungsenergie), sondern auch
untereinander (Coulomb-Abstoßung).
Man beobachtet: Die Energieniveaus hängen nicht wie beim Wasserstoff nur von n ab,
sondern auch von l.
Leider ist die Schrödinger-Gleichung für Mehrelektronensysteme nicht mehr analytisch,
sondern nur noch mit Näherungsverfahren lösbar. Die einfachste Herangehensweise ist
diejenige, indem man sagt, dass jedes Elektron im Atom einen Zustand besetzt, den man
durch die 4 Quantenzahlen n, l, ml und ms charakterisieren kann.
68
Um jedoch die Besetzung der Elektronenzustände in einem Atom verstehen zu können
braucht man ein weiteres Prinzip, das Pauli-Prinzip:
In einem Atom können zwei Elektronen nicht gleichzeitig
denselben Quantenzustand besetzen.
Das bedeutet, dass zwei Elektronen in einem Atom niemals in allen 4 Quantenzahlen übereinstimmen dürfen.
Das Pauli-Prinzip gilt für identische Teilchen mit halbzahliger Spin-Quantenzahl
1 3
2 2
( ms = , ,... ), also für Elektronen, Neutronen, Protonen (kurz: die Teilchen, die die Materie
ausmachen). Man nennt sie Fermionen (nach Enrico Fermi).
Das Pauli-Prinzip gilt nicht für Teilchen mit ganzzahligem Spin ( ms = 0, 1,... ), wie z. B. das
Photon oder das π-Meson. Diese Teilchen nennt man Bosonen (nach S. N. Bose), und diese
Teilchen vermitteln die Wechselwirkungen (Kräfte) zwischen den Materie-Teilchen.
Das Pauli-Prinzip bildet die Grundlage für das Verständnis nicht nur von komplexen Atomen,
sondern auch für Molekülbindungen, Festkörpern usw.
5.4.2
Das Periodensystem der Elemente
Alle Elektronen müssen insgesamt unterschiedliche Quantenzahlen haben.
Wie viele Elektronen passen dann in eine Schale (mit gleichen n) ?
Zu jeder Hauptquantenzahl n gibt es n verschiedene Werte von l, nämlich l = 0, 1, 2,... n – 1.
Zu jedem l existieren (2l + 1) Werte für ml, nämlich ml = 0, ±1, ±2, ..., ±l.
D. h. die Gesamtzahl der möglichen Zustände beträgt (ohne Spin):
n −1
n
∑ (2l + 1) = 1 + 3 + 5 + ... + 2n − 5 + 2n − 3 + 2n − 1 = 2n 2 = n
2
.
l =0
Jeder dieser n² Zustände kann von zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spins
1 1
2 2
gleich 2n 2 ist.
( ms = − , + ) besetzt werden, so dass die maximale Anzahl von Elektronen in der Schale n
Die Angabe der Quantenzahlen n, l, ml und ms für jedes Elektron in dem Atom nennt man
Elektronenkonfiguration.
Man schreibt die Nebenquantenzahl l meist nicht als Zahl, sondern den schon erwähnten
Kleinbuchstaben:
Bezeichnung:
Wert von l:
s
0
p
1
d
2
f
3
g
4
h
5
69
Die Hauptquantenzahl n wird oft auch als Großbuchstabe geschrieben, allerdings weniger bei
der Elektronenkonfiguration, sondern eher, wenn es um Röntgenlinien geht.
Bezeichnung:
Wert von n:
K
1
L
2
M
3
N
4
O
5
P
6
Das Atom des leichtesten Elements Wasserstoff haben wir schon besprochen: Es hat ein
Elektron, das im Grundzustand natürlich in das tiefstmögliche Niveau geht, nämlich n = 1.
Also:
n=1
l=0
ml = 0
ms = ½
Der Spin könnte im Prinzip auch -1/2 sein, aber der Grundzustand eines Mehrelektronenatoms
wird durch die sog. Hund'schen Regeln bestimmt, von denen es 3 gibt, die in der
angegebenen Reihenfolge abgearbeitet werden:
1. Hund'sche Regel: Der Gesamtspin ist zu maximieren.
2. Hund'sche Regel: Der Gesamtbahndrehimpuls ist zu maximieren.
3. Hund'sche Regel: Ist die Schale weniger als halbvoll, gilt: J = L − S
Ist die Schale mehr als halbvoll, gilt: J = L + S
Wegen der ersten Hund'schen Regel ist also ms beim Wasserstoffelektron +1/2 und nicht -1/2.
Die Elektronenkonfiguration des Wasserstoffs lautet also: 1s1.
Auf den Wasserstoff folgt nun das Helium mit zwei Elektronen mit den Quantenzahlen:
n=1
n=1
l=0
l=0
s
s
ml = 0
ml = 0
ms = ½
ms = – ½
Wegen des Pauli-Prinzips muss das zweite Elektron den Spin – ½ haben. Der Gesamt-Spindrehimpuls ist damit S = ½ – ½ = 0.
Damit lautet die Elektronenkonfiguration des Heliums: 1s2.
Da für die erste Schale l und ml Null sein müssen, passt nun kein weiteres Elektron mehr in
die 1. Schale hinein. Ein Element mit einer vollen Schale hat die sog. Edelgaskonfiguration.
Solche Elemente sind besonders stabil und damit chemisch inaktiv. Die Bindungs- und damit
Ionisierungsenergie für das erste Elektron beträgt 24,6 eV
Das nächste Element ist Lithium mit drei Elektronen. Da das dritte Elektron nicht mehr in die
erste Schale passt, muss es in die nächst höhere L-Schale (n = 2) eingebaut werden.
Dieses hat jetzt seine maximale Aufenthaltswahrscheinlichkeit beim zweiten Bohr'schen
Radius, also einen deutlich größeren Abstand vom Kern wie die beiden ersten Elektronen in
der K-Schale.
70
Die positive Kernladung wird jetzt allerdings von den inneren beiden Elektronen abgeschirmt.
Die effektive Kernladung wäre damit also +1e. Allerdings gibt es auch eine gewisse Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Kernnähe, so dass man eine effektive Kernladung hat, die etwas
größer als 1e ist. Diese Durchdringung der ersten Schale ist für l = 0 größer als für l = 1,
so dass die Bindungsenergie für ein s-Elektron vom Betrag größer ist als für ein p-Elektron.
Daher werden erst die Zustände mit l = 0 besetzt und dann erst diejenigen mit l = 1.
n=1
n=1
n=2
l=0
l=0
l=0
s
s
s
ml = 0
ml = 0
ml = 0
ms = ½
ms = – ½
ms = ½
Damit hat Lithium die Elektronenkonfiguration: 1s22s1.
Die Bindungsenergie des äußeren Elektrons beträgt nur 5,39 eV. Daher kann es relativ leicht
ionisiert werden, was Lithium chemisch sehr reaktiv macht. Es verhält sich beinahe wie ein 1Elektronen-Atom.
Beim Beryllium kommt ein weiteres Elektron dazu, das wie beim Helium mit umgekehrten
Spin in den s-Zustand (l = 0) geht. Die Elektronenkonfiguration ist hier: 1s22s2.
Beim Bor muss das fünfte Elektron nun einen Zustand besetzen mit l = 1. Damit wird die pUnterschale aufgemacht. Das Elektron muss nach den Hund'schen Regeln Spin- und Bahnmoment maximieren, so dass es in den Zustand ml = +1 und ms = + ½ geht.
n=1
n=1
n=2
n=2
n=2
l=0
l=0
l=0
l=0
l=1
s
s
s
s
p
ml = 0
ml = 0
ml = 0
ml = 0
ml = 1
ms = ½
ms = –½
ms = ½
ms = –½
ms = ½
Damit hat Bor die Elektronenkonfiguration: 1s22s22p1.
Bis zum Neon werden also die p-Zustände aufgefüllt, und zwar nach den Hund'schen Regeln:
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
l=1
l=1
l=1
l=1
l=1
l=1
p
p
p
p
p
p
ml = 1
ml = 0
ml = -1
ml = 1
ml = 0
ml = -1
ms = ½
ms = ½
ms = ½
ms = –½
ms = –½
ms = –½
Die p-Unterschale kann also 6 Elektronen aufnehmen. Neon hat damit: 1s22s22p6 und wieder
eine volle 2. Schale, also Edelgaskonfiguration.
Das nächste Element Natrium muss also wieder eine neue Schale eröffnen, die M-Schale
(n = 3). Mit derselben Argumentation wie beim Lithium hat Natrium wieder eine geringe
Bindungsenergie von 5,14 eV und ist wieder recht reaktiv. Das gilt für die gesamte Gruppe,
man nenn sie Alkalimetalle. Es werden also erneut zunächst die s- und dann die p-Elektronen
aufgefüllt.
71
Die dritte Schale darf aber auch noch l = 2 haben, also die sog. d-Elektronen. Doch weil die
Durchdringung der inneren Schalen inzwischen so stark ist, werden erst die s-Elektronen der 4.
Schale besetzt (K und Ca). Dann erst beginnt das Auffüllen der 3d-Schale, die 5 Orbitale
(dz², dx²-y², dxy, dxz, dyz) mit jeweils 2 Elektronen besitzt, also insgesamt 10 Elektronen
beherbergen kann.
Die Elemente, die die inneren 3d-Schalen auffüllen nennt man Nebengruppen-Elemente
(oder auch Übergangsmetalle) im Gegensatz zu den Hauptgruppen-Elementen, die die sund p-Niveaus besetzen.
So setzt sich das Auffüllen weiter fort, bis endlich in der 6. Periode die f-Elektronen (l = 3)
der eigentlich 4. Schale gefüllt werden.
5.5
Röntgenspektren
Sowohl in den Naturwissenschaften als auch in der Technik bzw. Medizin spielen
Röntgenstrahlen eine große Rolle.
Man erzeugt sie durch Beschuss einer Metallanode (auch Antikathode genannt) mit
Elektronen. Üblich sind Röntgenröhren mit Wasserkühlung und drehbarer Antikathode.
Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung mit hohen Energien zwischen
1 und 100 keV, d. h. Wellenlängen zwischen 1,2 nm und 12 pm.
5.5.1
Röntgenbremsstrahlung
Die Elektronen, die aus der Kathode austreten, werden durch eine Beschleunigungsspannung
UA auf die kinetische Energie eUA beschleunigt.
Elektronen werden bei Auftreffen auf die Anode abgebremst. Eine abgebremste Ladung
strahlt nach den Regeln der klassischen Elektrodynamik elektromagnetische Strahlung ab, die
sog. Bremsstrahlung.
Bei einer Abbremsung auf 0 wird die ganze kinetische Energie eUA in Strahlungsenergie
umgewandelt. Die maximale Frequenz bzw. Wellenlänge der Röntgenstrahlung ist also:
hν max = eU A
bzw.
λmax =
hc
.
eU A
Das Elektron kann aber auch seine Energie in mehreren Abbremsvorgängen abgeben,
wodurch kleinere Frequenzen entstehen. Da bei den freien Elektronen die Energie nicht
gequantelt ist, entsteht ein kontinuierliches "weißes" Spektrum.
72
5.5.2
Röntgenlinienspektrum
Neben der weißen Röntgenbremsstrahlung findet man charakteristische Linien. Sie entstehen dadurch, dass die hochenergetischen Elektronen aus den inneren Schalen des Atoms
der Antikathode Elektronen herausschlagen. Das Atom wird also ionisiert.
Die innere Lücke wird wieder geschlossen, indem aus den höheren Schalen Elektronen
herunterfallen.
Übergänge in die n = 1 Schale nennt man wie die Schale selbst K-Linien.
Entsprechend gibt es für die Schalen mit n = 2, 3, 4,... die Bezeichnungen L, M, N,...-Linien.
Die nachgestellten griechischen Buchstaben geben an, von welcher höheren Schale die
Emission ausgeht:
α bedeutet von n + 1
β bedeutet von n + 2
γ bedeutet von n + 3, usw.
Die Anregungsenergie, d. h. die kinetische Energie des ankommenden Elektrons, muss größer
oder gleich der Bindungsenergie des herauszuschlagenden Elektrons sein. Dann können aus
den höheren Schalen Elektronen nachrücken, die eine Serie bilden (K-Serie, L-Serie, usw.)
Die maximale Energie wird Kante der Serie genannt (K-Kante, L-Kante, usw.)
Die Energien der Linien folgen dem Mosley'sches Gesetz:
(Henry Mosley (1887 – 1915))
1 
 1
hν n→m = RH ( Z − σ ) 2  2 − 2 
n 
m
Dabei ist Z die Ordnungszahl des Elements des Antikathode, RH die Rydberg-Konstante des
Wasserstoffs. Der Wert von σ gibt die Abschirmung der Kernladung durch innere
Elektronenschalen an und hat für jeden Übergang einen anderen Wert:
Für Kα ist σ = 1, Für Kβ ist σ = 1, für Lα ist σ = 7,4...
Trägt man also die Wurzel der Frequenz einer Linie (z.B. Kα) von verschiedenen Elementen
über der Ordnungszahl auf (= Mosely-Plot), so ergibt sich eine Gerade. Auf diese Art wurde
von vielen Elementen die Ordnungszahl bestimmt.
73
6.
Strahlungsquellen
6.1
Laser
Der Begriff LASER ist ein Kunstwort und setzt sich zusammen aus:
Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation, also Lichtverstärkung durch
stimulierte Emission.
Ein Laser hat ganz besondere Eigenschaften, die ihn als Lichtquelle attraktiv machen:
-
Monochromatisches (einfarbiges) Licht
Kohärentes Licht
Starke Parallelität des Lichtbündels
Hohe Lichtintensität
Anwendungsmöglichkeiten reichen vom einfachen Laserpointer über Interferometrie,
Laserschweißen, Medizin usw.
Es gibt verschieden Typen von Lasern:
-
Gaslaser (HeNe-Laser, Ar-Ionen, CO2-Laser)
Farbstofflaser (mit Fluoreszenzfarbstoffen, von außen zum Leuchten angeregt)
Festkörperlaser (YAG-Laser, Rubin-Laser, Titan-Saphir-Laser)
Halbleiterlaser (Laser-Dioden)
Freie-Elektronen-Laser (Synchrotronstrahlung aus Elektronenstrahl)
All diesen Lasertypen gemein ist der Mechanismus der Lichterzeugung, nämlich die
stimulierte Emission.
6.1.1
Stimulierte Emission
Wir haben im letzten Kapitel gesehen, dass ein Übergang von einem Energieniveau der
Elektronenhülle auf ein anderes mit Lichtemission erfolgen kann.
Die Frequenz der emittierten Strahlung war ja bekanntermaßen:
ν=
E2 − E1
.
h
Ludwig Boltzmann zeigt im Jahr 1872, dass im thermischen Gleichgewicht das Verhältnis der
Zahl der Atome in diesen beiden Niveaus mit der Energiedifferenz der Niveaus verknüpft ist:
−
N2
=e
N1
E2 − E1
k BT
Da E2 > E1 und T > 0, folgt N2 < N1, d. h. die Zahl der Atome im höheren Niveau ist immer
kleiner als die im niedrigeren.
74
Es gibt nun drei Arten von Übergängen:
1. spontane Emission:
Das Elektron fällt spontan von E2 auf E1 und emittiert dabei ein Photon.
Die spontane Emission ist stark von Kollisionen zwischen Atomen beeinflusst und ist
unterliegt damit sehr der Wahrscheinlichkeit. Daher sind die emittierten Wellenzüge
durch die spontane Emission, wie sie in Glühlampen, der Sonne und Gasentladungslampen vorkommt, unkorreliert und damit nicht kohärent.
2. induzierte Absorption:
Trifft ein Photon der Frequenz ν =
E2 − E1
auf ein Atom, so wird die Energie
h
absorbiert, wodurch das Elektron vom Niveau 1 auf das höhere Niveau 2 übergeht.
Die elektromagnetische Welle wird dadurch in der Intensität gedämpft.
3. stimulierte Emission:
Ein Photon der Frequenz ν =
E2 − E1
trifft auf ein Atom, das im angeregten Zustand
h
(Elektron auf Niveau 2) ist. Es stimuliert die Emission eines Photons mit genau
derselben Frequenz, wodurch das Elektron in das Niveau 1 übergeht. Die so
emittierten Wellenzüge sind derart mit dem stimulierenden Photon korreliert, dass
beide Wellenzüge kohärent sind.
Die Wahrscheinlichkeiten für die Absorption und die stimulierte Emission sind, wie Einstein
1917 nachweisen konnte, gleich.
Im thermodynamischen Gleichgewicht befinden sich bei nicht allzu großen Temperaturen die
meisten Elektronen im Grundzustand, so dass die Absorption unter normalen Bedingungen
der vorherrschende Prozess ist.
Möchte man nun Lichtverstärkung durch die stimulierte Emission bekommen, muss man
dafür sorgen, dass mehr Elektronen im angeregten Zustand E2 sind als im Zustand E1. Diesen
Besetzungszustand nennt man Inversion.
Um das näher zu beleuchten, betrachten wir eine elektromagnetische Welle der Intensität I0
und der Frequenz ν, die sich in z-Richtung in einem Medium mit Zwei-Niveau-Atomen
ausbreitet. Die Intensität hat dann die Form:
I ( z ) = I 0 ⋅ e− K ⋅ z
(Lambert-Beer’sches Gesetz).
Man kann zeigen, dass die Absorptionskonstante K proportional ist zu N1 – N2 ist.
Unter normalen Bedingungen ist N1 – N2 > 0. Bei Besetzungsinversion ist aber N1 – N2 < 0, so
dass das Lambert'sche Gesetz zu einer Verstärkung der Intensität führt (K formal negativ!).
75
6.1.2
Funktionsweise eines He-Ne-Lasers
In einem Laserrohr befindet sich Helium und Neon in einem Mengenverhältnis von ca. 7 : 1.
-
-
-
-
-
-
-
6.2
Spiegel an den Enden (einer lässt ein wenig Intensität nach außen)
Gasentladung wird gezündet -> freie Elektronen
He durch Elektronenstoß (1. Art: Übernahme von kinetischer Energie) in einen
angeregten Zustand gebracht.
Die Lebensdauer dieses Zustands ist lang, weil der optische Übergang von s nach s
verboten ist.
Grund: Photon hat einen Drehimpuls |l| = 1. Daher müssen die beim optischen
Übergang beteiligten Orbitale auch eine Drehimpulsdifferenz von ∆l = ±1 haben.
Den langlebigen Zustand nennt man metastabil.
Das angeregte He-Atom stößt nun mit Neon-Atomen. Dabei wird Anregungsenergie
auf die Ne-Atome übertragen (Stoß 2. Art). -> 1 Elektron geht nach 5s.
Stimulierte Emission durch Photon (3 Linien, 2 im IR, eine bei 632,8 nm).
Lebensdauer von s-Niveaus länger als von p-Niveaus, dadurch Besetzungsinversion.
Spontane Emission auf die langlebigen s-Niveaus, von dort Rückgang in den
Grundzustand durch Stöße mit der Wand.
Laserrohr ist Resonator (Länge ist ein Vielfaches der halben gewünschten
Wellenlänge). Dadurch stehende Lichtwelle, unpassende Wellenlängen interferieren
weg.
Mengenverhältnis deshalb, damit möglichst jedes Ne-Atom auch getroffen wird.
Wärmestrahlung
Bisher haben wir die Quantenphysik immer mit Linienspektren in Verbindung gebracht, weil
ja in den Atomen die Energieniveaus quantisiert sind.
Aber auch die elektromagnetische Strahlung, die von heißen Körpern emittiert wird und ein
kontinuierliches Spektrum aufweist, war gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch nicht
verstanden.
Erst Max Planck hat durch seine Quantenhypothese Licht in die Strahlung sog. schwarzer
Körper gebracht.
6.2.1
Strahlung schwarzer Körper
Man kann beobachten, dass die Farbe von glühenden Körpern von deren Temperatur abhängt
(bis 700°C rötlich, darüber hinaus sogar gelb oder weiß).
Auch von nicht glühenden Körpern bemerken wir aber eine unsichtbare Wärmestrahlung, die
im Infraroten liegt.
Natürlich strahlt ein Körper nicht nur ab, sondern er absorbiert auch Strahlung. Der Anteil der
absorbierten zur einfallenden Strahlung heißt Absorptionskoeffizient α, der natürlich auch von
der Wellenlänge abhängen kann.
76
Einen Köper, der bei allen Wellenlängen einen
Absorptions-Koeffizienten von 1 hat, nennt man schwarz.
Zwei Platten auf der Temperatur T strahlen in einen Raum, der von idealen Spiegeln umgeben
ist. Platte 1 hat einen Abs.-Koeff. von 1, Platte 2 einen von < 1.
Platte 1 stahlt aufgrund der Temperatur die Strahlungsleistung P1 aus, die von Platte 2
absorbiert wird. Die absorbierte Leistung ist α 2 ⋅ P1 .
Genauso strahlt P2 dieselbe Leistung wegen derselben Temperatur aus, die von Platte 1
absorbiert wird. Die absorbierte Leistung ist α1 ⋅ P2 > α 2 ⋅ P1 , da α1 > α 2 .
Beide absorbierten Leistungen müssen aber gleich sein, sonst würde sich die Platte 1 von
selbst immer weiter aufheizen, was ein Perpetuum mobile 2. Art wäre. Deshalb müssen die
absorbierten Leitungen gleich sein:
P α
α1 ⋅ P2 = α 2 ⋅ P1 ⇔ 1 = 1 .
P2 α 2
Die abgestrahlte Leistung ist also proportional zum Absorptionskoeffizienten. Der Anteil der
abgestrahlten Leistung wird durch den Emissionskoeffizienten ε bestimmt.
Daher gilt:
α1 ε 1
=
α2 ε2
⇒
α ~ε
Das ist das Kirchhoff'sche Strahlungsgesetz: Was gut absorbiert, emittiert auch gut.
Deshalb ist ein idealer Strahler ein sog. schwarzer Körper. Das beste Schwarz ist ein Loch in
einer Kiste, in der ein Lichtstrahl so oft hin- und her reflektiert wird, dass er immer mehr
Intensität verliert und sich tot läuft. Licht, das also einmal in das Loch eingedrungen ist,
kommt nie wieder aus dem Loch heraus.
Nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz absorbiert der Hohlraumstrahler aber genauso viel,
wie er emittiert.
6.2.2
Das Planck'sche Strahlungsgesetz
Die Größe, die uns interessiert, ist die spektrale Energiedichte ρ (ω , T ) . Die Energie, die im
Frequenzbereich ω + d ω emittiert wird, ist dann ρ (ω , T ) ⋅ d ω .
Als Hohlraum nehmen wir einen Würfel mit der Kantenlänge d. In ihm können elektromagnetische Eigenschwingungen existieren, die man als stehende Wellen darstellen kann. An
den Wänden muss die Amplitude verschwinden, also muss jede Raumrichtung ein
ganzzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge enthalten.
77
Sind α, β und γ die Winkel der Wellenfrontnormalen zu den Koordinatenachsen, dann muss
gelten:
λ
λ
nx ⇔ cos α =
nx
2cos α
2d
λ
λ
d=
n y ⇔ cos β =
ny
2cos β
2d
λ
λ
d=
nz ⇔ cos γ =
nz
2cos γ
2d
d=
2
 λ  2
2
2
1 = cos 2 α + cos 2 β + cos 2 γ = 
 nx + n y + nz .
2
d


bzw.:
(
)
Also sind nur solche Wellenlängen existent, für die in beliebiger Kombination der (nur
positiven!) ni gilt:
(
)
 2d 
nx2 + n y2 + nz2 = 

 λ 
2
.
λ 
⇔ ( nx 2 + n y 2 + nz 2 ) ⋅   = d 2
2
2
Mit
λ
2
=
πc
gilt:
ω
π 
2
2
2
 ( nx + n y + nz ) .
d 
2
ω n2 n n = c 2 
x y z
Um nun die spektrale Energiedichte bestimmen zu können, braucht man die Anzahl der
Eigenschwingungen im Frequenzbereich zwischen ω und ω + d ω . Um diese Zahl bestimmen
zu können, betrachten wir den (+++)-Oktanten des dreidimensionalen Quantenzahlraums.
Zustände, deren Frequenz kleiner ist als ein beliebiger Wert ω, liegen im (+++)-Oktanten
innerhalb einer Kugel vom Radius r = nx 2 + n y 2 + nz 2 . Die Zahl dieser Zustände in diesem
Oktanten ist
1
1 4π
des Volumens der gesamten Kugel, also ⋅ r 3 .
8
8 3
Die Zahl der Zustände mit einer Frequenz kleiner als ω ist noch mit dem Faktor 2 zu multiplizieren, da man bei einer transversalen elektromagnetischen Welle zwei Polarisationen
zulassen muss. Also ist die Gesamtzahl:
1 4π 3 π 2
Z (ω ) = 2 ⋅ ⋅
r =
r
8 3
3
( )
3
2
Mit
r 2 = ( nx 2 + n y 2 + nz 2 ) =
ω2  d 
 
c2  π 
2
folgt:
π ω3  d 
V ω3
=
.
 
3 c3  π  3π 2 c 3
3
Z (ω ) =
Pro Frequenzintervall bedeutet dies:
78
dZ (ω )
V ω2
dω = 2 3 dω .
dω
π c
Das heißt, wir haben jetzt eine Eigenschwingungsdichte. Um aber die Energiedichte zu
bekommen, müssen wir noch wissen, wie die Energie der elektromagnetischen Wellen als
Funktion der Temperatur und Frequenz verteilt ist. Diese kann man sich einfach herleiten,
indem man der Emission eines Lichtquants der Energie hω einen energetischen Übergang
zwischen den diskreten Energieniveaus E1 und E2 > E1 zuordnet, so dass hν = E2 − E1 .
Sei N1 die Anzahl der nicht-angeregten und N2 diejenige der angeregten Atome. Im
thermischen Gleichgewicht ist das Verhältnis beider Zahlen gegeben durch die BoltzmannVerteilung:
−
N2
=e
N1
E2 − E1
k BT
=e
−
hω
k BT
.
Nun betrachten wir wie beim Laser die möglichen Energieaustauschprozesse:
1. spontane Emission:
Teilchen emittieren Strahlung vom Betrag hω . Die Häufigkeit solcher Prozesse ist
proportional zur Anzahl der Atome im angeregten Zustand.
Anzahl spontaner Emissionen: β ⋅ N 2 .
2. induzierte Absorption:
Teilchen absorbieren Strahlung vom Betrag hω . Die Häufigkeit solcher Prozesse ist
proportional zur Anzahl der Atome im nicht-angeregten Zustand und zur Intensität des
Strahlungsfeldes ρ(ω, T ) d ω .
Anzahl induzierter Absorptionen: γ ⋅ ρ(ω, T ) ⋅ N1 ⋅ d ω .
3. stimulierte Emission:
Da die stimulierte Emission der Umkehrprozess der induzierten Absorption ist, ist
auch der kinetische Faktor γ derselbe. Die Häufigkeit solcher Prozesse ist proportional
zur Anzahl der Atome im angeregten Zustand und zur Intensität des Strahlungsfeldes
ρ(ω, T ) d ω .
Anzahl induzierter Absorptionen: γ ⋅ ρ(ω, T ) ⋅ N 2 ⋅ d ω .
Im Gleichgewicht muss die Häufigkeit der Absorptionen gleich sein der Häufigkeit der
Emissionen, also:
γ ⋅ ρ(ω, T ) ⋅ N1 ⋅ d ω = β ⋅ N 2 + γ ⋅ ρ(ω, T ) ⋅ N 2 ⋅ d ω
= β ⋅ N1 ⋅ e
−
hω
k BT
+ γ ⋅ ρ(ω, T ) ⋅ N1 ⋅ e
−
hω
k BT
dω
Die Teilchenkonzentration n1 kürzt sich raus, denn das Strahlungsgesetz darf ja auch nicht
von der Teilchenzahl abhängen. Man erhält:
ρ (ω , T ) dω =
β ⋅e

−
γ 1 − e


hω
k BT
hω
−
k BT




=
β
γ
1
e
hω
k BT
1
~
−1
e
hω
k BT
−1
79
1
Der Faktor
e
hω
k BT
gibt die Energieverteilung der Photonen im Hohlraum an. Man nennt
−1
diese Verteilung Bose-Einstein-Verteilung, und sie ist zuständig für Teilchen mit ganzzahligem Spin.
1
Die Bose-Einstein-Verteilung bestimmt also die mittlere Energie E = hω ⋅
e
hω
k BT
.
−1
Damit erhält man also für die Energiedichte im Frequenzintervall ω bis ω + dω:
dZ (ω)
V ω2
⋅ E ⋅ dω = 2 3 ⋅
dω
πc
hω
hω
k BT
⋅ dω .
e −1
Die gesuchte spektrale Energiedichte pro Volumen ρ(ω, T ) ergibt sich durch einfache Division
durch V:
ρ(ω, T ) d ω =
ω2
π2 c3
hω
e
hω
k BT
dω
Planck’sches Strahlungsgesetz
−1
Man kann es auch als Funktion der Wellenlänge ausdrücken. Dabei ist zu berücksichtigen:
λ=
2πc
dλ
2πc
⇒
=− 2
ω
dω
ω
⇒
dω =
ω2
dλ .
2πc
ρ(λ, T ) d λ =
8πhc
λ5
1
e
hc
λk B T
dλ
−1
ρ(ω, T ) d ω bzw. ρ(λ, T ) d λ geben die Energie des schwarzen Strahlers pro Volumen und pro
Frequenzintervall an.
6.2.3
Das Wien’sche Verschiebungsgesetz
Wir wollen nun aus dem Planck’schen Strahlungsgesetz herleiten, bei welcher Wellenlänge
am meisten Energie abgestrahlt wird.
Das Maximum bei einer festen Temperatur von ρ(λ) d λ ermittelt man aus der Nullstelle der
Ableitung:
∂ρ
= 0.
∂λ
∂ρ −40πhc
=
∂λ
λ6
1
e
hc
λ k BT
hc
!
8πhc
1
hc
+ 5
e λk B T = 0
2
2
λ  hc
 λ k BT
−1
 e λk B T − 1 




hc
λk B T
−5
e
hc
+ hc
=0
2
λ
λ k BT
λ k BT
−1
e
hc
1
⇔5=
hc
−
λk BT
λ k BT
1− e
⇔
80
Substitution: x =
(
hc
: ⇒ x = 5 1 − e− x
λk BT
)
Diese transzendente Gleichung ist nur numerisch lösbar. Außer der physikalisch sinnlosen
Lösung x = 0 hat die Gleichung die Lösung x ≈ 4.965.
Damit: λ max =
hc
2,898 mm ⋅ K
=
4.965 ⋅ k B ⋅ T
T
λ max ⋅ T ≈ 2900 µm ⋅ K Wien’sches Verschiebungsgesetz
Man erhält so:
6.2.4
Das Gesetz von Stefan-Boltzmann
Josef Stefan (1835-1893) schloss 1879 aus experimentellen Untersuchungen, dass die totale
Energiedichte im Strahlungsfeld proportional ist zu T4.
Dasselbe Ergebnis erhielt Ludwig Boltzmann (1844-1906) fünf Jahre später aus thermodynamischen Betrachtungen. Es folgt allerdings auch einfach aus der Integration der
Planck’schen Strahlungsgesetzes.
Es ist zweckmäßig, eine Flächenleistung einzuführen, also die Leistung des schwarzen
Strahlers pro Abstrahlungsfläche. Dazu führt man die spektrale Flächenleistungsdichte
c
ρP ( ω, T ) := ρ(ω, T ) ein.
4
Die totale Leistung pro Abstrahlungsfläche folgt dann aus der Integration des Plank’schen
Gesetzes:
∞
∞
∞
P
c
ω2
= ρ P (ω, T ) d ω =
ρ(ω, T ) d ω =
40
A 0
4π 2 c 2
0
∫
Dazu substituiert man: x =
∫
hω
∫
e
hω
k BT
dω.
−1
hω
dx
h
kT
⇒
=
⇒ dω =
dx .
k BT
d ω k BT
h
4
∞
P ( k BT ) 4
x3
π2 k B 4T 4
 k BT  3
x
dx
,
so
dass
=
dx
=
.

A 4π 2 c 2 h 3 0 e x − 1
60 c 2 h3
 h 
14243
Damit wird: ω3 d ω = 
∫
=
Der Faktor σ =
5,67 ⋅ 10 −8
π4
15
π2 k B 4
heißt Stefan-Boltzmann-Konstante und hat den Wert
60 c 2 h3
W
.
m2K 4
Die gesamte in den Raum abgestrahlte Leistung pro strahlender Fläche eines schwarzen
Körpers mit der Temperatur T beträgt:
P
W
= σ ⋅ T 4 mit σ = 5,67 ⋅ 10 −8 2 4
A
m K
Stefan-Boltzmann-Gesetz
81
7.
Kernphysik
Gleichzeitig mit der Quantentheorie der Elektronenhülle begann auch die Untersuchung der
Atomkerne.
7.1
Struktur des Atomkerns
Rutherford’sche Experimente: Es gibt im Zentrum der Atome einen massiven winzigen Kern,
in dem der positive Ladungsanteil des Atoms vereint ist.
Später (in den 1930er Jahren) fand man heraus, dass der Atomkern eine Struktur besitzt:
Der Atomkern besteht aus zwei Teilchen, den Protonen und den Neutronen.
Das Proton hat eine positive Ladung, die vom Betrag her derjenigen des Elektrons entspricht
( qProton = +e = +1,60217653 ⋅ 10−19 C ) und eine Masse von
mP = 1,67262171 ⋅ 10−27 kg
Es ist damit 1836mal schwerer als ein Elektron.
Das Neutron, das vom Engländer James Chadwick (1891-1974) im Jahre 1932 nachgewiesen
wurde, ist elektrisch neutral ( qNeutron = 0 ), hat aber eine dem Proton sehr ähnliche Masse:
mn = 1, 67492721 ⋅ 10−27 kg
Die Bestandteile des Kerns (also Protonen und Neutronen) nennt man Nukleonen.
Abgesehen vom Wasserstoff, der nur ein Proton als Kern besitzt, haben alle anderen Kerne
sowohl Protonen als auch Neutronen. Die verschiedenen Kerne bezeichnet man als Nuklide.
Die Anzahl der Protonen im Kern nennt man Ordnungszahl Z, die identisch ist mit der Zahl
der Elektronen im neutralen Atom.
Da fast die gesamte Masse im Kern vereint ist, ist die Summe der Protonen und Neutronen die
Massenzahl A, auch relative Atommasse genannt, die in der atomaren Masseneinheit u angegeben wird, die einem 12. der Masse des Kohlenstoffisotops C-12 entspricht.
Man schreibt das Nuklid X dann:
A
Z X
.
Da das Element durch seine Ordnungszahl bereits festgelegt ist, lässt man diese meist weg,
und spricht z. B. nur noch von O-16.
Man findet bei vielen Elementen Kerne mit unterschiedlichen Neutronenzahlen. Kerne mit
demselben Z, aber unterschiedlichem A nennt man Isotope.
11
12
13
14
15
16
Bsp.: Kohlenstoffisotope
6 C , 6 C , 6 C , 6 C , 6 C und 6 C
(unterschiedliche Häufigkeit in der Natur)
82
Aus Streuexperimenten kann man die Größe der Kerne abschätzen. Kerne sind relativ gut
kugelsymmetrisch und haben einen Radius von:
r ≈ 1,2 ⋅ 10−15 ⋅ 3 A m ,
d. h. das Volumen eines Kerns ändert sich proportional zur Zahl der Nukleonen.
Genau wie ein Elektron einen Spin und eine Drehimpulsquantenzahl besitzt, so gilt das auch
für Protonen und Neutronen. Beide haben wie das Elektron einzeln einen Spin von ½, gehören
also auch zu den Fermionen.
Der Kernspinquantenzahl I eines zusammengesetzten Kernes kann demnach halb- oder
ganzzahlig sein, je nachdem, wie viele Protonen und Neutronen er enthält.
Der Kerndrehimpuls ist analog zum Elektron dann I ( I + 1) h .
Die magnetischen Momente des Kerns werden in Einheiten des Kernmagnetons gemessen:
µN =
eh
= 5,051 ⋅ 10−27 Am 2 ,
2m p
das wegen des Massenunterschiedes etwa 1836mal kleiner ist als das Bohr’sche Magneton des
Elektrons.
Das magnetische Moment des Protons beträgt:
µ p = 2,7928 µ N
und das des Neutrons:
µ n = −1,9135 µ N
Im Neutron muss es also trotz seiner nicht vorhandenen Gesamtladung Ströme geben, die das
magnetische Moment verursachen. Das Minuszeichen sagt aus, dass das magnetische Moment
dem Spin des Neutrons entgegengerichtet ist.
7.2
Bindungsenergie und Kernkräfte
Vergleich: Masse eines
4
2 He
-Kerns mit der Masse aller Kernbausteine:
Masse eines neutralen
4
2 He
-Atoms:
4,002603 u
Masse von 2 Neutronen:
Masse von 2 11H -Atomen (inkl. Elektr.):
2,017330 u
2,015650 u
4,032980 u
Die Masse des He-Atoms ist also um 0,030377 u kleiner als die Masse der Bestandteile. Wo
ist die Masse geblieben ?
Nach der berühmten Einsteinschen Formel E = m ⋅ c 2 sind Masse und Energie äquivalent.
Der Massendefekt beim Helium entspricht einer Energie von
2
m

E = 0,030377 u ⋅ c 2 = 5,044 ⋅ 10−29 kg ⋅  2,998 ⋅ 108  = 4,534 ⋅ 10−12 J = 28,30 MeV .
s 

83
Diese Energie ist die Gesamtbindungsenergie des Kerns, die bei der Bildung aus den einzelnen Bausteinen frei geworden ist. Sie muss auch wieder zugeführt werden, um den Kern in
seine Bausteine zu zerlegen.
Beachte: Der Kern verfügt nicht über seine Bindungsenergie, sondern es ist die Energie, die
ihm „fehlt“.
Vergleich der Bindungsenergien Elektronenhülle – Kern:
Bindungsenergie des Elektrons im Wasserstoffatom:
Bindungsenergie des He-Kerns:
Masse eines Wasserstoffatoms:
1,007825 u
Masse eines Elektrons:
=
13,6 eV
28,3 MeV
939 MeV
511 keV
Im Allgemeinen sind die Kernbindungsenergien um den Faktor 106 größer als die Elektronenbindungsenergien.
Normiert man die Gesamtbindungsenergie auf die Anzahl der Nukleonen, dann bekommt man
die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon, die von der Gesamtzahl der Nukleonen im Kern
abhängig ist. Im Fall von 24 He beträgt sie 28,3 MeV / 4 = 7,08 MeV.
56
Fe
Die Bindungsenergie pro Nukleon wächst bei kleinen Kernen sehr schnell an, hat bei 26
ein Maximum und fällt danach langsam ab. Größere Kerne halten also etwas schwächer
zusammen als mittelgroße Kerne.
Die Frage, die sich stellt, ist diejenige nach der Kraft, die die Kerne zusammenhält. Da die
Protonen alle positiv geladen sind, müssten sie aufgrund der Coulomb-Kraft eine starke
Abstoßung erfahren.
Es muss also eine andere Kraft existieren, die den Kern zusammenhält, nämlich die starke
Kernkraft (oder auch starke Wechselwirkung). Sie hat folgende Eigenschaften:
-
sehr kurze Reichweite (ca. 10−15 m)
ladungssymmetrisch, d. h. Fp − p = Fn −n
-
ladungsunabhängig, d. h. Fp − p = Fp − n
-
Das Potenzial, das die Wechselwirkung zwischen zwei Nukleonen bestimmt, wurde zuerst
von Hideki Yukawa formuliert:
−
EYukawa (r ) = − A ⋅
e
r
r0
r
Yukawa-Potenzial
Es unterscheidet sich von dem Coulomb- oder Gravitationspotenzial durch den Exponentialterm, der die Kurzreichweitigkeit beschreibt.
Dabei ist r0 =
λπ
mit λ π = Compton-Wellenlänge des π-Mesons oder auch Pions.
2π
84
7.3
Radioaktivität
Die Entwicklung der Kernphysik geht auf das Jahr 1896 und Henri Becquerel (1852 – 1908)
zurück. Er entdeckte (durch Zufall), dass ein bestimmtes Mineral, das Uran enthält, eine
photographische Platte schwärzt, ohne dass Licht auf die Platte fällt. Das Mineral musste also
irgendwelche Strahlen abgeben, die ähnlich wie die Röntgenstrahlen wirken, jedoch ohne
äußere Anregung. Dieses Phänomen wird als Radioaktivität bezeichnet.
Man nennt diese Strahlung ganz allgemein auch ionisierende Strahlung, weil ihre Energie
ausreicht, andere Atome zu ionisieren. Lenkt man die Strahlung durch ein Magnetfeld ab, so
stellt man fest, dass man offenbar (mindestens) drei unterschiedliche Arten der Radioaktivität
unterscheiden muss.
Diese drei Arten werden in einem senkrechten Magnetfeld, unterschiedlich abgelenkt, so dass
sie unterschiedliche Ladungen besitzen müssen.
α-Strahlen sind positiv geladen.
β-Strahlen sind negativ geladen.
γ-Strahlen sind ungeladen.
Man stellte bald fest, dass es sich bei diesen Strahlungsarten um bereits bekannte Teilchen
handelte:
α-Strahlen sind Heliumkerne, bestehen also aus zwei Protonen und zwei Neutronen.
β-Strahlen sind Elektronen, wie sie auch in der Atomhülle zu finden sind.
γ-Strahlen sind hochenergetische Photonen, deren Energie in der Regel höher ist als Röntgenstrahlen.
7.3.1
Alpha-Zerfall
Wenn ein Kern ein α-Teilchen emittiert, findet eine Kernumwandlung statt.
Der ursprüngliche Kern hat zwei Protonen und zwei Neutronen verloren.
226
88 Ra
Bsp.: Radium
→
222
4
86 Rn + 2 He
Beim α-Zerfall wird also ein neues Element gebildet. Der Tochterkern ist verschieden vom
Mutterkern. Diese Umwandlung nennt man auch Transmutation.
Ganz allgemein gilt bei α-Zerfall:
A
Z X
→
A− 4
Z −2 X
'+ 24 He
Der α-Zerfall findet statt, weil bei großen Kernen die starke Wechselwirkung nicht mehr
ausreicht, den Kern zusammenzuhalten. (Sie wirkt nur zu benachbarten Nukleonen, die
Coulomb-Abstoßung durch den ganzen Kern.)
Bestimmt man die Massen auf beiden Seiten, dann fehlt etwas, das in Form der Zerfallsenergie Q freigesetzt wird (in Form von kinetischer Energie von α-Teilchen und Tochterkern):
mMutterk.c 2 = mTochterk.c 2 + mα c 2 + Q
⇔ Q = ( mMutterk. − mTochterk. − mα ) ⋅ c 2
85
Wenn die Coulomb-Abstoßung im Kern größer ist, als die starke Wechselwirkung, warum
zerfallen nicht alle großen Kerne instantan ?
Das vom α-Teilchen wahrgenommene Potential setzt sich zusammen aus der
kurzreichweitigen starken Wechselwirkung und der Coulomb-Abstoßung.
-
-
-
-
-
Zwischen r = 0 und r = r0 herrscht die anziehende Kernkraft, für r = r0 gibt es
Coulomb-Abstoßung
Das im Kern gefangene α-Teilchen wird zwischen den Potentialwänden hin- und her
gestoßen.
Nach den Gesetzen der klassischen Physik kann das Teilchen nicht entkommen.
Nach den quantenmechanischen Gesetzen, insbesondere wegen der Heisenberg’schen
Unschärferelation, besteht aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das α-Teilchen
am Orte B ist.
Die Wahrscheinlichkeit und damit die Zerfallsrate wird von der Höhe und Breite der
Barriere beeinflusst.
Lebensdauern von solchen Kernen variieren von Bruchteilen von Mikrosekunden bis
hin zu 1010 Jahren.
Es werden deshalb α-Teilchen emittiert, weil diese eine sehr hohe Bindungsenergie haben.
Anwendung von α-Strahlung: Rauchmelder
Enthält 0,2 mg 241
95 Am in Form von AmO2.
α-Strahlung ionisiert die Luft zwischen zwei geladenen Platten, was zu einer
definierten, konstanten Leitfähigkeit führt.
Dringt Rauch ein, so wird die meiste α-Strahlung von den Rauchpartikeln absorbiert,
die Leitfähigkeit nimmt ab.
7.3.2
Beta-Zerfall
Auch beim β-Zerfall kommt es zu einer Kernumwandlung, die sich unter Emission eines
Elektrons oder β−-Teilchens vollzieht.
Beispiel: Kohlenstoff-14
14
6C
→ 147 N + e −
Der Mutterkern emittiert ein Elektron, deshalb muss aus Ladungserhaltungsgründen der
Tochterkern eine Ladung mehr haben.
Das Elektron ist kein Hüllenelektron, sondern es stammt aus dem Kern. Hierbei wandelt sich
ein Neutron spontan in ein Proton um, wobei ein Elektron abgegeben wird:
n → p + e−
Aufgrund der Herkunft aus dem Kern nennt man diese Elektronen häufig einfach β−-Teilchen,
um sie nicht mit Hüllenelektronen zu verwechseln. Die Teilchen als solche sind aber identisch.
86
Aus dem Massendefekt lässt sich die Energie des β-Teilchens berechnen. Die große Mehrzahl
der Elektronen besitzt aber eine deutlich geringere Energie. Sorgfältige Messungen zeigten
auch, dass die Impuls- und Drehimpulserhaltung verletzt sind.
Wolfgang Pauli schlug deshalb 1930 vor, dass es beim β-Zerfall ein weiteres Teilchen geben
musste, dass man offenbar nur schwer nachweisen konnte. Mittlerweile hat man dieses
Teilchen experimentell nachweisen können, und es heißt Neutrino. Die korrekte Formulierung
des β-Zerfalls lautet also:
14
14
−
−
6 C → 7 N + e + ν e und n → p + e + ν e .
Viele Nuklide zerfallen unter Emission eines β–-Teilchens. Es sind dies Isotope, die im
Vergleich zur Protonenzahl sehr viele Neutronen besitzen.
Nuklide, die sehr viele Protonen im Vergleich zu den Neutronen besitzen, zerfallen unter
Aussendung eines Positrons e+. Ein Positron hat dieselben Eigenschaften wie ein Elektron,
nur entgegen-gesetzte Ladung (Antiteilchen). Deshalb nennt man diesen Zerfall β +-Zerfall.
19
10 Ne
Beispiel:
→ 199 F + e + + ν e .
Hierbei wandelt sich ein Proton in ein Neutron unter Aussendung eines Positrons und eines
Neurinos um:
p → n + e+ + ν e .
Mit einem Elektron wird ein Antineutrino emittiert und mit einem Antielektron ein Neutrino.
Der β-Zerfall lässt sich also schreiben als:
A
Z X
→
A
Z +1 X
'+ e− + νe
β− -Zerfall
A
Z X
→
A
Z −1 X
'+ e+ + ν e
β+ -Zerfall
Neben β+- und β−-Zerfall gibt es noch einen dritten damit zusammenhängenden Prozess, den
Elektroneneinfang oder auch K-Einfang. Dabei absorbiert der Kern ein Hüllenelektron,
vornehmlich aus der K-Schale.
Beispiel:
7
−
4 Be + e
oder allgemein:
→ 37 Li + ν e
A
Z X
+ e− →
A
Z −1 X
'+ ν e
K-Einfang
Das Elektron verschwindet im Kern, und aus einem Proton wird ein Neutron; zusätzlich wird
wieder ein Neutrino emittiert. Wenn die Lücke in der K-Schale durch ein höheres Elektron
aufgefüllt wird, entsteht wieder Röntgenstrahlung.
Der β-Zerfall wird über die schwache Kernkraft (oder auch schwache Wechselwirkung)
vermittelt. Das Neutrino wechselwirkt mit Materie nur über diese schwache WW, weshalb es
auch so schwer nachzuweisen ist.
87
7.3.3
Gamma-Zerfall
Gamma-Strahlung entsteht beim Zerfall eines Kerns, der sich genau wie die Elektronenhülle
in energetisch höheren und niedrigeren Zuständen befinden kann. Beim Übergang in einen
niedrigeren oder den Grundzustand emittiert er ein Photon, das γ-Quant.
Da die Energieniveaus des Kerns viel weiter voneinander entfernt sind als in der Elektronenhülle, sind die Energien des γ-Quants in der Größenordnung keV und MeV.
Der Kern gelangt häufig durch einen vorausgegangenen radioaktiven Zerfall in einen
angeregten Zustand.
Beispiel:
kann durch β-Zerfall zu 126C entweder in den Grundzustand oder in einen
angeregten Zustand übergehen. Nach Emission eines γ-Quants mit der Energie
4,4 MeV ist der Kern dann auch im Grundzustand.
12
5B
Man kann den γ-Zerfall schreiben als:
A *
Z X
→ ZA X + γ
Der Kern kann im angeregten Zustand auch eine gewisse Zeit verbleiben. Er befindet sich
dann in einem metastabilen Zustand, der als Isomer bezeichnet wird.
Der Kern kann auch durch innere Konversion in den Grundzustand übergehen, bei dem der
Kern mit einem Hüllenelektron wechselwirkt. Das Elektron bekommt kinetische Energie, die
(minus der Bindungsenergie) dem γ-Quant entspricht.
Unterschied Röntgenstrahlung und γ-Strahlung:
Röntgenstrahlung stammt von Übergängen in der Elektronenhülle, γ-Strahlung stammt von
Übergängen im Kern.
7.3.4
Zerfallsgesetz und Halbwertszeit
Eine makroskopische Probe eines radioaktiven Isotops besteht aus einer großen Anzahl von
radioaktiven Kernen, die natürlich nicht alle gleichzeitig zerfallen.
Es handelt sich vielmehr um einen Zufallsprozess. Es ist prinzipiell nicht vorhersagbar, wann
genau ein einzelnes Atom zerfällt. Man kann aber auf der Grundlage von
Wahrscheinlichkeiten vorhersagen, wie viele Kerne aus einer großen Anzahl in einem
bestimmten Zeitintervall zerfallen.
Die Anzahl der in einem kurzen Zeitintervall dt stattfindenden Zerfälle dN ist proportional der
Intervalllänge:
dN ~ dt
Die Anzahl der zerfallenden Atome wird auch proportional sein zu der Zahl der noch nicht
zerfallenen Atome N:
dN ~ N
88
Daraus folgt:
dN ~ N ⋅ dt
Die Anzahl der noch nicht zerfallenen Atome N nimmt natürlich durch den radioaktiven
Zerfall ab, deshalb muss die Proportionalitätskonstante negativ sein:
dN = −λ ⋅ N ⋅ dt .
λ nennt man Zerfallskonstante. Je größer sie ist, desto mehr Kerne zerfallen in einer
bestimmten Zeit.
Man muss jetzt die Zahl N als Funktion der Zeit bestimmen:
dN
= −λ ⋅ dt .
N
Integration der Gleichung:
N
∫
N0
t
dN
= − λ ⋅ dt ,
N
0
∫
wobei N0 die Anzahl der Mutterkerne zur Zeit t = 0 ist.
Die Integration führt zu:
ln N − ln N 0 = ln
N
= −λt ,
N0
was zum Zerfallsgesetz führt:
N (t ) = N 0 ⋅ e−λt
Es besagt, dass die Anzahl der radioaktiven Mutterkerne mit der Zeit exponentiell abnimmt.
Die Zerfallsrate (= Zahl der Zerfälle pro Sekunde) wird Aktivität A genannt und beträgt:
A=
dN
= −λ ⋅ N 0 ⋅ e −λt = −λ ⋅ N ,
dt
d. h. bei t = 0:
 dN 
−λ⋅0
A0 = 
= −λ ⋅ N 0
 = −λ ⋅ N 0 ⋅ e
dt

t = 0
Daraus folgt:
A(t ) = A0 ⋅ e −λt
so dass die Aktivität zeitlich mit derselben Rate abnimmt wie die Zahl der Mutterkerne.
Die Aktivität hat die Einheit Zerfälle pro Sekunde, was 1 Becquerel ist (= 1 Bq).
In der Praxis gibt man für ein radioaktives Nuklid allerdings nicht die Zerfallskonstante an,
sondern die sog. Halbwertszeit. Sie gibt an, nach welcher Zeit sich die Anzahl der Mutterkerne und damit auch die Aktivität gerade halbiert hat.
Beispiel:
hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Wenn man 1023 Atome dieses
Isotops hat, dann sind davon nach 30 Jahren nur noch 5 ⋅ 1022 vorhanden. Nach
weiteren 30 Jahren sind es nur noch 2,5 ⋅ 1022 usw. Dieses Verhalten ist
charakteristisch für eine Exponentialfunktion.
137
55 Cs
89
Die Halbwertszeit T1/ 2 hängt natürlich mit der Zerfallskonstante zusammen. Nach der
Halbwertszeit beträgt die Anzahl Mutterkerne N nur noch die Hälfte der ursprünglichen
Anzahl N0:
N (T1/2 ) =
N0
= N 0 ⋅ e −λ⋅T1/2 .
2
Kürzen von N0 und Logarithmieren liefert:
ln
1
= − ln 2 = −λ ⋅ T1/2
2
bzw.
T1/2 =
ln 2 0,693
=
λ
λ
Halbwertszeit
Man kann das Zerfallsgesetz also auch schreiben als:
N (t ) = N 0 ⋅ e
7.3.5
−
t
ln 2
T1/2
Anwendung: Die Radiokarbon-Methode
Eine von vielen Anwendungen der Radioaktivität ist die Radiokarbon-Methode, auch C-14Methode genannt, mit deren Hilfe man das Alter von historischen und fossilen Gegenständen
bestimmen kann.
Alle Pflanzen nehmen CO2 auf. Den Kohlenstoff bauen sie in ihre organischen Moleküle ein.
Der Kohlenstoff im natürlich vorkommenden CO2 besteht überwiegend aus 126C . Zu einem
ganz geringen Anteil ( 1,3 ⋅ 10−12 ) findet man das radioaktive Isotop 146C . Obwohl C-14 eine
Halbwertszeit von nur 5730 Jahren hat, ist das Verhältnis von 146C zu 126C über viele Tausende
von Jahren weitestgehend konstant geblieben.
Grund: Die kosmische Strahlung trifft auf Atomkerne, die sie in ihre Einzelteile aufspaltet.
Dadurch entstehen unter anderem freie Neutronen. Diese wiederum treffen auf StickstoffAtome, was zu folgender Kernumwandlung führt:
n + 147 N → 146 C + p .
Dabei wird ein Proton abgegeben. Durch diesen Prozess wird der Verlust an C-14 wieder
kompensiert.
Solange die Pflanze lebt, nimmt sie CO2 aus der Luft auf, wodurch das Verhältnis 146C zu 126C
der daraus aufgebauten Moleküle demjenigen in der Atmosphäre entspricht.
Stirbt die Pflanze jedoch, hört auch der Stoffwechsel auf, und das 146C zerfällt kontinuierlich
zu 147 N , ohne nachgeliefert zu werden.
Nach 5730 Jahren hat sich das Verhältnis
14
6C
zu
12
6C
halbiert.
90
In der Praxis muss man Korrekturen anbringen, weil das natürliche Verhältnis doch geringen
Änderungen unterworfen ist. Außerdem muss man die Ergebnisse immer vergleichen mit
Gegenständen, deren Alter man aus anderen Quellen kennt.
Mit der Radiokarbon-Methode eignet sich für Gegenstände, die ca. bis 60.000 Jahre alt sind.
Darüber hinaus wird die Methode ungenau, weil zu wenig C-14 enthalten ist.
Insbesondere für sehr alte Gesteine bietet sich der Zerfall von
238
92 U
238
92 U
mit einer Halbwertszeit
von 4,5 Mrd. Jahren an. Man misst bei Gesteinen die Menge von
im Verhältnis zu den
daraus entstandenen Tochterkernen. Daraus weiß man, dass sich die ersten Gesteine vor ca. 4
Mrd. Jahren gebildet haben und das erste Leben vor ca. 3 Mrd. Jahren entstanden ist.
Ohne die radioaktiven Methoden wäre eine Altersbestimmung und damit die Rekonstruktion
der Erdgeschichte undenkbar.
7.4
Kernreaktionen
Eine Kernreaktion haben wir bei der Radiokarbon-Methode bereits kennen gelernt. Dabei
handelt es sich um die Reaktion
n + 147 N → 146 C + p .
Man schreibt die Reaktion auch:
14
7 N ( n,
p ) 146 C
Bisher haben wir andere Transmutationen kennen gelernt, die beim spontanen Zerfall der
Kerne passieren. Von einer Kernreaktion spricht man dann, wenn die Transmutation mit
einem anderen Kern oder einem anderen Teilchen wechselwirkt.
Ernst Rutherford war der erste, der 1919 α-Teilchen durch Stickstoffgas leitete und
beobachtete, dass dabei Protonen emittiert werden. Er schloss daraus, dass eine Kernumwandlung zum Sauerstoff passiert ist:
4
14
2 He + 7 N
→ 178 O + 11H
Seitdem hat man sehr viele Kernreaktionen entdeckt, und gerade die sehr schweren Elemente
im Periodensystem, die in der Natur gar nicht vorkommen, hat man durch solche KernReaktionen überhaupt erst herstellen können.
Natürlich bleiben die Ladung, die Nukleonenzahl sowie Energie und Impuls bei der
Kernreaktion erhalten. Man kann dadurch entscheiden, ob eine Kernreaktion stattfinden kann.
Wenn z.B. die Gesamtmasse der Reaktionsprodukte kleiner ist als die der Ausgangsteilchen,
dann wird erscheint der Massenverlaust als kinetische Energie der Produkte. Ist sie größer als
die der Ausgangsteilchen, dann kann die Reaktion nur dann stattfinden, wenn die fehlende
Energie als kinetische Energie mitgebracht wird.
Betrachtet man als allgemeine Kernreaktion:
a + X →Y +b
91
Dann ist die Reaktionsenergie:
Q = (ma + m X −mY − mb ) ⋅ c 2 .
Q ist damit gleich der Änderung der kinetischen Energie:
b
Y
X
a
Q = Ekin
+ Ekin
− Ekin
− Ekin
.
X
In der Regel ist Ekin
= 0, da der Targetkern gegenüber dem ankommenden Teilchen ruht.
Ist Q > 0, nennt man die Reaktion exotherm, also wird Wärme abgegeben. Ist Q < 0, läuft die
Reaktion endotherm ab, d. h. man muss von außen Energie hinzufügen.
Insbesondere Neutronen sind als Projektilteilchen sehr gut geeignet, weil sie wegen der
Ladungsneutralität dicht an den Targetkern herankommen. Positiv geladene Teilchen (α, p)
sind wegen der Coulomb-Abstoßung weniger effektiv. Elektronen sind zum Initiieren von
Kernreaktionen wenig geeignet, da sie nicht der starken Wechselwirkung unterliegen.
Man beobachtete insbesondere beim Neutronenbeschuss von Uran einen Prozess, der in der
Welt eine ganz besondere Rolle spielen sollte: die Kernspaltung.
7.4.1
Kernspaltung
Enddeckung durch Otto Hahn und Fritz Strassmann (1938):
Durch Neutronenbeschuss von Uran mit Neutronen wurden kleinere Kerne erzeugt, die
annähernd nur halb so schwer waren wie das Uran-Atom.
Der Kern wurde gespalten (bisher waren immer nur kleine Fragmente emittiert worden).
Die Kernspaltung verläuft insbesondere beim Uran-235 viel leichter ab als beim Uran-238.
Man hat die Kernspaltung zunächst versucht, mit dem Tröpfchenmodell zu beschreiben, nach
dem man sich den Uran-Kern wie einen Wassertropfen vorstellt.
Das U-Atom erhält durch das Neutron zusätzliche innere Energie (wie beim Erwärmen eines
Tropfens). Der Zwischenzustand 236
92 U , den man als Compoundkern bezeichnet, offenbart
sich mit einer starken Bewegung, so dass der Kern eine abnormal gestreckte Form annimmt.
Dadurch nimmt die kurzreichweitige Kernkraft ab, bis die Coulomb-Abstoßung dominiert; der
Kern teilt sich.
Die beiden neu entstandenen Kerne N1 und N2 nennt man Spaltfragmente, wobei in dieser
Reaktion auch noch zwei oder drei Neutronen abgegeben werden. Die Reaktion kann man
also schreiben als:
n+
Der Compoundkern
236
92 U
235
92 U
→
236
92 U
→ N1 + N 2 + j ⋅ n,
j = 1, 2, 3,...
hat nur eine sehr kurze Lebensdauer von ca. 10-12 s.
Eine typische Spaltreaktion ist z.B.:
n+
235
92 U
89
→ 144
56 Ba + 36 Kr + 3n ,
die beiden Spaltfragmente sind also in der Regel nicht gleich groß.
92
Bei einer solchen Spaltreaktion wird eine enorme Menge an Energie frei, weil die Masse von
235
92 U deutlich größer ist als die der Spaltfragmente und Neutronen.
Bindungsenergie pro Nukleon für
235
92 U
: 7,6 MeV/Nukleon
Bindungsenergie pro Nukleon für mittelschwere Elemente: ca. 8,5 MeV/Nukleon
Pro Nukleon gewinnt man also eine Energie von 0,9 MeV, und man hat es hier mit 235
Nukleonen zu tun:
0,9 MeV/Nukleon mal 235 Nukleonen = 211,5 MeV pro Kernspaltung.
Man stellte fest, dass man die freiwerdenden Neutronen wieder als Initiator einer neuen Kernspaltung verwenden konnte, so dass man eine Kettenreaktion in Gang setzte. Auf diese
Weise gelang es, die Spaltungsreaktionen selbsterhaltend zu machen und riesige Energiemengen freizusetzen. 1942: erster Kernreaktor (University of Chicago durch Enrico Fermi
und seine Mitarbeiter)
Diese Kettenreaktion läuft aber nur dann an, wenn man die ursprünglich sehr schnellen
Neutronen abbremst. Dazu verwendet man sog. Moderatoren, die den Impuls umso besser
aufnehmen, je näher die Atome im Moderator von der Masse her an die der Neutronen
herankommen. Der beste Moderator wäre also Wasserstoff 11H .
Leider neigt 11H dazu, Neutronen komplett zu absorbieren. Daher weicht man auf das zweitleichteste Isotop aus, das Deuterium 12 D . Deswegen verwendet man häufig schweres Wasser
als Moderator, bei dem die Wasserstoffatome durch Deuteriumatome ersetzt worden sind.
Ein anderer gebräuchlicher Moderator (wenn auch nicht so effektiv) ist Graphit.
Da natürliches Uran nur zu 0,7 das gut spaltbare 235
92 U enthält, deshalb reichert man
üblicherweise das natürlich Uran durch Diffusion oder Gaszentrifugen künstlich auf 2 bis 4%
mit 235
92 U an.
Einige Neutronen verlassen den Reaktorkern durch dessen Oberfläche, noch ehe sie weitere
Spaltungen in Gang setzen. Damit es zu einer Kettenreaktion kommen kann, braucht man eine
hinreichend große Masse an Uran. Die mindestens benötigte Menge nennt man kritische
Masse. Sein Wert hängt von dem verwendeten Isotop ab. Typische Werte liegen im Bereich
von einigen Kilogramm.
Für eine Kettenreaktion muss mindestens eines der drei frei werdenden Neutronen eine
weitere Spaltung auslösen. Die mittlere Neutronenzahl pro Spaltung, die zu weiteren
Spaltungen führt, nennt man Multiplikationsfaktor f.
Für f < 1 ist der Reaktor unterkritisch, und es findet keine Kettenreaktion statt.
Für f > 1 ist der Reaktor überkritisch, und die Kettenreaktion verläuft unkontrolliert.
Um eine kontrollierte Kettenreaktion zu betreiben, verwendet man Kontrollstäbe (meistens
aus Cd oder B), die man in den Reaktor einfährt und die Neutronen absorbieren. Auf diese
Weise hält man den Reaktor bei f = 1.
93
Anwendungen:
-
Energieerzeugung
Forschungsreaktoren (Neutronen, Myonen etc.)
Gefahren:
-
Sicherheitsrisiko
Bereitstellung von spaltbarem Uran, Wiederaufbereitung
Entsorgungsproblem der radioaktiven Spaltprodukte
Alternative zur Beschaffung von mit U-235 angereichertem Uran: Brutreaktoren
Man erbrütet sich spaltbares Plutonium aus dem sonst nutzlosen 238
92 U durch folgende
Reaktionen:
n+
→
238
92 U
239
92 U
→
239
93 Np
239
92 U
239
93 Np
→
+ e− + ν
239
94 Pu
+ e− + ν
Damit kann man die Vorräte an spaltbarem Material um den Faktor 100 erhöhen.
Problematisch ist allerdings, das Plutonium sehr giftig ist und auch eine viel höhere Aktivität
hat als Uran (HWZ von Pu-239: 24 000 Jahre, U-238: 4,5 Mrd. Jahre)
Außerdem kann Pu zum Bau von Atombomben verwendet werden, was das Sicherheitsrisiko
nochmal erhöht.
7.4.2
Kernfusion
Die Masse eines jeden Kerns ist kleiner als die Gesamtmasse der einzelnen Kernbausteine.
Würde man also aus zwei Protonen und zwei Neutronen einen Heliumkern zusammensetzen,
bekäme man einen Massendefekt, der als Energie frei wird. Dieser Vorgang heißt Kernfusion.
Um Energie zu erhalten, muss man kleine Kerne fusionieren und große Kerne spalten. Die
Grenze ist das Fe-56.
Die einfachste Kernfusionsreaktion ist die Bildung von Deuterium:
1
1H
+ n → 12 D + γ
Die Massen der Ausgangsteilchen sind: 1,007825 u + 1,008665 u = 2,016490 u.
Die Masse des Deuteriums beträgt: 2,014102 u.
Man hat also eine Massendifferenz von 0,002388 u.
Die freigesetzte Energie beträgt: E = 0,002388 u ⋅ 931,5
MeV
= 2, 22 MeV .
u
Diese Energie wird von der γ-Strahlung weggetragen und vom Deuterium in Form kinetischer
Energie.
94
Kernfusion findet täglich im großen Stil statt, nämlich in der Sonne und allen anderen Sternen
im Universum. Der Energieausstoß der Sonne geht auf folgende Kernreaktionen zurück:
1
1H
+ 11H → 12 D + e + + ν e
1
1H
+ 12 D → 23 He + γ
3
3
2 He + 2 He
→
(0, 42 MeV)
(5, 49 MeV)
4
1
2 He + 1 H
+
1
1H
(12,86 MeV)
Der gesamt Prozess läuft also folgendermaßen ab:
4 11H → 24 He + 2e + + 2ν e + 2 γ
Dieser Prozess wird auch Proton-Proton-Zyklus genannt. Es müssen zuerst zwei der ersten
und zwei der zweiten Reaktionen stattfinden, damit eine dritte Reaktion ablaufen kann. Der
Energiegewinn ist damit 2 ⋅ 0, 42 MeV + 2 ⋅ 5, 49 MeV + 12,86 MeV = 24,7 MeV .
Die beiden Positronen annihilieren schnell mit zwei Elektronen und erzeugen noch zusätzlich
E = 2 ⋅ me ⋅ c 2 = 1,02 MeV , so dass die Gesamtmenge an gewonnener Energie pro Zyklus
26,7 MeV beträgt.
In heißeren Sternen findet der sog. Kohlenstoff-Stickstoff-Zyklus statt:
12
6C
+ 11H → 137 N + γ
(1,95 MeV)
13
7N
→ 136 C + e + + ν
(1,37 MeV)
13
6C
14
7N
+
1
1H
→
14
7N
+
1
1H
+γ
(7,54 MeV)
→
15
8O
+γ
(7,35 MeV)
15
8O
→ 157 N + e + + ν
(1,86 MeV)
15
7N
+
(4,96 MeV)
1
1H
→
12
6C
+
4
2 He
Dieser Prozess (1937-1939 entdeckt) heißt nach seinen Entdeckern auch Bethe-WeizsäckerZyklus (Hans Bethe (1906-2005) und Carl Friedrich v. Weizsäcker (1912-2007)).
Man versucht natürlich, die Energiegewinnung der Sonne auf der Erde nachzubauen. Bei
einem Fusionsreaktor sind diejenigen Fusionsreaktionen am erfolgversprechendsten, bei
denen die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium beteiligt sind:
2
1H
+ 12 H → 13 H + 11H
(4,03 MeV)
2
1H
+ 12 H → 23 He + n
(3,27 MeV)
2
1H
+ 13 H → 24 He + n
(17,59 MeV)
Man erkennt, dass bei dieser Fusionsreaktion die abgegebene Energie pro eingesetzter Brennstoffmasse größer sein kann. Außerdem kann man Deuterium verwenden, das im Wasser in
der Natur zu 0,015% vorkommt. Man erhält also 1 g Deuterium aus 60 Liter Meerwasser.
Ferner bekommt man keine radioaktiven Spaltprodukte, die man anschließend entsorgen muss.
95
Das Problem bei diesen Reaktionen ist, dass die Teilchen positiv geladen sind und man sie
dicht aneinander bringen muss, damit die starke Kernkraft wirken kann. Man benötigt also
eine hohe kinetische Energie der Teilchen, was hohe Temperaturen bedeutet.
Die Sterne sind durch den hohen Druck heiß genug und halten ihre Fusionsreaktion von
alleine aufrecht. Auf der Erde jedoch macht der stabile Einschluss des heißen Plasmas
Probleme und vor allem das Aufheizen des Plasmas, das im Moment noch mehr Energie
benötigt, als am Ende durch die Kernfusionsreaktionen gewonnen werden kann.
7.5
Radiometrie und medizinische Anwendungen
7.5.1
Dosimetrie und Strahlentherapie
Da ionisierende Strahlung beim Durchgang durch Materialien sowie durch den menschlichen
Körper beachtliche Schäden hervorrufen kann, ist es wichtig, die Strahlendosis quantitativ zu
ermitteln. Dies ist die Aufgabe der Dosimetrie.
Die offizielle SI-Einheit für die aufgenommene Strahlendosis ist das Gray (Gy):
1 Gy = 1 J/kg.
Die aufgenommene Dosis hängt aber auch vom betreffenden Körperteil und von der Art der
Strahlung selbst ab. Daher ist die physikalische Einheit Gray kein aussagekräftiges Maß für
Strahlungsschäden, insbesondere nicht bei Menschen und anderen lebenden Organismen.
Man führt daher die Äquivalentdosis ein, die einen sog. Qualitätsfaktor (QF) der entsprechenden Strahlungsart berücksichtigt:
Äquivalentdosis (Sv) = Dosis (Gy) · QF
Qualitätsfaktoren verschiedener Strahlungsarten:
Strahlungsart:
QF:
Röntgen- oder γ-Strahlung
β-Strahlung (Elektronen)
schnelle Protonen
langsame Neutronen
schnelle Neutronen
α-Teilchen und schwere Ionen
≈1
≈1
1
≈3
bis 10
bis 20
Obwohl radioaktive Strahlung Krebs verursachen kann, kann sie auch zur Krebstherapie
eingesetzt werden. Dabei werden relativ hohe Dosen zum Abtöten der Tumore benötigt, und
es kommt darauf an, das gesunde benachbarte Gewebe so wenig wie möglich in Mitleidenschaft zu ziehen.
Man verwendet dazu einen dünnen Röntgen- oder γ-Strahl und rotiert die Quelle um den
Tumor herum, damit die Dosis an jedem anderen Ort so gering wie möglich ist – mit
Ausnahme der Tumorzellen. Es werden auch Protonen, Neutronen und Elektronen aus
Teilchenbeschleunigern zur Krebstherapie eingesetzt.
96
Man kann radioaktive Substanzen auch als Marker verwenden. Man synthetisiert dazu
Moleküle mit radioaktiven Nukliden und kann dann ihren Weg beim Transport durch den
Organismus oder während der Teilnahme an einer chemischen Reaktion beobachten.
7.5.2
-
Medizinische Diagnostik: CT, PET und MRT
Computertomographie (CT)
Ein Röntgenstrahl wird unter verschiedenen Winkeln durch den Körper gestrahlt. Man
erreicht dadurch eine Schichtabbildung des zu untersuchenden Körperteils.
-
Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Moleküle mit β+-Strahlern (C-11, N-13, O-15, F-18) werden in den Körper injiziert.
Das Positron trifft sehr schnell auf ein Elektron. Beide annihilieren sich und senden
dabei γ-Strahlen mit jeweils 511 keV in entgegengesetzte Richtung aus. Das kann
Hinweise auf den Stoffwechsel oder andere Funktionsweisen im Körper geben.
-
Kernspinresonanz (NMR), Magnetresonanz-Tomographie (MRT)
Wir wissen von der Spin-Bahn-Kopplung, dass die Zustände abhängig vom Spin der
Elektronen im Magnetfeld aufgespalten werden, und zwar umso mehr, je größer das
Magnetfeld ist. Auch Kerne haben ein magnetisches Moment. Betrachtet man
Wasserstoff mit nur einem Proton, so kann dieser Kernspin nur zwei Werte annehmen,
nämlich Spin auf oder Spin ab. Im Magnetfeld sind die Energien des Kern in den
beiden Zuständen nicht mehr gleich. Strahlt man nun elektromagnetische Strahlung im
Radiobereich ein, dann wird die Strahlung genau dann absorbiert, wenn die Energiedifferenz der beiden Kernspin-Zustände genau der Strahlungsenergie entspricht. Auf
diese Weise kann man beispielsweise Wasserstoff im menschlichen Körper detektieren,
aber auch in der Forschung sehr viel über die Struktur der Materie und deren
Bindungen herausfinden.
7.6
Elementarteilchen und das Standardmodell
Bis jetzt wurden Protonen und Neutronen immer als kleinste Bestandteile des Kerns betrachtet.
Man hat mit Teilchenbeschleunigern nebenbei immer mehr kleinste Elementarteilchen
gefunden mit mehr oder weniger verschiedenen Eigenschaften.
1964 wurde von Murray Gell-Mann und George Zweig vorgeschlagen, dass die sog. Hadronen,
und zu dieser Teilchenfamilie gehören Protonen und Neutronen, eben nicht elementar sind,
sondern ihrerseits aus noch viel kleineren Teilchen zusammengesetzt sind – den sog. Quarks.
Mittlerweile wurden 6 verschiedene Quarks gefunden: up, down, charm, strange, top, bottom.
97
Das Proton bestehen aus zwei up-Quarks und einem down-Quark. Die Quarks werden von
Gluonen zusammengehalten, die die tatsächlichen Austauschteilchen der starken
Wechselwirkung sind.
Ein up-Quark hat die Ladung +2/3e, ein down-Quark –1/3e. Deshalb ist die Gesamtladung des
Protons +1e.
Man hat noch nie ein isoliertes Quark beobachten können, sondern sie kommen immer
wenigstens gepaart und mit einem Gluon verbunden vor. Es gibt aber bereits Hinweise auf die
Existenz von getrennten Quarks und Gluonen, einem sog. Quark-Gluon-Plasma.
Möglicherweise gelingt es, freie Quarks mit den neuesten Teilchenbeschleunigern, z.B. dem
LHC am CERN zu beobachten.
Ein Neutron besteht aus zwei down- und einem up-Quark, hat demzufolge die Ladung Null.
Auch ein π-Meson ist kein Elementarteilchen im eigentlichen Sinn, sondern besteht aus einem
up- und einem Anti-down-Quark. Es besitzt also eine Ladung +1e. Es gibt auch die negative
Variante aus einem down- und einem Anti-up-Quark mit einer negativen Ladung -1e, genauso
wie eine neutrale Form.
Diese Ladung und auch die anziehende Wechselwirkung zwischen Protonen und Neutronen
wird durch das π-Mesonen-Austausch-Modell beschrieben.
Aus heutiger Sicht kennt man innerhalb des sog. Standardmodells folgende Elementarteilchen:
-
6 Quarks (up, down, charm, strange, top, bottom)
-
6 Leptonen (Elektron und Elektron-Neutrino, Myon und Myonneutrino, Tau-Teilchen
(oder auch „Tauon“) und Tauneutrino)
-
3 Arten von Eichbosonen (Photon als Vermittler der elektromagnetischen
Wechselwirkung, W±- bzw. Z-Boson als Austauschteilchen der schwachen
Wechselwirkung, Gluon als Vermittler der starken Wechselwirkung)
Es gibt noch theoretisch vorhergesagte Teilchen, wie z. B. das Graviton (das Austauschteilchen der Gravitation), oder das Higgs-Boson (durch Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld
wird einem Teilchen seine Masse zugeordnet), sowie noch einige andere Teilchen. Diese sind
aber experimentell noch nicht nachgewiesen worden.
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