Obamas Amerika: Mit begrenzten Mitteln zurück zum Land der

Werbung
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Obamas Amerika: Mit begrenzten Mitteln zurück zum
Land der unbegrenzten Möglichkeiten
© Vortragsmanuskript Dr. Andrea Mehrländer (2009)
-
Es gilt das gesprochene Wort -
Seit dem 20. Januar 2009 werden die Vereinigten Staaten von einem afro-amerikanischen Präsidenten
regiert: Vor dem 47jährigen Demokraten Barack Hussein Obama II. stehen mehr Herausforderungen, als je einer
seiner 43 Vorgänger in den vergangenen 220 Jahren zu bewältigen hatte – und sein Handlungsspielraum ist
begrenzt, denn die Kassen sind leer. Die amerikanische Wirtschaft befindet sich in der schwersten Krise des 21.
Jahrhunderts: Die Arbeitslosenquote kletterte Ende Januar 2009 auf einen Rekordwert von 7,6 Prozent, den
höchsten Stand seit 15 Jahren: Knapp 12 Millionen Menschen stehen landesweit auf der Straße, allein
zweieinhalb Millionen Jobs gingen 2008 verloren, die industrielle Produktion der USA verringerte sich um 8
Prozent und das für 2009 zu erwartende Haushaltsdefizit wird bei mindestens 1,2 Billionen Dollar liegen und ist
damit zweieinhalbmal so groß wie 2008. Die älteste Demokratie der westlichen Welt hat vor allem in den acht
Jahren der Bush-Administration weltweit an Ansehen verloren; außenpolitische Desaster im Irak, in Afghanistan,
aber auch in Sachen Umwelt ließen die Amerikaner auf der internationalen Beliebtheitsskala in den Keller
rauschen. Seit März 2003 bis heute sind knapp 4.200 amerikanische Soldaten im Irak-Krieg getötet worden, von
den über 30.000 verwundeten jungen Männern und Frauen werden viele kein normales Leben mehr führen
können, posttraumatische Erkrankungen nicht mitgerechnet.
Die wirtschaftlichen und außenpolitischen Miseren der letzten Dekade haben die Attraktivität Amerikas
als „Auswanderungsziel“ nicht geschmälert, wohl aber eine Veränderung der Einwanderungsklientel bewirkt: Seit
1990, dem Ende des Kalten Krieges, kommen jährlich fünfmal so viele Illegale ins Land wie in den 1980er Jahren
oder davor. Seriöse Quellen gehen von einer unbekannten Zahl aus, die irgendwo zwischen 7 und 20 Millionen
liegt, etwa bei 12 Millionen Menschen, die heute inkognito und ohne Papiere in den USA leben. Rund die Hälfte
dieser Illegalen stammen aus Mexiko, dem armen Nachbarland der USA, von dessen 104 Millionen Einwohnern
53% in Armut leben und von weniger als 2 US-Dollar am Tag existieren müssen. Vorbei sind das 18. und frühe
1
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
19. Jahrhundert, in denen arme, aber gut ausgebildete, ehrgeizige, arbeitswillige, junge Europäer nach Amerika
kamen und mit der Verwirklichung ihrer persönlichen Träume auch das reiche, mächtige Amerika schufen, das
zur Vorbild-Demokratie für die restliche Welt wurde: Amerika war immer ein pluralistischer Staatenbund, der
durch gemeinsame Werte zusammengehalten wurde – und nicht, wie die alten Nationalstaaten Europas, durch
die gleiche Sprache, die gleiche Konfession und die gleiche Hautfarbe. Diese ursprüngliche, amerikanische
Wertegemeinschaft war aber 220 Jahre lang von der sogenannten „WASP“-Kultur dominiert: einer weißen,
angelsächsisch geprägten, protestantischen Mehrheitsgesellschaft. Diese wird es schon bald nicht mehr geben.
Barack Obamas Amerika zählt heutzutage 305 Millionen Amerikaner, von denen 102 Millionen
Angehörige der hispanischen, schwarzen oder asiatischen Minderheit sind: Für das Jahr 2042 ist das Ende der
weißen Mehrheitsgesellschaft in den USA projiziert – nur noch 46% Weiße werden dann in den USA leben:
Deshalb ist die Präsidentschaft Barack Obamas als Prolog zu einem völlig neuen Amerika zu verstehen, das sich
wirtschaftlich, sozial und politisch mehr und mehr von Europa entfernen wird, weil sich die gesellschaftlichen
Mehrheitsverhältnisse dramatisch verändern und mit ihnen auch die bisher gültigen traditionellen Werte
Amerikas. Barack Obama steht an der Schwelle zu diesem neuen Amerika: Seine Politik wird richtungsweisend
sein für den gesellschaftlichen Wandel, seine Politik wird auch einen neuen Typus von „Durchschnittsamerikaner“
mit neuen Werten kreieren.
Wie ist es heute – 33 Jahre vor dem gesellschaftlichen Mehrheitswechsel – um die „Gleichheit aller
Menschen“ bestellt, die 1776 in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung postuliert wurde?
1. GLEICHHEIT ALLER MENSCHEN
Waren vor 230 Jahren Frauen, Sklaven und Indianer von dieser „Gleichheitsklausel“ ausgenommen, so
ist die „Gleichheit bzw. Gleichbehandlung“ aller US-Bürger heute verfassungsrechtlich garantiert: Ausgenommen
sind die bereits erwähnten 12-20 Millionen Illegaler, die keinen Bürgerstatus besitzen; ausgenommen ist aber
auch das Alltagsleben zwischen farbigen und weißen US-Bürgern:
Afro-Amerikaner sind im amerikanischen Regierungssystem noch immer unterrepräsentiert, sie
verdienen im Jahr durchschnittlich 35% weniger als Weiße in vergleichbaren Berufen und sind von der
Wirtschaftskrise schwerer betroffen: „Last hired and first fired“ trifft zumeist auf schwarze Arbeitnehmer zu, deren
2
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Arbeitslosenanteil derzeit bei etwa 12 Prozent liegt, also deutlich über dem nationalen Durchschnitt. Oprah
Winfrey ist mit rund 800 Millionen US-Dollar weltweit die reichste Afro-Amerikanerin des 20. Jahrhunderts – und
steht mit ihrem Reichtum ziemlich exponiert vor einer kleinen elitären Schicht wohlhabender Schwarzer. Etwa
Knapp ein Viertel der 41 Millionen Afro-Amerikaner gilt als „arm“, allerdings sind Afro-Amerikaner die zweitgrößte
Kaufkraft- oder Konsumentengruppe des Landes. Knapp 60 Prozent der Afro-Amerikaner sind urbanisiert, leben
also in amerikanischen Großstädten: Spitzenreiter ist Gary, Indiana mit 84% Afro-Amerikanern, gefolgt von
Detroit, Michigan (82%), New Orleans/LA (67%), Baltimore/Md (64%), Atlanta/Ga (61%), Memphis (61%) und
Washington, D.C. (60%), die allesamt als “schwarze Städte” gelten. Für viele Afro-Amerikaner führen
Arbeitslosigkeit und Armut direkt zur Kriminalität, so dass von den 2008 insgesamt 2,3 Millionen
Gefängnisinsassen der USA 85% männlich und schwarz sind – Gewalt- und Drogendelikte führen das Ranking
der Vergehen an. Etwa die Hälfte aller afro-amerikanischen Kinder wächst heute bei alleinerziehenden Müttern
auf – wie Barack Obama; nur ein Drittel aller schwarzen Frauen lebt überhaupt noch in einer Ehe – Michelle
Obama steht daher für ein Rollenmodell, was in Amerika unbekannt war: Erfolgreiche, selbstbewusste,
verheiratete, schwarze Frauen kommen in den US-Medien praktisch nicht vor. Die Obamas haben einen Teil
dieses „schwarzen Amerikas“ gelebt und können Vorbild sein: Dazu gehört es, nicht mit Wut und Verbitterung zu
reagieren, sondern Hass und Frustration in positive Energien umzulenken. Michelle und Barack haben dies
mehrfach exerziert – ihre Hauptwaffe war dabei die Bildung: Im Jahr 2003 waren immerhin schon 58,3 % aller
schwarzen High School Absolventen innerhalb eines Jahres an einem College eingeschrieben. Der Prozentsatz
der weißen Schüler, die nach dem Schulabschluss ein College oder eine Universität besuchen, lag 2003 bei 66,1
%, also nur weniger als 8 % höher.
2. FREIHEIT
Der ursprüngliche Freiheitsbegriff, den die Verfasser der Unabhängigkeitserklärung 1776 vor Augen hatten,
definiert sich nach dem Philosophen John Locke: Dieser postulierte die Freiheit als Naturzustand und als ein
unveräußerliches Recht des Bürgers, als einen Zustand, in dem ein Mensch nicht dem willkürlichen Zwang durch
den Willen eines anderen unterworfen ist. Dieses Verständnis von Freiheit macht es der amerikanischen
Regierung seit gut 200 Jahren nahezu unmöglich, den eigenen Bürgern durch Bundesgesetze aus Washington
3
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
soziale Hilfsprogramme zum Wohl der ganzen Nation angedeihen zu lassen: Aus diesem Grund gibt es in den
USA ...
•
•
•
keine allgemeine Schulpflicht/Schulzwang (wie z.B. in Deutschland), sondern auch die frei wählbare
Form des Heimunterrichts (home schooling)
kein Einwohnermelderegister nach deutschem Verständnis, sondern erst seit 2001 die
Heimatschutzbehörde (Dept. of Homeland Security) und
keine staatliche Krankenversicherungspflicht.
Staatliche Regulation, so glauben Amerikaner, hemmen die Selbstenfaltungskräfte und Stärken der einzelnen
Bürger, sie machen die Bürger abhängig und handlungsunfähig. Bundesgesetze haben daher einen Hauch von
„Sozialismus“ und werden mit extremen Argwohn betrachtet.
HOMESCHOOLING
Heute besuchen in den USA fast 90 Prozent aller Schüler die kostenlosen öffentlichen Schulen, die über
Steuern finanziert werden. Die übrigen zehn Prozent verteilen sich auf die verschiedenen Privatschulen, bei
denen die Familien selbst für das Schulgeld aufkommen müssen. Vier von fünf Privatschulen stehen in enger
Verbindung zu religiösen Institutionen; bei diesen Schulen ist Religionslehre eins der Unterrichtsfächer. Es gibt
außerdem eine kleine, aber seit 25 Jahren steigende Zahl von Eltern, die ihre Kinder zu Hause selbst
unterrichten. Ursache dafür waren hauptsächlich pädagogische Erwägungen und andere weltanschauliche
Gründe, oft auch die religiöse Ablehnung von den Inhalten staatlicher Lehrpläne, die aus verfassungsrechtlichen
Gründen weltanschaulich neutral sein müssen. Zurzeit werden in den USA allein etwa 2 Millionen Kinder zu
Hause unterrichtet bzw. lernen ohne den Besuch einer Schule – Kritiker verweisen immer wieder auf mit Argwohn
betrachtete Bildung von Parallelgesellschaften, die sich dem staatlichen Zugriff völlig entziehen. Aber der Erfolg
gibt den „Homeschoolern“ recht: Etwa 50% aller Homeschooling-Kinder besuchen später ein College, gegenüber
nur 34 Prozent ihrer Altersgenossen aus den öffentlichen Schulen. Acht Prozent der Wohnzimmer-Schüler
könnten darüber hinaus noch einen Master-Abschluss vorweisen, hingegen nur drei Prozent der Schüler aus den
öffentlichen Klassenzimmern. Kinder, die von ihren Eltern unterrichtet wurden, seien auch politisch aktiver,
wissensdurstiger und sozial aufgeschlossener. Erst Anfang April 2009 berichteten deutsche Tageszeitungen
erneut über die Familie von Uwe und Hannelore Romeike aus Bissingen a. d. Teck (Baden-Württemberg), die
4
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
ihre 5 Kinder aus religiösen Gründen seit 2006 zu Hause unterrichtete, bis ihnen die deutschen Behörden Geldund Gefängnisstrafen androhten. Im Sommer 2008 wanderte die freikirchlich engagierte Familie schließlich nach
Morristown/Tennessee aus, um „frei“ die Erziehung ihrer Kinder bestimmen zu können.
Allerdings muss man wissen, dass die USA derzeit mit einer „Schulabbruchsrate“ von landesweit 30 Prozent
kämpfen, in Großstädten und bei Minoritätengruppen liegt diese Rate inzwischen bei 48 Prozent oder mehr. So
liegt z.B. die Schulabbruchrate innerhalb der Stadtgrenzen Baltimores bei 65,4% eines Jahrgangs, in den
Vororten Baltimores allerdings nur bei 18,6%. Insgesamt verlassen jährlich 1,2 Millionen amerikanischer
Highschool-Schüler die Schule ohne einen Abschluss.
EINWOHNERMELDEREGISTER
Illegale
Einwanderer
wurden
seit
1776
geduldet
und
waren
Bestandteil
des
amerikanischen
Selbstverständnisses von Freiheit: keine Meldepflichten bei Umzügen von Staat zu Staat oder
Arbeitsplatzwechsel, keine Pflicht, sich auszuweisen bei einfachen Verkehrskontrollen, nicht einmal einen
Ausweis mussten Amerikaner bis 2001 besitzen. Und wenn Arbeitgeber an der vorgelegten Arbeitserlaubnis
zweifelten, riskierten sie, wegen Diskriminierung angeklagt zu werden.
Mit der Gründung des Heimatschutzministeriums als Antwort auf die Terroranschläge am 11. September
2001 endete diese grenzenlose Freiheit – Daten aus Einzelstaaten werden nun miteinander verknüpft und
ausgetauscht. Das Department of Homeland Security ist heute mit über 200.000 Beschäftigten nach dem
Pentagon und der Rentenbehörde die drittgrößte US-Bundesbehörde. In ihm wurden einige zuvor unabhängige
Institutionen zusammengelegt, so zum Beispiel die Sicherheitskontrollen an den Flughäfen, der Zoll, die
Küstenwache, die Katastrophenschutzbehörde FEMA (Federal Emergency Management Agency) und auch die
ICE, die Immigration-and-Customs-Enforcement-Behörde.
Ende August 2008 marschierten Agenten der ICE bei Howard Industries ein. Bei dem
Transformatorenhersteller aus Laurel, einer Kleinstadt mit 18.000 Einwohnern im Bundesstaat Mississippi,
führten sie 595 Arbeiter ab, die meisten in Handschellen. Die Mehrheit kam sofort in ein ICE-Gefängnis, 100
durften mit einer elektronischen Fußfessel nach Hause, »aus humanitären Gründen«, wie eine ICE-Sprecherin
Reportern erklärte, meist Mütter mit kleinen Kindern. Der Vorwurf gegen die Festgesetzten: keine Papiere oder
falsche Papiere. Die spektakulärste ICE-Aktion fand unterdessen in Iowa statt. Dort rückten die Agenten über
5
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Nacht mit Abschieberichtern, Übersetzern und Pflichtverteidigern ein. Ziel war Agriprocessors, eine Fleischfabrik
in Postville, einem 3.000-Seelen-Dorf. 389 Schlachter, Metzger, Zurichter und Packer, allesamt Immigranten,
wurden festgenommen und zum nahe gelegenen National-Cattle-Congress-Gelände verfrachtet. In der Anlage,
wo sonst örtliche Farmer Viehschauen veranstalten, wurden innerhalb der folgenden 48 Stunden
Abschiebeprozesse für die Verhafteten abgehalten. Die Arbeiter, mehrheitlich aus Guatemala und Mexiko und
kaum in der Lage, der Verhandlung in Englisch zu folgen, wurden laut einem Augenzeugen in Zehnergruppen
vorgeführt – mit Fesseln an Händen und Füßen. Ihr Verbrechen: Urkundenfälschung. Darauf stehen bis zu fünf
Jahre Gefängnis. Sie hatten sich gefälschte Sozialversicherungsausweise besorgt, um eine Stelle in dem Betrieb
zu bekommen. Selbst aus ökonomischer Sicht ist die Jagd auf Illegale zweifelhaft. Die amerikanische Wirtschaft
braucht die Illegalen. Viele Branchen wie Landwirtschaft, Lebensmittelherstellung, Bau und Tourismus, die ihre
Produktion nicht ins Ausland verlagern können, kommen ohne die ausländischen Niedriglohnarbeiter nicht aus.
Im Schnitt stellen die Illegalen bereits fünf Prozent der US-Arbeitskräfte, also etwa acht Millionen. In vielen
Branchen wie dem Baugewerbe und der Gastronomie ist ihr Anteil aber noch viel größer. Nach Erhebungen des
US-Arbeitsministeriums hat rund die Hälfte der Erntearbeiter keine Arbeitserlaubnis. In Kalifornien sind es nach
Angaben des Landarbeiterverbands United Farm Workers (UFW) sogar 90 Prozent. »Ohne die Illegalen kämen
keine Pfirsiche, Tomaten oder Orangen auf den Tisch«, sagt dessen Sprecherin Vicki Adame – und das weiß
auch Barack Obama.
KRANKENVERSICHERUNGSPFLICHT
Die USA führten 1965 die beiden staatlichen Sozialversicherungsprogramme MEDICARE und
MEDICAID ein, um eine medizinische Grundversorgung und Absicherung der amerikanischen Bevölkerung zu
gewährleisten. Trotz dieser noch heute existierenden Programme muss schätzungsweise ein Siebtel der
Amerikaner (=43 Millionen Menschen) zumindest einen Teil des Jahres ohne Krankenversicherung auskommen.
Es handelt sich dabei um Arbeitslose oder um Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber keine Krankenversicherung
anbieten oder um Menschen, deren Einkommen nur knapp über der Armutsgrenze liegt. Diese Menschen haben
jedoch auch alle Anspruch auf ärztliche Versorgung im Notfall. Im Jahr 2008 bezogen mehr als 50 Millionen
Amerikaner insgesamt etwa 614 Milliarden Dollar an sozialen Leistungen. Allerdings muss man auch sagen, dass
6
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
ein Durchschnittsamerikaner nicht „gezwungen“ werden möchte, krankenversichert zu sein. Eine staatlich
verordnete Krankenversicherung ist eine Beschneidung seiner persönlichen Freiheit – er will individuell darüber
entscheiden können: Auch aus diesem Grund haben allein in 11 US-Staaten 18 Prozent der Bevölkerung oder
mehr KEINE Krankenversicherung. Spitzenreiter ist der US-Bundesstaat Texas, in dem 2007 ganze 24 % der
rund 23 Millionen Texaner nicht krankenversichert waren: jeder vierte Texaner – immerhin fast 6
MillionenMenschen -
haben nur Anspruch auf Notfall-Versorgung. Vorbildlichste Staaten in Sachen
Krankenversicherung sind ausgerechnet die Staaten, in denen die deutsche und skandinavische Einwanderung
vorherrschend war: Iowa, Wisconsin und Minnesota zählen jeweils nur 9 Prozent „unversicherter Bürger.“ Ein
Durchschnittsamerikaner weiß durchaus um das Risiko einer Krankheit, und er ist sich darüber bewusst, dass er
im schlimmsten Fall keinerlei Anrecht auf staatliche Unterstützung hat. Viele Amerikaner nehmen dieses Risiko
aber oftmals bewusst in Kauf, weil „Krankheit“ im Alltag eines Amerikaners in der Regel nicht vorkommt. Diese
Denkweise hat bei vielen Amerikanern religiöse Wurzeln, womit wir beim Wert der religiösen Freiheit wären.
3. RELIGIÖSE FREIHEIT
Krankheit, so glauben z.B. die Anhänger der evangelikalen Rechten in den USA, ist ein von Gott
gesandtes Übel. Ein Fluch, mit dem Gott die Brüder und Schwestern bedenkt, die unchristlich gehandelt oder
gesündigt haben. Wer dagegen gottesfürchtig und bibelfest lebt, wird nicht krank. Wenngleich es dem nationalen
Statistikamt nicht gestattet ist, Erhebungen zur Religionszugehörigkeit der US-Bevölkerung anzustellen, so gehen
Schätzungen von 20 bis 70 Millionen Amerikanern aus, die der evangelikalen Rechten zuzurechnen sind,
mindestens also 9 % der Bevölkerung, maximal 30 Prozent. Die Evangelikalen stellen nach einer im Juni 2008
veröffentlichten Studie des Pew Forum on Religion & Public Life somit noch vor den Katholiken (23,9%) und den
anderen protestantischen Hauptkirchen (18,1%) die größte religiöse Gruppierung innerhalb der USA dar.
Glaube und religiöse Praxis werden in den Vereinigten Staaten – anders als in Europa - weder mit
niedrigem Einkommen noch mit mangelnder Bildung assoziiert. Der durch die Einwanderung bedingte religiöse
Pluralismus in den USA führte 1787 in der amerikanischen Verfassung zur Trennung von Staat und Kirche und
ermögliche so die Entwicklung eines säkularen Staatswesens.
7
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
In den Vereinigten Staaten gibt es heute über 1.500 verschiedene religiöse Gruppierungen; 90 Prozent
der Amerikaner bezeichnen sich selbst als religiös. Mehr als 60 Prozent behaupten, dass Religion in ihrem Leben
sehr wichtig sei (dagegen nur 21 Prozent der Europäer); 40 Prozent der Amerikaner besuchen wöchentlich einen
Gottesdienst (10 Prozent in Deutschland). Konservative evangelikale und fundamentalistisch-christliche
Bewegungen in den USA haben im letzten Jahrzehnt beträchtlich an gesellschaftlichem und politischem Einfluss
gewonnen. Gerade im religiösen Bereich bietet die heutige USA noch immer unglaubliche Freiheiten:
So genießt die christliche Religionsgemeinschaft der Amischen mit etwa 150.000 Mitgliedern noch
immer ein seit Jahrhunderten sanktioniertes Nischendasein. Sie haben ihre Wurzeln in der Täuferbewegung des
16. Jahrhunderts und leben heute in 26 Staaten der USA in rund 1.000 Siedlungen. Sie führen ein stark im
Agrarbereich verwurzeltes Leben und sind bekannt dafür, dass sie den technischen Fortschritt (dazu gehören
Telefon, Elektrizität und Autos) in vielen Fällen ablehnen und Neuerungen (z.B. Stromaggregate) nur nach
sorgfältiger Überlegung akzeptieren. Die Amischen legen großen Wert auf Familie, Gemeinschaft und
Abgeschiedenheit von der Außenwelt. Sie stammen überwiegend von Südwestdeutschen bzw.
Deutschschweizern ab und sprechen untereinander meist Pennsylvaniadeutsch. Bis heute sind die Amischen die
einzige US-Bevölkerungsgruppe, die ein vollkommen autonomes Schulsystem haben und ihre Kinder in eigener
Aufsicht und eigenen Klassenzimmern bis zur 8. Klasse unterrichten. Amische zahlen keine Steuern und keine
Sozialversicherungsgebühren – sie gehören der Amish Aid an, einer Art Amischen Krankenversicherung, und
lehnen staatliche Krankenhäuser und Schulmedizin ab. Da die Amischen Impfungen ablehnen, ist eine der
größten Todesursachen das Ausbrechen der jährlichen Masernepidemien. Amische junge Männer sind aufgrund
ihrer religiösen Ansichten von der Wehrpflicht befreit – selbst im Kriegsfall.
Einen ähnlichen Ausnahmecharakter besitzt die christliche Glaubensgemeinschaft der Mormonen, also
der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints), die in
den USA mit knapp 2 % der Bevölkerung als viertgrößte Religionsgemeinschaft gilt und im Bundesstaat Utah die
Bevölkerungsmehrheit stellt. Formell gegründet wurde die Kirche 1830 vom Propheten Joseph Smith im USBundesstaat New York, und hat heute ihren Hauptsitz in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah. Insgesamt
umfasst die Kirche nach eigenen Angaben knapp 14 Millionen Mitglieder weltweit in über 160 Ländern und
Territorien, davon ca. 5,9 Millionen in den USA. Ein aktives und positives Familienleben wird von den
8
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Kirchenführern sehr stark betont. Die Rolle der Frau als Mutter genießt höchstes Ansehen. Utah hat mit 21,2 %
die höchste Geburtenrate aller US-Bundesstaaten. Mitglieder der Kirche sind weiterhin dazu angehalten, völlig
auf den Genuss von Alkohol, Tabak, Kaffee und schwarzem Tee zu verzichten, sowie keine anderen Drogen zu
nehmen und sich gesund zu ernähren. Tätowierungen und Piercings werden abgelehnt. Ohrringe bei Frauen
bildet eine Ausnahme. Die Mitglieder zahlen den „Zehnten“, also ein Zehntel ihres jährlichen Ertrages. Unter
Ertrag wird dabei das persönliche Einkommen verstanden und nicht näher spezifiziert. Die Zehnteneinnahmen
werden für die Finanzierung von Bauprojekten, Gebäudeunterhalt, Lehrmitteln, humanitäre Hilfe, Aktivitäten und
anderem verwendet. Das Gesetz der Keuschheit bedeutet völlige sexuelle Enthaltsamkeit vor der Ehe und
vollständige Treue in der Ehe. Homosexuelles Verhalten gilt als schwere Übertretung des Gebotes der
Keuschheit, was mit dem Kirchenausschluss geahndet werden kann. Die bei Mormonen ursprüngliche
Lebensform der Polygamie wurde 1890 zu Gunsten der Einehe abgeschafft und ist heutzutage nur noch in
fundamentalistischen, abgesplitterten Gemeinden anzutreffen, denen 15.000 Mitglieder angehören und die sich in
Arizona, Colorado und Texas angesiedelt haben .
Strenggläubige Protestanten machen heutzutage in den USA knapp ein Viertel aller registrierten Wähler
aus, der überwiegende Teil von ihnen unterstützt die republikanische Partei. Der politische Arm der
Evangelikalen, die "Christliche Rechte", ist in öffentlichkeitswirksamen Organisationen wie "Focus on the Family"
oder dem "Family Research Council" organisiert und erreicht damit mühelos einen Großteil der Bevölkerung,
insbesondere in den Staaten des "Bible belt" vom Südosten bis zum Mittleren Westen der USA. Die Hardliner
unter ihnen lehnen die Evolutionstheorie ab. Biologie ist an den öffentlichen Schulen Amerikas bis heute ein hoch
umstrittenes Fach.
So hat auch der Oberste Gerichtshof der USA zum Beispiel in den 1970er Jahren das von Lehrern und
Schülern gemeinsam gesprochene Schulgebet in öffentlichen Schulen verboten. Politik und Religion sind jedoch
in den USA keineswegs voneinander isolierte Sphären. Zwar sind Staat und Kirchen verfassungsrechtlich streng
voneinander getrennt, aber von jeher hat die Religion einen großen Stellenwert auch in politischen Fragen
besessen. Der Soziologe Robert N. Bellah prägte vor diesem Hintergrund den Begriff einer amerikanischen
"Zivilreligion", in der die Vorstellung einer "Nation unter Gott" ("one nation under God") für die Bürger
identitätsstiftend wirke. Im öffentlichen Raum wird der religiöse Charakter dieser besonderen Form des
9
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Patriotismus deutlich: So erfährt die amerikanische Fahne überall eine fast sakrale Verehrung; die
Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung werden in der Hauptstadt Washington wie in einem Schrein
aufbewahrt, und überlebensgroße Monumente erinnern an "Heilige" und "Märtyrer" der amerikanischen
Geschichte. Im Sinn der amerikanischen Zivilreligion werden die USA als ein System gemeinsamer ideeller
Prinzipien und Tugenden porträtiert, als eine Nation, die einen besonderen weltgeschichtlichen Auftrag zu
erfüllen habe bei der Durchsetzung von Freiheit, Gleichheit und Demokratie – und dem „Streben nach Glück“.
4. STREBEN NACH GLÜCK
Die Tatsache, dass die Idee "Amerika" eine derart religiöse Verehrung erfährt und durch Rituale und
Symbole den Alltag jedes US-Bürgers berührt, hat natürlich auch Rückwirkungen auf die Amerikaner selbst.
Dennis Brogan, ein englischer Journalist, der in den 30er Jahren als Korrespondent in den USA lebte, beschrieb
diese besondere politische Verhaltensweise der Amerikaner als "American Character", der sie innenpolitisch und
außenpolitisch nach anderen Grundsätzen handeln lasse als die Europäer. Was er damit gemeint hat, wird in
einer Kongressrede deutlich, die der frühere Präsident George H. W. Bush 1989 hielt. Er erinnerte die
Abgeordneten und Senatoren an die gemeinsame Aufgabe der Amerikaner, den Fortschritt zu fördern und zitierte
Abraham Lincolns Auffassung, dass der Mensch verpflichtet sei, nicht nur seine eigenen Umstände zu
verbessern, sondern auch dazu beizutragen, dass sich die Lage der ganzen Menschheit verbessere. Dies sei
eine allgemeine Mission, zu der er alle Amerikaner aufrufe, denn sie mache den amerikanischen Charakter aus.
Weil die Amerikaner zutiefst von der Richtigkeit und Gültigkeit ihrer Werte überzeugt sind und weil sie ihr
Wertekonzept als normative Idee mit universalem Anspruch verstehen, sind sie zugleich davon überzeugt, dass
dieses Konzept weltweit verwirklicht werden müsse. Es macht Amerikaner glücklich, anderen die
Errungenschaften ihrer Zivilisation und Demokratie bringen zu können – und sie können sich nicht vorstellen,
dass irgend jemand diese Werte vielleicht nicht haben möchte. Bei feierlichen Anlässen, zum Beispiel bei der
Amtseinführung der Präsidenten, wird Gott ausdrücklich um Hilfe angerufen, um die Mission der Vereinigten
Staaten erfüllen zu können. Der Traum von einer weltweiten Demokratie, der Drang, allen Menschen der Welt die
Ideale Amerikas bringen zu wollen, hat zweifellos auch deswegen so aggressive Züge angenommen, weil Europa
10
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
nach dem Krieg versäumt hat, eigene, europäische Werte entgegenzusetzen und Amerika vorzuleben, wie man
mit einer Welt umgeht, die verschiedene Sprachen spricht und auf engem Raum zusammenlebt.
5. RECHT, WAFFEN ZU TRAGEN
Ich komme schließlich und endlich zum Thema „Waffenbesitz“ – das Recht, Waffen zu tragen, ist den
Amerikanern seit 1791 in Artikel 2 ihrer Verfassung verbrieft. Seinerzeit gab es in den jungen Kolonien kein
stehendes Heer, sondern Bürgermilizen, die zur Verteidigung und in Notfällen einberufen wurden. Wenngleich
sich vieles in den vergangenen 230 Jahren geändert hat, die USA heute größte Militärmacht der Erde ist und für
Notfälle eine gut funktionierende Nationalgarde besitzt, ist das bürgerliche Recht, Waffen zu tragen, nie
modifiziert worden. Es ist Teil des tief verinnerlichten Sicherheitsbedürfnisses des Durchschnittsamerikaners:
2008 gab der Journalist Kyle Cassidy den Bildband Bewaffnetes Amerika: Waffenbesitzer und ihr Zuhause im
Portrait heraus, das auch in Deutschland erschienen ist. Seine Studie ergab, dass die meisten Waffenbesitzer in
den USA es für eine „Pflicht und ein Privileg“ halten, Waffen zu besitzen und sie ernsthaft meinen, damit ihre
Familie, ihr Heim oder die Person, die sie lieben, beschützen zu können.
Nach Angaben der National Rifle Association, der größten Vereinigung von Waffenlobbyisten in
Amerika, gibt es rund 200 Millionen Waffen in amerikanischen Haushalten, die auf etwa 40 Prozent der Bürger –
vielleicht sogar 50 Prozent – verteilt sind: Wohlgemerkt – das verfassungsrechtlich verbriefte Recht zum
Waffenbesitz, berechtigt nicht zum Töten, und doch ist die Liste von Amokläufen in den USA endlos lang: Allein
seit Dezember 2008, als am Weihnachtsabend ein von seiner Scheidung frustrierter Mann in Los Angeles neun
Menschen auf einer Weihnachtsfeier erschoss, über den 27. Januar 2009, als in Kalifornien ein Familienvater
wegen Arbeitslosigkeit seine fünf Kinder und seine Frau erschoss, über den 10. März 2009, als ein 28jähriger 10
Menschen in Alabama erschießt und ein Haus in Brand setzt, bis hin zum Amoklauf von Binghampton/New York
am 3. April 2009, als ein Mann 13 Menschen tötete, die gerade die Prüfung zur amerikanischen
Staatsbürgerschaft ablegten, hört man praktisch im Monatsrhythmus von Amokläufen und Erschießungen.
Jährlich werden In den USA etwa 350.000 Verbrechen mit Schusswaffen begangen, mehr als 11.000 Menschen
kommen dabei ums Leben. Immer wieder werden die Waffengesetze in den USA heiß diskutiert – den Besitz zu
verbieten, traut sich hingegen kein Politiker, egal welcher Partei, da dies an den Grundfesten amerikanischer
11
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Freiheit rüttelt. Barack Obama hat während seines Wahlkampfes zwar angedeutet, Artikel II der Verfassung unter
die Lupe zu nehmen, aber das würde zumindest jetzt noch mehr Feinde auf den Plan rufen, als der Präsident
ohnehin im Landesinnern hat. In 2008 waren in den USA 926 aktive Hass-Gruppierungen („Hate groups“)
registriert, deren Bandbreite von Neo-Nazi Foren, über Separatisten bis hin zu Ku-Klux-Klan Ortsgruppen reicht,
federführend die Staaten Kalifornien, Texas und Florida, die besonders von illegaler Einwanderung betroffen
sind. Ein schwarzer Präsident hat in diesen Kreisen, in denen vornehmlich Farbige die Opfer sind, nicht viel
verbessert – im Gegenteil: weiße Rassisten, die befürchten, durch einen schwarzen Präsidenten zu Bürgern
zweiter Klasse degradiert zu werden, sind aktiver als je zuvor – seit 2000 hat die Zahl der Hassgruppen um 54%
zugenommen.
Der kurze Ausflug in einige wenige Werte der amerikanischen Gesellschaft hat gezeigt, wie klein der Schritt zum
Missbrauch ist und immer war: Alle Werte einer Demokratie sind korrumpierbar und müssen täglich neu verteidigt
werden. Kennzeichen einer intakten Demokratie ist es, wenn das Volk selbst eine Änderung als notwendig
erkennt und diese anstrebt – die Amerikaner haben auf „CHANGE“, den Wandel, gesetzt und Barack Obama
gewählt, einen Mann, dessen Stammbaum das moderne Amerika in Form einer globalen Patchworkfamilie
wiederspiegelt. Barack Obama, so sagt Michelle Obamas beste Freundin Valerie Jarrett, ist ein Produkt von
Frauen – Männer gab es in seinem Leben nur als Provisorium. Obama gewann den Wahlkampf mit den Waffen
einer Frau, durch ZUHÖREN: Als vaterloser Schwarzer in einer weißen Welt hat Obama von Kind auf gelernt,
sich zwischen den Fronten zu bewegen, nie zu sagen, was er denkt und sich alle Optionen offenzuhalten. 47
Jahre lang hat er zugehört, was sein Land ihm zu sagen hatte: in den Elendsvierteln von Chicago, an der Harvard
Universität, auf Hawaii, in Indonesien oder in Kenia; er hat die Lektionen gelernt und weiß um alle Missstände in
seinem Land besser, als all seine Vorgänger. Obama ist für die Weißen nicht weiß genug, und für die schwarzen
nicht schwarz genug: Er sitzt auch als Präsident wieder zwischen zwei Stühlen, dort, wo er immer war und immer
beide Seiten der Medaille sehen konnte. Wenn man in der Mitte sitzt und Gefahr läuft, den Stuhl weggezogen zu
bekommen, entwickelt man sich nicht zum lauthalsen Entscheider, sondern zum Zuhörer und Motivator – Obama
ist kein Entscheider, auch als Präsident nicht: Er ist Motivator und führt Fäden zusammen – und das könnte
durchaus ausreichen, die richtigen Weichen zu stellen. Unterstützt wird er dabei maßgeblich von seiner Frau
12
Vortrag auf Gut Gödelitz für die Mitglieder und Freunde des ost-west-forums e.V., Samstag, 18. April 2009
Michelle, deren Vorfahren als Sklaven auf den Reisfeldern von South Carolina gearbeitet haben und die nun die
Möglichkeit hat, zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte Vorbild zu sein für Millionen schwarzer
Frauen. Die Obamas haben das Sendungsbewußtsein, die Nation zu heilen und die Welt wieder instand zu
setzen: Ihre Biographie erlaubt ihnen, schwarze und weiße Werte „bunt“ zu machen, sie anzupassen an die
Bedürfnisse aller Amerikaner: Dies werden nicht mehr die Werte und Bedürfnisse des vorwiegend weißen Europa
sein – aber vielleicht ist auch für Europa bald die Zeit des Wandels - „CHANGE“ - gekommen.
Weitere Fragen und Informationen:
Dr. Andrea Mehrländer
Checkpoint Charlie Stiftung Berlin
E-mail: [email protected]
13
Herunterladen