Merkblatt Delir-Behandlung 1. Einleitung

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Kantonsspital St.Gallen
CH-9007 St.Gallen
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Projekt Standard 18
„Umgang mit akut verwirrten Patientinnen und Patienten“
Merkblatt Delir-Behandlung
1. Einleitung
Bevor eine Behandlung erfolgt, muss zwingend die Diagnose eines Delirs durch eine Ärztin
oder einen Arzt gestellt sein.
Es gibt 4 Grundsatzprinzipien von Prävention und Therapie eines Delirs:
(siehe auch Merkblatt „Delir-Prävention“)
-
Delirauslösende Faktoren ausschalten und behandeln.
Identifikation und Behandlung zu Grunde liegender akuter Krankheiten/ Auslöser
(insbesondere auszuschliessen sind lebensbedrohliche Ursachen *)
Unterstützende pflegerische Massnahmen zur Vermeidung weiterer physischer und
kognitiver Verschlechterung
Kontrolle von selbst- und fremdgefährdendem Verhalten
-
* Auszuschliessende lebensbedrohliche Ursachen von Verwirrtheit oder Psychosen:
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Cerebrale Blutung
Fieber
Hypoxie / Hyperkapnie
Hypoglykämie
Hypertensive Krise/ Encephalopathie
Meningitis / Encephalitis
Intoxikation
Schock
Sepsis
Wernicke Encephalopathie
Spezifische Therapie
Eine symptomatische Therapie soll in folgenden Fällen evaluiert / begonnen werden:
-
hyperaktives Delirium
Agitation
aggressives Verhalten
Weglauftendenz
Selbst- oder Fremdgefährdung
Leidensdruck des Patienten (Unruhe, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit, Angst,
Halluzinationen)
Bei nur mild ausgeprägten Symptomen können bereits präventive, ärztliche und pflegerische
Massnahmen zu einer Besserung führen. Allerdings ist zu beachten, dass die fluktuierende
Symptomatik sich häufig nachts verschlechtert und mindestens eine Reserve-Verordnung
erfolgen sollte. Am Folgetag muss der Patient neu evaluiert werden, dabei soll die
Notwendigkeit einer fixen Medikation überprüft werden.
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Autor
Freigabe durch/am
Merkblatt_Delir_Behandlung_120928
Dr. S. Haegele-Link
Dr. U. Stillhard / 28.09.2012
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2. Symptomatische Behandlung
Nicht Entzugsdelir
Beim Beginn der symptomatischen Behandlung sind Neuroleptika die erste Wahl.
Relative Kontraindikationen sind:




das Alkoholentzugsdelir, bei dem mit Valium per os (auf Abteilung) begonnen wird.
vor allem aggressive, junge Patienten ohne offensichtliche somatische Erkrankung
Patienten mit bekannter QT-Zeit Verlängerung (>450msec)
Patienten mit bekannter Intoxikation mittels trizyklischer Antidepressiva und/oder
anderer anticholinerger Substanzen
Cave bei Patienten mit bekannter Epilepsie
Cave bei Patienten mit Parkinson-Syndrom, Lewy-body-Demenz oder extrapyramidalen
Störungen
Cave bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz




Neuroleptika:
- Quetiapin
Filmtabletten zu 25 mg, 100 mg
Kapseln zu 12.5mg (nur KSSG intern)
p.o. Gabe Quetiapin
-
Beginn mit 25mg 1-3x tgl. (12,5mg bei Pat. unter 60kg oder über 60J)
-
zusätzlich 1-2x tgl. 12,5–25mg in Reserve
bei ungenügendem Erfolg tgl. Verdopplung der Dosis bis max. 300mg tgl.
bei ungenügendem Erfolg rsp. Mal-Compliance zusätzlicher Einsatz Haldol
(vgl. unten)
- Haldol ,Haloperidol
Tropfen 2mg/ml (10Tr.=1mg)
Ampullen 5mg/ml
p.o. Gabe Haldol®
-
Beginn mit 1mg 1-4x tgl. (0,5 mg bei Pat. unter 60 kg oder über 60 J)
- zusätzlich 1-2x tgl. 0,5-1mg in Reserve
- bei ungenügendem Erfolg tgl. Verdopplung der Dosis
Bei Mal-Compliance, resp. Eskalation ist die Verlegung auf eine Überwachungsstation (EKGMonitoring) zu erwägen.
 Dosisreduktion:
Bei guter Kontrolle der Symptomatik nach 48h, Beginn mit täglicher Dosisreduktion der
Neuroleptika um 25 bis max. 50%.
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Entzugsdelir
Benzodiazepine:
Sind erste Wahl für:
 das Alkoholentzugsdelir (Valium per os auf Abteilung oder Temesta i.v.)
 vor allem aggressive, junge Patienten ohne offensichtliche somatische Erkrankung
 Patienten mit bekannter QT-Zeit Verlängerung (>450msec)
 gegebenenfalls bei Patienten mit bekannter Epilepsie
 gegebenenfalls bei Patienten mit Parkinson Syndrom oder extrapyramidaler Störung
 Patienten bei denen Haldol alleine ungenügend wirksam ist
Relative Kontraindikationen sind:
 Hyperkapnie (pCO2 >50mmHg)
 frühere paradoxe Reaktion
-
Valium®, Diazepam
Tabletten zu 5mg und 10mg
 Nur beim Alkoholentzugsdelir einsetzen!
p.o. Gabe Valium
-
5 bis 10mg max. alle 30Min. bis zur Beruhigung
- fixe Dosen sind nicht notwendig
- Die Gabe erfolgt grosszügig aber gemäss subjektivem Bedarf des Patienten
-
Beachte: zusätzliche Gabe von Vitaminen B1 und B6 (z.B. Benerva und
Becotal)!
Sind obige Massnahmen ungenügend, müssen schneller wirksame Sedativa eingesetzt werden
(z.B. Dormicum [Midazolam], Disoprivan [Propofol]). Der Einsatz dieser Sedativa erfolgt nur in
Anwesenheit der Anästhesie (Intubationsbereitschaft) und eines Kaderarztes.
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Temesta®, Lorezepam
Tabletten und Expidet zu 1mg und 2,5mg
Ampullen 4mg/1ml
i.v. Gabe Temesta initial als Bolus
(1mg bei Patienten unter 60kg oder über 60J)
(4mg bei Patienten über 80kg und unter 60J)
-
Beginn mit 2mg
-
mit NaCl 0,9% nachspülen
-
Wiederholung bei ungenügendem Erfolg mit doppelter Dosis nach 30 Min.
p.o. Gabe Temesta
(1mg bei Patienten unter 60kg oder über 60J)
(5mg bei Patienten über 80kg und unter 60J)
-
Beginn mit 2,5mg
-
Wiederholung bei ungenügendem Erfolg mit doppelter Dosis nach 30 Min.
Wiederholung der Dosisverdoppelung nach weiteren 60Min. bis zur Beruhigung
3. Reserve Verordnung
Je nach Schweregrad des Delirs kann eine alleinige Reserveverordnung sinnvoll sein. Diese
darf jedoch nur erfolgen, wenn die Diagnose eines Delirs ärztlicherseits gestellt worden ist.
p.o. Gabe Quetiapin
- 1- 3x tgl. 25mg
(12,5mg bei Pat. unter 60kg oder über 60J)
oder
p.o. Gabe Haldol
- 1- 4x tgl. 1mg
(0,5 mg bei Pat. unter 60kg oder über 60J)
oder bei Alkoholanamnese
p.o. Gabe Valium oder Temesta®
-
5 bis 10mg
max. alle 30Min. bis zur Beruhigung
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