Theoretische Physik II: Klassische Elektrodynamik K.-H. M ÜTTER 29. Oktober 2002 Vorlesungsausarbeitung zum Sommersemester 2002 Bergische Universität Gesamthochschule Wuppertal – Fachbereich 8: Physik 1 Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 5 Das elektromagnetische Feld 5 1.1 Teilchen im Feld: Lorentzkraft und Wirkungsintegral . . . . . . . . . . . . . . 5 1.2 Lorentzinvarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.3 Die Erzeugung elektromagnetischer Felder und ihr Wirkungsintegral . . . . . 9 1.4 Der Gültigkeitsbereich der klassischen Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . 11 Zeitunabhängige elektrische Felder (Elektrostatik) 13 2.1 Das Coulombsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Das Dipolmoment einer Ladungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.3 Medien im elektrischen Feld: Dielektrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Randwertprobleme in der Elektrostatik 21 3.1 Dirichletsche und von-Neumannsche Randwertprobleme . . . . . . . . . . . . 21 3.2 Die Spiegelungsmethode als Lösungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.3 Randwerte auf einer Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.4 Die Laplacegleichung in Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.5 Anwendung: Leitende, geladene Kugel im homogenen elektrostatischen Feld 32 3.6 Anwendung: Dielektrische Kugel im homogenen elektrischen Feld . . . . . . 34 3.7 Kapazität eines Kondensators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Magnetostatik 43 4.1 Grundgleichungen der Magnetostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4.2 Magnetfeld eines Kreisstromes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.3 Magnetfeld einer Stromverteilung – makroskopische Beschreibung . . . . . . 47 4.4 Beispiel: Magnetfeld einer gleichförmig magnetisierten Kugel . . . . . . . . . 50 4.5 Beispiel: Magnetische Abschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Quasistationäre elektromagnetische Felder 57 5.1 Das Ohmsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.2 Leiter im elektromagnetischen Feld: Das Faradaysche Gesetz . . . . . . . . . . 59 5.3 Berechnung von Induktionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 6 7 8 Elektromagnetische Felder 67 6.1 Historische Bemerkung zu den Maxwellgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 67 6.2 Transformation des Vektorpotentials: Lorentzeichung und Coulombeichung . 68 6.3 Ebene Wellen in dispersionsfreien Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.4 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . 72 6.5 Medien mit frequenzabhängiger Dielektrizitätskonstante . . . . . . . . . . . . 78 6.6 Überlagerung von Wellen: Wellenpakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.7 Das zerfließen eines Wellenpakets: Die Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.8 Elektromagnetische Felder in Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Hohlleiter und Hohlraumresonatoren 91 7.1 Wellen in Hohlleitern mit zylindrischer Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . 91 7.2 Wellen in zylindrischen Hohlleitern mit kreisförmigem Querschnitt . . . . . . 95 7.3 Hohlraumresonatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 7.4 Dielektrische Wellenleiter (Lichtleiter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Erzeugung und Streuung elektromagnetischer Wellen 105 8.1 Die Greensche Funktion der Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 8.2 Felder lokalisierter Quellen mit periodischer Zeitabhängigkeit . . . . . . . . . 108 8.3 Die Felder der elektrischen und magnetischen Dipolstrahlung . . . . . . . . . 112 8.4 Die Streuung elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 8.5 Beispiel: Die Streuung an einer dielektrischen oder leitenden Kugel . . . . . . 117 8.6 Die Streuung von Licht in Gasen und Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 118 8.7 Die Bornsche Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 8.8 Lord Rayleigh’s Erklärung für den blauen Himmel und das Abendrot . . . . 121 5 1 1.1 Das elektromagnetische Feld Die Wirkung von elektrischen und magnetischen Feldern auf geladene Teilchen Die Lorentzkraft Ich will zunächst voraussetzen, daß an jedem Ort ~x und zu jeder Zeit t ein elektrisches und magnetisches Feld vorgegeben sind: ~ x, t) E(~ ~ x, t) B(~ ~ und B ~ erzeugt, wie unter bestimmten Bedingungen ihre Abhängigkeit Wie man die Felder E von Ort und Zeit ist, darüber werden wir später ausführlich sprechen. Hier geht es mir dar~ und B-Felder ~ um, zu sehen, wie vorgegebene Esich äußern, welche Effekte sie hervorrufen können, wie man sie messen könnte. Sie kennen die Antwort: Elektrische und magnetische Felder üben eine Kraft ~ x, t) + e · ~x(t) × B(~ ~ x, t) F~ (~x, t) = eE(~ (1.1) c auf ein Teilchen mit der Ladung e aus, das sich an der Stelle ~x = ~x(t) befindet und die ~ und B-Feld ~ Geschwindigkeit ~x˙ (t) hat. In einem vorgegebenen Edurchläuft also ein geladenes Teilchen eine bestimmte Bahnkurve ~x = ~x(t), dessen Bewegungsgleichung durch die Newtonschen Gleichungen mit der Lorentzkraft (1.1) gegeben ist: d~ p = F~ (~x, t) dt In der nichtrelativistischen Newtonschen Mechanik ist der Impuls d~x ~x˙ = dt p~ = m~x˙ (1.2) (1.3) In der Relativistischen Mechanik ist der Impuls m~x˙ 1 − ~x˙ 2 c−2 p~ = p (1.4) Kennt man die Ladung e und die Masse m des Teilchens, so kann man durch Messung der ~ und B ~ bestimmen. D. h. letztlich mißt man die FelBahnkurve ~x(t) offenbar die Felder E ~ ~ der E und B anhand ihrer Wirkung, die sie auf geladene Teilchen ausüben. In der Mechanik haben wir gezeigt, daß sich die Bewegungsgleichung (1.2) mit Hilfe des Hamiltonschen Prinzips gewinnen läßt. Das zugehörige Wirkungsintegral S = Sm + Smf (1.5) enthält zwei Anteile: q = − dt · mc 1 − c−2 ~x˙ 2 Z e ~ x, t) = − dt · cA0 (~x, t) − ~x˙ q A(~ c Z Sm Smf 2 (1.6) (1.7) 6 1 DAS ELEKTROMAGNETISCHE FELD Dabei hängen das skalare und das vektorielle Potential ~ x, t) A0 (~x, t) und A(~ mit dem elektrischen und magnetischen Feldstärken zusammen: ~ ~ = −∇A ~ 0 − 1 ∂A E c ∂t ~ ~ ~ B = ∇×A (1.8) (1.9) Gleichungen (1.8) und (1.9) ergeben sich z. B. durch Vergleich der Newtonschen Gleichung (1.2) mit der Euler-Lagrange-Gleichung für die zu S gehörende Lagrangefunktion q e 2 ˙ ~ x, t) L(~x, ~x, t) = −mc 1 − c−2 ~x˙ 2 − cA0 (~x, t) − ~x˙ q A(~ (1.10) c d ∂L ∂L − =0 dt ∂ ẋj ∂xj j = 1, 2, 3 (1.11) Die Existenz eines skalaren und eines vektoriellen Potentials, wie sie in der Lagrange-Formulierung vorausgesetzt wird, impliziert bereits zwei der vier Maxwellgleichungen: ~B ~ = 0 ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t 1.2 (1.12) (1.13) Lorentzinvarianz Die Beschreibung eines Systems mit Hilfe des Hamiltonschen Prinzips erlaubt es auf eine sehr effiziente Weise, die Symmetrien des Systems zu berücksichtigen. Ist ein Problem rotationssymmetrisch, so sollte sich das Wirkungsintegral unter Drehungen eines Koordinatensystems nicht ändern. Die wahren physikalischen Gesetze genügen der Einsteinschen Relativitätstheorie; sie müssen also in jedem Inertialsystem gleich aussehen. Oder: Das Wirkungsintegral darf sich unter Lorentztransformationen nicht ändern. Um diese Invarianz zum Ausdruck zu bringen, geht man von den üblichen 3-Vektoren zu 4-Vektoren über: x0 x1 ct ~x, t −→ x = = µ = 0, · · · , 3 (1.14) x2 = (xµ ) ~x x3 Invarianten unter Lorentztransformationen sind Skalarprodukte xy = x0 y0 − x1 y1 − x2 y2 − x3 y3 = x0 y0 − ~x q ~y (1.15) 1.2 Lorentzinvarianz 7 = xµ yµ g µν 1 0 0 0 0 −1 0 0 mit g := 0 0 −1 0 0 0 0 −1 = xν yµ = xν y µ = x0 y0 + x1 y1 + x2 y2 + x3 y3 (1.16) xν = g µν xµ (1.17) Wenn man definiert also x0 = x0 xj = −xj für j = 1, 2, 3 (1.18) x Die übliche Geschwindigkeit ~x˙ = d~ dt hat ein sehr kompliziertes Transformationsverhalten unter Lorentztransformation, da auch das Zeitdifferential dt zu transformieren ist. Deshalb Einführung der Eigenzeit dτ : Das Zeitdifferential im Ruhesystem des Teilchens beträgt offenbar c2 dτ 2 = (dx0 )2 − (d~x)2 = c2 (dt)2 − (d~x)2 (1.19) dτ ist eine Lorentzinvariante Größe. Die Eigenzeit hängt nach (1.19) mit der konventionellen Zeit wie folgt zusammen: s 2 d~x dτ = dt · 1 − c−2 dt Die Lorentzinvarianz des Wirkungsintegrals (1.5) bis (1.7) sieht man explizit, wenn man von der konventionellen Zeit zur Eigenzeit übergeht: Z Sm = − dτ · mc2 Z (1.20) dxµ dxµ = − dτ · m dτ dτ Z dxµ µ e dτ Smf = − A (1.21) m dτ dx Dabei ist dτµ die Vierergeschwindigkeit; sie ist unter Lorentztransformationen ein Vierervektor und hängt mit der konventionellen Geschwindigkeit wie folgt zusammen: dx0 dt =c· =r dτ dτ 1 1 − c−2 d~x dt d~x d~x = · = ·r dτ dt dτ dt d~ x dt (1.22) 2 1 1 − c−2 d~ x dt 2 (1.23) Damit (1.21) tatsächlich Lorentzinvariant ist, müssen sich das skalare Potential A0 und das ~ zu einem Vierervektor zusammenfassen lassen, d. h. A0 und A ~ transvektorielle Potential A formieren sich mit einer Lorentztransformation beim Übergang von einem Inertialsystem zu ~ einem anderen Inertialsystem. Dies hat wichtige physikalische Konsequenzen! Da A0 und A 8 1 DAS ELEKTROMAGNETISCHE FELD über (1.8) und (1.9) mit der elektrischen und magnetischen Feldstärke zusammenhängen, ~ und B ~ beim Übergang von einem Inertialsystem zu weiß man nunmehr auch, wie sich E einem anderen transformieren. Dazu betrachte man den Feldstärketensor: Fµν (x) = ∂Aν ∂Aν − xµ xν µ, ν = 0, · · · , 3 0 −E1 −E2 −E3 E1 0 −B3 B2 F = E2 B3 0 −B1 E3 −B2 B1 0 (1.24) Beispiel: (1.25) ~ Ein Beobachter in einem Inertialsystem mißt nur ein E-Feld in 1-Richtung: E1 0 ~ ~ E= 0 B = 0 0 0 Ein Beobachter in einem zweiten Inertialsystem, das sich relativ zum ersten Beobachter mit der Geschwindigkeit v längs der x3 -Achse bewegt, d. h. cosh α 0 Λ= 0 sinh α 0 1 0 0 0 sinh α 0 0 1 0 0 cosh α (1.26) mißt dagegen auch ein Magnetfeld in 2-Richtung: Fµ0 0 ν 0 = Λµµ0 Λνν 0 Fµν (1.27) = (Λ0µ0 Λ1ν 0 − Λ1µ0 Λ0ν 0 )(−E1 ) 0 F01 = −E10 = cosh α · (−E1 ) 0 F13 = B20 = − sinh α · (−E1 ) Man kann also das Transformationsverhalten der elektrischen und magnetischen Feldstärken experimentell verifizieren. So verifizert man auch, daß der Lorentzinvariante Ansatz für das Wirkungsintegral (1.21) der richtige ist. Wiederholung zur speziellen Relativitätstheorie: Lorentztransformationen sind dadurch definiert, daß sie das Skalarprodukt im vierdimensionalen Minkowskiraum invariant lassen: x · y = x0 · y 0 x,µ0 = Λµµ0 xµ yν0 0 = Λνν 0 yν 1.3 Die Erzeugung elektromagnetischer Felder und ihr Wirkungsintegral 9 Diese Forderung schränkt die Form der 4 × 4-Matrizen ein: 0 0 = xµ0 yν 0 · g µ ν xµ yν · g µν 0 0 = xµ yν Λµµ0 Λνν 0 · g µ ν 0 0 = Λµµ0 Λνν 0 · g µ ν ⇒ g µν Man verifiziert sofort, daß die obige spezielle Lorentztransformation diese Bedingung erfüllt: g 00 = 1 wegen (cosh α)2 − (sinh α)2 = 1 g 11 = g 22 = −1 g 33 = (sinh α)2 − (cosh α)2 = −1 Das in (1.27) angegebene Transformationsverhalten des Feldstärketensors folgt aus der Forderung, daß die Größe 0 0 xµ y ν · Fµν = x0µ y 0µ · Fµ0 0 ν 0 in allen Inertialsystemen gleich ist. xµ = Λµµ0 x0µ = Λνν 0 y 0ν yν 0 0 0 0 0 Λµµ0 Λνν 0 · Fµν · x0µ y 0ν = Fµ0 0 ν 0 · x0µ y 0ν 0 0 0 Ein Koeffizientenvergleich in x0µ und y 0ν ergibt Fµ0 0 ν 0 = Λµµ0 Λνν 0 · Fµν 1.3 Die Erzeugung elektromagnetischer Felder Das Wirkungsintegral für das elektromagnetische Feld Wir haben bisher die elektrischen und magnetischen Felder als gegeben angesehen. Wir wollen uns jetzt mit ihrer Erzeugung beschäftigen. Wie Sie wissen, werden elektrische und magnetische Felder selber durch ruhende und bewegte Ladungen erzeugt. Unsere bisherige Sicht der Dinge war also stark idealisiert; denn i. a. kennt man gar nicht die elektrische und magnetische Feldstärke. Sie sind vielmehr aus der Bewegung aller Ladungsträger zu bestimmen. Letztere aber bestimmt sich wieder – über die Lorentzkraft – aus den elektrischen und magnetischen Feldstärken. Unser System enthält also folgende Unbekannte: • 3N Ortskoordinaten ~xj (t), j = 1, · · · , N , für die Positionen der N Teilchen • an jedem Ort ~x die elektrische und magnetische Feldstärke, bzw. das Viererpotential Aµ (x) = Aµ (~x, t) 10 1 DAS ELEKTROMAGNETISCHE FELD Insgesamt sind dies also unendlich viele Freiheitsgrade. Die zeitliche Entwicklung all dieser Freiheitsgrade kann man nun mit Hilfe des Hamiltonschen Prinzips durch Variation des folgenden Wirkungsintegrals erhalten: (1.28) S = Sm + Smf + Sf N X Sm = − Z mi i=1 Smf = − Z N X ei i=1 N X c dτi · dτi · dxiµ dxµi · dτi dτi dxiµ · Aµ (xi , (τi )) dτi Z dxiµ · Aµ (xi , (t)) dt i=1 Z Z N X 1 =− dt · d~x · jµ (x) · Aµ (xi , (τi )) c =− ei c (1.29) dt · (1.30) i=1 jµ (x) = N X ei · δ(~x − ~xi (t)) · i=1 dxiµ dt (1.31) P j0 = N x − ~xi (t)) · c hat offenbar die Interpretation einer Ladungsdichte (multipliziert i=1 ei · δ(~ P xi mit der Lichtgeschwindigkeit), ~jµ (x) = N x − ~xi (t)) · d~ i=1 ei · δ(~ dt hat die Interpretation einer Stromdichte. Ladungsdichte j0 (x) und Stromdichte ~j(x) bilden zusammen einen Vierervektor, damit Smf lorentzinvariant ist. Der dritte Teil des Wirkungsintegrals ist Z 1 Sf = d4 x · Fµν (x) · F µν (x) (1.32) 16πc Fµν (x) = ∂Aµ ∂Aν − = Aν;µ − Aµ;ν ∂xµ ∂xν (1.33) Die Variation des Wirkungsintegrals nach den Ortskoordinaten ~xi (t) der Ladungsträger führt wieder auf die Newtonschen Bewegungsgleichungen mit Lorentzkraft, sowie auf die Beziehung (1.8) und (1.9) zwischen Vektorpotential und den elektrischen und magnetischen Feldstärken. Die Variation nach dem Viererpotential Aµ (x) führt auf die 2. Gruppe der Maxwellgleichungen ~E ~ = 4πρ ∇ ρ · c = j0 ~ ~ ×B ~ − 1 ∂ E = 4π ~j ∇ c ∂t c Führen wir dazu die Lagrangedichte ein L= 1 µ 1 j (x) · Aµ (x) − Fµν (x) · F µν (x) c2 16πc (1.34) (1.35) (1.36) 1.4 Der Gültigkeitsbereich der klassischen Elektrodynamik 11 so lauten die Euler-Lagrange-Gleichungen, die S bei Variation nach Aµ zu einem Extremum machen: ∂L ∂L ∂ − =0 (1.37) ∂xµ ∂Aν;µ ∂Aν ∂L ∂ 1 = − (Aλ;ρ − Aρ;λ ) Aλ;ρ − Aρ;λ ∂Aν;µ ∂Aν;µ 16πc 1 (1.38) =− · 4 · (Aν;µ − Aµ;ν ) 16πc 1 µν F (x) =− 4πc Zusammengesetzt ergibt das ∂ µν 4π ν F = j ∂xµ c ∂ 4π oder Fµν = jν ∂xµ c ν = 0, · · · , 3 (1.39) ν = 0, · · · , 3 (1.40) (1.41) Drücken wir nun den Feldstärketensor durch die elektrische und magnetische Feldstärke aus 0 −E1 −E2 −E3 E1 0 −B3 B2 F = E2 B3 0 −B1 E3 −B2 B1 0 so liefert die 0-Komponente (ν = 0) der Vektorgleichung (1.40) gerade ~E ~ = 4πρ ∇ Während die drei Raumkomponenten zu der 4. Maxwellgleichung führen ~ ~ ×B ~ = 1 ∂ E + 4π ~j ∇ c ∂t c 1.4 Der Gültigkeitsbereich der klassischen Elektrodynamik Wir haben gesehen, daß elektrische und magnetische Felder einerseits Kräfte auf geladene Teilchen ausüben, andererseits von diesen geladenen Teilchen selbst erzeugt werden. Man kann auch sagen, die gegenseitigen Kräfte zwischen geladenen Teilchen werden vermittelt oder übertragen durch elektromagnetische Felder. Man spricht deshalb auch von elektromagnetischen Wechselwirkungen. Die Stärke dieser Wechselwirkung wird offenbar gegeben durch die jeweiligen elektrischen Ladungen. Die elektrische Ladung ist eine fundamentale Eigenschaft der Bausteine der Materie – also der Elektronen, Protonen, etc., die durch die Elektrodynamik selbst nicht erklärt wird. Insbesondere wird nicht erklärt, warum die Ladung nur gequantelt, d. h. in Vielfachen der Elektronen- bzw. Protonenladung auftritt. 12 1 DAS ELEKTROMAGNETISCHE FELD Eine ebenso fundamentale Eigenschaft der Bausteine der Materie ist die Masse. Was für die elektromagnetischen Wechselwirkungen die Ladung ist, ist für die Gravitationswechselwirkung die Masse. Gravitationsfelder üben – wie wir in der Mechanik gesehen haben – Kräfte auf Materie aus; andererseits ist die Stärke der Gravitationswechselwirkung etwa um einen Faktor 1040 schwächer als die elektromagnetische. (Vergleiche Coulombgesetz für Gravitation: f (r12 ) = −G mr12m2 mit G = 6.67 · 1011 N m2 kg −2 und elektrostatische Anziehung: 12 f (r12 ) = α qr12q2 mit α = 9 · 109 N m2 C −2 ) 12 Die enorme Schwäche der Gravitationswechselwirkung bedeutet für unser praktisches Leben, daß sie nur dort eine Rolle spielt, wo astronomisch große Massen auftreten. Wir selber spüren die Gravitationswechselwirkung nur, weil wir uns auf der Erde – einem Planeten mit großer Masse – befinden. Weil sich die Erde aufgrund der Gravitation um die Sonne dreht, erleben wir die Jahreszeiten etc. Die elektromagnetischen Wechselwirkungen haben eine sehr viel direktere Bedeutung fürunser Leben. Der Aufbau von Atomen, Molekülen, Festkörpern, Flüssigkeiten beruht letztlich allein auf der Existenz elektromagnetischer Wechselwirkungen. Wir können diesen Aufbau der Materie allerdings noch nicht im Rahmen der klassischen Elektrodynamik und Mechanik verstehen; es fehlt ein wichtiges Ingredienz – nämlich die Gesetze der Quantenmechanik, die die Gesetze der klassischen Mechanik im atomaren Bereich – d. h. für Objekte von der Größenordnung von 10−10 m ablösen. Alle bekannten makroskopischen Phänomene dagegen sind mit Hilfe der klassischen Elektrodynamik zu beschreiben. Dazu gehören die gesamte Elektro-, Radio- und Mikrowellentechnik genauso wie die Optik. 13 2 Zeitunabhängige elektrische Felder (Elektrostatik) 2.1 Das Coulombsche Gesetz Wir untersuchen in diesem Abschnitt zunächst zeitunabhängige elektrische Felder. Für ~ = E(~ ~ x) E ~ =0 B reduzieren sich die Maxwellgleichungen zu ~E ~ = 4πρ(~x) ∇ ~ ×E ~ = 0 ∇ (2.1) (2.2) Aus der Rotationsfreiheit des elektrischen Potentials folgt die Existenz eines skalaren Potentials Φ(~x) mit ~ = −∇Φ(~ ~ x) E (2.3) (2.3) in die Divergenzgleichung (2.1) eingesetzt führt zur Poissongleichung für das Potential Φ(~x): ~ 2 Φ(~x) = −4πρ(~x) ∇ (2.4) Im Vakuum verschwindet die Ladungsdichte ρ = ρ(~x), und das Potential Φ(~x) erfüllt die Laplacesche Gleichung ~ 2 Φ(~x) = 0 ∇ (2.5) Besteht die Ladungsverteilung aus einer einzigen Ladung e an der Stelle ~x0 , d. h. ρ(~x) = e · δ(~x − ~x0 ) (2.6) so lautet die Poissongleichung für das elektrostatische Potential Φ(~x): ~ 2 Φ(~x) = −4π · e · δ(~x − ~x0 ) ∇ (2.7) Wir suchen eine Lösung dieser Gleichung mit der Randbedingung Φ(~x) −→ 0 für |~x| −→ ∞ (2.8) Wir werden nun verifizieren, daß das Coulombpotential Φ(~x) = e |~x − ~x0 | (2.9) gerade die gesuchte Lösung ist. 1. Fall ~x 6= ~x0 : Φ(~x) hat die Laplace-Gleichung zu erfüllen: ~ = −e ~x − ~x0 ∇Φ |~x − ~x0 |3 ( ~ 2 Φ = −e ∇ ~ x − ~x0 ) (~x − ~x0 )2 ∇(~ − 3 |~x − ~x0 |3 |~x − ~x0 |5 (2.10) ) =0 √ (2.11) 14 2 ZEITUNABHÄNGIGE ELEKTRISCHE FELDER (ELEKTROSTATIK) 2. In einer Umgebung von ~x0 : Betrachte eine kleine Kugel mit dem Radius ε und dem Mittelpunkt ~x0 . Wenn (2.9) Lösung der Poissongleichung (2.4) ist, muß das Volumenintegral über die Kugel Z Z ~ 2 Φ(~x) = −4πe · d~x · ∇ d~x · δ(~x − ~x0 ) = −4πe (2.12) |~ x−~ x0 |≤ε |~ x−~ x0 |≤ε ergeben. Zum Beweis verwandeln wir mit Hilfe des Gaußschen Satzes das Volumenintegral in ein Oberflächenintegral: Z Z 2 ~ Φ(~x) = ~ d~x · ∇ ε2 dΩ(~n, ∇Φ) (2.13) V F Dabei ist: V : Das Volumen der Kugel |~x − ~x0 | ≤ ε ε2 dΩ: Das Kugelflächenelement F : Die Oberfläche der Kugel |~x − ~x0 | = ε ~n: Die Normale zur Kugeloberfläche In Kugelkoordinaten ist dann: x1 − x01 = ε sin ϑ cos ϕ x2 − x02 = ε sin ϑ sin ϕ x3 − x03 = cos ϑ ε2 dΩ = ε2 d(cos ϑ)dϕ −1 ≤ cos ϑ < 1 sin ϑ cos ϕ ~n = sin ϑ sin ϕ cos ϑ 0 ≤ ϕ < 2π Auf der Kugeloberfläche gilt nach (2.10) ~ = − e · ε · ~n ∇Φ ε3 Z Z 2 2 e ~ =⇒ d~x · ∇ Φ(~x) = −ε 3 · ε · dΩ = −4πe q. e. d. ε V 4π (2.14) Aufgrund der Linearität der Poissongleichung können wir nun auch das Potential für N Punktladungen e1 , · · · , eN an den Stellen ~x1 , · · · , ~xN angeben. Die Poissongleichung für dieses Potential lautet N X 2 ~ ∇ Φ(~x) = −4π ei · δ(~x − ~xi ) (2.15) i=1 Die im Unendlichen verschwindende Lösung lautet Φ(~x) = N X i=1 ei |~x − ~xi | (2.16) 2.2 Das Dipolmoment einer Ladungsverteilung 15 Die Lösung der Poissongleichung für eine beliebige Ladungsverteilung ρ(~x) ist nunmehr evident: Z ρ(~x) Φ(~x) = d~x0 · 0 (2.17) |~x − ~x| Beachte: Mit 0 ρ(~x ) = N X ei · δ(~x0 − ~xi ) (2.18) i=1 führt (2.17) gerade wieder zu (2.16). Bei einer Flächenladungsverteilung σ(~x) ist das Potential entsprechend Z σ(~x0 ) σ(~x) = df · 0 |~x − ~x| F (2.19) wobei ~x0 ∈ F , df : Oberflächenelement. 2.2 Das Dipolmoment einer Ladungsverteilung Man könnte meinen, daß mit der in (2.17) gefundenen Lösung der Poissongleichung die Elektrostatik so gut wie abgeschlossen sei. Offenbar ist jedoch diese Lösung nur solange vonnutzen, wie man die Ladungsverteilung ρ(~x) kennt. De facto ist dies jedoch oft nicht der Fall. Betrachten wir etwa einen Festkörper, der aus Molekülen aufgebaut ist. Die Ladungsverteilung ergibt sich dann letztlich aus der Verteilung der Ladungen der Elektronen und Kerne, die natürlich im Detail sehr kompliziert ist, da man es mit etwa ∼ 1023 Punktladungen zu tun hat. Intuitiv erwartet man auch, daß das makroskopische Verhalten des elektrostatischen Feldes nicht von allen Details der mikroskopischen Ladungsverteilung abhängt. Typische Situation: Wir haben eine kleine Probe – etwa mit einem Durchmesser von 1mm – und messen das von der Ladungverteilung ρ(~x0 ), |~x0 | . 1mm induzierte Feld in 1m Entfernung (|~x| ∼ 1m). Dann ist offenbar |~x0 | ∼ 10−3 1 |~x| (2.20) und wir können den Nenner von (2.17 ) in eine Potenzreihe in 1 1 = 0 |~x − ~x| |~x| ~x02 |~x0 | 1+ 2 −2 cos γ ~x |~x| |~ x0 | |~ x| entwickeln: − 12 (2.21) wobei ~x q ~x0 = |~x| |~x0 | cos γ ∞ 1 1 X |~x0 | l = · Pl (cos γ) |~x0 − ~x| |~x| |~x| (2.22) l=0 Die Koeffizienten der Entwicklung Pl (cos γ) sind gerade die Legendre-Polynome. Die Mathematiker benutzen die Entwicklung (2.22) zur Definition der Legendrepolynome. |~x0 1−~x| 16 2 ZEITUNABHÄNGIGE ELEKTRISCHE FELDER (ELEKTROSTATIK) heißt deshalb auch die Erzeugende der Legendrepolynome. Aus (2.21) und (2.22) berechnet man unmittelbar die Legendrepolynome niedrigster Ordnung: P0 = 1 1 P2 = (3 cos2 γ − 1) 2 P1 = cos γ (2.23) 0 x| Für große Entfernungen von der Probe ( |~|~ x| 1) hat das elektrostatische Potential die Gestalt 1 (0) 1 ~ (1) + · · · Φ(~x) = Q + 3 ~x q Q (2.24) |~x| |~x| Dabei ist (0) Q Z = d~x0 · ρ(~x0 ) (2.25) Z d~x0 · ρ(~x0 ) · ~x (2.26) die Gesamtladung und ~ (1) = Q das „Dipolmoment“ der Ladungsverteilung. Der erste Term der Entwicklung hat eine einfache Interpretation: Es ist das Potential einer effektiven Punktladung Q(0) im Koordinatenursprung. Hier wird also die Ausdehnung der Probe vollständig vernachlässigt. Der zweite Term beschreibt effektiv das Feld von zwei entgegengesetzten Ladungen e und −e mit dem ~ (1) . Abstandsvektor d~ = 1e Q 2.3 Elektrische Felder in Dielektrika Induzierte Polarisation Elektrische Suszeptibilität und die Dielektrizitätskonstante Die Behandlung elektromagnetischer Phänomene in Medien (Gasen, Festkörpern, Flüssigkeiten) führt über den Rahmen der klassischen Elektrodynamik hinaus. Wie bereits oben erwähnt, geht letztlich – vom mikroskopischen Standpunkt aus – in die Beschreibung die Bewegung aller Ladungsträger, d. h. der freien Elektronen, der in Atomen und Molekülen gebundenen Elektronen und Kerne etc., ein. Für die detaillierte Beschreibung der Atome und Moleküle ist jedoch die Quantenmechanik zuständig. Man beachte auch, daß man vom mikroskopischen Standpunkt aus niemals ein statisches Problem vorliegen hat, da die Ladungsträger – wenigstens bei endlicher Temperatur – in Bewegung sind. In „klassischen“ ~ x, t) und B(~ ~ x, t), Experimenten messen wir jedoch gar nicht die mikroskopischen Felder E(~ die von allen Ladungsträgern im Medium aufgebaut werden, sondern nur die Kraft, die auf eine Probeladung ausgeübt wird. Vom mikroskopischen Standpunkt aus ist die Probeladung keineswegs punktförmig, sondern hat eine Ladungsverteilung f (~x − ~x0 ), die ungleich Null ist in einem kleinen Raumgebiet um ~x0 , z. B. f (~x − ~x0 ) = πε−2 − 3 2 · e− |~ x−~ x0 | ε2 (2.27) Die Gesamtladung der Probe sei 1: Z d~x · f (~x) = 1 (2.28) 2.3 Medien im elektrischen Feld: Dielektrizität 17 0.6 (pi*.5)**-1.5*exp(-x**2/.5) 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -3 -2 -1 0 1 2 3 Abbildung 1: Gauß-Verteilung einer Probeladung ~ x0 )i an der Stelle ~x0 ist gerade die Kraft, die Das makroskopische elektrostatische Feld hE(~ auf die Probeladung an der Stelle ~x0 ausgeübt wird, also Z D E ~ x) ~ E(~x0 ) = d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · E(~ (2.29) | {z } | {z } mikroskopisches Feld makroskopisches Feld I. a. sind die mikroskopischen Felder nicht statisch, d. h. sie hängen noch explizit von der Zeit ab. Die makroskopischen Felder sind also im Grunde auch Zeitmittelwerte. Der elektrostatische Fall liegt vor, wenn die makroskopischen Felder nicht mehr explizit von der Zeit abhängen. Wir wollen die zusätzliche Komplikation, die von der Zeitmittelung kommt, zunächst außer acht lassen. Wir interessieren uns für die Gleichungen, die das makroskopische elektrostatische Feld erfüllt: Z ~ ~ ~ ~x f (~x − ~x0 ) · E(~x) ∇~x0 hE(x)i = d3 ~x · ∇ 0 Z ~ ~x f (~x − ~x0 ) · E(~x) = − d3 ~x · ∇ Z ~ ~x E(~x) = d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · ∇ ~ ~x hE(x)i ~ ∇ = 0 Z d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · 4π ρ(~x) |{z} (2.30) mikroskopische Ladungsverteilung = 4π hρ(~x0 )i ←− Mittelwert der Ladungsverteilung Die mikroskopische Ladungsverteilung ρ(~x) setzt sich zusammen aus zwei Anteilen: Da gibt es zunächst den Beitrag der freien Ladungsträger – das sind etwa die Leitungselektronen in einem Metall, oder die Ionen einer Flüssigkeit – für sie gilt offenbar X ρf (~x) = ej · δ(~x − ~x0 ) (2.31) j Dann gibt es den Beitrag der in Atomen und Molekülen gebundenen Ladungsträger. Betrachten wir die Ladungsverteilung des n-ten Moleküls, dessen Schwerpunkt sich an der 18 2 ZEITUNABHÄNGIGE ELEKTRISCHE FELDER (ELEKTROSTATIK) Stelle ~xn und dessen Ladungen ein sich an den stellen ~xn + ~yin befinden: X ρn = ein · δ(~x − (~xn + ~yin )) (2.32) i Wenn das Molekül neutral ist, gilt X (2.33) ein = 0 i Die Ladungsverteilung des n-ten Moleküls liefert nun zu dem obigen Mittelwert den folgenden Beitrag: Z X d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · ρn = ein · f (~x + ~yin − ~x0 ) (2.34) i Nun berücksichtigen wir, daß die immer molekularen Abstände |~yin | ε, also sehr viel kleiner als die Ausdehnung der makroskopischen Sonde sind. D. h. wir können f (~x+~yin −~x0 ) um ~yin = 0 entwickeln: ~ (~x) f (~x − ~x0 + ~yin ) = f (~x − ~x0 ) + ~yin q ∇f (2.35) ~ x=~ xn −~ x0 und wir erhalten für den Beitrag des n-ten Moleküls zu dem obigen Mittelwert der Ladungsverteilung: Z X X ~ )(~x − ~x0 ) d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · ρ(~x) = ein · f (~x − ~x0 ) + ein ~yin q (∇f (2.36) i i Der erste Term verschwindet, wenn das Molekül neutral ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kommt der führende – d. h. der erste nicht verschwindende – Beitrag zum Mittelwert der Ladungsverteilung vom molekularen Dipolmoment X p~n = ein · ~yin (2.37) i Der Mittelwert über die mikroskopische Ladungsverteilung ist also Z hρ(~x0 )i = d3 ~x · f (~x − ~x0 ) · ρ(~x) X = ej · f (~xj − x0 ) ← Beitrag der freien Ladungsträger j + X n ~ ~x f (~x) p~n q ∇ ~ x=~ xn −~ x0 ← Beitrag der molekularen Dipolmomente ~ ~x P~ (~x0 ) = ρ̄(~x0 ) − ∇ 0 Wobei P~ (~x0 ) = (2.38) X p~n · f (~xn − ~x0 ) (2.39) n die mit der Probe gemessene makroskopische Polarisation ist, und X ρ̄(~x0 ) = ej · f (~xj − ~x0 ) j (2.40) 2.3 Medien im elektrischen Feld: Dielektrizität 19 die mit der Probe gemessene makroskopische Ladungsdichte. Die Divergenzgleichung für ~ das makroskopische E-Feld lautet also: ~ Ei ~ = 4π(ρ̄ − ∇ ~ P~ ) ∇h (2.41) ~D ~ = 4π ρ̄ ∇ (2.42) ~ = hEi ~ + 4π P~ D (2.43) oder Dabei ist der elektrische Verschiebungsvektor. Beachte: Die Lösung der Gleichung (2.41) erfordert die Kenntnis der makroskopischen Ladungsverteilung ρ̄ und der Polarisation P~ in einem vorgegebenen Medium. Die mikroskopische Berechnung dieser Größen mit Hilfe der Gleichungen (2.37) und (2.38) geht über den Rahmen der klassischen Elektrodynamik hinaus und ist eigentlich die Aufgabe der Quantenmechanik, der statistischen Mechanik, der Festkörperphysik etc. Hier nehmen wir das Resultat dieser Berechnungen als gegeben an: In vielen Fällen, nämlich bei isotropen Medien, in denen keine Richtung ausgezeichnet ist, existiert der folgende Zusammenhang zwischen der induzierten Polarisation P~ und dem ~ Makroskopischen Feld hEi: ~ P~ = χ · hEi (2.44) χ heißt elektrische Suszeptibilität des Mediums. Wenn (2.42) gilt, folgt die bekannte Bezie~ und hEi: ~ hung zwischen D ~ = ε · hEi ~ D (2.45) Dabei ist ε = 1 + 4πχ (2.46) die Dielektrizitätskonstante. Wenn Das Medium nicht nur isotrop sondern auch homogen ist, ist ε unabhängig vom Ort. Die Divergenzgleichung (2.41) kann dann auch in der folgenden Weise geschrieben werden: ~ Ei ~ = 4π · ρ̄ ∇h ε (2.47) d. h. in einem solchen Medium hat man im wesentlichen die gleiche Situation wie im Vakuum; lediglich die Ladung wird um den Faktor 1ε reduziert. Die zweite für die Elektrostatik relevante Maxwellgleichung ist ~ × hEi ~ =0 ∇ (2.48) Sie folgt aus der mikroskopischen Gleichung ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t (2.49) D E ~ wenn ∂∂tB = 0 ist, d. h. wenn in dem oben beschriebenen Mittel die magnetische Feldstärke verschwindet. 20 2 ZEITUNABHÄNGIGE ELEKTRISCHE FELDER (ELEKTROSTATIK) 21 3 3.1 Randwertprobleme in der Elektrostatik Dirichletsche und von-Neumannsche Randwertprobleme In der Elektrostatik sieht man sich oft vor Probleme der folgenden Art gestellt: • Gegeben sei eine Ladungsverteilung ρ(~x) innerhalb eines Volumens V ; außerdem sei das Potential Φ auf der Oberfläche F von V vorgegeben: ρ(~x), ~x ∈ V Φ(~x), ~x ∈ F (3.1) Man bestimme das Potential Φ(~x) für ~x ∈ V Dies ist ein Dirichletsches Randwertproblem. Ein typisches Beispiel: Die Oberfläche F von V bestehe aus leitendem Metall und sei geertdet, so daß Φ(~x) = 0 für ~x ∈ F Das von-Neumannsche Randwertproblem ist folgendermaßen definiert • Gegeben sei eine Ladungsverteilung ρ(~x) innerhalb eines Volumens V und auf der Oberfläche F von V die elektrische Feldstärke in Richtung der Flächennormalen: ~ q ~n) = −~n q ∇Φ ~ = ∂Φ , ~x ∈ F En = (E ∂n (3.2) Man bestimme wieder das Potential Φ(~x) für ~x ∈ V Zur Konstruktion der Lösungen für diese beiden Randwertprobleme benötigen wir zunächst die Greensche Identität Z Z ∂Ψ ∂Φ ~ 2 Ψ − Ψ∇ ~ 2 Φ) = d~x · (Φ∇ df · Φ −Ψ (3.3) ∂n ∂n V F dabei ist df das Oberflächenelement auf F df ∂Ψ ~ = df~ q ∇Ψ ~ = df · ~n q ∇Ψ ∂n (3.4) Beweis der Greenschen Identität: Ausgangspunkt ist der Gaußsche Satz für ein Vektorfeld ~ = Φ · ∇Ψ ~ A (3.5) wobei Φ = Φ(~x), Ψ = Ψ(~x) beliebige skalare Felder sind Z Z ~ ~ ~ ∇A · d~x = df · ~n q A V F (3.6) 22 3 Z RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK n o Z ~ ~ ~ 2Ψ = ~ d~x · (∇Φ)( ∇Ψ) + Φ∇ df · Φ~n q ∇Ψ V (3.7) F Eine entsprechende Formel gilt auch, wenn wir Φ und Ψ vertauschen. Z n o Z 2 ~ ~ ~ ~ d~x · (∇Ψ)(∇Φ) + Ψ∇ Φ = df · Ψ~n q ∇Φ V (3.8) F Durch Subtraktion von (3.7) − (3.8) folgt (3.3). Die Greensfunktion ist definiert als die Lösung der Poissongleichung für eine Punktladung e = 1 an der Stelle ~x0 : ~ 2 G(~x, ~x0 ) = −4π · δ(~x − ~x0 ) ∇ (3.9) Die allgemeine Lösung dieser Gleichung hat die Form G(~x, ~x0 ) = 1 + F (~x, ~x0 ) |~x − ~x0 | (3.10) wobei F (~x, ~x0 ) eine allgemeine Lösung der homogenen Gleichung ~ 2 F (~x, ~x0 ) = 0 ∇ (3.11) ist. Wenden wir nun die 3.15Greensche Identität (3.3) an auf das gesuchte Potential Φ = Φ(~x) und die Greensfunktion G(~x, ~x0 ) aus (3.10) Z Z ∂G ∂Φ ~ 2 G(~x, ~x0 ) − G(~x, ~x0 )∇ ~ 2 Φ(~x) = d~x · Φ(~x)∇ df · Φ(~x) −G (3.12) ∂n ∂n V F Zur Auswertung der linken Seite benutzen wir die Poissongleichungen ~ 2 G(~x, ~x0 ) = −4π · δ(~x − ~x0 ) ∇ ~x0 ∈ V ~ 2 Φ(~x) = −4πρ(~x) ∇ Z Z ∂G ∂Φ −4πΦ(~x0 ) = −4π d~x · ρ(~x) · G(~x, ~x0 ) + df · Φ(~x) −G ∂n ∂n V F (3.13) (3.14) (3.15) liegt nun ein Dirichletsches Randwertproblem vor, so wählen wir die Greensfunktion G(~x, ~x0 ), so daß 1 G = GD (~x, ~x0 ) = + F (~x, ~x0 ) = 0 für ~x0 ∈ F (3.16) |~x − ~x0 | Gleichung (3.15) stellt dann eine Lösung des Problems dar: Z Z ∂G Φ(~x0 ) = d~x · ρ(~x)GD (~x, ~x0 ) + df · Φ(~x) ∂n V F (3.17) sofern wir die Greensfunktion mit der Randbedingung kennen, d. h. sofern wir eine Lösung der Laplacegleichung ~ 2 FD (~x, ~x0 ) = 0 ∇ (3.18) mit der Randbedingung FD (~x, ~x0 ) = − 1 für ~x ∈ F |~x − ~x0 | (3.19) 3.2 Die Spiegelungsmethode als Lösungsweg 23 kennen. Liegt dagegen ein von-Neumannsches Randwertproblem vor, so wählen wir die Greensfunktion G(~x, ~x0 ) so daß ∂G ~ N (~x, ~x0 ) = − 4π für ~x ∈ F = ~n q ∇G ∂n F ~ (~x, ~x0 ) = − ~n q ∇F 1 4π ~ − ~n q ∇ F |~x − ~x0 | (3.20) (3.21) Man beachte, daß hier die zu (3.16) analoge Lösung ∂GN = 0 für ~x ∈ F ∂n nicht existiert, da nach dem Gaußschen Satz Z Z ∂GN ~ 2 G(~x, ~x0 ) = −4π df · = d~x · ∇ ∂n F V (3.22) (3.23) ist. Der Ansatz (3.20) ist dagegen mit (3.23) verträglich. (3.15) liefert schließlich eine Lösung des von-Neumannschen Randwertproblems: Z Z 1 ∂Φ Φ(~x0 ) = d~x · ρ(~x)GN (~x, ~x0 ) + hΦiF + df GN (3.24) 4π F ∂n V wobei 1 hΦiF = F Z df · Φ(~x) = Mittelwert von Φ(~x) auf F (3.25) F Interpretation der Funktionen: GD : Potential einer Einheitsladung im Punkte ~x0 ∈ V , wobei die Oberfläche F von V leitend und geerdet ist: G(~x, ~x0 ) = 0 für ~x ∈ F FD : Potential eines Systems von Ladungen, die sich alle außerhalb des Volumens V befin~ 2 FD (~x, ~x0 ) = 0 für ~x ∈ V den, da ∇ 3.2 Die Spiegelungsmethode zur Berechnung elektrostatischer Potentiale und Greensfunktionen Die Methode besteht darin, das Potential innerhalb eines Volumens V – bei vorgegebenen Randbedingungen auf der Oberfläche von V – aus den Potentialen für die realen Punktladungen innerhalb von V und geeigneten „Scheinladungen“ außerhalb von V aufzubauen. 24 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK t 6 ~a Φ=0 ~ =0 E Abbildung 2: Punktladung vor leitender Ebene se s−e Abbildung 3: Analoge Konfiguration mit Spiegelladung Beispiel: Punktladung vor leitender Ebene, die geerdet ist. Dem entspricht vor der Ebene (d. h. in V ) das Problem aus Abb. 3 mit einer Spiegelladung. Deshalb Lösungsversuch für ~x ∈ V : 1 1 Φ(~x) = e − (3.26) |~x − ~a| |~x + ~a| Die Randbedingung wird explizit erfüllt da Φ(~x) = 0 für ~x ∈ V (3.27) ~a q ~x = 0 für ~x ∈ F (3.28) Man beachte: (3.26) beschreibt die Lösung des Problems nur im oberen Halbraum. Im unteren Halbraum ist die Laplacegleichung 4Φ = 0 (3.29) Φ(~x) = 0 für ~x ∈ F (3.30) mit der Randbedingung zu lösen. Hier gibt es nur die triviale Lösung Φ(~x) ≡ 0 (3.31) 3.2 Die Spiegelungsmethode als Lösungsweg 25 Das elektrische Feld macht also einen Sprung an der Ebene, die den oberen und unteren Halbraum voneinander trennt. Im oberen Halbraum gilt ~x − ~a ~x + ~a ~ ~ E = ∇Φ = e − (3.32) |~x − ~a|3 |~x + ~a|3 2~a = −e 2 für ~x q~a = 0 (3.33) (~x + ~a2 )3/2 Das Feld zeigt offenbar an der Trennebene immer in Normalenrichtung ~a, d. h. nur die Kom~ in Normalenrichtung hat eine Diskontinuität: ponente En von E En(o) − En(u) = −e (~x2 2a für ~x q~a = 0 + ~a2 )3/2 (3.34) (3.35) = 4πσ σ hat die Interpretation einer Ladungsdichte auf der Trennebene. Um dies zu sehen, betrachten wir ein Volumen V, 0 ≤ x, y ≤ δ; −ε < z < ε ε −ε 0 δ das ein Quadrat der Trennebene einschließt. Aufgrund der Divergenzgleichung ~E ~ = 4πρ ∇ ist die in V enthaltene Ladung Z Z Z 1 1 ~ ~ d~x · ∇E = df · En = δ 2 (En(o) − En(u) ) d~x · ρ = 4π V 4π F V (3.36) Die rechte Seite verschwindet nicht, wenn ε → 0 geht – und damit das Volumen V . Zur adäquaten Beschreibung der auf der Halbebene influenzierten Ladungsverteilung benötigen wir also eine Flächenladungsdichte σ ∼ ερ. Beispiel: Punktladung vor leitender Kugel Φ(~x) = die geerdet ist. Ansatz für das Potential: e e0 + ~x − ~a ~x − a~0 Die Randbedingung: Φ(~x) = 0 für |~x| = R e2 (~x − ~a0 )2 = e02 (~x − ~a)2 (e2 − e02 )R2 + e2~a2 − e2~a2 − 2e2 ~x~a + 2e02 ~x~a = 0 (3.37) 26 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK se 6 a '$ s ? a0 @ @ R &% Abbildung 4: Ladung vor einer Metallkugel wird für alle |~x| = R erfüllt, wenn e2 (R2 + ~a02 ) = e02 (R2 + ~a2 ) (3.38) e2~a0 = e02~a e2 a R2 + a2 = = e02 a0 R2 + a02 (3.39) und (3.40) triviale Lösung dafür: e0 = −e ~a0 = ~a Φ=0 (3.41) nicht-triviale Lösung: a0 = R2 a e a =− 0 e R Die Greensfunktion für das zugehörige Dirichletsche Randwertproblem lautet also R 1 1 |~x−~ für |~x| > R 2 x0 | − |~ x0 | · ~ x−~ x0 R2 ~ x GD (~x, ~x0 ) = 0 für |~x| < R (3.42) (3.43) Beispiel: Punktladung im Halbraum mit Dielektrikum ε1 1. Divergenzgleichung ~D ~ = 4πe · δ(~x − ~a) ∇ (3.44) ~ ×E ~ =0 ∇ (3.45) 2. Rotationsgleichung für alle ~x 3.2 Die Spiegelungsmethode als Lösungsweg 27 x 63 te ε1 @ @ @ @ @ @ @ a@ @ @ @ @ - ε2 Abbildung 5: Ladung und Dielektrika ~ und E: ~ 3. Verknüpfung zwischen D ( ~ ~ = ε1 E D ~ ε2 E für x3 > 0 für x3 < 0 (3.46) 4. Stetigkeitsbedingung an der Trennebene x3 = 0. Betrachte „flaches“ Volumen V : V : − ε < x3 < ε 0 ≤ x1 x2 ≤ δ Integration über die Divergenzgleichung (3.44) liefert – da a ∈ /V – Z Z ~D ~ = ~ ' δ 2 (Dn(1) − Dn(2) ) 0= d~x · ∇ df · ~n q D V mit (3.47) (3.48) F 0 n = 0 1 ~ muß stetig sein: d. h. die Normalkomponente Dn = D3 von D Dn(1) = Dn(2) Integration über die Rotationsgleichung liefert: Z δ Z δ Z ∂E3 ∂E2 0 = dx1 x2 dx3 − ∂x2 ∂x3 −δ −δ −ε Z δ Z ε = dx1 dx3 (E3 (x1 , x2 = δ, x3 ) − E3 (x1 , x2 − δ, x3 )) −δ δ Z dx3 (E3 (x1 , x2 , x3 = ε) − E3 (x1 , x2 , x3 = −ε)) dx1 −δ (3.50) −ε ε Z − (3.49) −ε Der erste Term ist von der Ordnung O(δ 2 ε). Damit auch der zweite Term von der Ordnung O(δ 2 ε) ist, muß E2 (x1 , x2 , x3 = ε) − E2 (x1 , x2 , x3 = −ε) für ε → 0 wie O(ε) verschwinden, d. h. die Tangentialkomponente E2 (~x) muß an der Trennfläche stetig sein. Lösungsansatz für das Potential in dem unteren Halbraum x3 > 0 mit Hilfe der Spiegelungsmethode: e 1 e1 1 Φ(1) (~x) = + (3.51) ε1 |~x − ~a| ε1 |~x + ~a| 28 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK e1 ist noch aus den Stetigkeitsbedingungen zu bestimmen. Lösungsansatz für das Potential in dem unteren Halbraum x3 < 0; hier gibt es keine realen Ladungen, d. h. die Lösung muß die Laplacegleichung erfüllen. Ansatz: Φ(2) (~x) = e2 1 ε2 |~x − ~a| (3.52) e2 ist noch aus den Stetigkeitsbedingungen zu bestimmen: (1) (1) Ej ∂ (1) ∂ (2) Φ = ε2 · Φ ∂x3 ∂x3 ∂ (1) ∂ (2) Φ = Φ , j = 1, 2 ∂xj ∂xj (2) =⇒ ε1 · (3.53) (2) =⇒ (3.54) D3 = D3 = Ej Aus (3.53) folgt: x3 − a e · (x3 − a) e1 · (x3 + a) − = −e2 · − |~x − ~a| ~x q ~a=0 |~x − ~a|3 |~x + ~a|3 ~x q ~a=0 (3.55) =⇒ e − e1 = e2 (3.56) x3 =0 x3 =0 Aus (3.54) folgt − xj e1 xj e2 xj e − =− 3 3 ε1 |~x − ~a| ε1 |~x + ~a| ε2 |~x − ~a|3 (3.57) e + e1 e2 = (3.58) ε1 ε2 (3.56) und (3.58) liefern ein lineares Gleichungssystem für die beiden Scheinladungen e1 und e2 : =⇒ e1 = − 3.3 ε2 − ε1 ·e ε2 + ε1 e2 = 2ε2 ·e ε2 + ε1 (3.59) Randwerte auf einer Kugel Wir wollen das folgende Dirichletsche Randwertproblem lösen: Gegeben sei eine Ladungsverteilung ρ(~x) außerhalb einer Kugel |~x| > R (3.60) |~x| = R (3.61) Φ(~x) = Φ0 (~x) (3.62) Auf der Kugeloberfläche sei das Potential vorgegeben: Gesucht ist das Potential Φ(~x) außerhalb der Kugel – also im Bereich (3.60). Die Lösung wird gemäß (3.17) gegeben durch die Greensfunktion GD (~x, ~x0 ): Z Z 1 ∂GD Φ(~x) = d~x · ρ(~x) · GD (~x, ~x0 ) − df · Φ(~x) (3.63) 4π F ∂n |~ x|>R 3.3 Randwerte auf einer Kugel 29 Die Greensfunktion GD war einerseits Lösung der Poissongleichung (3.13) für eine isolierte Ladung an der Stelle ~x0 (|~x0 | > R) ~ 2 GD (~x, ~x0 ) = −4π · δ(~x − ~x0 ) ∇ (3.64) andererseits erfüllte sie die Randbedingung GD (~x, ~x0 ) = 0 für ~x2 = R2 (3.65) GD (~x, ~x0 ) ist also genau das elektroEinheitsladung an der Stelle ~x0 gegenüber einer leitenden geerdeten Kugel, das wir bereits mit Hilfe der Spiegelungsmethode berechnet hatten (siehe Gl. (3.37) und (3.43)) 1 R 1 GD (~x, ~x0 ) = − (3.66) |~x − ~x0 | |~x| ~x − R2 ~x ~ x20 0 Zur Berechnung des 2. Terms in (3.64) benötigen wir auch die Ableitung von GD in Normalenrichtung: ∂GD ∂n ~x ~ · ∇GD (~x, ~x0 ) |~x| ~x ~x − ~x0 R 1 + = − − |~x| |~x − ~x0 |3 |~x| ~x − R2 ~x ~ x2 0 = − (3.67) (3.68) |~ x|=R Aufgrund der Randbedingung (3.65) gilt auf der Kugeloberfläche: −1 2 R |~x0 | ~x − ~x0 = · |~x − ~x0 |−1 2 ~x R Damit bestimmt sich die Normalenableitung folgendermaßen: 3 ! 2 R ∂GD ~x 1 |~ x | R 0 q ~ x − ~x0 − = · · ~x − 2 ~x ∂n R |~x − ~x0 |3 |x0 | R ~x 1 ~x ~x2 q~ = · x 1 − 02 3 R |~x − ~x0 | R 1 ~x20 = R· · 1 − R2 |~x − ~x0 |3 (3.69) (3.70) (3.71) (3.72) Zur Auswertung des Oberflächenintegrals in (3.64) führen wir Kugelkoordinaten ein. Ohne Einschränkung der Allgemeingültigkeit können wir die Orientierung für das Koordinatensystem der Integrationsvariablen ~x so wählen, daß 0 ~x0 = x0 · 0 (3.73) 1 wobei x1 = R · cos ϕ sin ϑ x2 = R · sin ϕ sin ϑ x3 = R · cos ϑ (3.74) 30 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK (~x − ~x0 )2 = ~x2 + ~x20 − 2~x~x0 (3.75) = R2 + ~x20 − 2R |~x0 | cos ϑ Das gesuchte Flächenintegral in (3.64) ist also Z ∂GD df · Φ0 (~x) ∂n |~ x|=R = R 2 Z 1 Z −1 · 2π d(cos ϑ) dϕΦ0 (r, ϑ, ϕ) 0 R2 − ~x20 · (R2 + ~x20 − 2R |~x0 | cos ϑ)−3/2 R (3.76) Dies ist das sogenannte Poissonintegral. 3.4 Die Laplacegleichung in Kugelkoordinaten Wir betrachten im folgenden Situationen, in denen die Ladungsdichte 0 ist. Die Poissongleichung für das Potential reduziert sich dann wieder auf die Laplacegleichung ~ 2Φ = 0 ∇ (3.77) Sind Randbedingungen auf einer Kugel vorgegeben, so ist es zweckmäßig, von den kartesischen Koordinaten zu Kugelkoordinaten überzugehen. (Siehe Gl. (3.74)) Die Laplacegleichung lautet dann 1 1 ∂ ∂Φ 1 ∂2Φ 1 ∂2 · 2 (rΦ) + 2 sin ϑ + 2 2 =0 (3.78) r ∂r r sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ r sin ϑ ∂ϕ2 Der Produktansatz U (r) · P (ϑ) · Q(ϕ) r führt zu einer Lösung der Laplacegleichung: (3.79) Φ= 1 d2 U 1 UQ d P ·Q· 2 + 3 · · r dr r sin ϑ dϑ sin ϑ dP dϑ + 1 UP d2 Q · · =0 2 r3 sin ϑ dϕ2 (3.80) Nach Multiplikation mit r3 sin2 ϑ U P1 Q : 1 d2 U 1 1 1 d r sin ϑ + 2 2 U dr r sin ϑ P dϑ 2 2 dP sin ϑ dϑ + 1 d2 Q =0 Q dϕ2 (3.81) Die ϕ-Abhängigkeit taucht jetzt nur noch im letzten Term auf, der offenbar konstant sein muß: d2 Q Q−1 2 = −m2 (3.82) dϕ Diese gewöhnliche Differentialgleichung hat die beiden linear unabhängigen Lösungen Q = e±imϕ Damit Q(ϕ) = Q(ϕ + 2π) ist, also damit Q(ϕ) eindeutig ist, muß m ganzzahlig sein. (3.83) 3.4 Die Laplacegleichung in Kugelkoordinaten 31 Setzt man (3.83) in (3.81) ein und dividiert durch sin2 ϑ: 2 1 1 d dP m2 2 1 d U · 2 + · · sin ϑ − =0 r U dr sin ϑ P dϑ dϑ sin2 ϑ (3.84) so enthält der erste Term allein die r-Abhängigkeit, r2 1 d2 U · = l(l + 1) U dr2 (3.85) der zweite und dritte allein die ϑ-Abhängigkeit: 1 1 d dP m2 · · sin ϑ − = −l(l + 1) sin ϑ P dϑ dϑ sin2 ϑ (3.86) Die linear unabhängigen Lösungen der Radialgleichung (3.85) sind offenbar r−l rl+1 (3.87) so daß die allgemeine Lösung zu vorgegebenem l diese Gestalt hat: U (r) = Ul (r) = Al rl+1 + Bl r−l (3.88) Die gewöhnliche Differentialgleichung (3.86) für die ϑ-Abhängigkeit ist gerade die LegendreDifferentialgleichung: z = cos ϑ d dz dP (1 − z ) dz 2 dz = − sin ϑ · dϑ (3.89) m2 ·P =0 1 − z2 (3.90) + l(l + 1)P − Wir interessieren uns hier nur für die im “physikalischen” Bereich −1 ≤ z = cos ϑ ≤ 1 regulären Lösungen. Dies sind die zugeordneten Legendre-Funktionen Plm (z) l = 0, 1, 2... −l ≤m ≤ l Plm (z) = (−1)m dl+m 2 2 m 2 · (1 − z ) (z − 1)l 2l l! dz l+m (3.91) (3.92) Die allgemeine Lösung der Laplacegleichung läßt sich also in der folgenden Weise entwickeln: ∞ X l X Φ(~x) = Alm rl + Blm r−l−1 · Ylm (ϑ, ϕ) (3.93) l=0 m=−l wobei Ylm (ϑ, ϕ) = gerade die Kugelfunktionen sind. 2l + 1 (l − m)! 4π (l + m)! 1 2 · Plm (cos ϑ)eimϕ (3.94) 32 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK Wichtige Eigenschaften der Kugelfunktionen • Orthogonalitätsbedingung: Z 2π Z 1 dϕ d(cos ϑ) · Yl∗0 m0 (ϑ, ϕ) · Ylm (ϑ, ϕ) = δl0 l δm0 m (3.95) −1 0 • Vollständigkeitsrelation: ∞ X l X Yl∗0 m0 (ϑ, ϕ) · Ylm (ϑ, ϕ) = δ(ϕ0 − ϕ) · δ(cos ϑ0 − cos ϑ) (3.96) l=0 m=−l Beispiele: Y00 1 =√ 4π r Y11 = − 3 · sin ϑeiϕ 8π r Y10 = − 3 · cos ϑ 4π (3.97) Die in der Entwicklung von (3.93) auftretenden Konstanten Alm , Blm bestimmen sich nun aus den Randbedingungen auf der Kugel |~x| = R. Mit Hilfe der Orthogonalitätsrelation findet man Z Z 2π Alm Rl + Blm R−l = 1 dϕ 0 −1 ∗ d(cos ϕ) · Φ0 (~x)Ylm (ϑ, ϕ) (3.98) Für Lösungen, die regulär im Koordinatenursprung r = 0 sein sollen, müssen offenbar die Konstanten Blm verschwinden. Für Lösungen, die im unendlichen (r → ∞) abfallen sollen, müssen offenbar die Konstanten Alm verschwinden. 3.5 Anwendung: Leitende, geladene Kugel im homogenen elektrostatischen Feld In ein homogenes elektrostatisches Feld 0 ~ 0 = E0~n mit ~n = 0 E 1 ~ wird eine leitende, geladene Kugel gebracht. Wir suchen das neue E-Feld außerhalb der ~ E '$ &% ~ Abbildung 6: Homogenes E-Feld mit leitender Kugel Kugel. 3.5 Anwendung: Leitende, geladene Kugel im homogenen elektrostatischen Feld 33 1. Außerhalb der Kugel |~x| > R gilt die Laplacegleichung 4Φ = 0 (3.99) 2. Das System besitzt Rotationssymmetrie um die 3-Achse, d. h. Φ hängt nicht vom Azimuthwinkel ab. Zerlegung nach Kugelfunktionen enthält nur m = 0-Terme: Φ(~x) = ∞ X (Al rl + Bl r−l−1 ) · Yl,0 (ϑ) (3.100) l=0 3. Für r → ∞ soll das Feld nicht verändert werden: Φ(~x) = −E0 x3 = −E0 r cos ϑ (3.101) Vergleich mit (3.93) zeigt r A1 · 3 = −E0 4π Al = 0 für l > 1 (3.102) 4. Für r = R gilt Φ(~x) = Φ0 – da die Kugel als leitend angenommen wird, darf es keine Potentialunterschiede auf ihr geben. Gleichung (3.93) liefert: Al0 Rl + Bl0 R−l−1 = Z 2π Z 1 dϕ −1 0 Z 2π d(cos ϑ) · Φ0 Yl0∗ (ϑ, ϕ) Z = Φ0 1 d(cos ϑ) · dϕ −1 0 = Φ0 · √ 4π · δl0 √ 4πY00 Yl0∗ (ϑ, ϕ) (3.103) Das heißt im Einzelnen −1 A0 + BR = A1 + B1 R −3 √ 4πΦ0 = 0 Al = Bl = 0 für l > 1 (3.104) (3.105) (3.106) Die fehlende Gleichung erhalten wir aus der Ladung Q der Kugel. Im Inneren der Kugel gilt ~ = 0. Die Ladungsdichte auf der Kugeloberfläche ist E ~ (a) − E ~ (i) ) 4πσ = En(a) − En(i) = ~n q (E Dabei ist ~ (a) Das E-Feld ~ E auf der Außenfläche der Kugel ~ (i) Das E-Feld ~ E auf der Innenfläche der Kugel (3.107) 34 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK ~x ~ ∂Φ · ∇Φ = − 4πσ = − |~x| ∂r r=R (3.108) Die Gesamtladung auf der Kugeloberfläche ist also Z 4πQ = 4π df · σ = −R 2 2π Z 0 2 Z 1 ∂Φ dϕ · d(cos ϑ) · ∂r r=R −1 Z 1 = R · 2π d(cos ϑ) · B0 (−1)R −2 (3.109) Y00 + A1 + B1 (−2)R −3 · Y10 −1 √ B0 = 2 πQ Zusammengefaßt ist das Resultat √ A0 = 4π · Φ0 − QR−1 r 4π A1 = − · E0 3 (3.110) √ 4π · Q r 4π B1 = · E0 R 3 3 B0 = r 1 3 −2 √ + A1 r + B1 r Φ(~x) = A0 + B0 r cos ϑ 4π 4π Q R3 = E0 r cos ϑ + Φ0 − QR−1 + + E0 2 cos ϑ für r > R R r −1 (3.111) (3.112) (3.113) (3.114) Das Potential setzt sich also aus folgenden Anteilen zusammen: • dem ursprünglichen Potential −E0 x3 • dem Potential einer Punktladung Q im Ursprung: Q r ~ (1) = E0 R3~n • dem Potential eines Dipolmoments Q 3.6 Anwendung: Kugel mit Dielektrizitätskonstante ε im elektrischen Feld In ein homogenes elektrostatisches Feld 0 ~ 0 = E0~n mit ~n = 0 E 1 ~ wird eine Kugel mit der Dielektrizitätskonstanten ε gebracht. Wir suchen das neue E-Feld innerhalb und außerhalb der Kugel. 1. Innerhalb und außerhalb der Kugel gilt die Laplacegleichung für das Potential ~ 2Φ = 0 ∇ 3.6 Anwendung: Dielektrische Kugel im homogenen elektrischen Feld 35 2. Das System besitzt Rotationssymmetrie um die 3-Achse, d. h. Φ hängt nicht vom Azimuthwinkel ab und sollte regulär sein für r → 0. Zerlegung nach Kugelfunktionen innerhalb der Kugel: ∞ X (i) Φ (~x) = Al rl Yl0 (cos ϑ) (3.115) l=0 außerhalb der Kugel: Φ(a) (~x) = ∞ X Bl rl + Cl r−l−1 · Yl0 (cos ϑ) (3.116) l=0 3. Für r → ∞: Φ(a) (~x) = −E0 x3 = −E0 r cos ϑ r 3 B1 rY10 = B1 · · r cos ϑ 4π r B1 = − 4π · E0 3 Bl = 0 für l > 1 (3.117) (3.118) (3.119) 4. Stetigkeitsbedingungen am Rande der Kugel ~D ~ = 0: • Aus ∇ ~ ×E ~ = 0: • Aus ∇ Dn(i) = Dn(a) ← Normalkomponente (3.120) (i) (3.121) (a) Et = Et ← Tangentialkomponenten Wieder bedeutet (i): innerhalb, (a): außerhalb der Kugel. Wegen ~n = ~ x |~ x| folgt ~ = ~n q ∇Φ ~x q ~ ∂ ∇Φ = Φ |~x| ∂r ~ (i) Dn(i) = −ε · ~n q ∇Φ (3.122) ~ (a) Dn(a) = −~n q ∇Φ Aus (3.120) folgt also ∂Φ(i) ∂Φ(a) = für r = R ∂r ∂r ~ t = −~t q ∇Φ ~ und ~t = (− cos ϑ, 0, sin ϑ) Aus (3.121) folgt mit E ε· (3.123) ∂Φ(a) ∂Φ(i) = für r = R (3.124) ∂ϑ ∂ϑ Setzt man die Stetigkeitsbedingungen (3.123) und (3.124) am Rande der Kugel in die Entwicklungen (3.115) und (3.116) ein, ∞ ∞ X X ε· Al lRl−1 Yl0 = Bl lRl−1 − (l + 1)Cl R−l−2 · Yl0 (3.125) l=0 ∞ X l=0 Al Rl Yl00 = l=0 ∞ X Bl Rl + Cl R−l−1 · Yl00 l=0 so folgt durch Koeffizientenvergleich in Yl0 cos ϑ für l = 0, 1, ...: (3.126) 36 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK • l = 0: −C0 R−2 = 0 (3.127) εA1 = B1 − 2C1 R3 (3.128) εAl lRl−1 = −(l + 1)C1 R−l−2 (3.129) • l = 1: • l > 1: Koeffizientenvergleich in d d cos ϑ Yl0 (cos ϑ) für l = 1, 2, ... liefert: • l = 1: A1 R = B1 R + C1 R−2 (3.130) Al Rl = Cl R−l−1 (3.131) • l > 1: Gleichungen (3.129) und (3.131) liefern ein homogenes Gleichungssystem für Al und Cl mit nicht verschwindender Determinante. Die einzige Lösung ist damit die triviale: Al = 0, Bl = 0 für l > 1 Gleichungen (3.127) und (3.128) liefern ein inhomogenes Gleichungssystem für A1 B1 ist dabei gegeben durch (3.118): r 4π B1 = − · E0 e r 4π 3 A1 = − · E0 · e 2−ε r 4π ε−1 C1 = · E0 R 3 · e ε+2 (3.132) und C1 ; (3.133) (3.134) (3.135) Das Resultat: 3 · E0 r cos ϑ ε+2 R3 ε−1 = −E0 r cos ϑ + · E0 · 2 cos ϑ ε+2 r Φ(i) = − (3.136) Φ(a) (3.137) ~ Innerhalb der Kugel – in Region (i) – liegt also ein konstantes E-Feld vor: ~ (i) = E 3 · E0~n ε+2 (3.138) ~ Außerhalb der Kugel liegt neben dem ursprünglichen konstanten E-Feld E0~n ein Dipolfeld vor mit dem Dipolmoment ~ (1) = ε − 1 · E0 R3~n Q (3.139) ε+2 3.7 Kapazität eines Kondensators 37 3.7 Kapazität eines Kondensators Wir wollen hier unter einem Kondensator ein System von ideal leitenden Flächen Fi verstehen, auf die Ladungen Qi gebracht werden. Gesucht ist dann das elektrostatische Potential Φ dieser Anordnung. Φ(~x) läßt sich zunächst ausdrücken durch die Ladungsdichten σi (~x) auf den Flächen Fi : XZ σ(~x0 ) Φ(~x) = df · 0 (3.140) |~x − ~x| Fi i Das Problem ist, daß wir nur die Gesamtladungen Z Qi = df · σi (~x0 ) (3.141) Fi auf den Flächen Fi kennen; wir wissen jedoch nicht, wie sich diese Ladungen auf den Flächen verteilen. σ(~x0 ) ergibt sich aus der folgenden Betrachtung: 1. Da die Fläche Fi ideal leitend ist, muß sie eine Äquipotentialfläche sein: Φ(~x) = Φi für alle ~x ∈ Fi (3.142) (Φi unabhängig von ~x auf Fi ) 2. Außerhalb der Flächen Fi muß das Potential die Laplace-Gleichung erfüllen: 4Φ = 0 für ~x ∈ / Fi (3.143) Diese beiden Bedingungen liefern ein Dirichletsches Randwertproblem für Φ, wobei die konstanten Potentiale Φi auf den Flächen Fi zunächst als Parameter anzusehen sind. 3. Aus der Lösung von (3.143) mit den Randbedingungen (3.142) läßt sich das elektrostatische Feld ~ = −∇Φ ~ E (3.144) ~ noch von den Parametern Φi ab. Die Ladungsverteilung berechnen. Dabei hängt E σ(~x) auf der Fläche Fi ergibt sich dann aus der Diskontinuität der Normalkomponenten des elektrischen Feldes an der leitenden Fläche Fi ~ (o) − E ~ (u) für ~x ∈ Fi 4πσi (~x) = ~n E (3.145) 6 ~ (o) (~x) ~n E Fi ~ (u) (~x) E 4. Die noch unbestimmten konstanten Potentiale Φi auf den Flächen Fi berechnen sich aus der Gleichung (3.141) für die gegebene Gesamtladung auf der Fläche Fi Die Spannung zwischen zwei Flächen Fi , Fj – d. h. die Potentialdifferenz Φi − Φj = Uij – hängt von der Differenz der auf Fi , Fj aufgebrachten Ladungen Qi , Qj ab: Qi − Qj 1 = Cij ← „Wechselseitige Kapazität“ Φ i − Φj 2 (3.146) 38 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK Φ1 Φ2 Q1 −Q1 F1 F2 - d x1 - Abbildung 7: Idealer Plattenkondensator Beispiel: Der Plattenkondensator Um Randeffekte zu vermeiden, werden die ideal leitenden Platten als unendlich ausgedehnt angesehen. Es herrscht Symmetrie in den Komponenten x2 und x3 (Plattenebene). Wir haben folgende Randbedingungen: 1. Laplacegleichung zwischen den beiden Platten: 4Φ = 0 Lösungsansatz: Φ = Φ(x1 ) mit ∂2Φ ∂x21 (3.147) =0 Φ = Φ1 + (Φ2 − Φ1 ) x1 d (3.148) dieser Ansatz erfüllt die Randbedingungen Φ(~x) = Φ1 für x1 = 0 und alle x2 , x3 Φ(~x) = Φ2 für x1 = d und alle x2 , x3 Laplacegleichung außerhalb der Platten: 4Φ = 0 ⇒ ∂2Φ =0 ∂x21 ~ x) = 0 mit der Randbedingung E(~ x1 Φ1 + (Φ2 − Φ1 ) d Φ(~x) = Φ1 Φ2 2. Das elektrostatische Feld zwischen den Platten: E ~ = 0 E 0 Außerhalb der Platten ist natürlich ~ =0 E für 0 ≤ x1 ≤ d für x1 < 0 für x1 > d (3.149) (3.150) 3.7 Kapazität eines Kondensators 39 Es ergibt sich also für die Flächenladungsverteilung: 1 ~ ~ 4πσ1 (~x) = lim ~n q E(ε) − E(−ε) mit ~n = 0 ε→0 0 x1 d Φ1 + (Φ2 − Φ1 ) · = − dx1 d Φ2 − Φ1 = d (3.151) und entsprechend Φ2 − Φ1 (3.152) d Die Potentialdifferenz Φ2 −Φ1 = U (das ist die Spannung zwischen den Kondensatorplatten) hängt dann in der bekannten Weise mit der auf der Fläche F2 = F aufgebrachten Ladung Q2 = Q zusammen: Q 1 F = · = C = Kapazität (3.153) U 4π d 4πσ2 (~x) = Abbildung 8: Kugelkondensator Dies ist ein rotationssymmetrisches Problem, das heißt Beispiel: Der Kugelkondensator Φ = Φ(|~x|) (3.154) 1. Lösung der Laplacegleichung für |~x| ≤ R1 : Φ ≡ Φ1 erfüllt die Randbedingung bei R1 : ~ x) = 0 für |~x| ≤ R1 E(~ (3.155) bei R1 ≤ |~x| ≤ R2 : 4Φ = 1 ∂2 · (rΦ) = 0 für r = |~x| r ∂r2 (3.156) 40 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK Die Lösung ist eine lineare Funktion rΦ = A + B · r also Φ(r) = A +B r (3.157) Randbedingungen: Φ(R1 ) = Φ(R2 ) = A + B = Φ1 R1 A + B = Φ2 R2 (R1 − R2 )B = Φ1 R1 − Φ2 R2 Φ1 R 1 − Φ2 R 2 B = R1 − R2 A = R1 (Φ1 − B) R1 = · (Φ1 (R1 − R2 ) − Φ1 R1 + Φ2 R2 ) R 1 − R2 R1 R 2 = · (Φ2 − Φ1 ) R 1 − R2 ~ x) = ∇Φ(~ ~ x) = −A∇ ~ 1 = A ~x E(~ r |~x|3 (3.158) (3.159) (3.160) (3.161) (3.162) (3.163) (3.164) für |~x| ≥ R2 : 1 ∂2 · (rΦ) = 0 r ∂r2 C Φ(r) = +B r 4Φ = (3.165) (3.166) Randbedingungen: C + B = Φ2 R lim Φ(r) = 0 (keine Einschränkung) Φ(R2 ) = r→∞ ~ = −∇Φ ~ = C · ~x E |~x|3 (3.167) (3.168) (3.169) 2. Berechnung der Flächenladungsdichten auf den beiden Kugeln: ~ (a) − E ~ (i) für ~x ∈ F1 4πσ1 (~x) = ~n q E = = ~x ~x q A· 3 |~x| |~x| A R12 (3.170) 3.7 Kapazität eines Kondensators 41 ~ (a) − E ~ (i) für ~x ∈ F2 4πσ2 (~x) = ~n q E ~x q ~x ~x = C · 3 −A· 3 |~x| |~x| |~x| C −A = R22 (3.171) 3. Gesamtladung auf den beiden Kugeln: Z 1 1 =A −Q = df · σ1 (~x) = 4πR12 · 2 · A · 4π R F1 1 Z 1 1 Q = df · σ2 (~x) = 4πR22 · 2 · (C − A) · =C −A 4π R2 F2 (3.172) (3.173) Durch Addition von (3.172) und (3.173) folgt (3.174) C=0 d. h. für |~x| > R ist Φ(~x) = D = Φ2 . Aus (3.168) folgt mit (3.172): R1 R2 · (Φ2 − Φ1 ) R1 − R2 R1 R2 ·U =C ·U R1 − R2 R1 R2 R1 − R2 −Q = A = ⇒Q = ⇒C = 4. Die im Kondensator gespeicherte Energie: Die Energiedichte beträgt oben gezeigt ist dabei ~ x) = A · ~x = R1 R2 · (Φ2 − Φ1 ) · ~x E(~ R1 − R2 |~x|3 |~x|3 1 8π Z ~ 2 (~x) = d~x · E = = = Z (3.176) (3.177) 1 8π ~ 2 (~x). Wie ·E (3.178) R2 ~x2 dr · r2 A2 · 6 |~x| R1 1 2 1 1 A − 2 R1 R2 R1 R2 R2 − R1 1 Q· ·U · 2 R2 − R1 R1 R2 1 1 Q · U = CU 2 2 2 1 2 (3.175) (3.179) 42 3 RANDWERTPROBLEME IN DER ELEKTROSTATIK 43 4 Magnetostatik 4.1 Die Grundgleichungen der Magnetostatik Das Vektorpotential Eichtransformationen Das Biot-Savartsche Gesetz Wir setzen in diesem Abschnitt die Untersuchung der Maxwellgleichung für zeitunabhängige Ladungs- und Stromdichte fort: ~j = ~j(~x) ρ = ρ(~x) (4.1) ~ und die magnetische Induktion B ~ entDie Maxwellgleichungen1 für das elektrische Feld E ~ ~ koppeln im statischen Fall (d. h. im Fall ∂∂tE = 0, ∂∂tB = 0): ~ ∇B = 0 ~ ∇E = 4πρ ~ ×B ~ = 4π ~j ∇ c ~ ×E ~ = 0 ∇ (4.2) (4.3) (4.4) (4.5) Gleichungen (4.3) und (4.5) führen zu den bereits oben behandelten Grundgleichungen der Elektrostatik. Gleichungen (4.2) und (4.4) liefern die Grundgleichungen der Magnetostatik. ~ läßt sich unmittelbar erfüllen durch die Darstellung mit Die Divergenzgleichung (4.2) für B ~ Hilfe eines Vektorpotentials A ~ =∇ ~ ×A ~ B (4.6) Setzt man (4.6) in (4.4) ein, so sieht man, daß die Komponenten des Vektorpotentials die folgende Gleichung erfüllen: ~ ∇ ~ A) ~ −∇ ~ 2A ~ = 4π ~j ∇( (4.7) c ~ eindeutig die Man beachte, daß aufgrund der Definition (4.6) zwar das Vektorpotential A ~ festlegt, umgekehrt aber A ~ nicht eindeutig durch B ~ fixiert wird. magnetische Induktion B ~ das Vektorpotential A ~ ist nur eine Hilfsgröße zur Die physikalisch beobachtbare Größe ist B, ~ ~ führen, Lösung der Gleichungen (4.2) und (4.4). Alle Formen von A, die zu dem selben B ~ wird die Klasse der Vektorpotentiale, die zu dem sind äqhivalent. Zu einem vorgegebenen A ~ selben B-Feld führen, gegeben durch ~0 = A ~ + ∇Ψ ~ (wegen ∇ ~ × ∇Ψ ~ = 0) A 1 Zur Erinnerung: Die Maxwellgleichungen lauten ~ =0 ∇B ~ = 4πρ ∇E ~ ~ ×B ~ = 1 · ∂ E + 4π ~j ∇ c ∂t c ~ 1 ∂ B ~ ×E ~+ · ∇ =0 c ∂t (4.8) 44 4 MAGNETOSTATIK Dabei kann Ψ eine beliebige skalare Funktion sein. Man nennt die Transformation (4.8) eine Eichtransformation. Eichtransformationen sind also Transformationen des Vektorpotentials, ~ nicht ändert. Da alle Vektorpotentiale aus (4.8) bei denen sich die magnetische Induktion B physikalisch äquivalent sind, kann ich die „Eichfreiheit“ – das ist die Wahl von Ψ – dazu benutzen, meine Gleichungen (z.B. Gleichung (4.7)) so weit wie möglich zu vereinfachen. ~ ein VektorpotentialA ~ 0 mit der Eigenschaft Offenbar existiert zu jedem Induktionsfeld B ~A ~0 = ∇ ~A ~+∇ ~ 2Ψ = 0 ∇ (4.9) Man nennt die durch (4.9) definierte Einschränkung der Eichfreiheit die Coulombeichung des Vektorpotentials. In diesem Fall nimmt nämlich Gleichung (4.7) für das Vektorpotential die Gestalt einer Poissongleichung an: ~ 2 A0 = − 4π ~j ∇ c deren Lösung wir ja bereits aus der Elektrostatik kennen: Z ~j(~x0 ) 1 0 ~ A (~x) = d~x0 · 0 c |~x − ~x| Für eine beliebige Eichung Ψ lautet die Lösung Z ~j(~x0 ) 1 ~ ~ A(~x) = d~x0 · 0 − ∇Ψ c |~x − ~x| (4.10) (4.11) (4.12) ~ eines Stromdurchflossenen Leiters, Aus (4.11) berechnet sich auch das Vektorpotential A 0 ~ indem man j(~x ) wie folgt substituiert: Z S2 ~j(~x0 ) = I ds · δ 3 ~x0 − ~x(s) · ~t(s) (4.13) S1 Dabei ist I: Strom im Leiter ~t(s) = d~ x ds : Tangentenvektor an den Leiter ~x = ~x(s) ds: infinitesimales Bogenelement des Leiters Damit ist das Vektorpotential ~ x) = I A(~ c Z S2 ds · S1 ~t(s) |~x − ~x(x)| ~ ergibt sich Für das von einem stromdurchflossenen Leiter induzierte Feld B Z ~t(s) × (~x − ~x(s)) I S2 ~ ~ ~ ds · B(~x) = ∇ × A = c S1 |~x − ~x(s)|3 Dies ist das Biot-Savartsche Gesetz. (4.14) (4.15) 4.2 Magnetfeld eines Kreisstromes 6 45 s ~t(s) ~x(S1 ) s QQ 7 x(s) ~ ~x(S2 ) s - Abbildung 9: Stromdurchflossener Leiter '$ 6 ~ j &% I Abbildung 10: Kreisstrom 4.2 Vektorpotential und magnetische Induktion für einen Kreisstrom Das magnetische Dipolmoment Wir betrachten einen zeitlich konstanten Kreisstrom I in der x1 x2 -Ebene. Der Strom ist offenbar tangential gerichtet und hängt folgendermaßen mit der Stromdichte ~j zusammen: ~j(~x) = I Z S2 ds · δ(~x − ~x(s)) · ~t(s) (4.16) S1 wobei ~t(s) = d~ x0 ds : Tangentenvektor ds = |d~x0 |: infinitesimales Bogenelement ~ (in Coulombeichung) reduziert sich bei lineaDie Gleichung (4.11) für das Vektorpotential A ren Leitern auf I ~t(s) I ~ A(~x) = ds · (4.17) C |~x − ~x(s)| Für den Kreisstrom in der x1 -x2 -Ebene gilt demnach • Integrationspunkt: x01 = R · cos ϕ x02 = R · sin ϕ x3 = 0 46 4 MAGNETOSTATIK Abbildung 11: Kreisstrom in x1 , x2 -Ebene • Tangente: − sin ϕ ~t(s) = R · dϕ · cos ϕ ds 0 • Aufpunkt x1 = |~x| sin ϑ x2 = 0 x3 = |~x| cos ϑ Offensichtlich gilt ~x q ~x0 = R |~x| cos ϕ · sin ϕ Wir erhalten also − sin ϕ 1 ~ x) = RI · A(~ dϕ · cos ϕ · (~x2 + R2 − 2 |~x| R cos ϕ · sin ϕ)− 2 c −π 0 Z π (4.18) die 1-Komponente davon verschwindet, da der Integrand antisymmetrisch unter ϕ → −ϕ ist (ungerade Funktion). Die 2-Komponente führt zu einem elliptischen Integral Z 1 RI π A2 (~x) = dϕ · cos ϕ(~x2 + R2 − 2 |~x| R cos ϕ · sin ϕ)− 2 (4.19) c −π Für große Abstände vom Kreisstrom – also R |~x| → ∞ bzw. →0 R |~x| hat die 2-Komponente des Vektorpotentials das Verhalten − 12 Z π R R2 RI 1 A2 = · dϕ · cos ϕ 1 − 2 cos ϕ · sin ϑ + 2 c |~x| −π |~x| ~x Z π RI 1 R = · dϕ · cos ϕ 1 + cos ϕ · sin ϑ c |~x| −π |~x| RI R = · · sin ϑ · π c ~x2 (4.20) 4.3 Magnetfeld einer Stromverteilung – makroskopische Beschreibung 47 ~ schreiben: Insgesamt können wir bei großem |~x| für A ~ ~ x) = − ~x × m A(~ 3 |~x| (4.21) IR2 · π · ~n3 C (4.22) wobei in unserem Falle m ~ = x1 ~x = 0 x3 0 ~n3 = 0 1 0 ~x × ~n3 = |~x| sin ϑ 0 Gleichung (4.21) hat Ähnlichkeiten mit dem Potential eines Dipols. Man nennt deshalb die Größe m ~ das magnetische Dipolmoment des Kreisstroms in der x1 -x2 -Ebene 4.3 Magnetische Felder von lokalisierten Stromverteilungen Das magnetische Moment Die makroskopischen Gleichungen der Magnetostatik Die im Abschnitt 4.2 durchgeführte Diskussion des Vektorpotentials einer stromdurchflossenen Leiterschleife kann leicht auf das Vektorpotential (4.11) einer beliebigen Stromdichteverteilung übertragen werden. Für große Abstände |~x| des Aufpunktes vom Zentrum der Stromdichteverteilung, d. h. für |~x0 | 1 |~x| können wir nach dem Nenner |~x0 − ~x| – wie im elektrostatischen Fall – entwickeln: 1 02 − 2 0 q~ −1 ~ x ~ x x −1 0 ~x − ~x = |~x| · 1 − 2 2 + 2 ~x ~x 0 q ~x ~x = |~x|−1 + 3 + · · · ~x Z Z 1 ~x q Ak (~x) = d3 ~x0 · jk (~x) + d3 ~x0 · ~x0 jk (~x) 3 c |~x| c |~x| (4.23) (4.24) (4.25) Der erste Term – der in der Elektrostatik gerade zu einem reinen Coulombpotential führte – verschwindet hier, da aufgrund der Gleichung (4.4) (zweite Gleichung der Magnetostatik) die Divergenz der Stromdichte verschwindet. ~ ~j = 0 ∇ (4.26) Aus (4.26) folgt durch Multiplikation mit einer beliebigen Funktion f (~x) und anschließender Integration über den ganzen Raum Z Z ~ ~j = − d~x · ∇f ~ (~x) q~j 0 = d~x · f (~x) · ∇ (4.27) 48 4 MAGNETOSTATIK Wählen wir f (~x) = xk , so folgt Z 0=− d~x · jk (~x) (4.28) Eine weitere Integralrelation für die Stromdichte folgt, wenn wir die Funktion f (~x) in der folgenden Weise wählen: f (~x) = xk xl (4.29) Z 0 = d~x · (xl jk + xk jl ) (4.30) Hiermit läßt sich das 2. Integral in (4.21) umformen: Z Z 1 3 0 0 d ~x · xl jk = d3 ~x0 · (x0l jk − x0k jl ) 2 Z X 1 · xl · d3 ~x0 · (x0l jk − x0k jl ) Ak (~x) = 2c |~x|3 l 1 · ~x × 2c |~x|3 ~x × m ~ = − 3 |~x| ~ x) = − A(~ Mit 1 m ~ = · 2c Z Z d3 ~x0 · (~x0 × ~j(~x0 )) d3 ~x0 · (~x0 × ~j(~x0 )) (4.31) (4.32) (4.33) (4.34) (4.35) Gleichung (4.35) liefert den allgemeinen Ausdruck für das magnetische Dipolmoment m ~ einer beliebigen Stromdichteverteilung ~j. Die Größe ~ (~x0 ) = 1 · ~x0 × j(~x) M 2c (4.36) hat die Bedeutung der Dichte des magnetischen Dipolmoments, die man auch Magnetisierung nennt. Bis hierher haben wir angenommen, daß die Stromdichte ~j(~x) eine vollständig bekannte Größe ist. Betrachten wir elektromagnetische Felder in einem Medium, so ist dies natürlich nicht der Fall. Wir müßten dann nämlich Ort und Geschwindigkeit aller Ladungsträger kennen, d. h. zum Beispiel auch die interne Bewegung der Elektronen innerhalb der Atome und Moleküle, deren korrekte Behandlung erst die Quantenmechanik ermöglicht. Wind wir nur an den makroskopischen Eigenschaften des Feldes in einem Medium interessiert, so werden letztlich nur die von den Molekülen in einem kleinen Volumen ∆V produzierte makroskopische Ladungsdichte ρ(~x), Stromdichte ~j(~x), elektrische Dipoldichte P~ (~x) und magnetische ~ (~x) von Bedeutung sein. Dipolmomentdichte M Der Beitrag der in d~x0 enthaltenen Moleküle zum Vektorpotential ist also ~= dA ~ (~x0 ) × (~x − ~x0 ) 1 ~j(~x0 ) M · 0 · d~x0 + · d~x c |~x − ~x| |~x0 − ~x|3 (4.37) 4.3 Magnetfeld einer Stromverteilung – makroskopische Beschreibung 49 ~ über alle Volumenelemente d~x auf, so erhalten wir für das Summieren wir alle Beiträge dA Vektorpotential insgesamt: ~ = A = mit Z ~ (~x0 ) × (~x − ~x0 ) ~j(~x0 ) M d ~x · 0 + d3 ~x0 · |~x − ~x| |~x0 − ~x|3 Z ~j(~x0 ) + ~jM (~x) 1 · d3 ~x0 · c |~x0 − ~x| 1 · c Z 3 0 ~ ~x0 × M ~ (~x) jM (~x0 ) = c · ∇ (4.38) (4.39) (4.40) Herleitung dazu: Partielle Integration d3 ~x0 ~ (~x0 ) × (~x − ~x0 ) ·M |~x − ~x0 |3 Z 1 ~ (~x) × ∇ ~ ~x0 = d3 ~x0 · M |~x − ~x0 | Z 3 0 d ~x ~ ~x0 × M ~ (~x0 ) = ·∇ |~x − ~x0 | Z (4.41) (4.42) (4.43) ~ führt also zu einem Zusatzstrom ~jM (4.40), der ebenfalls zum VekDie Magnetisierung M ~ =∇ ~ ×A ~ beiträgt. Offenbar gilt torpotential und damit zur Magnetischen Induktion B ~ ×B ~ = ∇ = 4π ~ ~ (j + jM ) c 4π ~ ~ ×M ~ (~x)) j + 4π(∇ c (4.44) (4.45) Wir definieren ~ x) = B ~ − 4π M ~ (~x) H(~ (4.46) Dann gilt ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ (4.47) c ~ (~x) lauten also die Gleichungen der Magnetostatik In einem Medium der Magnetisierung M ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ c (4.48) (4.49) ~ Man beachte, daß das B-Feld das fundamentale Feld der Magnetostatik ist, genauso wie das ~ ~ E-Feld das fundamentale Feld der Elektrostatik ist. Das H-Feld ist kein fundamentales Feld. ~ Es enthält lediglich den Beitrag zur Magnetischen Induktion B, der von der Stromdichte der freien Ladungsträger induziert wird. Das magnetische Dipolmoment der (elektrisch neutralen) Atome und Moleküle wird durch die Magnetisierung berücksichtigt. ~ (~x) geht – genauso wie die Berechnung der dielekDie Berechnung der Magnetisierung M trischen Polarisation P~ – über den Rahmen der klassischen Elektrodynamik hinaus und ist 50 4 MAGNETOSTATIK eine Aufgabe der Quantenmechanik, der Statistischen Mechanik und der Feskörperphysik. Für isotrope magnetische Stoffe gilt jedoch ein einfacher Zusammenhang: ~ = µH ~ B (4.50) der experimentell sehr gut bestätigt ist. Wir werden im folgenden Beziehung (4.50) als adhoc-Gleichung benutzen. Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Gleichung (4.50) keineswegs immer gilt, ~ und H, ~ wie er experiauch nicht für kleine Magnetfelder. Der Zusammenhang zwischen B mentell bei ferromagnetischen Stoffen (Eisen, Nickel, ...) gefunden wird, ist hochgradig nicht linear und folgt der Hysteresiskurve. Man beachte insbesondere die Abhängigkeit der MaB0 6 −HS HS −B0 Abbildung 12: Hysteresiskurve gnetisierungskurve von der Vorgeschichte: Sei der Ferromagnet zunächst unmagnetisiert: ~ =0 H ~ =0 B ~ =0 M (4.51) 1. Das Magnetfeld H wird angeschaltet und aufgedreht bis zum positiven Sättigungswert HS . Dann wird das Magnetfeld wieder ausgeschaltet. Es verbleibt eine Restmagnetisierung B = B(H = 0) = 4πM (H = 0) = B0 (4.52) 2. Das Magnetfeld H wird angeschaltet und aufgedreht bis zum negativen Sättigungswert −HS , dann wieder ausgeschaltet. Es verbleibt eine Restmagnetisierung B = B(H = 0) = 4πM (H = 0) = −B0 (4.53) B ist keine eindeutige Funktion von H sonder ein Funktional von H(t0 ) 0 ≤ t0 ≤ t. 4.4 ~ Beispiel: Das B-Feld einer gleichförmig magnetisierten Kugel Wir betrachten eine Kugel, bestehend aus einem ferromagnetischen Material, die eine gleich~ (~x) = M ~ 0 = M0~n3 in 3-Richtung besitzt. Wir förmige und permanente Magnetisierung M 4.4 Beispiel: Magnetfeld einer gleichförmig magnetisierten Kugel 51 ~ suchen das B-Feld außerhalb der Kugel. Ausgangspukt sind die Gleichungen der Magnetostatik (4.46), (4.48) und (4.49): ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ c ~ ~ +H ~ B = 4π M (4.54) (4.55) (4.56) Die von außen vorgegebene Stromdichteverteilung ~j ist hier Null, ~j(~x) ≡ 0 (4.57) während die von außen vorgegebene Magnetisierung sich zu ( ~ (~x) = M0~n3 für |~x| < R M 0 für |~x| > R (4.58) ergibt. Aus (4.54), (4.55) und (4.56) folgt hier: ~ ×H ~ = 0 für alle ~x ∇ ~B ~ = ∇ ~H ~ = 0 für alle |~x| < R und |~x| > R ∇ (4.59) (4.60) (4.59) läßt sich erfüllen mit Hilfe eines Ansatzes ~ = −∇Φ ~ M H (4.61) eines skalaren magnetischen Potentials ΦM , das wegen (4.60) die Laplacegleichung ~ 2 ΦM = 0 für alle |~x| < R und |~x| > R ∇ (4.62) zu erfüllen hat. Stetigkeitsbedingungen am Rande der Kugeloberfläche element der Dicke ε an der Oberfläche Betrachte kleines Kugelschalen- ε V Abbildung 13: Kugelschalenelement 1. Z 0= V ~B ~ = d ~x · ∇ 3 Z F ~ = ~n B ~ (o) − B ~ (u) F df · ~n q B 2 ~ ist stetig. d.h. die Normalkomponente von B (4.63) 52 4 2. Z MAGNETOSTATIK Z ~ = ~n × H ~ (o) − ~h(u) F df · ~n × B (4.64) 2 V F ~ sind stetig. (Gilt nur, wenn ~j(~x) ≡ 0!) d.h. die Tangengtialkomponenten von H 0= ~ ×H ~ = d3 ~x · ∇ Aus (4.63) und (4.64) folgt: ~ (o) = ~n q H ~ (u) + 4π~n q H ~ ~n q H (o) (u) ~ ~ ~t q H = ~t q H (4.65) ~ = −∇Φ ~ M H (4.67) (4.66) Beachte die komplette Analogie mit der Elektrostatik für eine vorgegebene Ladungsvertei~ lung auf einer Kugel! Dort gilt entsprechend für E ~ = −∇Φ ~ E (4.68) ~ Φ = 0 für |~x| > R und |~x| < R ∇ (4.69) ~ (u) − E ~ (o) ) = 4πσ ~n q (E ~ (u) − E ~ (o) ) = 0 ~t q (E (4.70) 2 (4.71) Damit kennen wir die Lösungen aus der Elektrostatik: Z 2π Z 1 Z σ(~x) σ(~x) 2 0 Φ(~x) = df · 0 =R · dϕ d(cos ϑ0 ) · 0 |~x − ~x| |~x − ~x| 0 −1 F (4.72) ~ zu identifizieren. Für das skalare MaOffenbar ist die Ladungsverteilung σ hier mit ~n q M gnetische Potential ergibt sich also Z 2π Z ~x0 q ~n3 1 2 0 ΦM (~x) = M0 R dϕ d(cos ϑ) · (4.73) 0 0 |~x | |~x − ~x| 0 mit sin ϑ0 · cos ϕ0 ~x0 = R · sin ϑ0 · sin ϕ0 cos ϑ0 sin ϑ ~x = |~x| · 0 cos ϑ (4.74) Zur Berechnung des Integrals (4.73): 1. für |~x| > R = |~x0 | : ∞ X 0 |~x0 |l ~x − ~x−1 = 1 · Pl (cos γ) |~x| |~x|l (4.75) ~x q ~x0 = |~x| · ~x0 · cos γ (4.76) l=0 wobei Additionstheorem für Kugelfunktionen: l 4π X ∗ Pl (cos γ) = Ylm (ϑ, ϕ) · Ylm (ϑ, ϕ) 2l + 1 m=−1 (4.77) 4.5 Beispiel: Magnetische Abschirmung 2. 53 ~x0 q ~n3 = cos ϑ0 = |~x0 | ΦM (~x) = M0 R 2 |~x| · ∞ X = 2π Z 0 dϕ · 0 |~x0 |l l l=0 = Z |~x| r · r 4π 2l + 1 4π · Y10 (ϑ0 , ϕ0 ) 3 r 1 0 d(cos ϑ ) · −1 l X (4.78) 4π · Y10 (ϑ0 , ϕ0 ) 3 Ylm (ϑ, ϕ) · Yl∗0 m0 (ϑ0 , ϕ0 ) m=−l R2 M0 4π R 4π · · · Y10 (ϑ, ϕ) |~x| 3 |~x| 3 M0 R 3 4 · π · (~x q ~n3 ) 3 |~x|3 (4.79) vgl. elektrostatisches Potential eines Dipols 4.5 Beispiel: Magnetische Abschirmung ~ In ein zunächst konstantes homogenes B-Feld B0 wird eine Kugelschale mit innerem Radius R1 und äußerem Radius R2 sowie einer (konstanten) Permeabilität µ gebracht. Gesucht ist die magnetische Induktion B in den drei Bereichen 0 ≤ |~x| ≤ R1 (I) (4.80) R1 ≤ |~x| ≤ R2 (II) (4.81) |~x| > R2 (III) (4.82) ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = 0 ∇ (4.83) 1. In I, II und III ist ~j = 0, d.h. ( ~ ~ = H B ~ µH für ~x ∈ I oder III für ~x ∈ II (4.84) (4.85) ~ mit Aus (4.84) folgt die Existenz eines skalaren Potentials für H ~ = −∇Φ ~ M H (4.86) In den Bereichen I, II und III erfüllt ΦM die Laplacegleichung ~ 2 ΦM = 0 ∇ (4.87) 54 4 MAGNETOSTATIK ~ 0 = B0 · ~n3 . Das Problem besitzt Zylindersymmetrie. Keine Abhängigkeit vom Azi2. B muthwinkel ϕ. Allgemeine Lösung der Laplacegleichung: ΦM (~x) = ∞ X (Al rl + Bl r−l−1 ) · Yl0 (ϑ) (4.88) l=0 Im Bereich III (|~x| > R2 ): ΦIII M = −B0 r cos ϑ + ∞ X BlIII r−l−1 · Yl0 (ϑ) (4.89) l=0 Im Bereich I (|~x| < R1 ): ΦIM (~x) = ∞ X (AIl rl ) · Yl0 (ϑ) (4.90) l=0 3. Stetigkeitsbedingungen für |~x| = R1 und |~x| = R2 : ~ stetig und ~t q H ~ stetig! ~n q B (4.91) Für |~x| = R2 : ∂ III ∂ ΦM (~x) = µ ΦIIM (~x) ∂r ∂r ∂ III ∂ II Φ (~x) = Φ (~x) ∂ϑ M ∂ϑ M (4.92) (4.93) Für |~x| = R1 : ∂ I ∂ Φ (~x) = µ ΦIIM (~x) ∂r M ∂r ∂ II ∂ I ΦM (~x) = Φ (~x) ∂ϑ ∂ϑ M (4.94) (4.95) Man beachte die völlige Analogie zum elektrostatischen Fall. Wie dort bestimmen sich die Entwicklungskoeffizienten Al , Bl in (4.88) aus den selben Stetigkeitsbedingungen. AIl = AIIl = BlII = BlIII = 0 für l 6= 1 r 4π B1III − R23 · AII1 − B1II = R23 · B0 · 3 r 2B1III + µR23 · AII1 − 2µB1II = −R23 · B0 · (4.96) (4.97) 4π 3 (4.98) R13 · AII1 + B1II − R13 · AI1 = 0 (4.99) µR13 · AII1 − 2µB1II − R13 · AI1 = 0 (4.100) 4.5 Beispiel: Magnetische Abschirmung 55 Im Bereich III besteht das magnetische Potential aus dem q ursprünglichen 3 (~x q ~n3 ). Der homogenen Magnetfeld − |B0 | · r · cos ϑ und einem Dipolfeld B1III · r13 · 4π ~ 0. Dipol zeigt in Richtung von B Resultat: Im Bereich II liegt ebenfalls ein homogenes Feld – allerdings mit anderer Stärke – vor: r 3 II A1 · r · · cos ϑ 4π sowie ein Dipolfeld B1II 1 · 2· r r 3 1 · cos ϑ = B1II · 3 · 4π r r 3 · (~x q ~n3 ) 4π Im Bereich I schließlich haben wir nur noch ein in seiner Stärke reduziertes Magnetfeld mit dem Potential r 3 I A1 · r · · cos ϑ 4π wobei sich AI1 berechnet zu −1 4π R13 2 −qµ B0 · · (2µ + 1)(µ + 2) − 2 3 (µ − 1) 3 R2 r 1 4π · B0 · −q R13 3 2µ 1 − r AI1 = = µ1 R23 (4.101) (4.102) 56 4 MAGNETOSTATIK 57 5 5.1 Quasistationäre elektromagnetische Felder Grundlegende Annahmen der Elektrotechnik Das Ohmsche Gesetz Wir haben den letzten Kapiteln gesehen, daß die Maxwellgleichungen im statischen Feld entkoppeln in zwei unabhängige Gleichungspaare für das elektrische und das magnetische Feld: ~D ~ = 4πρ ∇ ~ ×E ~ = 0 ∇ ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ c (5.1) (5.2) (5.3) (5.4) Man erhält diese Gleichungen aus den makroskopischen Maxwellgleichungen ~D ~ = 4πρ ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = ∇ ~ 4π ~ 1 ∂ D j+ c c ∂t (5.5) (5.6) (5.7) (5.8) indem man die Zeitableitungen wegfallen läßt. Wir wollen uns im folgenden mit Problemen der Elektrotechnik beschäftigen; dort hat man es i.a. mit periodischen Spannungen und Strömen nicht zu hoher Frequenz in Leitern zu tun. ~ Bekanntlich erzeugen elektrische Felder in Leitern Ströme. Der Zusammenhang zwischen E und ~j wird im Rahmen der Elektrotechnik beschrieben durch das Ohmsche Gesetz ~ x, t) ~j(~x, t) = λE(~ (5.9) Dabei ist λ die Leitfähigkeit des Leiters. In isotropen, homogenen Medien ist λ eine Zahl, ~ zeigen in dieselbe Richtung. In inhomogenen, nicht isotropen Materialien ist λ d.h. ~j und E eine Matrix 3 X jk = λki Ei (5.10) i=1 die im allgemeinen auch noch vom Ort ~x abhängen kann. Man beachte: In das Ohmsche ~ = εE ~ und Gesetz gehen ebenso wie die oben diskutierten Zusammenhänge zwischen D ~ = µH ~ die Materialeigenschaften ein. Die Ableitung dieser Beziehungen geht über den B Rahmen der Elektrodynamik hinaus. Sie werden hier ad hoc angenommen. 58 5 QUASISTATIONÄRE ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Zusammenhang mit der üblichen Form des Ohmschen Gesetzes Betrachte Leiter der Länge L und dem Querschnitt F , in dem ein homogener Strom fließt. 0 0 I ~ = 0 mit E = U ~j = 0 mit j = E F l j E I ist der Strom im Leiter, U der Spannungsabfall zwischen x3 = 0 und x3 = l. Ohmsches Gesetz: Z d3 ~x · j = F · l · j = I · l Z = λ d3 ~xE = λ · F · l · E U =R·I R= 1λ λF Ich will noch quantitativ angeben, was die Annahme nicht zu hoher Frequenzen bedeutet; sie besagt, daß die durch die elektrische Polarisation hervorgerufene Verschiebungsstromdichte klein ist gegenüber der Stromdichte der Ladungsträger ~j. ~ 1 ∂D ~j 4π ∂t (5.11) ~ D, ~ ~j schwingen mit einer Frequenz ω: Nehmen wir an, alle Größen E, ~ =E ~ 0 eiωt E ~ = εD ~ 0 eiωt D ~ ∂D ~ 0 · iω · eiωt = εE ∂t ~ 0 · eiωt ~j = λE (5.12) (5.13) (5.14) Gleichung (5.11) bedeutet dann: 4πλ ω ε In metallischen Leitern (ε = 1, λ = 107 Ω−1 cm−1 ) ist also die Bedingung erfüllt für (5.15) ω 1018 Hz (1Ω entspricht 19 ·10−11 s·cm−1 Aufgrund der Annahme (5.11) vereinfacht sich also die 4. Maxwellgleichung (5.8) zu ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ (5.16) c Die Lösung erfolgt – wie im Fall der Elektrostatik und Magnetostatik mit Hilfe von skalaren und vektoriellen Potentialen. Aus ~B ~ =0 ∇ (5.17) 5.2 Leiter im elektromagnetischen Feld: Das Faradaysche Gesetz 59 ~ mit folgt die Existenz eines Vektorpotentials A ~ =∇ ~ ×H ~ B (5.18) ~ ~ ×E ~ = − 1 ∂B ∇ c ∂t (5.19) ~ × E ~ + 1 ∂A = 0 ∇ c ∂t (5.20) Aus folgt also die Existenz eines skalaren Potentials Φ mit ~ + 1 ∂A = −∇Φ ~ E c ∂t (5.21) Aus ~D ~ = ε∇ ~E ~ = 4πρ ∇ ~ 2Φ − 1 ∂ ∇ ~A ~ −ε ∇ = 4πρ c ∂t (5.22) ~A ~=0 ∇ (5.24) (5.23) In der Coulomb-Eichung erfüllt das skalare Potential Φ eine Poissongleichung Aus ~ 2 Φ = − 4πρ ∇ ε (5.25) ~ ×H ~ = 4π ~j ∇ c (5.26) folgt mit ~ = 1B ~ = 1∇ ~ ×A ~ H µ µ ~ ∇ ~ A) ~ −∇ ~ 2 = −4π µ · ~j ∇( c in der Coulomb-Eichung (5.24) 5.2 ~ 2A ~ = −4π µ · ~j ∇ c (5.27) (5.28) (5.29) Die Wirkung von elektrischen und magnetischen Feldern auf Leitersysteme Das Faradaysche Gesetz Aus der Maxwellgleichung ~ ~ ×E ~ = 1 ∂B ∇ c ∂t (5.30) 60 5 QUASISTATIONÄRE ELEKTROMAGNETISCHE FELDER folgt durch Integration über eine offene Fläche Z Z ~ 1 ∂B q ~ × E) ~ − df · ~n = df · ~n q (∇ c F ∂t IF ~ x(s)) = ds · ~t(s) q E(~ (5.31) (5.32) ∂F = Φ1 − Φ2 = U ind (5.33) In der zweiten Zeile wurde der Stokessche Satz angewandt. ∂F ist dabei die Randkurve von ~ liefert die Differenz des Potentials am Anfangs- und F . Das Wegintegral längs ∂F über E Endpunkt. Zur Interpretation dieses Resultates betrachten wir einen „nahezu geschlossenen“ Leiter. s s >> > ~ B ~ Abbildung 14: „Fast geschlossener“ Leiter im B-Feld ~ Der Leiter befinde sich in einem zeitlich veränderlichem B-Feld. Dann wird zwischen den nahe beieinanderliegenden Anfangs- und Endpunkten eine Spannung induziert, die proR ~ durch die vom Leiter portional zur zeitlichen Änderung des Induktionsflusses F df · ~n q B umrandete Fläche ist. Dies ist das Faradaysche Gesetz. Gemäß dem Ohmschen Gesetz wird in dem Leiter auch ein Strom induziert. Umgekehrt hatten wir in der Magnetostatik gesehen, ~ daß ein stromdurchflossener Leiter ein B-Feld produziert (Biot-Savartsches Gesetz) I ~x − ~x(s) ~ =∇ ~ ×A ~= I (5.34) B ds · ~t(s) × C ∂F |~x − ~x(s)|3 In der Elektrotechnik hat man es nun mit Systemen von stromdurchflossenen Leitern zu tun. An den (nahe beieinanderliegenden) Enden der Leiter befinden sich von außen vorgegebene (e) (e) (e) Spannungsquellen Uj , die zunächst in den Leitern zu Strömen Ij = R1j · Uj führen. Die Ströme produzieren magnetische Felder, die ihrerseits wieder Ströme in den Leitern induzieren. Gesucht sind die tatsächlich in den Leitern fließenden Ströme. (e) Der Strom im Leiter j setzt sich zusammen aus dem durch die eingeprägte Spannung Uj hervorgerufenen Strom und dem Induktionsstrom Z ~ ∂B 1 (e) Ij Rj = Uj − df · ~n q (5.35) c Fj ∂t ~ Das B-Feld wird erzeugt – gemäß dem Biot-Savartschen Gesetz – von den Strömen in allen anderen Leitern: X Ik (t) I 1 ~ ~ ~x B=− ds · ~t(s) × ∇ (5.36) c |~x − ~x(s)| ∂Fk k 5.2 Leiter im elektromagnetischen Feld: Das Faradaysche Gesetz 61 Das Flächenintegral in (5.35) läßt sich wie folgt auswerten: Ij Rj = U (e) − X Ljk · k dIk dt (5.37) wobei Z I 1 1 q ~ ~x · df · ~ n ds · ~t(s) × ∇ 2 c |~x − ~x(s)| F ∂Fk I j Z 1 1 ~ ~x · dsk · ~t(sk ) q df · ~n × ∇ 2 c |~x − ~x(sk )| ∂F F I k I j 1 1 · dsk · ~t(sk ) q dsj · ~t(s) · 2 c |~x(sj ) − ~x(sk )| ∂Fk ∂Fj Ljk = − = = (5.38) (5.39) (5.40) In der letzten Zeile wurde wieder mit Hilfe des Stokesschen Satzes das Flächenintegral über Fj in ein Linienintegral über den Leiter ∂Fj verwandelt. Die Koeffizienten Ljk beschreiben die wechselseitige Induktion der Leiterschleifen j und k. Man beachte, daß diese Koeffizienten alleine durch die Geometrie der Leiterschleifen gegeben sind. Gleichung (5.37) stellt offenbar ein lineares Gleichungssystem 1. Ordnung für die gesuchten Ströme dar. Enthält der j. Stromkreis noch eine Kapazität Cj , so ist in der obigen Gleichung (5.37) neben der (e) eingeprägten Spannung Uj auch die am Kondensator Cj anliegende Spannung Vj zu berücksichtigen: Vj = Cj−1 Qj (5.41) Dabei ist Qj die im Kondensator gespeicherte Ladung. Die zeitliche Änderung von Qj ist – L Cj Vj jk R j U (e) l Abbildung 15: Elektromagnetischer Schwingkreis bis auf ein Vorzeichen – gerade der Strom Ij = − dQj dt (5.42) Leiten wir (5.37) – unter Berücksichtigung der Kapazität Cj – nach der Zeit ab: (e) dUj dt = X dIj d2 Ik Rj + Ljk 2 + Cj−1 Ij dt dt k (5.43) 62 5 QUASISTATIONÄRE ELEKTROMAGNETISCHE FELDER so erhalten wir ein Differentialgleichungssystem 2. Ordnung für die Ströme Ij (t). Mathematisch ist dieses Gleichungssystem äquivalent zu den Bewegungsgleichungen für gekoppelte erzwungene Schwingungen mit äußeren Kräften. Beispiel: Wir betrachten einen Stromkreis mit periodisch eingeprägter Spannung dU (e) = −U0 ω sin ωt dt (5.44) sowie einer Kapazität C, Selbstinduktivität L und Ohmschen Widerstand R. Ansatz für eine spezielle Lösung der inhomogenen Gleichung (5.45) I(t) = A cos ωt + B sin ωt −U0 ω sin ωt = ωR(−A sin ωt + B cos ωt) − Lω 2 (A cos ωt + B sin ωt) + C −1 (A cos ωt + B sin ωt) (5.46) Die Amplituden A und B bestimmen sich aus einem Koeffizientenvergleich in cos ωt, sin ωt. Diese spezielle Lösung schwingt also mit der Frequenz ω der eingeprägten Spannung. Diese Schwingung ist ungedämpft. Um vorgegebene Anfangswerte I0 , dI erfüllen zu können, dt t=0 benötigt man auch eine allgemeine Lösung der homogenen Gleichung ˆ kt I(t) = Ie (5.47) ˆ 2 + IRk ˆ + 1 Iˆ 0 = LIk c Dies ist eine quadratische Gleichung für k mit den Lösungen s R 2 1 R k12 = − ± − 2L 2L LC Für R 2L 2 > 1 LC (5.48) (5.49) (5.50) ist k1 , k2 > 0 reell, und die beiden Lösungen sind exponentiell abfallend. Für R 2L 2 ist k12 R =− ±i· 2L < 1 LC s R 2L (5.51) 2 − 1 LC und die beiden Lösungen beschreiben gedämpfte periodische Schwingungen. (5.52) 5.3 Berechnung von Induktionskoeffizienten 63 5.3 Berechnung von Induktionskoeffizienten Wir wollen den wechselseitigen Induktionskoeffizienten L12 für zwei parallele koaxiale Kreisströme mit den Radien R1 , R2 und dem senkrechten Abstand h berechnen. Ortsvektoren auf den Kreisen: cos ϕ1 ~x1 = R1 sin ϕ1 0 R2 · cos ϕ1 ~x2 = R2 · sin ϕ1 h (5.53) Tangentenvektoren: − sin ϕi ~ti = d~xi = Ri · cos ϕi dϕi 0 (5.54) Für die Wechselwirkungsinduktivität der beiden Stromkreise gilt dann: Z Z 1 L12 = 2 · ds1 · ~t(s1 ) q ds2 · ~t(s2 ) · |~x1 (s1 ) − ~x2 (s2 )|−1 c ∂F1 ∂F2 Z 2π Z 2π 1 = 2 R1 R2 · dϕ1 · dϕ2 c 0 0 cos ϕ1 cos ϕ2 + sin ϕ1 sin ϕ2 · 2 (R1 + R22 − 2R1 R2 (cos ϕ1 cos ϕ2 + sin ϕ1 sin ϕ2 ))1/2 Z 2π Z 2π 1 cos ϑ = 2 R1 R2 · dϕ1 · dϕ2 · 2 2 + h2 − 2R R cos ϑ)1/2 c (R + R 1 2 0 0 1 2 (5.55) Neue Integrationsvariable: ϑ = ϕ1 − ϕ2 Z 2π Z dϕ1 · 0 2π Z 2π dϕ2 · f (cos ϑ) = 0 Z ϕ1 dϕ1 · Z dϑ · f (cos ϑ) ϕ1 −2π Z 0 0 2π dϕ1 · = dϑ · f (cos ϑ) −2π 0 Z 2π dϑ · f (cos ϑ) = 2π (5.56) 0 Für die Wechselwirkungsinduktivität verbleibt ein elliptisches Integral L12 = 1 R1 R2 · 2π · c2 Z 2π dϑ · cos ϑ R12 + R22 + h2 − 2R1 R2 cos ϑ 1 2 (5.57) 0 Als nächstes berechnen wir den Selbstinduktionskoeffizienten einer zylindrischen Spule mit dem Radius R, der Höhe h und 2N + 1 Wicklungen. Wir nähern eine solche Spule durch die Superposition von 2N + 1 Kreisen auf den Ebenen x3 = n h · 2 N n = −N, ..., N (5.58) 64 5 QUASISTATIONÄRE ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Die gegenseitige Induktion des i-ten Kreises auf der Ebene (i) x3 = i h · 2 N (j) und des j-ten Kreises auf der Ebene x3 kennen wir bereits: Z 2π 1 2 cos ϑ Lij = 2 R · 2π dϑ · 1 c 0 ((x3 (i) − x3 (j)) + 2R2 (1 − cos ϑ)) 2 (5.59) Der Selbstinduktionskoeffizient für die Spule ergibt sich dann zu L = N N X X (5.60) Lij i=−N j=−N Z = h 2 −h 2 = dx3 · 2N h 2 Z 2N h h 2 −h 2 h 2 Z dx03 −h 2 Z dx3 · h −x3 2 −h −x3 2 · 2N h L((x3 − x03 )2 ) dy3 · L(y32 ) mit y3 = x3 − x03 (5.61) Partielle Integration in x3 liefert #x3 = h 2 " Z h 2 2 2N · x3 dy3 · L(y32 ) h −h −x3 2 x3 =− h 2 2 ! 2 !!) Z h 2 h h − dx3 · −L − x3 +L − − x3 2 2 −h 2 2 Z 0 Z h 2N h h · dy3 · L(y32 ) + dy3 · L(y32 ) h 2 −h 2 0 Z h Z 0 h h 2 2 + dy3 · y3 + L(y3 ) + dy3 · y3 − L(y3 ) 2 2 0 −h Z h Z h 2N 2 2 2 · 2h dy3 · L(3 ) − 2 dy3 · y3 · L(y3 ) h 0 0 Z 2π − 1 R2 2 2 2 · 2π dϑ · cos ϑ y + 2R (1 − cos ϑ) 3 C2 0 L = = = L(y32 ) = (5.62) (5.63) (5.64) (5.65) In der Summe (5.60) haben wir die Terme mit den Selbstinduktionskoeffizienten Lii nicht korrekt behandelt. Zunächst einmal divergiert die Formel für den Selbstinduktionskoeffizienten einer Unterschleife: Z 2π cos ϑ R2 Lii = 2 · 2π dϑ · (5.66) 1 C 2 0 (2R (1 − cos ϑ)) 2 An den Integrationsgrenzen ϑ → 0 und ϑ → 2π verhält sich der Integrand 2R 2ϑ 2 2 21 ∝ ϑ−1 (5.67) 5.3 Berechnung von Induktionskoeffizienten 65 Gleichung (5.66) ergibt also keinen Sinn. Der Grund dafür ist, daß der linienförmige Leiter mit Querschnitt 0 zwar bei der Berechnung von wechselseitigen Induktionskoeffizienten eine adäquate Näherung für einen Leiter mit kleinem, aber endlichen Querschnitt ist, bei der Berechnung der Selbstinduktion einer Leiterschleife ist diese Näherung aber nicht möglich. Vielmehr muß man sich den stromdurchflossenen Leiter mit endlichem Querschnitt Q in Längsrichtung in viele dünne Stromfasern zerlegt denken. Die Selbstinduktion des Leiters berechnet sich dann aus der Summe der wechselseitigen Induktionen der Stromfasern. Im Endeffekt bedeutet dies Z Z I I ~t(s1 ) q~t(s2 ) 1 1 1 df · df · ds1 · ds2 · (5.68) L= 2 · c Q Q |~x(s1 ) − ~x0 (s2 )| ∂F ∂F daß eine zusätzliche Mittelung über den Querschnitt vorzunehmen ist, die das Integral endlich macht. Für die Berechnung der Selbstinduktion einer Spule mit vielen Windungen ist das alles nicht von Bedeutung. Denn die N unkorrekt behandelten Terme Lii in Gleichung (5.60) machen für große N nur einen verschwindenden Bruchteil der N 2 Terme aus. 66 5 QUASISTATIONÄRE ELEKTROMAGNETISCHE FELDER 67 6 6.1 Elektromagnetische Felder Historische Bemerkung zu den Maxwellgleichungen Bei der Behandlung quasistationärer elektromagnetischer Felder haben wir in den Maxwellgleichungen ~D ~ = 4πρ ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = ∇ (6.1) (6.2) (6.3) ~ 4π ~ 1 ∂ D j+ c c ∂t (6.4) ~ 1 ∂D die durch die elektrische Polarisation hervorgerufene Verschiebungsstromdichte 4π ∂t gegenüber der Stromdichte der Ladungsträger ~j vernachlässigt. Dies ist insbesondere in leitenden Metallen bei hinreichend niedrigen Frequenzen erlaubt. Eine historische Bemerkung: Die vier Gleichungen, die man heute als Maxwellgleichungen bezeichnet, wurden keineswegs alle von Maxwell aufgestellt. ~D ~ = 4πρ ∇ (6.5) ist im Grunde nur eine Umformulierung des Coulombschen Gesetzes für das elektrische Feld zwischen zwei Ladungen. ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ (6.6) c ∂t ist gerade die differentielle Form des Faradayschen Gesetzes ~ =0 ~ ×H ~ = 4π ~j zusammen mit B ∇ c (6.7) ist gerade die differentielle Form des Biot-Savartschen Gesetzes Der eigentliche Verdienst von Maxwell war die Entdeckung, daß die Gleichungen (6.5) bis (6.7) – also ohne Verschiebungsstromdichte 14 ∂D ∂t – nicht konsistent sind. Aus (6.7) folgt nämlich ~ ~j = 0 ∇ (6.8) d.h. es gibt keine Quellen und Senken für den Strom. Dies ist natürlich nicht wahr: Z.B. jeder Kondensator mit endlichem Plattenabstand ist ist eine solche Quelle oder Senke. Offenbar ist das Verschwinden des Stroms an einer Kondensatorplatte und das Auftauchen des Stroms an der anderen Platte verknüpft mit einer zeitlichen Änderung der Ladung des Kondensators. Die korrekte Gleichung, die (6.8) ersetzt, ist die Kontinuitätsgleichung ~ ~j + ∂ρ = 0 ∇ ∂t (6.9) 68 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Sie war der Ausgangspunkt für Maxwells Überlegungen. Setzt man in (6.9) das Coulomb~D ~ = 4πρ ein gesetz ∇ ! ~ ∂ρ 1 ∂ D ~ ~j + ~ ~j + ∇ =∇ =0 (6.10) ∂t 4π ∂t und ersetzt in Gleichung (6.7) ~ ~j → ~j + 1 ∂ D 4π ∂t so wird man unmittelbar zu den korrekten Maxwellgleichungen geführt. (6.11) Die Entdeckung der Verschiebungsstromdichte war der letzte Stein in einem großen Puzzle. Vor 1865 waren Elektrizität, Magnetismus und Optik verschiedene Gebiete der Physik, die entweder gar nicht oder nur schwach miteinander verbunden waren. Die 4 Maxwellgleichungen liefern die vereinheitlichte Theorie für alle elektrischen, magnetischen und optischen Phänomene. Die Verschiebungsstromdichte in Gleichung (6.4) ermöglicht erst die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, die wir im folgenden untersuchen wollen. 6.2 Eichtransformation Lorentzeichung Coulombeichung ~ Zur Lösung der Maxwellgleichungen starten wir wieder mit einem Vektorpotential für B, so daß die Gleichung (6.3) automatisch erfüllt ist: ~ =∇ ~ ×A ~ B (6.12) Aus dem Faradayschen Gesetz (6.6) folgt mit (6.12) die Existenz eines Skalarpotentials Φ ~ ×E ~ + 1∇ ~ × ∂A = 0 ∇ c ∂t (6.13) ~ + 1 ∂A = −∇Φ ~ E (6.14) c ∂t Beschränken wir uns jetzt zunächst auf den Vakuumfall („mikroskopische“ Maxwellgleichungen) mit ~ =E ~ D ~ =B ~ H (6.15) so liefern uns die verbleibenden Maxwellgleichungen ~ 2Φ + 1 ∂ ∇ ~A ~ = −4πρ ∇ c ∂t ~ − 1 ∂A ~ × (∇ ~ × A) ~ = 4π ~j + 1 ∂ −∇Φ ∇ c c ∂t c ∂t 4π ~ ~ A) ~ + 1 ∂Φ ~ 2A ~ + 1 ∂ (∇ −∇ = j c ∂t c ∂t c (6.16) (6.17) (6.18) 6.2 Transformation des Vektorpotentials: Lorentzeichung und Coulombeichung 69 (6.16) und (6.18) sind jetzt Gleichungen alleine für das vektorielle und skalare Potential. ~ zunächst nur mathematische Hilfsgrößen sind. Die eiDabei ist zu beachten, daß Φ und A ~ und B. ~ E ~ und B ~ ändern sich nach (6.12) und (6.14) gentlichen physikalischen Größen sind E ~ und Φ sogenannten Eichtransformationen unterwirft: nicht, wenn man die Potentiale A ~0 = A ~ + ∇Ψ ~ A 1 ∂Ψ Φ0 = Φ − c ∂t (6.19) (6.20) wobei Ψ eine beliebige von ~x und t abhängige Funktion sein darf. Die Eichfreiheit Ψ erlaubt uns, die Gleichungen (6.16) und (6.18) für das vektorielle und skalare Potential auf eine besonders einfache Form zu bringen. Eine Möglichkeit, die wir bereits in der Magnetostatik gewählt haben, ist die sogenannte Coulombeichung ~A ~=0 ∇ (6.21) (6.16) und (6.18) nehmen dann diese Gestalt an: ~ 2 Φ = −4πρ ∇ (6.22) ~ ∂2A ~ 2A ~ = 4π ~j − 1 ∇ ~ ∂Φ −∇ (6.23) ∂t2 c c ∂t Das heißt das skalare Potential genügt – wie in der Elektrostatik – einer Poissongleichung mit der Lösung Z ρ(~x0 , t) Φ(~x, t) = d3 ~x0 · 0 (6.24) |~x − ~x| d.h. das skalare Potential ist ein momentanes Coulombpotential, das von der momentanen Ladungsverteilung produziert wird. Eine andere Möglichkeit – die die Lorentzinvarianz der Maxwellgleichungen sowie die 4 ~ besser berücksichtigt – ist die sogenannte Vektoreigenschaften von Aµ (A = (A0 = Φ, A)) Lorentzeichung: 1 ∂Φ0 ~ ~ 0 + ∇A = 0 (6.25) c ∂t ∂ 0 A =0 (6.26) ∂xµ µ ~ die Eichfreiheit Ψ so daß d.h. wir wählen bei einem vorgegebenen Paar Φ, A 1 ∂Φ ~ ~ 1 ∂ 2 Φ ~ 2 + ∇A − +∇ Φ=0 c ∂t c ∂t2 (6.27) ~ in die GleiDie Lorentzeichung überführt die Gleichungen (6.16) und (6.18) für Φ und A chungen 1 ∂2Φ ~ 2 − ∇ Φ = 4πρ ⇒ c2 ∂t2 ~ 1 ∂2A ~ 2A ~ = 4π ~j ⇒ −∇ c2 ∂t2 c ∂ ∂ Φ = 4πρ ∂xµ ∂xµ (6.28) ∂ ∂ ~ 4π ~ A= j ∂xµ ∂xµ c (6.29) 70 6.3 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Ebene Wellen in Medien mit konstanter Dielektrizitätskonstante und konstanter Permeabilität Wir wollen die Lösungen der Maxwellgleichungen (6.1) bis (6.4) in einem Medium mit konstanter Dielektrizitätskonstanten ε und konstanter Permeabilität µ diskutieren ~ = εE ~ D ~ = µH ~ B (6.30) bei Abwesenheit von äußeren Quellen – also ρ ≡ 0, ~j ≡ 0: ~E ~ = ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = ∇ c ∂t ~B ~ = ∇ ~ ~ ×B ~ − µε ∂ E = ∇ c ∂t 0 (6.31) 0 (6.32) 0 (6.33) 0 (6.34) Kombiniert man die beiden Rotationsgleichungen, so gilt offenbar die Wellengleichung für ~ und B ~ jede Komponente von E ~ × (∇ ~ × E) ~ +1∂∇ ~ ×B ~ 0 = ∇ c ∂t 2~ ~ 2E ~ + ∇( ~ ∇ ~ E) ~ + µε ∂ E = −∇ c2 ∂t2 also 1 ∂2 ~ E = 0 v 2 ∂t2 2 ~ 2B ~+ 1 ∂ B ~ = 0 −∇ v 2 ∂t2 ~ 2E ~+ −∇ mit (6.35) (6.36) c v=√ µε Lösungen der Wellengleichungen sind die ebenen Wellen ~ x, t) = E ~ 0 · ei(~k~x+ωt) E(~ ~ x, t) = B ~ 0 · ei(~k~x+ωt) B(~ mit ω2 −~k 2 + 2 = 0 v Dabei ist ω die Frequenz, ~k der Wellenvektor und ~ (6.37) (6.38) (6.39) k die Ausbreitungsrichtung der Welle. |~k| Die physikalischen Felder müssen natürlich reell sein. Man erhält sie aus (6.37) und (6.38) ~ 0 und B ~ 0 komplex sein. durch Bildung des Realteils. Im allgemeinen können E 6.3 Ebene Wellen in dispersionsfreien Medien 71 Man beachte, daß die Wellengleichungen (6.35) und (6.36) zwar aus den Maxwellgleichungen abgeleitet werden können; die Maxwellgleichungen selbst enthalten jedoch zusätzliche ~E ~ = 0, ∇ ~B ~ = 0 ein, so folgt: Information. Setzt man z.B. (6.37) in die Divergenzgleichung ∇ ~0 E ~0 B q~k = 0 (6.40) q~k = 0 (6.41) ~ 0 und B ~ 0 müssen senkrecht auf ~k stehen. Setzt man weiterhin (6.37) in die Rotationsd.h. E gleichung (6.32) ein ~ 0) ~ 0 = c (~k × E (6.42) B ω ~k, E ~ 0 und B ~ 0 bilden also ein orthogonales Dreibein. Wir können z.B. das Koordinatensystem so legen, daß ~ 0 = E0~n1 E ~k = k~n3 ~ 0 = B0~n2 B (6.43) ~ Dies ist eine Welle, die sich in drei Richtungen fortpflanzt, wobei der E-Vektor immer in ~ 1-Richtung, der B-Vektor immer in 2-Richtung zeigt. Eine solche Welle heißt linear polarisiert. Betrachten wir jetzt zwei linear polarisierte Wellen, die sich beide in 3-Richtung fortpflanzen, aber unterschiedlich polarisiert sind: ~ (1) = E (1)~n1 E 0 0 (1) (1) ~ B0 = B0 ~n2 ~ (2) = E (2)~n2 E 0 0 (2) (2) ~ B0 = B0 ~n1 (6.44) (6.45) ~k = k~n3 (6.46) Da die Maxwellgleichungen und Wellengleichungen homogene lineare Differentialgleichungen sind, liefert auch die Überlagerung von zwei solchen verschieden polarisierten Wellen eine Lösung: ~ x, t) = (E (1)~n1 + E (2)~n2 ) · ei(~k~x−ωt) E(~ (6.47) 0 (1) E0 (2) und E0 0 (1) (2) können – wie gesagt – komplex sein. Wenn E0 und E0 dieselbe Phase haben (j) (j) E0 = |E0 | · eiδj mit j = 1, 2 δ1 = δ2 (6.48) ~ so ist die neue Lösung wieder eine linear polarisierte Welle; der E-Vektor schwingt immer nur in der Richtung von (1) (2) |E0 | · ~n1 + |E0 | · ~n2 (6.49) (1) (2) Wenn E0 und E0 verschiedene Phasen haben (δ1 6= δ2 ), ist die superponierte Welle (6.47) elliptisch polarisiert. Beispiel: (1) (2) |E0 | = |E0 | = E0 , δ1 − δ2 = ± π 2 ~ x, t) = E0 · eiδ1 (~n1 ± i~n2 ) · ei(~k~x−ωt) E(~ (6.50) (6.51) 72 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER ~ Die Komponenten des physikalischen E-Feldes sind gerade die Realteile von (6.51): E1 (~x, t) = E0 · cos(~k~x − ωt + δ1 ) E2 (~x, t) = ±E0 · sin(~k~x − ωt + δ1 ) (6.52) (6.53) ~ d.h. der physikalische E-Vektor rotiert im Laufe der Zeit auf einem Kreis mit der Frequenz ω. Eine solche Welle heißt deshalb zirkular polarisiert. Der Drehsinn hängt offenbar vom Vorzeichen der Phasendifferenz δ1 − δ2 ab. Wellen mit Polarisationsvektoren ~n1 + i~n2 haben positive Helizität (bei ~n1 − i~n2 negative Helizität). Man sagt auch, sie sind links-zirkular (bzw. rechts-zirkular) polarisiert. Wir wollen zum Schluß noch den Energiefluß einer ebenen Welle berechnen. Der Energiefluß wird bekanntlich durch den Poynting-Vektor gegeben: ~ = c (<E ~ × <H) ~ S 4π (6.54) Man beachte, daß in die Gleichung für den Poyntingvektor die reellen physikalischen Felder ~ und H ~ periodisch von der Zeit abhängen, ist auch S ~ zeitabhäneinzusetzen sind. Da hier E gig. Von Interesse ist meistens nur der über eine Periode gemittelte Energiefluß ω 2π ~ = hSi Z 2π ω ~ dt · S 0 Z 2π n ∗ o ω c ω 1 ~ 0 · ei~k~x e−iωt + E ~ 0 · ei~k~x eiωt = dt · E 4π 2π 4 0 n ∗ o ~ 0 · ei~k~x e−iωt + H ~ 0 · ei~k~x eiωt × H ~ = hSi 6.4 c 1 ~0 × H ~ ∗ ) falls ~k q ~x reell · <(E 0 4π 2 (6.55) Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen Wir wollen in diesem Abschnitt die Reflexions- und Brechungsgesetze ableiten für eine elektromagnetische Welle, die auf eine Grenzfläche x3 = 0 fällt, die zwei isotrope homogene Medien mit den konstanten Dielektrizitätskonstanten ε, ε0 und Permeabilitäten µ und µ0 voneinander trennt. Entsprechend (6.42) setzen wir für die einfallende, reflektierte und gebrochene ebene Welle an: • einfallende Welle ~ =E ~ 0 ei(~k~x−ωt) E ~ ~ = c (~k × E) B ω (6.56) ~ 00 = E ~ 00 ei(~k00 ~x−ωt) E 0 ~ 00 = c (~k 00 × E ~ 00 ) B ω (6.57) • reflektierte Welle 6.4 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen 73 x3 6 ~ 0 k x -2 > Z εµ Z Z 00 Z ~k Z Z ~k ~ Z ε0 µ0 Abbildung 16: Reflexion und Brechung • gebrochene Welle ~ 0) ~ 0 = c (~k 0 × E B ω ~0 = E ~ 00 ei(~k0 ~x−ωt) E (6.58) Dabei ist gemäß (6.35) und (6.39) ~k 2 = ~k 002 = ~k 02 = ω2 µε c2 ω2 0 0 µε c2 (6.59) (6.60) ~ 0, E ~ 0 und E ~ 00 werden nun eingeDie Wellenvektoren ~k, ~k 0 und ~k 00 sowie die Amplituden E 0 0 schränkt durch Stetigkeitsbedingungen an der Trennfläche x3 = 0, die aus den Maxwellgleichungen (für ρ = 0 und ~j ≡ 0) (6.1) bis (6.4) folgten: ~D ~ =0 ~ +D ~ 00 − D ~ 0 ) q ~n3 = 0 für x3 = 0 ∇ ⇒ (D (6.61) ~B ~ =0 ~ +B ~ 00 − B ~ 0 ) q ~n3 = 0 für x3 = 0 ∇ ⇒ (B (6.62) ~ ~ ×H ~ − 1 ∂D = 0 ~ +H ~ 00 − H ~ 0 ) q~t = 0 für x3 = 0 ∇ ⇒ (H (6.63) c ∂t ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ~ +E ~ 00 − E ~ 0 ) q~t = 0 für x3 = 0 ∇ ⇒ (E (6.64) c ∂t 0 Dabei ist ~n3 = 0 der Normalenvektor zur Trennfläche x3 = 0, ~t ein beliebiger Tangenten1 vektor in der Trennfläche. (~t q ~n3 ) = 0 (6.65) 74 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Zur Ableitung von (6.63) Betrachte an der Trennfläche kleines Volumen V . Für die 1Komponente von (6.63) gilt Z ∂H3 ∂H2 1 ∂D1 3 0 = d ~x − − ∂x2 ∂x3 c ∂t V Z δ Z ε 2 2 ∂H3 1 ∂D1 dx1 dx2 − ← O(ε · δ 2 ) dx3 · = ∂x2 c ∂t − 2ε − 2δ Z δ n 2 ε ε o dx1 dx2 H2 x1 , x2 , x3 = − H2 x1 , x2 , x3 = − − 2 2 −δ 2 Der zweite Term muß ebenfalls von der Ordnung ε · δ 2 sein, d.h. ε ε H2 x1 , x2 , x3 = − H2 x1 , x2 , x3 = − = O(ε) 2 2 H20 − (H2 + H200 ) = 0 Setzen wir in die Stetigkeitsbedingungen (6.61) bis (6.64) den Ansatz (6.56) bis (6.59) für die einlaufende, reflektierte und gebrochene Welle ein, so erkennt man, daß es nicht-triviale Lösungen2 nur dann gibt, wenn ~k q ~x = ~k 0 q ~x = ~k 00 q ~x für x3 = 0 und alle x1 , x2 (6.66) Beachte: Aus C1 · eik1 x1 + C2 · eik2 x1 = 0 für alle x1 folgt für k1 = k2 : C1 = −C2 (6.67) für k1 6= k2 : C1 = C2 = 0 (6.68) Aus (6.66) folgen bereits die bekannten Reflexions- und Brechungsgesetze (von Snellius): k1 = k10 = k100 k2 = k20 = (6.69) k200 (6.70) 12 ω2 µε − k12 − k22 c2 2 12 ω 2 2 = − µε − k1 − k2 c2 2 12 ω 0 0 2 2 = µ ε − k1 − k2 c2 k3 = (6.71) k300 (6.72) k30 (6.73) (~k q ~n3 ) = −(~k 00 q ~n3 ) (6.74) ω2 (~k q ~n3 )2 − (~k 0 q ~n3 )2 = 2 (µε − µ0 ε0 ) = ~k 2 − ~k 02 c (6.75) Dies ist das Reflexionsgesetz. 2 ~ = εE ~ ≡ 0 und B ~ = µH ~ ≡ 0. Solche Natürlich werden die Stetigkeitsbedingungen trivial erfüllt, wenn D Lösungen sind hier nicht von Interesse. 6.4 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen 75 ~k 2 (1 − cos2 ϑe ) = ~k 02 (1 − cos2 ϑb ) s r ~k 2 sin ϑb µε n = = 0 = ~k 02 sin ϑe µ0 ε0 n (6.76) (6.77) Dabei ist ϑe der Einfallswinkel, ϑb der Brechungswinkel (~k q ~n3 ) = |~k| cos ϑe (~k 0 q ~n3 ) = |~k| cos ϑb n= √ (6.78) (6.79) n0 = µε p µ0 ε0 (6.80) haben offenbar die Bedeutung von Brechungsindizes für die Medien in der unteren bzw. oberen Hälfte. Die Phasenbedingung (6.66), die zum Reflexions- und Brechungsgesetz führt, ist keineswegs die einzige Konsequenz, die sich aus den Stetigkeitsbedingungen (6.61) bis (6.64) ergibt. Offenbar werden die Amplituden der Feldvektoren ebenfalls eingeschränkt. Setzen wir jetzt den Ansatz (6.56) bis (6.59) für die einlaufende, reflektierte und gebrochene Welle in die Stetigkeitsbedingungen (6.61) bis (6.64) ein – unter Berücksichtigung der Phasenbedingung (6.66) an der Trennfläche x3 = 0 – so folgt: ~0 + E ~ 000 ) − ε0 E ~ 00 q ~n3 = 0 ε(E (6.81) ~k × E ~ 0 + ~k 00 × E ~ 00 − ~k 0 × E ~ 0 q n3 = 0 (6.82) 0 0 ~0 + E ~ 000 − E ~ 00 q~t = 0 E (6.83) 1 ~ ~ ~ 00 ) − 1 (~k 0 × E ~ 0 ) q~t = 0 (k × E0 + ~k 00 × E (6.84) 0 0 µ µ0 Man beachte, daß einerseits die Komponenten der Wellenvektoren ~k, ~k 00 und ~k 0 durch die ~ 0, E ~ 00 und E ~ 0 senktSnelliusschen Gesetze eingeschränkt sind, andererseits die Vektoren E 0 0 00 0 ~ ~ ~ recht auf k, k und k stehen. Spezialfälle ~ 0 stehe senkrecht • Die einfallende Welle sei linear polarisiert. Der Polarisationsvektor E zur Normalen ~n3 der Trennfläche: ~ 0 q ~n3 ) = 0 (E ~ 0 q~k) = 0 (E 1 ~n3 = 0 0 0 ~k = k2 k3 (6.85) (6.86) 0 ~k 00 = k2 −k3 0 ~k 0 = k2 k30 76 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER x3 6 ~ 0 ~k 0 B HHrj Y ~0 E ε0 µ0 x2 >Z Z 7 00 o εµ ~ S ~ Z rj B B r j S Z ~ 00 ZZ ~ 00 E ~ E k Z ~ Z k ~ Z Abbildung 17: Reflexion und Brechung parallel polarisierter Wellen 1 ~ 0 = E 0 · 0 E 0 E100 ~ 000 = E 00 E 2 E300 0 E1 ~ 00 = E 0 E 2 E30 ~k 00 q E ~ 00 = k2 E 00 − k3 E 00 = 0 0 2 3 ~k 0 q E ~ 0 = k0 E 0 + k0 E 0 = 0 0 2 2 3 3 εE300 − ε0 E30 −k2 E1 0k2 E300 + k2 E10 E1 + E100 − E10 E200 − E20 (6.87) (6.88) = 0 (6.89) = 0 (6.90) = 0 (6.91) = 0 (6.92) (6.93) 1 1 (k2 E300 + k3 E200 ) − 0 (k2 E30 − k30 E20 ) = 0 µ µ 1 1 1 k3 E1 − k3 E10 − 0 k30 E10 = 0 µ µ µ (6.94) (6.95) Aus diesen Gleichungen, die nur noch die vier Unbekannten E20 , E30 , E200 und E300 enthalten, folgt E20 = E200 = E30 = E300 = 0 ~ d.h. auch die E-Felder der reflektierten und gebrochenen Welle stehen senkrecht auf ~n3 und zeigen in die 1-Richtung, sind also ebenfalls linear polarisiert wie die einfallende Welle: 1 1 1 ~ 0 = E0 · 0 ~ 00 = E 00 · 0 ~ 0 = E 0 · 0 E E E 0 0 0 0 0 0 0 E0 + E000 − E00 = 0 (6.96) 6.4 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen 77 k3 k0 (E0 − E000 ) − 30 E00 = 0 µ µ Es verbleibt also ein lineares inhomogenes Gleichungssystem für die Amplituden E00 und E000 der gebrochenen und reflektierten Welle mit der Lösung: E00 E0 = E000 E0 = 2n cos ϑe p n cos ϑe + µµ0 n02 − n2 sin2 ϑe p n cos ϑe − µµ0 n02 − n2 sin2 ϑe p n cos ϑe + µµ0 n02 − n2 sin2 ϑe (6.97) (6.98) ~ 0 ist parallel zu • Die einfallende Welle sei linear polarisiert. Der Polarisationsvektor E der von ~n3 und ~k aufgespannten Einfallsebene: x3 6 ~ 0 ~k 0 E HHrj Y ~0 B ε0 µ0 x2 >Z Z 7 00 o εµ ~ S ~ Z rj E E r j S Z ~ 00 ZZ ~ 00 B ~ B k Z ~ Z k ~ Z Abbildung 18: Reflexion und Brechung senkrecht polarisierter Wellen ~k ~ E 0 = k · sin ϑe cos ϑe 0 = E · − cos ϑe sin ϑe ~k 00 ~ 00 E 0 = k · sin ϑe − cos ϑe 0 = E 00 · cos ϑe sin ϑe 0 = k · sin ϑb cos ϑb 0 = E 0 · − cos ϑb sin ϑb ~k ~0 E ~ – folgt: Aus (6.83) – der Stetigkeit der Tangentialkomponenten von E −E cos ϑe + E 00 cos ϑe − E 0 cos ϑb = 0 ~ – folgt: Aus (6.84) – der Stetigkeit der Tangentialkomponenten von H k k0 (E + E 00 ) − 0 E 0 = 0 µ µ (6.99) (6.100) 78 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Dies ist wieder ein inhomogenes Gleichungssystem für die Amplituden E 0 , E 00 der gebrochenen und der reflektierten Welle mit der Lösung E00 E0 = E000 E0 = 2nn0 p µ 02 2 02 2 µ0 n cos ϑe + n n − n sin ϑe p µ 02 n cos ϑ − n n02 − n2 sin2 ϑe 0 e µ p µ 02 2 02 2 µ0 n cos ϑe − n n + n sin ϑe (6.101) (6.102) Für µ = µ0 gibt es in diesem Falle einen speziellen Einfallswinkel – den Brewsterwinkel – für den die Amplitude der reflektierten Welle verschwindet. r 0 2 n02 n − sin2 ϑe cos ϑe = n2 n ! 0 4 0 2 0 4 n n n 2 − = sin ϑe −1 n n n 0 2 2 sin ϑe = n n 1+ n0 2 n Dieses Phänomen kann zur Herstellung von linear polarisiertem Licht benutzt werden. 6.5 Medien mit frequenzabhängiger Dielektrizitätskonstante Wir haben bisher lediglich streng monochromatische Wellen in Isolatoren (~j ≡ 0) mit konstanter Dielektrizitätskonstante ε und konstanter Permeabilität µ betrachtet. Dadurch vereinfachten sich die Materialgleichungen beträchtlich: ~ = εE ~ D ~ = µH ~ B Die bisher gemachten Annahmen sind starke Idealisierungen. Wir wollen nun realistische Situationen untersuchen, in denen insbesondere die Dielektrizitätskonstante ε, die ja die Ant~ beschreibt, frequenzabhängig sein wort eines Mediums auf ein äußeres elektrisches Feld E darf. ~ und E ~ wird durch den folgenden Ein sehr viel allgemeinerer Zusammenhang zwischen D Ansatz beschrieben: Z ∞ ~ ~ ~ x, t − τ ) D(~x, t) = E(~x, t) + dτ · G(τ ) · E(~ (6.103) 0 Dieser Ansatz hat die folgenden Eigenschaften: ~ und E ~ ist linear; gilt sicherlich immer, wenn die E~ 1. Der Zusammenhang zwischen D Felder hinreichend klein sind, so daß eine Art Taylorentwicklung gilt. Es gibt nach ~ = 0 folgt D ~ = diesem Ansatz keine permanente dielektrische Polarisation (d.h. aus E 0). 6.5 Medien mit frequenzabhängiger Dielektrizitätskonstante 79 ~ an der stelle ~x brauche 2. Der Zusammenhang ist räumlich lokal. Zur Bestimmung von D ~ ich auch nur E an der Stelle ~x. Dieses sollte immer dann gelten, wenn das Medium isotrop und homogen ist. ~ zur Zeit t brauche ich das E~ 3. Der Zusammenhang ist kausal. Zur Bestimmung von D ~ x, t) für alle Zeiten t0 < t, d.h. für die Vergangenheit bis zur Gegenwart. Das Feld E(~ ~ zukünftige E-Feld (also für t0 > t) geht dagegen nicht ein, sonst würde nämlich die ~ des Mediums auch von den zukünftigen E-Feldern ~ Antwort D abhängen, was man als akausal bezeichnen würde. ~ Die Abhängigkeit von den E-Feldern der Vergangenheit berücksichtigt einen gewis~ sen Trägheitseffekt der Atome und Moleküle des Mediums. Nach Anlegen eines E~ Feldes dauert es eine Weile, bis alle Moleküle ihr Dipolmoment dem E-Feld entspre~ chend ausgerichtet haben. Bei hochfrequenten E-Feldern können die Dipolmomente aufgrund ihrer Trägheit nicht unmittelbar folgen. Mathematischer Einschub: Der Fouriersche Integralsatz Die Funktion f (t) sei definiert und stetig differenzierbar für −∞ < t < ∞, außerdem sei Z ∞ dτ · |f (t + τ ) − f (t − τ )| −∞ τ konvergent. Dann folgt: 1 f (t) = √ 2π Man nennt die Größe Z 1 f˜(ω) = √ 2π die Fouriertransformation von f (t). ∞ dω · f˜(ω)e−iωt −∞ Z ∞ dτ · f (τ )eiωτ −∞ Beispiele 1. Fouriertransformation von f (t) = 1 Z ∞ √ 1 √ dτ · eiωt = 2π · δ(ω) 2π −∞ Mit Hilfe dieser Formel und den Eigenschaften der δ-Funktion Z ∞ dω · g(ω)δ(ω) = g(0) −∞ ist der Fouriersche Integralsatz sofort einsehbar. Vertausche die Integrale über τ und ω: Z ∞ Z ∞ 1 f (t) = dτ · f (τ ) dω · eiω(τ −t) 2π −∞ −∞ Z ∞ 1 dτ · 2π · δ(τ − t) = 2π −∞ = f (t) 80 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER 2. Fouriertransformation einer Gaußfunktion τ2 f (t) = e T 2 Z ∞ 2 − τ2 T dτ · e eiωτ Z ∞ 1 T2 dτ · e −∞ Z ∞ 2 2 = −∞ = e− ω T 4 τ 2 −iωτ ·T 2 + dτ · e−x = e 2T 2 4 iωτ T 2 2 2 1 iωτ T 2 2 2 eT2 1 iωT 2 mit x = τ− T 2 2 −∞ −ω √ ·T π 2 (e−x ist regulär in der ganzen x-Ebene.) Die Fouriertransformation einer Gaußfunktion ist also wieder eine Gaußfunktion. Während die Verteilung der ursprünglichen Funktion jedoch mit ansteigendem Parameter T breiter wird, wird die fouriertransformierte Verteilung in ω schärfer mit steigendem T . (Siehe Abb. 19 und 20) 1 exp(-x*x/(1*1)) exp(-x*x/(2*2)) exp(-x*x/(3*3)) 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -3 -2 -1 0 1 2 3 Abbildung 19: Gauß-Funktion: Je größer T, desto breiter der Peak ~ und E ~ wird besonders einfach, wenn wir zu fourier3. Der Zusammenhang zwischen D transformierten Größen übergehen. Z ∞ ~ x, ω) = √1 ~ x, t) D(~ dt · eiωt · D(~ (6.104) 2π −∞ Z ∞ 1 ~ ~ x, t) E(~x, ω) = √ dt · eiωt · E(~ (6.105) 2π −∞ Z ∞ ε(ω) − 1 = dτ · G(τ ) · eiωτ (6.106) 0 Bilden wir die Fouriertransformation der Gleichung (6.103), so erhalten wir Z ∞ Z ∞ 1 iωt ~ ~ ~ x, t − τ ) D(~x, ω) = E(~x, ω) + √ dt · e dτ · G(τ ) · E(~ 2π −∞ 0 (6.107) 6.5 Medien mit frequenzabhängiger Dielektrizitätskonstante 81 1 exp(-(x*x)*(1*1)/4) exp(-(x*x)*(2*2)/4) exp(-(x*x)*(3*3)/4) 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -3 -2 -1 0 1 2 3 Abbildung 20: Gauß-Fouriertransformierte: Je größer T, desto schärfer der Peak Zur Auswertung der rechten Seite benutzen wir die Inversionsformel für die Fouriertransformation. Aus (6.105) folgt: Z ∞ 1 0 ~ ~ x, ω 0 ) √ E(~x, t) = dω 0 · e−iω t · E(~ (6.108) 2π −∞ Z ∞ Z ∞ ~ x, ω) = E(~ ~ x, ω) + √1 D(~ dt · eiωt dτ 2π −∞ 0 Z ∞ 0 ~ x, ω 0 ) ·G(τ ) dω 0 · e−iω (τ −t) · E(~ (6.109) −∞ Das t-Integral kann unmittelbar ausgeführt werden: Z ∞ 0 dt · ei(ω−ω )t = 2π · δ(ω − ω 0 ) (6.110) −∞ ~ x, ω) = ε(ω) − 1 D(~ Z ∞ Z iωτ ~ = dτ · G(τ ) · e E(~x, ω) + 0 ∞ Z ∞ dτ · G(τ ) 0 dω 0 −∞ 0 ~ x, t) ·eiω τ δ(ω 0 − ω) · E(~ ~ x, ω) + (ε(ω) − 1) · E(~ ~ x, ω) = E(~ ~ x, ω) = ε(ω) · E(~ ~ x, ω) D(~ (6.111) Das heißt in den fouriertransformierten Größen haben wir wieder den früher bereits ~ und E. ~ Allerdings hängt jetzt die Dibenutzten einfachen Zusammenhang zwischen D elektrizitätskonstante ε von der Frequenz ω ab. Für streng monochromatische Wellen ~ x, t) = E ~ 0 (~x)e−iω0 t E(~ ~ 0 (~x) = E ~ 0 · ei~k q ~x für ebene Wellen E 82 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER ist die Fouriertransformierte proportional zu einer δ-Funktion Z ∞ 1 ~ ~ E(~x, ω) = √ · E0 (~x) dt · ei(ω−ω0 )t 2π −∞ √ ~ 0 (~x) · δ(ω − ω0 ) = 2π · E (6.112) Für solche streng monochromatischen Wellen gelten alle oben durchgeführten Überlegungen (Reflexion und Brechung etc.). Man muß lediglich die Frequenzabhängigkeit √ von ε – und damit von n = µε – berücksichtigen. 6.6 Überlagerung von Wellen Wellenpakete Wir betrachten im folgenden elektromagnetische Felder in Medien mit frequenzabhängiger ~ x, t) und E(~ ~ x, t) wird durch Dielektrizitätskonstante. D.h. der Zusammenhang zwischen D(~ (6.103) gegeben, und es ist zweckmäßig, nunmehr auch die Maxwellgleichungen (6.1) bis (6.4) – jeweils für ρ = 0 und ~j = 0 – zu transformieren: ~ D(~ ~ x, ω) ∇ ~ x, ω) ~ ×E ~ − iω B(~ ∇ c ~B ~ ∇ ~ ×H ~ + iω D(~ ~ x, ω) ∇ c = 0 (6.113) = 0 (6.114) = 0 (6.115) = 0 (6.116) ~ x, ω) = ε(ω) · E(~ ~ x, ω) D(~ ~ x, ω) = µ · H(~ ~ x, ω) B(~ (6.117) wobei (6.118) Der Einfachheit halber nehmen wir hier an, daß nur die Dielektrizitätskonstante ε von ω abhängt, die Permeabilität µ weiterhin konstant ist. Kombinieren wir die beiden Rotationsgleichungen (6.114) und (6.116) mit den Materialgleichungen (6.117) und (6.118), so folgt ~ × ∇ ~ × E(~ ~ x, ω) + iωµ · ∇ ~ ×H ~ = 0 ∇ c ~ 2 E(~ ~ x, ω) + iωµ · iω · D(~ ~ x, ω) = 0 −∇ c c 2 ~ 2 E(~ ~ x, ω) + ω µε(ω) · E(~ ~ x, ω) = 0 ⇒∇ c2 (6.119) 2 ~ 2 B(~ ~ x, ω) + ω µε(ω) · B(~ ~ x, ω) = 0 ∇ c2 (6.120) und entsprechend 6.6 Überlagerung von Wellen: Wellenpakete 83 Lösungen dieser Gleichungen sind wieder ebene Wellen: ~ x, ω) = E( ~ ~k) · ei~k q ~x E(~ ~ x, ω) = B( ~ ~k) · ei~k q ~x B(~ mit 2 ~k 2 = ω µε(ω) c2 Außerdem verlangen die Maxwellgleichungen (6.113) bis (6.116) ~k q E( ~ ~k) = 0 ~k q B( ~ ~k) = 0 (6.121) (6.122) ~ ~k) = c · ~k × E( ~ ~k) B( (6.123) ω Man beachte, daß nunmehr der Zusammenhang zwischen der Frequenz ω und der Wellenzahl k = |~k| sehr viel komplizierter sein kann, da auch die Dielektrizitätskonstante von ω abhängen kann. Im Prinzip aber läßt sich nach Gl. (6.121) ω = ω(k) berechnen, wenn ε(ω) bekannt ist. In der Praxis hat man es nun nicht mit streng monochromatischen Wellen zu tun, sondern stets mit Wellenpaketen, deren Frequenzverteilung eine gewisse Breite hat. Die entsprechenden Lösungen der Maxwellgleichungen lassen sich unmittelbar durch Superposition von ebenen Wellen gewinnen. Z 1 1 ~ ~ ~k)e~k q ~x + c.c. E(~x, t) = · d3~k · E( (6.124) 3/2 2 (2π) Z 1 1 ~ x, t) = ~ ~k)e~k q ~x + c.c. · B(~ d3~k · B( (6.125) (2π)3/2 2 ~ ~k wobei der Zusammenhang zwischen ω und |~k| durch Gleichung (6.121) gegeben ist und E( ~ ~ und B(k) durch (6.123) miteinander verknüpft sind. Wir haben die superponierten Lösungen so angesetzt, daß sie automatisch reell sind, sowie ~ ~k) und B( ~ ~k) sind dabei komplex und bestimes für physikalische Felder erforderlich ist. E( men sich aus den Anfangsbedingungen Z 1 1 3~ ~ x, t = 0) = ~ ~k)∗ ei~k q ~x ~ ~k) + E(− E(~ · d k · E( (6.126) (2π)3/2 2 Z ~ ∂E i 1 ~ q 3~ ∗ ~ ~ ~ ~ ~ d k · ω( k) · E( k) − E(− k) eik ~x (6.127) = · ∂t 2 (2π)3/2 t=0 ~ ~k) + E ~ ∗ (~k) und − 1 E( ~ ~k) − E ~ ∗ (~k) · ω(~k) gerade die räumlichen FouOffenbar sind 12 E( 2 ~ x, t = 0), und riertransformierten von E(~ Z 2 ∗ ~ ~ ~ ~ ~ x, t = 0) · e−i~k q ~x E(k) + E (k) = √ 3 d3 ~x · E(~ (6.128) 2π Z ~ 2i 1 ∂ E ~ q ∗ 3 ~ ~k) − E ~ (~k) = √ E( d ~x · · e−ik ~x (6.129) 3 · ~ ∂t 2π ω(k) t=0 ~ Entsprechende Gleichungen gelten für die B-Felder. 84 6.7 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Das Zerfließen eines Wellenpakets Die Dispersion Wir wollen die zeitliche Entwicklung eines Wellenpakets, das sich ja als Überlagerung monochromatischer ebener Wellen gemäß (6.124) und (6.125) darstellen läßt, untersuchen. Zur Vereinfachung der Rechnung betrachten wir ein skalares Fels U (x, t) in einer Raumdimension: Z ∞ 1 1 dk · A(k)ei(kx−ω(k)t) + c.c (6.130) U (x, t) = · √ 2 2π −∞ Entsprechend zu (6.128) und (6.129) bestimmen sich die Fourierkoeffizienten A(k) aus den : Anfangsbedingungen U (x, 0) und ∂U (x, t) ∂t t=0 1 A(k) = √ 2π Z ∞ −ikx dx · e U (x, 0) + −∞ i ∂U (x, 0) ω(k) ∂t (6.131) Als Beispiel betrachten wir x2 U (x, 0) = e− 2L2 cos k0 x ∂U (x, 0) = 0 ∂t (6.132) (6.133) d.h. zur Zeit t = 0 liegt eine räumliche Verteilung der folgenden Gestalt vor: Wir haben einen 1 exp(-x*x/18)*cos(2*x) exp(-x*x/18) -exp(-x*x/18) 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 -10 -5 0 5 10 Abbildung 21: Wellenpaket Wellenzug vorliegen, dessen Länge von der Größenordnung 2L ist. Bei streng monochromatischen Wellen ist diese Kohärenzlänge L unendlich. Die Bedingung (6.133) bedeutet, daß der Wellenzug (6.132) aus zwei Wellenpaketen aufgebaut wird, die in symmetrischer Weise von links und rechts auf den Punkt x = 0 zulaufen und bei t = 0 verschmelzen. Wir erwarten, daß für t > 0 sich die beiden Wellenpakete wieder trennen und sich längs der positiven und negativen x-Achse voneinander entfernen. Zur Berechnung der Verteilung zur Zeit t > 0 haben wir zunächst die Fouriertransformation 6.7 Das zerfließen eines Wellenpakets: Die Dispersion 85 (6.131) zu bestimmen: A(k) = = = Z ∞ x2 1 √ dx · eikx e− 2L2 cos k0 x 2π −∞ Z x2 1 1 ∞ √ dx · e−i(k−k0 )x + e−i(k+k0 )x e− 2L2 2π 2 −∞ L2 L − L2 (k−k0 )2 2 + e− 2 (k+k0 ) e 2 2 (6.134) (6.135) Die Fouriertransformation enthält also zwei Gauß-Peaks bei k = k0 und bei k = −k0 mit der Breite L1 , d.h. je länger der Wellenzug ist, desto schärfer ist die Verteilung der Wellenzahlen k. Haben wir zwei monochromatische Wellen mit den Wellenzahlen k0 und −k0 , so werden die Peaks zu δ-Funktionen. In der Quantenmechanik reproduziert dieses Verhalten gerade den Welle-Teilchen-Dualismus. Licht zeigt in manchen Fällen Wellen–, in anderen Teilchencharakter. Der Wellencharakter wird besonders deutlich bei monochromatischen Wellen, die sich über den ganzen Raum erstrecken. Sie sind damit das genaue Gegenteil von klassischen Teilchen, die an einem Raumpunkt lokalisiert werden. Wellenpakete haben Ähnlichkeit mit ausgedehnten Objekten von der Größenordnung L. In der Anfangsbedingung ist L ein verfügbarer Parameter, den ich mittels einer experimentellen Anordnung auf einen gewünschten Wert einstellen kann. Für L → ∞ ist das durch (6.132) beschriebene Objekt eine monochromatische Welle mit einer scharfen Verteilung in der Wellenzahl, k = ±k0 , während die Ortsverteilung beliebig scharf ist. 1 ∆k ∼ ∆x ∼ L L Für L → 0 gleicht das durch (6.132) beschriebene Objekt einem Teilchen an der Stelle x = 0. Die Ortsverteilung ist scharf (∆x → 0), während die Verteilung in der Wellenzahl beliebig breit, also beliebig unscharf wird. Man kann offenbar nicht ∆x und ∆k gleichzeitig beliebig scharf machen, vielmehr ist ∆x · ∆k ∼ 1 (6.136) Dies ist genau die Heisenbergsche Unschärferelation für ein Gaußsches Wellenpaket. Wir kommen nun zur zeitlichen Entwicklung des Wellenpakets. Vor Auswertung des Integrals (6.130) mit Hilfe von (6.135) müssen wir noch angeben, wie der Zusammenhang zwischen der Frequenz ω und der Wellenzahl k – oder in der Sprache der Optik wie der Brechungsindex n = n(k) – ck ω(k) = (6.137) n(k) von k abhängt. Wir gehen im folgenden davon aus, daß ω(k) eine gerade Funktion von k ist und höchstens lineare Terme in k 2 enthält. a2 + h2 ω(k) = ν 1 + (6.138) 2 Dann sind die Integrale in (6.130) wieder vom Gaußtyp und können leicht ausgewertet werden: 2 Z 2 2 L L 1 ∞ i kx−ν 1+ a +h t (k−k0 ) 2 2 √ + k → k0 + c.c (6.139) U (x, t) = dh · e e 2π 4 −∞ Z ∞ n o L 1 2 = √ dh · e−αh +β(k0 )k−γ(k0 ) + k → k0 + c.c (6.140) 2π 4 −∞ 86 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER mit α=i νa2 t L2 + 2 2 U (x, t) = = β(k0 ) = ix + L2 k0 γ(k0 ) = iνt + L2 2 k 2 0 Z β(k ) 2 L 1 ∞ −α k− 2α0 −δ(k0 ) √ dh · e + k0 → −k0 + c.c. 2π 4 −∞ o L 1 n −δ(k0 ) e + k0 → −k0 + c.c. 4α wobei δ(k0 ) = γ(k0 ) − (6.141) (6.142) β(k0 )2 L2 2 (ix + L2 k0 )2 = iνt + k0 − 2 2 4α 2 4 i να2 t + L2 (6.143) −1 2 L2 iνa2 t x L2 k02 δ(k0 ) = iνt + k0 + 1 + − ixk0 − 2 L2 2L2 2 − ixk0 1+ iνa2 t L2 = ixk0 − νta2 xk0 ia2 νt 2 L 1 + L2 ν 2 a4 k02 t2 x2 − 2xνa2 k0 t (x − νa2 k0 t)2 − = 2 2 2 2L2 1 + iaL2νt 2L2 1 + iaL2νt 2L2 ( 1 + iaL2νt " −1 # L2 k0 ia2 νt ν 2 a4 t2 iνa2 2 1− 1+ 1 + = k t 2 L2 L4 2 0 2 2 k0 a (x − νa2 k0 t)2 δ(k0 ) = iν t − ixk0 + 2 2 2L2 1 + iaL2νt (6.144) Der Faktor eik0 x−iω(k0 )t (6.145) ak2 beschreibt eine ebene Welle mit der Wellenzahl k0 und der Frequenz ω(k0 ) = ν 1 + 20 . Eine zeitlich konstante Phase beobachtet man, wenn man neben der Welle mit der Geschwindigkeit ω(k0 ) vp = (6.146) k0 einherläuft. vp heißt deshalb Phasengeschwindigkeit Die Amplitude der ebenen Welle (6.145) in (6.144) ist moduliert. Der wichtigste Faktor ist (x − νa2 k0 t)2 iνa2 exp − (6.147) 2 · 1 − L2 2 2L2 1 + iaL2νt Das Zentrum des Wellenpakets, das ja zur Zeit t = 0 bei x = 0 liegt, bewegt sich mit der Gruppengeschindigkeit dω 2 vg = νa k0 = (6.148) dk k=k0 6.8 Elektromagnetische Felder in Leitern 87 Die Länge des Wellenzuges " L(t) = L2 1+ ia2 νt L2 2 !# 12 (6.149) nimmt mit der Zeit zu; das Wellenpaket wird also breiter und zerfließt. Dieses Verhalten bezeichnet man auch als Dispersion. Sie wächst, wenn • der Koeffizient vor dem quadratischen Term a2 k 2 ω(k) = ν 1 + 2 (6.150) in der Relation zwischen ω und k vergrößert wird durch entsprechende Änderung des Brechungsindex • Die Breite L des ursprünglichen Wellenzuges zur Zeit t = 0 verkleinert wird. Der Dispersionseffekt ist also am größten für räumlich scharf lokalisierte Objekte. 6.8 Elektromagnetische Felder in Leitern Wir haben bisher lediglich quellenfreie (ρ = 0, ~j = 0) elektromagnetische Felder in Medien mit frequenzabhängiger Dielektrizitätskonstante ε = ε(ω) diskutiert. Diese Situation liegt bei Isolatoren vor. Wir wollen die Diskussion nun auch auf Felder in Leitern erweitern. In Leitern fließen bekanntlich bei Anlegen äußerer elektrischer Felder Ströme. Ausgangspunkt sind jetzt also die allgemeinen Maxwellgleichungen (6.1) bis (6.4): ~D ~ = 4πρ ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = ∇ ~ 4π ~ 1 ∂ D j+ c c ∂t (6.151) (6.152) (6.153) (6.154) Weiterhin benötigen wir noch die Materialgleichungen, die die Antwort des Mediums auf ~ und B-Feld ~ das von außen angelegte Ebeschreibt. Diese Materialgleichungen liefern einen Zusammenhang zwischen ~ E ~ D ~ B ~ H ~ (Ohmsches Gesetz) ~j E Bei Hochfrequenten Feldern hat man zu berücksichtigen, daß die Ladungsträger im Medium auf das von außen angelegte Feld nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung reagieren. So haben wir bei der Behandlung von Feldern in Isolatoren folgenden kausalen Ansatz für ~ und E ~ gemacht: den Zusammenhang zwischen D Z ∞ ~ ~ ~ x, t − τ ) D(~x, t) = E(~x, t) + dτ · G(τ ) · E(~ (6.155) 0 88 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER wobei G(τ ) mit der Fouriertransformation der frequenzabhängigen Dielektrizitätskonstantanten ε(ω) zusammenhängt Z ∞ dτ · G(τ )eiωτ ε−1= (6.156) 0 ~ Es liegt nun nahe, einen entsprechenden Ansatz für den Zusammenhang zwischen ~j und E zu machen („Verallgemeinertes Ohmsches Gesetz“) Z ∞ ~ x, t) + ~ x, t − τ ) ~j(~x, t) = λ0 E(~ dτ · λ1 (τ ) · E(~ (6.157) 0 und im übrigen genauso zu verfahren, wie bei der Behandlung der elektromagnetischen Felder in Isolatoren. D.h. wir gehen zunächst bei allen Größen ~ E, ~ H, ~ B, ~ ρ, ~j f = D, zu den Fouriertransformierten über: 1 f (~x, t) = √ 2π Z ∞ dω · e−iωt · f (~x, ω) (6.158) −∞ Die Maxwellgleichungen (6.1) bis (6.4) und die Materialgleichungen (6.155) und (6.157) lauten dann ~ D(~ ~ x, ω) = 4π · ρ(~x, ω) ~ × E(~ ~ x, ω) − iω B(~ ~ x, ω) = 0 ∇ ∇ (6.159) c ~ B(~ ~ x, ω) = 0 ~ × H(~ ~ x, ω) = 4π ~j(~x, ω) − iω D(~ ~ x, ω) ∇ ∇ (6.160) c c ~ x, ω) = ε(ω) · E(~ ~ x, ω) D(~ ~ x, ω) ~j(~x, ω) = λ(ω) · E(~ ~ x, ω) = µ · H(~ ~ x, ω) B(~ (6.161) (6.162) (6.163) wobei ∞ Z dτ · G(τ ) · eiωτ Z ∞ λ(ω) = λ0 + dτ · λ1 (τ ) · eiωτ ε(ω) − 1 = (6.164) 0 (6.165) 0 Lösungen dieses Gleichungssystems sind ebene Wellen: ~ x, ω) = E ~ 0 · ei~k q ~x E(~ ~ x, ω) = B ~ 0 · ei~k q ~x B(~ (6.166) ρ ~(~x, ω) = ρ ~0 · e (6.168) i~k q ~ x (6.167) sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind: ~0 iε · ~k q E ~ 0 − iω B ~0 i · ~k × E c ~0 i · ~k q B i ~ ~ · k × B0 µ = 4πρ0 (6.169) = 0 (6.170) = 0 4π ~ 0 − iω ε · E ~0 = λ(ω) · E c c (6.171) (6.172) 6.8 Elektromagnetische Felder in Leitern 89 Die Gleichungen (6.169) bis (6.172) enthalten den früher behandelten Fall des Isolators als ~ 0 und B ~ 0 senkrecht aufeinander. Im allSpezialfall – mit ρ = 0, λ = 0; dann stehen ~k, E ~ 0 senkrecht auf ~k und E ~ 0 (vgl. Gleichung (6.170)). Dagegen muß E ~ 0 nicht gemeinen steht B unbedingt senkrecht auf ~k stehen: Die Gleichungen (6.169) und (6.172) liefern für das Skalarprodukt ~k q E ~0 = 4π ρ0 iε (6.173) 4π iω ~0 = 0 λ(ω) − ε ~k q E c c (6.174) d.h. es gibt zwei Lösungen Zum einen ~k q E ~0 = 0 (6.175) ρ = 0 (6.176) Zum anderen ~k q E ~ 0 6= 0 ωε = −i4π · λ(ω) (6.177) (6.178) Zur ersten Lösung Aus (6.172) folgt durch vektorielle Multiplikation mit ~k die folgende Beziehung zwischen ω und |~k|: i~ 4π iω ~ ~ ~0 k × (k × B0 ) = λ(ω) − ε(ω) ~k × E (6.179) µ c c i ~2 ~ 4π iω ω ~ − k · B0 = cλ(ω) − ε(ω) · B0 (6.180) µ c c c ~k 2 = = ω2 4π ε(ω) · µ + i λ(ω) · ω · µ c2 c 2 ω 2 n c2 (6.181) (6.182) das heißt der Brechungsindex n wird jetzt komplex: 1 λ(ω) 2 n = εµ + i · 4π · cµ (6.183) ω p Entsprechendes gilt für die Wellenzahl k = ~k 2 . Betrachten wir eine Welle, die sich in xRichtung fortpflanzt: eikx−iωt = ei<(k)x−iωt · e−=(k)x (6.184) Man überzeugt sich leicht davon, daß =(k) > 0 (vgl. Gl. (6.181)); d.h. die Amplitude der Welle fällt exponentiell in der Fortpflanzungsrichtung ab. Die Größe von =(k) – oder =(n) – ist ein Maß für die Eindringtiefe des Feldes. 90 Zur zweiten Lösung 6 ELEKTROMAGNETISCHE FELDER Aus (6.171) und (6.172) folgt ~0 = 0 B (6.185) Wir haben es mit einem rein elektrischen Feld zu tun, das wegen ~k × E ~0 = 0 ~ 0 k ~k0 ). Dieses longitudinale E-Feld ~ longitudinal ist (d.h. E im Leiter induziert eine Schwingung in der Ladungsverteilung. Die Frequenz dieser Plasma-Schwingung ergibt sich aus Gleichung (6.178); sie wird im allgemeinen komplex sein und heißt Plasmafrequenz. Die Schwingung selbst ist also gedämpft. 91 7 7.1 Hohlleiter und Hohlraumresonatoren Wellen in Hohlleitern mit zylindrischer Geometrie Die Mikrowellentechnik basiert auf der Erzeugung und Propagierung elektromagnetischer Wellen in Hohlraumresonatoren und Hohlleitern. Zur Vereinfachung des Problems betrachten wir zunächst zylindrische Strukturen mit beliebigem – aber längs der x3 -Achse konstanten – Querschnitt. Die Oberfläche der zylindrischen Struktur sei ein idealer Leiter; die - x3 Abbildung 22: Zylindrischer Hohlleiter Struktur selbst sei gefüllt mit einem nicht dissipativem Medium der Dielektrizitätskonstan~ und B-Felder ~ ten ε und der Permeabilität µ. Die Eeiner Welle mit der Frequenz ω erfüllen die Maxwellgleichungen mit ρ = 0, ~j = 0 ~ E(~ ~ x, ω) = 0 ∇ ~ × E(~ ~ x, ω) = iω · B(~ ~ x, ω) ∇ c ~ B(~ ~ x, ω) = 0 ∇ ~ × B(~ ~ x, ω) = − iω · µε · E(~ ~ x, ω) ∇ c ~ x, ω) = ε(ω) · E(~ ~ x, ω) D(~ ~ x, ω) = µ · H(~ ~ x, ω) H(~ ~ und B ~ erfüllen dann wieder die Wellengleichung E ω2 2 ~ ~ B ~ ∇ + µε 2 Ψ = 0 mit Ψ = E, c (7.1) (7.2) (7.3) (7.4) (7.5) (7.6) (7.7) für deren Lösung wir nun folgenden Ansatz machen: ~ x, ω) = E(x ~ 1 , x2 , ω) · e±ikx3 E(~ ~ x, ω) = B(x ~ 1 , x2 , ω) · e±ikx3 B(~ (7.8) (7.9) Mit Hilfe von (7.8) und (7.9) wollen wir elektromagnetische Wellen beschreiben, die sich längs der positiven bzw. negativen x3 -Achse fortpflanzen. Setzen wir diese Lösung in die Rotationsgleichungen (7.2) und (7.4) ein, so finden wir ein inhomogenes lineares Gleichungs- 92 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN system für die transversalen Komponenten Ψ(x1 , x2 , ω) mit Ψ = E1 , E2 , B1 , B2 : ∂E3 ∂x2 ∂E1 ∂x3 ∂B3 ∂x2 ∂B1 ∂x3 ∂E2 ∂x3 ∂E3 − ∂x1 ∂B2 − ∂x3 ∂B3 − ∂x1 − iω B1 c iω = B2 c iω = εµ · E1 c iω = εµ · E2 c = ∂E3 ∂x2 ∂E3 ⇒ ∂x1 ∂B3 ⇒ ∂x2 ∂B3 ⇒ ∂x1 ⇒ iω B1 + ik · E2 c iω = − B2 + ik · E1 c iω = εµ · E1 + ik · B2 c iω = εµ · E2 + ik · B1 c = (7.10) (7.11) (7.12) (7.13) Es genügt offenbar, die Wellengleichung (7.7) für die Longitudinalkomponenten E3 /B3 (x1 , x3 , ω) zu lösen 2 ∂ ∂2 ω2 2 + − k + µε 2 E3 /B3 (x1 , x2 , ω) = 0 (7.14) c ∂x21 ∂x22 Die Stetigkeitsbedingungen an der ideal leitenden Oberfläche S ergeben sich aus den Maxwellgleichungen: ~ x, ω) = 0 für ~x ∈ S ~t q E(~ ~ x, ω) = 0 für ~x ∈ S ~n q B(~ (7.15) (7.16) Beachte: Die Auswertung der beiden anderen Maxwellgleichungen an der ideal leitenden Wand ~ D(~ ~ x, ω) = 4π · ρ(~x, ω) ∇ ~ x, ω) ~ × H(~ ~ x, ω) = 4π ~j(~x, ω) − iω D(~ ∇ c c (7.17) (7.18) liefert gerade die Ladungs- und Stromdichteverteilung auf der ideal leitenden Wand und ~ und B ~ auf dem Rand. keine neuen Einschränkungen für E Dabei ist ~n die Oberflächennormale n1 ~n = n2 0 Und in jedem Punkt gibt es zwei linear unabhängige Tangentenvektoren, z.B. 0 −n2 ~t1 = 0 ~t2 = n1 1 0 die senktrecht auf ~n stehen müssen. Es folgt ~ q~t1 = 0 aus E ⇒ E3 (x1 , x2 , ω) = 0 für ~x ∈ S ~ q~t2 = 0 ⇒ −n2 E1 + n1 E2 = 0 für ~x ∈ S aus E oder unter Verwendung der Gleichungen (7.10) und (7.11) ∂E3 iω ∂E3 iω + B2 + n1 + B1 = 0 −n2 ∂x1 c ∂x2 c (7.19) (7.20) (7.21) 7.1 Wellen in Hohlleitern mit zylindrischer Geometrie 93 ~ = 0 für ~x ∈ S: Aufgrund der 2. Randbedingung ist ~n q B ~ 3 (x1 , x2 , ω) = 0 ~t2 q ∇E (7.22) ~ = 0 und (7.12) und (7.13) Wir suchen noch die Randbedingungen für B3 (x1 , x2 , ω): Aus ~n q B folgt ∂B3 iω ∂B3 iω + εµ · E2 + n2 + εµ · E1 = 0 (7.23) n1 ∂x1 c ∂x2 c Also ~ 3 (x1 , x2 , ω) = 0 ~n q ∇B (7.24) Zusammenfassend kann man also sagen: Innerhalb der zylindrischen Struktur genügt es – gemäß Gleichungen (7.10) bis (7.13)) – die Longitudinalkomponenten E3 (x1 , x2 , ω) und B3 (x1 , x2 , ω) mit Hilfe der zweidimensionalen Eigenwertgleichung 2 ∂2 ω2 ∂ 2 + − k + µε 2 E3 /B3 (x1 , x2 , ω) = 0 (7.25) c ∂x21 ∂x22 zu bestimmen. Dabei ist zu beachten, daß diese Differentialgleichungen bei vorgegebenen 2 Randbedingung (x ∈ S) nur Lösungen für bestimmte Eigenwerte γ 2 = −k 2 + µε ωc2 hat. E3 und B3 haben zwar dieselben Eigenwertgleichungen, aber verschiedene Randbedingungen zu erfüllen, die i.a. auch zu verschiedenen Eigenwerten führen. Man kann daher die Lösungen in die folgenden Klassen einteilen: Transversale magnetische Moden (TM Moden) Die Lösung der ersten Eigenwertgleichungen 2 ∂2 ∂ 2 + + γT M E3 (x1 , x2 , ω) = 0 ∂x21 ∂x22 mit der Randbedingung E3 (x1 , x2 , ω) = 0 für x ∈ S führt zu einem bestimmten Eigenwertspektrum γT2 M . Wenn E3 (x1 , x2 , ω) = 0 für ~x ∈ S, so ist die zweite Randbedingung ~ 3 (x1 , x2 , ω) = 0 für x ∈ S ~t2 q ∇E automatisch erfüllt: t2 ist der Tangentenvektor an die Kurve Querschnitt der ideal leitenden Wand beschreibt. x1 (S) x2 (S) x2 6 '$ x1 * ~ &% t 2 Abbildung 23: Tangentenvektor des Querschnittes = ~x(S), die den 94 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN ~E ~ 3 (x1 , x2 ) = t2 · ∇ d E3 x1 (S), x2 (S) = 0 ds da ja E3 (S) ≡ 0. Als Lösung der zweiten Eigenwertgleichung mit diesem Eigenwertspektrum wählt man die triviale Lösung B3 (x1 , x2 , ω) ≡ 0 ∀~x im Hohlleiter Aus Gleichung (7.12) und (7.13) folgt dann für die Transversalen Komponenten des elektrischen Feldes: ω B1 = − εµ · E2 ck ω B2 = εµ · E1 ck und für die transversalen Komponenten des elektrischen Feldes: ∂E3 ω2 = i − 2 εµ + k E2 ∂x2 c k ∂E3 ω2 = i − 2 εµ + k E1 ∂x1 c k (7.26) (7.27) (7.28) (7.29) Transversale elektrische Moden (TE Moden) Die Lösung der zweiten Eigenwertgleichung 2 ∂2 ∂ 2 + + γT E B3 (x1 , x2 , ω) = 0 ∂x21 ∂x22 ~ 3 (x1 , x2 ω) = 0 für ~x ∈ S führt zu einem bestimmten mit der Randbedingung ~n q ∇B 2 Eigenwertspektrum γT E . Als Lösung der ersten Eigenwertgleichung mit diesem Eigenwertspektrum wählt man die triviale Lösung E3 (x1 , x2 , ω) ≡ 0 ∀~x im Hohlleiter Aus Gleichung (7.10) und (7.11) folgt dann für die transversalen Komponenten des elektrischen Feldes: ω · B2 ck ω = − · B1 ck E1 = (7.30) E2 (7.31) und für die transversalen Komponenten des magnetischen Feldes: ∂B3 ω2 = i − 2 εµ + k B2 ∂x2 c k ω2 ∂B3 = i − 2 εµ + k B1 ∂x1 c k (7.32) (7.33) 7.2 Wellen in zylindrischen Hohlleitern mit kreisförmigem Querschnitt 95 Transversale elektromagnetische Moden (TEM Moden) Solche Lösungen sind charakterisiert durch verschwindende longitudinale Komponenten des elektrischen und magnetischen Feldes E3 = B3 ≡ 0 für alle ~x im Hohlleiter. Das Gleichungssystem (7.10) bis (7.13) für die transversalen Komponenten E1 , E2 , B1 und B2 wird dann homogen. iω · B1 c iω · B2 c ik · B2 ik · B1 − +ik · E2 = 0 (7.34) +ik · E1 =0 (7.35) iω εµ · E1 c =0 (7.36) iω µ · E2 = 0 ε (7.37) + und hat nicht-triviale Lösungen nur, wenn die Determinante verschwindet: iω − ik c ik − iω εµ = 0 c ω2 εµ + k 2 = 0 (7.38) c2 Dies ist gerade die Beziehung zwischen Wellenzahl k und der Frequenz ω einer ebenen Welle in einem nicht dispersiven Medium. Die nicht trivialen Lösungen des Gleichungssystems lauten − √ B1 = − µε · E2 √ µε · E1 B2 = (7.39) ~ = √µε · ~n3 × E ~ = c (~k × E) ~ mit ~k = k(0, 0, 1)T B ω (7.41) (7.40) ~ B ~ und ~k eindas heißt bei transversalen elektromagnetischen Moden (TEM) bilden E, orthogonales Dreibein, genauso wie die ebenen Wellen in einem nicht dispersiven Medium. 7.2 Wellen in zylindrischen Hohlleitern mit kreisförmigem Querschnitt Im letzten Abschnitt haben wir die Ausbreitung von Wellen in einem zylindrischen Hohlleiter, dessen Achse in x3 -Richtung liegt, zurückgeführt auf die Lösung der zweidimensionalen Wellengleichung (7.25) 2 ∂ ∂2 ω2 2 2 + + γ Ψ = 0 γ = εµ − k 2 (7.42) c2 ∂x21 ∂x22 Für TM-Wellen (B3 = 0) ist Ψ = E3 (x1 , x2 , ω) mit Ψ = 0 für ~x ∈ S (7.43) 96 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN Für TE-Wellen (E3 = 0) ist Ψ = B3 (x1 , x2 , ω) mit ~n q ∇Ψ = 0 für ~x ∈ S (7.44) (7.42) mit der Randbedingung (7.43) ist gerade die Bewegungsgleichung einer am Rand festeingespannten Membran. Man beachte, daß k und damit γ noch freie Parameter in unserem Lösungsansatz sind. (7.42) zusammen mit (7.43) oder (7.44) stellt ein Eigenwertproblem dar. Im allgemeinen lassen die Lösungen des Eigenwertproblems nur spezielle Werte – die Eigenwerte – für γ zu. TM-Moden Als Beispiel betrachten wir die Ausbreitung von TM-Wellen in einem zylindrischen Leiter mit kreisförmigem Querschnitt. Für die Lösung machen wir einen Produktansatz: Ψ(x1 , x2 ) = R(ρ) · Q(ϕ) (7.45) x1 = ρ · cos ϕ x2 = ρ · sin ϕ Die Wellengleichung in Polarkoordinaten lautet 2 ∂ 1 ∂ 1 ∂2 2 + + + γ R(ρ) · Q(ϕ) = 0 ∂ρ2 ρ ∂ρ ρ2 ∂ϕ2 oder R und −1 ∂2 ∂ ∂2Q 2 2 −1 (ρ) · ρ + ρ + γ ρ R(ρ) = −Q (ϕ) · = m2 ∂ρ2 ∂ρ ∂ϕ2 2 (7.46) (7.47) (7.48) Q(ϕ) = eimϕ mit m = 0, ±1, ±2, . . . (7.49) d2 R 1 dR m2 + + 1− 2 R=0 dx2 x dx x (7.50) Diese Gleichung läßt sich mit Hilfe der Substitution x = γρ in die Besselsche Differentialgleichung überführen: d2 R 1 dR m2 + + 1− 2 R=0 (7.51) dx2 x dx x die als Lösung die Besselfunktion hat R = Jm (x) = ∞ x m X (−1)j x 2j · 2 j!(j + m)! 2 (7.52) j=0 Die Lösungen der zweidimensionalen Wellengleichung für die TM-Wellen lauten also E3 (x1 , x2 , ω) = Jm (γ · ρ) · eimϕ mit m = 0, ±1, ±2, . . . Die Randbedingung für die TM-Wellen läßt sich nur erfüllen, wenn E3 = 0 für x21 + x22 = R2 (7.53) 7.3 Hohlraumresonatoren 97 also (7.54) Jm (γR) = 0 Gleichung (7.54) kann als Eigenwertgleichung für die Eigenwerte der Membranschwingung interpretiert werden. Offenbar ergeben sich diese aus den Nullstellen der Besselfunktion. Z.B. die rotationssymmetrischen Eigenschwingungen (m = 0) treten auf für γm=0,n=0 · R = 2405 γm=0,n=1 · R = 5520 (7.55) γm=0,n=2 · R = 8654 u.s.w. Gemäß Gl. (7.42) gehört also zu jedem Mode γmn ein neuer Zusammenhang zwischen Frequenz und Wellenzahl 2 ωmn 2 µε = k 2 + γmn (7.56) c2 TE-Moden Die Randbedingung für TE-Moden ~ = ∂Ψ = γ ∂Ψ ~n q ∇Ψ ∂ρ ∂x =0 (7.57) x=γR läßt sich nur erfüllen für Eigenwerte γ mit dJm =0 dx x = γR (7.58) 0 das heißt die Eigenwerte γmn und damit die Eigenfrequenzen p c 0 ωmn = √ · γmn + k2 µε (7.59) ergeben sich aus den Nullstellen der ersten Ableitung der Besselfunktion und sind daher i.a. verschieden von den Eigenfrequenzen der TM-Moden. Z.B. 0 x00n = γ0n R = 3832, 7016, 10173, . . . 7.3 Hohlraumresonatoren Ein Hohlraumresonator ist nichts anderes als ein Volumen V , das von einer leitenden Fläche eingeschlossen wird. Für den ideal leitenden Fall sind die Lösungen der Maxwellgleichungen in dem Volumen V so zu bestimmen, daß die Randbedingungen ~ = 0 ~t q E ~ = 0 ~n q B (7.60) (7.61) in jedem Punkt der Oberfläche von V erfüllt werden. Es zeigt sich, daß aufgrund der Randbedingungen nur Schwingungen mit bestimmten Frequenzen (Eigenfrequenzen) angeregt werden können. Als Beispiel betrachten wir einen zylinderförmigen Resonator: Genauso 98 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN x3 6 h Abbildung 24: Hohlraumresonator wie beim zylindrischen Hohlleiter setzen wir für die Lösung der Maxwellgleichungen an: ~ x, ω) = E(x ~ 1 , x2 , ω) · e±ikx3 E(~ ~ x, ω) = B(x ~ 1 , x2 , ω) · e±ikx3 B(~ (7.62) (7.63) ~ und B ~ – also E1 , E2 , B1 , B2 – können wieder aus und die Transversalkomponenten von E den Longitudinalkomponenten E3 und B3 bestimmt werden. Für E3 und B3 gelten wieder die Wellengleichungen 2 ∂2 ω2 ∂ 2 + − k + µε 2 E3 /B3 (x1 , x2 , ω) = 0 (7.64) c ∂x21 ∂x22 mit den Randbedingungen: • Für TM-Wellen E3 (x1 , x2 , ω) = 0 ∀~x ∈ S B3 (x1 , x2 , ω) ≡ 0 ∀~x ∈ V • Für TE-Wellen ~ 3 (x1 , x2 , ω) = 0 ∀~x ∈ S ~n q ∇B E3 (x1 , x2 , ω) ≡ 0 ∀~x ∈ V Bei einem Resonator sind lediglich noch die Randbedingungen an den Anschlußflächen bei x3 = 0 (Boden) und x3 = h (Deckel) zu erfüllen. Diese werden uns Einschränkungen an die Wellenzahl k liefern. TM-Moden Für TM-Moden liefern die Randbedingungen ~ = 0 ⇒ E1 = E2 = 0 für x3 = 0, h ~t q E (7.65) ~ trivial erfüllt wird, da während ~n q B B3 = 0 und ~n = (0, 0, 1)T (7.66) 7.4 Dielektrische Wellenleiter (Lichtleiter) 99 Im Ansatz (7.62) und (7.63) müssen wir also die x3 -Abhängigkeit so wählen E1/2 (~x, ω) = E1/2 (x1 , x2 , ω) · sin kx3 (7.67) daß E1/2 (~x, ω) = 0 für x3 = 0, h, das heißt k= πp h p = 1, 2, . . . (7.68) Die Eigenfrequenzen der TM-Moden in einem zylindrischen Resonator werden also durch drei natürliche Zahlen n, m, p charakterisiert: ωmnp c =√ µε 2 γmn + πp 2 12 h (7.69) (7.70) Jm (γmn R) = 0 TE-Moden Für TE-Moden liefern die Randbedingungen ~ = 0 ⇒ E1/2 (~x, ω) = 0 für x3 = 0, h ~t q E (7.71) ~ = B3 (~x, ω) = 0 für x3 = 0, h ~n q B (7.72) Beide Randbedingungen werden wieder erfüllt mit einem Ansatz E1/2 (~x, ω) = E1/2 (x1 , x2 , ω) · sin kx3 (7.73) B3 (~x, ω) = B3 (x1 , x2 , ω) · sin kx3 (7.74) πp h (7.75) mit k= p = 1, 2, . . . Für die Eigenfrequenzen der TE-Moden in einem zylindrischen Resonator gilt also ωmnp c =√ µε 02 γmn + πp 2 12 h (7.76) 0 wobei die γmn aus den Nullstellen der ersten Ableitung der Besselfunktionen berechnet werden: 0 0 Jm (γmn R) = 0 (7.77) 7.4 Dielektrische Wellenleiter (Lichtleiter) Elektromagnetische Wellen können sich auch längs dielektrischer Leiter fortpflanzen. Dielektrische Leiter besitzen wie Hohlraumresonatoren eine zylindrische Struktur, die jetzt jedoch mit einem Material mit großer Dielektrizitätskonstante ε 1 gefüllt ist; außerdem fehlt jetzt die ideal leitende Wandung. Dies führt dazu, daß das elektromagnetische Feld nicht auf 100 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN das innere des Leiters beschränkt ist – wie beim Hohlleiter – sondern auch außerhalb von Null verschieden ist. Die Maxwellgleichungen ~ E(~ ~ x, ω) = 0 ∇ ~ × E(~ ~ x, ω) = iω · B(~ ~ x, ω) ∇ c ~ B(~ ~ x, ω) = 0 ∇ ~ × B(~ ~ x, ω) = − iω · µε · E(~ ~ x, ω) ∇ c (7.78) (7.79) (7.80) (7.81) sind also innerhalb des Leiters mit den Materialgleichungen ~ (1) (~x, ω) = ε1 E ~ (1) (~x, ω) D ~ (1) (~x, ω) = µH ~ (1) (~x, ω) B (7.82) (7.83) und außerhalb des Leiters mit den Materialgleichungen ~ (0) (~x, ω) = ε0 E ~ (0) (~x, ω) D ~ (0) (~x, ω) = µH ~ (0) (~x, ω) B (7.84) (7.85) zu lösen. An der Oberfläche des Leiters sind die Stetigkeitsbedingungen zu erfüllen ~ (1) − D ~ (0) ~n q D ~ (1) − E ~ (0) ~t q E ~ (1) − B ~ (0) ~n q B ~ (1) − H ~ (0) ~t q H = 0 (7.86) = 0 (7.87) = 0 (7.88) = 0 (7.89) Die Maxwellgleichungen zusammen mit den Materialgleichungen (7.82) und (7.83) bzw. (7.84) und (7.85) führen zu zwei verschiedenen Wellengleichungen für die Felder innerhalb und außerhalb des Leiters: ~ (j) 2 E ~ 2 + µεj ω ∇ (7.90) ~ (j) mit j = 0, 1 c2 B die sich wieder mit Hilfe des Ansatzes für eine längs der Leiterachse propagierende Welle lösen lassen: ~ (j) (~x, ω) = E ~ (j) (x1 , x2 , ω) · eikx3 mit j = 0, 1 E (7.91) Man wird dann wieder auf die Schwingungsgleichung einer Membran für die Komponenten ~ (j) (x1 , x2 , ω) und B ~ (j) (x1 , x2 , ω) geführt: von E ∂2 ∂2 + 2 + γj2 2 ∂x1 ∂x2 ~ E ~ (x1 , x2 , ω) = 0 B ω2 − k2 c2 Setzt man den Ansatz (7.91) in die Maxwellgleichungen ein, so sieht man – wie im Fall des zylindrischen Hohlzylinders – daß dich die transversalen Komponenten E1 , E2 , B1 , B2 aus γj2 = µεj 7.4 Dielektrische Wellenleiter (Lichtleiter) 101 den Longitudinalkomponenten E3 und B3 berechnen lassen. Man braucht die Membrangleichung also wieder nur für die longitudinalen Komponenten E3 und B3 zu lösen, unter Berücksichtigung der Randbedingungen (7.86) bis (7.89). Die Transversalkomponenten berechnen sich wie folgt aus den Longitudinalkomponenten: ω ∂E3 ∂B3 εµ −k c ∂x2 ∂x1 ∂B3 ω ∂E3 εµ +k = c ∂x1 ∂x2 ∂E3 ω ∂B3 = k + εµ ∂x1 c ∂x2 ∂E3 ω ∂B3 = k − εµ ∂x2 c ∂x1 iγ 2 B1 = (7.92) iγ 2 B2 (7.93) −iγ 2 E1 −iγ 2 E2 (7.94) (7.95) Zur Auswertung der Randbedingung benötigen wir insbesondere die Komponenten in Richtung • der Normalen n1 ~n = n2 0 • der Tangenten −n2 ~t2 = n1 0 0 ~t1 = 0 1 ω ~ q~ ~ 3 µt2 ∇D3 − k~n q ∇B c ~ = − ω µ~n q ∇D ~ 3 + k~t2 q ∇B ~ 3 −iγ 2~t2 q B c ~ = k~n q ∇D ~ 3 + ω ε~t2 q ∇B ~ 3 −iγ 2~n q D c ~ 3 − ω ~n q ∇B ~ 3 ~ = k~t2 q ∇E iγ 2~t2 q E c ~ = iγ 2~n q B (7.96) (7.97) (7.98) (7.99) Für die longitudinalen Komponenten E3 , B3 folgt nunmehr aus den Randbedingungen: ~ (1) − E ~ (0) ) = 0 ~t1 q (E ~ ~t1 q (H (1) ~ −H (0) (1) (0) (1) B3 (0) B3 ⇒ E3 − E3 = 0 ⇒ )=0 − =0 (7.100) (7.101) Aus diesen Bedingungen folgt auch ~ E (1) − E (0) ~t2 q ∇ 3 3 ~ ~t2 q ∇ ~t2 q E (1) B3 ~ (1) − = 0 (7.102) (0) B3 ~ (0) = 0 (7.103) = 0 (7.104) −E 102 7 ~ k~t2 q ∇ HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN 1 (1) 1 (0) E3 − 2 E3 2 γ1 γ0 ω ~ − ~n q ∇ c 1 (0) 1 (1) B3 − 2 B3 2 γ1 γ0 (7.105) ~ (1) − H ~ (0) ) = 0 ~t2 (H ωµ ~ 1 (1) 1 (1) 1 (0) 1 (0) q ~ ~ − ~n q ∇ D − D + k t ∇ B − B =0 2 c γ12 3 γ02 3 γ12 3 γ02 3 (7.106) ~ (1) − D ~ (0) ) = 0 ~n(D 1 (1) 1 (0) ω~ q ~ 1 (1) 1 (0) q ~ k~n ∇ D − 2 D3 + t2 ∇ B − 2 B3 =0 c γ12 3 γ0 γ12 3 γ0 (7.107) ~ (1) − B ~ (0) ) = 0 ~n q (B 1 (0) 1 (1) 1 (0) ω ~ q~ 1 (1) q ~ D − 2 D3 − k~n ∇ B − 2 B3 =0 µt2 ∇ c γ12 3 γ0 γ12 3 γ0 (7.108) Dies sind also die Randbedingungen für die longitudinalen Komponenten der elektrischen und magnetischen Felder. Wir wollen nun konkret einen dielektrischen Wellenleiter mit kreisförmigem Querschnitt betrachten. In diesem Fall ist es wieder angebracht, die Membrangleichung in Polarkoordinaten x1 = ρ · cos ϕ x2 = ρ · sin ϕ (7.109) zu schreiben und mit einem Produktansatz Ψ = R(ρ) · Q(ϕ) zu lösen: 2 ∂ 1 ∂ 1 ∂2 2 + + + γj R(ρ) · Q(ϕ) = 0 ∂ρ2 ρ ∂ρ ρ2 ∂ϕ2 (7.110) Q(ϕ) = eimϕ mit m = 0, ±1, ±2, . . . (7.111) m2 d2 R 1 dR 2 + + γ R − R=0 j dx2 ρ dx ρ2 (7.112) und q 2 Dies ist wiederum die Besselsche Differentialgleichung. Für j = 1, γj = µεj ωc2 − k 2 – d.h. innerhalb des Leiters ρ ≤ R – wird die Lösung gegeben durch die Besselfunktionen Jm (ργ1 ) = ∞ ργ m X 1 2 k=0 (−1)k ργ1 2k für ρ ≤ R k!(k + m)! 2 (7.113) die für ρ → 0, also auf der Leiterachse, regulär sind. Für γ = 0 – d.h. außerhalb des Leiters ρ > R – suchen wir Lösungen, die möglichst stark für ρ → ∞ abfallen, damit das elektromagnetische Feld möglichst auf den Leiter und seine unmittelbare Umgebung beschränkt bleibt. Solche Lösungen existieren, wenn γ02 = µε0 ω2 − k 2 = −β02 < 0 c2 (7.114) 7.4 Dielektrische Wellenleiter (Lichtleiter) 103 Führen wir die Substitution (7.115) x = β0 ρ ein, so geht (7.95) in die Gleichung für die modifizierten Besselfunktionen über d2 R 1 dR m2 + − 1+ 2 =0 dx2 x dx x Die gesuchte Lösung heißt Km (x) und fällt asymptotisch exponentiell ab: r π 1 −x Km (x) ∼ ·e 1+O 2x x Unser Lösungsansatz für die radial symmetrische Lösung (m = 0) lautet somit: ( J0 (ργ1 ) für ρ ≤ R Ψ= AK0 (ρβ0 ) für ρ > R γ1 = ω2 µε1 · 2 − k 2 c 12 β0 = ω2 k − µε0 2 c 2 (7.116) (7.117) (7.118) 12 (7.119) Man beachte, daß die Wellengleichung sowohl für E3 als auch für B3 gilt. Aufgrund der komplizierten Randbedingungen (7.105) und (7.106) existieren i.a. in dielektrischen Wellenleitern auch Lösungen, bei denen sowohl die longitudinale Komponente für E3 als auch B2 6= 0 ist. Man hat also a priori keine Klassifizierung nach TE- und TM-Moden. Bei rotationssymmetrischen Lösungen mit ~ 3=0 ~t2 q ∇E ~ 3=0 ~t2 q ∇B vereinfachen sich die Randbedingungen (7.105) bis (7.119) ganz erheblich 1 (1) 1 (0) q ~ ~n ∇ B − 2 B3 = 0 γ12 3 γ0 1 (1) 1 (0) ~ ~n q ∇ D − D = 0 γ12 3 γ02 3 (7.120) (7.121) (7.122) B3 − B3 (1) (0) = 0 (7.123) (1) E3 (0) E3 = 0 (7.124) − und es existieren wieder Lösungen vom TE- und TM-Typ: TE-Moden: E≡0 (1) B3 = J0 (ργ1 ) (7.125) (0) B3 = AK0 (ρβ0 ) (7.126) 104 7 HOHLLEITER UND HOHLRAUMRESONATOREN und die Randbedingungen erfordern für ρ = R: (7.127) J0 (ργ1 ) = AK(ρβ0 ) 1 ∂ A ∂ J0 (ργ1 ) = − 2 · K0 (ρβ0 ) 2 γ1 ∂ρ β0 ∂ρ (7.128) Man kann die Konstante A eliminieren und erhält eine Gleichung für die Frequenzen der rotationssymmetrischen TE-Moden im dielektrischen Leiter − 1 ∂ 1 ∂ ln J0 (ργ1 ) = · ln K0 (ρβ0 ) · β0 ∂(ρβ0 ) γ12 ∂(ργ1 ) für ρ = R (7.129) In diese Gleichung geht die Frequenz ω über die Beziehung γ12 + β02 = (ε1 − ε0 )µ ω2 c2 (7.130) Die folgende Figur zeigt die linke Seite von Gleichung (7.129) − 1 ∂ ln J0 (x) x ∂x x = γ1 · R (7.131) und die rechte Seite 1 ∂ − ln K0 (y) <∂ < r y = β0 R = (ε1 − ε0 )µ ω2 R − x2 c2 (7.132) als Funktion von x = γ1 · R Die beiden Kurven schneiden sich zum ersten Mal hinter der ersten Nullstelle der Besselfunktion J0 (x) – vor der ersten Nullstelle ist die linke Seite von (7.129) negativ, die rechte Seite positiv, es gibt also keine Lösung! In dem Bild wird vorausgesetzt, daß y > 0, also β0 > 0. Nur dann fallen die Felder außerhalb des Lichtleiters exponentiell ab. Die erste Frequenz ω1 , für die die beiden Bedingungen (7.129) und (7.130) zusammen mit β0 > 0 erfüllt sind, ist also größer als x201 c2 ω1 > (7.133) ε1 − ε0 µR wobei x01 = 2401 die erste Nullstelle der Besselfunktion J0 (x) darstellt. Mit wachsender Frequenz wird offenbar der Abfall β0 der Felder außerhalb des Leiters stärker. 105 8 8.1 Erzeugung und Streuung elektromagnetischer Wellen Die Greensche Funktion der Wellengleichung Wir haben uns in den Abschnitten 6 und 7 ausführlich mit der Fortpflanzung von elektromagnetischen Wellen im Vakuum, in Dielektrika, Leitern endlicher Leitfähigkeit sowie Hohlleitern und dielektrischen Leitern beschäftigt. Bei all diesen Problemen hatten wir es dabei mit den Maxwellgleichungen ohne äußere Quellen (ρ = 0, ~j = 0)zu tun. Wir wenden uns nun der Erzeugung elektromagnetischer Wellen zu. Sie werden erzeugt durch ein System von Ladungen ρ(~x, t und Strömen ~j(~x, t) mit periodischer Zeitabhängigkeit: ρ(~x, t) = ρ(~x) · e−iωt ~j(~x, t) = ~h(~x) · e−iωt (8.1) (8.2) Ausgangspunkt unserer Überlegungen werden also die vollen Maxwellgleichungen sein: ~D ~ = 4πρ ∇ ~ ~ ×E ~ + 1 ∂B = 0 ∇ c ∂t ~B ~ = 0 ∇ ~ ×H ~ = ∇ ~ 4π ~ 1 ∂ D j+ c c ∂t (8.3) (8.4) (8.5) (8.6) ~ und B ~ durch das Für die weitere Diskussion wird es sich wieder als günstig erweisen, E skalare und vektorielle Potential auszudrücken: ~ = ∇ ~ ×A ~ B (8.7) ~ ~ = −∇Φ ~ − 1 ∂A E c ∂t (8.8) ~ = E, ~ H ~ = B) ~ erfüllen dann Φ und A ~ die Gleichungen In Medien mit ε = 1, µ = 1 (d.h. D ~ 2Φ + 1 ∂ ∇ ~A ~ = 4πρ ∇ c ∂t ~ 1 ∂Φ 1 ∂2A 4π 2~ ~ ~ ~ ~ −∇ A + 2 2 + ∇ ∇A + = c ∂t c ∂t c (8.9) (8.10) die sich in der Lorentzeichung 1 ∂Φ ~ ~ + ∇A = 0 c ∂t vereinfachen zu den Wellengleichungen 1 ∂2 4π 2 ~ −∇ Aµ = jµ µ = 0, 1, 2, 3 2 2 c ∂t c A0 = Φ(~x, t) j0 = ρ(~x, t) (8.11) (8.12) (8.13) 106 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN für das 4-Vektorpotential Aµ (x). Zur Lösung der Wellengleichung (8.12) suchen wir zunächst die Greensche Funktion zu (8.12) auf ∂ ∂ G(x, x0 ) = δ 4 (x − x0 ) (8.14) ∂xµ ∂xµ Dabei soll der x der Vierervektor x= c·t ~x (8.15) und δ 4 (x − x0 ) die vierdimensionale δ-Funktion sein: δ 4 (x0 − x) = δ(x00 − x0 ) · δ 3 (~x0 − ~x) (8.16) Liegen keine Randbedingungen im Endlichen vor, so überzeugt man sich leicht, daß G(x, x0 ) invariant gegenüber Translation in Ort und Zeit ist und daher nur vom Abstandsvektor x−x0 abhängen sollte. G(x, x0 ) = G(x − x0 ) (8.17) Anschaulich beschreibt die Greensche Funktion eine Störung des Feldes an der Stelle ~x zur x0 Zeit t = xc0 durch eine punktförmige Quelle an der Stelle ~x0 , die zum Zeitpunkt t0 = c0 ein Signal – in Form eines elektromagnetischen Pulses – ausstrahlt. Die spezielle Relativitätstheorie sagt, daß sich ein solches Signal höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann, d.h. zur Überwindung der Distanz |~x0 − ~x| zwischen Quelle und Aufpunkt benötigt das Lichtsignal eine Zeit 1 t − t0 = |~x0 − ~x| > 0 (8.18) c Die Störung G(x − x0 ) des Feldes ist also Null für t − t0 < 0 und (x00 − x0 )2 − (~x0 − ~x)2 = (x0 − x)2 < 0 (8.19) Dies ist die Kausalitätsbedingung an G. Sie wird im folgenden eine entscheidende Rolle spielen. Zur Lösung der Differentialgleichung (8.14) für die Greensche Funktion ist es zweckmäßig, die 4-dimensionale Fouriertransformation zu betrachten. Z 1 0 0 G(x − x ) = d4 k · e−ik(x−x ) · G̃(k) (8.20) 4 (2π) Wobei gilt Z 1 0 δ (x − x ) = d4 k · e−ik(x−x ) 4 (2π) 4 d k = dk0 d~k (ωt = k0 x0 = k0 ct) 4 0 (8.21) k(x − x0 ) = k0 (x0 − x00 ) − ~k(~x − ~x0 ) (x0 − x00 > 0) (8.20) und (8.21) liefert nach Koeffizientenvergleich der Fourierkomponenten von eikx : G̃(k) = − 1 1 =− 2 k2 k0 − ~k 2 (8.22) 8.1 Die Greensche Funktion der Wellengleichung 107 Man würde nun die gesuchte Gaußfunktion G(x − x0 ) erhalten, indem man (8.22) in (8.20) einsetzt. Dies macht jedoch Schwierigkeiten. Der Integrationsweg – etwa über k0 : −∞ ≤ k0 ≤ ∞ führt über die zwei Polstellen k0 = |~k| k0 = −|~k| (8.23) des Integranden. Das Integral über k0 ist also nicht so ohne weiteres auswertbar. Wir betrachten deshalb G(x − x0 ) als Grenzwert einer Folge von Funktionen Gε (x − x0 ), die wohldefiniert sind: G(x − x0 ) = lim Gε (x − x0 ) ε→0 Z Z ∞ 0 1 eik0 (x0 −x0 ) 3~ i~k q (~ x−~ x0 ) 0 Gε (x − x ) = − d k · e dk · 0 (2π)4 (k0 + iε)2 − ~k 2 −∞ (8.24) (8.25) Die Pole des Integranden k0 = ±|~k| − iε (8.26) liegen jetzt unterhalb der reellen Achse (für ε > 0). Im Übrigen enthält der Integrand keine =(k0 ) 6 −R −|~k| |~k| R r r −|~k| − iε |~k| − iε <(k0 ) Singularitäten in k0 . Wir können das Integral daher nach der Residuenmethode auswerten: Z R −ik0 (x0 −x0 ) Z 0 0 e e−ik0 (x0 −x0 ) lim dk0 + dk0 = 2πi< (8.27) R→∞ (k0 + iε)2 − ~k 2 (k0 + iε)2 − ~k 2 k =±|~k|−iε −R CR 0 Dabei verschwindet das Integral über den großen Halbkreis R → ∞, da x0 − x00 > 0 und 0 e−ik0 (x0 −x0 ) exponentiell abfällt für =k0 < 0. 0 e−ik0 (x0 −x0 ) < (k0 + iε)2 − ~k 2 k =|~k|−iε 0 0 −ik e 0 (x0 −x0 ) (8.28) =< ~ ~ (k0 + iε − |k)(k0 + iε + |k) k =|~k|−iε 0 = 0 0 e−ik0 (x0 −x0 ) e−ε(x0 −x0 ) 2|~k| 108 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN Entsprechendes gilt für den Residuenbeitrag des zweiten Pols: 0 0 0 e−ik0 (x0 −x0 ) eik0 (x0 −x0 ) e−ε(x0 −x0 ) < =− (k0 + iε)2 − ~k 2 2|~k| ~ (8.29) k0 =−|k|−iε Nach Ausführung des k0 -Integrals in (8.25) lassen wir ε → 0 gehen. Setze y = x − x0 Z i~k q ~ y 2πi 3~ e −i|~k|y0 i|~k|y0 d k · G(y) = e − e (2π)4 2|~k| Z ∞ 2πi 1 ~k||~k|2 e−i|~k|y0 − ei|~k|y0 = · · 2π d| (2π)4 2 0 Z 1 ~ · d(cos ϑ) · ei|k||~y| cos ϑ −1 Z ∞ 2πi ~k| · |~k| e−i|~k|y0 − ei|~k|y0 · 1 = π d| (2π)4 0 i|~k||~y | ~ ~ · ei|k||~y| − e−i|k||~y| (8.30) Z ∞ 2π 2 1 ik(y0 +|~ y |) −ik(y0 +|~ y |) ik(y0 −|~ y |) −ik(y0 −|~ y |) = · dk −e − e + e − e (8.31) (2π)4 |~y | 0 2π 2 1 = · 2π (−δ(y0 + |~y |) + δ(y0 + |~y |)) (2π)4 (8.32) (2π)4 |~y | Zusammenfassend kann man sagen: Die Gaußfunktion G(x − x0 ), die einerseits die Differentialgleichung (8.14), andererseits die Kausalitätsforderung erfüllt, lautet: ( 1 1 0 x0 − ~x|) für x0 − x00 > 0 0 · δ(x0 − x0 − |~ 0 G(x − x ) = 4π ~x−~x (8.33) 0 sonst. Man beachte: y = x − x0 ; im Bereich y0 > 0, der durch die Kausalität erlaubt ist, verschwindet der Beitrag der zweiten δ-Funktion in (8.33). Ist die Greensche Funktion bekannt, so kann man unmittelbar die Lösungen der Wellengleichung (8.12) für die Potentiale durch Superposition gewinnen: Z jµ (x0 ) 1 Aµ (x) = d4 x0 · · δ(x0 − x00 − |~x − ~x0 |) (8.34) c |~x − ~x0 | Z 1 ~x0 = · jµ (x0 − |~x − ~x0 |; ~x0 ) (8.35) d3 c |~x − ~x0 | Das Potential Aµ (x0 , ~x) an der Stelle ~x zur Zeit x0 wird also bestimmt durch eine Ladungsund Stromdichteverteilung jµ (x0 − |~x − ~x0 |; ~x0 ), die offenbar zu einem früheren Zeitpunkt x00 = x0 −|~x −~x0 | vorlag. Dies ist wieder ein Ausdruck der Kausalität. Man nennt deshalb die durch (8.35) gegebenen Potentiale auch retardierte Potentiale, die zugehörige Greensfunktion (8.33) retardierte Greensfunktion. 8.2 Felder lokalisierter Quellen mit periodischer Zeitabhängigkeit Die Gleichungen (8.34) und (8.35) liefern das Vektorpotential Aµ (x) bei einer vorgegebenen Ladungs- und Stromdichteverteilung mit beliebiger Zeitabhängigkeit. Für die Erzeugung 8.2 Felder lokalisierter Quellen mit periodischer Zeitabhängigkeit 109 elektromagnetischer Wellen können wir uns auf periodische Zeitabhängigkeiten beschränken: jµ (x0 , ~x) = jµ (~x) · e−ik0 x0 (8.36) Gleichung (8.35) nimmt dann die folgende Gestalt an: 1 Aµ (x0 , ~x) = e−ik0 x0 c Z d3 ~x0 0 jµ (~x0 ) · eik0 |~x−~x | 0 |~x − ~x | (8.37) Das Integral (8.37) enthält drei Parameter mit der Dimension einer Länge: 1. die lineare Abmessung der Quelle d 2. die Wellenlänge der emittierten Strahlung λ= 2π 2π = c k0 (8.38) 3. die Entfernung |~x| des Aufpunktes von der Quelle, deren Mittelpunkt im Koordinatenursprung sei. Wir werden im folgenden annehmen, daß die lineare Abmessung der Quelle d klein gegenüber der Wellenlänge λ ist. dλ Beispiel: Wellenlänge eines Mittelwellensenders O(102 m). Wir wollen das Integral nun diskutieren für zwei Grenzfälle: 1. Die Nahzone: d |~x| λ (8.39) d.h. 2π |~x − ~x0 | 1 λ und die Exponentialfunktion in (8.37) kann entwickelt werden als k0 |~x − ~x0 | = 0 eik0 |~x−~x | = 1 + . . . Da außerdem d |~x, gilt ebenso die Näherung ~x q ~x0 |~x − ~x0 |−1 = |~x| 1 + + . . . |~x|2 (8.40) (8.41) (8.42) und das Vektorpotential hat in führender Ordnung die Gestalt eines Coulombpotentials Z ~x q ~x0 −ik0 x0 1 3 0 0 Aµ (x0 , ~x) = e d ~x jµ (~x ) · 1 + + ... (8.43) c|~x| |~x|2 110 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN 2. Die Fernzone: 2π λ 2π = λ 2π = λ k0 · |~x − ~x0 | = d λ |~x| 1 ~x q ~x0 ~x02 2 · |~x| 1 − 2 2 + 2 ~x ~x 0 q ~x ~x · |~x| 1 − 2 + . . . ~x 2π |~x0 | · |~x| − · |~x0 | · cos ϑ 1 λ λ ~x q ~x0 cos ϑ = |~x||~x0 | (8.44) (8.45) (8.46) Mit der Näherung (8.42) und (8.45) nimmt das Vektorpotential Aµ (x0 , ~x) die Gestalt an Z 1 −ik0 (x0 −|~x|) |~x0 | 0 0 −ik0 (|~ x0 | cos ϑ Aµ (x0 , ~x) = e d~x jµ (~x ) · e 1+ cos ϑ (8.47) c|~x| |~x| A(0) x) µ (x0 , ~ = A(1) x) = µ (x0 , ~ Z 1 −ik0 (x0 −|~ x|) ·e d~x0 jm u(~x0 ) c|~x| Z 1 1 −ik0 (x0 −|~ x|) · e −ik + d~x0 jm u(~x0 )(~x q ~x0 ) 0 c|~x|2 |~x Aµ (x0 , ~x) = A(0) x) + A(1) x) µ (x0 , ~ µ (x0 , ~ (0) (8.48) (8.49) (8.50) (1) In der Fernzone liefert Aµ die führende, Aµ die nächstführende Ordnung für das Vektorpotential. Die räumliche Verteilung der führenden Ordnung sieht wie eine auslaufende Kugelwelle aus; es gibt keine Richtungsabhängigkeit mehr! Das Integral über die Stromdichteverteilung kann mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung ausgewertet werden: ~ ~j + ∂ρ = 0 ∇ ∂t Z Z 0 ~ ~x0~j(~x0 , x0 ) ~ d~x · j(~x , x0 ) = − d~x0 · ~x ∇ Z ∂ρ = d~x0 · ~x0 ∂t 0 0 −ik0 x0 ρ(~x , t) = ρ(~x ) · e Z Z 0 ~ 0 d~x · j(~x , x0 ) = −ick0 d3 ~x0 · ~x0 ρ(~x0 ) 0 = −ick0 · p~ (8.51) (8.52) (8.53) (8.54) (8.55) (8.56) Dabei ist p~ das elektrische Dipolmoment der Ladungsverteilung ρ(x0 ). Somit ergibt ~ (0) (x0 , ~x) in der Fernzone: sich für die Raumkomponenten des Vektorpotentials A ~ (0) (x0 , ~x) = 1 (−ik0 ) · p~ · e−ik0 (x0 −|~x|) A |~x| (8.57) 8.2 Felder lokalisierter Quellen mit periodischer Zeitabhängigkeit 111 Die führende Ordnung wird also allein durch das elektrische Dipolmoment p~ bestimmt. Entsprechend werden wir nunmehr sehen, daß die nächstführende Ordnung A(1) (x0 , ~x) in (8.49) durch das magnetische Dipolmoment und das elektrische Quadrupolmoment bestimmt ist. Hierzu benutzen wir die Identität: h i ~j(~x0 )(~x q ~x0 ) = 1 (~x q ~x0 )~j(~x0 ) + (~x q~j(~x))~x0 + 1 (~x0 × ~j(~x)) × ~x (8.58) 2 2 und (8.49) nimmt die Gestalt an A(1) x) = A(e.Q.) (x0 , ~x) + A(m.D.) (x0 , ~x) µ (x0 , ~ µ µ 1 −ik0 (x0 −|~x|) 1 1 = e −ik0 + c~x2 |~x| 2 Z h i · d~x0 (~x q ~x0 )~j(~x0 ) + (~x q~j(~x0 ))~x0 1 −ik0 (x0 −|~x|) 1 1 (m.D.) ~ A (x0 , ~x) = e −ik0 + c~x2 |~x| 2 Z · d~x0 (~x0 × ~j(~x0 )) × ~x (8.59) A(e.Q.) (x0 , ~x) µ ~ = 1 M 2c Z d~x0 (~x0 × ~j(~x0 )) (8.60) (8.61) (8.62) ist gerade das magnetische Dipolmoment der Stromdichte ~j(~x0 ), während die Stromerhaltung (8.58) das Integral in (8.60) Z Z h i 1 ik0 0 0 ~ 0 0 0 q q ~ d~x (~x ~x )j(~x ) + (~x j(~x ))~x = − d~x0 · ρ(~x0 )~x0 (~x0 q ~x0 ) (8.63) 2c 2 auf das elektrische Dipolmoment zurückführt. Beachte: Es gilt Z Z ∂ρ = −ik0 c d~x0 · f (~x0 ) · ρ(~x0 ) d~x · f (~x ) ∂t Z ~ ~j(~x0 ) = − d~x0 · f (~x0 ) ∇ Z ~ ~x0 f (~x0 ) ~j(~x0 ) = − d~x0 · ∇ 0 0 (8.64) für alle Funktionen f (~x0 ), z.B. f (~x0 ) = x0k x0l Z Z −ik0 c d~x · x0k x0l · ρ(~x0 ) = d~x0 · x0l jk (~x0 ) + x0k jl (~x0 ) für alle l, k = 1, 2, 3. (8.65) 112 8.3 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN Die Felder der elektrischen und magnetischen Dipolstrahlung Die elektrischen und magnetischen Feldstärken für das periodische Strahlungsfeld ~ 0 , ~x) = E(~ ~ x) · e−ik0 x0 E(x ~ 0 , ~x) = B(~ ~ x) · e−ik0 x0 B(x (8.66) berechnen sich einfach aus den Vektorpotentialen ~ x) = ∇ ~ × A(~ ~ x) B(~ ~ x) = −∇A ~ 0 (~x) + ik0 A(~ ~ x) E(~ (8.67) (8.68) unter Berücksichtigung der Lorentzeichung: also ~ A(~ ~ x) = 0 −ik0 A0 (~x) + ∇ (8.69) ~ ∇ ~ A(~ ~ x)) + k 2 A(~ ~ x) ~ x) = i ∇( E(~ 0 k0 (8.70) und unter Verwendung der Wellengleichung 2 ∂ ~ 2 A(~ ~ x) = 0 − ∇ ∂x20 oder ~ 2 A(~ ~ x) = 0 k02 − ∇ (8.71) (8.72) ~ x) auch durch B(~ ~ x) ausdrücken: außerhalb der Quellen läßt sich E(~ ~ x) = E(~ = = i k0 i k0 i k0 ~ ∇ ~ A(~ ~ x) − ∇ ~ 2 A(~ ~ x) · ∇ ~ ∇ ~ × A(~ ~ x) ·∇ (8.73) ~ × B(~ ~ x) ·∇ (8.75) (8.74) ~ (0) (x0 , ~x) der elektrischen DipolstrahIn der Fernzone hatten wir für das Vektorpotential A lung gefunden: ~ (e.D.) (x0 , ~x) = ik0 p 1 · e−ik0 (x0 −|~x|) A (8.76) |~x| ~x 1 ik0 ~ B(x0 , ~x) = ik0 p~ × − 2+ · e−ik0 (x0 −|~x|) (8.77) |~x| |~x| |~x| ~ × (~ ~ x) − (~ ~ x ∇ p × ~x) = p~(∇~ p∇)~ = 3~ p − p~ = 2~ p ~x ∂f ~ (|~x|) = −(~ −(~ p × ~x) × ∇f p × ~x) × · |~x| ∂|~x| 1 ∂f = p~~x2 − (~ p q ~x)~x · |~x| ∂|~x| 8.3 Die Felder der elektrischen und magnetischen Dipolstrahlung 113 1 ik0 −ik0 (x0 −|~ x|) ~ E(x0 , ~x) = −e 2~ p − 3+ 2 |~x| |~x| ~x 3 2ik0 1 ik0 −(~ p × ~x) × − + ik0 − 3 + 2 |~x| |~x4 |~x|3 |~x| ~x ~x 1 ik0 = −~ p × ~x × 3 k02 + 2~ p − 2 3 |~x| |~x| |~x| 3 ik 0 −(~ p~x2 − (~ p q ~x)~x) −3 4 · eik0 (x0 −|~x) |~x|5 |~x| 1 = −k02 (~ p × ~x) × ~x 3 · e−ik0 (x0 −|~x| |~x| 1 ik0 2 q + 3(~ p ~x)~x − p~~x − · e−ik0 (x0 −|~x|) |~x|5 |~x|4 (8.78) (8.79) (8.80) Die abgestrahlte Leistung dP berechnet sich aus dem Zeitmittel des Energiestroms, der durch ein Flächenelement r2 · dΩ einer Kugel mit dem Radius r fließt. Der Sender befindet sich im Mittelpunkt der Kugel: 2 ~ r · dΩ dP = ~nS mit ~n = ~x |~x| r = |~x| ~ = c · < E(~ ~ x) × B ~ ∗ (~x) S 8π (8.81) (8.82) ~ und B ~ die Strahlungsist der über eine Periode gemittelte Poyntingvektor. Setzen wir für E felder der elektrischen Dipolstrahlung in führender Ordnung (r = |~x → ∞) ein eik0 r ~ x) = −k02 (~ B(~ p × ~n) · r eik0 r ~ x) = −k 2 (~ E(~ n) × ~n · 0 p×~ r ~ x) × ~n = B(~ dP = = = = (8.83) (8.84) (8.85) c ~ x) × ~n × B ~ ∗ (~x) ~n · r2 · dΩ · < B(~ 8π c ~ x) q B ~ ∗ (~x) ~n − (B ~ q ~n)B ~ ∗ ~n · r2 · dΩ · < B(~ 8π c 4 k0 · < (~ p × ~n)2 dΩ 8π c 4 2 2 k · p~ sin ϑ · dΩ 8π 0 (8.86) (8.87) (8.88) (8.89) Bei der elektrischen Dipolstrahlung hat die abgestrahlte Leistung ihr Maximum bei ϑ = π 2 , d.h. in einer Richtung senkrecht zum elektrischen Dipolmoment der schwingenden Ladungsverteilung. Entsprechend berechnet sich aus Gleichung (8.56) ~ (m.D.) (~x, x0 ) = eik0 (x0 −|~x|) · 1 A |~x|2 1 −ik0 + |~x| ~ × ~x) (M (8.90) 114 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN die elektrischen und magnetischen Felder der magnetischen Dipolstrahlung: ~ × ~x) × ~x · 1 + · · · ~ x, x0 ) = −k 2 · e−ik0 (x0 −|~x|) (M B(~ 0 |~x|3 ~ x, x0 ) = k02 · e−ik0 (x0 −|~x|) (M ~ × ~x) · 1 + · · · E(~ |~x|2 (8.91) (8.92) Zur Gleichung 8.91 ~ × (M ~ × ~x) = −M ~ · ∇~ ~ x = −3M ~ ∇ ~ × ~x) × ∇f ~ (|~x|) = −(M ~ × ~x) × ~x · ∂f −(M |~x| ∂|~x| ~ q ~x)~x − M~ ~ x2 1 · ∂f = − (M |~x| ∂|~x| ik0 1 −ik0 (x0 −|~ x|) ~ ~ B = −e −3M − 2 + 3 |~x| |~x| ~x ik0 1 2ik0 3 ~ − (M × ~x) × · ik0 − 2 + 3 + − 4 |~x| |~x| |~x| |~x|3 |~x| 1 ~ × ~x) × ~x · = e−ik0 (x0 −|~x|) −k02 (M |~x|3 ik 1 1 1 ik0 0 2 q ~ ~ ~ + 3M − − (M ~x)~x − M~x 3 − |~x|2 |~x|3 |~x|3 |~x|4 |~x| ~ × ~x) × ~x · 1 = e−ik0 (x0 −|~x|) −k02 (M |~x|3 ~x ik0 1 q ~ ~ + −3(M ~x) 2 + 6M − |~x| |~x|2 |~x|3 ~ q ~x)~x − M~ ~ x2 1 + · · · = −e−ik0 (x0 −|~x|) · k02 (M |~x|3 Zur Gleichung 8.92 ~ × B(~ ~ x) ~ x) = i ∇ E(~ k0 ~ × (M ~ q ~x) × f (|~x|) ~ × ~x · f (|~x|) + (M ~ q ~x)(∇ ~ × ~x)f (|~x|) ∇ = M ~ q ~x)~x × ∇f ~ (|~x|) − (M ~ × ~x)f (|~x|) = (M ~ ~ ×M ~ · f (|~x|) = ~x × M · ∂f ∇ |~x| ∂|~x| 1 1 ik0 1 −ik0 (x0 −|~ x|) ~ ~ ~ E(~x) = −ik0 e (M × ~x) · 3 + (M × ~x) − 2 |~x| |~x| |~x| |~x| 1 ~ × ~x) · = k02 · e−ik0 (x0 −|~x|) (M |~x|2 (8.93) (8.94) (8.95) (8.96) (8.97) (8.98) 8.4 Die Streuung elektromagnetischer Wellen 115 Zwischen den Strahlungsfeldern der elektrischen und magnetischen Dipolstrahlung besteht offenbar eine Beziehung: ~ P~ → M ~ →B ~ E ~ → −E ~ B (8.99) die es erlaubt, nunmehr auch die in das Raumwinkelelement dΩ abgestrahlte Leistung bei magnetischer Dipolstrahlung anzugeben: dP = 8.4 c 4 ~ 2 k · |M | · sin2 ϑ · dΩ 8π 0 (8.100) Die Streuung elektromagnetischer Wellen Wir betrachten eine ebene elektromagnetische Welle, die sich im Vakuum ε = µ = 1 längs der ~n0 -Achse fortpflanzt: ~ (e) = ~ε0 E0 · ei(kn0 −ωt) E ~ (e) = ~n0 × E ~ (e) B (8.101) (8.102) und auf einen Gegenstand – Streuer genannt – fällt, dessen Abmessungen klein sein sollen im Vergleich zur Wellenlänge λ = 2π k der Welle. Die einfallende Welle kann dann die interne ~ (s) , B ~ (s) abstrahlen – wiederum mit der Frequenz ω anregen, die wiederum ein Streufeld E Frequenz ω. Unter den gemachten Annahmen liefern die elektrischen und magnetischen ~ des Streuers in der Fernzone: Dipolmomente p~, M ~ (s) = −k02 (~ E p × ~x) × ~x · eik0 (|~x|−x0 ) ~x ~x 1 2 ~ + k0 M × × · · eik0 (|~x|−x0 ) |~x| |~x| |~x| 1 ~ (s) = −k02 (~ B p × ~x) 2 · eik0 (|~x|−x0 ) |~x| ~ × ~x) × ~x · 1 · eik0 (|~x|−x0 ) − k02 (M |~x|3 (8.103) (8.104) Für die in das Flächenelement r2 · dΩ abgestrahlte Leistung gilt: dP (s) = = = = = ~ r2 · dΩ, ~n = ~x r = |~x| ~n q S |~x| c ~ (s) × B ~ (s)∗ q ~n · r2 · dΩ ·< E 8π c ~ (s) × (~n × E ~ (s)∗ ) q ~n · r2 · dΩ ·< E 8π c ~ (s) |2 − |E ~ (s)∗ q ~n|2 ) · r2 · dΩ · < |E 8π c ~ (s) |2 · r2 · dΩ · |E 8π ~ (s) steht immer senkrecht auf ~n = E durch zwei Vektoren ~ x |~ x| . (8.105) (8.106) Die Polarisation der Welle läßt sich also beschreiben ~εj (~n), j = 1, 2 (8.107) 116 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN die zusammen mit ~n ein orthogonales Dreibein liefern: ~ε1 q ~ε2 = 0 ~εj q ~n = 0 (8.108) z.B. 0 ~n = 0 1 1 ~ε1 = 0 0 0 ~ε2 = 1 0 d.h. ε1 , ε2 liefern Basisvektoren für lineare Polarisation, oder r 0 1 ±i ~ε± = 2 0 (8.109) (8.110) Basisvektoren für zirkulare Polarisation. Man kann auch die abgestrahlte Leistung aufteilen in einem Anteil, der von der Strahlung mit der Polarisation ~ε1 bzw. ~ε2 herrührt. c ∗ q ~ (s) 2 2 dP (s) (~ε) = |~ε E | · r · dΩ (8.111) 8π Ich kann diese abgestrahlte Leistung messen, indem ich an dem Flächenelement r2 ·dΩ einen Detektor aufstelle, der nur auf elektromagnetische Wellen einer vorgegebenen Polarisation anspricht. Die Amplitude der Streuwelle ist offenbar direkt proportional der Amplitude der einfallenden Welle. Entsprechendes gilt offenbar auch für die Leistung der abgestrahlten Streuwelle. Von physikalischem Interesse ist daher das Verhältnis von abgestrahlter Leistung durch die Streuwelle, dividiert durch die Leistung der einfallenden Welle: c ~ (s) )|2 r2 8π |(~ε∗ q E dσ (~n, ~ε; ~n0 , ~ε0 ) = c ~ (s) )|2 dΩ |(~ε∗0 q E (8.112) 8π Dies ist der differentielle Wirkungsquerschnitt. Der Nenner ist die Leistung der einfallenden Welle mit der Polarisation ~ε0 , die durch ein Flächenelement der Größe 1 mit Normale ~n0 tritt. ~ (e) |2 = E 2 |(~ε∗0 q E 0 2 4 k ∗ 0 q~ q~ ~ (e) |2 = ~ × ~n) q ~ε∗ |(~ε∗ q E −((~ p n )~ n − p ~ ) ε + ( M r2 2 k04 q ∗ ~ q (~n × ~ε∗ ) = (~ p ~ ε ) + M r2 Der Wirkungsquerschnitt für die Streuung einer elektromagnetischen Welle an einem Streu~ ergibt sich also er mit elektrischem Dipolmoment p~ und magnetischem Dipolmoment M zu: 2 k 4 dσ ~ (~n, ~ε; ~n0 , ~ε0 ) = 02 ~ε∗ q p~ + (~n × ~ε∗ ) q M (8.113) dΩ E0 Die Abhängigkeit des Wirkungsquerschnitts von der Richtung ~n0 und der Polarisation ε0 ~ auf. der einfallenden Welle tritt auf der rechten Seite implizit in p~ und M 8.5 Beispiel: Die Streuung an einer dielektrischen oder leitenden Kugel 117 8.5 Beispiel: Die Streuung elektromagnetischer Wellen an einer dielektrischen Kugel und an einer idealleitenden Kugel Wir haben im Rahmen der Elektrostatik das elektrische Dipolmoment einer dielektrischen Kugel mit Radius R und Dielektrizitätskonstante ε berechnet: p~ = ε − 1 3 ~ (e) a ·E ε+2 (8.114) Hier sieht man jetzt explizit, wie das elektrische Dipolmoment von der Größe und Polarisation des elektrischen Feldes der einfallenden Welle abhängt. Es wird angenommen, daß ~ die Abmessungen der Kugel so klein sind, daß das E-Feld als räumlich konstant im Bereich der Kugel angesehen werden kann. Das magnetische Dipolmoment ist in diesem Falle gleich Null, und wir erhalten für den Wirkungsquerschnitt dσ k04 ε − 1 2 6 2 (~n, ~ε; ~n0 , ~ε0 ) = 2 a E0 · |(~ε∗ q ~ε0 )|2 (8.115) dΩ E0 ε + 2 Fällt z.B. die einlaufende Welle in x3 -Richtung ein, so sind die beiden dazu senkrechten Polarisationsvektoren 0 1 0 (1) (2) ~n0 = 0 ~ε0 = 0 ~ε0 = 1 (8.116) 1 0 0 Die gestreute Welle werde in der Richtung sin ϑ ~n = 0 cos ϑ beobachtet. Man unterscheidet die dazu gehörenden orthogonalen Polarisationsvektoren − cos ϑ 0 ~εk = 0 ~ε⊥ = 1 (8.117) sin ϑ 0 ob sie parallel zu der von ~n0 , ~n definierten Streuebene sind oder senkrecht dazu. Es gibt im allgemeinen vier verschiedene Wirkungsquerschnitte je nach der Polarisation der einfallenden und gestreuten Welle. Ist die einlaufende Welle unpolarisiert, so ist der Wirkungsquerschnitt 1 X dσ dσ (~n, ~ε; ~n0 ) = (~n, ~ε; ~n0 , ~ε0 ) dΩ 2 dΩ ~ ε0 2 1 ∗2 4 ε−1 = k0 a6 · |ε1 | + |ε∗2 |2 (8.118) ε+2 2 Es gibt zwei Wirkungsquerschnitte dieser Art, je nachdem, ob wir die gestreute Welle mit Polarisation ~εk dσk 1 4 ε−1 2 6 = k0 a · cos2 ϑ (8.119) dΩ 2 ε+2 118 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN oder ~ε⊥ messen: dσk 1 = k04 dΩ 2 ε−1 ε+2 2 a6 (8.120) Als Polarisation der gestreuten Welle definiert man die Asymmetrie zwischen diesen beiden Wirkungsquerschnitten, normiert auf den unpolarisierten Wirkungsquerschnitt Π(ϑ) = dσ⊥ dΩ dσ⊥ dΩ − + dσk dΩ dσk dΩ = 1 − cos2 ϑ sin2 ϑ = 1 + cos2 ϑ 1 + cos2 ϑ (8.121) Die gestreute Welle ist also maximal polarisiert für einen Streuwinkel ϑ= π 2 Ganz entsprechend kann man nun auch die Streuung einer ebenen Welle an einer ideal lei~ (e) - und B ~ (e) -Feld der einfaltenden Kugel berechnen. Nehmen wir wieder an, daß das E lenden Welle als konstant im Bereich der Kugel angesehen werden kann, so ist das durch ~ (e) -Feld induzierte elektrische Dipolmoment der Kugel (zu berechnen mit Hilfe der das E Spiegelungsmethode): ~ (e) p~ = a3 E (8.122) ~ (e) -Feld induzierte magnetische Dipolmoment und das durch das B 3 3 ~ = −a B ~ (e) = − a n0 × E ~ (e) M 2 2 (8.123) Nach (8.113) ergibt sich dann für den Wirkungsquerschnitt 2 dσ 1 4 6 ∗ q ∗ q = k0 a (~ε ~ε0 ) − (~n × ~ε ) (~n0 × ~ε0 ) dΩ 2 (8.124) oder für die beiden Wirkungsquerschnitte mit unpolarisiert einfallender aber polarisierter gestreuter Welle 8.6 dσk dΩ = dσ⊥ dΩ = k04 a6 1 2 cos ϑ − 2 2 2 4 6 k0 a 1 1 − cos ϑ 2 2 (8.125) (8.126) Die Streuung von Licht in Gasen und Flüssigkeiten Elektromagnetische Wellen, die durch ein absolut homogenes Medium mit Dielektrizitätskonstante ε und Permeabilität µ laufen, werden weder reflektiert noch gestreut. Der Himmel bei Tage wäre schwarz, wenn z.B. die Luft ein absolut homogenes Medium wäre. Es ist die Streuung des einfallenden Sonnenlichts, die den blauen Taghimmel und den roten Abendhimmel bewirkt. Wir nehmen im folgenden an, daß die Inhomogenität des Mediums 8.6 Die Streuung von Licht in Gasen und Flüssigkeiten 119 beschrieben werden kann durch relativ kleine ortsabhängige Beiträge zur Dielektrizitätskonstanten und Permeabilität: ε(~x) = ε0 + δε(~x) µ(~x) = µ0 + δµ(~x) (8.127) Die Materialgleichungen sollen also lauten ~ x) = (ε0 + δε(~x))E(~ ~ x) D(~ ~ x) = (µ0 + δµ(~x))H(~ ~ x) B(~ (8.128) Ausgangspunkt für die Berechnung der in den inhomogenen Medium auftretenden Streustrahlung sind die Maxwellgleichungen ohne äußere Quellen ~ ~ ×E ~ = − 1 ∂B ∇ c ∂t ~ ~ ×H ~ = 1 ∂D ∇ c ∂t ~B ~ =0 ∇ ~D ~ =0 ∇ (8.129) (8.130) In einem homogenen Medium lassen sich aus (8.129) und (8.130) sofort Wellengleichungen ~ B, ~ D ~ und H ~ ableiten. In einem inhomogenen Medium wie (8.128) ist die Situation für E, etwas komplizierter: Durch partielle Ableitung nach der Zeit folgt aus der letzten Gleichung in (8.130): ~ 1 ∂2D 1∂ ~ 1 ~ − 2 2 = ∇× B(~x) c ∂t c ∂t µ0 + δµ(~x) 1 1 ~ × ~ × ~ =− ∇ ∇ D µ0 + δµ (~x) ε0 + δε(~x) 1 δµ(~x) δε(~x) ~ ~ ~ =− ∇× 1− ∇ 1− D µ0 ε0 µ0 ε0 Dies ist eine gute Näherung für δµ(~ x) µ0 1, δε(~ x) ε0 1 o 1 n~ ~ ~ ~ 2D ~ ∇(∇D) − ∇ µ0 ε0 1 δµ(~x) ~ ~ ~ + ∇× (∇ × D) µ0 ε0 µ0 δε(~x) ~ 1 ~ ~ + ∇× ∇× D µ0 ε0 ε0 =− 2~ ~ 2D ~ − µ0 ε0 ∂ D = −~g (~x, t) ∇ c2 ∂t2 δε(~ x ) δµ(~ x ) ~ × D) ~ −∇ ~ × ∇ ~ × ~ ~ × ~g (~x, t) = −∇ (∇ D µ0 ε0 (8.131) (8.132) Übergang zu fouriertransformierten Größen ~ x, t) = D(~ ~ x) · e−iωt D(~ (8.133) 120 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN ~ x, ω) = ~g (~x, ω) ~ 2 D(~ ~ x, ω) + µ0 ε0 ω 2 D(~ ∇ c2 Spezielle „Lösung“ für die inhomogene Gleichung: ~ 1 (~x, ω) = − 1 D 4π d3 ~x0 0 · ~g (~x0 , ω) · eik0 |~x−~x | 0 |~x − ~x| Z (8.134) (8.135) 1√ µ0 ε0 · ω (8.136) c Allgemeine Lösung für die Gleichung (8.134): Addiere zur speziellen Lösung eine allgemei~ 0 (~x, ω) der homogenen Gleichung: ne Lösung D k0 = ~ x, ω) = D ~ 0 (~x, ω) + D ~ 1 (~x, ω) D(~ (8.137) ~ 2D ~ 0 (~x, ω) + µ0 ε0 ω 2 D(~ ~ x, ω) = 0 ∇ c2 (8.138) ~ 0 (~x, ω) die ungestreute ebene Welle, die durch das Medium wandert – Physikalisch ist D ~ 0 (~x, ω) = ~ε0 D ~ 0 · eik0 ~n0 q ~x D (8.139) – und die Dipolmomente in dem inhomogenen Medium zur Emission von Streuwellen an~ 1 aus (8.135) enthalten. Man beachte jedoch, daß D ~1 regt. Der Beitrag der Streuwellen ist in D ~ selber wieder über ~g (~x, ω) von D abhängt, also nicht a priori bekannt ist. 8.7 Die Bornsche Näherung Wie bereits oben erwähnt, haben wir mit (8.135) und (8.137) nur eine Integralgleichung für ~ 1 gefunden; nicht eigentlich eine Lösung. Unter der Prämisse jedoch, daß D δµ(~x) 1 µ0 δε(~x) 1 ε0 (8.140) sieht man leicht, daß ~ 1 | |D ~ 0| |D (8.141) ~ ~ ~ 0. In 0-ter Näherung ist das D-Feld also einfach das D-Feld der ungestörten ebenen Welle D (Vgl. Gl. (8.139)) Die erste Näherung berechnet sich aus (8.135), indem wir in ~g (~x, ω) wieder ~ 0 berücksichtigen: nur die ungestörte ebene Welle D 0 ~ 0 × δµ(~x ) ∇ ~0×D ~ 0 (~x0 , ω) ~g1 (~x0 , ω) = − ∇ µ 0 0 ~0× ∇ ~ 0 × δε(~x ) · D ~ 0 (~x0 , ω) −∇ ε0 Das Integral (8.135) berechnen wir dann wieder in der Näherung |~x0 | |~x| (8.142) 8.8 Lord Rayleigh’s Erklärung für den blauen Himmel und das Abendrot 121 für die Fernzone: ik0 |~ x| ~ 1 (~x, ω) = − 1 e D 4π |~x| Z q 0 −ik0 ~x|~x~x| d3 ~x0 · ~e · ~g (~x0 , ω) Z ~ x q~ x0 1 eik0 |~x| =− d3 ~x0 · (−ik0 )e−ik0 2 4π |~x| δµ(~x0 ) ~ 0 ~ δε(~ x ) 0 0 ~ × ~ 0 (~x , ω) · ~n × (∇ × D0 (~x, ω) + ~n × (∇ D µ0 ε0 Dabei ist ~n = (8.143) (8.144) (8.145) ~x |~x| unabhängig von der Integrationsvariablen. ~ 0 die ebene Welle Den ersten Term in dem Integral berechnen wir einfach, indem wir für D (8.139) einsetzen und die Rotation ausführen. In dem zweiten Term dagegen wird die Rotation mit Hilfe einer weiteren partiellen Differentiation ausgeführt: ik0 |~ x| 2e δµ(~x0 ) ~ 1 (~x) = (ik0 ) D d ~x · ~n × (~n0 × ~ε0 ) 4π|~x| µ0 q 0 0 δε(~x ) ~ −ik0 ~x|~x~x| ik0 ~ n q~ x0 − ~n × (~n × ε0 ) D0 · e ·e ε0 Z ik0 |~ x| q 0 2e = −k0 D0 d3 ~x0 · eik0 (~n−~n0 ) ~x 4π|~x| 0) 0) δµ(~ x δε(~ x · ((~n q ~ε0 )~n0 − (~n q ~n0 )~ε0 ) + ((~n q ~ε0 )~n − ~ε) µ0 ε0 Z 3 0 (8.146) Die hier gemachte Näherung ist ein Standardnäherungsverfahren, das in der quantenmechanischen Streutheorie üblich ist und zunächst von Born eingeführt wurde. Allerdings hat Lord Rayleigh bereits früher – nämlich im Jahr 1881 – dieses Näherungsverfahren für die Streuung elektromagnetischer Wellen eingeführt. 8.8 Lord Rayleigh’s Erklärung für den blauen Tageshimmel und den roten Abendhimmel Wir haben bisher nur die Streuung an einem Streuzentrum diskutiert. Das auf die Atmosphäre einfallende Sonnenlicht dagegen trifft auf sehr viele Streuzentren; jedes Molekül in der Luft stellt ein Streuzentrum dar. Berücksichtigen wir im folgenden wiederum nur das elektrische Dipolmoment ~ xj ) p~j = γ · E(~ (8.147) des Moleküls, das sich an der Stelle ~xj befindet, so ist der ortsabhängige Teil der Dielektrizitätskonstanten: X δε(~x0 ) = 4π γ · δ(~x0 − ~xj ) (8.148) j 122 8 ERZEUGUNG UND STREUUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN Für die durch die elektrischen Dipolmomente der Moleküle angeregten Streuwellen erhalten wir somit ik0 |~ x ~ 1 (~x, ω) = −k 2 · e D · D0 ((~n q ~ε0 )~n − ~ε0 ) 0 4π|~x| X q · 4πγ eik0 (~n0 −~n) ~xj (8.149) j und für den Wirkungsquerschnitt dσ (~n~ε; ~n0 ~ε0 ) = k04 γ 2 |(~ε0 q ~ε∗ )|2 · F (k0 (~n0 − ~n)) dΩ 2 X ik (~n −~n) q ~x 0 0 j F (k0 (~n0 − ~n)) = e j X q = eik0 (~n0 −~n) (~xj −~xj 0 ) (8.150) (8.151) (8.152) j,j 0 Die Größe F (k0 (~n0 − ~n)) enthält die Information über die Verteilung der Streuzentren. Hat man eine zufällige Verteilung der Streuzentren ~xj über den ganzen Raum, so tragen aus der Doppelsumme nur die Terme mit j = j 0 bei, für die der Phasenfaktor 1 wird. Die N · (N − 1) Terme mit j + j 0 oszillieren und kompensieren sich derart, daß ihre Summe von geringerer Ordnung als N ist – dabei ist N die Gesamtzahl der Streuzentren. Für eine zufällige Verteilung der Streuzentren ist als der Strukturfaktor F (k0 (~n0 − ~n)) = N (8.153) Damit ist der Wirkungsquerschnitt (8.150) für die Streuung an N zufällig verteilten Streuzentren gleich N -mal dem Wirkungsquerschnitt für die Streuung an einem Streuzentrum. Anhand der Form (8.150) für den differentiellen Wirkungsquerschnitt kann man nun leicht den blauen Himmel bei Tage verstehen: Während das einfallende weiße Sonnenlicht alle Frequenzen (im sichtbaren Bereich) etwa im gleichen Gewicht enthält, haben im Streulicht – gemäß der Formel für den differentiellen Wirkungsquerschnitt – die Wellen mit hoher Frequenz ω = k0 · c ein sehr viel höheres Gewicht. Dieser Gewichtsfaktor ist nämlich proportional zu k04 . Sonne ~ n0 ~n PP qP PP JJ P Streuwinkel P q P Beobachter 8.8 Lord Rayleigh’s Erklärung für den blauen Himmel und das Abendrot 123 Den roten Abendhimmel verstehen wir jetzt auch, wenn wir den totalen Wirkungsquerschnitt berechnen: Z dσ 1 XX dΩ · (~n~ε; ~n0 ~ε0 ) (8.154) σtot = 2 dΩ ~ ε ~ ε0 Z dσk dσ⊥ 1 4 2 · k γ N dΩ · + (8.155) = 2 0 dΩ dΩ Z 1 1 4 2 = · k0 γ N · 2π d cos ϑ · (1 + cos2 ϑ) (8.156) 2 −1 1 4 2 2 = · k γ N · 2π 2 + (8.157) 2 0 3 8 4 2 = · k γ Nπ (8.158) 3 0 Der totale Wirkungsquerschnitt liefert den Gesamtverlust an Energie pro Periode, die eine einfallende ebene Welle mit auf eins normiertem Energiefluß bei einer Streuung erleidet. Wenn die Welle eine Luftschicht der Dicke dx mit N Molekülen pro Volumeneinheit durchlaufen hat, ist der Gesamtverlust N σ · dx Um diesen Betrag verringert sich also der Energiefluß oder die Intensität der einfallenden Welle: I(x + dx) − I(x) = −N σ · dx dI = −N σ dx I(x) = I0 · e−N σx während man beim blauen Tageshimmel den differentiellen Wirkungsquerschnitt „mißt“, spielt bei der Beobachtung des Abendhimmels der totale Wirkungsquerschnitt die entscheidende Rolle. Man sieht nämlich jetzt die Abschwächung der Intensität der einfallenden Sonnenstrahlung. Diese ist für große Frequenzen besonders stark, da der totale Wirkungsquerschnitt mit der 4. Potenz in der Frequenz anwächst. D.h. in der Strahlung, die uns erreicht, sind die kurzwelligen Komponenten weitgehend abgebaut, das Licht erscheint daher rot.