Tierarztpraxis Dr. Torsten Pabst Schweinebestandsbetreuung Praxisnews August 2011 Liebe Kundinnen und Kunden, in diesem Rundbrief möchte ich mich mit einem dauerhaft aktuellen Thema beschäftigen, den Saugferkeldurchfällen in den ersten Lebenstagen. Ursächlich kommen verschiedene bakterielle, virale und parasitäre Erreger in Betracht, welche häufig zusammen auftreten. Vor allen Dingen seit sich in den letzten Jahren die Untersuchungsmöglichkeiten rasant weiterentwickelt haben gelingt es immer mehr vorbeugend tätig zu werden und nicht dauerhaft dem wirtschaftlichen Erfolg hinterher zu rennen. Vor nicht vielen Jahren mussten nahezu alle zu untersuchenden Proben zu verschiedenen Laboren in ganz Deutschland weitergeleitet werden. Dies hatte zur Folge, dass die Zusammenführung der verschiedenen Befunde oft einem Puzzlespiel glich. Außerdem überstehen nicht alle Erreger ungünstige Transportbedingungen (Temperatur, Zeit) gleich gut, was zu einer Verschleierung der Befunde führen konnte. Heute ist es aufgrund sehr guter Schnelltests und unseres gut ausgestatteten Praxislabors möglich eine schnelle und präzise Diagnostik vor Ort zu gewährleisten. Zur speziellen Diagnostik werden dann aufgereinigte Proben an Speziallabore weitergeleitet. Hier werden genauere Differenzierungen, sowie die Bestimmung von Pathogenitätsfaktoren und die Asservierung verschiedener Bakterien zur Impfstoffherstellung durchgeführt. Als virale Erreger von Saugferkeldurchfällen treten immer wieder Infektionen mit Rota- und/oder Coronavirus auf. Ihr Nachweis ist inzwischen durch die Möglichkeit der Untersuchung von Sammelkotproben von verschiedenen Würfen mittels Schnelltests deutlich einfacher und aussagekräftiger geworden. Der Verlauf viraler Infektionen hängt entscheidend von den sonstigen Bedingungen (Kolostrumaufnahme ausreichend?; Koinfektionen; Alter der Tiere; Haltung (Temperatur, Feuchte...)) ab. In der Praxis schädigen die viralen Infektionen oft die Darmschleimhaut der Neugeborenen und begünstigen so die Koinfektion mit bakteriellen Durchfallerregern. Antibiotische Therapien sind nicht möglich, es kann nur versucht werden die Symptome zu behandeln. Vorbeugend ist auf eine gute Immunisierung der Sauen sowie eine gute Eingliederung der Jungsauen zu achten. Zurzeit wird der Einsatz eines Rinderimpfstoffs getestet, ist aber bisher aus betriebswirtschaftlicher Sicht uninteressant. Als bakterielle Durchfallerreger treten beim Saugferkel besonders E. coli und Clostridieninfektionen auf. Bei E. coli Infektionen tritt in der Regel dünnflüssiger bis wässriger, hellgelber bis hellbrauner Durchfall auf. Die Erkrankungsrate liegt bei rund 100%, die Sterblichkeit bei 70%. Betroffene Tiere sind stark ausgetrocknet und auffallend struppig, die Sauglust bleibt oft bis zum Tod erhalten. Überlebende Tiere bleiben oft in ihrer weiteren Entwicklung zurück. Infektionen mit Clostridium perfringens verursachen beim Schwein hauptsächlich Enterotoxämiegeschehen mit nekrotisierenden Darmentzündungen. Der Erreger bildet verschiedene Haupt- und Nebentoxine, wobei die letalen Haupttoxine zur Einteilung in verschiedene Toxovare (=Virusuntergruppen) genutzt werden. Bei klinisch auffälligen Würfen wurden über Jahrzehnte Cl. perf. Typ C Infektionen nachgewiesen. Diese zeigen sich je nach Alter und Vorschädigung sowie in Abhängigkeit vom Infektionsverlauf in verschiedenen Ausprägungen der Erkrankung. Bei einem perakuten Verlauf kommt es zu vermeintlich spontanen Todesfällen ohne das Auftreten weiterer Symptome. Bei akutem Verlauf erkranken 15-80 % der Tiere, sie sind apathisch, appetitlos, auffallend struppig und zeigen wässrige schaumige Durchfälle. Nahezu 100% der erkrankten Tiere sterben. Das durch den Erreger produzierte β1 Toxin schädigt die Darmzellen zum Teil erheblich, so dass es zu Blutbeimengungen im Kot kommen kann. Betroffene Würfe sollten je nach Resistenzlage komplett mit Antibiotikum behandelt werden. Prophylaktisch wurden verschiedene gut funktionierende Impfstoffe zur Mutterschutzimpfung entwickelt. Hierbei werden die Sauen 5 und 2 Wochen vor dem Abferkeltermin vakziniert. Hierdurch produzieren sie Antikörper, die mit der Biestmilch an die Saugferkel abgegeben werden und somit einen optimalen Schutz darstellen. In den letzten Jahren treten in verschiedenen Beständen trotz regelmäßiger Impfung der Sauen wieder Clostridium perfringens Infektionen auf, die oft milder verlaufen, vereinzelt aber auch ähnlich dramatisch ausgehen wie die bisher bekannten Infektionen. Eine Differenzierung der gefundenen Stämmen zeigte, dass es sich hierbei um Cl. perf. Typ A handelte. Diese Clostridien produzieren β2und α-Toxine, welche sich in ihrer Wirkung ergänzen. Aufgrund der Tatsache das diese Clostridien andere Toxine bilden als Cl. Perf. Typ C, die die Darmschleimhaut schädigen erklärt sich, dass die bisher eingesetzten kommerziellen Impfstoffe zu keinen durchschlagenden Erfolgen im Stall führten. In diesen Fällen haben wir dann in der Vergangenheit über mehrere Wochen verschiedene Bakterienstämme gesammelt und schließlich stallspezifische Impfstoffe produzieren lassen. Seit rund 2 Monaten hat nun die Firma IDT den ersten Cl. perf. Typ A Impfstoff in die Versuchsphase im Feld entlassen. Wir hoffen damit zukünftig weiteren Betrieben das langwierige Stämmesammeln ersparen zu können und direkt beim Auftreten der ersten Probleme einen funktionsfähigen Impfstoff anbieten zu können. Als parasitäre Erreger von Saugferkeldurchfällen treten vor allen Dingen Infektionen mit Isospora suis und Zwergfadenwürmern (Strongyloides ransomi) in Erscheinung. Die Diagnose erfolgt mittels einer Kotuntersuchung. Die Infektion der Ferkel mit Zwergfadenwürmern findet besonders durch klinisch unauffällige Sauen statt. Die Zwergfadenwurmlarven wandern aus dem Kot der Sauen aus und dringen durch die Haut in die Ferkel ein. Bei einem starken Befall der Sauen wandern Wurmlarven in der Sau in das Fettgewebe des Gesäuges und gelangen nach dem Abferkeln mit der Milch in die Ferkel, wo sie sich innerhalb von 6 Tagen weiterentwickeln und schließlich selbst Eier und Larven ausscheiden. Prophylaktisch bietet sich die Behandlung der Sauen vor der Einstallung mit Ivermectinen an. Weiterhin sollten die Buchten trocken und sauber gehalten werden. Infektionen mit Isospora suis treten besonders ab der 2. Lebenswoche durch gelblich pastöse Durchfälle in Erscheinung. Die Sterblichkeit ist sehr gering, allerdings kümmern die betroffenen Tiere zum Teil stark. Metaphylaktisch ist eine Behandlung der Ferkel in den ersten Lebenstagen mit einem Kokzidiostatikum zu empfehlen. Weiterhin ist auf ein konsequentes Rein-Raus-Management im Abferkelbereich, sowie auf eine Reinigung und Desinfektion mit Kokzidienwirksamen Substanzen Wert zu legen. Bei weiteren Fragen zum angerissenen Thema sprechen Sie uns gerne bei einem der nächsten Bestandsbesuche an! Mit freundlichem Gruß Ihr Praxisteam