Commission des Episcopats de la Communauté Européenne Commission of the Bishops’ Conferences of the European Community Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft EU-Forschungsförderung und Ethik Brüssel, Vollversammlung 16.-18. November 2005 Die Mitgliedstaaten haben sich im Rahmen der Lissabon-Strategie darauf verständigt, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis zum Jahr 2010 erheblich zu erhöhen. Die EUInstitutionen verhandeln gegenwärtig über das 7. Forschungsrahmenprogramm und die entsprechenden spezifischen Programme. Unterstützung für Forschung Wir Bischöfe der COMECE begrüßen die Pläne zur stärkeren Förderung von Forschung und Entwicklung. Wissenschaft und Forschung leisten einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität, insbesondere im Bereich der Gesundheit, wo neue therapeutische Möglichkeiten verfügbar werden. Auch stellen sie einen wichtigen Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Die Grundrechtecharta der EU formuliert in ihrem Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen.“ Daran sind alle Politikbereiche der EU gebunden, auch Wissenschaft und Forschung. Entsprechend darf der Drang nach neuem Wissen niemals den Respekt für die Menschenwürde aufs Spiel setzen. Darüberhinaus müssen wissenschaftliche Errungenschaften auch dem Gemeinwohl verpflichtet sein. Besorgnis wegen einer Forschung, die die Menschenwürde aufs Spiel setzt Wir beobachten deshalb mit Sorge eine Tendenz, dass Forschung so ausgeübt wird als habe der Menschen die Verfügungsgewalt über das Leben. Die dynamischen Entwicklungen und Entdeckungen in den Lebenswissenschaften stellen der Gesellschaft vor die immer schwierigere und wichtige Frage, ob es ethisch gut ist, das zu tun, was technisch möglich ist. Wir beklagen, dass im Rahmen der Forschung mit embryonalen Stammzellen menschliche Embryonen in mehreren EU-Mitgliedsstaaten zu Forschungszwecken zerstört und gebraucht werden. Diese Art Forschung mag zwar vom ehrlichen Wunsch getragen sein, zur Entwicklung neuer Therapien beizutragen, um menschliches Leiden zu verringern, aber die Zerstörung menschlichen Lebens kann - unabhängig von ihrem Zweck - nicht akzeptiert werden. Die Kirche hält an der für die Menschheit unabdingbaren Notwendigkeit fest, die Unverletzlichkeit menschlichen Lebens zu respektieren. Mit dem Augenblick der Empfängnis beginnt ein neues Leben, das nicht Eigentum seines Vaters oder seiner Mutter ist, sondern ein eigenständiges menschliches Geschöpf mit der Fähigkeit zur weiteren Entwicklung. Diese Erkenntnis wird von den Naturwissenschaften, insbesondere der Genetik bestätigt. Diese erste Phase menschlichen Lebens ist notwendiger Bestandteil jeden menschlichen Lebens. Die EU und ihre ethische Verantwortung Die EU ist für die Vergabe von EU-Mitteln für Forschungsprojekte verantwortlich. Im Hinblick auf das 7. Forschungsrahmenprogramm nehmen wir zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission vorschlägt, folgende Forschungsbereiche von einer EU-Förderung auszunehmen: a) „reproduktives Klonen“, b) Veränderungen des menschlichen Erbguts, durch die solche Änderungen vererbbar werden könnten, c) Züchtung menschlicher Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken oder zur Gewinnung von Stammzellen, einschließlich auch durch Kerntransfer somatischer Zellen. Nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission können jedoch andere Forschungsprojekte mit menschlichen Embryonen und embryonalen Stammzellen grundsätzlich gefördert werden. Angesichts der grundlegenden ethischen Bedenken und angesichts der Tatsache, dass diese Forschung in mehreren Mitgliedstaaten gesetzlich verboten ist, sollte sich die EU der gemeinschaftlichen Finanzierung dieser Forschungsprojekte enthalten. Wir sind ernstlich besorgt, dass die gegenwärtigen Entscheidungsverfahren der EU und ihrer Institutionen nicht ausreichend die Besonderheit bestimmter ethischer Fragen berücksichtigen. Die Frage, ob die EU Mittel zur Förderung von Forschung mit menschlichen Embryonen und embryonalen Stammzellen bereitstellt, ist eine Angelegenheit, in der es um die Menschenwürde und die Unverletzlichkeit menschlichen Lebens geht, die Grundlage unserer Gesellschaften ist. Nach den EU-Verträgen liegt die Verantwortung für die Zulassung oder Untersagung bestimmter Forschungsbereiche ausschliesslich bei den Mitgliedstaaten. Die EU muss sicherstellen, dass sie der existentiellen Dimension der Menschenwürde in besonderer Weise Rechnung trägt. Bei solchen ethischen Fragen ist eine Mehrheitsentscheidung nicht angemessen. Die EU darf die ethischen Positionen der Mitgliedstaaten in ihren Kompetenzbereichen nicht auf direkte oder indirekte Weise unterlaufen. Auch aus diesem Grund sollte sich die EU der gemeinschaftlichen Forschungsförderung enthalten, wenn es um Forschung mit menschlichen Embryonen und embryonalen Stammzellen geht. Darüber hinaus impliziert die Verteilung der begrenzten finanziellen Ressourcen für Forschung die EU eine ethische Entscheidung auf einer anderen Ebene: Selbst wenn das Budget erheblich erhöht wird, wird es immer deutlich mehr exzellente und wertvolle Forschungsprojekte geben als wegen der begrenzen Mittel gefördert werden können. Auch aus diesem Grund sollte sich die EU auf die gemeinsamen Forschungsprioritäten konzentrieren. Unter diesem Gesichtspunkt ist es noch viel weniger verständlich, dass die Europäische Kommission die Förderung von Forschungsprojekten mit menschlichen Embryonen und embryonalen Stammzellen aus EU-Mitteln vorschlägt. Wir fordern daher von den EU-Institutionen, dass sie Forschungsprojekte mit menschlichen Embryonen und embryonalen Stammzellen von der Finanzierung unter dem 7. Forschungsrahmenprogramms ausnehmen. Vielmehr sollten die gemeinsamen Anstrengungen in der Stammzellforschung auf solche Projekte konzentriert werden, in denen ein ethischer Konsens besteht. Wir rufen Politiker, Forscher und Bürgern auf zu einer Vertiefung des Dialogs mit den Kirchen über die wissenschaftlichen und ethischen Fragen, zum Wohle der Gesellschaft und zur Förderung des Gemeinwohls und einer verantwortungsvollen Forschung. Bischof em. Josef Homeyer (Deutschland) – Präsident der COMECE Bischof Adrianus van Luyn (Niederlande) - Vizepräsident der COMECE Erzbischof Hippolyte Simon (Frankreich) - Vizepräsident der COMECE Weihbischof Jozef De Kesel (Belgien); Erzbischof Fernand Franck (Luxemburg); Weihbischof Piotr Jarecki (Polen); Bischof Anton Justs (Lettland); Bischof Egon Kapellari (Österreich); Weihbischof William Kenney (Skandinavien); Erzbischof Diarmuid Martin (Irland); Erzbischof Joseph Mercieca (Malta); Bischof Peter Moran (Schottland); Bischof Rimantas Norvila (Litauen); Bischof Frantisek Rábek (Slowakei); Weihbischof Anton Stres (Slowenien); Bischof Amändio José Tomás (Portugal); Weihbischof András Veres (Ungarn) Erzbischof Elias Yanes Alvarez (Spanien). Brüssel, den 18. November 2005 42, rue Stévin, B – 1000 Brussels - Tel. + 32 (0)2 235 05 10 - Fax + 32 (0)2 230 33 34 – E-mail [email protected] – www.comece.org