Brauchen tragende Sauen mehr Energie?

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FÜTTERUNG
Brauchen tragende
Sauen mehr Energie?
Zahlt es sich aus, die tragenden Sauen energiereicher zu füttern?
Dr. Hermann Lindermayer
und Günther Probstmeier
von der LfL Grub sind der
Frage auf den Grund
gegangen.
Der Versuch
sollte zeigen, ob
eine höhere
Energieversorgung in der
Trächtigkeit zu
besseren
Sauenleistungen
beitragen kann.
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D
ie Energieversorgung tragender
Sauen wird in der Praxis kontrovers diskutiert. Die Anhänger der
rationierten Fütterung erstreben mittlere
Konditionsklassen bei den Sauen, um reibungslose Geburten und einen hohen
Futterverzehr in der Säugephase zu erzielen. Die Befürworter von sehr gut konditionierten Sauen beobachten hingegen
mehr Ruhe im Wartestall und erhoffen
sich schwerere Ferkel mit besseren Leis-
tungen während der Aufzuchtphase.
Doch welche Strategie bringt unter
dem Strich die besten Ergebnisse? Um
die Frage zu beantworten, wurde am
bayerischen Versuchsgut Osterseeon ein
zweijähriger Fütterungsversuch mit einer
unterschiedlichen Energieversorgung bei
den tragenden Sauen durchgeführt. Hierbei wurden die Leistungen der 100 erSauenherde (DE x DL) in insgesamt 369
Abferkelungen ausgewertet.
Übersicht 1: Normal gefütterte
Sauen fressen mehr Säugefutter
90
Energieaufnahme/Tag (MJME)
30
80
25
70
Gewichtsverluste, kg
Tragefutter-Menge
hoch
normal
20
60
15
50
10
40
Tragefutter-Menge
hoch
normal
30
20
Übersicht 2: Schwere Sauen verlieren
in der Säugezeit mehr Gewicht
1
2
3
4
5
0
1
Säugewoche
Vor allem im zweiten Teil der Säugephase war die Futteraufnahme der höher konditionierten Sauen geringer.
Normale Versorgung
contra Luxuskonsum
Für den Versuch wurde die Sauenherde in zwei Gruppen unterteilt:
■ In Gruppe 1 erfolgte eine normale
Energieversorgung entsprechend der neuen DLG-Empfehlung. Bis zum 80. Trächtigkeitstag erhielten die Sauen 28 MJ ME,
in der Hochträchtigkeit 33 MJ ME/Tag.
■ In der Gruppe 2 wurde die Energieversorgung um 12 % erhöht. Die niedertragenden Sauen erhielten 33 MJ ME, die
hochträchtigen Tiere 38 MJ ME/Tag.
In beiden Sauengruppen wurde dasselbe Tragefutter vorgelegt. Das eingesetzte Futter wies einen Energiegehalt
von 11,6 MJ ME je kg auf und enthielt
2
3
Wurfnummer
4
>4
Die höhere Energieversorgung in der Trächtigkeit führte bei den
älteren Sauen zu kritischen Gewichtsverlusten im Abferkelstall.
0,6 % Lysin sowie 6,5 % Rohfaser. Um
die angestrebte Energieversorgung zu erzielen, wurde die Tagesfuttermenge in der
zweiten Gruppe angehoben. In der Säugephase wurden beide Gruppen ad libitum gefüttert.
Schwere Sauen fressen
weniger Säugefutter
Bei den Auswertungen wurde zunächst
die Futteraufnahme in der Säugezeit beurteilt. Denn sie entscheidet über die
Milchleistung und die Gewichtsverluste
der säugenden Sauen. Im Versuch nahmen die in der Tragezeit normal gefütterten Sauen im Mittel 3 % mehr Säugefutter auf, was einem Plus von 140 g je Tag
entspricht. Übersicht 1 zeigt, dass die normal gefütterten Sauen vor allem im zweiten Teil der Säugephase deutlich mehr
Futter aufnahmen.
Besonders positiv machte sich die normale Fütterung in der Tragephase bei den
Jungsauen bemerkbar. Sie konnten in der
Säugephase sogar eine 12 % höhere Futteraufnahme erzielen.
Die Vorteile der normalen Energieversorgung in der Tragezeit spiegeln sich
auch in den Gewichtsverlusten der Sauen
während der Säugezeit wider. Vor der
Geburt der Ferkel brachten die Sauen
mit der erhöhten Tragefuttermenge im
Mittel 9 kg mehr Gewicht auf die Waage
und wiesen 1 mm mehr Rückenspeckdicke auf. Doch die schwereren Sauen ver-
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FÜTTERUNG
Die höher
konditionierten
Sauen nahmen in der
Säugephase
weniger
Futter auf.
Fotos: Heil
Übersicht 3: Die Sauenleistungen im Vergleich
Sauenleistungen
Geborene Ferkel/Wurf
Abgesetzte Ferkel/Wurf
Geburtsgewicht, kg
Absetzgewicht, kg
Wurf-Zuwachs / Tag, kg
Ferkelverluste, %
Tragefutter-Menge
normal
hoch
11,5
10,2
1,53
7,7
2,3
7,9
10,6
9,9
1,52
7,9
2,3
9,5
Die normal gefütterten Sauen gebaren im Mittel
fast ein Ferkel je Wurf mehr.
Übersicht 4: Steigende Kosten bei
hoher Tragefutter-Menge
Menge / Sau
und Jahr
Futterverbrauch, kg
Stickstoff-Anfall, kg
P2O5-Anfall, kg
Futterkosten, E
Tragefutter-Menge
normal
hoch
981
14,2
11,7
167,6
1067
15,7
13,1
180,9
Differenz
86
1,5
1,4
13,3
Durch die höhere Energiezufuhr in der Trächtigkeit steigen die
Futterkosten um mehr als 13 E je Sau und Jahr an.
loren in der Säugezeit mit durchschnittlich 20 kg deutlich mehr Körpergewicht
als die normal gefütterten Tiere, bei denen die Gewichtsverluste nur bei gut
17 kg lagen.
Übersicht 2 zeigt, dass besonders bei
den schwereren Sauen mit mehr als zwei
Würfen kritische Gewichtsverluste von
über 20 kg auftraten. Die während der
Tragezeit stärker gefütterten Sauen verloren im vierten Wurf im Mittel sogar
knapp 26 kg an Gewicht. Derart hohe
Gewichtsverluste können die Gesundheit
der Sauen stark gefährden.
Mehr Ferkel bei normal
gefütterten Sauen
Bei den Ferkelzahlen hatten die normal gefütterten Muttertiere ebenfalls die
Nase vorn. Sie gebaren mit 11,5 Ferkeln
fast ein Ferkel pro Wurf mehr als die Sauen mit erhöhter Tragefutter-Menge (siehe
Übersicht 3). Dass beide Sauengruppen
dennoch nahezu gleich viele Ferkel absetzten, ist auf den intensiven Wurfausgleich zwischen den beiden Gruppen zurückzuführen.
Auch bei den Geburtsgewichten gab
es eine Ernüchterung für die Befürworter
einer erhöhten Energiemenge während
der Trächtigkeit. So konnte die erhoffte
Steigerung der Ferkelgewichte nicht er-
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reicht werden. Sowohl bei den Geburtsals auch bei den Absetzgewichten lagen
beide Gruppen gleichauf.
Bei den hoch versorgten Sauen traten
mit 9,5 % sogar höhere Saugferkelverluste als bei den normal gefüttern Sauen
(7,9 %) auf. Auch schieden bei der höher
konditionierten Gruppe etwa 6 % mehr
Sauen vorzeitig aus der Produktion aus.
Allerdings spielt bei den vorzeitigen Sauenabgängen auch die subjektive Einschätzung des Betriebsleiters eine wichtige Rolle.
Zum Abschluss der Praxisuntersuchung wurden die Futterverbräuche und
Kosten der Fütterungsstrategien verglichen. Übersicht 4 zeigt, dass die Sauen
mit erhöhter Tragefutter-Menge im Jahr
insgesamt 86 kg Futter mehr verbraucht
haben. Auch die Stickstoff- und Phosphorausscheidungen fallen rund 10 %
höher aus. Bei einem 200er-Sauenbetrieb
ergibt sich damit für den Ausgleich der
Phosphorbilanz ein zusätzlicher Bedarf
von 5 ha Güllefläche.
Höhere Futterkosten bei
hoch versorgten Sauen
Der höhere Futterverbrauch der hoch
versorgten Sauen schlägt sich auch in den
Futterkosten nieder. So fallen unter dem
Strich bei der stärker gefütterten Gruppe
gut 13 E je Sau und Jahr höhere Futterkosten an. Bei einem Betrieb mit 200
Sauen sind das Mehrkosten von über
-fs2 600 E pro Jahr.
Wir halten fest
In der Praxis wird oft eine höhere
Energieversorgung tragender Sauen
diskutiert, um die Ferkelzahlen und
Geburtsgewichte zu steigern. Im Versuch konnte dieser Zusammenhang
nicht bestätigt werden. Im Gegenteil:
Die höher versorgten Sauen gebaren
sogar weniger Ferkel als die „normal“
gefütterten Tiere. Auch bei den Geburts- und Absetzgewichten brachte
die höhere Futtermenge in der Tragezeit keine Vorteile.
Die höher konditionierten Sauen
nahmen weniger Säugefutter auf und
wiesen höhere Gewichtsverluste auf.
Unter dem Strich führte die höhere
Tragefutter-Menge zu höheren Futterkosten, brachte aber keine besseren
Leistungen. Bei modernen Kreuzungssauen scheint somit die in den neuen
DLG-Empfehlungen genannte Energieverversorgung für tragende Sauen
die besten Leistungen zu bringen.
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