Determinanten und Verhaltensfolgen eines erhöhten Preisinteresses

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31. Jahrgang - Heft 03 - 3. Quartal - 2009
Determinanten und Verhaltensfolgen eines erhöhten Preisinteresses
Von Dirk C. Moosmayer, Mark Wendlandt und Oliver Patz
Executive Summary
In den vergangenen Jahren hat sich eine breite Debatte um die ausschließliche Preisfokussierung von
Konsumenten und deren Folgen entwickelt. Die Autoren greifen die Debatte auf und diskutieren das
Preisinteresse als deren zentrales marketingwissenschaftliches Konstrukt.
Mit Bezug auf die Arbeit von Lichtenstein/Ridgway/Netemeyer (1993) identifizieren die Autoren als mögliche
Ausprägungen des Preisinteresses eine auf die reine Preishöhe bzw. Preisgünstigkeit fokussierte
Preisorientierung und eine auf das Preisleistungsverhältnis bzw. die Preiswürdigkeit ausgerichtete
Preisleistungsorientierung. Dieses zweigeteilte Preisinteresse ordnen sie in einen Rahmen von Determinanten
und Verhaltensfolgen ein. Im Fokus stehen dabei vier Verhaltensfolgen: Auf der einen Seite werden als
Verhaltensweisen die Angebotsorientierung und die Informationssuche, die auch als Smart Shopping
bezeichnet werden, untersucht. Angebotsneigung bezeichnet die Nutzung von Sonderangeboten,
Informationssuche beschreibt die umfassenden Informationstätigkeiten von Konsumenten. Auf der anderen
Seite wird die Marken- und Einkaufsstättenwahl durch die beiden Konstrukte Markentreue und
Einkaufsstättentreue untersucht. Während für die Verhaltensfolgen im Bereich Smart Shopping ein positiver
Einfluss seitens des Preisinteresses angenommen wird, wird im Bereich der Marken- und Einkaufsstättenwahl
lediglich eine positive Wirkung von Preisleistungsorientierung auf Markentreue erwartet.
Anhand einer Befragung von 495 Konsumenten wird das entwickelte Modell für die Produktkategorien
Lebensmittel, Bekleidung und Unterhaltungselektronik mit der Partial Least Square (PLS) Methode getestet.
Dabei finden die erwarteten Einflüsse des Preisinteresses auf die Smart-Shopper Verhaltensweisen
empirische Bestätigung, wobei die Preisleistungsorientierung insgesamt eine stärkere Wirkung zeigt als die
reine Preisorientierung, die wider Erwarten sogar mit einem reduzierten Informationssuchverhalten einhergeht.
Erwartet wurde dieser Zusammenhang hingegen in Bezug auf die Markentreue. Auch hier führt hohe
Preisleistungsorientierung zu erhöhter Markentreue, während die Markentreue umso geringer ist, je
preisorientierter die Befragten waren.
Die Einkaufsstättentreue wurde nicht durch die Preisleistungsorientierung erklärt. Dieser Wirkungspfad wurde
vollständig durch die Markentreue mediiert, die stark positiv auf die Einkaufsstättentreue wirkt. Für die Wirkung
der Preisorientierung auf die Einkaufsstättentreue zeigte sich ein differenziertes Bild mit negativem
Zusammenhang für das Lebensmittelsample, insignifikanter Beziehung für Bekleidung und positivem Einfluss
im Unterhaltungselektronik-Sample.
Insgesamt zeichnen die empirischen Ergebnisse ein Bild, nach dem stärker preis-leistungsorientierte Kunden
aktiv und informiert sind. Sie investieren vor dem Kauf Zeit in die Informationssuche und beteiligen sich aktiv
am Marktprozess, indem sie stark dazu neigen, Sonderangebote und Aktionen zu suchen und
Markenprodukten einen Zusatznutzen zuzugestehen. Dabei erfährt die Modellstruktur allgemeine Bestätigung,
deckt aber zugleich branchenspezifische Unterschiede auf, die durch die jeweiligen Branchencharakteristika
plausibel erklärbar sind. So zeigen sich preisorientierte Konsumenten im Lebensmittelbereich besonders
wenig einkaufsstättentreu, vielmehr suchen sie in verschiedenen Läden jeweils nach den niedrigsten Preisen.
Hingegen wirkt die Preisorientierung nicht erklärend für das Smart-Shopper-Verhalten, da derartige
Verhaltensweisen im Lebensmittelbereich nicht spezifisch preisorientiert sind. Für Bekleidung hat das
Preisinteresse keine Wirkung auf die Einkaufsstättentreue, hier scheinen vielmehr die Verfügbarkeit
passender Kleidergrößen, bestimmter Farben und das Gefallen eines spezifischen Kleidungsstückes die
Einkaufsstättenwahl zu bestimmen. Jedoch sind in dieser Teilstichprobe gebildete Personen und Frauen
besonders überrepräsentiert, was die Verallgemeinerbarkeit einschränkt. Der Unterhaltungselektronik-Sektor
ist von wenigen führenden Anbietern dominiert, die insbesondere die Preiskommunikation bestimmen und ein
starkes Niedrigpreisimage besitzen. Entsprechend führt hier Preisorientierung zu einer in besonderem Maße
gesteigerten Angebotsneigung, da die Sonderangebote der Marktführer niedrige Preise versprechen.
Preisleistungsorientierung führt hingegen zu gesteigerter Informationssuche, da „echte Schnäppchen“
insbesondere im klassischen Facheinzelhandel zu machen sind.
Aus Herstellersicht ist die Preisleistungsorientierung folglich zunächst positiver zu bewerten. Zur
Einkaufsstättentreue weist die Preisleistungsorientierung hingegen eine schwach negative Beziehung auf und
ist somit aus Sicht der Händler eher nachteilig, während die Wirkung der Preisorientierung stark von der
Warengruppe abhängt. Rein preisorientierte Konsumenten dürften allgemein eher mit einer EDLP-Strategie
ansprechbar sein, die ihnen kognitive Entlastung verspricht, während Preisleistungsorientierte durch
aktivierende Angebote von Markenartikeln gewonnen werden können, die zudem als besonders clevere Wahl
darzustellen sind.
Autoren
lic. oec. (HSG) Dirk C. Moosmayer ist Mitarbeiter an der Juniorprofessur für Betriebswirtschaftslehre mit
Schwerpunkt Business-to-Business Marketing an der RWTH Aachen University, D-52056 Aachen, Tel.: +49
(0)241/8096157, E-Mail: [email protected].
Dr. Mark Wendlandt ist Marketing Consultant bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Bereich
Panel Services, Hans-Henny-Jahnn-Weg 53, 22085 Hamburg, Tel.: +49 (0)40/27152015; E-Mail:
[email protected].
Dipl. oek. Oliver Patz ist Mitarbeiter der Dialego AG, Friedrichstraße 69-71, 52070 Aachen, Tel.
0176/22207847, E-Mail: [email protected].
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