Preiswettbewerb Der Preisverfall ist aufhaltbar Der Wettbewerb wird in vielen Non-Food-Märkten beinahe nur über den Preis geführt. Auch im Bereich der Elektrogroß- und -kleingeräte ist dies der Fall. Die Konsequenzen dieser zunehmenden Verschärfung des Preiswettbewerbs liegen auf der Hand: Die Preise in Markt sinken teilweise immens. Iris Müller untersucht die Ursachen für diesen knallharten Preiswettbewerb und zeigt alternative Handlunsgstrategien auf. Essentials • Der Preiswettbewerb schärft das Preisbewusstsein der Konsumenten. • Erst- und Wiederverkäufer besitzen unterschiedliche Prioritäten beim Kauf und sind entsprechend differenziert zu bedienen. • Kundenbindung immunisiert die Verkäufer, da sich keinen vollständigen Marktüberblick mehr verschaffen. • Durch Orientierung am Kaufentscheidungsprozess der Verbraucher aus der Preisperspektive kann der Preisverfall aufgehalten werden. Fach-Info • Preiswettbewerb • Preisverhaltensforschung • Kaufentscheidungsprozess • Preisstrategien • Kundenansprache Iris Müller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Hermann Diller an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Preis und Kommunikation. Kontakt: Tel.: 09 11/53 02-3 02 E-Mail: [email protected] Dieser Preisverfall führt zu einem stetigen Gewinnrückgang bei den Herstellern, aber auch im Handel. Zudem verschlechtert sich dadurch oftmals die langfristige Wettbewerbsposition der einzelnen Anbieter. So kann etwa ein nachhaltiger Imageverlust aufgrund fallender Preise die strategische Erfolgsposition eines Unternehmens erheblich gefährden. Diese Problematik war Gegenstand eines Kooperationsprojektes mit der GfK AG. Eine empirische Analyse der Preisentwicklung bei Wasch- und Kaffeemaschinen anhand von Daten des Non-Food-Handelspanels Deutschland von 1995 bis 1999 der GfK AG zeigt, dass alle Anbieter – egal ob groß oder klein, Premium- oder Billigmarke, dem Preisverfall unterliegen. Abbildung 1 zeigt den Preisverfall für Wasch- und Kaffeemaschinen im Durchschnitt nochmals auf. Insgesamt ist zu erkennen, dass der Durchschnittspreis für eine Waschmaschine von 1995 bis 1999 um 3,4 % (50 DM) von 1446 DM 1995 auf 1396 DM 1999 sinkt. Bei Kaffeemaschinen mit Schwingfiltern liegt der Preisverfall sogar bei 13,3 %. Hier sinkt der Preis von 1995 bis 1999 um insgesamt 10 DM. Die Untersuchung verschiedener Leistungsmerkmale zeigt zudem, dass der Preisverfall trotz gleichzeitiger Leistungsverbesserung gegeben ist. Dies stellt eine weitere Verschärfung der Problematik dar (vgl. Abb. 1). Science Factory, Ausgabe 2/2001 (Juli), Seite 1 Waschmaschinen 1450 1440 1430 Preise in 1420 DM 1410 1400 1390 Kaffemaschinen mit Schwingfilter 1446 80 75 75 1402 1405 1401 71 Preise in 70 DM 1396 69 67 65 65 60 1995 1996 1997 1998 1999 1995 1996 Jahr 1997 1998 1999 Jahr Abb. 1: Der Preisverfall bei Wasch- und Kaffemaschinen Preis und Kaufentscheidungsprozess Als Ursachen des Preisverfalls können Sättigungstendenzen, die in vielen Märkten bestehen, Überkapazitäten der Industrie sowie die zunehmende Nachfragemacht des Handels genannt werden. Im Rahmen der Globalisierung machen die schnell wachsende Konkurrenz aus Südund Ostasien, die mit niedrigen Preisen und hoher Qualität auf den Markt drängen, den hiesigen Anbietern zu schaffen. Der Mangel an Leistungsdifferenzierung zwischen den Anbietern trägt ebenfalls zur Verschärfung des Preiswettbewerbs bei, denn die Konsumenten können kaum noch Qualitätsunterschiede ausmachen. Ausgelöst durch diese Faktoren schärft der Preiswettbewerb wiederum das Preisbewusstsein der Konsumenten. Das Preisverhalten der Verbraucher spielt in diesem Zusammenhang eine besonders große Rolle, da letztendlich der Kunde darüber entscheidet, welche Marken, Modelle und Preise sich am Markt durchsetzen. Infolgedessen ist es mehr denn je notwendig, die Bedürfnisse und Einstellungen der Konsumenten zu kennen und zu verstehen. Ein Weg, sich dieses Thema vor Augen zu führen, ist die Untersuchung des Kaufentscheidungsprozesses hinsichtlich relevanter Preiseinflüsse. Betrachtet man die einzelnen Prozesse der Kaufentscheidung, so lässt sich feststellen, dass in den verschiedenen Phasen unterschiedliche Konstrukte der Preisverhaltensforschung eine Rolle spielen. Problemerkennung Preisvorstellungen auf Basis von Preiskenntnissen (Erfahrungen) Informationssuche Preiswissen, Preisinteresse Alternativenbewertung Preisbereitschaft, Preisvergleiche, Einkaufsstättenwahl Kaufentscheidung Preisbeurteilung Nachkaufverhalten Preiszufriedenheit, Bildung neuen Preiswissens Abb. 2: Die Rolle des Preises im Kaufentscheidungsprozess Science Factory, Ausgabe 2/2001 (Juli), Seite 2 In der ersten Phase (Problemerkennung) empfindet der Konsument ein Bedürfnis, das er glaubt durch den Kauf eines Gutes, beispielsweise einer Waschmaschine, befriedigen zu können. Hier spielen vor allem Preisvorstellungen eine wichtige Rolle. Der Konsument muss sich finanziell in der Lage fühlen, sich den Preis einer Waschmaschine leisten zu können, um seinem Bedürfnis nachzukommen. Hier gilt es primär, Unterschiede zwischen Erst- und Wiederkäufern zu beachten, da Produkterfahrungen die Preisvorstellungen wesentlich beeinflussen. In einem nächsten Schritt sucht der Kunde nach Informationen über das gewünschte Kaufobjekt (Informationssuche). Je nach Preisinteresse und bereits vorhandenen Preiskenntnissen sucht der Kunde bei diesem Teilprozess nach Preisinformationen. Im Rahmen der Alternativenbewertung werden die verschiedenen Angebote, die sich in der Informationsphase als interessant erwiesen haben, miteinander verglichen. So werden Preisvergleiche zwischen den Wahlmöglichkeiten vorgenommen, wobei hier die Preisbereitschaft eine bedeutende Rolle spielt. Produkte mit für den Konsumenten unrealistischen Preisen werden aus dem Alternativen-Set entfernt. Weiterhin sucht sich der Konsument, aufgrund preislicher Unterschiede gleicher Produkte bei verschiedenen Handelsunternehmen, eine entsprechende Einkaufsstätte aus. Diese Phase geht schon fließend in die der Kaufentscheidung über, bei der sich der Konsument für eine Alternative entscheidet. Die Beurteilung der Preisgünstigkeit und des Preis-Leistungs-Verhältnisses ist Hauptbestandteil dieses Teilprozesses. Schließlich stellt sich aber erst nach dem Kauf heraus (Nachkaufverhalten), ob das erworbene Produkt den Erwartungen entspricht. Ist der Kunde mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis zufrieden, so ist seine Markentreue wahrscheinlicher, als wenn er unzufrieden ist. Nach dieser Struktur wurde nun das Kaufverhalten von Wasch- und KaffeemaschinenKäufern näher untersucht. Dazu wurden Daten aus dem Mail Panel des GfK Consumer SKOPE, einer Variante der Verbraucherpanels, untersucht. Hier werden kontinuierlich Untersuchungen zu Einkäufen von Gebrauchsgütern mit längerfistigen Anschaffungszyklen durchgeführt. Im Folgenden sollen nun Teilergebnisse für die Käufer von Waschmaschinen für die ersten beiden Phasen der Kaufentscheidung erläutert werden, um exemplarisch Potenziale aufzuzeigen, die den Preisverfall in diesem Markt stoppen könnten. Differenzierte Kundenansprache Im Rahmen der Problemerkennung wurden schwerpunktmäßig Unterschiede zwischen Erstund Wiederkäufern untersucht. Beim Vergleich dieser Verbrauchergruppen ist festzustellen, dass für Erstkäufer im Gegensatz zu Wiederkäufern der Preis wichtiger, Service und Qualität der Waschmaschine jedoch weniger wichtig ist. Dementsprechend zahlen diese auch einen niedrigeren Preis als Wiederkäufer, was sicherlich gleichermaßen mit dem Lebensalter zusammenhängen mag. Auf dieses Phänomen sollten sich Hersteller wie Händler jedoch einstellen und Erst- bzw. Wiederkäufer gezielt bedienen. Zum einen kann hier durch entsprechende Beratung auf Gefahren von „Billiggeräten“ eingegangen werden. Denn im Zusammenhang mit der Kaufentscheidung wurde festgestellt, dass eine entsprechende Beratung die Preisbereitschaft erhöhen kann. Weiterhin wäre auch an „Einsteigermodelle“ zu denken, wie dies in der Automobilindustrie mit verschiedenen Modellen in den letzten Jahren getan wird. Mit derartigen Modellen, die für Erstkäufer ausreichende Leistung für einen angemessenen Preis bieten (wobei der Preis über dem Preis der „Billigprodukte“ liegen sollte), könnte versucht werden, Markenloyalität aufzubauen (vgl. Informationssuche). Für die Phase der Informationssuche wurde das Informationsverhalten untersucht. Dabei ergibt sich, dass sich die Konsumenten relativ geringfügig informieren. Die Anzahl der genutzten Informationsquellen liegt bei zwei Dritteln der Waschmaschinen-Käufer lediglich bei ein bis zwei Informationsquellen. Nur 13 % der Konsumenten nutzen vier oder mehr Quellen. Interessant ist an dieser Stelle, dass das Preisinteresse und die Intensität der Science Factory, Ausgabe 2/2001 (Juli), Seite 3 Preissuche in keiner Beziehung stehen. Im Gegensatz dazu legen qualitätsbewusste Konsumenten ein intensives Informationsverhalten an den Tag. Von großer Bedeutung im Zusammenhang mit Erst- und Wiederkäufern (s.o.) ist die Tatsache, dass Kunden, die dieselbe Marke wählen wie beim letzten Kauf, deutlich weniger Informationsquellen nutzen als nicht-markentreue Kunden. Hier wird ein Teil des Immunisierungseffektes der Kundenbindung deutlich, da sich diese Kunden keinen vollkommenen Marktüberblick mehr verschaffen. Es gibt Hoffnung Die hier nur knapp dargestellten Teilergebnisse zeigen bereits, dass die Betrachtung des Kaufentscheidungsprozesses aus der Preisperspektive wichtige Anknüpfungspunkte liefert, um den Preisverfall aufzuhalten. Dadurch eröffnen sich den Herstellern in Non-FoodMärkten, aber auch dem Handel, reizvolle Optionen, die den derzeitigen Markttrend zum Stoppen bringen könnten. Science Factory, Ausgabe 2/2001 (Juli), Seite 4