L inksoder R echts

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Daniel Bochsler
Links oder Rechts ?
Sc hw eiz er Bu nd esrat spa rt eie n
auf dem ideologischen Messband
Seminararbeit
Im Rahmen des Seminars «Politische Ideen und ihre Träger im Wandel» im Wintersemester 1999/2000 am
Institut für Politikwissenschaften der Universität Bern, eingereicht bei Dr. Andreas Ladner.
Bern, im August 2000
Daniel Bochsler, Lorrainestrasse 21, 3013 Bern, e-Mail [email protected]
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 2
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ........................................................................................................................... 3
2
Theorie der Links-Rechts-Dimension ................................................................................ 4
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Wozu ein ideologisches Schema? ...............................................................................................4
Alternativen zum Links-Rechts-Schema.....................................................................................4
In Europa herrscht das Links-Rechts-Schema vor ......................................................................5
Definition über Issues oder über Parteien?..................................................................................5
Empirische Befunde zur Bedeutung des Links-Rechts-Schemas................................................6
3
Entwicklung der Parteiideologien ...................................................................................... 6
4
Messung.............................................................................................................................. 8
4.1 Wahlprogramme..........................................................................................................................8
4.1.1 Die verwendete Links-Rechts-Skala...................................................................................8
4.1.2 Probleme der Codierung.....................................................................................................9
4.2 Stimmverhalten im Parlament .....................................................................................................9
4.2.1 Das Parlamentarier-Rating von Jeitziner/Hohl (1999) ....................................................10
4.2.2 Neuberechnung des Ratings .............................................................................................10
4.3 Kantonale Parteipräsidien..........................................................................................................11
4.4 Drei verschiedene Skalen ..........................................................................................................11
5
Resultate ........................................................................................................................... 13
5.1 Resultate des ParlamentarierInnen-Ratings...............................................................................13
5.1.1 Vergleich mit Jeitziner/Hohl.............................................................................................14
5.2 Politische Orientierung der WählerInnen..................................................................................14
5.3 Kantonalparteipräsidien.............................................................................................................15
Die Resultate der einzelnen Regierungsparteien................................................................................16
5.4.1 CVP ..................................................................................................................................16
FDP 17
SPS
18
5.4.4 SVP...................................................................................................................................19
5.5 Kleinparteien .............................................................................................................................20
5.6 Erfüllen die Parteien den Auftrag ihrer WählerInnen? .............................................................20
6
Entwicklung des Parteiensystems .................................................................................... 21
6.1 Historische Polarisierung ..........................................................................................................21
6.2 Wahlerfolge dank politischer Position? ....................................................................................21
6.3 Altes Links-Rechts-Schema immer noch vorhanden ................................................................22
7
Literatur ............................................................................................................................ 23
Zeitungsartikel....................................................................................................................................24
Anhang ..................................................................................................................................... 25
Betrachtete 21 Namensabstimmungen des Nationalrates ..................................................................25
Links-Rechts-Skalierung der NationalrätInnen..................................................................................26
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 3
1
Einleitung
Bei den Nationalratswahlen 1999 verbuchte die SVP für Schweizer Verhältnisse erdrutschartige Gewinne und wurde vom WählerInnenanteil her erstmals zur stärksten bürgerlichen
Partei. "Der Sieg der SVP geht weit über das hinaus, was sich seit 1995 in den kantonalen
Wahlen abgezeichnet hatte. Die Partei konnte die Zahl ihrer Mandate um über die Hälfte steigern und wurde im Nationalrat fast gleich stark wie SP und FDP. Die Aufspaltung auf drei
gleich starke Gruppen dürfte die Suche nach einem Konsens erschweren. Die Parteien der
Mitte stehen nun vor der Frage, ob sie nach rechts rücken oder weiterhin mit der SP eine
Mitte-links-Allianz bilden sollen", schrieb der Tages-Anzeiger am 25. Oktober 1999 (Niederberger 1999), dem Tag nach den Wahlen. Krempelt diese laut Tages-Anzeiger «historische
Wende» das schweizerische Parteiensystem um? Führt sie zu einer neuen tripolaren Politik
oder zu einem Rechtsruck? Lassen sich die Positionen der Schweizer Parteien überhaupt noch
mit der Links-Rechts-Achse erfassen oder sind es nicht andere Fragen, welche die Parteiprogramme ausmachen? Und sind es noch die gleichen Konflikte und Issues wie früher, welche
das Links-Rechts-Schema ausmachen?
In dieser Seminararbeit will ich die Relevanz des Links-Rechts-Schemas untersuchen; die
vier grössten Schweizer Parteien CVP, FDP, SPS und SVP auf dem Links-Rechts-Schema
verorten und daraus Schlüsse über Veränderungen des Schweizer Parteiensystems in Bezug
auf die Ideologie der Parteien ziehen. Zudem will ich untersuchen, ob sich die grossen Parteien im Schweizer Parteiensystem polarisiert oder angenähert haben.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 4
2
Theorie der Links-Rechts-Dimension
2.1
Wozu ein ideologisches Schema?
Die Funktion der Parteien, wie sie Ware (1996: 63f) formuliert, beruht auf der gemeinsamen
Ideologie innerhalb der Parteien. Wer eine Ideologie oder ein politisches Programm in die
Gesellschaft einbringen will, braucht Gleichgesinnte und ein Forum, in dem er mit diese zusammen arbeiten und in dem sich die Forumsmitglieder gegenseitig stützen können. Dieses
Forum - die Partei - dient dazu, um die Gesellschaft von der Ideologie dahinter zu überzeugen.
Der rational-choice-approach von Downs (zitiert nach Bürklin/Klein 1998: 114ff) erklärt,
wieso aus dem Konkurrenzkampf der Parteien anhand ihrer Politprogramme ein ideologisches
Schema entsteht: Die Parteien konkurrieren um die Anzahl abgegebener Stimmen der Wahlberechtigten. Deshalb müssen sie die politischen Präferenzen der WählerInnen und die Position der konkurrierenden Parteien berücksichtigen. Downs interpretiert das «räumliche Modell
der Parteienkonkurrenz» als Links-Rechts-Achse; als Dimension, auf der sich die politischen
Präferenzen der Wahlberechtigten eindeutig abbilden lassen. Lässt sich ein Grossteil der
WählerInnen in der Mitte verorten und wird nach dem Majorzwahlrecht gewählt, werden sich
die Parteien in einem Zweiparteiensystem Positionen nahe der Mitte einnehmen (Dows 1968:
97ff); bei einer bipolaren Verteilung der WählerInnen dagegen ergibt sich eine grössere
ideologische Distanz zwischen den beiden Parteien. Wird dagegen nach Proporz gewählt oder
verteilen sich die WählerInnen polymodal, ergibt sich ein Mehrparteiensystem, in dem die
Parteien untereinander eine gewisse ideologische Distanz halten.
2.2
Alternativen zum Links-Rechts-Schema
Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts haben die Links-Rechts-Achse und mit ihr die traditionellen politischen Lager, auf welchen diese beruhen, laut Giddens (1997: 116) an Bedeutung verloren. «Heute leben wir in einer Welt der hergestellten Unsicherheit, in der das
Risiko etwas völlig anderes ist als in früheren Perioden der Entwicklung moderner Institutionen.» Diese Welt bezeichnet Giddens als «Nachknappheitsgesellschaft»; mit anderen Worten:
Der Konflikt um materielle Werte nicht mehr die Bedeutung wie früher.
Inglehart (1995: 90) spricht von einer Wertverschiebung. Es entsteht eine neue postmaterialistische-materialistische Dimension: «Lebensqualität und Selbstverwirklichung [werden]
immer stärker betont, während traditionelle politische, religiöse, moralische und soziale Normen an Bedeutung verlieren.» Damit schwinde auch das herkömmliche Links-RechtsSchema: «Bis weit in die siebziger Jahre hinein grenzten die politischen Eliten in den westlichen Staaten 'links' und 'rechts' vor allem danach voneinander ab, wieviel staatliche Intervention in Wirtschaft und Gesellschaft jeweils auf dem Programm stand» (Inglehart 1995: 16).
Dies hat sich verändert. Auch die Linke akzeptiert zunehmend, dass am Sinn «staatlicher
Planung und Kontrolle» gezweifelt wird.
Dazu geführt habe die Globalisierung, die Auflösung der Traditionen und die ökologische
Krise. Der Sozialismus gehöre «nicht mehr zur Avantgarde der historischen Entwicklung»;
sein Sozialstaat-Konzept sei überholt (Giddens 1997: 27ff). Strikter Konservativismus verkomme zum Fundamentalismus, Neoliberalismus wiederum bezeichnet Giddens als «widersprüchlich»: Einerseits wolle er in Familien-, Gleichstellungs- und Religionsfragen Traditionen bewahren und halte am Nationalismus fest. Andererseits fordere er die Aufhebung aller
Traditionen, um dem Markt aund dem «aggressiven Individualismus» freies Spiel zu lassen.
Die alten Ideologien der Linken und der Rechten hätten ausgedient, statt dessen postuliert
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 5
Giddens den neuen Radikalismus mit Elementen des philosophischen Konservativismus und
des Sozialismus. Dieser solle unter anderem ein «Gleichgewicht zwischen Autonomie und
Solidarität», eine radikale Demokratisierung bringen und den Wohlfahrtsstaat überdenken.
Giddens ortet neue politischen Konfliktlinien jenseits der Links-Rechts-Achse, letztere sei
überholt und verliere in der modernen Gesellschaft an Bedeutung. Allerdings ist auch für
Giddens die Links-Rechts-Orientierung nicht ganz verschwunden: «Heute hat sich ihre
Hauptbedeutung zumindest in vielen Gesellschaften gegenüber der früheren gewandelt, denn
die neoliberale Rechte befürwortet nun die Regeln des Markts, während die Linke für öffentliche Fürsorge und Sozialmassnahmen eintritt. ... Insgesamt gesehen findet sich die Rechte
eher als die Linke mit dem Vorhandensein von Ungleichheiten ab, und sie unterstützt ausserdem lieber die Mächtigen als die Machtlosen. Dieser Gegensatz bildet einen wirklichen Unterschied, der auch künftig wichtig bleibt», er sei jedoch kaum mehr ein durchgängiges Prinzip (Giddens 1997: 335).
1998 legte Giddens unter dem Titel «The third way» ein Programm vor, das seine Ausführungen weiter konkretisiert.
Die Vorstellung von Giddens "Drittem Weg" scheint jedoch zu einem beträchtlichen Teil
eher auf einer normativ-prospektiven, denn auf gegenwartsbezogener empirischer Basis zu
stehen. Auch wenn die von Giddens beschriebenen Entwicklungen ablaufen und neue Issues
entstehen lassen, bedarf es für die Aussage, dass das Links-Rechts-Schema keine Bedeutung
hat, nähere Untersuchungen.
2.3
In Europa herrscht das Links-Rechts-Schema vor
Diese haben Fuchs und Klingemann (1990) erbracht. Sie haben in ihrer Studie «The LeftRight Schema» WählerInnenbefragungen in den Niederlanden, den USA und Westdeutschland der 70-er und frühen 80-er-Jahre verglichen. Betrachtet wurde die Selbsteinstufung der
WählerInnen auf der Links-Rechts-Achse und die Inhalte, welche sie mit den Begriffen assoziierten. Fuchs/Klingemann kamen zum Schluss, dass eine Mehrheit der Befragten die Begriffe Links und Rechts kennt. Das Schema stehe für verschiedene politische Themen, bezeichne
aber in erster Linie den Konflikt zwischen den sozialen Klassen, in den Niederlande spiele
auch die religiöse Spaltung hinein. Das Schema könne längerfristig auch neue Bedeutungen
integrieren.
In den USA bereitet das Schema laut Fuchs/Klingemann grössere Schwierigkeiten und sei
nicht eindeutig bestimmbar, dort spielten das Issue Liberalismus/Konservativismus eine tragende Rolle in der politischen Diskussion und im Parteiensystem.
Doch die politischen Positionen, welche auf der Links-Rechts-Achse abgebildet werden,
haben in Europa Bestand: Noch immer beruhen sie auf den Programmen der traditionellen
Parteien; der Sozialdemokratie, dem Liberalismus und dem Konservativismus.
2.4
Definition über Issues oder über Parteien?
Huber (1989) hat mit den Daten des Euro-Barometer 1979 in acht westeuropäischen Staaten
untersucht, ob das Links-Rechts-Schema von politischen Themen oder aber von der Parteiidentifikation bestimmt wird. Issues hätten in allen untersuchten Ländern Bedeutung für die
Einstufung, ebenso aber auch die Identifikation mit einer Partei, folgert Huber.
Damit stellt sich die Frage, ob die Einordnung auf der Links-Rechts-Achse Bestand hat,
oder nicht mit der Neuorientierung der darauf eingestuften Parteien auch ihre Richtung ändert
und flexibel andere Themen übernimmt.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 6
2.5
Empirische Befunde zur Bedeutung des Links-Rechts-Schemas
Lijphart (1999: 79ff) relativiert den Bedeutungswechsel. Er hat die dominanten politischen
Konfliktlinien in 36 Demokratien untersucht - auch wenn die Kriterien, die er dafür verwendet hat, nicht glasklar sind. Lijphart kommt zum Schluss, dass «der Links-Rechts-Gegensatz
in sozioökonomischen Issues zwar seit 1960 abgenommen hat, aber niemals in dem Umfang,
dass dieses Issue in einem der [36] Länder verschwunden wäre». Nur in den USA, in Kanada,
auf den Bahamas und in Trinidad - also ausschliesslich in aussereuropäischen Demokratien hat das sozioökonomische Issue laut Lijphart eine mittlere Bedeutung; in allen anderen untersuchten Ländern eine grosse.
Trotzdem ist es sinnvoll, wenn man für die Verortung der Parteien im mehrdimensionalen
Raum ein Instrument hat. Mögliche Skalen wären beispielsweise auch die materialistischpostmaterialistische oder die liberalistisch-dirigistische Dimension. Gerade in Westeuropa
wird laut Brändle (1999: 14) aber für die ideologische Verortung in der Regel «die Linksrechts-Dimension als zentrales ideologisches Orientierungsschema verwendet, das quasi den
kleinsten gemeinsamen Nenner gesellschaftlicher gesellschaftlicher Konfliktstrukturen ausdrückt.»
Und das Schema ist nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern in der Praxis anwendbar:
Armingeon (1995: 44) schreibt, «dass sich in Europa im Schnitt acht von zehn Personen einen
Platz auf einer solchen Skala zuweisen können. Auch die Schweiz macht hier keinen Unterschied.»
Laut Ladner und Brändle (1998) spielt der Links-Rechts-Gegensatz «bei der Positionierung
von Parteien im ideologischen Raum eine wichtige Rolle. Weder die Grünen mit ihrem ursprünglichen Anspruch, nicht links oder rechts, sondern für die Umwelt zu sein, noch der Zusammenbruch der Berliner Mauer haben dieses politische Koordinatensystem grundsätzlich
erschüttert.»
3
Entwicklung der Parteiideologien
Verschiedene Theorien formulieren drei Erwartungen für die Entwicklung der ideologischen
Parteipositionen im Links-Rechts-Schema:
n Verschiedene Parteientheoretiker, darunter Kirchheimer mit seiner Theorie der «Allerweltspartei (catch-all-party)» (1965: 27) erwarten, dass die Parteien allmählich breitere
Schichten ansprechen und sich von einer begrenzten Wählergruppe lösen. «Sie [die Partei] opfert also eine tiefere ideologische Durchdringung durch eine weitere Ausstrahlung
und einen rascheren Wahlerfolg». Die Ideologien der Allerweltsparteien verblassen und
nähern sich einander an. Die selbe Erwartung – ein Schwinden der Bedeutung der Ideologie und damit eine ideologische Annäherung – formulieren Katz und Mair mit ihrem
Modell der «Cartel-Party» (1996). Auch Brändle (1997: 17f) erwartet, gestützt auf die
Parteientheorie und die seit 1959 bestehende Vierparteienregierung, eine ideologische
Angleichung der Regierungsparteien in der Schweiz.
n Demgegenüber ist aufgrund von Presseberichten eine ideologische Polarisierung der
Schweizer Parteien zu erwarten: Dank ihren klaren Parolen können Parteien, die sich klar
links und rechts im politischen Spektrum einreihen, ihre Botschaften den WählerInnen
besser vermitteln. Mitteparteien dagegen können ihre Kompromisssuche zwischen links
und rechts weniger spektakulär in den Medien darstellen. Sie werden von den Parteien
links und rechts aufgerieben; das Parteiensystem wird zunehmend polarisiert.
n Keine ideologische Veränderung in einem Mehrparteiensystem wie der Schweiz erwartet
dagegen Downs (1968: 126ff): «Parteiideologien sind in Mehrparteiensystemen relativ
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 7
unbeweglich». Eine ideologische Verschiebung wäre mit Verlusten von WählerInnen
verbunden, denn verschiedenen ideologischen Positionen der Wählerschaft sind bereits
durch andere Parteien besetzt. Verschiebungen und neue Parteien sind einzig zu erwarten,
wenn neue Schichten von Wahlberechtigten durch eine Veränderung des Wahlrechts hinzukommen. Die Einführung des Frauenwahlrechts ist dabei aber bedeutungslos: Es ändert
zwar die Zahl der Wählenden, nicht aber die Verteilung.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 8
4
Messung
Die ideologische Position der Parteien kann auf verschiedenste Arten gemessen werden:
n Befragung von Parteieliten
n Inhaltsanalyse von Wahlprogramme
n Befragungen von WählerInnen
n Untersuchung des Abstimmungsverhaltens der Parlamentsabgeordneten
In dieser Arbeit stütze ich mich auf folgende vier Methoden: Inhaltsanalyse der Wahlprogramme, Nachbefragung der Wählenden, Abstimmungsverhalten der Parlamentsabgeordneten
und Selbsteinschätzung der Parteikader.
Damit soll soweit möglich ein Querschnitt durch verschiedene Ebenen der Parteiarbeit ermöglicht werden, der einen beschränkten Vergleich der verschiedenen Ebenen erlauben soll.
Das Programm der Partei betrachte ich anhand der Wahlprogramme, die Parlamentspolitik
aufgrund der Abstimmungen, die Parteibasis mit Hilfe der WählerInnen-Nachbefragung und
die Parteieliten aufgrund einer Befragung der kantonalen Parteipräsidien.
Weil die Wahlprogramme für die nationalen Wahlen 1947 bis 1995 bereits untersucht wurden, kann mittels dieser Daten die historische Entwicklung der vier grössten Schweizer Parteien CVP, FDP, SPS und SVP untersucht werden.
4.1
Wahlprogramme
Im Rahmen des Comparative Manifestos Project wurden in einer internationalen Studie
Wahlprogramme politischer Parteien untersucht. Den Schweizer Beitrag dazu liefert Brändle
(1997). Er hat die Programmatik der vier grössten Schweizer Parteien FDP, CVP, SVP und
SPS für die Jahre 1947-1995 untersucht.
4.1.1 Die verwendete Links-Rechts-Skala
Klingemann, Hofferbert und Budge (1994: 271ff) beschreiben eine Methode, nach der sich
Programme auf der Links-Rechts-Achse einstufen lassen. Ein Raster mit den 54 Themen soll
eine annähernd vollständige Erfassung der Themen erlauben. 13 der 54 Sachbereiche bezeichnen sie als linke Positionen bezeichnet, 13 andere als rechte.1
1
Eine vollständige Übersicht über die 54 Issues und deren Beschreibung findet sich bei Klingemann/Hofferbert/Budge
(1994: 274-279) oder bei Brändle (1997: 72-74).
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 9
"Linke Themen"
Anti-Imperialismus
Militär Frieden
Internationalismus +
Demokratie
Regulierung
Wirtschaftsplanung
Protektionismus +
Preiskontrolle
Verstaatlichung
Sozialleistungen +
Bildung +
Arbeitnehmer +
"Rechte Themen"
Militär +
Individuelle Rechte
Rechtsstaatlichkeit
Regierungsleistung
Freies Unternehmertum
ökonomische Anreize
Protektionismus Traditionelle Wirtschaftspolitik
Sozialleistungen Nationale Besonderheiten +
Traditionelle Moral
Recht und Ordnung
Sozialer Friede
+ positive inhaltliche Bewertung, - negative inhaltliche Bewertung
Klingemann/Hofferbert/Budge (1994) definieren also "links" und "rechts" mit Hilfe von politischen Issues. Anschliessend berechnen sie eine Prozentzahl aus dem Anteil linker und
rechter Positionen in den Parteiprogrammen. Dieser Index [hier als 'LR' bezeichnet] berechnet
sich wie folgt:
LR = (linke Issues - rechte Issues) · 100 / Anzahl codierte Aussagen
4.1.2 Probleme der Codierung
Diese Regeln garantieren jedoch keine problemlose Codierung: «Obwohl das Untersuchungsraster mit 54 Kategorien eine relativ grosse Zahl von Themen erfasst, können Wahlprogramm-Aussagen nicht differenziert kategorisiert werden. Dadurch ergeben sich vor allem
beim Vergleich von Parteien in einem einzelnen Land – wie im vorliegenden Fall – Einschränkungen bezüglich der Aussagekraft», schrieb Brändle (1997).
Bei der Codierung der Wahlprogramme 1999 bereiteten Aussagen zu den bilateralen Verträgen mit der EU und vor allem die von den bürgerlichen Parteien geforderte Verschärfung
des Asylgesetzes Schwierigkeiten und konnten in der Regel keiner Kategorie zugeordnet werden (währenddem sich viele SPS-Forderungen zur Asylpolitik in passende Kategorien, z.B.
Frieden, multikulturelle Gesellschaft, einordnen lassen). Nicht sehr geeignet ist das Schema
aber auch, um die Forderungen der FDP und der SVP nach einer Steuersenkung zu erfassen.
Trotzdem waren zwischen 71% und 83% der 99er Wahlprogramm-Aussagen einer der 54
Kategorien zuteilbar.2
Zu den Resulaten siehe Kapitel zu den Parteien und zur Entwicklung des Parteiensystems.
4.2
2
Stimmverhalten im Parlament
Mit der Analyse der Wahlprogramme kann jedoch noch nicht gesagt werden, wie die Parteien in der Realität politisieren. Ein Indikator dafür ist die Positionierung der Abgeordneten bei
Abstimmungen im Parlament. Hier kann die Wählerin messen, ob ihr Wille auch wirklich
umgesetzt wird.
Bei der CVP fallen von 70 Aussagen im Wahlprogramm 27.1% in keine Kategorie; bei der FDP sind es 20.8% von
255 Aussagen; bei der SP 16.7% von 275 Aussagen; bei der SVP 28.8% von 118 Aussagen. 44.3% der CVP-Werte fallen in eine der als «links» oder als «rechts» bezeichneten 26 Kategorien, bei der FDP sind es 50.9%, bei der SP 42.2%
und bei der SVP 36.4%. Klingemann et al. haben bei ihrer Codierung 35% bis 75% der Aussagen diesen Kategorien
zuordnen können (1994: 39).
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 10
Auch diese Methode hat allerdings ihre Nachteile: ParlamentarierInnen können hinter den
Kulissen der Öffentlichkeit anders agieren als sie dann in den Namensabstimmungen entscheiden. In Kommissionen üben ParlamentarierInnen auch Einfluss aus, der z. T. wesentlicher ist als im Plenum. Nicht betrachtet wird auch die Art ihres parteiinternen oder verbandsinternen Engagements. Linder (1999: 210) vermutet zudem: «Namensabstimmungen, die im
Parlament zur Schaffung von Transparenz gegen aussen verlangt werden können, dürften ein
geschlosseneres Verhalten der Fraktionen zeigen als die Gesamtheit der Abstimmungen.»
4.2.1 Das Parlamentarier-Rating von Jeitziner/Hohl (1999)
Jeitziner/Hohl (1999) haben eine Studie präsentiert, in der sie für die Jahre 1996 und 1998
die Position der NationalrätInnen auf der Links-Rechts-Achse berechnet haben.3
Als Kriterien für die Auswahl der Abstimmungen nennen die Autoren insbesondere die
Anwendbarkeit der Links-Rechts-Dimension. Sie wählen diejenigen Abstimmungen aus, bei
welchen sich die SP links der CVP, jene links der FDP und diese links der SVP positioniert.
Dies berechnen sie mit Hilfe des Abstimmungsverhaltens der Fraktionen im Parlament. Sie
berechnen den Anteil der Ja-Stimmen gemessen an allen Stimmen für die vier Fraktionen.
Anschliessend vergleichen sie diese Stimmenanteile. Erfüllt dieser die formale Bedingung SPJa-Anteil≥CVP-Ja-Anteil≥FDP-Ja-Anteil≥SVP-Ja-Anteil4, dann verläuft eine Abstimmung
nach dem Links-Rechts-Schema und wird weiterverwendet; ebenso Abstimmungen, bei denen
das Resultat genau umgekehrt aussieht (die SP also den kleinsten Ja-Stimmenanteil hat; die
SVP den grössten). In einem nächsten Schritt werden jene Abstimmungen mit den wenigsten
Absenzen ausgewählt. Beim letzten Auswahlschritt wird darauf geachtet, dass eine möglichst
breite Streuung über verschiedene Sachfragen erreicht wird. Insgesamt bleiben 80 Abstimmungen.
Für die weitere Auswertung gilt diejenige Alternative, für welche vor allem SPNationalrätInnen gestimmt haben, jeweils als "links", die SVP-Position als "rechts". Anschliessend berechnen Jeitziner/Hohl für alle NationalrätInnen den Anteil der Abstimmungen, bei
welchen sie "links" und denjenigen, bei welchen sie "rechts" gestimmt haben; die beiden
Stimmenanteile werden subtrahiert. Wer jeweils "links" gestimmt hat, wird bei -10; wer immer "rechts" gestimmt hat bei +10 eingestuft.
Dieses Vorgehen von Jeitziner/Hohl (1999) kann allerdings nicht überzeugen: Mit der Ausgangsbedingung SP≥CVP≥FDP≥SVP definieren sie das Links-Rechts-Schema durch die Positionierungen der Bundesratsparteien; sie nehmen an, dass die SP links steht; die SVP rechts
und die CVP und die FDP dazwischen positioniert sind. Werden nun die einzelnen PolitikerInnen und ihre Parteien aufgrund dieser Untersuchung auf der Links-Rechts-Achse situiert,
ist dieses Resultat tautologisch: Das Resultat wird vorweggenommen, indem nur diejenigen
Abstimmungen betrachtet werden, in denen sich die Bundesratsparteien nach dem vermuteten
Schema positionieren. Zudem werden möglicherweise Abstimmungen in die Auswertung einbezogen, die nichts mit Links-Rechts-Issues zu tun haben, sondern zufällig zu einer ähnlichen
Parteipositionierung führen. Für eine Situierung der einzelnen NationalrätInnen innerhalb ihrer Fraktion mag die Studie nützlich sein. Für eine Betrachtung der Parteien ist dieses Verfahren aber nicht geeignet.
4.2.2 Neuberechnung des Ratings
Deshalb habe ich diese Werte selbst nachgerechnet. Als Basis dienten 21 Namensabstimmungen der Legislaturperiode 1995-1999; alle betreffen Themen des von Klinge-
3
Die verwendete Methode erläutert «Der Bund» (Aschinger 1999).
Beispielsweise SP 90% Ja; CVP 70% Ja; FDP 20% Ja; SVP 20% Ja. Oder in umgekehrter Reihenfolge: SP 50% Ja,
CVP 70% Ja, FDP 90% Ja, SVP 100% Ja.
4
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 11
mann/Hofferbert/Budge beschriebenen Links-Rechts-Schemas. Gewählt wurden umstrittene
Entscheide zu möglichst vielen verschiedenen der 26 "Linksrechts"-Issues.5
Berechnet habe ich die Position aller NationalrätInnen, die an mindestens einer der betrachteten Abstimmungen in der Legislaturperiode 1995-1999 teilgenommen haben. Wer später ins
Amt nachrutschte, vor Legislaturende zurücktrat oder bei Abstimmungen fehlte, kommt auf
weniger als 21 Entscheide. Eine Verortung der NationalrätInnen, die nur an einer Abstimmung teilgenommen haben, macht zwar wenig Sinn. Da wird es möglich, dass ein freisinniger
Nationalrat bei -10 (ganz links) eingestuft wird. Da das Untersuchungsziel aber die Positionen
der im Nationalrat vertretenen Parteien ist und dazu ParlamentarierInnen, die an weniger Abstimmungen teilgenommen haben, entsprechend weniger gewichtet wurden6, spielt dies keine
Rolle.
"Linke" Parteien oder ParlamentarierInnen werden bei -10 eingestuft; "rechte" bei +10. Die
Werte können jedoch nicht für eine Absolutskala verwendet werden, da eine streng repräsentative Auswahl der Abstimmungen kaum möglich ist und dies die Skala verzerrt. Im Unterschied zu der Wahlprogramm-Analyse erreicht eine Partei oder eine Person viel einfacher den
linken oder den rechten Rand der Skala, weil hier nur Linksrechts-Entscheide betrachtet und
Abstimmungen zu anderen Themen weggelassen wurden.7
4.3
Kantonale Parteipräsidien
Die Selbsteinschätzung der kantonalen Parteipräsidien beziehe ich aus dem NationalfondsProjekt "Die Schweizer Parteiorganisationen im letzten Drittel des 20. Jahrhundert", für welches
Ladner/Brändle (1999: 7) im September 1997 200 kantonale Parteisektionen befragt haben. Sie
haben festgestellt, dass die PräsidentInnen keine Mühe haben, ihre Partei auf der 10er-Skala zu
verorten und das «sich die Unterschiede zwischen den Kantonalparteien der einzelnen Parteien
sowohl auf der Links-rechts-Achse wie auch bezüglich konkreter Sachfragen deutlich und inhaltlich konsistent nachweisen lassen, so dass davon ausgegangen werden muss, dass es sich bei
der Links-Rechts-Dimension nach wie vor um eine brauchbare Abbildung politischer Unterschiede handelt».
4.4
Drei verschiedene Skalen
Für die vier Messungen wurden drei verschiedene Links-Rechts-Skalen verwendet.
5
n
In der Nachbefragung der WählerInnen und in der Selbsteinschätzung der kantonalen
Parteipräsidien kam die in Umfragen gebräuchliche 10-er-Skala (von 1 bis 10) zum Einsatz.
n
Für die Berechnung der Position der NationalrätInnen verwendete ich die bereits von
Jeitziner/Hohl verwendete Skala mit den Werten -10 für ganz links; 0 für Mitte; +10 für
ganz rechts.
n
Die Wahlprogramme codierte ich mit der im Comparative Manifestos Project verwendeten Skala, die von +100 für ausschliesslich linke Aussagen im Wahlprogramm bis -100
für ausschliesslich rechte Aussagen im Wahlprogramm reicht.
Die Liste der betrachteten Abstimmungen befindet sich im Anhang.
Berechnet wurde das Gesamttotal einer Partei der "linken" und "rechten" Stimmen in allen 21 Abstimmungen, anschliessend wurde der Anteil der linken Stimmen von den rechten subtrahiert. Beispielsweise gab es in den 21 Abstimmungen 762 FDP-Stimmen; davon war 208 mal mehr eine Stimme "rechts" statt "links", dies ergibt eine Rechtsorientierung für die FDP-Fraktion von 27,3 % oder einen Wert von 2,73 auf der entsprechenden Skala.
7
Quelle: Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, Auswahl der Abstimmungen mit Hilfe der Année politique suisse.
6
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 12
Zwar wird durch diese unterschiedliche Skalierung die Vergleichbarkeit nicht gerade vereinfacht. Das ist aber auch gut so. Denn die verschiedenen Messungen führen gezwungenermassen zu unterschiedlichen Verteilungen der Werte. Die Positionierung von ParlamentarierInnen aufgrund der Abstimmungen bringt relativ rasch Werte am Rand der Skala, denn mit
diesem Verfahren werden nur umstrittene Issues, die auch zu Meinungsverschiedenheiten im
Parlament führen, erfasst. Somit befindet sich eine mit -10 oder +10 eingestufte Person noch
im Spektrum der im Parlament vertretenen Positionen. Die Resultate der Wahlprogramme
können nicht so extrem ausfallen: Erstens gibt es einen Anteil von Aussagen, die nicht im
Codierungsschema erfasst sind und somit als neutrale Aussagen behandelt werden. Zweitens
macht wohl jede Partei auch Aussagen zu Issues, die nicht Gegenstand der Links-RechtsAchse sind und somit ebenfalls neutral behandelt werden. Dies ergibt unweigerlich auch für
Parteien, die klar links politisieren einen Wert deutlich unter +100 und für ganz rechte Parteien einen deutlich über -100.
Zudem stellt sich die Frage, ob alle Skalen dasselbe Messniveau aufweisen. Auch dies muss
bezweifelt werden. Während die Befragung von WählerInnen und Parteieliten wahrscheinlich
und die Verortung der Wahlprogramme sicher zu absoluten Werten führt, weist die Einschätzung der ParlamentarierInnen kein absolutes Niveau auf; eine Verortung im Sinne einer Absolutskala ist hingegen aufgrund der beschränkten Auswahl von Abstimmungen nicht möglich.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 13
5
Resultate
5.1
Resultate des ParlamentarierInnen-Ratings
Partei
Quotient
Bundesratsparteien
SP
-9.28
CVP
+0.2
FDP
+2.7
SVP
+6.9
linkeste
Vertreter
Parteivertreterin/linkester rechtestes Parteivertreterin/rechtester Quotient
Vertreter
Jeitziner/H.
-10.0 (Pierre Aguet); (Peter Bodenmann) *2; (Pierre Chiffelle); (JeanNils de Dardel); (Jacqueline Fehr)
*11; (Barbara Geiser) *4; (Kathrin
Hilber) *1; (Françine Jeanprêtre) *14;
(Werner Jöri) *1; (Peter Jossen) *2;
(Christine Keller) *13; (Werner Marti)
*11; (Jean-Claude Rennwald); (Victor
Ruffy); (Anita Thanei); (Peter Vollmer); (Margrith von Felten) *13;
(Agnes Weber); (Jean Ziegler) *8
-6.2 (Judith Stamm)
-10.0 (Massimo Pini) *1
-2.9 (Marc Suter)
-1.0 (Brigitta Gadient)
-7.1 (Elmar Ledergerber) *7
-7.5 (Helmut Hubacher) *8
-8.3 (Fredi Alder)
-9.5
+5 (Gilbert Debons)*6
+3.5 (Peter Baumberger)
+8.1 (Rolf Hegetschweiler)
+0.2
+10.0 (J.Alexander Baumann); (Hans +8.1
Fehr); (Ulrich Giezendanner); (Ueli
Maurer); (Ulrich Schlüer)
Nicht-Bundesratsparteien
CSP
-8.9
nur 1 Mitglied
EDU
+2.0
0.0 (Werner Scherrer) *6
+2.9 (Christian Waber) *14
EVP
-4.5
-4.7 (Otto Zwygart)
- 4.3 (Max Dünki)
FPS
+10.0
alle bei 10.0
GB
-9.5
nur 1 Mitglied
GPS
-9.1
-10.0 (Ruth Gonseth-Egenter); (Ruth -7.5 (Verena Diener) *8
LdU
-4.8
Lega
LPS
+2.9
+3.2
PdA
-9.5
SD
+3.4
+4.8
-9.2
+3.8
-4.1
+8.8
-9.5
-9.5
Genner) *12; (Margrith von Felten) -8.0 (Hans Meier)
*6; (Katrin Kuhn) *2
-6.1 (Roland Wiederkehr)
0.0 (Anton Schaller) *2; (Regina Am- -6.9
mann Schoch) *2
-4.0 (Samuel Meier) *10
-5.0 (Verena Grendelmeier)
nur 1 Mitglied
+7.3
-0.5 (Christoph Eymann)
+4.4 (Jean-François Leuba)*9
+3.6
+4.2 (Charles Friderici)
-10.0 (Christian Grobet); (Josef Zisya- -9.23 (Jean Spielmann)
-9.4
dis) *2
0.0 (Markus Ruf) *13
+5.6 (Hans Steffen)
+4.1
+3.9 (Rudolf Keller)
*2 bedeutet, dass die betreffende Parlamentarierin, der betreffende Parlamentarier nur bei 2 Abstimmungen teilgenommen hat, das Resultat also wenig über die politische Position aussagt ist.
Für NationalrätInnen mit bis zu 14 Abstimmungen entsprechend vermerkt.
Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: In Links-Rechts-Issues öffnet sich vor allem
zwischen der SPS und den drei bürgerlichen Regierungsparteien ein tiefer Graben. Die SPSNationalrätInnen befinden sich relativ geschlossen am linken Rand des Spektrums, während
die Bürgerlichen grösstenteils in der rechten Hälfte, teils auch in der Mitte anzutreffen sind.
Die Positionen innerhalb der drei bürgerlichen Parteien sind dabei weit unterschiedlicher als
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 14
diejenigen der SPS und der Kleinparteien.8 Zwischen CVP, FDP und SVP gibt es erhebliche
Überschneidungen.
Die Nicht-Regierungsparteien sind jeweils relativ klar einem der Lager zuzuordnen: Die
Partei der Arbeit (PdA), die Grüne Partei (GPS), das Grüne Bündnis (GB) und die christlichsoziale Partei (CSP) stehen genau am selben Ort wie die SPS. Die Evangelische Volkspartei
(EVP) und der Landesring der Unabhängigen (LdU) füllen die Lücke zwischen der SPS und
der CVP aus. Die Lega dei Ticinesi, die Liberale Partei (LPS), die Schweizer Demokraten
(SD), die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) und die Freiheits-Partei (FPS) stärken
die Dominanz der bürgerlichen Regierungsparteien. 9
5.1.1 Vergleich mit Jeitziner/Hohl
Die Resultate meiner Berechnung liegen nicht weit von denjenigen von Jeitziner/Hohl
(1999) entfernt. Abweichungen gibt es vor allem bei der Lega, bei der FDP, bei der SVP, bei
der EDU und beim LdU, welche bei Jeitziner/Hohl alle näher an den Rändern der Skala liegen. Grundsätzlich ergeben beide Untersuchungen aber ähnliche Resultate für die Reihenfolge
der Parteien.
5.2
8
Politische Orientierung der WählerInnen
Die selects-Befragung von 976 WählerInnen nach den eidgenössischen Wahlen 1999 zeigt,
dass deren ideologische Einstellung in etwa dem Parteiprogramm entspricht, die sie gewählt
haben. Demnach siedelt sich die SP links im politischen Spektrum an; FDP, CVP und SVP
mitte-rechts resp. rechts.
Aufgrund des Messniveaus sollten die Spannweiten innerhalb der Parteien nicht als genaue Werte betrachtet werden.
Jedoch lässt sich auch ohne die Differenzen zwischen der rechtesten Vertreterin und dem linkesten Vertreter zu berechnen feststellen, dass sich die Positionen der bürgerlichen Parteien überlappen, ebenso jene unter den linken Parteien.
9
Die Liste mit allen NationalrätInnen befindet sich im Anhang.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 15
70%
60%
63%
60%
59%
58%
mitte
rechts
50%
40%
links
39%
38%
37%
29%
30%
20%
10%
3%
8%
3%
3%
0%
SP
CVP
FDP
SVP
Mittelwert 1999
3.1
5.7
6.1
6.7
Mittelwert 1995
3.76
5.81
6.10
6.76
60 Prozent der SP-WählerInnen stufen sich auf der Links-Rechts-Skala zwischen 0 und 3, (links) ein; 37 Prozent zwischen 4 und 6 (mitte) und 3 Prozent zwischen 7 und 10 (rechts); der arithmetische Mittelwert aller SPWählerInnen beträgt damit 3.1 (bei den Wahlen 1995 noch 3.8). Quellen: Hirter (2000: 23) und Kriesi/Linder/Klöti (1998: 137f) für die 1995er Daten.10
Die ideologische Position der bürgerlichen WählerInnen blieb in etwa stabil, diejenige des
SP-Elektorates verschob sich nach links. Während die bürgerlichen Parteien ein auf dem
Links-Rechts-Schema ideologisch ähnliches WählerInnenspektrum ansprechen, das deutlich
im Mitte-Rechts respektive im rechten Teil (SVP) liegt, öffnet sich ein tiefer Graben zur SP.
5.3
Kantonalparteipräsidien
Partei
Position
Standardabweichung
N
PdA
GPS
SP
LdU
EVP
CVP
FDP
LPS
SVP
EDU
SD
FPS
1.0
2.3
2.6
4.6
4.7
5.5
6.7
6.8
7.2
7.5
7.8
8.4
0.0
0.6
0.7
0.8
1.0
0.9
1.1
0.8
1.2
1.2
1.8
0.5
5
11
25
5
7
24
25
5
19
8
7
5
2.3
146
alle Parteien
5.3
Tabelle aus Ladner/Brändle (1999: 29).
Auch die Selbsteinschätzung der Parteipräsidien ergibt die identische Aufteilung in die bürgerlichen Parteien (CVP, FDP, LPS, SVP, EDU, SD, FPS), das linke Lager (PdA, GPS, SP)
und die Mitte-links-Kleinparteien LdU und EVP. Die ideologische Distanz ist auch hier zwischen SP und Bürgerlichen deutlich grösser als zwischen den bürgerlichen Regierungsparteien.
10
Bei den vorliegenden Daten für die Wahlen 1995 lassen sich nur die Mittelwerte mit den 1999er-Daten vergleichen,
weil die Einstufung "links", "mitte" und "rechts" anders gewählt wurde.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 16
5.4
Die Resultate der einzelnen Regierungsparteien
5.4.1 CVP
50
Rechts - Mitte - Links
40
WählerInnenanteil
30
20%
20
10
15%
0
-10
10%
-20
-30
5%
WählerInnenanteil in Prozent
25%
Programm
-40
-50
0%
47
55
51
59
63
67
CVP
NationalrätInnen 95-99
Mittelwert
+0.2
WählerInnen 99
WählerInnen 95
Mittelwert
5.7
5.81
Kantonalparteien 97
Mittelwert
5.5
71
75
79
83
87
91
linkeste VertreterIn
-6.2
links
8%
--------11
95
99
rechteste VertreterIn
+3.5
mitte
69%
--------
rechts
23%
--------
Standardabweichung
0.9
Die CVP positioniert sich bei den 99er-Wahlen in allen drei betrachteten Merkmalen
(Wahlprogramm, ParlamentsvertreterInnen und WählerInnen) in der Mitte. Doch im Parlament verfügt sie ein beachtliches Spektrum von Meinungen, das sich über die Hälfte der 20Punkte-Skala ausbreitet.
Die CVP hat sich mit ihren Wahlprogrammen seit der Neuorientierung 1967 klar in der
Mitte positioniert, daran ändert auch die leichte Verschiebung nach links bei den Wahlen
1995 nichts. Der Stimmenanteil der CVP geht kontinuierlich zurück; ihren Höhepunkt hatte
sie um 1959/1963, als sie gleichzeitig auch ganz rechte Positionen vertrat.
11
Für die Wahlen 1995 liegen keine vergleichbaren Daten vor.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 17
5.4.2 FDP
FDP
Mittelwert
linkeste VertreterIn
rechteste VertreterIn
50
Rechts - Mitte - Links
40
WählerInnenanteil
25%
30
20
20%
10
0
15%
-10
10%
-20
-30
5%
WählerInnenanteil in Prozent
30%
Programm
-40
-50
0%
47
51
55
NationalrätInnen 95-99
59
63
67
71
75
79
+2.7
WählerInnen 99
WählerInnen 95
Mittelwert
6.1
6.1
Kantonalparteien 97
Mittelwert
6.7
83
87
91
-2.9
links
3%
--------
95
99
+8.1
mitte
59%
--------
rechts
38%
--------
Standardabweichung
1.1
Währenddem die FDP bei den WählerInnen und seit 1947 im Wahlprogramm konstant in
der rechten Hälfte des Spektrums bleibt, hat sie eine riesige Spannbreite von ParlamentarierInnen über die Hälfte der 20 Punkte-Skala. Sowohl die FDP-Kantonalparteipräsidien als auch
das Wahlprogramm liegt vermutlich etwas rechts von den WählerInnen, angesichts der beachtlichen Heterogenität der Positionen der kantonalen Parteikader und der Fraktion spielt
dies wohl keine sehr grosse Rolle.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 18
5.4.3 SPS
SPS
Mittelwert
linkeste VertreterIn
rechteste VertreterIn
50
Rechts - Mitte - Links
40
25%
30
20
20%
10
0
15%
-10
10%
-20
-30
5%
Programm
-40
WählerInnenanteil in Prozent
30%
WählerInnenanteil
-50
0%
47
51
55
NationalrätInnen 95-99
59
63
67
71
75
79
-9.28
WählerInnen 99
WählerInnen 95
Mittelwert
3.1
3.76
Kantonalparteien 97
Mittelwert
2.6
83
87
91
-10.0
links
60%
--------
95
99
-8.3
mitte
37%
--------
rechts
3%
--------
Standardabweichung
0.7
Die SP setzt 1999 ihre Akzente verstärkt links. Das Wahlprogramm verschiebt sich deutlich
nach links und deckt sich mit der klar linken und relativ geschlossenen Politik der NationalrätInnen, bleibt aber im Rahmen der früheren Programme. Ihren WählerInnenanteil von 1995
kann die SPS konsolidieren und leicht ausbauen und die WählerInnenverluste der 1980erJahre wettmachen. Die WählerInnen machen die Bewegung nach links mit; allerdings stufen
sie sich nicht so weit links ein wie ihre Partei.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 19
5.4.4 SVP
SVP
Mittelwert
linkeste VertreterIn
rechteste VertreterIn
50
Rechts - Mitte - Links
40
WählerInnenanteil
30
20%
20
10
15%
0
-10
10%
-20
-30
5%
WählerInnenanteil in Prozent
25%
Programm
-40
-50
0%
47
51
55
NationalrätInnen 95-99
59
63
67
71
75
79
+6.9
WählerInnen 99
WählerInnen 95
Mittelwert
6.7
6.76
Kantonalparteien 97
Mittelwert
7.2
83
87
91
-1.0
links
3%
--------
95
99
+10.0
mitte
39%
--------
rechts
58%
--------
Standardabweichung
1.2
Mit ihrem Wahlprogramm 1999 hat die SVP erstmals die FDP rechts überholt. Die frühere
Mittepartei setzt ihren Rechtsruck, den sie vor allem 1995 begonnen hat, gebremst fort und
wird zur rechtesten Bundesratspartei. Die Einstellung der WählerInnen bleibt konstant in der
rechten Hälfte. Gleichzeitig mit ihrem klaren Rechtsruck gewinnt die SVP 1995 und vor allem 1999 massiv WählerInnen und erreicht eine Stärke, die sie sonst nie hatte, auch wenn die
WählerInnen weniger deutlich rechts stehen als die Partei. Dies hat jedoch wohl keine grosse
Bedetung, denn die linkeste Nationalrätin (Brigitta Gadient, GR) politisiert in der Mitte; fünf
andere befinden sich am rechten Rand. Daraus lässt sich auch der viel diskutierte Graben zwischen "liberalen" und "rechtsnationalistischen" Kantonalsektionen ablesen.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 20
5.5
Kleinparteien
Partei
ParlamentarierInnen-Rating
Bochsler
Jeitziner/Hohl
Kantonale Parteipräsidien
Befragung Ladner/Brändle
(1999: 29)
PdA
-9.5
-9.4
1.0
GPS
-9.1
-9.5
2.3
LdU
-4.8
-6.9
4.6
EVP
-4.5
-4.1
4.7
LPS
+3.2
+3.6
6.8
EDU
+2.0
+3.8
7.5
SD
+3.4
+4.1
7.8
FPS
+10.0
+8.8
8.4
In dieser Tabelle sind nur diejenige Nicht-Regierungsparteien aufgeführt, für die auch Resultate aus der Parteipräsidien-Befragung vorliegen; d.h. solche, die in mehreren Kantonen existieren.
Der Vergleich der beiden Untersuchungen zeigt, dass die rechten Kleinparteien LPS, EDU,
SD und FPS im Parlament viel weniger weit rechts eingestuft werden, als sich ihre ParteipräsidentInnen selber einschätzen. In der öffentlichen Wahrnehmung und offenbar auch in derjenigen durch die eigene Parteielite stehen vor allem EDU, SD und FPS rechts der Regierungsparteien. Dafür, dass SD und EDU im ParlamentarierInnen-Rating weniger weit rechts eingestuft wurden, lassen sich zwei Vermutungen aufstellen:
n
Die Wahrnehmung der SD und der EDU als Rechtsaussen-Partei beruht nicht zuletzt auf
den Issues AusländerInnen- und Asylpolitik und Öffnung der Schweiz. Diese beiden
Themen werden oft als "rechts" wahrgenommen, spielen aber auf dem von Klingemann
et al. definierten und von mir verwendeten Schema keine Rolle.
n
Jeitziner/Hohl betrachteten die SVP per definitionem als rechteste Regierungspartei. Somit haben sie Abstimmungen, in denen dieses Bild nicht stimmt, gar nicht erst in ihre Berechnungen einbezogen; andererseits werden aber auch Abstimmungen jenseits der
Links-Rechts-Dimension betrachtet (was zum Beispiel in ökologischen Issues, in denen
die SD gelegentlich mit dem "grünen" Lager stimmt, der Fall sein könnte). Dies kann die
Resultate verzerren.
Aufgrund der Datenbasis lassen sich aber viele Aussagen, die in dieser Arbeit für die Regierungsparteien gemacht werden, für die Kleinparteien nicht machen. Daher werden sie nicht
weiter betrachtet.
5.6
Erfüllen die Parteien den Auftrag ihrer WählerInnen?
Die drei Messungen zeigen ein ähnliches Bild für drei der vier Parteien. Bei FDP, SPS und
SVP stimmen die Wahlprogramme, das Stimmverhalten im Nationalrat und die Selbsteinschätzung der kantonalen Parteipräsidien auf der Links-Rechts-Achse ungefähr überein, währenddem sich die WählerInnen näher der politischen Mitte befinden. Ein genauer quantitativer
Vergleich ist wegen der verschiedenen Skalen nicht sinnvoll.
Auffallend ist aber die Heterogenität innerhalb der Parlamentsfraktionen der bürgerlichen
Parteien. Zwischen den linkesten und rechtesten Nationalratsmitglieder der Bürgerlichen besteht eine ideologische Distanz von bei jeder der drei Parteien je etwa 10 Punkten. Dies liesse
sich durch die schwache Zentralisierung der Schweizer Parteien und durch 26 kantonal unterschiedliche Parteiensysteme, wie sie Ladner beschreibt (1999: 238), erklären.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 21
6
Entwicklung des Parteiensystems
Quelle: Brändle (1997: 59)
50
CVP
FDP
SPS
SVP
40
Rechts - Mitte - Links
30
20
10
0
-10
-20
-30
-40
-50
47
51
55
59
63
67
71
75
79
83
87
91
95
99
Jahr
6.1
Historische Polarisierung
Der gleichzeitige Linksrutsch der SPS und der Rechtsruck und die Stärkung der SVP lassen
vermuten, dass im schweizerischen Parteiensystem eine nie da gewesene Polarisierung entstanden ist. In den frühen 50er-Jahren (damals aber noch mit einer nicht vergleichbaren Regierungszusammensetzung und verbunden mit dem SP-Rückzug 1953 aus dem Bundesrat)
und 1983 war die Polarisierung grösser. Ebensowenig spricht der gleichzeitige Zuwachs von
WählerInnen bei der SVP und deren Rechtsruck in den beiden letzten Wahlen für eine neue
Polarisierung: Praktisch immer seit dem zweiten Weltkrieg vereinigte die rechteste der Bundesratsparteien die meisten bürgerlichen WählerInnen hinter sich.
6.2
Wahlerfolge dank politischer Position?
Augenfällig in den Grafiken zu den einzelnen Parteien ist zunächst der parallele Verlauf
zwischen den Stimmenanteilen und der Links-Rechts-Position bei SVP und CVP: Letztere
erlebte ihren Höhenflug mit gut 23 Prozent gleichzeitig mit ihrer klaren Rechtspolitik; in der
Mitte verlor sie dann WählerInnenanteile. Noch klarer wird diese Beziehung bei der SVP:
1995 und 1999 gewann sie massiv und rutschte nach rechts; erstmals wurde sie rechteste
Bundesratspartei und erstmals seit dem zweiten Weltkrieg erreichte sie das 15-ProzentNiveau und wurde stärkste bürgerliche Partei. Auch bei der SPS erfolgt der Stimmeneinbruch
in den 80er-Jahren parallel zur Mitteorientierung der linken Partei.
Die entsprechenden Korrelationen sind teils sehr deutlich: Für die CVP beträgt der Korrelationskoeffizient zwischen der Einstufung des Wahlprogramms und dem Stimmenanteil -0.64;
für die SVP -0.57; für die SPS ist er weniger deutlich bei nur 0.18 (für die FDP resultiert kein
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 22
signifikanter Wert). Trotzdem bedarf es anderer Ansätze, um etwas über die Bedeutung der
programmatischen Position für den Wahlerfolg auszusagen. Es ist unbestritten, dass Schweizer WählerInnen sicher nicht nur nach dem rational choice-Ansatz ihre Wahl treffen, sondern
dass auch soziologische und sozialpsychologische Faktoren eine Rolle spielen. Wie Nabholz
(1998: 38f) in ihrer Analyse verschiedener Nationalratswahlen zeigt, ist die Links-RechtsDimension zwar ein wichtiges, aber nicht das einzige Kriterium für den Wahlentscheid.
6.3
Altes Links-Rechts-Schema immer noch vorhanden
Die Spaltung des politischen Spektrums in ein linkes Lager, das hauptsächlich durch die SP
besetzt wird, und in eine bürgerliche Mehrheit hält weiterhin an. Und der Graben zwischen
der SP und den bürgerlichen besteht in Links-Rechts-Fragen unverändert weiter. Zwar verfolgt fast immer jeweils mindestens eine der bürgerlichen Parteien einen moderateren Kurs in
der Mitte, was den Ansatz eines tripolaren Systems nahelegt. Dies kann jedoch nicht darüber
hinweg täuschen, dass die Differenzen zwischen SP und Bürgerlichen wesentlich grösser
bleiben als die Unterschiede innerhalb des bürgerlichen Lagers. Nicht zuletzt auch deshalb,
weil die jede der bürgerlichen Regierungsparteien intern nicht sehr homogen ist, was zu Überschneidungen zwischen CVP, FDP und SVP führt. Von einem grundlegenden Wandel kann
also - trotz Stimmenverschiebungen und Rechtsruck der SVP - nicht die Rede sein.
Wie wichtig das Links-Rechts-Schema in der Schweizer Politik genau ist, lässt sich mit diesen Betrachtungen nicht schlüssig beantworten. Sicherlich gibt es auch klare Konfliktlinien in
anderen Dimensionen. Allerdings spielt das Links-Rechts-Schema nach wie vor eine zentrale
Rolle. Nicht nur, weil sich immer noch mehr als 35 Prozent der Wahlprogramm-Aussagen der
Regierungsparteien im Schema von Klingemann et al. einordnen lassen - in einem Schema,
das gleich auch für die Wahlprogramme von 1947 verwendet werden kann. Vielmehr bringen
verschiedenste Untersuchungen und Befragungen klare und ähnliche Resultate. Das LinksRechts-Schema ist in den Köpfen der WählerInnen und der PolitikerInnen immer noch sehr
präsent und sie können sich relativ genau einordnen.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 23
7
Literatur
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der Schweizer Bundesratsparteien, 1947-1995. In: Swiss Political Science Review 5 (1). S.
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Zahlen. Ratings als Mittel der Transparenz in der Politik. In: Neue Zürcher Zeitung 220.
Jahrgang Nr. 234, 8. Oktober 1999. Seite 15.
Ladner, Andreas; Brändle, Michael (1998). Nur geschlossen sind wir stark. Die Devise der
Parteien für die Nationalratswahlen 1999. In: Neue Zürcher Zeitung 220. Jahrgang Nr. 284,
7. Dezember 1998. Seite 13.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 25
Anhang
Betrachtete 21 Namensabstimmungen des Nationalrates
§
94.013 Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Schlussabstimmung). Namentliche Abstimmung Nr. 387, 22. März 1996.
§
94.095 Bundesbeschluss über die Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer», namentliche
Abstimmung Nr. 584, 20. Juni 1996.
§
95.046 Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Jugend ohne Drogen» (Schlussabstimmung). Namentliche
Abstimmung Nr. 496, 21. März 1997.
§
94.028 Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Schlussabstimmung). Namentliche
Abstimmung Nr. 498, 21. März 1997.
§
96.048 Fernmeldegesetz. Totalrevision (Schlussabstimmung). Namentliche Abstimmung Nr. 606, 30. April
1997.
§
97.027 Bundesbeschluss über Massnahmen zur Förderung von zusätzlichen Lehrstellen für die Ausbildungsjahre
1997, 1998 und 1999. Namentliche Abstimmung Nr. 612, 30. April 1997.
§
97.042 Bundesbeschluss über Massnahmen zum Haushaltsausgleich (Schlussabstimmung). Namentliche Abstimmung Nr. 1552, 19. Dezember 1997.
§
96.077 Bundesgesetz über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schlussabstimmung. Namentliche
Abstimmung Nr. 1554, 19. Dezember 1997.
§
97.036 Bundesbeschluss über die Anhebung der Mehrwertsteuersätze für die AHV/IV (Schlussabstimmung).
Namentliche Abstimmung Nr. 1864, 20. März 1998.
§
96.091 Bundesverfassung. Reform. Sozialziele. Namentliche Abstimmung Nr. 1923, 28. April 1998.
§
97.3269 Motion Gysin Remo. Uno-Beitritt der Schweiz. Namentliche Abstimmung Nr. 2062, 9. Juni 1998.
§
97.052 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (Abschaffung IV-Viertelsrente). Namentliche Abstimmung
Nr. 2217, 23. Juni 1998.
§
96.3213 Motion Hafner Ursula. Eidgenössische Erbschafts- und Schenkungssteuer als Finanzierungsbeitrag für
die AHV. Namentliche Abstimmung Nr. 2212, 24. Juni 1998.
§
93.434 Parlamentarische Initiative Haering Binder. Schwangerschaftsabbruch. Revision des Strafgesetzbuches.
Namentliche Abstimmung Nr. 2427, 5. Oktober 1998.
§
98.019 Bundesbeschluss über die Beschaffung von Rüstungsmaterial. Namentliche Gesamtabstimmung Nr.
2459, 7. Oktober 1998.
§
97.088 Bundesbeschluss über die Volksinitiative «für ein flexibles Rentenalter ab 62 für Frau und Mann». Namentliche Gesamtabstimmung Nr. 2418, 8. Oktober 1998.
§
95.038 Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Wohneigentum für alle» (Schlussabstimmung). Namentliche
Abstimmung Nr. 2470, 9. Oktober 1998.
§
98.032 Bundesbeschluss über einen neuen Geld- und Währungsartikel in der Bundesverfassung. Namentliche
Abstimmung Nr. 2718, 17. Dezember 1998.
§
97.055 Mutterschaftsversicherung. Bundesgesetz (Schlussabstimmung). Namentliche Abstimmung Nr. 2682. 18.
Dezember 1998.
§
98.422 Parlamentarische Initiative (Teuscher). Kostendeckende Kinderrente statt Taschengeldzulage. Namentliche Abstimmung Nr. 3041, 18. Juni 1999.
§
99.028-8 Bundesgesetz über die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen für in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und flankierende Massnahmen (Schlussabstimmung). Namentliche Abstimmung
Nr. 3612, 8. Oktober 1999.
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 26
Links-Rechts-Skalierung der NationalrätInnen
LR: Linksrechts-Wert (-10 steht für ganz links; 10 für ganz rechts), AB: Zahl der Abstimmungen
Name
LR
AB
CSP
Fasel, Hugo
-8.9 18
CVP
Baumberger, Peter
Bircher, Peter
Caccia, Fulvio
Columberg, Dumeni
David, Eugen
Debons, Gilbert
Deiss, Joseph
Donati, Franco
Dormann, Rosmarie
Ducrot, Rose-Marie
Durrer, Adalbert
Eberhard, Toni
Ehrler, Melchior
Engler, Rolf
Epiney, Simon
Filiez, Jean-Jérome
Grossenbacher-Sch., Ruth
Heim, Alex
Hess, Peter
Hochreutener, Norbert
Imhof, Rudolf
Kalbermatten, Ruth
Kühne, Josef
Lachat, François
Lauper, Hubert
Leu-Morgenthaler, Josef
Loretan, Otto
Lötscher, Josef
Maitre, Jean-Phillippe
Meyer, Thérèse
Raggenbass, Hansueli
Ratti, Remigio
Ruckstuhl, Hans
Schmid, Odilo
Simon, Jean-Charles
Stamm, Judith
Straumann, Walter
Widrig, Hans Werner
Zapfl-Helbling, Rosmarie
3.5
-0.6
-1.4
-0.6
-1.6
5.0
0.6
0.0
-4.5
-1.9
1.0
2.0
1.7
0.5
1.1
0.9
-0.5
0.7
1.0
1.0
0.5
0.0
1.7
-1.3
0.6
1.1
2.0
-3.7
1.0
0.0
1.8
-2.3
3.5
-3.7
0.7
-6.2
0.0
4.7
-0.5
EDU
Scherrer, Werner
Waber, Christian
EVP
Dünki, Max
Zwygart, Otto
FDP
Antille, Charles-Albert
Aregger, Manfred
20
18
14
16
19
6
18
4
20
16
21
20
18
20
19
11
19
15
20
20
20
2
18
16
18
18
15
19
21
2
17
13
20
19
15
13
2
19
19
0.0 6
2.9 14
-4.3 21
-4.7 19
1.8 11
6.3 16
Name
LR
FDP (Fortsetzung)
Bangerter, Käthi
2.6
Bezzola, Duri
4.0
Bonny, Jean-Pierre
5.6
Bosshard, Walter
2.0
Bührer, Gerold
2.7
Cavadini, Adriano
-0.5
Christen, Yves
0.0
Comby, Bernard
-1.5
Couchepin, Pascal
0.0
Dettling, Toni
7.6
Dupraz, John
-2.2
Egerszegi-Obrist, Christine 3.7
Engelberger, Edi
4.8
Fischer, Ulrich
7.0
Frey, Claude
2.8
Fritschi, Oscar
5.8
Guisan, Yves
2.4
Gysin, Hans Rudolf
5.0
Heberlein, Trix
0.8
Hegetschweiler, Rolf
8.1
Kofmel-Schönmann, Peter 3.7
Langenberger-J., Christiane 0.0
Loeb, François
1.2
Mühlemann, Ernst
0.8
Müller, Erich
3.6
Nabholz-Haidegger, Lili
-1.8
Pelli, Fulvio
-1.9
Philipona, Jean-Nicolas
1.8
Pidoux, Phillipe
2.0
Pini, Massimo
-10.0
siehe auch unter Parteilos
Randegger, Johannes
3.8
Sandoz, Marcel
-0.6
Stamm, Luzi
6.5
Steinegger, Franz
-0.9
Steiner, Rudolf
6.5
Stucky, Georg
7.0
Suter, Marc
-2.9
Theiler, Georges
6.5
Tschopp, Peter
-2.9
Tschuppert, Karl
5.0
Vallender, Dorothea
2.0
Vogel, Daniel
-2.1
Weigelt, Peter
5.8
Wittenwiler, Milli
4.7
FPS
Borer, Roland
siehe auch unter SVP
Dreher, Michael E.
Gusset, Wilfried
Moser, René
Scherrer, Jürg
Steinemann, Walter
AB
19
15
16
20
15
19
20
20
8
21
18
19
21
20
18
19
17
18
13
16
19
18
17
12
14
17
16
17
10
1
13
17
20
11
20
20
17
17
14
20
20
19
19
15
10.0 12
10.0
10.0
10.0
10.0
10.0
18
19
20
12
17
Name
GB
Teuscher, Franziska
GPS
Baumann, Ruedi
Bühlmann, Cécile
Diener, Verena
Genner, Ruth
Gonseth-Egenter, Ruth
Hollenstein, Pia
Kuhn, Katrin
Meier, Hans
Ostermann, Roland
Thür, Hanspeter
von Felten, Margrith
siehe auch unter SPS
LdU
Ammann Schoch, Regina
Grendelmeier, Verena
Meier, Samuel
Schaller, Anton
Wiederkehr, Roland
Lega
Maspoli, Flavio
LPS
Beck, Serge
Eggly, Jaques-Simon
Eymann, Christoph
Florio, Marguerite
Friderici, Charles
Gros, Jean-Michel
Leuba, Jean-François
Sandoz, Suzette
Scheurer, Rémy
Parteilos
Pini, Massimo
siehe auch unter FDP
PdA
Grobet, Christian
Jaquet-Berger, Christiane
Spielmann, Jean
Zisyadis, Josef
SD
Keller, Rudolf
Ruf, Markus
Steffen, Hans
SPS
Aeppli-Wartmann, Regina
LR
AB
-9.5 19
-9.0
-9.5
-7.5
-10.0
-10.0
-9.0
-10.0
-8.0
-8.6
-8.9
-10.0
20
20
8
12
20
21
2
15
21
19
6
0.0
-5.0
-4.0
0.0
-6.1
2
14
10
2
18
2.9 14
7.5
2.0
-0.5
0.0
4.2
3.2
4.4
4.1
3.8
8
10
19
2
19
19
9
17
21
-3.3 6
-10.0
-9.4
-9.2
-10.0
12
16
13
2
3.9 18
0.0 13
5.6 16
-9.4 16
SPS (Fortsetzung)
Aguet, Pierre
Alder, Fredi
Banga, Boris
Baumann-Bieri, Stephanie
Bäumlin, Ursula
Béguelin, Michel
Berberat, Didier
Bodenmann, Peter
Borel, François
Burgener, Thomas
Carobbio, Werner
Cavalli, Franco
Chiffelle, Pierre
de Dardel, Jean-Nils
Fankhauser, Angeline
Fässler, Hildegard
Fehr, Jaqueline
Geiser, Barbara
Goll, Christine
Gross, Andreas
Gross, Jost
Günter, Paul
Gysin, Remo
Haering Binder, Barbara
Hafner-Meister, Ursula
Hämmerle, Andrea
Herczog, Andreas
Hilber, Kathrin
Hubacher, Helmut
Hubmann, Verena
Jans, Armin
-10.0
-8.3
-8.6
-9.0
-9.4
-9.0
-8.9
-10.0
-9.0
-9.2
-10.0
-9.2
-10.0
-10.0
-9.5
-8.9
-10.0
-10.0
-9.5
-9.4
-9.0
-9.4
-9.4
-8.5
-8.5
-9.0
-9.4
-10.0
-7.5
-9.4
-8.6
16
18
21
20
16
20
19
2
21
13
20
13
20
20
21
18
11
4
20
18
20
17
18
20
20
21
17
1
8
18
21
Seminararbeit "Links oder rechts?" · Daniel Bochsler · Seite 27
SPS (Fortsetzung)
SVP
Jeanprêtre, Francine
-10.0 14
Baader, Caspar
6.0 10
Jöri, Werner
-10.0 1
Baumann, J.Alexander
10.0 21
Jossen, Peter
-10.0 2
Binder, Max
9.4 17
Jutzet, Erwin
-9.0 20
Blaser, Emmanuella
1.3 15
Keller, Christine
-10.0 13
Blocher, Christoph
8.8 16
Ledergerber, Elmar
-7.1 7
Borer, Roland
7.5 4
Leemann, Ursula
-8.6 21
siehe auch unter FPS
Leuenberger, Ernst
-8.8 8
Bortoluzzi, Toni
9.5 21
Marti, Werner
-10.0 11
Brunner, Toni
7.6 21
Maury Pasquier, Liliane
-9.5 21
Fehr, Hans
10.0 18
Meyer, Theo
-9.2 13
Fehr-Ehrensberger, Lisbeth 1.4 14
Müller-Hemmi, Vreni
-8.9 18
Fischer, Theo
8.5 20
Rechsteiner, Paul
-9.0 20
Föhn, Peter
7.8 18
Rechsteiner, Rudolf
-8.6 21
Freund, Jakob
5.0 18
Rennwald, Jean-Claude
-10.0 19
Frey, Walter
9.0 21
Roth-Bernasconi, Maria
-9.5 20
Gadient, Brigitta M.
-1.0 20
Ruffy, Victor
-10.0 18
Giezendanner, Ulrich
10.0 17
Semadeni, Silva
-8.9 19
Hasler, Ernst
9.5 21
Strahm, Rudolf
-9.0 21
Hess, Otto
5.2 21
Stump, Doris
-9.5 19
Kunz, Josef
8.9 19
Thanei, Anita
-10.0 17
Maurer, Ueli
10.0 16
Tschäppät, Alexander
-9.4 18
Nebiker, Hans-Rudolf
1.4 7
Vermot-M., Ruth-Gaby
-9.5 19
Oehrli, Fritz
5.0 18
Vollmer, Peter
-10.0 19
Rychen, Albrecht
2.4 17
von Allmen, Hansueli
-8.6 14
Schenk, Simon
6.8 19
von Felten, Margrith
-10.0 13
Schlüer, Ulrich
10.0 21
siehe auch unter GPS
Schmid, Samuel
4.8 21
Weber, Agnes
-10.0 19
Schmied, Walter
5.8 19
Widmer, Hans
-8.8 16
Seiler, Hanspeter
3.9 18
Zbinden, Hans
-9.4 18
Speck, Christian
8.3 18
Ziegler, Jean
-10.0 8
Vetterli, Werner
9.0 21
Weyeneth, Herrmann
6.5 20
Wyss, William
6.3 19
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